B. Unterricht in der akademischen Hochschule für die bildenden Künste.
Direktor: Professor A. von Werner.
1 I. Kursus.
) Vorbereitungs⸗Klasse. Zeichnen nach Gipsabgüssen und nach der Natur (Köpfe):
Maler Hancke, Maler Brausewetter, Maler
Böse. 2) Proportionslehre und Anatomie des menschlichen Körpers: Maler Skarbina. 1 3) Perspektive, Projektion und Schatten⸗Konstruktion: Professor Streckfuß, Maler Hugo Herwarth. 4) Ornamentlehre und dekorative Architektur Architekt Kuhn, 8 Maler Wilhelm Herwarth. 5) Vorträge über Kunstgeschichte und klassische Dich⸗
tungen: “ Professor Dr. Dobbert. “ 8 8 6) Vorträge über Kostümkunde: ter A von Feyben. 7) Zeichnen nach dem lebenden Modell (Akt): der Direktor und sämmtliche Lehrer. II. Kursus. “ 1) Zeichnen nach der Antike und dem lebenden Modell (Akt und Halbakt): rofessor Friedrich, Maler Ehrentraut. 2) Modelliren nach der Antike und dem lebenden Modell: Professor Albert 1 3) Malen nach der Natur (Köpfe, Stillleben und Halb⸗ akt), Malklasse: Professor Hellqvist, Maler Dammeier. 4) Malen nach dem lebenden Modell (Akt): rofessor Michael. 5) Modelliren nach dem lebenden Modell (Akt): Professor Schaper, Bildhauer Janensch. 6) Zeichnen von landschaftlichen Studien: Professor Bellermann. 7) Zeichnen und Malen von Thieren 88 Professor Meyerheim. 1 8 8) Vorträge über Anatomie, verbunden mit praktischen UMebungen am Kadaver: Dr. H. Virchow, Zweiter Prosektor an der König lichen Anatomischen Anstlt. 1) Atelier⸗Unterricht der Professoren: Direktor von Werner, Schrader, Michael, Schaper, Wolff, Hellgvist, Friedrich. 2) Atelier 8 Landschaftsmalerei:
Professor E. Bracht, Maler Voorgang. 3) Unterricht im Radiren und Kupferstechen: Kupferstecher Hans Meyer. Außerdem Uebungen in der Komposition: In allen Kursen.
Der Unterricht des Winter⸗Semesters beginnt: Montag, den 10. Oktober 1887. Neu Eintretende haben sich Sonnabend, den 8. Oktober 1887, von 12 bis 4 Uhr, im Sekretariat — Unter den Linden 38 — zu melden und einen selbstgeschriebenen Lebenslauf, ein polizeiliches Führungs⸗ attest, die nothigen Schulzeugnisse, sowie die schriftliche Erlaubhniß des Vaters oder Vormundes (bei Minderjährigen) zum Besuch der Anstalt gleichzeitig ebendaselbst einzureichen. ö.“ sowie Näheres über die Aufnahme ꝛc. eben⸗
Berlin, den 29. August 1887. 8 Der Senat, Sektion für die bildenden Künste. C. Becker.
2 Angekommen: Se. Excellenz der Staats⸗Minister, Staatssekretär des Innern, von Boetticher, aus der Schweiz.
Bekanntmachungen, die Unfallversicherung betreffend.
8 r weiteren Ausführung des Unfallversicherungsgesetzes vom 8 Juli 1884 im Fürstenthum Reuß älterer Linie 88 im Anschlusse an die Regierungs⸗Verordnung vom 4. August 1884 mit Höchster Genehmigung Serenissimi hiermit verordnet, was folgt: Einziger Paragraph. VWVegen der Bezugsberechtigung betreffs der in 8 85 al. 2 des Reichsgesetzes vom 6. 88 1884 bezeichneten Geldstrafen eift g wöl 8 bis auf Weiteres die Vorschrift im letzten 1 üg] von §. 17 des Sseete vom 3. Juli 1879 Platz. reiz, den 15. August 1887. Fürstlich vtauiscg⸗ Landesregierung.
Faber. 8 Richter.
Nichtamtliches. Deutsches Reich.
Berlin, 1. September. Se. Majestät der Kaiser und König wohnten heute der Parade des gesammten Garde⸗Corps auf dem Tempelhofer Felde bei und nach Beendigung derselben zahlreiche Meldungen entgegen.
—— Ihre Majestät die Kaiserin und Königin ist gestern nach 2 Uhr hierselbst eingetroffen und hat der heutigen Parade beigewohnt.
— Der Leibarzt Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen, General⸗Arzt Dr. Wegner, hat sich im Einvernehmen mit Dr. Morell Mackenzie bahin ausgesprochen, daß der Gesundheitszustand Sr. Kaiserlichen und Fon glichen Hoheit des Kronprinzen in der letzten Zeit
Die Stimme ist noch heiser, da an verschiedenen Stellen
des Kehlkopfs, wie schon seit mehreren Monaten, eine Disposition zu Kongestionen besteht.
Seit der letzten Kauterisation hat eine neue Ausbildung der bis dahin vorhandenen Anschwellung nicht stattgefunden; eine Wiederkehr derselben ist indessen nicht unwahrscheinlich. Sie würde zwar die Genesung verzögern, jedoch an und für sich nicht bedenklich erscheinen.
Völlige Schonung der Stimme und Vermeidung kalter und feuchter Luft sind die wichtigsten prophylaktischen Maß⸗ regeln, welche in nächster Zeit zu nehmen sind.
——
— Die diesjährige große Herbst⸗Parade über die in Berlin, Potsdam und Spandau garnisonirenden Truppen, sowie über das Garde⸗Schützen⸗Bataillon und das Kadetten⸗ Corps in Groß⸗Lichterfelde fand heute Vormittag 10 Uhr auf dem Infanterie⸗Exerzierplatz östlich der Tempelhofer Chaussee vor Sr. Majestät dem Kaiser und König, Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin sowie in Gegen⸗ wart Ihrer Königlichen Hoheiten der Prinzessin Friedrich Carl und der Prinzessin Wilhelm, Forer Kaiserlichen Hoheiten des Prinzen und der Prinzessin Komatsu von Japan und anderer Hoher Fürstlichkeiten statt.
Die Truppen waren im Parade⸗Anzuge mit Gepäck, die Fußtruppen in weißen Hosen, das 1. Garde⸗Regiment z. F. mit Grenadiermützen erschienen.
Die Parade befehligte der kommandirende General des Garde⸗Corps, Gen al der Infanterie von Pape.
Die Aufstellung der Parade erfolgte in zwei Treffen: das erste Treffen bestand aus der 1. Garde⸗Infanterie⸗Division unter dem General⸗Lieutenant von Schlichting und der 2. (kom⸗ binirten) Garde⸗Infanterie⸗Division unter dem General⸗Lieute⸗ nant von Hahnke, Commandeur der 2. Garde⸗Infanterie⸗Division.
Das zweite Treffen kommandirte der General⸗Lieutenant von Winterfeld, Commandeur der Garde⸗Kavallerie⸗Division.
Im ersten Treffen hatten auf dem rechten Flügel die Leib⸗ Gendarmerie und die Stäbe Aufstellung genommen, dann folgten: die 1. Garde⸗Infanterie⸗Brigade unter Kommando des Obersten von Lindequist, Flügel⸗Adjutanten und Commandeurs des 1. Garde⸗Regiments z. F., bestehend aus dem Kadetten⸗Corps, dem 1. Garde⸗Regiment z. F., dem 3. Garde⸗Regiment z. F., dem Lehr⸗Infanterie⸗Bataillon, der Unteroffizierschule Potsdam und dem Garde⸗Jäger⸗Bataillon; die 2. Garde⸗Infanterie⸗ Brigade, kommandirt vom General⸗Major von Kaltenborn⸗ Stachau, gebildet aus dem 2. Garde⸗Regiment z. F. und dem 4. Garde⸗Regiment z. F.; die 3. Garde⸗Infanterie⸗Brigade unter General⸗Major von Holleben, bestehend aus dem Kaiser Alexander Garde⸗Grenadier⸗Regiment Nr. 1, dem 3. Garde⸗Grenadier⸗ Regiment Königin Elisabeth und dem Garde⸗Schützen⸗ Bataillon; die kombinirte Garde⸗Infanterie⸗Brigade, befehligt vom General⸗Major von Kropff, gebildet aus dem Kaiser Franz Garde⸗ Grenadier⸗Regiment Nr. 2 und dem ne ee istbe. Ahehent⸗ sowie die kombinirte Brigade unter dem Befehl des General⸗ Majors von Teichmann und Logischen, Inspecteur der 1. Fuß⸗ Artillerie⸗Inspektion, bestehend aus dem Garde⸗Fuß⸗Artillerie⸗ Regiment, dem Garde⸗Pionier⸗Bataillon, dem Eisenbahn⸗Regi⸗ ment und der Fberegsi⸗ der Artillerie⸗Schießschule.
Im zweiten Treffen befanden sich die 1. Garde⸗Kavallerie⸗ Brigade unter Kommando des Obersten von Frankenberg⸗ Proschlitz, à la suite des 2. Garde⸗Ulanen⸗Regiments, bestehend aus dem Regiment der Gardes du Corps und dem Garde⸗ Kürassier⸗Regiment; die 2. Garde⸗Kavallerie⸗Brigade, komman⸗ dirt vom General⸗Major von Versen, bestehend aus dem Garde⸗ “ unter Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen
ilhelm, dem 1. Garde⸗Ulanen⸗Regiment und dem 3. Garde⸗ Ulanen⸗Regiment; die 3. Garde⸗Kavallerie⸗Brigade unter Sr. Durchlaucht dem General⸗Major Prinzen von Hohenzollern, bestehend aus dem 1. Garde⸗Dragoner⸗Regiment, dem 2. Garde⸗ Ulanen⸗Regiment und dem 2. Garde⸗Dragoner⸗Regiment, — und die Artillerie und der Train unter dem Befehl des General⸗Majors von Schell, Commandeur der Garde⸗Feld⸗ Artillerie⸗Brigade, bestehend aus dem 1. Garde⸗Feld⸗Artillerie⸗ Regiment, dem 2. Garde⸗Feld⸗Artillerie⸗Regiment, der Lehr⸗ Batterie der Artillerie⸗Schießschule und dem Garde⸗Train⸗ Bataillon.
Die Aufstellung war: im ersten Treffen bei den Bataillonen in Compagnie⸗Front⸗Kolonne, bei der Lehr⸗Compagnie der Artillerie⸗Schießschule in Zug⸗Kolonne; im zweiten Treffen: bei der Kavallerie in Kolonne in Escadrons und bei der Feld⸗Artillerie und dem Train in Linie.
Beim Erscheinen Sr. Majestät des Kaisers und Königs wurden die Honneurs zuerst gleichzeitig von der ganzen Parade erwiesen und demnächst brigadeweise präsentirt. Das zweite Treffen wurde, nachdem das erste Treffen vom rechten Flügel aus gesehen worden war, vom linken Flügel aus besichtigt.
Demnächst folgte der Vorbeimarsch, welcher zweimal aus⸗ 1 wurde und zwar zuerst von den Truppen des ersten Treffens in Compagnie⸗Front, von der Kavallerie in Escadrons⸗ Front mit halber Distanz im Schritt, von der Artillerie in
atterie⸗-Front und vom Train in Zügen, gleichfalls im Schritt.
Bei dem zweiten Vorbeimarsch defilirten die Truppen des ersten Treffens in Regiments⸗Kolonne, ausschließlich des Lehr⸗Infanterie⸗Bataillons, des Garde⸗Jäger⸗Bataillons und der Unteroffizierschule Potsdam, welche in Compagnie⸗Front⸗ Kolonne marschirten. Das Kadetten⸗Corps und die Lehr⸗ Compagnie der Artillerie⸗Schießschule nahmen an dem zweiten Vorbeimarsch nicht Theil. Die Kavrvallerie defilirte in Escadrons⸗Front, die Artillerie in Abtheilungs⸗Front, die Lehr⸗ Batterie der Artillerie⸗Schießschule für sich hinter ber 3. Ab⸗ theilung des 2. Garde⸗Feld⸗Artillerie⸗Regiments, der Train in Compagnie⸗Front, sämmtlich im Trabe.
Nach beendeter Parade formirten sich die Truppen zum Abmarsch und rückten unter klingendem Spiel in ihre
Quartiere ab.
Von den 8. und Standarten, welche heute früh 8 ¼ Uhr durch die Leib⸗Compagnie des 1. Garde⸗Regiments z. F. resp. eine Escadron des Regiments der Gardes du Corps aus dem Königlichen Palais abgeholt worden waren, wurden nach der Parade die der in Berlin garnisonirenden resp. kantonnirenden Truppentheile wieder 899 dem Palais zurück⸗ gebracht, während die z. Zt. in der Umgegend von Berlin
untergebrachten Truppen die Fahnen bezw. Standarten bei
sich behalten.
Am Nachmittag 4 ¾ Uhr sindet im Weißen Saale und in den angrenzenden Gemächern des hiesigen Königlichen Schlosses ein Parade⸗Diner statt. Die Taßelmusik wird von der
Kapelle des 3. Garde⸗Regiments z. F. ausgeführt werden.
gute Fartf ritte gemacht hat, da Höchstdessen Allgemeinbefinden Vortrefflich ist. 88 “
. 8 8 8
Abends findet auf Allerhöchsten Befehl im Königlichen Opernhause eine Militär⸗Vorstellung staititt. 8
— Die „Berl. Pol. N.“ schreiben: Durch das Reichs⸗ gesetz vom 21. Juni d. J. sind verschiedene Bestimmungen des era F. vom Juni 1868, betreffend die Quartierleistung für die bewaffnete Macht während des Friedens⸗ zustandes, und des Gesetzes vom 13. Februar 1875 über die Naturalleistung für die bewaffnete Macht im Frieden ab⸗ geändert bezw. ergänzt. Unter Anderem ist für die Unter⸗ kunft unter Dach und Fach — engeres Quartier —, für welche Art der Quartierleistung es trotz der Anwendung in der Prexis an besonderen Bestimmungen bisher fehlte, eine gesetzmäßige Grundlage und nähere Ordnung geschaffen (§. 2 a. a. O.). Die zur Ausführung dieses Gesetzes erforderlichen allgemeinen Anordnungen erfolgen, ab⸗ gesehen für Bayern, durch Kaiserliche Verordnung. Solcher Anordnungen bedarf es entschieden auch bezüglich des §. 2. Um die Anwendung des Gesetzes bereits für die bevorstehende Manöverzeit zu ermöglichen, ist der alsbaldige Erlaß der er⸗ forderlichen Kaiserlichen Verordnung in Aussicht genommen worden. Dieselbe dürfte bereits die Allerhöchste Genehmigung erhalten haben und ohne Verzug in der üblichen Weise, für die Armee durch das Armee⸗Verordnungsblatt, zur öffentlichen Kenntniß gebracht werden. (Dies ist geschehen; außerdem ist die Allerhöchste Verordnung auch in der heute ausgegebenen Nr. 35 des Reichs⸗Gesetzblatts publizirt worden.)
— Bildet eine Parzelle, welche thatsächlich mit einem angrenzenden Grundstück als Pertinenz oder Substanztheil verbunden und durch Bebauung Seitens des Eigenthümers dieses Grundstücks Eigenthum des Bebauers geworden ist, nach den Steuerbüchern den Theil eines anderen Grundstücks, für welches ein eigenes Grundbuchblatt besteht, so erstreckt sich nach einem Urtheil des Reichsgerichts, V. Civilsenats, vom 23. April d. J., im Geltungsbereich des preußischen Rechts bei dem Zwangsverkauf des Grundstücks, mit welchem die Parzelle thatsächlich verbunden ist, das b nur auf dieses Grundstück, nicht aber auf das Pertinenzstück. Weder der Eigenthümer noch die Realgläubiger desjenigen Grund⸗ stücks, zu welchem jene Parzelle grundbuchmäßig gehört, brauchen sich bei dem Subhastationsverfahren zu betheiligen, sie können ihre Rechte durch das Zuschlagsurtheil nicht ver⸗ lieren. „Das Urtheil des Reichsgerichts vom 10. Februar 1886 spricht generell den Satz aus, daß ein Grundstück, welches ein eigenes Blatt im Grundbuch hat, nicht stillschweigend zugleich mit einem anderen Grundstück durch Adjudikation oder Auf⸗ lassung des letzteren in das Eigenthum eines Anderen über⸗ gehen kann. Ferner ist in Betreff unbeweglicher Pertinenzien erkannt, daß ihre thatsächliche Vereinigung mit anderen Grund⸗ stücken das Recht des Buch⸗Eigenthümers der ersteren nicht aufhebt, daß vielmehr nach den Grundbuchgesetzen vom 5. Mai 1872 Pertinenzien, welche als selbständige Grundstücke im Grundbuch und in den Steuerbüchern eingetragen sind, den Wirkungen der Zwangsversteigerung des Hauptgutes nur unter⸗ liegen, wenn sich das Verfahren mit auf sie erstreckt hat. — An diesen Grundsätzen muß auch für den Fall festgehalten werden, wenn ein Grundstück, welches thatsächlich mit einem anderen als Pertinenz oder Substanztheil verbunden ist, zwar kein selbständiges Blatt im Grundbuch hat, aber nach den Steuer⸗ büchern den Theil eines anderen Grundstücks bildet, für welches ein eigenes Grundbuchblatt besteht. Wird in solchem Falle der Zwangsverkauf des Grundstücks, mit welchem die Pertinenz thatsächlich verbunden ist, eingeleitet, so erstreckt sich das Verfahren nur auf dieses. Das Gesetz vom 13. Juli 1883 verpflichtet weder den Eigenthümer noch die Realgläubiger desjenigen Grundstücks, zu welchem die Pertinenz grundbuch⸗ mäßig gehört, sich bei dem Verfahren zu betheiligen. Sie können deshalb ihre Rechte durch das Zuschlagsurtheil auch nicht verlieren. An diesem Resultat wird auch dadurch nichts geändert, daß der Eigenthümer des versteigerten Grundstücks durch Bebauung geme §. 332 A.⸗L.⸗R. I, 9 das Eigent hum des Pertinenzstücks erworben hat.“
— Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Großherzoglich sächfisch Staatsrath Dr. Heerwart, ist nach Berlin zurück⸗ gekehrt.
— Der General der Infanterie von Wulffen, Gouverneur des hiesigen Invalidenhauses, und der General⸗ Lieutenant von Adler, Inspecteur der 1. Ingenieur⸗Inspektion, sind vom Urlaub zurückgekehrt.
Sigmaringen, 30. August. (Schwäb. Merkur.) Heute Mittag traf der König von Württemberg mittelst Sonderzugs von Friedrichshafen zum Besuch der Fürstlichen hier ein. Der Fürst von Hohenzollern empfing einen erlauchten Gast am Bahnhof und geleitete denselben nach dem Prinzenbau, wo Se. Majestät die Fürstin begrüßte. Kurz nach der Ankunft des Königs fand Galatafel statt, und gegen 2 Uhr setzte Se. Majestät die Reise nach Beben⸗ hausen sort. Die Gebäude in der Nähe des Bahnhofs sowie dieser selbst hatten festlich geflaggt.
Bayern. München, 30. August. Prinz⸗Regent wird den neu ernannten Päpstlichen Nuntius Ruffo Scilla am 12. September in feierlicher Audienz empfangen, um aus dessen Händen das Päpstliche Beßtaubsgungsschreiden entgegenzunehmen. Se. Königliche Hoheit kehrt zu diesem Zweck bereits am Tage zuvor Jagdausflug zurück. — Der Prinz⸗
aus dem der Allerhöchst unmittel⸗ baren Verfügung vorbehaltenen Gewinnantheil der München⸗Aachener Mobiliar⸗Feuerversicherungs⸗ Gesellschaft für das Jahr 1886 die nachbezeichneten Unterstützungen bewilligt: Oberbayern in Summa 2860 ℳ, Niederbayern 1850 ℳ, Pfalz 2850 ℳ, Oberpfalz 1120 ℳ, Oberfranken 3130 ℳ. Mittelfranken 3100 ℳ, Unterfranken 6670 ℳ, Schwaben 1000 ℳ.
Sachsen. Dresden, 30. August. (Dr. J.) Gestern (Dienstag) Nachmittag besuchte der Staats⸗Minister von Nostitz⸗Wallwitz in Begleitung des Geheimen Regierungs⸗ Raths Koch die Höoflößnitz, um vom Stande der Unter⸗ suchungs⸗ und Bekämpfungsarbeiten bezüglich der Reblaus⸗ kalamität an Ort und Stelle Kenntniß zu nehmen.
Mecklenburg⸗Schwerin. Schwerin, 31. August. (Meckl. Anz.) In Doberan traf am 27. d. M. Nachmittags die Herzogin Wilhelm von Mecklenburg⸗Schwerin ein, begab ch von dort nach dem Heiligendamm und hat in der Villa „Großfürstin Marie“ daselbst Wohnung ge⸗ nomng. stock trafen gestern der Großfürst Michael
n Ro gestern der Gr ür ichae Nikolajewitsch von Rußland in Begleitung seiner beiden jüngsten Soͤhne, der Großfürsten Sergius und
1717
(Allg. 8i9. Der
von seinem Regent hat
Alexis Michailowitsch, nebst Gefolge von Gelbensande ein und setzten Nachmittags mit dem Schnellzug ihre Reise nach Berlin fort.
Desterreich⸗Ungarn. Wien, 1. September. (W. T. B.) Die „Wiener Zeitung“ veröffentlicht die Ernennungen des Barons Kosiek, bisherigen Ge⸗ sandten in Teheran, zum Gesandten in Athen, des Barons Trauttenberg, bisherigen Gesandten in Athen, zum Gesandten in Bern und des disponiblen Ministerresidenten, Generals Thommel, zum Gesandten in Teheran.
Laschkau (Mähren), 31. August. (W. T. B.) Der Kaiser ist heute Abend 6 Uhr hier eingetroffen und von den Spitzen der Behörden begrüßt worden. Im Gefolge Sr. Majestät befindet sich der Königlich preußische General⸗ Quartiermeister, General⸗Lieutenant Graf Waldersee.
Agram, 31. August. (Wien. Ztg.) In dem Betrugs⸗ Starcevic beschloß der Gerichtshof, die Expens⸗ noten desselben von Sachverständigen noch einmal prüfen zu lassen. Starcevic stellte unter Anderem für die Eintreibung von 16 000 Fl. eine Expensnote von 15 000 Fl. auf.
Niederlande. Amsterdam, 28. August. (Köln. Ztg.) Gestern ist der Königliche Beschluß erschienen, welchen die Kammern aufgelöst werden. Am 1. Septem⸗ ber finden die Neuwahlen statt. — In diesen Tagen ist von dem König ein aus fünf Fernorn eden Juristen be⸗ stehender Ausschuß ernannt worden, welcher ein nieder⸗ ländisches bürgerliches Gesetzbuch entwerfen soll. Schon im Anfang des Jahres 1880 war eine aus 11 Juristen bestehende Kommission zu demselben Zweck er⸗ nannt worden, allein die Arbeit berselben machte der großen Zahl der Mitglieder halber nur geringe Fortschritte; auf den Antrag des Justiz⸗Ministers wurde daher diese Kommission verabschiedet und die neue ernannt.
Haag, 1. September. (W. T. B.) Der Sozialist Domela Nieuwenhuis ist vor Ablauf seiner einjährigen Strafhaft heute aus dem Zellengefängniß in Utrecht ent⸗ lassen worden.
Belgien. Ostende, 31. August. (W. T. B.) Ein englisches Schiff, welches heute in den hiesigen Hafen ’ wollte, wurde von den belgischen Ficern mit Steinwürfen empfangen und gezwungen, nach dem offenen Meer zurückzukehren.
Großbritannien und Irland. London, 30. August. (A. C.) Obgleich die Nat onalisten in der Heffentlichkeit der neuen Landakte allen Werth absprechen, macht doch schon eine große Anzahl irischer Pächter, welche eine „lease“ haben und von den früheren Aglrargesetzen nicht be⸗ troffen wurden, von den Bestimmungen derselben Gebrauch und läßt ihre Pachtzinsen von den Landkommissaren abschätzen. Im Kreise Limerick soll es nur wenige Pächter geben, die nicht von den Wohlthaten des neuen Gesetzes Gebrauch machen. Mittlerweile ist die irische Regierung emsig mit den Vorbereitungen beschäftigt, um der neuen Landakte eine wirksame Durchführung zu sichern. In Gemäßheit der irischen Landakte sind bereits 8 neue Unterkommissare, von denen 4 der presbyterianischen Konfession angehören, von der Regierung ernannt worden.
Daß die Erzählungen über das zunehmende Elend in Irland vielfach übertrieben sind, beweist der letzter Tage dem Parlament vorgelegte amtliche Bericht über die irischen Ban ken. „Allein in den Postsparbanken“, schreibt der „Standard“, „haben sich die Depositen der Armen von 2 592 000 Pfd. Sterl. im Juni des Jahres 1886 auf 2 802 000 Pfd. Sterl. im Juni des laufenden Jahres gesteigert. Von Jahr zu Jahr ist die Summe gewachsen, seitdem die Postsparkassen überhaupt eingerichtet wurden. In den Aktienbanken waren die hinterlegten Be⸗ träge um 36 000 Pfd. Sterl. größer als im Jahre 1886, sodaß im Ganzen innerhalb der letzten 12 Monate 246 000 Pfd. Sterl. mehr zinstragend in Banken in Irland angelegt worden sind. Das⸗ selbe günstige Resultat liefern die Anlagen in Regierungs⸗ und in⸗ dischen Obligationen. Die ärmeren Klassen einer Nation, welche „vor Elend im Staube liegt“ und welcher „das Blut von einer tyrannischen Aristokratie ausgesogen“ wird, tragen keine Er⸗ sparnisse im Betrage von einer Viertel Million auf eine Sparbank, oder legen nicht 300 000 Doll. in Konsols und indischen Obligationen an.“
In Portsmouth wird am 20. September ein Panzer⸗
schiff vom Stapel laufen, welches die britische Marine um das größte Panzerschiff, das sie bisher besessen hat, bereichern wird. Es ist dies das aus Stahl gebaute, varheleg Thurmschiff „Trafalgar“, welches mit einem Deplacemeni von 11 940 Tons Maschinen von 12 000 Pferdekraftverbindet, wodurch es nach der Erwartung seiner Erbauer eine Fahrgeschwindigkeit von 16 ½ Knoten in der Stunde erzielen wird. Der Panzer wechselt in der Dicke von 14 bis 20 Zoll ab, und die Ausrüstung wird außer einem mächtigen Widder, aus vier 67 Tons wiegenden Hinterladungskanonen und einer Anzahl Torpedos und Ge⸗ schützen kleineren Kalibers bestehen. Die schweren hasc werden Geschosse im Gewicht von einer halben Tonne ab⸗ fenern, Pe. eine Pulverladung von 250 Pfund erforderlich ein wird.
— 31. August. (W. T. B.) Bei der Parlaments⸗ nachwahl für North⸗Huntington wurde der Kan⸗ didat der Konservativen, Fellowes, mit 2700 Stim⸗ men gegen 2414 Stimmen, welche auf den Kandidaten der Gladstonianer, Sanders, fielen, zum Unterhausmitglied ge⸗ wählt. Bei der vörigen Wahl waren für den konservativen Kandidaten 79 Stimmen mehr abgegeben worden.
Aus Birma liegt folgendes Telegramm vor:
Rangun, 29. August. Eine sehr erfolgreiche Affaire wird aus Ober⸗Birma gemeldet. Am 25. d. stürmte Brigade⸗General Wol⸗ seley mit 50 Mann Karvallerie, 16 berittenen Infanteristen und etlichen Polizisten das Insurgentendorf Kalayweh während eines heftigen Regensturms. Vier Insurgenten wurden getödtet, einer ver⸗ wundet und 30 zu Gefangenen gemacht, sowie 31 Kanonen, 57 Speere und eine große Quantität Pulver und Blei erbeutet. Auf britischer Seite wurde ein Sowar verwundet.
Frankreich. Paris, 30. August. Das Telegramm des Mobilmachungsbefehls wurde heute früh 8 Uhr nach der Telegraphen⸗Direktion durch einen Generalstabs⸗Offizier gebracht, welcher seiner Uebersendung beiwohnte. Das Telegramm des Kriegs⸗Ministers ist, wie folgt, abgefaßt: „Mobilisiren Sie die Truppen des 17. Armee⸗Corps. Der erste Tag der Mobilmachung ist Mittwoch, der 31. August.“ Das um 8 Uhr hinterlegte Telegramm wurde um 8 Uhr 5 Minuten direkt nach Toulouse,
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Agen, Auch und Montauban abgesandt. Die Empfangs⸗ bestätigung durch Wiederholung traf um 8 Uhr 15 Minuten ein. Eine Abschrift des Telegramms wurde an alle Minister gerichtet. Nach dem Ministerium des Innern wurden gleich⸗ falls hundert Exemplare der Vergleichungstabelle zwischen den Tagen der Mobilisirung und dem Datum des Kalenders ge⸗ sandt, damit sie der Fresse übergeben würden. — Wie aus Toulouse telegraphirt wird, sind daselbst drei Bekannt⸗ machungen angeschlagen worden, von denen zwei die Unter⸗ schrift des Generals Ferron tragen. Die erste enthält die allgemeinen Maßregeln für die Einberufung der Reser⸗ visten und der Disponiblen; die zweite betrifft die Aufbringung von Reit⸗ und Zugthieren und Wagen, die dritte die Mithülfe der Eisenbahnen. — Der Kriegs⸗Minister wird sich erst am 8. September auf das Concentrirungsgebiet der mobilisirten Truppen des XVII. Corps begeben können. Der Minister wird vorläufig beim XVII. Armee⸗Corps durch den General Haillot, Generalstabschef des Ministeriums, vertreten sein. — Die Infanterie⸗Direktion des Kriegs⸗Ministeriums trifft alle nöthigen Maßregeln, damit die neu geschaffenen 18 Regional⸗Regimenter bis zum 1. Oktober vollständig organisirt sind und regelmäßig funktioniren können; alle Offiziersstellen sind bereits besetzt. Augenblicklich fordert man von den subdivisionären Regimentern Vorschläge, um die unteren Cadres (Unteroffiziere u. s. w.) der Regional⸗Regimenter zu bilden. — Nach dem Wiederzusammentritt der Kammern wird der Kriegs⸗Minister in der Deputirtenkammer den Antrag einbringen, die Vertheidigung der Alpen⸗ grenze durch 12 Jäger⸗Bataillone von je 6 Compagnien und 2 Regimenter Gebirgs⸗Artillerie von je 6 Batterien zu sichern. Diese 72 Compagnien Jäger und 12 Batterien sind dazu be⸗ stimmt, im Fall eines Krieges den zahlreichen Alpentruppen Italiens Stand zu halten.
Der „Rappel“ bringt Mittheilungen über das außer⸗ ordentliche Budget. Dasselbe erreicht danach die Höhe von 122 205 000 Fr., 91 ½ Millionen für den Krieg und 30 705 000 Fr. für die Marine. Diese Zahlen stehen für die Ausgaben schon fest; aber noch weiß man nicht, wie die Summe beschafft werden soll. Es liegen mehrere Pläne vor, jedoch es wird schließlich nichts Anderes übrig bleiben, als eine An⸗ leihe aufzunehmen; über die Art derselben waltet noch Un⸗ gewißheit, wenn nicht Unklarheit. Zunächst mürde es sich um eine Umwandlung der alten 4 ½ proz. Rente handeln. Es ist dies die am 14. Mai 1852 ausgeschriebene, welche sägilic 37 212 532 Frcs. Zinsen bezahlt. Nach dem heutigen Zins⸗ fuß würde das ein Kapital von etwa 880 Millionen aus⸗ machen. Diese 4 ½ proz. Rente kann in eine 3 proz., und zwar in Jahresraten verwandelt werden, wodurch sich eine Ersparniß von 6 ½ Millionen jährlich ergäbe. Der Staat könnte die 6 ½ Millionen als Pfand für eine neue Anleihe von 170 Millionen dreiprozentige Rente benutzen, wodurch das außerordentliche Budget für 1888 reichlich ge⸗ deckt würde. Eine andere Operation, welche dasselbe Ergeb⸗ niß hätte, bestände in einem einfachen Austausch aller 4 ½ proz. Rente gegen 3 proz. Die Konversion würde in Kapital statt in Jahresrenten erfolgen. Nach dem Austausch der Rententitel bliebe dem Staatsschatz ein ver⸗ fügbarer Ueberschuß von 170 Millionen, welcher für das Budget von 1888 verwendet werden könnte. Der Finanz⸗ Minister neigte unlängst zu dieser Lösung hin. Es war sogar davon die Rede, diese Operation vor den Ferien zu vollziehen, aber im letzten Augenblick verzichtete man darauf, in der See noch andere Hülfsmittel zu finden, welche dem außerordentlichen Budget zu Gute kommen könnten.
„Griechenland. Athen, 20. August. (Pol. Corr.) Mich. Antonopulos, welcher schon einmal Sektions⸗Chef des Aeußern war und später als Chargé d'affaires Griechen⸗ land in Paris vertreten hat, ist zum General⸗Sekretär im Ministerium des Aeußern ernannt worden. Antono⸗ dhcs hatte unter Delyannis, aber nicht während dessen leßter
Kinister⸗Präsidentschaft, längere Zeit hindurch das Unterrichts⸗
ortefeuille inne; in letzter Zeit war er Mitglied der Vakuf⸗
ommission. — Das neue Gesetz, betreffend die Ein⸗ hebung einer Verzehrungssteuer auf Bier und Spirituosen, tritt nunmehr in Kraft. Diese Steuer ist mit 30 Lepta für eine metrische Oka (1000 g) Bier und mit 1,5 Drachmen für die gleiche Quantität von Alkohol feltgesest. leichviel in welcher spiritushaltigen Flüssigkeit derselbe ent⸗ bas ist, und es werden diese Steuersätze sowohl von in⸗ wie ausländischen Fabrikaten, also unbeschadet des eventuellen Einfuhrzolls, eingehoben werden. Von übermorgen ab werden auch, im Sinne des neuen Gesetzes über die Tabacksteuer die staatlichen Tabackfabriken ihre Thätigkeit beginnen. Von diesem Tage an wird Niemand mehr Taback, Tumbeki, Cigarretten oder Cigarren kaufen oder verkaufen können, die nicht aus den staatlichen Tabackfabriken stammen. Verkäufer nicht staatlicher Taback⸗ und Cigarrensorten werden im Betretungsfalle mit 1000 Drachmen, Käufer mit 100 Drachmen Geldstrafe belegt. Die Besitzer von Taback, Cigarren ꝛc. sind verpflichtet, dieselben gleich am ersten Tage der Wirk⸗ samkeit des neuen Gesetzes in den Tabackfabriken anzu⸗ melden, haben die entfallende Taback⸗Verzehrungssteuer (4 Drachmen per metr. Oka), die Schnittgebühr (eine halbe Drachme per Oka) zu entrichten, und müssen die per Oka fest⸗ gesetzte Zahl von 1200 Blättern Cigarrettenpapier vom Staat eziehen. Besitzer von Tabackblättern müssen dieselben binnen drei Tagen bei den Steuerämtern anzeigen. — Mit dem heutigen Tage wird wieder eine Theilstrecke der pelopon⸗ nesischen Eisenbahn, nämlich die Linie von Arkanas nach Aigion (Vostizza) dem öffentlichen Verkehr übergeben werden. Da die Regierung den Wunsch hegt, auch die inner⸗peloponne⸗ sischen bedeutenderen Städte möglichst bald mit dem Schienen⸗ strange in Verbindung zu bringen, so hat sie den Ingenieur Gosland der franzbsischen Misston mit der Aufgabe betraut, die Linien Mylos⸗Tripolis und Meligala⸗Kalamas zu studiren, und derselbe diesen Intentionen durch die Vorlage der betreffenden Projekte bereits entsprochen.
Dänemark. Kopenhagen, 29. August. (Wes.⸗Ztg.) Eine Protestversammlung gegen die Befestigungs⸗ politik der Regierung fand gestern Abend hier statt, welche sehr gut besucht war, und fast einstimmig eine von dem bei den letzten Wahlen einem konservativen Gegner unterlegenen früheren Reichstags⸗Abgeordneten Trier Hen fünften Kopenhagener Wahlkreise) und anderen libe⸗ ralen Politikern befürwortete Resolution annahm. Die Resolution wird, nachdem sie mit der Unterschrift auch anderer nicht an⸗ wesender Wähler versehen worden, an den am ersten Montag im Oktober wieder zusammentretenden Reichstag gesandt
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werden. Die Resolution erhebt von einem doppelten Gesichts⸗ punkt aus Protest gegen die Befestigungspolitik, welche unter Hinweis auf die neuesten Vorgänge als politisch gefahrdrohend und unter Berücksichtigung des Kostenpunkts als ökonomisch ruinös bezeichnet wird. Alle Redner verlangten lebhafter Zustimmung eine unbedingt deutschfreundliche Politik. Aehnliche Versammlungen werden auch in anderen Städten und Wahlkreisen abgehalten werden, sodaß dem Reichstage voraussichtlich eine von mehreren Hunderttausenden unter⸗ schriebene Protestkundgebung gegen jede Nachgiebigkeit in der Befestigungsfrage vorliegen wird.
Asien. Bombay, 30. August. (R. B.) Aus Kabul
wird gemeldet, daß eine neue, gänzlich aus Uzbeks bestehende Truppenmacht von dort abmarschirt ist, um die Aufstän⸗ dischen in der Nähe des Abistada⸗Sees anzugreifen. Seit der Erkrankung des Emirs sind in Kabul zwei Parteien entstanden, von denen eine Eyub Khan, die andere Ishak Khan begünstigt. Diese Prätendenten sind von ihren Parteigängern dringend aufgefordert worden, nach Kabul zu kommen.
Aus Bomb ay vom 30. August, meldet das Reuter'sche Bureau: „Aus Jellalabad wird berichtet, daß der Befehls⸗ haber der Truppen des Emirs in Dehbala ist. 6 In⸗ fanterie⸗, 2 Kavallerie⸗Regimenter und 2 Batterien Artillerie stehen ihm für den geplanten Angriff auf die Shin⸗ waris zur Cö Die Garnison von Peshbolak ist verstärkt worden, weil ein Angriff von Seiten des Sirdar Noor Muhamed droht. Der Freibeuter Sadu, ein Suleiman Kheyl Ghilzai, welcher Noor Muhamed bei der Einnahme Khosts Beistand leistete, fährt fort, die Karawanen des Emirs zu berauben.“
Afrika. Egypten. Kairo, 30. August. (R. B.) Mel⸗ dungen aus dem Sudan zufolge hat der Scheich Saleh mit dem Stamme Kabbabish den Derwischen im Baggaralande eine schwere Niederlage beigebracht. Die Verluste der Derwische werden auf 1300 Todte angegehen. Saleh's Bruder fiel in dem Kampf. Die Abyssinier marschiren augenscheinlich gegen die Derwische in der Richtung auf Sennaar und Kassala. Der Nil ist sehr hoch und steigt bei Wady Halfa noch immer.
Zeitungsstimmen.
Die „Deutsche volkswirthschaftliche Correspon⸗ denz“ äußert über „unsere Exportfähigkeit“:
Deutschlands Außenhandel hat sich im großen Ganzen bekanntlich auch im gegenwärtigen Jahre in der günstigen Weise fortentwickelt, wie er seit der Mitte des vergangenen Jahres begonnen hatte, nach⸗ dem das Jahr 1885 und auch die erste Hälfte des Jahres 1836 eine Stagnation bezw. einen Rückgang zeigte auf Grund von Vorkomm⸗ nissen auf dem allgemeinen Weltmarkt, welche wir heute nicht noch⸗ mals zu erörtern brauchen. Wenn nun auch gegenwärtig noch keines⸗ wegs alle Produktionszweige gleichmäßig an der Aufbesserung des Exports theilnehmen, sondern hier und da noch manches zu wünschen übrig bleibt trotz aller Anstrengungen, die gemacht werden, so giebt dieser Umstand gleichwohl unseren Gegnern immer noch willkommenen Anlaß zu der Behauptung, unsere Exportfähigkeit leide sichtlich unter den Wirkungen der Schutzzollpolitik Noth.
Es ist dies eine alte Behauptung, welche von unseren Freihändlern jetzt mit Vorliebe als Ausgangspunkt in ihrem Kampfe gegen die
errschende Zollpolitik gewählt wird. Bestreiten sie auch nicht direkt,
daß eine schutzzöllnerische Handelspolitik für den heimischen Gewerb⸗ fleiß ihre Vortheile habe, so behauptet man doch, unsere Konkurrenz⸗ fähigkeit im Weltverkehr gehe sichtlich zurück, und da diese für die ganze Lage der Industrie Peßhehend sein müsse, so sei der Schutzzoll an und für sich immer nachtheilig; als eine weitere ungünstige Folge desselben wird dann vornehmlich noch ein Gesichtspunkt geltend ge⸗ macht, nämlich die bekannte Benachtheiligung des Konsumenten und namentlich des kleinen Mannes — alles Fiktionen, deren Leerheit längst erwiesen ist. 8 5
Was nun die angebliche Benachtheiligung unserer Exportfähigkeit betrifft, so ist zunächst ganz unleugbar, daß unser jetziger Export als ein bedeutend günstigerer bezeichnet werden muß, als er während der
reihandelsperiode jemals gewesen. Das ist jedoch nicht Alles; ierzu kommt, daß Unternehmungslust wie Selbstvertrauen in einem erheblichen Maße gestiegen sind, und hiervon ausgehend darf man getrost behaupten, daß die Entwickelung Deutschlands sich sichtlich zu seinen Gunsten gestaltet hat. Unsere großen Handelsplätze schlagen immer neue Wege ein und knüpfen neue Verbindungen an; aus der Initiative der Industrie heraus tauchen neue Erfindungen auf, alte werden vervollkommnet; Exportmusterlager werden ins Leben gerufen, ein Gedanke, welcher im Ausland als ein überaus guter und zweckmäßiger gleichfalls anerkannt worden ist; es haben sich bei uns Vereine und Gesellschaften für Kolonisation gebildet, um unsere Kolonien in der zweckmäßigsten Weise nutzbar zu machen und unserem Handel, unse em ganzen wirth⸗ schaftlichen Leben neue Gebiete zu erschließen. Es ist nicht bekannt, daß ähnliche Zeichen steigender Unternehmungslust jemals sich gezeigt hätten, als Deutschland unter der Herrlichkeit des Freihandels lebte; es war damals die bedauerlichste Erscheinung gerade die, daß Muth und Spannkraft unserer Industrie immer mehr verloren gingen. Hiernach scheint also, daß nicht nur die materiellen, sondern auch die moralischen Faktoren unserer Konkurrenzfähigkeit auf dem Weltmarkte im Steigen begriffen sind und ganz neue Elemente in diesem Sinne auf den Schauplatz treten.
Ein Hauptgegensatz zwischen unseren Gegnern und uns wurzelt aber noch in der Frage, ob denn in erster Linie überhaupt die Welt⸗ verkehrsverhältnisse oder ob die nationalen Interessen berücksichtigt werden sollen, mit anderen Worten, ob die dauernde Entwickelung der Volkswirthschaft sich vornehmlich unter den Bestrebungen einer inter⸗ nationalen Konkurrenz oder des nationalen Lebens vollziehe. Es kann kein Zweifel darüber obwalten, daß der einzig richtige Standpunkt in dieser Beziehung der nationale ist. Wird von diesem Standpunkt daran gearbeitet, unsere Erwerbsthätigkeit immer sicherer zu be⸗ gründen und zu einer blühenden zu machen, so ist der Vor⸗ theil offenbar ein doppelter; einmal finden alle diejenigen Umstände eine gerechtfertigte Berücksichtigung, welche bei Entstehung und Fortentwickelung der einzelnen Produktionszweige von maß⸗ Einfluß gewesen sind; fürs Zweite aber wird das nationale
eben an und für sich gekräftigt, es gewinnt an Freudigkeit, Kraft
und Expansionsfähigkeit, wodurch wiederum auf die wirthschaftlichen Verhältnisse ein befruchtender Einfluß ausgeübt wird. Das Zusammen⸗ wirken dieser beiden Punkte aber bildet die Triebfeder dafür, 8 auf allen Gebieten unseres wirthschaftlichen Lebens fortgesetzt neue Unter⸗ nehmungen und neue Gesichtspunkte auftauchen, wodurch unsere Exportfähigkeit nicht nur gestärkt und vermehrt, sondern auch auf eine höhere Stufe ihres Könnens emporgehoben wird.
— Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“
schreibt:
Von den Jahresberichten der eeei. Interessen⸗ vertretungs⸗Körperschaften, Handelskammern, Gewerbekammern, lauf⸗ männischen Korporationen, liegt für das vergangene Jahr bereits die Mehrzahl vor.. So viele derartige Berichte uns nun vor Augen gekommen sind, alle, welche sich überhaupt mit der Lage der Land⸗ wirthschaft beschäftigten, was die Berichte der kaufmmännischen Korpo⸗
rationen nur selten, und die Berichte von Handelskammern in Bezirken
unter