— Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für das Seewesen und für Handel und Verkehr hielten heute eine Sitzung.
— Die See des §. 1951 Th. II Tit. 8 des reußischen Allgemeinen Landrechts: „Einer stillschweigen⸗ den Genehmigung leines ohne Vollmacht im Namen eines Anderen geschlossenen v1.““ ist gleich zu achten, wenn Derjenige, in dessen Namen die Versicherung ge⸗ nommen oder ertheilt worden, nach davon erlangter Wissen⸗ schaft, binnen der im I. Th. Tit. 5 §. 95 ff. bestimmten Fristen keinen gerichtlichen Protest dagegen einlegt“ — findet einem Urtheil des Reichsgerichts, I. Civilsenats, vom zuli d. J., keine Anwendung auf Vorversicherungs⸗ verträge, aus welchen auf Abschluß eines definitiven Ver⸗ icherungsvertrages geklagt werden kann; bei solchen Vor⸗ verträgen eg. der Protest nicht der gerichtlichen Form.
— Se. Durchlaucht der Prinz Friedrich von Hohenzollern, General⸗Major à la suite des 2. Garde⸗ Dragoner⸗Regiments und Commandeur der 3. Garde⸗ Kavallerie⸗Brigade, hat Berlin mit vierwöchigem Urlaub
nach München und Sigmaringen verlassen.
— Der General⸗Lieutenant von Schlichting, Com⸗ mandeur der 1. Garde⸗Infanterie⸗Division, hat sich auf 3 Wochen mit Urlaub nach Schlesien begeben.
— Mit dem gestrigen Tage hat hierselbst ein 20tägiger militärärztlicher Fortbildungskursus begonnen; zur Theilnahme an demselben ist eine größere Anzahl Stabsärzte der Armee und Marine kommandirt worden und hier ein⸗ getroffen.
8 Bayern. München, 26. September. (W. T. B.) Die Kammer der Reichsräthe nahm heute, nachdem der Refe⸗ rent, Graf Lerchenfeld, dem Ministerium für die Wahrung der bayerischen Separatrechte gedankt hatte, die Branntwein⸗ steuervorlage einstimmig an. b — 27. September. (W. T. B.) Die Kammer der Abgeordneten nahm heute den Gesetzentwurf, be⸗ reffend den Bau strategischer Bahnen, ohne Debatte in weiter Lesung mit 135 Stimmen einstimmig an. Das Ausführungsgesetz zu dem Unfallversicherungs⸗ gesetz wurde einem Ausschuß von 21 Mitgliedern zur Vor⸗ berathung überwiesen.
Sachsen. Dresden, 26. September. (Dr. J.) Der König wird vom Jagdhause Rehefeld morgen, Dienstag, nach der Königlichen Villa zu Strehlen zurückkehren, wäh⸗ rend die Königin bereits heute Nachmittag daselbst erwartet wird. — Der Prinz Georg ist mit dem Prinzen Fried⸗ rich August und der Prinzessin Mathilde gestern Abend über Wien nach Schloß Persenbeug gereist.
Mecklenburg⸗Schwerin. Schwerin, 26. September. (Meckl. Anz.) Der Herzog Johann Albrecht ist heute früh hier eingetroffen.
Mecklenburg⸗Strelitz. Neustrelitz, 23. September. 9 Der Erbgroßherzog und die Erbgroßherzogin
sind he gekehrt. . Oldenburg. 26. d. M. stattgehabten Neuwahl der Abgeordneten für den
zute Mittag mit ihren Kindern aus Berchtesgaden zurück⸗
Oldenburg, 26. September. Der am Landtag des Großherzogthums scheint eine besondere Rührig⸗ keit der Urwähler und Wahlmänner voraufgegangen zu sein: während in den letzten Wahlperioden nur unerhebliche Per⸗
sonalveränderungen vorkamen, sind bei der jetzigen Wahl allein
unter den 26 Abgeordneten des Herzogthums 10 neue gewählt. Der Landtag wird im Herbst zusammentreten und in erster
Linie das Budget für die nächste dreijährige Finanzperiode zu berathen haben.
Elsaß⸗Lothringen. Kolmar, 26. 1““ (W. T. B.) Nach einer hier eingegangenen Depes he des General— prokurators von Nancy ist auf der Grenze bei Vexincourt ein französischer Bürger getödtet und
ein anderer verwundet worden. Deutscherseits ist eine genaue Untersuchung des Vorfalls angeordnet. Es ver⸗ lautet, ohne daß Genaueres feststeht, daß ein auf der Jagd
unmittelbar an der Grenze befindlicher Franzose, von dies⸗
seitigen . angerufen, nicht geantwortet habe. Dieselben
hätten Wilddiebe vermuthet und von der Waffe Gebrauch
gemacht, wobei ein Piqueur getödtet und der Jäger am Bein verwundet sei. 1
Straßburg, 26. September. (W. T. B.) Authentische Meldungen bezüglich des Zwischenfalls an der Grenze be⸗ stätigen, daß der zum Forst⸗ und Wildschutz kommandirte Jäger von der Schußwaffe Gebrauch machte, da er Wilderer
vor sich zu haben glaubte, die wegen der Jagd auf Hochwild in dortiger Gegend sehr zahlreich sind und gegen das Forst⸗ personal sehr verwegen und auftreten.
— 26. September. (W. T. B.) Nach eingegangenen weiteren Nachrichten heißt der zum Forstschutz kommandirte Soldat vom Jäger⸗Bataillon in Zabern, welcher am Sonn⸗ abend vom Donon auf deutschem Boden aus mehrere Schüh⸗ abgegeben hat, Kaufmann; der getödtete Franzose heißt Brignon und ist aus Raon l’'Etape; der Verwundete soll der Kavallerie⸗Lieutenant von Wangen aus Luneville sein. Wo Letztere gestanden haben, als die Schüsse abgegeben wurden, ist bis jetzt nicht bekannt, ebensowenig die näheren Umstände. eütmie ist da, wo der Vorgang sich zutrug, sehr winkelig.
— 27. September. (W. T. B.) In der Darstellung der „Landeszeitung für Elsaß⸗Lothringen“ wird auf Grund der amtlichen Ermittelungen über den Zwischenfall an der Grenze bestätigt, daß die Schüsse des Soldaten Kaufmann auf deutschem Boden Kbhegeben wurden und auf deutschem Boden einschlugen, nachdem ein dreimaliges Haltrufen er⸗ folglos geblieben.
Schweiz. Bern, 25. September. (Bund.) Die drei⸗ jährige Amtsdauer des Nationalraths, welche am 1. Dezember 1884 begonnen hat, Aheht am 4. Dezember d. J. zu Ende, und es beginnt die 14. Amtsperiode dieser Behörde am 5. Dezember des laufenden Jahres. Die Wahlen zur Ge⸗ sammterneuerung des Nationalraths haben am letzten Sonntage des Weinmonats, diesmal am 30. Oktober, zu beginnen, und es werden dieselben, falls sie nicht in der ersten Wahlverhandlung
Kantonsregierungen hierfür zu bestimmenden Tagen fortgesetzt, bis alle Wahlen zum Abschluß gelangt sind. Der Bundes⸗ rath richtet nun an die Kantonsregierungen die Ein⸗ ladung, die nöthigen Verfügungen treffen zu wollen, damit die fraglichen Wahlen in Uebereinstimmung mit den bezüglichen Bundesgesetzen vorgenommen werden.
Belgien. Brüssel, 26. September. (W. T. B.) Wie die „Etoile belge“ vernimmt, gilt es für sicher, daß die Regierung die Initiative für eine Gesetzvorlage ergreifen werde, durch welche die Einführung der per⸗ sönlichen Dienstpflicht und die Errichtung von zwei weiteren Artillerie⸗Regimentern beantragt werden solle.
Großbritannien und Irland. London, 27. Sep⸗ tember. (W. T. B.) Der Nizam von Hyderabad hat, wie das „Reuter'sche Bureau“ meldet, an den Vizekönig von Indien, Lord Dufferin, ein Schreiben gerichtet, worin er sich in Anbetracht der beständig wachsenden Aus⸗ gaben Indiens für eine bessere Vertheidigung der Grenze, die wegen des Vordringens Rußlands in Central⸗ Asien nothwendig sei, erbietet, für zwei Jahre jährlich 200 000 Rupien zu den Kosten der Vertheidigung der Nord⸗ westgrenze Indiens beizusteuern.
Frankreich. Paris, 24. September. (Fr C.) Der heutige Ministerrath beschäftigte sich mit dem außer⸗ ordentlichen Budget für 1888, dessen Ausgaben end⸗ gültig auf 100 Millionen, 84 Millionen für den Krieg und 16 Millionen für die Marine, angesetzt wurden. Ursprüng⸗ lich waren von Hrn. Dauphin 182 Millionen und später von Hrn. Rouvier 122 Millionen verlangt worden. Die Vorlage des jetzigen Kabinets weist daher eine Er⸗ sparniß von 82 Millionen im Vergleich zu dem Projekt des letzten Ministeriums auf, ohne daß hierdurch das Funktioniren der Dienstzweige beeinträchtigt oder dringende Ausgaben ge⸗ strichen würden. — Regierungsfreundliche Blätter be⸗ stätigen, daß die Mittel zur Ausgleichung des außer⸗ ordentlichen Budgets durch Umwandlung der alten 4 ½ prozentigen Rente in 3 prozentige gewonnen werden sollen. Die Regierung schlägt vor, für je 4 ½ Fr. ersterer Rente den gleichen Betrag in 3 prozentiger zu geben, unter Nachzahlung von 20 Fr. So viel beträgt nämlich der Cours⸗ unterschied der beiden gleichen Summen Renten, von denen die erstere auf 103, die letztere auf 82 steht. Der Staat würde bei diesem Umtausch, der an seinen Zinsverbindlichkeiten nichts ändert, einen Baargewinn von 165 280 000 Fr. erzielen und mithin nach Verwendung von 100 Millionen für Heeres⸗ und Flottenbedürfnisse noch rund 65 Millionen zur freien Verfügung behalten. Der Budget⸗Ausschuß nahm heute die vorerwähnte Mittheilung, betreffend den außer⸗ ordentlichen Bedarf entgegen und beschloß, den Premier⸗, den Kriegs⸗ und den Marine⸗Minister über die vorgeschlagenen Abstriche zu hören. Hierauf prüfte der Ausschuß das Budget des Unterrichtswesens, über das der Abgeordnete Burdeau berichtete. Die Verhandlungen zwischen dem Minister des
Kolonien über die Verschmelzung der Verwaltungen in den ostasiatischen Besitzungen Frankreichs werden am Montag beendet sein. G eichzeitig arbeitet die Kolonialverwaltung einen Entwurf aus, der die Befugnisse des Kolonialraths von Cochinching einschränkt. Das diesjährige, wegen seiner Vergeudung lebhaft in der Presse getadelte Budget der Kolonie, das jene Körperschaft aufgestellt hat, ist von der Auf⸗ sichtsbehörde erheblich gekürzt worden.
Der Ertrag des Taback⸗Monopols blieb im 1885 um nahezu 5 Millionen gegen das Vorjahr zurück; es wurde für mehr als 2 Millionen Francs weniger Waare ver⸗ kauft, während die Ausgaben um fast 3 Millionen gestiegen
waren. “
Die „Franz. Corresp.“ schreibt:
Die diesjährigen großen Manöver des 9. Armee⸗Corps, welchen die fremden Militärmissionen beigewohnt haben, unterschieden sich von den früheren nicht unerheblich dadurch, daß sie sich nicht darauf beschränkten, das Armee⸗Corps als Ganzes vorzustellen und hauptsächlich dessen Tüchtigkeit in Marschübungen zu zeigen, sondern, daß vielmehr die gesammten Manövertage zu Gefechtsübungen und zu wirklichen Manövern verwendet wurden. Sie waren ferner dadurch noch bemerkenswerth, daß eine Generalidee“, sowie für die ganze Dauer der Manöver geltende Spoezialideen ausgegeben wurden. Es trat also das Bestreben zu Tage, die Ma⸗ növer möglichst kriegsgemäß verlaufen zu lassen. Leiter der Manöver und oberster Schiedsrichter war der kommandirende General Carrey de Bellemare. Derselbe hatte daher das interimistische Kom⸗ mando seines Corps für die Manöverzeit dem ältesten Divi⸗ sionär, General Millot, übergeben, der nun mit den beiden Dioisionen des Corps gegen die 21. Division vom 11. Corps unter dem General Jamont, dem noch eine Kavallerie⸗Division zu⸗ getheilt war operirte. Das Urtheil über die Leistungen der Truppen lautet einstimmig dahin, daß die französische Infanterie wiederum eine ganz außerordentliche Marschtüchtigkeit gezeigt hat. Auch die berittenen Waffen bewiesen, daß ihre Ausbildung eine anerkennens⸗ werth gute ist, wenngleich die Artillerie wie die Kavallerie in ihrer Gefechtsthätigkeit vielfach in hohem Grade durch den starken Anbau des fruchtbaren Landes, speziell durch die Weinberge, gehindert wurden. Im Allgemeinen aber scheinen die Manöver ein anschauliches Bild von der kriegsmäßigen Ausbildung der französischen Truppen, ins⸗ besondere der Infanterie, gegeben zu haben, welche letztere sowohl der Terrainbeschaffenheit halber als auch in Folge der zahlreichen Orts⸗ gefechte in den Vordergrund trat. Es ist noch zu bemerken, wie diese Manöver für die französische Armee aus dem Grunde von besonderem Vortheil sind, weil sie die Friedenscadres durch Einziehung von Reser⸗ visten wesentlich verstärken und auch der Artillerie eine so große Zahl von Pferden von anderen Artillerie⸗Regimentern, welche nicht an großen Herbstübungen theilnehmen, zuweisen, daß die Batterien außer mit sechs Geschützen auch mit einer Anzahl Munitionswagen aus⸗ rücken können. Der Totaleindruck der Manöver läßt sich dahin zu⸗ sammenfassen, daß in der französischen Armee kolossal gearbeitet wird und daß auch höchst beachtenswerthe Erfolge von derselben erzielt worden sind. Die Generale und Führer der Truppen zeigten sich ihren Aufgaben durchgehends gewachsen, obschon gewisse Rivalitäten zwischen einigen Generalen dem Gelingen mancher Operationen etwas Abbruch thaten. Die große Revue am Schluß der Manöver verlief sehr befriedigend und ließ keine Erschöpfung der Mannschaften und Pferde durch die vorangegangenen anstrengenden Manöver⸗Uebungen bemerken. So haben denn auch diese Manöver eine als gelungen anzusehende Probe von der fortschreitenden Ausbildung der französischen Armee geliefert. Es ist noch hinzuzufügen, daß die fremden Offiziere sämmtlich des Lobes voll sind über die durchaus sympathische Haltung der Bevölke⸗ rung sowie über die höchst zuvorkommende und echt kameradschaftliche Aufnahme, welcher sie Seitens des kommandirenden Generals und des französischen Offizier⸗Corps begegneten.
Die „République Francçaise“ meldet:
Der Kriegs⸗Minister hat soeben einen energischen Beschluß
sämmtlich zu Stande kommen, an den durch die zuständigen
Auswärtigen und dem Unter⸗Staatssekretär der
2. Kavallerie⸗Arrondissements, welchem die 6. Kürassier⸗Brigade an⸗ gehört, ist zur Disposition gestellt worden. Wie man sich erinnert, war die in Niort stehende 6. Kürassier⸗Brigade während der großen Manöver des 9. Armee ⸗Corps der 21. Infanterie⸗Division zugetheilt und hatte sich überrumpeln lassen. Ueberdies schien es, als ob die Unterweisung der Kavallerie⸗ Regimenter in jener Region nicht wäre, was sie sein sollte. Darum hat General Ferron ein Exempel statuiren wollen.
— 26. September. (W. T. B.) Der Minister des Auswärtigen, Flourens, empfing heute Nachmittag den deutschen Botschafter, Grafen Münster, und theilte demselben das bisherige Resultat der von französischer Seite angestellten Erhebungen wegen des Zwischen⸗ alls an der Grenze bei Vexincourt mit. — Den bendblättern zufolge hätte auch der französische Ver⸗ treter in Berlin den Auftrag erhalten, der deutschen Regierung Mittheilung über diese Vorfälle sowie über den Fortgang der von französischer Seite angestellten Unter⸗ suchung zu machen. — Der „Temps“ sagt: die öffentliche Meinung würde Unrecht haben, sich allzu lebhaften Ein⸗ drücken wegen des Ereignisses an der Grenze hinzugeben, ohne Zweifel könne es sich dabei um ein li bernaa von Diensteifer handeln. Indessen erscheine es nothwendig, einem solchen Uebermaß vorzubeugen, indem die Regierungen die Strenge der betreffenden Dienstanweisungen milderten und nanr fähige und umsichtige Beamte für solche Stellungen wählten.
— 27. September. (W. T. B.) Die Mehrzahl der Journale faßt den Vorgang bei Vexincourt an sich nicht gerade schwer auf und zweifelt nicht, daß Deutschland 8ag benten Falls eine befriedigende Genugthuung vexanlassen werde.
Spanien. Madrid, 26. September. (W. T. B.) Nach hier eingegangenen Nachrichten bestätigt es sich, daß auf der zu den Karolinen⸗Inseln gehörigen Insel Ponape ein Aufstand der Eingeborenen gegen die Spanier ausgebrochen ist. Die Besatzung der Insel besteht aus nur 50 Mann. Die Eingeborenen ermordeten den Gouverneur und verwundeten einen anderen Offizier. Ueber das Schicksal der übrigen Mannschaften ist noch Nichts bekannt. Zwei Sol⸗ daten retteten sich an Bord eines englischen Schooners.
Italien. Rom, 21. September. (P. C.) Bald nach Wiedereröffnung der Kammer wird Hr. Crispi ein neues Grünbuch vorlegen, und darin die geeigneten diplomati⸗ schen Aktenstücke veröffentlichen, welche auf die Verwaltung des Auswärtigen Amts Bezug haben, von der Zeit an, wo er dieselbe übernommen hat.
In der Umgegend von Massovah wird an der Her⸗ stellung der Schienenwege gearbeitet, welche den Platz mit Saati, Uaa und den anderen Außen⸗Festungen in schnellere Verbindung bringen sollen. Der Ingenieur Olivieri hat sich in Neapel mit mehreren hundert Arbeitern eingeschifft, um dieselben bald fertig zu stellen. Von einer Kasseler Fabrik sind drei Lokomotiven für diese Bahnen angekauft worden und von einer andern Firma deren achtundzwanzig. Die italienissche Regierung hat zum 1. November zwölf große Dampfer zum Transport des afrikanischen Sonder⸗Corps gemiethet.
Die „Amtszeitung“ veröffentlicht das Königliche Dekret, betreffend die Vermehrung der Kavallerie, Artillerie und Genietruppen und die Bildung neuer Kommandos dieser Waffengattungen, die am 1. November d. J. in Wirksamkeit treten sollen. Die beiden neuen Kavallerie⸗Brigade Kommandos werden als das 8. und 9. bezeichnet werden. Die beiden neuen Kavallerie⸗Regi⸗ menter führen die Namen Umberto I. und Vicenza und bezw. die Nummern 23 und 24 und werden in Lucca und Caserta garni⸗ soniren. Sie werden in der Weise gebildet, daß die Kavallerie⸗Regimenter Nr. 11 bis 22 je eine Schwadron ab⸗ geben. Die Neubildung der abgegebenen Schwadron erfolgt bei diesen Regimentern mittelst der Mannschaften der übrigen Schwadronen. Das erforderliche Mehr an Pferden wird durch das Ministerium besorgt werden, welchem die nöthigen Mittel durch das Parlament schon bewilligt worden sind. In Ersatz der gegenwärtigen berittenen und Bergartillerie⸗Brigade wird je ein Regiment berittener und Bergartillerie gebildet. Für das 13. und 14. Festungs⸗Artillerie⸗Regiment wird ein neues Brigade⸗Kommando gebildet. Jedes der 12 Feld⸗Artillerie⸗Regimenter erhält vier neue 9 Em.⸗ Batterien mit den Nummern 11 bis 14. Die Neuordnung der Genietruppen besteht in Folgendem: Im 1. und 2. Re⸗ giment werden drei neue Bataillons⸗Kommandos und vier Sappeur⸗Compagnien, im 3. Regiment ebenfalls drei neue Bataillons⸗Kommandos und drei Sappeur⸗Compagnien, sowie eine „Spezialisten“Compagnie, im 4. Regiment zwei neue Bataillons⸗Kommandos gebildet. Die vier Eisenbahn⸗Com⸗ pagnien gehen vom 3. zum 4., eine Train⸗Compagnie vom 4. zum 3. Regiment über.
— 27. September. (W. T. B.) Der „Osservatore romano“ bespricht die gestrigen Erklärungen der „Riforma“ bezüglich der zum demnächstigen Jubiläum des Papstes hier erwarteten Wallfahrer und drückt die Hoffnung italienische Regierung werde Augen und Ohren besser offen halten als es am vorigen Dienstag bei der Porta pia der Fall war.“ Was die klerikale Presse anlange, so könne die „Riforma“ ganz ruhig sein: es sei Sache des Königlichen Staatsanwalts, für die Beobachtung der Gesetze zu sorgen.
Dänemark. Kopenhagen, 26. September. (W. T. B.) Der König wird sich am Mittwoch nach Ringstedt begeben, um den dortigen Manövern beizuwohnen. Der König wird von dem König von Griechenland, dem Großfürsten⸗ Thronfolger von Rußland, dem 53535 von Griechen⸗ land, sowie dem Prinzen Albert Victor, Sohn des Prinzen von Wales, begleitet sein.
Asien. (W. T. B.) Ein Telegramm des Ffentess Bureaus“ aus Bombay, vom 26. September, meldet: Einer Depesche aus Kabul, vom 16. September, zufolge hat sich Abdullah Khan Birjandi, der Befehlshaber der Zamindwa⸗Armee, mit 2000 Mann nach Koijaimani be⸗ geben, um sich Eyub gzen anzuschließen. Der Emir sei krank und außer Stande, sich von S Landsitz Paghman nach Kabul zu begeben.
aus: „die
gefaßt: der Divisions⸗General Grandin, Inspecteur des
Blurtscheid und Dresden, welche wir damals zu zitiren in der Lage
Regierungsvorschlägen entgegengesetzten prinzipiellen Grundlagen dieser
1 Zeitungsstimmen.
Ueber die Verlängerung der Legislaturperioden des Deutschen Reichstages äußert sich die Wiener „Presse“ folgendermaßen:
.. .. In Wahrheit berührt eine Verlängerung der Legislatur⸗ Periode des Reichstages nicht die Volksrechte, sondern die Aspirationen der Parteien. Das Volksrecht der Mitwirkung an der Gesetzgebung ist in Funktion, so lange der Volksvertreter im Parlament seines Amtes waltet. Das Volksrecht als solches wird also in keiner Weise durch längere oder kürzere Wahlperioden tangirt. Betroffen werden aber jene Parteien, welche in der demagogischen Agitation ihre Kraft finden, und von der künstlichen Erregung, Be⸗ einflussung und modischen Richtung der öffentlichen Meinung ihre Er⸗ starkung und ihre Geltung erhoffen. Je länger die Wahlperiode, je größer ist der Ernst und das Bewußtsein der Verantwortung bei den Wählern. Je kürzer die Mandatsdauer, desto mehr werden Stim⸗ mungen des Augenblicks, naheliegende Gesetzgebungs⸗Kontrovesen für das Wahlresultat von Einfluß sein. Die lange Wahlperiode stärkt die Regierungsfähigkeit und mit ihr die Macht des Parlaments, die kurze Mandatsdauer hält die Parteiagitation und den demagogischen Apparat in steter Beschäftigung. Langlebige Parlamente gestatten den Abgeordneten, das Parteiprogramm, die augenblickliche Popularität den Staatsbedürfnissen unterzuordnen; sie ermöglichen eine Politik auf weite Sicht, welche die Schwierigkeiten des Augenblicks ohne Skrupel überwindet. Kurzathmige Parlamente bleiben in stetiger Abhängigkeit von den wandelnden Launen, den wechselnden Stimmungen der Wählerschaft. Unzufriedene haben stets Zeit zur Agitation; der schöpferische Geist kommt erst dann dazu, nach Beifall zu fragen, wenn er seine Arbeit gethan hat, und nicht der Tag mit seinem Wetter, sondern der Ausgang entscheidet über den Werth der politischen Arbeit. Wir haben in Oesterreich sechsjährige Legislaturperioden, das englische Parlament wird für sieben Jahre gewählt, die liberale Partei in Ungarn hat neuerlich erst für den Reichstag eine fünfjährige Mandats⸗ dauer bestimmt und politische Schriftsteller der verschiedensten Parteien haben unter verschiedenen Umständen sich so verschieden geäußert, daß jene Frage aus dem gebräuchlichen Partei⸗Credo eliminirt und keine Frage 8 politischen Bekenntnisses, sondern der Nützlichkeit zu sein erscheint.
Für Deutschland hat sich aus den Erfahrungen des Parlaments nicht nur die Nützlichkeit, sondern sogar die Nothwendigkeit einer Verlängerung der Legislatur⸗Periode ergeben. Den gewaltigen Auf⸗ gaben der deutschen Reichsgesetzgebung steht ein Föderativstaat gegen⸗ über, der neben dem staarlichen und formalen einen reichgegliederten und gerade in seinen Abgliederungen erstarkten materiellen und politischen Partei⸗Partikularismus aufweist. In Zeiten, da das Reich noch auf Jahrzehnte hinaus an den Grundlagen seines Bestandes zu bessern, zu sichern hat, streben die Parteien nur die Festigung ihrer eigenen Macht an und suchen diese Festigung auch gegen die Inter⸗ essen des Reichs durchzuführen. Nicht der Patriotismus, nicht der nationale Gedanke, sondern Parteiparolen und Stimmungen beherr⸗ schen seit Jahren die Diskussion und haben das unverläßliche, raison⸗ nirende, unfruchtbare Parlament in einen unerquicklichen Gegen⸗ sa zur rastlosen, zielbewußten, schaffenden Arbeit der Reichsregierung gebracht. Die Abgeordneten reden für ihre Wähler, ihre Parteien, sie stimmen für ihre Mandate, und — für das Reich mag der Reichs⸗ kanzler sorgen. Diesen Erscheinungen gegenüber kann nur eine Ver⸗ längerung der Legislaturperiode Abhülfe schaffen. Das auf fünf Jahre gesicherte Mandat giebt dem Abgeordneten die nöthige Unabhängigkeit gegen die Launen und Agitationen des Tages, sie ver⸗ pflichtet ihn dem Staat und befreit die Partei von der Macht der Demagogie. Man hat es in parlamentarischen Staaten häufig er⸗ fahren, daß Abgeordnete Minister wurden und in ihrer positiven Tbätigkeit manche Schrullen, Prinzipien und Doctrinen bei Seite ließen, die sie als Abgeordnete mit vielem Eifer plaidirt hatten. Der im Besitz seines Mandats konsolidirte Abgeordnete braucht den Raubbau der Phrase weniger, denn er kann säen, weil er auch noch die Ernte abwarten darf. Seine Politik ist nicht von der Hand in den Mund, und indem er die dauernde Geltung dem Effekt des Augenblicks vorzieht, reift seine Unabhängigkeit, seine That⸗ kraft und seine Einsicht. Das kommt allen Parteien zu Statten, nur nicht den Parteien der Phrase; Stilblüthen aber bringen keine Früchte und darum finden die Sophisten in Deutschland, daß diese Reform den — Volksrechten ans Leben gehe. Die Freiheit der Hetze ist ihnen eben das heiligste Volksrecht.
— Die „Deutsche volkswirthschaftliche Corre⸗ s 7. bringt „Weitere Beiträge zum sozialen Aus⸗ gleich“:
In den Berichten einer großen Anzahl von Handelskammern ist bekanntlich die Thätigkeit der Reichsregierung auf dem Gebiet der Sozialgesetzgebung in ebenso erfreulicher wie anerkennender Weise hervorgehoben, es ist dortselbst konstatirt worden, wie sich immer mehr und mehr die Beweise mehren, daß die Reichsregierung sich auf dem besten Wege zu dem von allen fuͤr das Gesammtwohl be⸗ sorgten Bürgern aufs innigste gewünschten Ziel befinde. Nicht nur darüber ist heute jeder Zweifel ausgeschlossen, daß, dem Wunsche der Allerhöchsten Botschaft vom 17. November 1881 gemäß, die von dem Deutschen Reich, allen Staaten voran, hier beschrittenen Wege sich als gangbar erwiesen haben, auch jene Behauptung kann nicht wohl bestritten werden, welche die „Deutsche volks⸗ wirthschaftliche Correspondenz“ vor einigen Monaten aufstellte, daß nämlich die materielle Lage der Arbeiter in Deutschland zu dem Gesammtreichthum des Reichs eine ungewöhnlich günstige sei und daß Dank den unermüdlichen Bestrebungen unserer Regierung die Arbeiter⸗ bevölkerung selbst allmählich die Segnungen der sozialpolitischen Gesetz⸗ gebung zu erfassen beginne. Die von Hrn. Eugen Richter begründete „Freisinnige Zeitung“ war und ist allerdings von diesen für die nörgelnde und negative Thätigkeit der Partei betrübenden Thatsachen nicht sehr erbaut gewesen; sie weigerte sich auf das entschiedenste, diesen Thatsachen ins Gesicht zu sehen, und das berühmt gewordene Gleichniß von der „zerrissenen Hose“, mit welchem sie sich damals aus der Affaire zu ziehen versuchte, lieferte den unumstößlichen Beweis, daß von Seiten dieser Herren dem Erkennen des Guten mit dem „detestata sequor“ geantwortet wird.
Den Handelskammerberichten von Frankfurt a. M., Aachen und
waren, wollen wir nunmehr denjenigen von Essen folgen lassen. In den Berichten der drei ersten Kammern wurde betont, daß mit dem Aufhören des früheren Haftpflichtgesetzes und resp. der Haftpflicht⸗ Fecsese ein Moment in Wegfall gekommen sei, welches den Frieden zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern häufig untergrub, daß jedoch nicht nur die Beseitigung der seinerzeit von der Fortschrittspartei den
esetzgebung, sondern auch die neu eingeführte Organisation 118 als vortrefflich bewähren, deren Grundzüge eben die vollste Anerkennung verdienen, wenngleich in der Ausgestaltung noch Verbesserungen am
Platze seien
Und wiederum ist es neuestens der Jahresbericht der Handels⸗ kammer in Essen, der von dem Eifer und der Sorgfalt zeugt, mit welchen dortselbst, .an den Ausbau der durch das Gesetz vor⸗ geschriebenen Institutionen gegangen wurde. Der weiteren Entwicke⸗ lung der sozialpolitischen Gesetzgebung hat die Handelskammer mit Rücksicht auf die große Industrie ihres Bezirks fortgesetzt die ein⸗ gehendste Aufmerksamkeit geschenkt. Mit besonderem Interesse ist daher die weitere der berufsgenossenschaftlichen Unfall⸗ versicherung verfolgt worden. Die organisatorischen Arbeiten der für den Bezirk Essen in Betracht kommenden Berufsgenossenschaften sind defwvischen auf das energischste verfolgt und nahezu vollendet worden. Die Aufstellung der die Beitragspflicht der einzelnen Werke ergebenden Gefahrentarife ist erfolgt und die Erfüllung der den Berufsgenossenschaften überwiesenen und in gewisser Hinsicht wichtigsten Aufgabe, die Zahl
der Unfälle zu vermindern, ist durch die inzwischen durch die gesetz⸗
verhütungsvorschriften sichergestellt. Mit nicht geringerer Aufmerk⸗ samkeit ist den Secttegenh. auf dem Gebiete der Arbeiterschutzgesetz⸗ gebung gefolgt worden. In Bezug auf die Frauen⸗ und Kinderarbeit ist nach der Ansicht der Kammer wohl oft übersehen worden, daß mit den hier geplanten Maßregeln vorzugsweise die Arbeiterfamilien selbst am Härtesten betroffen werden würden, indem ihnen die Möglich⸗ keit, ihren Verdienst entsprechend zu erhöhen, genommen werden würde. Vor übereilten Schritten in dieser Richtung wird eindring⸗ lichst gewarnt und die Ueberzeugung ausgesprochen, man müsse vor Beschließung eingreifendster gesetzlicher Maßregeln die hiervon zu⸗ nächst betroffenen Arbeiter selbst um ihre Ansicht befragen.
In Betreff der Arbeiterverhältnisse wird betont, daß es innerhalb des Bezirks der Handelskammer im Berichtsjahr an Arbeit nicht ge⸗ fehlt und in mancher Branche sogar Mangel an Arbeitern zu kon⸗ statiren gewesen wäre. Das Verhältniß zwischen Arbeitern und Arbeit⸗ gebern darf als ein im Ganzen gutes bezeichnet werden; die dortige Arbeiterbevölkerung hat sich von den Vorkommnissen in Belgien nicht beeinflussen lassen, vielmehr daran festgehalten, daß die Arbeiter in Deutschland in jeder Beziehung ungleich besser gestellt sind, als die⸗ jenigen Belgiens. Die am Schluß des Berichtsjahrs stattgefundene Reichstagswahl hat allerdings eine Trübung der Verhältnisse der Arbeiter unter sich und theilweise zu den Arbeitgebern herbeigeführt; allein dieselben waren von keinem nachhaltigen Einfluß und der Arbeiterbevölkerung des Bezirks wird im Allgemeinen bereitwilligst das Zeugniß gegeben, daß sie einsichtig sei, zu dem vollsten Vertrauen berechtige und daß sie in gerechter Würdigung der Verhältnisse auch in Zukunft sich von unerlaubten Agitationen fern halten werde.
— Der „Deutsche Landbote“ meint in Betreff der Besteuerung fremdländischer Werthpapiere:
Wäre im Vaterlande ein solcher Ueberfluß an Kapital vorhanden,
daß dasselbe ganz und gar keine wirthschaftliche Anwendung mehr finden könnte, wären keine Wege und Eisenbahnen mehr zu bauen, keine Wohnhäuser und Fabriken mehr zu errichten, keine Felder mehr zu entwässern, zu bewässern und zu melioriren u. s. w., kurz wäre Alles auf das möglichst Beste hergestellt, alsdann erst erscheint es vom nationalen Standpunkt überhaupt zulässig, Kapital ins Ausland zu senden. Von obiger wirthschaftlicher Vollkommenheit sind wir aber weit, noch außerordentlich weit entfernt, deshalb muß zur Zeit vom nationalen Standpunkt aus gefordert werden: Alles Belegen vater⸗ ländischen Kapitals im Auslande ist möglichst zu verhindern; denn das Kapital, diese Schöpfung der Arbeit, muß in erster Linie dem Vaterlande, der vaterländischen Arbeit und dem einheimischen Grund⸗ besitz zu gute kommen und nicht dem Auslande. 8 Jeder, der von Arbeit lebt, sei es, daß er den Pflug mit eigener Hand führt, oder die Oberleitung großer Wirthschaftskomplexe in der Hand hält, sollte als Arbeitender das lebhafteste Interesse haben, daß das Kapital im Vaterlande bleibt, um ihm durch niedrigen Zinsfuß verhältnißmäßig hohen Arbeitslohn zu gewähren.
Jeder Grundbesitzer, sei sein Besitzthum klein oder groß, sollte das lebhafteste Interesse haben, daß das Kapital nicht in fremde Länder wandert, sondern durch Belegen im Vaterlande den inländischen Zinsfuß herabmindert; denn beispielsweise ist ein Ackerstück, welches 4 Thaler Pacht bringt, etwa 100 Thaler werth bei einem üblichen Prozentsatz von 4 %, 200 Thaler bei einem von 2 %, 400 Thaler aber bei einem von 1 %.
„Jede Belegung vaterländischen Kapitals im Auslande benach⸗ theiligt sowohl Grundbesitzer wie Arbeiter und gereicht zum Vortheil nur den Zinsherren.
Nun kann unsere Gesetzgebung durch steigende Besteuerung aller ausländischen Werthpapiere dieselben aus Deutschland ziemlich ent⸗ fernen. Es ist daher sehr anerkennenswerth, daß unsere Regierung den Versuch einer Besteuerung fremdländischer, im Vater⸗ lande befindlichen Werthpapiere unternehmen will. ..
Centralblatt für das DeutscheReich. Nr. 38. — Inhalt: Konsulatwesen: Entlassung. — Ermächtigungen zur Vornahme von Civilstands⸗Akten. — Zoll⸗ und Steuerwesen: Bestellung eines Stations⸗Controleurs. — Finanzwesen: Nachweisung der Einnahmen des Reichs vom 1. April bis Ende August 1887. — Eisenbahnwesen: Ernennung eines richterlichen Mitglieds des Reichs⸗Eisenbahnamts. — Polizeiwesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet.
Amtsblatt des Reichs⸗Postamts. Nr. 54. — Inhalt: Verfügung vom 22. September 1887: Zulässigkeit von Postpacketen im Verkehr mit Niederländisch⸗Indien.
Justiz⸗Ministerial⸗Blatt. Nr. 34. — Inhalt: Erkennt⸗ niß des Reichsgerichts vom 11. Mai 1887.
Centralblatt der Bauverwaltu ng. Nr. 39. — Inhalt: Amtliches: Bekanntmachung vom 13. September 1887. — Personal⸗ Nachrichten. — Nichtamtliches: Zur Frage der Frostbeständigkeit der Bausteine. — Der Panamakanal. (Schluß.) — Wohnhaus Wallich in Berlin. — Wanderungen durch Ostdeutschland zur Erforschung volksthümlicher Bauweise. (Schluß.) — Vermischtes: Einweihung des neuen Justizgebäudes in Köln. — Krappitzer Oderbrücke. — Aus⸗ stellung von Beleuchtungsgegenständen und Naphtha⸗Erzeugnissen in St. Petersburg. — Verein der Wegebau⸗Ingenieure in St. Peters⸗ burg. — Bücherschau.
Statistische Nachrichten. Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Ges undheits⸗
amts sind in der Zeit vom 11. bis 17. September cr. von je 1000 Bewohnern, auf den Jahresdurchschnitt berechnet, als gestorben gemeldet: in Berlin 21,8, in Breslau 29,9, in Königsberg 31,3, in Köln 19,3, in Frankfurt a. M. 16,6, in Wiesbaden 10,9, in Hannover 15,4, in Kassel 5,5, in Magdeburg 22,2, in Stettin 24,0, in Altona 20,0, in Straßburg 23,6, in Metz 13,4, in München 26,9, in Nürnberg 29,5, in Augsburg 24,7, in Dresden 21,3, in Leipzig 20,0, in Stuttgart 17,4, in Karlsruhe 16,0, in Braunschweig 22,4, in Hamburg 25,3, in Wien 21,2, in Pest 30,5, in Prag 23,0, in Triest 31,0, in Krakau 31,4, in Amsterdam 19,1, in Brüssel 22,8, in Paris 20,7, in Basel —, in London 15,7, in Glasgvw 19,2, in Liverpool 18,3, in Dublin 34,3, in Edinburg 16,3, in Kopenhagen 21,2, in Stockholm 18,2, in Fhrsstienis 20,9, in St. Petersburg 20,1 in Warschau 34,2, in Odessa 28,1, in Rom 28,0, in Turin 19,9, in Venedig 20,1, in Alexandrig 45,3. Ferner in der Zeit vom 28. August bis 3. September: in New⸗York 25,5, in Philadelphia 21,9, in Baltimore 23,6, in Kalkutta 21,6, in Bombay 28,1, in Madras 43,4.
Die Sterblichkeit hat in der Berichtswoche in den meisten Groß⸗ städten Europas eine weitere Abnahme erfahren und werden nament⸗ lich aus einer größeren Zahl deutscher Städte kleine Sterblichkeits⸗ verhältnißzahlen gemeldet. Sehr günstig (noch nicht 15,0 pro Mille und Jahr berechnet) war die Sterblichkeit in Kassel (5,5), Wiesbaden, Barmen, Metz, aber auch in Frankfurt a. M., Hannover, Bremen, Köln, Elberfeld, Düsseldorf, Stuttgart, Karlsruhe, Leipzig, Mainz, Würzburg, London, Amsterdam, Glasgow, Liverpool, Edingburg, Stockholm, Turin u. a. überstieg die Sterblichkeit noch nicht 20,0 per Monat und Jahr, während andererseits von deutschen Städten Orte mit Sterblichkeitsziffern über 35,0 nicht zur Meldung kamen. — Insbesondere haben fast allgemein Todesfälle an Darm⸗ katarrhen und Brechdurchfällen abgenommen, nur aus wenigen Orten (Königsberg, Magdeburg, Aachen, Brüssel) werden etwas mehr als aus der Vorwoche gemeldet. Doch war in Berlin, Hamburg, Breslau, München, Dresden, Danzig, Nürnberg, Paris, London, Wien, Pest, Warschau, St. Petersburg u. a. die Zahl derselben noch immer eine größere als die normale. — Die Theilnahme des Säuglingsalters an der Sterblichkeit war fast allgemein eine verminderte; in Berlin starben von je 10 000 Lebenden 95, in München 128 Säuglinge 8 Jahr berechnet). — Akute Entzündungen der Athmungsorgane führten in wenig gegen die Vorwoche veränderter Zahl zum Tode. —
lichen Organe der Genossenschaften erfolgte Ausarbeitung von Unfall⸗
typhösen Fiebern mehr, an Masern, Diphtherie, Keuchhusten und Pocken weniger mitgetheilt. — So kamen Sterbefälle an Masern aus Berlin, Altona, Darmstadt, Kopenhagen, Wien seltener, aus Paris und London in größerer Zahl zur Anzeige; Erkrankungen zeigten sich dagegen in Breslau, Hamburg, Pest, Kopenhagen sowie in den Regierungsbezirken Erfurt und Königsberg häufig. — Das Scharlach⸗ fieber hat in Breslau, Frankfurt a. M., Prag, London, Warschau eine größere Zahl von Sterbefällen hervorgerufen, auch waren Erkrankungen in Breslau, Hamburg, Nürnberg, Wien, Edinburg, Kopenhagen nicht selten. — Die Sterblichkeit an Diphtherie und Croup war in Berlin, Breslau, Hamburg, Dresden, Nürnberg, Frankfurt a. M., Wien, Prag, Pest, Warschau, St. Petersburg, Christiania eine größere, in München, Leipzig, Altona, Paris eine kleinere als in der Vor⸗ woche; auch war die Zahl der gemeldeten Erkrankungen aus den Orten, aus welchen Mittheilungen vorliegen, eine etwas gesteigerte. — Typhöse Fieber wurden in Pest und Warschau etwas häufiger, in Hamburg, Paris, St. Petersburg etwas seltener, in London in gleicher Zahl, wie in der Vorwoche, Todesveranlassung. Erkrankungen an Unterleibstyphus kamen aus Hamburg, Peft, Kopenhagen in gesteigerter Zahl zur Anzeige. — An eck⸗ typhus wurde aus Wien, Krakau, Warschau je ein Todes⸗ fall, aus den Regierungsbezirken Aachen und Königsberg 1 bezw. 2, aus Edinburg 1, aus St. Petersburg 2 Erkrankungen mitgetheilt. — Aus Berlin kamen 2 weitere Erkrankungen an epidemischer Genickstarre zur Beobachtung. — Sterbefälle an Keuchhusten haben in Berlin und St. Petersburg abgenommen, während sie in London etwas häufiger zum Tode führten. — Rosenartige Ent⸗ zündungen des Zellgewebes der Haut wurden in London mehrfach Todesveranlassung, in Berlin kamen Erkrankungen in ge steigerter Zahl zum Vors ein. — Einzelne Todesfälle an Pocken wurden aus Dresden, Prag, Liverpool, mehrfache (2 bis 3) aus Pest und St. Petersburg, 6 aus Paris, 11 aus Triest, 18 aus Warschau be⸗ richtet. Aus dem Regierungsbezirk Königsberg sowie aus St. Petersburg, Wien und Pest kamen einzelne Pockenerkrankungen zur Anzeige. — Die Nachrichten über die Cholera in Italien lauten noch nicht viel günstiger. In Rom sollen bis zum 12. Sep⸗ tember 190 Cholerafälle aufgetreten sein. In Neapel und Umgegend zeigte sich die Epidemie noch in mäßigen Grenzen. In Caserta er⸗ krankten Mannschaften zweier Truppentheile, doch ist den letzten Nach⸗ richten zufolge die Gefahr der Weiterverbreitung beseitigt. Sehr heftig herrscht die Seuche in Messina; am 19. September sollen da⸗ selbst 190. Erkrankungen mit 72 Todesfällen vorgekommen sein. In Palermo nimmt die Epidemie ab, aus Sv Catania werden nur noch vereinzelte Fälle gemeldet. In Malta war bi Sep⸗ tember noch keine Abnahme der Epidemie ersichtlich.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Am Sonntag Abend ist der ordentliche Professor der medizinischen an der hiesigen Universität, Dr. Joseph Meyer, ver⸗ torben. Joseph Meyer wurde, wie die „Nat. Ztg.“ mittheilt, am 10. Juli 1818 zu Stralsund geboren und promovirte im Jahre 1845. Alsdann war er eine Reihe von Jahren Assistent des be⸗ rühmten Klinikers Schoenlein. Nachdem Schoenlein 1859 sein Amt niedergelegt hatte, fungirte er noch einige Jahre als Assistent von Frerichs' und wurde im Jahre 1862 dirigirender Arzt in der Charits. Nach Griesinger's Tode wurde er 1868 Direktor der Universitäts⸗ poliklinik. Diese Stellung hat er fast 20 Jahre, bis zu seinem Tode, öö 8
— Das ürgerrecht in den preußischen Provinzen Preußen u. s. w., Darstellung der Rechte und Pflichten, welche mit dessen Erwerb und Verlust verbunden sind, von P. Koslick, Bürgermeister (in Sonnenburg — Neumark), Berlin 1888 Putt⸗ kammer und Mühlbrecht (1,50 ℳ). — Die vielfachen Unklarheiten und Zweifel, welche über die Berechtigung der Gemeinden, Bürger⸗ rechtsgeld zu erheben, aufgetaucht sind, haben den Verfasser veranlaßt, die hierüber z. Z. noch geltenden gesetzlichen Bestimmungen unter Berücksichtigung der bisher ergangenen Ministerial⸗ und Ober⸗Ver⸗ waltungs⸗Gerichtsentscheidungen in einer leicht faßlichen Weise zum praktischen Gebrauch zusammenzustellen.é Hierbei erschien es geboten, gleichzeitig mit dieser Frage das Bürgerrecht selbst zu behandeln und die aus diesem Recht für jeden Bürger erwachsenen Berechtigungen und Verpflichtungen sowie das Verfahren aus Streitigkeiten vorgedachter Art zu erläutern, so daß das Ganze eine in sich abgeschlossene Materie darstellt. Der Abhandlung ist nicht nur die Städteverfassung für die sechs östlichen Provinzen, sondern auch die Bestimmungen der Städte⸗ Ordnungen für Westfalen und Rheinprovinz zu Grunde gelegt worden. Ein ausführliches Sachregister wird den praktischen Gebrauch dieses anspruchslosen Werkchens erhöhen, welches insbesondere den Verwal⸗ tungsbeamten, die mit der Entscheidung dieser Frage zu thun haben, sowie auch den Stadtverordneten wie für die sonstigen Beamten und diejenigen Bürger, welche sich für die Selbstverwaltung interessiren, oder sich durch die Heranziehung zur Zahlung des Bürgerrechtsgeldes beschwert fühlen, von Nutzen sein wird.
— Von dem „Supplementband“ zur 13. Auflage von Brockhaus“ Konversations⸗Lexikon sind vor Kurzem Heft 6—10 erschienen. Dieselben reichen von „Félibre“ bis „Saletta“, enthalten, wie die voraufgegangenen 5 Hefte, in einer Menge längerer und kürzerer Artikel interessante und nicht unwichtige Ergänzungen zu den Artikeln des Konversations⸗Lexikons und sind außerdem mit hübschen Abbildungen (Karte des osmanischen Reichs, Neueste Geschütze im Deutschen Reich und in Frankreich, Geologische Karte von Oesterreich⸗Ungarn, Ueber⸗ sichtskarte der Eisenbahnen in Oesterreich⸗Ungarn, Telegraph und Telephon) auf besonderen Tafeln ausgestattet.
— Von Dr. A. Petermann's Mittheilungen aus Justus Perthes' Geographischer Anstalt (herausgegeben von Prof. Dr. A. Supan; Gotha, Justus Perthes) liegt das 9. Heft 33. Bandes (1887) vor. Dasselbe bringt an der Spitze einen Ueberblick über den geologischen Bau des afrikanischen Kontinents, von Dr. G. Gürich, nebst Karte (geologische Skizze von Afrika und kleinere Nebenkarte des Atlasgebiets). Dann folgen Beiträge von Oscar Baumann, zur physischen Geographie von Fernando Poo, jener Insel, die dem afrikanischen Festlande am nächsten gelegen, das Anfangsglied einer Kette vulkanischer Inseln bildet, welche, vom Kamerungebiet absetzend, in fast gerader südsüdwestlich verlaufender Linie ins Guinea⸗Meer sich erstrecken. Fernando bo hat, dem Verfasser zufolge, in den Baien von Sta. sabel, San Carlos und Concepcion schöne, gesicherte Ankerplätze, und er ist der Meinung, daß das schöne Wasser aus den reichlich strömenden Bergflüssen der Insel den deutschen und englischen Schiffen, welche jetzt ihr Trinkwasser an der Congomündung einnehmen, leicht durch einen kleinen Dampfer nenn gemacht werden könnte. Die natürlichen und kulturellen Verhältnisse der Insel will Baumann in einer demnächst erscheinenden Monographie behandeln. Auch die merk⸗ würdigen Ureinwohner, die Bube, sollen darin geschildert werden. Dem Aufsatz ist eine Tabelle der von — vorge⸗ nommenen Höhenmessungen und eine petrographische Untersuchung der von dem Reisenden mitgebrachten Gesteine (verfaßt von Dr. Max Schuster, Privatdozent an der Universität Wien) angehängt. Eine beigegebene, von dem Reisenden selbst nach seinen Aufnahmen konstruirte und gezeichnete Karte zeigt die Insel im Maßstabe von 1:200 000, eine Nebenkarte den zehnfach größeren Plan von Santa Isabel. — Ferner enthält das Heft den Schluß des vorläufi⸗ gen Berichts über die Expedition Dr. G. Radde's nach Transkaspien und Nord⸗Chorassan im Jahre 1886. Der jetzt veröffentlichte dritte Abschnitt bringt den Bericht über die zoologische und bota⸗ nische Ausbeute, die Reiserouten und die allgemeinen phbpysico⸗
eographischen Beobachtungen, 88. von Dr. Radde und Dr. A. Walter. — Den übrigen Inhalt bilden der geographische Monats⸗ bericht, das Literaturverzeichniß und der Literaturbericht. Aus dem letzteren verdienen die Kritiken der Abhandlung von R. Spitaler (aus den Denkschriften der Wiener Akademie der Wissen⸗ schaften) über die Wärmevertheilung auf der Erdoberfläche, und einer
Von den Infektionskrankheiten wurden Sterbefälle an Scharlach und
Arbeit von J. Murray, über den jährlichen Regenniederschlag auf der Erdkugel (aus dem Scottish Geographical Magazine, 1887).