prinz un 8 ronprinzessin sind mit den Prinzessinnen Töchtern um 11 Uhr nach München abgereist.
Bayern. München, 4. September. (Allg. n beider Kammern haben sich, nach dem für die feierliche Eröffnung des Landtags, am 14. Sep⸗ tember, Vormittags 11 Uhr, zum Gottesdienst in der Michaels⸗ hofkirche und Nachmittags 2 Uhr im Thronsaal der Residenz einzufinden. Der Eintritt zu diesen Feierlichkeiten findet nicht in corpore, sondern einzeln statt. In der Kirche versammeln sich die Reichsräthe und Ab⸗
eordneten im Presbyterium an besonders angewiesenen
lätzen; in der Residenz betreten die Reichsräthe zuerst den Barbarossa⸗Saal, die Abgeordneten den Saal Karl's des Großen und begeben sich dann gemeinsam in den Thronsaal, wo die Eidesleistung der neueintretenden Reichsräthe und der sämmtlichen Abgeordneten vor dem Prinz⸗Regenten statt⸗ findet. — Am darauffolgenden Tage finden voraussichtlich in beiden Kammern Plenarsitzungen statt, und zwar in der Kammer der Reichsräthe zur Wahl des zweiten Präsi⸗ denten, der Sekretäre und Ausschußmitglieder, sowie zur Legi⸗
; dieselben sollen in Zukunft den Landtag nicht e 4 die unaufschiebbare Lösung der wichtigsten Fragen auf allen Gebieten der autonomen Gesetzgebung heranzutreten. Mit diesem Appell tritt das Allerhöchste Reskript auch gleich an die detaillirte Aufzählung alles dessen heran, was es zu diesen unaufschieb⸗ aren Fragen zählt. Allen voran steht selbstverständlich der Ausbau der inneren Verwaltung, der mit der vor zwei Jahren neu⸗ geschaffenen Organisation so glücklich inaugurirt worden ist. Indem das Königliche Reskript jener Verwaltungszweige gedenkt, „welche 2 nicht endgültig im Einklange mit dem neuen Verwaltungs⸗ Organismus geregelt sind“, hat es einen ganzen Komplex von Fragen berührt, deren glückliche Lösung auf die Funktionirung des neuen Apparats von mehr oder minder bestimmendem Einfluß istt.
Die gleiche Perspektive großangelegter reformatorischer Thätigkeit eröffnet das Allerhöchste Refkript in Bezug auf die Fragen der Justizverwaltung. Die Abänderung des Strafverfahrens in Prozeßsachen strebt zweifellos Reformen im Sinne der Beschleunigung
nd der Verwohlfeilung unserer Rechtsprechung an — ein Bestreben, das die öffentliche Sicherheit zu befestigen und den Kredit des Landes
öhen geeignet ist. 1 8g “ eistgolksschulunterricht anbelangt, stellt das Allerhöchste Reskript die ebenfalls bereits betonten nothwendigen Vor⸗ darunter als die wichtigste jene über die Ausgleichung der
“ 8 “ sterdam 21,4, in Brüssel 27,2, in Paris 21,8, in Basel —, 5 Sese 18,5, in Glasgow 18,2, in Liverpool 22,9, in Dublin 29,3, in Edinburg 18,4, in Kopenhagen 23,1, in Stockholm 20,4, in Christiania 27,6, in St. Petersburg 25,0, in Warschau 31,7, in Odessa 30,4, in Rom 24,1, in Turin 22,5, in Venedig 19,8, in Alexandria 36,8. Ferner in der Zeit vom 31. Juli bis 6. August: in New⸗York 33,9, in Philadelphia 31,1, in Baltimore 27,5, in Kalkutta —, in Bombay 23,9, in Madras —.
Auch in dieser Berichtswoche übte die mäßig warme Lufttempe⸗ ratur, die besonders in der ersten Wochenhälfte in fast ganz Mittel⸗ Europa vorherrschte, einen günstigen Einfluß auf die Sterblichkeit in den meisten Großstädten aus, so daß aus den meisten derselben kleinere Sterblichkeitsziffern gemeldet wurden. Gering (nicht ganz 20,0 pro Mille und Jahr berechnet) war die Sterblichkeit in einer größeren zahl von Städten wie Wiesbaden (9,1), Frankfurt a. M., Frankfurt a. O., Bremen, Barmen, Kassel, Kiel, Lübeck, Darmstadt, London, Glasgow, Edinburg, Venedig u. a. Günstig (20,0 und etwas darüber pro Mille und Jahr) war die Sterb⸗ lichkeit auch in Halle, Leipzig, Elberfeld, Mainz, Mannheim, Metz, Wien, Paris, Amsterdam. Immer noch groß (über 30,0 pro Mille), wenn auch meist niedriger als in den Vorwochen, war die Sterblichkeits⸗ ziffer unter den deutschen Städten in München, Augsburg, Köln, Krefeld, Stettin, Aachen, Gladbach, Görlitz, Chemnitz u. a. — Der
An der Tribüne auf dem Kantplatz, der Magistrat und die Stadtverordneten Aufstellung genommen hatten, be⸗ grüßte der Stadtverordneten⸗Vorsteher Weller den Prinzen mit folgender Ansprache: 8
Königliche Hoheit! Unser Schmerz, Se. Majestät unsern Aller⸗ gnädigsten Kaiser und Herrn heute nicht begrüßen zu können, wird dadurch gemildert, daß Se. Majestät Ew. Königliche Hoheit mit AUerhöchfldero Vertretung beauftragten. Ew. Königliche *.
der städtischen Behörden
1881 noch sagen konnte: Wir halten fest an unserm Programm von vor K..8 Jahren, als ob 1866 und 1870 nicht existirten, eine solche Partei kann nicht auf den Namen einer fortschrittlichen Anspruch machen. Die kleine Namensänderung, welche die Partei inzwischen an sich vorgenommen, thut in der Sache garnichts; sie bleibt bei ihren alten, verbohrten ehe⸗ zu denen unter anderen auch das parlamentarische Ministerium gehört. Frankreich mit dem Minister⸗ Riesenkaleidoskop seit 1871 sollte doch ein abschreckendes Beispiel dafür sein, wohin die⸗ “ Parlamentsmajoritäten mit dem wigen Ministerwechsel führen. 8
gäünter vstermechs verstehen wir im Gesammtleben eines Volks das Vorwärtsgehen auf ein bestimmtes nationales Ziel; wenn ein Schritt darauf zu gethan ist, soll sogleich ein neuer folgen. Für internationale Ideale und allgemeine Verbrüderung von Nationen, die im Charakter grundverschieden sind, können wir uns nicht er⸗ wärmen; gleich und gleich allein kann auf die Dauer Freundschaft halten. Wenn wir als die Ziele unserer Nation hinstellen: politische Einigkeit, geistige, soziale und wirthschaftliche Hebung des — Volks und Sicherung des Volks in seiner politischen Stellung nach außen, so müßte Jemand geradezu blind sein, wenn er nicht sähe, daß die Hohenzollern⸗Politik des Königs und Kaisers Wilhelm die einzige Politik wirklichen Fortschritts in all dem Ge⸗ triebe der Parteien gewesen ist. Es war die Politik der
Mitteln der neuesten Technik ausgestatteten Brennereien Norddeutsch⸗ lands gegenüber unserem Kleinbetriebe voraus haben.“
Ebenso hebt die Begründung hervor, daß die in dem neuen Reichsgesetz vorgesehenen Kontrolvorschriften
„zum Theil noch größere Erleichterungen gewähren, als solche nach unserer Gesetzgebung den mit Brennregister xirten und den pauschalirten Brennereien eingeräumt sind, und daß diese Erleichterungen dem weitaus größten Theile aller unserer Brenner bewilligt werden könnten. Dadur dürfte den eigenartigen Verhältnissen unseres Brennereigewerbes genügende Rechnung gekragen sein. Durch die in dem Gesetz vorgesehenen Bestimmungen über die Freilassung und Rückvergütung der Abgaben im Falle der Verwendung des Branntweins zu gewerblichen Zwecken einschließlich der Essigbereitung erscheinen auch die Interessen unserer Branntwein verwendenden Industrie, insbesondere der Fabrikation von Essig und Chemikalien, in ausreichender Weise sichergestellt. Die Bestimmungen über die der Fabrikationssteuer gehen noch über das Maß der nach unserer gegenwärtigen Gesetzgebung bestehenden Steuerbefreiungen insofern wesentlich hinaus, als eine Steuervergütung auch für solchen Branntwein bewilligt werden kann, welcher zu Heil⸗, zu wissenschaft⸗
lichen oder zu Putz⸗, Heizungs⸗, Koch⸗ oder Beleuchtungszwecken Ver⸗ wendung findet.“
tg.) Die rogramm
wollen mir gnädigst gestatten, Sie im Namen hiesiger Residenz und Königsstadt ehrerbietigst begrüßen zu können und diesem Gruß dadurch die rechte Weihe zu geben, indem ich rufe: Se. Majestät unser Allergnädigster Kaiser und König lebe hoch!“ Auch Se. Königliche Hoheit der Prinz Albrecht stimmte in das vieltausendstimmige Hoch ein und antwortete: ⸗Ich danke Ihnen im Namen Sr. Majestät für den wunder⸗ schönen Empfang, den die Stadt Königsberg mir bereitet. Sie dürfen berzeugt sein, daß ich Sr. Majestät davon Meldung machen werde. Ich danke Ihnen nochmals.“ Hierauf brachte der Stadtverordneten⸗Vorsteher Weller ein Hoch auf den Prinzen Albrecht aus, in welches die Bevölke⸗ rung begeistert einstimmte. Der Prinz nahm alsdann die Parade über die Ehrenwache am Schlosse ab. Hierauf zog
der prächtige Festzug der Gewerke und Korporationen
Königliche Hoheit der Prinz Forts Quednau und Neu⸗
vor dem Prinzen vorüber. Nachmittags unternahm Se. Albrecht eine Besichtigung der damm, suhr dann nach Luisenwahl und verweilte im Park und im Luisenhause fast eine Stunde. Der Prinz war ierbei von dem Ober⸗Präsidenten Dr. von Schlieckmann und
Polizei⸗Präsidenten begleitet.
Heute Abend 6 ½ Uhr fand im Königlichen S ein Diner statt, zu welchem der kommandirende von Kleist, der Chef des Generglstabes, der Ober⸗Präsident, der Kronämter, von Ermland,
losse eneral von Stülpnagel, der Regierungs⸗Präsident, die Inhaber der Ober⸗Bürgermeister, der Bischof der General⸗Superintendent, ferner General von Below, der Stadtkommandant, General Fischer und das ganze Gefolge des Prinzen ein⸗ geladen waren. Später wurde von allen Musikcorps und allen Tambours des gesammten Armee⸗Corps ein Zapfen⸗ ausgeführt und fand eine allgemeine Illumination att. Morgen nimmt Se. Königliche Hoheit auf dem Exerzier⸗ platz die Parade über das 1. Armee⸗Corps ab.
— 6. September. (W. T. B.) Bei der gestrigen Illumination, die sich auf die ganze Stadt bis in die entlegensten Gassen erstreckte, waren zahlreiche Kaufhäuser und Privatgebäude mit den Büsten des Kaisers, der Kaiserin und der Prinzen und Prinzessinnen des Königlichen Hauses, mit Blumen und anderem Schmuck geziert. Der von sämmtlichen Kapellen und Tambours des Armee⸗Corps ausgeführte Zapfenstreich war von großartiger Wirkung. Die Ordnung wurde nirgends gestört.
Heute Morgen nahm Se. Königliche Hoheit der Prinz Albrecht eingehend die im Königlichen Schlosse vor⸗ genommenen Veränderungen, insbesondere den neu her⸗ erichteten Krönungsgang und den ö Moskowiter⸗ 8 in Augenschein und äußerte Sich höchst anerkennend über diese baulichen Veränderungen und Verschönerungen.
Heute Vormittag 10 Uhr 40 Minuten begab Sich Prinz Albrecht zu Wagen nach dem Großen Exerzier⸗ latz, um die Parade über das 1. Arxmee⸗ Corps abzunehmen. In den festlich geschmückten Straßen, in denen die Schulen Königsbergs un zahlreicher benach⸗ arter Gemeinden Spalier bildeten, wurde Se. Königliche
Hohelt von der dichtgedrängten Menschenmenge mit brausenden
ochs begrüßt.
Heute Nachmittag findet im Königlichen Schlosse Paradediner, am Abend im Theater Fest vorstellung statt. An dem Paradediner nehmen außer den Herren des Gefolges des Prinzen Albrecht sämmtliche Generale und
und die Spitzen der Civil⸗
Stabsoffiziere des Armee⸗Corps Sr. Königlichen Hoheit gegenüber sitzt
behörden Theil. der Kriegs⸗Minister, Ihm zur Rechten der kommandirende General; zur Linken haben die Divisions⸗Commandeure ihre
Plätze
Wilhelmshaven, 4. September.
Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Ludwig von Bayern gehen der „N. A. Ztg.“ folgende Details zu. Das Panzerschiff „Kaiser“, auf welchem der Prinz während der Geschwadermanöver wohnt, hatte an dem Nordquai des neuen Hafens angelegt. Kum Empfange hatten sich der Chef der Marine⸗Station der Nordsee, die Inspecteure der Marine⸗ Artillerie und 2. Marine⸗Inspection, Kapitäns Jbe Stenzel und Valois, der Ober⸗Werftdirektor Kaäpitän z. S. Karcher und der Regierungs⸗Präsident von Kollmar, sämmt⸗ lich in großer Gala⸗Uniform, an Bord des „Kaiser“ begeben. Der Prinz trug die Infanterie⸗Uniform der Generale der bayerischen Infanterie. Ein Detachement Seesoldaten in Parade⸗Uniform sowie die Kapelle der 2. Matrosen⸗Division waren als Ehrenwache kommandirt und hatten am Quai Aufstellung genommen. Der Prinz betrat unter den Klängen des Präsentirmarsches das Land und ließ das Detachement Seesoldaten im Parademarsch vorbei⸗ marschiren, sichtlich erfreut über die stramme und ute Haltung der Leute. — Heute flrug um 8 Uhr wohnte der
rinz dem katholischen Gottesdienst in der Garnisonkirche bei
und besichtigte im Laufe des Tages die hiesigen Marine⸗ Anlagen. Se. Königliche Hoheit 2 für Alles, was die
Ueber den Empfang
Marine betrifft, das größte Interesse und widmet sich zu seiner Das noch zur Vornahme
Das Offensiv⸗ 8 chwader ist heute früh zum Beginn der Manöver in
ee gegangen. Prinz hg ig von Bayern befand sich an Bord des Panzerschiffs „Kaiser“.
5. September. (W. T. B.) Ihre Kaiser⸗ lichen und Königlichen Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin trafen mit den Prinzessinnen Töchtern und Gefolge heute Nachmittag 4 Uhr hier ein, machten Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Christian zu Schleswig⸗Holstein einen Besuch und fuhren gemein⸗ schaftlich mit Höchstderselben um 5 Uhr 10 Minuten nach rankfurt zurück. Bei der Ankunft und Abfahrt wurden hre Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten von der zahlreichen olksmenge mit lebhaftem Enthusiasmus begrüßt.
rankfurt a. M., 6. September. (W. T. B.) Ihre
nischen Details.
Panzerschiff „Kaiser“ legte gestern Abend
sgitr Fase den kleinsten te einer kleinen Reparatur ins Dock.
— 6. September. (W. T. B.)
timation und Einführung der neuernannten Reichsräthe, in der Kammer der Abgeordneten unter dem Alterspräsidenten zum
weck der Ausloosung der Abtheilungen, zur Wahl der Prä⸗ identen und Schriftführer sowie der ständigen Ausschüsse. Alsdann wird sich die Kammer der Abgeordneten zunächst mit den Gesetzesvorlagen über den Eintritt Bayerns in die Reichs⸗Branntweinsteuergemeinschaft und über den Militär⸗Etat pro 1887/88 zu befassen haben. Die Ver⸗ bensh über die erstere Vorlage werden nach dem Vor⸗ ild des badischen Landtags und mit Rücksicht auf den ange⸗ strebten Einführungstermin vom 1. Oktober 1887 kaum mehr als eine Woche in beiden Kammern in Anspruch nehmen, während der Militär⸗Etat nach den bisherigen Fechegen mindestens 20 Tage brauchen wird, bis er im Plenum der Kammer der Abgeordneten zur Berathung gelangt, und noch weitere 8 Tage, bis er durch die Kammer der Reichsräthe erledigt wird. Die gegen Ende September zu gewärtigende Vorlage des Budgets wird zunächst den Finanzausschuß der Kammer der Abgeordneten beschäftigen, und wird demgemäß voraus⸗ sichtlich eine längere Pause der Plenarsitzungen in beiden Kammern etwa bis in die Hälfte des November hinein statt⸗ finden. Erst. gegen Ende November werden die Plenar⸗ sitzungen häufiger werden, und dürften sich dieselben, den Er⸗ fahrungen bei früheren neugewählten Landtagen gemäß, min⸗ destens bis zur zweiten Hälfte des April 1888 hinausziehen.
Württemberg. Stuttgart, 5. September. Der Entwurf eines Gesetzes, betreffend den Eintritt Württembergs in die Branntweinsteuergemein⸗ schaft, ist im Druck erschienen. Der einzige Artikel lautet: „Das Königreich Württemberg tritt in die Branntweinsteuer⸗ gemeinschaft nach Maßgabe der Bestimmungen des §. 47 des Reichs⸗ gesetzes vom 24. Juni 1887, betreffend die Besteuerung des Brannt⸗ weins (Reichs⸗Gesetzbl. S. 253), ein.“ 2 In der Begründung ist, dem „St.⸗A. f. W.“ zufolge, gesagt: „Der 1878 in Angriff genommenen Reichs⸗Steuerreform war die Aufgabe gestellt, aus den dem Reich vorbehaltenen Einnahme⸗ quellen die zur Befriedigung der finanziellen Bedürfnisse des Reichs und der Einzelstaaten erforderlichen Mittel zu gewinnen. Zu diesem Zweck war auch ine stärkere Heranziehung des Branntweins zur Tragung der Staatslasten in das Auge gefaßt worden. Nachdem ver⸗ schiedene Versuche in dieser Richtung gescheitert sind, ist jetzt das vom 24. Juni d. J. datirte Gesetz, betreffend die Besteuerung des Brannt⸗ weins, zu Stande gekommen. Nach Art. 35 Abs. 2 der Reichs⸗ verfassung ist die Besteuerung des inländischen Branntweins in Bayern, Württemberg und Baden der Landesgesetz⸗ gebung vorbehalten. Mit Rücksicht hierauf, sowie im Hinblick auf Art. 7 der Reichsverfassung hat sich die Königliche Staatsregierung bei der Beschlußfassung des Bundesraths über den Entwurf, aus welchem das bezeichnete Gesetz hervorgegangen ist, der Abstimmung enthalten. Die Rückwirkung der neuen Branntweinsteuer auf Württemberg, sowie der Umstand, daß schon der fragliche Entwurf den Fall der Ausdehnung des Gesetzes auf die Reservatstaaten in Aussicht nahm, veranlaßten jedoch die Königliche Staatsregierung, bei den Berathungen des Bundesraths thätigen Antheil zu nehmen, um auf eine solche Gestaltung des Gesetzes hinzuwirken, daß es auch den besonders gearteten Brennereiverhältnissen Württembergs Rechnung hhage. und daher eventuell auch auf Württemberg Anwendung finden önnte.“ Es wird dann eine übersichtliche Inhaltsangabe des neuen Branntweinsteuergesetzes gegeben und daran folgende Be⸗ merkungen geknüpft: Zu der Bestimmung, daß für die der Bramntweinsteuergemeinschaft neu beitretenden Staaten die deen von Branntwein, welche zu dem niedrigeren Abgabesatze hergestellt werden darf, auf 3 Liter reinen Alkohols für den Kopf der Bevölkerung der betreffen⸗ den Staaten bemessen wird (während für das Gebiet der Branntweinsteuergemeinschaft 4,5 1 gerechnet werden), sagt die Begründung:
.„Da sich in Württemberg das Produktionsquantum von Brannt⸗ wein sehr rbehlich niedriger gestellt hat als die Menge, welche nach der erwähnten Bestimmung in Württemberg im Fall des Anschlusses an die Steuergemeinschaft zu dem niedrigeren A gabesatz hergestellt werden dürfte, so würde der in Württemberg erzeugte Branntwein nur mit dem niedrigeren Abgabesatz getroffen werden, sofern die seit⸗ herige Branntweinerzeugung nicht wesentlich zunehmen sollte. Man wird annehmen dürfen, daß der Preis des Branntweins um den Be⸗ trag des höheren Abgabesatzes ungefähr steigen wird, so daß unsere Brennereien, für welche der zur Zeit in der Uebergangssteuer liegende Schutz in Wegfall käme, in den Stand gesetzt sein dürften, mit dem Erzeugniß Norddeutschlands in Wettbewerb zu treten.“
In Bezug auf die Verbrauchsabgabe wird zu der Be⸗ stimmung, daß für alle diejenigen Brennereien, welche in einem Betriebsjahre nicht mehr als 1500 hl Bottichraum be⸗ maischen, oder welche nur Abfälle der eigenen Be rers uganng verwenden ꝛc., von der Landesregierung die Ver rauchs⸗ abgabe bindend festgestellt werden kann, wodurch die in dem Gesetz (§§. 5 und 9) vorgeschriebenen Sammelgefäße entbehr⸗ lich werden, bemerkt:
. Diese, die Aufstellung von Kammefescefchgr entbehrlich machende, im Interesse des Kleinbetriebs getroffene rleichterung würde in Württemberg fast allen Brennereien, von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, eingeräumt werden können, so daß die zur Sicherung der Verbrauchsabgabe erforderlichen Kontrolen sich auf ein sehr geringes Maß beschränken ließen.“ 3 Zu den Vergünstigungen und Betriebserleichterungen, welche das neue Reichsgesetz den kleineren Brennereien, ins⸗ besondere denen, die nur vom 1. Oktober bis 15. Juni brennen, gewährt, sagt die Begründung: „Diese Steuerfätze bleiben hinter denjeni unserer gegenwärtigen Gesetzgebung für die 925 nd, zum Theil nicht unerheblich zurück. Die erwähnten teuerermäßigungen, an welchen in Württemberg der weitaus größte Theil aller Brennereien Theil haben würde, dürften eventuell geeignet
en Sätzen, welche nach leinen Brennereien fest⸗
aaiseeanchnn und Königlichen Hoheiten der Kron⸗
Die Begründung führt dann weiter aus:
„Nach dem Vorstehenden dürften dem Beitritt Württembergs zur Branntweinsteuergemeinschaftt, was die volkswirthschaftliche und steuertechnische Seite betrifft, Bedenken nicht entgegenstehen. Es ist auch außer Zweifel, daß der Anschluß der Reservatstaaten an die Branntweinsteuergemeinschaft in Folge des Wegfalls der gegenwärtig von den einzelnen Branntweinsteuergebieten zur Erhebung ge⸗ langenden Uebergangssteuern eine sehr erhebliche Erleichterung des Verkehrs innerhalb des deutschen Zollgebiets mit sich bringen würde. Der Beitritt. Württembergs zur Branntweinsteuer⸗ gemeinschaft dürfte sich aber ganz besonders auch aus finanziellen Gründen empfehlen. In dem Haupt⸗Finanz⸗Etat für die Finanzperiode 1. April 1887/89 ist der Ertrag unserer Branntwein⸗ steuer einschließlich der Branntwein⸗Kleinverkaufsabgabe und nach Abzug der Steuerrückvergütungen für den ausgeführten und zu gewerb⸗ lichen Zwecken verwendeten Branntwein zu 1 327 000 ℳ berechnet. Der Betrag, welchen Württemberg in seinen Matrikularbeiträgen an Stelle der für Rechnung der norddeutschen Branntweinsteuergemein⸗ schaft aufkommenden Einnahmen an Branntweinsteuer zur Reichskasse abzuführen hat, stellt sich nach dem Reichshaushalts⸗Etat für 1887/88 auf 2 065 126 ℳ Unsere eigenen Einnahmen an Branntweinsteuer reichen also zur Deckung des in unserem Matrikularbeitrage ent⸗ haltenen Branntweinsteuer Aequivalents nicht zu um 738 126 ℳ Würde sich Württemberg der Branntweinsteuerg emeinschaft an⸗ schließen, so würde zwar der Ertrag unserer seitherigen Branntwein⸗ steuer mit Einschluß der Branntwein⸗Kleinverkaufsabgabe in unserem Einnahme⸗Etat in Wegfall kommen. Dagegen würden wir an dem Ertrag der nach Art. 38 der Reichsverfassung in die Reichskasse fließenden öö“ welche sich für die norddeutsche Branntweinsteuergemeinschaft auf ungefähr 32 350 000 ℳ stellen wird und durch den Anschluß der Reservatstaaten eine entsprechende Er⸗ höhung erfahren würde, nach Maßgabe unserer matrikularmäßigen Be⸗ völkerung Antheil nehmen, so daß sich unser Matrikularbeitrag um den entsprechenden Betrag vermindern würde. Ueberdies würde uns aus dem Ertrage der Verbrauchsabgabe, welcher für die norddeutsche Branntweinsteuergemeinschaft zu 114 550 000 ℳ berechnet ist, im Falle des Anschlusses der Reservatstaaten aber sich nicht unerheblich⸗ höher stellen dürfte, der unserer matrikularmäßigen Bevölkerung ent⸗ sprechende Antheil zu überweisen sein. Es ist in dieser Hinsicht be⸗ sonders hervorzuheben, daß die Betheiligung eines der Branntwein⸗ steuergemeinschaft neu beitretenden Staates an dem Reinertrag der Verbrauchsabgabe nach Maßgabe seiner matrikularmäßigen Be⸗ völkerung nur mit dessen Zustimmung abgeändert werden kann. Läßt sich nun auch der Antheil, welchen Württemberg an den Reineinnahmen aus der Branntweinbesteuerung zu⸗ fließen würde, zur Zeit ziffermäßig nicht feststellen, so ist doch außer Zweifel, daß derselbe nicht nur vollständigen Ersatz für den Wegfall unserer seitherigen Branntweinsteuer⸗Einnahmen gewähren, sondern auch einen höchst erwünschten Beitrag bieten würde zur Befriedigung der steigenden Beduͤrfnisse des Staates und des Reichs. Nach dem Vorstehenden und nach reiflicher Erwägung aller in Betracht zu ziehen⸗ den Verhältnisse wird es keinem Zweifel unterliegen können, daß der Anschluß Württembergs an die Branntweinsteuergemeinschaft dem württembergischen Interesse entspricht. Die Königliche Staatsregierung beabsichtigt daher, die in §. 47 des Gesetzes Württemberg vor⸗ behaltene Zustimmung zu erklären, sie will sich jedoch, wie auch in der 51. Sitzung der Kammer der Abgeordneten vom 24. Mai d. . erklärt worden ist, zuvor der Uebereinstimmung mit der Landes⸗ vertretung vergewissern. Nach dem Vorgang Badens, dem auch Bayern sich anschließen wird, ist hiefür die Form des Gesetzes gewählt worden; die Regierung hatte dabei um so weniger ein Bedenken, als es sich im vorliegenden Fall um eine besonders wichtige Steuer⸗ frage und die Außerkraftsetzung eines neueren Landesgesetzes handelt. Der Gesetzentwurf sieht davon ab, nach dem Vor⸗ gang des badischen Gesetzes für die Regierung Vollmachten für den Fall zu verlangen, daß der Eintritt in die Branntweinsteuer⸗ gemeinschaft nicht schon zum 1. Oktober d. J. erfolgen würde. Sei⸗ tens des Finanz⸗Ministeriums können die erforderlichen Arbeiten in solcher Weise gefördert werden, daß die Abgabe der in §. 47 des Gesetzes vorbehaltenen Erklärung zum 1. Oktober keinem Anstande unter⸗ liegen wird. Verläßlichen Nachrichten zufolge wird Baden zu demselben Termine den Beitritt bewirken; der gleichzeitige Beitritt Bayerns kann zudem mit Wahrscheinlichkeit in Aussicht genommen werden. — Der Eintritt in die Branntweinsteuergemeinschaft würde für unsere Staatskasse eine Steigerung des Verwaltungsaufwandes mit sich bringen. Zur Bestreitung dieser nach ihrer Art und ihrem Betrage zur Zeit noch nicht näher zu bezeichnenden Kosten würden die in unserem Haupt⸗Finanz⸗Etat für 1887/89 vorgesehenen Mittel nicht ausreichen. Ueber die deshalb nothwendig werdende Etatsüber⸗ schreitung würde in den Rechnungsergebnissen für die Finanzperiode 1887/89 Nachweis zu geben sein. Uebrigens wird der württem⸗ bergischen Staatskasse für die Verwaltungskosten nach Art. 38 der Reichsverfassung und §. 39 Abs. 2 des Gesetzes Vergütung gewährt, welche zur Deckung jenes Aufwands voraussichtlich zureichen wird.“
Hessen. Darmstadt, 5. September. (Darmst. Ztg.) Prinz Wilhelm von Hessen ist gestern Abend von einer längeren Reise hierher zurückgekehrt.
„Mecklenburg⸗Strelitz. Neustrelitz, 3. September. Ztg.) Der Erbgroßherzog und die Erbgroß⸗
erzogin begaben sich mit der Prinzessin Marie am 5. d. M. von Reichenhall zu längerem Aufenthalt nach Berchtes⸗ gaden, woselbst sich Prinzessin Jutta und der Erbprinz bereits bei 5 Großeltern, dem Herzog und der Herzogin von Anhalt,
efinden.
Oesterreich⸗Ungarn.
EEbEEö
Agram, 2. September. (Wien. Ztg.) Ueber die Aufgaben, welche das Kaiserliche Reskript dem gestern eröffneten kroatisch⸗slavonischen Landtage vorgezeichnet hat, schreibt die „Agramer
Es ist ein Bild reicher, groß angelegter Thätigkeit, welches das gestern in feierlicher Weise verlesene Allerhöchste Reskript dem Land⸗ tage entrollt hat, ein Bild von solch umfassender Thätigkeit, daß, wenn der gesetzgebende Körper nur den größeren Theil von all dem verwirklichen mag, zu dessen Schaffung ihn die Krone auffordert, die Landtagsperiode von 1887/1892 eine der fruchtbarsten, ein Reform⸗
sein, den Vorsprung auszugleichen, welchen die größeren mit allen
“ 1
Landtag im besten Sinne des Worts werden wird. Nur zu lange im Vordergrund Dis⸗
standen die staatsrechtlichen Fragen
“
rlagen,
neuen Landtages. Die letztere Frage
Entgegenkommens“,
jede in den bestehenden gesetzlichen Vorschriften, in Aussicht.
Unitexsche Hee 5 Aufgaben bezeichnet das Allerhöchste Reskript die Wahl der Mitglieder für den gemeinsamen Reichstag und die einer EPqbö1öö6“ 8. ichs als die dringendstent end eeee ist ohne Zweife eine bes
jerigsten und weitaus bedeutsamsten von allen, weil sie — wieder sc Reinkorporirung der Grenze — mit der Ermittelung und Fest⸗ stellung eines neuen Schlüssels der Quote Kroatiens im Zusammenhange steht. Mehr als irgendwo bedarf es hier jenes „beiderseitigen billigen — welches das Allerdochsi⸗ Restript dls ö lchen Lösung hinstellt. ie gewaltig veränderten Zustände, BBichen c 18b heutige Landtag ist. werden hoffentlich ihren Theil redlich dazu beitragen, um dieses Entgegenkommen auf keiner Seite vermissen zu lassen. Und so sind es denn in jedem Belang lückliche Auspizien, unter welchen der Landtag von 1887/92 seine ver⸗ heißungsvolle Thätigkeit beginnt.
Schweiz. Bern, 5. September. (W. B.) Die Ratifikationsurkunden zu der internationalen Konvention, betreffend den Schutz des LE11“ und künstlerischen Eigenthums, sind heute zwischen dem Bundes⸗Präsidenten und den Gesandten der der Konvention beigetretenen Staaten ausgetauscht worden.
oßbritannien und Irland. London, 6. September. (W. Suß Das Unterhaus hat heute die Bill, betreffend den Erwerb kleiner Grundstücke durch Bauern, in dritter Lesung angenommen. Mit 117 gegen 42 Stimmen wurde beschlossen, daß die Bill für Schottland und Irland keine Geltung haben solle.
Frankreich. aris, 5. September. (W. T. B.) Der FrnfFrichegr zfüreng Rouvier und der Minister des Aeußern, Flourens, sind hier wieder eingetroffen. Letzterer empfing heute die Botschafter Decrais, Herbette, Laboulaye und Waddington. Der Kriegs⸗Minister Ferron wird am Mittwoch abreisen, um den letzten Operationen der RRkeimasung beizuwohnen; am 12. d. M. wird
erselbe hierher zurückkehren. Föthe Ztg.) Das Kriegs⸗Ministerium hat so⸗ eben die diesjährige Rekrutenvertheilung bekannt gegeben. Darnach beträgt die Anzahl der Rekruten der ersten Liste 138 446; davon erhält die Marine 5370, das Landheer 133 076 Mann der Klasse von 1886. Die Zurückgestellten von 1885 (11 340) und von 1884 (4601) werden sämmtlich dem Land⸗ heer zugetheilt. Seit dem Jahre 1872 ist es das erste Mal, daß die Jahresklasse nicht in zwei Abtheilungen getrennt ist, sodaß es den Anschein hat, als ob General Ferron selbst mit den jetzigen Gesetzen die dreijährige Dienstzeit anwenden wollte. Die Infanterie, Artillerie und das Genie stellen ihre Rekruten in der Zeit vom 3. bis 7. November, die Kavallerie dieselben bereits am 3. Oktober ein. Die Kavallerie erhält 17 885 Rekruten, und zwar 3000 für die Kürassiere, 6853 für die Dragoner, 4202 für die Chasseurs, 2735 für die Husaren, 1040 für die Chasseurs d'Afrique und den Rest lür die Kriegsschule 89
82 T.
Zeitungsstimmen.
Die 1“ sagt Ueberschrift „Fortschritt“: EüSei. en Fee hat Deutschland keinen Mangel. Die ganze Entwickelung unseres Staatswesens, das Herumdebattiren über ein noch zu schaffendes Deutschland und über politische Prin⸗ zipienfragen, die alle plötzlich durch die Ereignisse der Geschichte, durch die That überholt wurden, haben alle Parteien und Fraktionen geschaffen. Die Thaten allerdings, welche alle theoretischen Ausein⸗ andersetzungen überholten, hätten auch die politischen Parteien über⸗ holen sollen, aber dazu ist, höflich gesagt, das Beharrungsvermögen der Deutschen zu groß. Die Fraktionen mit ihren alten Theorien küm⸗ merten sich nicht viel um den Fortschritt der Geschichte, son⸗ dern zeugten vielmehr noch neue kleine Parteien, und gerade diejenige Partei, welche sich mit dem Namen „Fort⸗ schritt“ bezeichnete, kümmerte sich am allerwenigsten um den Fortschritt, den das deutsche Volk gemacht hatte. „Unser rogramm von 1861“, das war das sonderbar stolze Wort, das die Proga noch immer im Munde führte, als Herr Eugen Richter es für nützlich befand, die seiner Meinung nach einzig wahrhaft liberale Partei zur „Deutschfreisinnigen“ umzutaufen. Ein treffenderes Urtheil üͤber das deutsche Fraktionswesen, als es der englische Diplomat Lord Salisbury 1878 faͤllte, könnte schwerlich je ausgesprochen werden. Er sagte über Deutschland: „Es giebt dort zwölf oder vierzehn Parteien im Staat; das heißt diejenigen, welche vorzugsweise berufen Ind, die Ordnung und die Freiheit hochzuhalten — die gemeinsamen iele der gesammten Menschheit, welche jeder gute Bürger über alles schätzen wird — können ihre kfecnen Launen, 1“ ü ücken, um sich zu einer großen io nicht genügend unterdrücken —— sollten. zu vertheidigen. s 1
unter der
vereinigen und dasjenige, was sie hochhe 1 — Es ist dies eine sehr edenkliche Er einung und ein warnendes Bei⸗
spiel für alle anderen Länder der Welt. —
Das Urtheil hätte nicht treffender gesprochen werden können, und wir haben erst kürzlich das traurige Beispiel erlebt, daß ein Deutscher Reichstag die allernothwendigsten Mittel zur Vertheidigung des Vaterlandes mit kleinlichen Parteinörgeleien verweigerte. Die neun Jahre, die verflossen sind, haben uns um nichts Geßssset. Es fehlt allerdings nicht an Anzeichen zu einer Aenderung; Besserung, könnte man nicht gerade behaupten. Gewisse Parteiführer, die sonst das große Wort führten, fangen an, ein wenig kleinlaut zu werden, wenn der Druck der Thatsachen einmal ein allzu gewaltiger wird; betrübend gist es aber, daß so unendlich viele Kraft, die nützlich im Dienst des Vaterlandes verwendet werden könnte, zur Bekämpfung der Parteibündelei ver⸗ wendet werden muß. Fortschritt wollen gewiß alle Parteien, die Frage ist nur, was denn wirklich Fortschritt ist. Wir wollen uns nicht darauf einlassen, etwa das Programm derjenigen Partei zu kritisiren,
1 chalt ggebiezerwasern müsseg.
lange sorgsam vorbereiteten und schnell ausgeführten That. Die lange so gsemn ve aller reindeutschen Staaten ist geschaffen, das Reich, den Parteien des grundfätzlichen Widerspruchs zum Trotz, nach außen fest gesichert. Die schwere Arbeit der Sozialreform ist begonnen und hat manche Frucht schon gezeitigt: thatsächlich ist das Deutsche Reich allen Staaten als Vorbild auf diesem Gebiet voran⸗ gegangen. Auch den letzten Schritt, der nöthig war, um die soziale Frage an Schärfe verlieren zu lassen — zu lösen, vollständig zu lösen ist sie auf die Dauer nie —, auch dieser letzte Schritt ist von der Reichsregierung gethan: die Erweiterung unseres schon längst im Ver⸗ hältniß zur Bevölkerungszunahme zu engen Wirthschaftsgebiets, so⸗ wohl durch materielle Förderung unserer auswärtigen Handelsverbin⸗ dungen, wie auch durch unmittelbare Vergrößerung des deutschen Ge⸗ biets in überseeischen Lêändern. So sind auf allen Gebieten wahr⸗ haften Fortschritts die bezeichnenden Punkte festgestellt, zur Ausfüllung bedarf es vor allen vce. 8 thatkräftigen und verständnißvollen
itwirkung des gesammten Volks. 1 “ 1 8 Die Wr be geftr des Wirthschaftsgebietes ist die große Frage, die im Augenblick im Vordergrunde steht. Unsere rasch sich vermehrende Bevölkerung, und namentlich die rasch sich mehrende Industriebevöl⸗ kerung finden keinen ausreichenden Absatzmarkt mehr im Inlande. Diesen zu schaffen und gleichzeitig für eine gerechte und billige Ver⸗ theilung des Arbeitsertrages zu sorgen, ist eins der wesentlichsten politischen Probleme der Zukunft. Die Worte, die von Neumann⸗ Spallart vor Beginn der überseeischen Unternehmungen, 1880, in Meyer's „Deutschem Jahrbuch“ schrieb, kennzeichnen treffend die Be⸗ deutung auswärtiger Unternehmungen: „Der Welthandel konnte zwar schon in früheren Geschichtsepochen als Träger der Kultur und als Pionier des civilisatorischen Fortschritts angesehen werden; in unserm Zeitalter aber ist derselbe das vorzüglichste Werkzeug des gesammten geistigen und materiellen Kulturlebens geworden, weil er die wefentliche Voraussetzung der Theilnahme eines Volkes an der Weltwirthschaft und an dem internationalen Kampf ums Dasein bildet, aus welchem kräftige, gesunde Individualitäten unter den Völkern selbst herangezogen werden. Die Intensität der Theilnahme eines Volkes an dem Welthandel ist unter diesem Gesichtspunkt nicht blos eine Quelle des materiellen Volkseinkommens, sondern sie ist einer derjenigen Faktoren, welche die politische Rangstellung eines Staates entweder schon bestimmen oder sie für die Zukunft voraussehen lassen. Die Großmachtstellung ist ohne Betheiligung am Welthandel nicht denkbar, und in der That trifft diese Erfahrung in der westlichen Welt zu. Umgekehrt sind jene Länder, welche sich vom Welthandel absolut selbst ausschließen, wie beispielsweise China, trotz ihrer nach mehreren hundert Milltonen zählenden Bevölkerung, trotz des großen Reichthums an Naturschätzen und trotz historischer Ferei. th jeder Bedeutung im heutigen
öͤlker⸗ und Staatenleben beraubt. 8* 1 8 Was von Neumann⸗Spallart hier in politischer Beziehung sagt, das gilt in gleicher Weise in sozialer Beziehung. Ein Staatswesen, das nicht durch bedrohliche Nothstände im Innern vernichtet werden will, muß sich dem großen Weltverkehr anschließen, sobald die Be⸗ völkerungsziffer sich als eine stetig steigende erweist. Wenn Frankreich draußen die verzweifeltsten Anstrengungen zum Kolonisiren macht, so hat dies vorwiegend politische Gründe; es will seine politische Macht⸗ stellung vergrößern. Deutschland dagegen ist durch seine wirthschaft⸗ liche Lage zu einem ähnlichen Vorgehen gezwungen. Frankreichs Be⸗ völkerung wächst wenig oder garnicht, die Deutschlands jährlich um eine halbe Million; die einfache Frage, wovon sollen diese Zukunft nähren, führt uns zu dem Schluß, daß wir unser Wir h⸗
Der Förtschritt, auf denr wir Marbeiken müüffer. licgf'nscht auf dem Gebiet der formalen Verfassung, wo ihn so und so viel Parteien jahrelang gesucht haben, sondern auf sozialem und wirthschaftlichem Gebiet. Die Magenfrage von einer Unmenge von Vorfragen abhängig machen zu wollen, ist ebenso lächerlich, als die Bevollmächtigten, die den dreißigjährigen Krieg, zum ⸗ schluß bringen sollten, sich ein paar Jahre um Etiquettefragen stritten: ob der Sessel dieses oder jenes Gesandten nach der Größe des vertretenen Staats auf dem Teppich des Sitzungssaales oder auf den bloßen Dielen stehen sollte. Die soziale Frage ist 8 dringliche, und nur wenn die politischen Parteien ihren Hader und ihre kleinlichen Partei⸗Interessen bei Seite lassen, ist eine zufrieden · stellende Lösung möglich. So lange jede Partei sich das Agitationsmittel wahren will, bei jedem Nothstand irgend welcher Ar zu sagen: Seht Ihr, das wäre Alles nicht, wenn wir am Ruder wären; so lange wir ehrgeizige Parteiführer an der Spitze der Par⸗ teien sehen, die nicht danach trachten, dem Volk und Vaterland, bö dern sich und der Partei zu nützen, so lange wird unser Parlamenta⸗ rismus das unerquickliche Bild der Zerrissenheit, des Mangels an groß⸗nationalen Zielen sein, wie es Lord Salisbury vor neun Jahren
geschildert hat.
— Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ bringt
ende Notiz: ““ fols Auf dem Gebiet der rheinischen Baumwollspinnerei und Weberei hat sich, vorliegenden Berichten zufolge, das Geschäft in den 88 drei Monaten entschieden belebt. Die Nachfrage nach Garnen 7 Geweben ist lebhafter geworden, namentlich hat sich für gefpine e ein so großer Begehr geltend gemacht, daß nicht nur sämmtliche Spinnereien voll beschäftigt waren, sondern auch aus dem vorigen Jahre herübergenommene Vorräthe aufräumen konnten. Trotz dieser gesteigerten Nachfrage ist es jedoch den Spinnern nicht mög i gg. wesen, bessere, in einem richtigeren Verhältniß zum Werth des 9. materials stehende Preise zu erzielen, so daß der Nutzen ein minimaler ist. Versuche, eine Erhöhung der Preise herbeizuführen, scheiterten an der englischen Konkurrenz, welche ihre Ueberproduktion auf dem det schen, als dem am wenigsten geschützten Markt unterzubringen sucht, und unter Umständen dabei große Opfer in den Preisen bringt.
Statistische Nachrichten.
äß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund⸗ Seiase 2 sind in der Zeit vom 21. bis 27. August cr. von je 1000 Bewohnern, auf den Jahresdurchschnitt berechnet, als 8881 gemeldet: in Berlin 24,2, in Breslau 29,9, in Königsberg 29,3, in 2 35,6, in Frankfurt a. M. 18,2, in Wiesbaden 9,1, in Hannover 25,8, n Kassel 19,7, in Magdeburg 28,1, in Stettin 33,1, in Altona 23,4, in Straßburg 27,3, in Metz 20,1, in München 31,3, in Nürnberg 27,8, in Augsburg 36,3, in Dresden 25,6, in Leipzig 20,3, in Stuttgart 24,6, in Karlsruhe 24,9, in Braunschweig 28,2, in Hamburg 27,7, in Wien
zünftige Einfluß der B
Breslau, Dresden,
zeigte sich zumeist in einer weiteren bnahme der Sterbefälle an Darmkatarrhen und Brechdurchfällen der derselben in Berlin, Hamburg, München, eipzig, Köln, Königsberg, Danzig, Straßburg, Paris, St. Petersburg,
Kinder, wiewohl die
Braunschweig, Wien est, London, e 48 noch 18— eine bedeutende, in Augsburg,
Nürnberg, Düsseldorf, Kopenhagen sogar eine noch größere
als in der Vorwoche, ist. — Die Theilnahme des Säuglings⸗
alters an der Gesammtsterblichkeit war demzufolge auch eine
wesentlich geringere als in der Vorwoche. Von 10 000 Lebenden
starben, aufs Jahr berechnet, in Berlin 118, in München 170 Säug⸗
linge. — Akute Entzündungen der Athmungsorgane blieben in be⸗
schränkter Zahl Todesursachen. — Dagegen kamen die Infektions⸗
krankheiten vielfach mehr zum Vorschein, nur Masern und Pocken
bedingten weniger Sterbefälle und Erkrankungen. Masern
führten in Berlin, München, Wien, London selten zum Tode,
während in Breslau, Paris, Dublin und Kopenhagen die Zahl der
Sterbefälle etwas größer wurde. Erkrankungen an Masern haben in
St. Petersburg, Kopenhagen sowie im Regierungsbezirk Düsseldorf zuge⸗
nommen. — Scharlach hat in London, Liverpool, Christiania, Prag, Warschau mehr, in Wien weniger Sterbefälle verursacht. Erkrankungen wurden aus Berlin, Breslau, Wien, Pest, Kopenhagen und aus den Regierungsbezirken Schleswig und Düsseldorf in größerer Zahl mitgetheilt. — Die Sterblichkeit an Diphtherie und Croup hat an vielen Orten, wenn auch zum Theil nur wenig, zugenommen, wie in Berlin, Breslau, Dresden, Hamburg, Altona, Pest, Paris, London, Christiania. In Nürnberg, in den Regierungsbezirken Düsseldorf und Schleswig, sowie in St. Petersburg und Christiania stieg die Zahl der Neuerkrankungen. — Zahlreicher wurden auch Erkrankungen und Sterbefälle an Keuchhusten in London, Liverpool, Glasgow, Edinburg, St. Petersburg. — In ansehnlich gesteigerter Zahl kamen an vielen Orten typhöse Fieber zum Vorschein, die in Hamburg, Paris, St. Petersburg mehr, in Berlin und London die gleiche Zahl von Sterbe⸗ fällen wie in der Vorwoche veranlaßten. Zahlreiche Erkrankungen an Typhus wurden aus Hamburg, Kopenhagen, Pest, St. Petersburg sowie aus den Regierungsbezirken Düsseldorf, Erfurt, Schleswig mitgetheilt. An Flecktyphus kamen aus Danzig und Warschau je 1 Todesfall, aus dem Regierungsbezirk Düsseldorf sowie aus St. Petersburg ie 1, aus dem Regierungsbezirk Marienwerder 6 Erkrankungen zur Meldung. Aus Berlin wird 1 Erkrankung an epidemischer Genickstarre mitgetheilt. Aus Hamburg werden 57 weitere Erkrankungen und 4 Todesfälle an Trichinosis, aus Odessa 3 Sterbefälle an Tollwuth gemeldet, Pocken riefen in Pest und Prag je 1, in Triest 5, in Rom 6, in Paris 7, in Warschau 22 Todesfälle hervor, ferner wurden aus dem Regierungsbezirk Münster 1, aus Wien 4, aus St. Petersburg 5, aus Pest 7 neue Erkrankungen an Pocken zur Anzeige gebracht. — Die Nach⸗ richten über die Cholera in Italien lauten im Allgemeinen etwas günstiger. In Messina, in Stadt und Provinz Catania hat die Zahl der Todesfälle und Erkrankungen abgenommen, in Palermo ist in den Tagen vom 23.— 24. August die Zahl der Fälle wieder eine geößere geworden. In Gaëta kamen täglich 2—3 Fälle vor. In Rom scheint die Seuche nicht zum Vorschein gekommen zu sein: doch werden aus dem benachbarten Tivoli mehrere verdächtige Er⸗ krankungen gemeldet. In der Provinz Syrakus ist die Epidemie im Erlöschen.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
anz Makaxt. „Der Frühling.“ Das letzte große -SN. n8, Künstlers. Pigenthülin der Kunsthaftslung H. U. Miethe
in Wien. Ein Beitrag zu seiner Charakteristik von Carl von Lü tzow. Sonder⸗Abdruck aus der Zeitschrift für bildende Kunst. Mit Illu⸗ strationen. Wien, 1887. Verlag von H. O. Miethke. — Das letzte Gemälde des verstorbenen Künstlers wird demnächst in Berlin zur Ausstellung gelangen. Diese Broschüre orientirt sehr zweckmäßig über
das Bild und den Künstler Gestern verschied in Hannover
Wiesbaden, 3. September. ötzli age der auch in weiteren Kreisen bekannt plötzlich an einem Herzschlage de ch “
dene Chemiker Dr. Johannes Skalweit, G 8 “ daselbst. Der Verblichene stand im besten Mannesalter und genoß im Kreise seiner Kollegen, der Vertreter des Faches der angewandten Chemie, des vorzüglichsten Rufes. Als lang⸗ jähriger Geschäftsführer des„Vereine analytischer Chemiker⸗ und als Redacteur der Zeitschrift „Repertorium für analytische Chemie stand er fast mit allen Chemikern bekannten Namens in ständigem Verkehr, sodaß man seinen Hingang selbst außerhalb Deutschlands Grenzen mit großem Bedauern vernehmen wird. Was Skalweit seinen Kollegen gewesen, erhellt aus der Thatsache, daß der derzeitige Vo⸗⸗ sitzende des Vereins, Direktor Dr. Schmitt in Wiesbaden die für die 1 nernächsten Tage nach Hannover anberaumte Generalversamm. lung des Vereins nünn die 1 verbundenen Festlichkeiten auf eit verschoben hat. 1 unbesgsmmte; 85 2. e In Ergänzung der neulichen Notiz über die geplante Inventarisirung der B au⸗ und Kunst⸗ denkmale in Bayern theilt die „Allg. Ztg.“ Folgendes mit: „Das Königliche Kultus⸗Ministerium hat, der Erwägung stattgebend. daß es hoch an der Zeit sei, Bayerns Reichthum an Bau⸗ und Kunst⸗ denkmalen aller Jahrhunderte, ihren noch vorhandenen Bestand, ihre Erscheinung und ihren Inhalt in fachmännischer Aufnahme fest⸗ zustellen, das großartige Unternehmen projektirt, ein msuccessibe erscheinendes Werk herausgeben zu lassen, welches die Bau⸗ und Kunstdenkmale des ganzen Königreichs von Bezirk zu Bezirk schildert. Eine Kommission (bestehend aus den Herren Generalkonservator Professor Dr. W. H. von Riehl, Galerie⸗Direktor Professor von Reber, Königlicher Ober⸗Ingenieur Seidel, Konservator Professor Seitz. Konservator Dr. Graf, Architekt Gustav von Bezold und Privat⸗ dozent Dr. Berthold Riehl) hat die Grundzüge für die Anlage des Werks festgestellt und Dr. Berthold Riehl und Gustav von Bezold beauftragt, mit der Aufnahme in den Bezirksämtern München I und II zu beginnen. Diese Sachverständigen sind schon vor geraumer Zeit an ihre dankbare Aufgabe herangetreten 8 und waren, Dank dem schätzenswerthen Entgegenkommen der Ver⸗ waltungen und der Pfarrgeistlichkeit, welche vom erzbischöflichen Or⸗ 8 dinariat instruirt worden war, in der Lage, ihre Thätigkeit so zu fördern, daß dem nächsten Landtage das Resultat derselben zum Theil als ein vollendetes Werk und zum Theil als Prospekt seiner Fort etzung vorgelegt werden kann. Die bei der Aufnahme der ersten Penag. gemachten Wahrnehmungen bezw. Entdeckungen verbürgen, daß das geplante Unternehmen, welches sich auf viele Jahre vertheilen 8 und nur einen mäßigen Aufwand verursachen wird, nicht nur ein
die sich früher mit dem Namen „Fortschritt“ putzte; einer Partei, die
21,6, in Pest 31,5, in Prag 24,7, in Triest 30,0, in Krakau 34,2,
wünschenswerthes, sondern ein sehr nothwendiges ist.“