1887 / 172 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 26 Jul 1887 18:00:01 GMT) scan diff

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Der Königliche Regierungs⸗Baumeister Engelmeier in Birnbaum ist zum Königlichen Kreis⸗Bauinspektor ernannt und demselben die Kreis⸗Bauinspektorstelle daselbst verliehen worden.

Bekanntmachungen auf Grund des Reichsgesetzes vom 21. Oktober 1878.

Auf Grund des §. 12 des Reichsgesetzes gegen die ge⸗ Bestrebungen der Sozialdemokratie vom 21. Oktober 1878 wird hierdurch bekannt gemacht, daß die Druckschrift: „An das arbeitende Volk von Lüden⸗ scheid und Umgegend“, herausgegeben, gedruckt und ver⸗ legt von der Genossenschaftsdruckerei in Hottingen⸗Zürich, ge⸗ mäß der Vorschrift des §. 11 des citirten Gesetzes von mir verboten worden ist. 4

Arnsberg, den 23. Juli 1887. 1

DSDer Regierungs⸗Präsident. 8 von Rosen.

Das mit Bekanntmachung vom 21. v. M. veröffentlichte, auf dem §. 1 des Reichsgesetzes vom 21. Oktober 1878 be⸗ ruhende Verbot des Fachvereins der Tischler zu Weimar wird auf den neugegründeten, sich nach angestellten Ermittelungen sachlich als die alte, verbotene Vereinigung darstellenden Lokalverein des deutschen Tischlerverbandes zu Weimar hiermit erstreckt.

Weimar, den 22. Juli 1887.

Der Großherzoglich sächfische Bezirksdirektor. Bock.

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 26. Juli. Se. Majestät der Kaiser und König nahmen, wie „W. T. B.“ aus Bad Gastein meldet, gestern Abend den Thee bei der Gräfin Lehn⸗ dorff, welche Sr. Majestät zu Ehren eine Theatervorstellung veranstaltet hatte.

Heute Morgen nahmen Se. Majestät ein Bad und machten sodann eine Spazierfahrt auf dem Wege nach Böckstein.

Ihre Majestät die Kaiserin und Königin ist gestern Abend in Homburg eingetroffen.

Den Kammerherrendienst bei Allerhöchstderselben hat der Königliche Kammerherr, Schloßhauptmann Freiherr von Ompteda, übernommen.

Ihre Majestät empfing heute den Besuch Ihrer König⸗ lichen Hoheit der Erbprinzessin von Sachsen⸗Meiningen.

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Die im Reichs⸗Eisenbahnamt aufeestellte, in

der Ersten bezw. Zweiten Beilage veröffentlichte Ueber⸗ sicht der Betriebsergebnisse deutscher Eisen⸗ bahnen für den Monat Juni d. J. ergiebt für die 63 Bahnen, welche auch schon im entsprechenden Monat des Vorjahres im Betriebe waren und zur Vergleichung gezogen werden konnten, mit einer Gesammtbetriebslänge von 33 088,36 km, nachstehende Daten: Die Einnahme aus allen Verkehrszweigen war im Juni d. J. auf ein Kilometer Betriebslänge bei 29 Bahnen, mit zusammen 28 740,62 km, höher und bei 34 Bahnen, mit zusammen 4347,74 km (darunter 5 Bahnen mit vermehrter Betriebslänge), niedriger als in demselben Monat des Vorjahres. Die Einnahme aus allen Verkehrszweigen war in der Zeit vom Beginn des Etatsjahres bis Ende Juni d. J. auf ein Kilometer Betriebslänge bei 41 Bahnen, mit zusammen 31 495,97 km, 85 und bei 22 Bahnen, mit zusammen 1592,39 km (darunter 4 Bahnen mit vermehrter Betriebslänge), geringer als in demselben Zeitraum des Vorjahres. Bei den unter Staatsverwaltung stehenden Privatbahnen, ausschließlich der vom Staat für eigene Rechnung verwalteten Bahnen, betrug Ende Juni d. J. das gesammte kon⸗ zessionirte Anlagekapital 21 609 900 (14 655 000 Stammaktien, 2454 900 Prioritäts⸗Stammaktien und 4 500 000 Prioritäts⸗Obligationen), und die Länge der⸗ jenigen Strecken, für welche das Kapital bestimmt ist, 89,15 km, so daß auf je 1 km 242 399 entfallen. Bei den unter Privatverwaltung stehenden Privat⸗ bahnen betrug Ende Juni d. J. das gesammte konzessio⸗ nirte Anlagekapital 571 932 329 (300 491 550 Stammaktien, 78 881 650 Prioritäts⸗Stammaktien und 192 559 129 Prioritäts⸗Obligationen), und die Länge derjenigen Strecken, für welche dieses Kapital bestimmt ist, 3678,42 km, so daß auf je 1 km 155 483 entfallen. Eröffnet wurden am 1. Juni d. J. die Strecke Kirchen Wehbach 3,10 km (Königliche Eisenbahn⸗Direktion Elberfeld), und die neue Verbindungsbahn zwischen dem Bahnhof Riesa und dem Elbquai 0,99 km (Königlich Sächsische Staatseisen⸗ bahnen), am 20. Juni die Strecke Schönberg Schleiz 14,90 km (Königlich Sächsische Staatseisenbahnen), am 25. Juni die Strecken Warendorf —Rheda 23,58 km (Königliche Eisenbahn⸗Direktion Köln rechtsrheinische) und Lippstadt Rheda 23,18 km (Königliche Eisenbahn⸗Direktion Hannover). Hessen. Darmstadt, 25. Juli. (Darmst. Ztg.) Die Wahlen der Abgeordneten zum 26. Landtage finden am 2. August statt.

1ꝙ½ Anhalt. Ballenstedt, 23. Juli. (Anh. St.⸗A.) Der Erbprinz ist heute aus England hierher zurückgekehrt.

. 1 2 . SGSroßbritannien und Irland. London, 25. Juli.

(A. C.) Das irische Verbrechengesetz, welches am vori⸗ gen Dienstag die Königliche Sanktion erhielt, ist nunmehr, laut einer am Sonnabend Abend vom Vize⸗König von

rland erlassenen Proklamation, im größeren Theil von

land in Kraft getreten. Die verschiedenen Polize⸗ richter, die Chefs der HKöniglich itrischen olizei und die Spitzen anderer Verwaltungsbehörden wurden

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8 S M1“““ .“ ““ nach der Dubliner Burg berufen, um ihr Gutachten darüber ab⸗ zugeben, bis zu welchem Grade das Gesetz in Kraft treten sollte, und das Ergebniß war die Proklamation, welche am Sonnabend Abend in einer Extraausgabe der Dubliner Amtszeitung erschien. Darnach sind 18 Grafschaften, darunter Clare, Cork, Kerry und Limerick gänzlich, 13 Grafschaften, darunter Carlow, Cavan, Dublin, Londonderry und Tyrone, sowie die Städte Dublin, Cork, Limerick, Belfast ꝛc. theilweise unter die Bestimmungen des Verbrechengesetzes gestellt. Also mit alleiniger Aus⸗ nahme der Grasschaft Antrim ist über ganz Irland der Ausnahm ezustand gänzlich oder theilweise verhängt.

Die Parlamentssession wird wegen der vielen Rück⸗ stände, die aufzuräumen sind, wahrscheinlich nicht vor Ende August geschlossen werden können.

25. Juli. (W. T. B.) Sir H. Drummond Wolff ist heute hierher zurückgekehrt.

Im Unterhause erklärte heute der Unter⸗Staatssekretär Fergusson auf eine bezügliche Anfrage: es sei kein Grund vorhanden, anzunehmen, daß Stanley getödtet worden sei. Was die Frage der afghanischen Nord⸗

renze betreffe, so seien die Bedingungen zur Lösung der⸗ selben von den englischen und russischen Kommissaren unter⸗ zeichnet worden und bedürften nur noch der Annahme Sei⸗ tens der betreffenden Regierungen. 2

Im Oberhause erwiderte Lord Salisbury auf eine bezügliche Anfrage: es sei über die Lösung der streitigen Punkte in der afghanischen Grenzfrage eine Ver⸗ einbarung erzielt, und der Schriftwechsel darüber würde demnächst vorgelegt werden. Auf eine Anfrage Kimber⸗ ley's, ob der Emir den Khamiab⸗Distrikt behalte, erwiderte Lord Salisbury: er glaube, daß dies der Fall sein dürfte. Im ferneren Lauf der Debatte er⸗ klärte der Premier: es sei jetzt weniger Aussicht als je auf Errichtung eines internationalen Schiedsgerichts zur Schlichtung internationaler Streitfragen. Der Marquis Bristol zog hierauf seinen Antrag auf Errichtung eines solchen Schiedsgerichts zurück.

Frankreich. Paris, 25. Juli. (W. T. B.) Jules Ferry hielt gestern in Epinal eine Rede, in welcher er sagte: man müsse die Fortschritte loben, die die Armee seit 17 Jahren unter der thätigen Leitung der jeweiligen Minister, welche nicht für sich, sondern für das Vaterland arbeiteten, gemacht hätte; man müsse aber die Absicht, die Dienstzeit zu verkürzen, tadeln. Frankreich bedürfe nicht einer Nationalgarde, sondern einer Defensiv⸗Armee. Es sei anzuerkennen, daß die Armee sich stets von der Politik fern gehalten habe. Diejenigen müßten getadelt werden, welche die Regierung an⸗ klagten, daß sie antinational sei, nur weil sie nicht an die Stelle der überlegten freien Aktion der öffent⸗ lichen Gewalt eine Aktion der Massen, welche nicht zur Verantwortung gezogen werden könnten, treten lassen wolle. Anstatt die Republik zu verschließen, sollte man sie lieber allen Männern, welche guten Willen zeigten, öffnen. Was Frankreich in den Augen Europas am meisten schade, seien die inneren .. und das Hervortreten einer gouvernementalen Anarchie. Die Republik stehe für eine Eini⸗ gung aller Republikaner und aller Franzosen unter der Fahne des Vaterlandes offen.

Italien. Rom, 25. Juli. (W. T. B.) Der „Moniteur de Rome“ veröffentlicht ein Schreiben des Papstes, vom 15. Juni, an den Kardinal⸗Staatssekreäär Rampolla über die Regierungsgrundsätze der Kirche. Darin heißt es: der Papst habe die Mission übernommen, das Papstthum mit den Völkern und den Regierungen wieder auszusöhnen. Bezüglich Italiens entwickelt der Papst die in der Allo⸗ kution vom 23. Mai enthaltenen Ideen über die rö⸗ mische Frage: Man habe seinen Gedanken entstellt, indem er als die Grundlagen der Pacifikation die Gerechtigkeit, die Würde und Unabhängigkeit des heiligen Stuhles und des Papstes bezeichnet habe. Nach einem historischen Rückblick auf die weltliche Gewalt und das päpstliche Rom heißt es dann: die territoriale Sou⸗ veränetät sei die unumgängliche Bedingung einer jeden Lösung und Versöhnung. Alle anderen Projekte seien unannehmbar, weil eine territoriale Sou⸗ veränetät allein eine wirksame Garantie für die Freiheit des päpstlichen Stuhles bilde. Italien würden übrigens durch diese Lösung die kostbarsten Früchte im Innern und nach außen zufallen. Was Preußen angehe, so solle das Werk des religiösen Friedens dort bis zur Vollendung fortgesetzt werden. Wohl habe man viel erreicht, und es ließen die Geneigt⸗ heiten und der gute Wille der Regierung hoffen, daß die An⸗ strengungen des Papstes, die Lage der Kirche noch mehr zu verbessern und den gerechten Wünschen der katholischen Bevölke⸗ rung zu genügen, nicht vergeblich sein würden. Die gleiche Sorge habe der Papst auch für die übrigen deutschen Staaten. Insbesondere hege er den besten Wunsch für Bayern. Er wünsche, daß alle Staaten sich entschlössen, den guten Weg einzuschlagen. Bezüglich Oesterreich⸗Ungarns heißt es in dem Schreiben: die Frömmigkeit des Kaisers und seine Ergebenheit an den päpstlichen Stuhl sowie die der Mitglieder der Kaiser⸗ lichen Familie machten die Beziehungen zwischen dem Vatikan und der Monarchie zu den bestmöglichen. Hierdurch und durch die Weisheit der Männer, welche das Vertrauen des Kaisers genießen, werde es möglich sein, die religiösen Interessen in Oesterreich⸗Ungarn zu fördern, die Hindernisse zu beseitigen und Schwierigkeiten in vollem Einvernehmen zu regeln. Sodann beschäftigt sich der Papst mit Frankreich, bezüglich dessen er Eintracht wünscht, ferner mit Spanien, Portugal und Belgien. Der Papst wünscht auch die englischen Kolonien und Rußland dem guten Einfluß der Kirche zugänglich machen zu können und betont schließlich: es sei Pflicht des päpstlichen Stuhles, die Religion dort, wo sie auf breiter Unterlage be⸗ ruhe, wie in vielen Staaten Amerikas, zu pflegen und zu stärken, die Missionen in den uncivilisirten Ländern zu begün⸗ stigen und diejenigen Völker wieder zur Einheit zurückzu⸗ führen, die sich getrennt, wie im Orient und namentlich in Griechenland, von dem der Papst lebhaft wünscht, daß es wieder zum Centrum der katholischen Einheit zurückkehre und den alten Glanz wiedererlange.

Türkei. Konstantinopel, 24. Juli. (Köln. Ztg.) In Kreta sind die christlichen Abgeordneten wieder in die Nationalversammlung eingetreten.

26. Juli. (W. T. B.) Die kretensische National⸗ versammlung hat gesternPihre Sitzungen wieder aufge⸗ nommen.

schwungs. Unternebmergewinn und Einkommen und Kapitalbesitz sind S

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ßland und Polen. St. Petersburg, 26. Juli. (W. T. B.) Heute Mittag fand im Beisein des Kaisers und der Kaiserin auf der ve, F Marinewerft der Stapel lauf des Panzerschiffs „Alexander II.“ statt. Das Schiff faßt 8440 Tons und führt 14 schwere Geschütze sowi 10 Revolverkanonen nach dem System Hotchkiß.

Zeitungsstimmen.

Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ schreibt

us dem Jahresbericht des Aeltestenkollegiums der Berliner Kaufmannschaft theilten wir bereits im Zusammenhang mit anderen Ausführungen einen Passus mit, welcher lautet:

„Eine eigenthümliche Erscheinung des Jahres 1886 war das Auftreten massenhafter Arbeiterstrikes und sozialistischer Demon strationen zum Theil unter Einwirkung anarchistischer Elemente im April und Mai in November in London, im Frühjahr in Belgien, im Som⸗ mer in Frankreich u. s. w. Deutschland ist von solchen Szenen glücklicherweise verschont geblieben. Zwar zeigen sich auch bei uns die Illusionen sozialdemokratischer Doktrinen noch immer wirksam, indessen hoffen wir, daß die große Mehrzahl der arbeitenden Klassen sich dem Eindruck des Ernstes, mit welchem die Sozial⸗ gesetzgebung und deren Durchführung unter der Mitwirkung der Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Deutschland betrieben wird, auf die Dauer nicht entziehen werde. Das Sinken des Preises der Lebensmittel und anderer unentbehrlicher Be⸗ dürfnisse hat ohne Zweifel eine Verbesserung der Lage der arbeitenden Klassen herbeigeführt, und das starke Anwachsen der Spar⸗ kasseneinlagen in Preußen während der letzten acht Jahre (von 1385 auf 2261 Millionen Mark) um 876 Millionen läßt mit einiger Sicherheit darauf schließen, daß Sparsinn und Sparfähigkeit gestiegen sind. Die sinkenden Preise und die zeitweise Geschäftsstockung der letztvergangenen Zeiten haben in hohem Maße den Unternehmer⸗ gewinn, aber in sehr verschwindendem Maße die im Ganzen stabil gebliebenen Löhne geschmälert.“

Die „Kölnische Zeitung“ legt dieser Darlegung des Aeltestenkollegiums eine große Bedeutung bei und knüpft ihrerseits an dieselbe folgende weitere Ausführungen über unsere soziale Lage im Allgemeinen: 1 8

„Unzweifelhaft ist es für Deutschland und namentlich für die Arbeiter selbst das größte Glück gewesen, daß wir von den sozialen Unruhen, welche unsere Nachbarländer heimgesucht haben, verschont geblieben sind. Wo sie ausbrachen, ist ihnen meistens das Elend auf dem Fuße gefolgt. Aber wir dürfen uns nicht verhehlen, daß wir die Bewahrung vor diesem Unheil nicht etwa allein dem gesetz⸗ lichen Sinne unserer Arbeiter, sondern vor allem auch der Stärke unserer Regierungen verdanken, welche jeden sozialrevolutionären Ausbruch von vornherein als aussichtslos erscheinen ließ. Es wird daher noch immer der geistigen Arbeit bedürfen, um unsern Hand⸗ arbeiter nicht allein zu einem äußerlich ruhigen, sondern auch zu einem innerlich zufriedenen Manne zu machen.

Wahr ist es, daß der Arbeiter in Dentschland zur Zeit am wenigsten Grund hat, mit seinem Loose unzufrieden zu sein. Unab⸗ lässig ist die Gesetzgebung des Reichs fortgeschritten, um die schwer⸗ sten Nachtheile vom Arbeiterstande hinwegzunehmen. So lange der Arbeiter gesund und rüstig ist, ist sein Loos sehr wohl zu ertragen. Man kann mit bescheidenen Mitteln gerade so glücklich leben, wie mit reichen. Was aber auf der arbeitenden Klasse schwer lastete, das war die Noth, in welche sie verfiel, sobald ein Unglück über sie hereinbrach; wenn Unfall, Krankheit oder Siech⸗ thum die Arbeiter, vielleicht den Ernährer einer ganzen Familie arbeitsunfähig machte. Hiergegen Abhülfe zu gewähren, ist das Ziel, welches die deutsche Gesetzgebung sich gesetzt hat; und sie hat dieses Ziel nahezu schon erreicht. Ist das Werk erst ganz vollendet, so ist es das großartigste, welches je auf sozialem Gebiete geschaffen worden ist.

Daneben aber ist im Laufe der jüngst verflossenen Jahre ein wirthschaftlicher Umschwung eingetreten, der in seinem letzten Erfolg vor allem den unbemittelten Klassen, also namentlich dem Arbeiter, zugute kommt.

Die Massenbaftigkeit der heutigen Gütererzeugung ist endlich in der Art zum Durchbruch gekommen, daß überall eine Fülle von Gütern sich zeigt, die auch zufolge der so sehr erleichterten Verkehrs⸗ mittel zum Gemeingut der gesammten Erde geworden sind. Aller⸗ dings hat dies die Folge gehabt, daß manche Produzenten wegen Ueberproduktion zu klagen haben. Und wo diese Ueberproduktion in der Art wirkt, daß sie nützliche Produktionszweige des eignen Landes zu ersticken droht, da mag es sich rechtfertigen, auf be⸗ sondern Schutz solcher Produktionszweige gegen die überwältigende Produktion des Auslands Bedacht zu nehmen. Im großen Ganzen aber hat die vermehrte Produktion es bewirkt, daß ein weit größeres Angebot von Gütern vorhanden ist und daß demgemäs die Preise der Güter, namentlich auch der Lebensmittel, gesunken sind. Da dies vor allem dem gemeinen Mann zugute kommt, so dürfen wir darin ein wirthschaftliches Unglück nicht erblicken.

Wenn in Folge der vermehrten Produktion manche Unternehmer mit geringerem Gewinn als früher sich begnügen müssen, so ist dies gewiß für sie selbst zu beklagen. Daneben aber vermerkt der Bericht die merkwürdige Thatsache, daß die Arbeitslöhne nur in verschwin⸗ dendem Maße zurückgegangen. dagegen im Ganzen ständig geblieben seien. Wir wollen die Gründe dieser Erscheinung nicht weiter ver⸗ folgen. Jedenfalls beweist dieselbe, daß unsere Unternehmer im Stande sind, auch bei geringerem Gewinn die höheren Löhne zu bezahlen. Und wenn dem so ist, so können wir auch in dieser Lohnzahlung kein wirthschaftliches Unglück erkennen, sondern nur eine Thatsache, welche der sozialen Gerechtigkeit zugute kommt.

Zufolge des Sinkens der Preise der Lebensmittel einerseits und

des stehen gebliebenen Arbeitslohnes andererseits ist ohne Zweifel die Lebensführung unserer Arbeiter etwas besser geworden. Der Bericht erwähnt in dieser Beziehung noch einer anderen erfreulichen Thatsache, daß nämlich die Einlagen der Sparkassen in den letzten acht Jahren erheblich gewachsen sind und zur Zeit in Preußen an 2261 Millionen Mark betragen. Für ganz Deutschland werden demnach die Spar⸗ kasse neinlagen nahezu auf 4 Milliarden zu veranschlagen sein. Erwägt man nun, daß diese Einlagen größtentheils von den geringeren Klassen herrühren, so erweist sich in dieser Thatsache das erfreuliche Ergebniß, daß auch unsere geringen Leute in erheblicher Zahl jetzt bereits zu dem vielbeneideten Stande der „Kapitalisten“ gehören. Abber auch dieser Stand ist nicht mehr so beneidenswerth wie früher. Im Bereich des jüngsten Umschwungs hat auch ein Sinken des Zinsfußes gelegen. Es hat sich eine große so Masse von Kapital an⸗ gesammelt, daß dasselbe für nutzbringende Unternehmungen weit schwerer als früher zu verwenden ist. Ohne Zweifel ist dieses Sinken des Zinsfußes für solche, die auf ihr Zinseinkommen mit ihrem Lebens⸗ unterhalt angewiesen sind, sehr beklagenswerth. Im großen Ganzen können wir aber auch in dieser Erscheinung kein Unglück erblicken. Es ist eine Mahnung an unsere Unternehmer, in deren Hand vorzugs⸗ weise die Kapitalansammlung stattgehabt hat, daß sie in dieser Be⸗ ziehung bereits genug gethan haben und statt dessen lieber ihren Ar⸗ beitern durch reichliche Löhne gerecht werden mögen.

Betrachten wir das Gesammtergebniß des wirthschaftlichen Um⸗ gesunken. Der Arbeitslohn ist stehen geblieben und ist durch Sinken der Preise für die Lebensmittel noch werthvoller geworden. Damit sind wir dem sozialen Ausgleich, den unsere Sozialdemokraten mit unsinnigen und gehässigen Mitteln erstreben, auf friedlichem Wege ein Stück näher gerückt. Man kann sagen: noch niemals hat der Arbeiter im Verhältniß zu dem Gesammtreichthum der Nation eine so günstige Stellung gehabt, wie der heutige deutsche Arbeiter. Möchte es doch auch gelingen, dies unseren Arbeitern zum Bewußtsein zu bringen, und möchten diese vor allem es beherzigen.“

Nord⸗Amerika, im Februar und

„Unsere Leser“ so fährt die „Norddeutsche Allgemeine eitung“ fort „werden sich erinnern, daß in der „Nordd. Allg. tg.“ schon vor etwa zwei Jahren auf die große Wichtigkeit dieses

sich vollziehenden sozialen Ausgleichs hingewiesen wurde. Es geschah das zu einer Zeit, als die ersten Symptome einer sinkenden Tendenz der Rente in allen Zweigen der erwerbenden Unternehmerthätigkeit hervortraten. Was wir damals prognostizirt haben, liegt heute klar zu Tage, und wir dürfen wohl eine gewisse Genugthuung darin er⸗ blicee, wenn Organe, welche wirthschaftlich durchaus nicht immer unseren Standpunkt theilen, in dieser wichtigen Angelegenheit zu den⸗ selben Konsequenzen Fleshen. die wir selbst früher gezogen haben. Daß aber gerade das Aeltestenkollegium der Berliner Kaufmannschaft das Material lieferte, um die Richtigkeit unserer Anschauung zu be⸗ kräftigen, ist ein höchst werthvoller Beweis eben für die Richtigkeit und Unwiderleglichkeit derselben.“

Die „Deutsche Volkswirthschaftliche Cor⸗

respondenz“ charakterisirt einen Artikel der „Freisinnigen

eitung“, welcher die Haltung der freisinnigen Partei im Reichstage darstellt, folgendermaßen:

Ueber die Septennatsfrage geht die merkwürdige Revue der Negationen mit wenig Worten hinweg. „In dem neuen Reichstage“, heißt es dortselbst, „nahm die freisinnige Partei genau die⸗ selbe Stellung ein, wie in dem früheren Reichstage“; sie wiederholte ihre früheren Anträge, die mit 233 gegen 48 Stimmen abgelehnt wurden, sie stimmte endlich gegen das Septennatsgesetz im Ganzen; allein hier blieb sie auch so gut wie allein in der Opposition, da das Gesetz mit 227 gegen 31 Stim⸗ men angenommen wurde. Nachdem dieses sauere Stück Arbeit voll⸗ endet, wurde die deutschfreisinnige Partei ängstlich; sie stimmte an⸗ standslos für die einmaligen Ausgaben für die Militärverwaltung im Betrage von 156 624 783 ℳ; nicht das Geld der Steuerzahler kommt in Betracht, nur das Prinzip der Partei; hier handelt es sich nach der Ansicht der „Freisinnigen Zeitung“ lediglich um Mehr⸗ belastungen von ausschließlich militärtechnischer finanzieller Be⸗ deutung, denen ein freisinniger Mann zustimmen kann, während sie das Septennat zu bekämpfen für eine unabweisbare Pflicht hält, weil es sich da angeblich um Mehrbelastungen handelt, „bei welchen volkswirthschaftliche Interessen sich kreuzen mit militärischen Inter⸗ essen“. Unverhüllter kann man in der That seiner innersten Ueber⸗ zeugung nicht Ausdruck geben; ein Kampf aufs Messer wird für oppvortun erachtet, wo es sich um die heiligen Prinzipien der Partei handelt, während die Interessen der geehrten Herren Wähler dann nicht mehr in Betracht kommen, wenn sich für die Vermehrung des äußeren Ruhmes schlechterdings nichts machen läßt.

Ganz köstlich ist die Beschreibung der Fallstricke, welche von den Deutschfreisinnigen in den Steuerfragen gelegt wurden, um die Wähler mit einem „ut aliquid fecisse videatur“ . . . hinweg⸗ zutäuschen. Eine Reform der Zuckersteuer, à la bonne heure! Die Deutschfreisinnigen wollen eine Reform dieser Steuern, aber sie wollen sie lediglich nach ihren eigenen Ideen. So ventiliren sie denn das bekannte Lied von der Aufhebung der Ausfuhrprämien; sie stimmen der Zuckersteuer zu, aber nur unter der Bedingung der Aufhebung der Ausfuhrprämien auf Zucker. Die Methode ist gescheit genug, um für alle Jene, welche nicht weiter denken, als bis dahin, wo Andere ihnen vorgedacht haben, eine Falle abzugeben. Wir Alle wünschen eine Aufhebung der Ausfuhrprämien auf Zucker; allein wir wünschen ebenso den Frieden, können aber begreiflicherweise nichts⸗ destoweniger nicht abrüsten, weil eben die uns umgeben⸗ den Staaten von einem solchen Vorgehen den einzigen Nutzen haben würden. Genau so sind wir angesichts der Gesetzgebungen, welche jin anderen Staaten, wie Frankreich, bestehen, angesichts der Maßregeln, die, wie dies in Oesterreich der Fall, eine Erhöhung der Bonifikation in Aussicht stellen, nicht in der Lage, die finanziellen Interessen einfach und sicher durch eine neue Ver⸗ brauchs⸗ oder Fabrikatssteuer zu befriedigen, da dieses neuermittelte Vorgehen, wie Staatssekretär Dr. Jacobi ganz richtig bemerkte „die allerbedenklichsten Folgen für die Zuckerindustrie herbeiführen würde, deren Verhütung der Regierung nicht minder am Herzen liegt, wie das fiskalische Interesse’. Nachdem nun solchergestalt die Dentschfreisinnigen durch Aufstellung unmöglicher, jedenfalls derzeit unmöglicher Bedingungen, die Annahme ihrer eigenen Anträge unmöglich gemacht haben, ziehen sie aus den von ihnen auf⸗ gestellten falschen Prämissen falsche Schlüsse und erklären, daß ihre Reform 35 Millionen Mehrerträgniß von Zucker geliefert hätte, wäh⸗ rend sie horribile dictu für den angeblich nur noch 12 Mil⸗ lionen betragenden Rest der Erfordernisse eine „Reichs Einkommen⸗ steuer“ in petto haben. Mit diesem Projekt abenteuerlicher Natur erzielten die Herren aber einen allgemeinen Durchfall; „der Antrag,“ bemerkt die „Freisinnige Zeitung“ vom 20. Juli, „ist ab⸗ gelehnt worden, indem die Freisinnige Partei nur Unterstützung bei den Sozialisten fand“ Ganz ähnlich wie bei der Zuckersteuer geht die Partei bei der Branntweinsteuer vor. Sie stimmt „im Prinzip“ für diese Steuer, allein sie verlangt eine Aufhebung des Kaffeezolls. Hier wie dort wird der Zweck beider Steuern, die finanzielle Kräftigung des Reichs unter denselben nichtigen Vorwänden vereitelt, wie dies betreffs der militärischen Konsolidirung desselben gelegentlich der Septennatsfrage der Fall war; die positiven Anträge der Majori⸗ täten sollen durch allerlei Ausflüchte bei Seite geschoben werden, während ein bengalisches Feuerwerk die eigenen Parteihäupter in brillanter Beleuchtung und in der Bereitung von allerlei Gegengiften vorführt. Nach wie vor bleibt das Schibboleth, dem die Herren von der freisinnigen Observanz folgen: „Nitimur in vetitum semper cupimusque negata“.

Statistische Nachrichten.

Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund⸗

heitsamts sind in der Zeit vom 10. Juli bis 16. Juli cr. von je 1000 Bewohnern, auf den Jahresdurchschnitt berechnet, als gestorben gemeldet: in Berlin 28,8, in Breslau 36,6, in Königsberg 40,1, in Köln 33,7, in Frankfurt a. M. 23,7, in Wiesbaden 31,0, in Hannover 16,8, in Kassel 15,8, in Magdeburg 29,0, in Stettin 29,6, in Altona 22,4, in Straßburg 22,7, in Metz 16,3, in München 29,2, in Nürnberg 26,9, in Augsburg 22,4, in Dresden 23,7, in Leipzig 17,6, in Stuttgart 15,6, in Karlsruhe 24,9, in Braunschweig 22,4, in Hamburg 33,2, in Wien 27,8, in Pest 29,2, in Prag 30.2, in Triest 24,3, in Krakau 33,5, in Amsterdam 21,4, in Brüssel 19,9, in Paris 20,6, in Basel —, in London 21,9, in Glasgow 17,5, in Liverpool 20,6, in Dublin 27,8, in Edinburg 19,9, in Kopenhagen 24,2, in Stockholm 21,6, in Christiania 37,3, in St. Petersburg 23,1, in Warschau 22,6, in Odessa 26,3, in Rom 22,3, in Turin —, in Venedig 25,4, in Alexandria 36,5. Ferner in der Zeit vom 19. bis 25. Juni cr.: in New⸗York 29,3, in Philadelphia 24,1, in Baltimore 24,1, in Kalkutta 20,4, in Bombay 21,2, in Madras 38,1. 1 1 Die Sterblichkeit hat in der Berichtswoche in den meisten Groß⸗ städten Europas eine erhebliche Steigerung erfahren und zwar hat in den meisten derselben, namentlich in den deutschen, in Folge der heißen Witterung, die besonders in der zweiten Wochenhälfte in ganz Deutschland vorherrschend war (in Berlin stieg am 14. Juli das Thermometer bis 32,9 C.), eine bedeutende Zunahme der Todesfälle an Darmkatarrhen und Brechdurchfällen der Kinder stattgefunden, durch welche die Sterblichkeitsziffern in den meisten Städten bedingt wurden. Einer geringen Sterblichkeit (noch nicht 20,0 pro Mille und Jahr) erfreuten sich Lübeck (11,9), Kassel, Metz, Stuttgart, Hannover, Elberfeld, Barmen, Dortmund, Leipzig, Darmstadt, Rostock, Brüssel, Glasgow, Edinburg. Günstig (20,0 pro Mille und etwas darüber) war auch die Sterblichkeit in Duisburg, Potsdam, Mülhausen i. E. Münster, Paris, London, Stockholm. Hoch (über 30,0 pr. M.) war die Sterblichkeit unter den deutschen Städten in Breslau, Königsberg, Köln, Wiesbaden, Ham⸗ burg, Danzig, Erfurt, Chemnitz, Frankfurt a. O. Die Theilnahme des Säauglingsalters war durch die bedeutend gesteigerte Zahl von

8 4“ 88 8 Todesfällen an Darmkatarrhen und Brechdurchfällen eine fast allge⸗

mein erhöhte; doch blieb die Zahl der an jenen Krankheits⸗ formen gestorbenen Kinder hinter der in der entsprechenden Woche des Vorjahres in den meisten Orten zurück, obwohl dieselbe besonders in Berlin, Breslau, München, Hamburg, Köln, Königsberg, Magdeburg, Stettin, Nürnberg, Wien, London, Best Paris eine ansehnliche ist. Von je 10 000 Lebenden starben in Berlin 161 (in der entsprechenden Woche des Vorjahres 178), in München 140 (im Vorjahre 112) Säuglinge. Akute Entzündungen der Athmungsorgane riefen dagegen in den meisten Großstädten weniger Todesfälle hervor. Von den Infektionskrank eiten wurden Sterbefälle an Masern, typhösen Fiebern und Pocken mehr, an Scharlach, Diphtherie und Keuchhusten weniger gemeldet als in der vorhergegangenen Woche. So waren Sterbefälle an Masern in Breslau, Königsberg, Bremen, Danzig, Wien, Kopenhagen, Dublin zahlreicher, während sie in München, Köln, London, Paris und St. Petersburg seltener wurden. Neue Erkrankungen gelangten aus Breslau, Wien, Pest, Kopenhagen, Stockholm, sowie aus den Regierungs⸗ bezirken Düsseldorf, Königsberg und Münster in größerer Zahl zur Be⸗ richterstattung. Das Scharlachfieber hat in Berlin, Danzig, Wien, Paris etwas mehr, in London weniger Opfer verlangt; neue Erkran⸗ kungen haben in Berlin, Hamburg, Wien, Edinburg abgenommen. Die Sterblichkeit an Diphtherie und Croup war in Berlin, Hamburg, Breslau, Dresden, Königsberg, Wien, Paris, St. Peters⸗ burg eine geringere, dagegen in Frankfurt a. M., Magdeburg, Chem⸗ nitz, London, Kopenhagen, Christiania eine größere. Das Vorkommen von neuen Erkrankungen war in Berlin, Hamburg, Kopenhagen, Chri⸗ stiania, St. Petersburg sowie im Regierungsbezirk Schleswig kein gegen die Vorwoche wesentlich verändertes. Unterleibs⸗ typhen veranlaßten in Paris mehr, in St. Petersburg weniger Sterbefälle, in St. Petersburg jedoch mehr neue Erkrankungen. An Flecktyphus kamen aus Danzig 3, aus Krakau und aus dem Regierungsbezirk Aachen je 1 Todesfall, aus St. Petersburg auch noch 1, aus dem Regierungsbezirt Königsberg 4 neue Erkrankungen zur Anzeige. Auch wurden aus Berlin und St. Petersburg je 1 Er⸗ krankung an Rückfallsfieber beobachtet. Rosenartige Entzün⸗ dungen des Zellgewebes der Haut kamen in Berlin, Paris, London weniger zum Verschein, während der Keuchhusten in London, Paris und Christiania mehr, in Berlin und Liverpool weniger Sterbe⸗ fälle veranlaßte; auch in Kopenhagen nahm die Zahl der Erkrankungen an Keuchhusten ab. Todesfälle an Pocken wurden häufiger zur Anzeige gebracht. Einzelne Sterbefälle kamen in Chemnitz, Mül⸗ hausen i. E., Lemberg und London vor; mehrfache (2 und 3) in Pest, Prag und in dem Regierungsbezirk Königsberg; aus Rom wurden 4, aus Triest, Warschau, St. Petersburg je 5, aus Paris 10 gemeldet. Erkrankungen wurden aus Berlin und Breslau je 1, aus Nürnberg 2, aus Wien 4, aus dem Regierungsbezick Königsberg 5, aus Pest 8, aus St. Petersburg 17 mitgetheilt.

Kunst, Wissenschaft und Literatuur

Von den „Annalen des Deutschen Reichs für Gesetz⸗ gebung, Verwaltung und Steatistik, staatswissenschaftliche Zeitschrift und Materialiensammlung“, herausgegeben von Dr. Georg Hirth und Dr. Max Seydel (Verlag von G. Hirth in München und Leipzig, jährlich 12 Hefte, Abonnementspreis vierteljserlich 4 ℳ), ist soeben die Doppelnummer 5/6, Jahrg. 1887, erschienen. Dieselbe hat folgenden Inhalt: Deutsches Kolonialstaats⸗ recht, mit Berücksichtigung des internationalen Kolonial⸗ rechts und des Kolonialstaatsrechts anderer europäischer Staaten. Von Carl von Stengel, Professor der Rechte in Breslau. Bericht über die Thätigkeit des Reichskommissars für das Aus⸗ wanderungswesen während des Jahres 1886. (Fortsetzung folgt.) Das Reichsgesev. pew. die Unfall⸗ und Krankenversicherung der in land⸗ und forstwirthschaftlichen Vririeden Lefcefejgten Perionen. Von

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Regierungs Rath Dr. Zeller in Darmstadt. (S

Als 87. Ergänzungsheft zu „Petermann’s Mittheilungen aus Justus Perthes' Geographischer Anstalt“ erschienen vor Kurzem: „Forschungsreisen in den Australischen Alpen“, von Dr. R. Lendenfeld, mit 3 Karten auf 2 Tafeln (Gotha, Justus 1887). Der Verfasser hat auf Kosten der Kolonial⸗ Regierungen von Neu⸗Südwales und Victoria in den Jahren 1885 und 1886 zwei Reisen zur Erforschung der Australischen Alpen unter⸗ nommen. Im Jahre 1885 untersuchte er die Gruppe des Mount Kosciusco und entdeckte und erstieg bei dieser Gelegenheit den höchsten Punkt Australiens. Im Jahre 1886 bereiste er die Bogong⸗ Kette. Der Hauptzweck beider Expeditionen war: zu ermitteln, ob es in Australien so wie anderwärts eine Eiszeit gegeben habe, und in der That ist es Lendenfeld gelungen, sowohl am Mount Cos⸗ ciusco wie am Mount Bogong unzweideutige Spuren einer einstigen Vergletscherung nachzuweisen. Er beschreibt zunächst die australischen Alpen im Allgemeinen in geologischer und physiographischer Hinsicht, ihre Gebirgskämme und Thäler, die Flüsse, Seen, sowie die meteoro⸗ logischen Verhältnisse, und dann die Koscinsco⸗ und die Bogong⸗ Gruppe im Besonderen, nebst Bericht über die früheren sowohl wie seine eigenen Forschungsreisen. Am Schluß sind die Resultate zu⸗ sammengestellt, zu denen der Verf. im Verfolg seiner Forschungen nach Spuren einstiger Vergletscherung gelangt ist. Dabei werden auch die früher und von anderer Seite darüber ausgesprochenen Ansichten einer Reihe von Gelehrten mitgetheilt und kritisirt. Wenngleich die Forschung nach Gletscherspuren in Australien erst begonnen hat und die Alpen nach Lendenfeld's Behauptung vor seinen Reisen niemals von Kennern der Gletscherspu en der europäischen Alpen besucht worden sind, so ist doch gleichwohl, wie aus den von ihm mitgetheilten Beobachtungen hervorgeht, ein verhältnißmäßig bedeutendes Material von Thatsachen zusammengebracht worden. Es

kann, wie er sagt, keinem Zweifel unterliegen, daß einst das ganze

Hochland von Australien vergletschert gewesen ist, und daß die Eis⸗ ströme an vielen Orten bis zu großen Tiefen herab vorgedrungen sind. Diese Gletscherperiode dürfte wahrscheinlich mit jener Zeit zusammenfallen, da in Australien ein viel feuchteres und regnerischeres Klima geherrscht habe als heutzutage. Daß während der Tertiärperiode ein solches Klima geherrscht habe, bewiesen nicht nur die riesigen Beutelthiere, die damals gelebt, und die jedenfalls einer viel reicheren Vegetation zur Ernährung bedurft hätten, als ihnen der heutige Pflanzenwuchs bieten würde, sondern auch die kolossalen Geröllablagerungen, die in vielen Thälern gefunden würden und die auf eine viel bedeutendere Größe der Flüsse jener Zeit schließen ließen. Es sei wohl als sicher anzunehmen, daß die Eiszeit in Neuseeland mit der Glacial⸗ und Pluvialperiode in Australien zeitlich zusammenfalle. Wenn somit der Beweis erbracht sei, daß es auf der südlichen Hemisphäre, im Gebiet Auftraliens, eine ausgedehnte Glacialperiode gegeben habe, die in jeder Hinsicht der europäischen und amerikanischen Eiszeit homolog sei, so lasse sich freilich die Frage, ob die Eiszeit der sfüdlichen Hemisphäre mit der der nörd⸗ lichen zeitlich zusammenfalle, oder ob etwa die Kälteperiode oder die Kälteperioden des Südens mit denen des Nordens abwechselten, leider bis jetzt auf keine Weise entscheiden.

Von dem „Rudolph Töpffer⸗Album“,komische Bilder, Romane und Karikaturen des berühmten Verfassers der „Genfer Novellen“ (20 Lieferungen à 60 mit ca. 15 Illustrationen; Stutt⸗ gart, Paul Neff) liegen die Lieferungen 2 bis 7 vor. In der 4. Liefe⸗ rung wird die abenteuerliche Geschichte des „Maler Pinsel“ mit dem 213. Bilde zum versöhnenden Abschluß gebracht, in den drei folgenden die Erzählung „Herr Krause“, der sein Glück in der vornehmen Ge⸗ sellschaft sucht, durch 123 Bilder verdeutlicht. Wie schon bei der ersten Lieferung dieses Werks bemerkt, liegt das Anziehende des⸗ selben nicht in den sehr einfachen Erzählungen, sondern in den skizzenhaften, harmlosen Zeichnungen, in denen der Künstler mit wenigen Strichen seiner reichen Phantasie, seinem köstlichen Humor, seiner scharfen Satire, dann wieder seinem tiefen Gemüth Ausdruck zu geben und den Beschauer zu unterhalten versteht. Mit welchem Geschick sind die handelnden Personen auf jedem Bilde in ihrer Individualität sofort kenntlich dargestellt, und wie ganz ver⸗ schieden ist doch die eine Figur in ihrer Auffassung und ihrem Aus⸗

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ruck von der andern, und alles das nur durch wenige, wie von einer

ganz ungeübten Hand hingeworfene Striche erzielt! Wer flüchtig

über die Bilder hinwegblickt, legt sie vielleicht verächtlich bei Seite;

wer sie genauer betrachtet, wird sie aber als ein eigenartiges Kunst⸗

werk hochschätzen, das dem deutschen Volke zu einem so billigen

zugänglich gemacht zu haben, man der Verlagshandlung großen ank wissen muß.

Land⸗ und Forftwirthschaft.

in J. D. Sauerlaender's Verlag zu Frankfurt a. M. erschien soeben der „Jahresbericht über die Leistungen und Fort⸗ schritte in der Forstwirthschaft, zusammengestellt für aus⸗ übende Forstmänner und Privatwaldbesitzer, unter Mitwirkung von Fachgenossen und herausgegeben von Oberförster Saalborn chter Jahrgang, 1886.“ Der neueste Jahrgang dieser stets mit großem Fleiß bearbeiteten periodischen Publikation schenkt der Beschreibung der Forsten im Deutschen Reich, der Holzsortirung und den Ertragsverhältnissen besondere Aufmerksamkeit und ist infolge dessen umfangreicher als die früheren. Der Inhalt zerfällt in folgende Abschnitte: 1) Einleitung. 2) Die Faktoren des forstwirthschaft⸗ lichen Betriebs. 3) Die Forstwirthschaft. 4) Resultate der Forst⸗ verwaltung. 5) Literaturverzeichniß. 8

Gewerbe und Handel.

Die „Gazzetta ufficiale del regno d'Italia“ Nr. 166 vom 18. d. M. enthält die amtliche Publikation des durch Königliche Verordnung vom 14. d. M. genehmigten Geseßzes, betreffend den neuen italienischen Zolltarif. RNach Art. 1 des Gesetzes tritt der demselben angefügte Ein⸗ und Ausfuhr⸗Zolltarif am 1. Januar 1888 in Kraft.

Der Zolltarif selbst ist in einer Beilage zu der „Gazzettz ufficiale“ Nr. 167 vom 19. d. M. veröffentlicht worden. (Eine nichtamtliche Separatausgabe des neuen Tarifs, in welcher den neuen Zollsätzen die noch bis zum Ablauf d. J. in Gültigkeit bleibenden alken General⸗ tarifsätze gegenübergestellt sind, ist bei der Agentur A. Miazzon & Co. in Mailand, 5 Via Carmine, erschienen und dort zum Preise von 1 Lire zu beziehen.)

Der Einlösungscours für die in Silber in Berlin zahl⸗ baren österreichischen Silbercoupons ist auf 161,50 für 100 Fl. erhöht worden.

Gewerbeblatt aus Württemberg, herausgegeben von der Königlichen Centralstelle für Gewerbe und Handel. Nr. 30. Inhalt: Dienstnachrichten. Reichsgesetz, betreffend Abänderung der Gewerbeordnung. Vom 6 Juli 1887. Der Einfluß des Regens auf den Gerbstoffgehalt der Eichenrinde. Verschiedene Mitthei lungen. Entscheidung des Reichsgerichts. Ausstellungswesen. Neues im Landes⸗Gewerbe⸗Museum. Literarische Erscheinungen.

Breslau, 25. Juli. (W. T. B.) Bei der Kesselerplo⸗ sion auf den der Oberschlesischen Eisenbahnbedarfs⸗ Gesellschaft gehörigen Werken in Friedenshütte sind 5 Per⸗ sonen getödtet worden.

Siegen, 24. Juli. (Köln. Volksztg.) Der gute Ton auf dem Eisenmarkt hat sich auch in der vergangenen Woche erbalten. Die Notirungen für Roheisen haben sich weiter befestigt und gegen⸗ wärtig ist hier unter 42 43 die Tonne nicht mehr anzukommen;“ manche Produzenten halten mit Offerten ganz zurück. Man glaubt auf eine weitere Steigerung für Roheisen rechnen zu dürfen, zumal auch die Kokspreise höher gehalten werden, und mit dem IV. Quartal eine nochmalige Vertheuerung des Koks in Aussicht steht. Für ge⸗ wöhnliches Spiegeleisen, wie solches vom Syndikat verkauft wird, war die Nachfrage schon einige Zeit wenig lebhaft. Dagegen findet hochmanganhaltiges Spiegeleisen, welches hauptsäch⸗ lich die größern Hochofenwerke produziren, zu annehmbaren Preisen guten Absatz. In jüngster Zeit soll ein Auftrag von 10000 t 9 den betreffenden Hutten eingegangen sein. Eisenstein hat vbeafalls eine gute Nachfrage zu verzeichnen, und die um etwa 5 bis 8.% pr. T. S. arhöhren Preise werden von den Hütten be⸗ willigt; Vorräthe sind nicht eem Die Feinblech⸗Walz werke sind jetzt stark beschäftigt, nachdene einblech“ ac. denselben recht bedeutende Aufträge zugeführt haben. We Wie um mehrere Mark per Tonne gestiegenen Preise werden ohne Schwierigkeit durchgesetzt; die Werke halten um so mehr an den höheren Forderungen fest, als sie erfahrungsgemäß wissen, daß ihnen in den Herbstmonaten fast niemals die Aufträge fehlen. Bezüglich der Konventions⸗Verhandlungen ist es im Sieger⸗ land überall ruhig geworden, und auf ein Zustandekommen irgend einer neuen Vereinigung ist nicht zu rechnen, da eine Einigung sowohl der Roheisen⸗ als auch Feinblech⸗Produzenten nicht zu erzielen ist.

Glasgow, 25. Juli. (W. T. B.) ie Verschiffungen von Roheisen betrugen in der vorigen Woe gegen 11 100 Tons in derselben Woche des vorigen

Bradford, 25. Juli. (W. T. B.) stetig, Garne und Stoffe ruhig.

Submissionen im Auslande.

I. Italien. Direz. d'Artiglieria e Torped. 1. dipart. in Dampfkessel, Typus Cornovaglia; Voranschlag

2. dipart. Sege Vor⸗ 562 Lire.

) 8. August. R. Polverificio (Pulverfabrik) in Fossano:

1000 kg Glycerin; Voranschlag 2000 Lire. In Aussicht stehend: a. Bei der Direktion der Adriatischen Eisenbahn in Florenz:

4) 10 Cisternenwagen für Trinkwasser⸗Transporte.

b. Bei der Direktion der Mittelmeerbahn in Mailand:

5) l1 eiserne Träger für Brückenbauten längs der Linie Battipaglia Castrocucco zwischen Vallo und Pisciotta (Unter⸗Italien), nämlich: 1) Brücke über den Palistro, 63,40 m, 2) über die Sant Antonio⸗Schlucht 21,40 m, 3) über die Macaria⸗Schlucht 39,10 m, 4) über die Fiori⸗Schlucht 41,50 m. Die übrigen Träger variiren zwischen 2,20 m und 12,55 m. Voranschlag 230 000 Lire.

6) Stahlschienen für die Station Pieve⸗Sori, Linie Spezia Genua; Voranschlag 72 500 Lire.

II. Niederlande.

1) 28. Juli. Gemeente⸗Bestuur zu Kampen:

Lieferung von gußeisernen Rohren und Hülfstücken für die im Bau begriffene Gemeindewasserleitung.

Bedingungen im Bureau der Waterleiding für 2,50 Fl. käuflich.

2) 10. August, Nachmittags 1 Uhr. Kolonial⸗Ministerium, im Gebäude der Maatschappy tot nut van 't Allgemeen in Amsterdam.

N. Z. Voorburgwal Nr. 212, in 33 Abtheilungen.

Lieferung von gegossenen eisernen Rohren, galvanisirtem Eisen ꝛc., Kupferdraht, Blei, Droguen⸗ und Manufakturwaaren.

Bedingungen käuflich bei den Buchbändlern Gebr. van Cleef im 8 Haag, Spui 28 a. Einschreibung muß durch in Holland wohnhafte Personen erfolgen.

3) 19. August. Nachmittags 1 Uhr. Ministerie van Water⸗ staat, Handel en Nyverheid im Haag.

Lieferung für das Jahr 1888 von Kleidertuch für die Uniform der Postbeamten.

Bedingungen auf Franco⸗Anfrage käuflich bei den Buchhändlern Gebr. van Cleef im Haag, Spui 28 a.

Verkehrs⸗Anstalten.

In Chinz sind mehrere neue Telegraphenanstalten eröffnet worden. Die Worttare beträgt für die Beförderung über Rußland, Persien oder über Triest, oder Malta ꝛc. ꝛc.