1887 / 235 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 07 Oct 1887 18:00:01 GMT) scan diff

V. Cirkular an die Kaiserlich deutschen Konsulate, betreffend die kostenfreie Vermittelung des Geldverkehrs der deutschen Seeleute im Auslande mit der Heimath, vom 15. Juni 1877.

VI. Verzeichnisse von Seebehörden innerhalb des Bundesgebiets. n. Die Inspektoren zur Beaufsichtigung des Seesteuermanns⸗ und Seeschiffer⸗Prüfungswesens und die Kommissionen für die Prüfung der Seesteuerleute und Seeschiffer. b. Die Inspektoren zur Be⸗ aufsichtigung des Maschinisten⸗P Peesens und die Kommissionen für die Prücfung der Maschinisten auf Seedampfschiffen. c. Verzeichniß der zur Ausfertigung der Befähigungs⸗Zeugnisse für Seeschiffer, See⸗ steuerleute und Seedampfschiffs⸗Mas hiniten zuständigen Landesbehörden. d. Verzeichniß des auf Grund des §. 4 der Verordnung vom 26. De⸗ zember 1875 (Reichs⸗Gesetzblatt Seite 385) bestellten Personals der Deutschen Seewarte. e. Die Schiffsregister⸗Behörden. f. Die Inspektoren zur Beaufsichtigung des Schiffsvermessungswesens und die Schiffsvermessungs⸗ und Schiffsvermessungs⸗Revisions⸗Behörden. g. Die Seemannsämter und die denselben vorgesetzten Landesbehörden. h. 82 Strandbehörden. i. Behörden für die Untersuchung von See⸗ unfällen.

VII. Verzeichniß der deutschen Konsulate, nach der alphabetischen Reihenfolge der Staaten und innerhalb jedes Staats nach der alpha⸗ betischen Reihenfolge der Amtssitze geordnet, nebst alphabetischem Register der Amtssitze. A. Verzeichniß der deutschen Konsulate (ab⸗ geschlossen im August 1887). B. Alphabetisches Register der Orte, an denen die Konsularbehörden ihren Sitz haben.

VIII. Verzeichniß der von Seiten des Deutschen Reichs an⸗ erkannten Konsular⸗Beamten fremder Staaten in Deutschland (abgeschlossen im August 1887). 6

IX. Alphabetisches Verzeichniß der deutschen Kauffahrteischiffe nach dem Bestande am 1. Januar 1887. 1

X. Alphabetisches Verzeichniß der deutschen Kauffahrtei⸗Dampf⸗ schiffe nach dem Bestande am 1. Januar 1887.

XI. Verzeichniß von deutschen Kauffahrteischiffen, welchen auf Grund des §. 16 des Gesetzes, betreffend die Nationalität der Kauf⸗ fahrteischiffe und ihre Befugniß zur Führung der Bundesflagge, vom 25. Oktober 1867 (Bundes⸗Gesetzblatt Seite 35), von den Kaiserlich deutschen Konsular⸗Behörden Flaggen⸗Atteste ertheilt worden sind.

XII. Alphabetische Liste der deutschen Heimathshäfen mit Bezeich⸗ nung der Schiffsregister⸗Behörden, in deren Bezirk die Häfen liegen.

III. Statistische Uebersichten. a. Bestand der deutschen Kauf⸗ fahrteischiffe. b. Uebersicht der Seereisen deutscher Schiffe zwischen außerdeutschen Häfen in den Jahren 1875, 1880 und 1885. c. See⸗ verkehr in den deutschen Hafenplätzen für die Jahre 1875, 1880 und 1885. d. Nachweis über die in den Jahren 1883, 1884 und 1885 verunglückten deutschen Seeschiffe. e. Uebersicht der Schiffsunfälle an der deutschen Küste während der Jahre 1884, 1885 und 1886.

XIV. Nachträge. ““

Das unter IX. aufgeführte Verzeichniß giebt für jedes einzelne Schiff an: 3 X““

1) Das Unterscheidungssignal.

2) Den Namen. 9

3) Den 1e

4) Die Gattung (Bauart), insbesondere: a. bei Dampfschiffen, ob Räder⸗ oder Schraubendampfschiff; b. bei Segelschiffen, die durch die Takelage und die Form des Schiffskörpers bestimmte Gattung nach der landesüblichen Benennung.

5) Den Bruttoraumgehalt in Kubikmetern, den Nettoraumgehalt in Kubikmetern und in britischen Register⸗Tons auf Grund der Ver⸗ messung nach der Schiffsvermessungs⸗Ordnung vom 5. Juli 1872 (Reichs⸗Gesetzblatt Seite 270); insoweit eine solche Vermessung noch nicht stattgefunden hat, ist dies erkennbar gemac’ht.

6) Die Maschinenkraft der Dampfschiffe ausschließlich in indizirten Pferdestärken.

7) Das Jahr der Erbauung, d. h. das Jahr, in welchem das Schiff zuerst vom Stapel gelaufen ist; erforderlichen Falles auch das Jahr eines etwa vorgenommenen neuen Aufbaues. 8

8) Das Hauptmaterial, aus welchem das Schiff erbaut ist; ob: a. von Eisen, b. von Holz, und zwar: aa. von hartem (z. B. Eichen⸗, Teak⸗) Holz, bb. von weichem (z. B. Föhren⸗) Holz.

9) Die Verbolzung; ob das Schiff verbolzt ist mit: a. Bolzen von Kupfer oder von irgend einer Kupferlegirung (Muntzmetall, Metall in engerem Sinne), b. Bolzen aus verzinktem (galvanisirtem) Eisen, c. Bolzen aus unverzinktem Eisen.

10) Den Beschlag, ob der äußere Schiffsboden beschlagen ist mit: a. Platten von Kupfer oder von irgend einer Kupferlegirung Eerues ensal⸗ Metall in engerem Eünn, b. Zinkplatten.

11) Die Zahl der Schiffs⸗ (Box⸗) Chronometer, welche das Schiff führt.

12) Den Namen und Wohnort des Rheders. Bei getheiltem Eigenthum den Namen und Wohnort des Korrespondent⸗Rheders.

13) Den Namen und Wohrnort des Schiffers (Schiffsführers,

Kapitäns). 3 ) Zahl der regelmäßigen Besatzung, einschließlich des Schiffers (Schiffsführers, Kapitäns), sowie des ärztlichen, Maschinen⸗, Verwaltungs⸗ und Dienstpersonals. Das Verzeichniß ist nach den Namen der Schiffe alphabetisch eordnet. Schiffe gleichen Namens sind nach der alphabetischen Reihenfol e ihrer Heimathshäfen aufgeführt. Kennt man daher den Namen, beziehungsweise den Namen und den Heimathshafen eines Schiffes, so wird man das Unterscheidungs⸗Signal, die Ladungs⸗ fähigkeit, den Namen und Wohnort des Rheders und Schiffers sowie die sonstigen Angaben über das Schiff dem Verzeichniß leicht ent⸗ nehmen können.

Die bezeichnete alphabetische Anordnung. sowie die größere Zahl und Reichhaltigkeit der Angaben über jedes einzelne Schiff unterschei⸗ den das Verzeichniß von der als Anhang zum internationalen Signal⸗ buch herausgegebenen Schiffsliste. Die letztere weist die Schiffe nach der systematischen Reihenfolge ihrer Unterscheidungssignale nach und beschränkt sich, unter Beibehaltung des Schemas der britischen be⸗ ziehungsweise französischen Signalbuch⸗Schiffsliste, auf die Angabe des Unterscheidungssignals, des Namens, des Heimathhafens, der Ladungs⸗ fähigkeit und der Maschinenkraft des einzelnen Schiffs. Während die Signalbuch⸗Schiffsliste daher vorzugsweise den Signalisirungszwecken dient, ist das alphabetische Verzeichniß wesentlich zum allgemeinen Gebrauch für Behörden, Kaufleute, Schiffer u. s. w. bestimmt.

Ueber die deutschen Kauffahrtei⸗Dam siciff⸗ enthält das unter X aufgeführte besondere Verzeichniß derselben im An⸗ schluß an die Aufzeichnungen unter IX noch Folgendes:

a. Die nach §. 22 der Schiffsvermessungs⸗Ordnung vom 5. Juli 1872 behufs Feststellung der Identität der Schiffe ermittelten Haupt⸗ e, Länge, Breite, Tiefe, sowie Länge des Maschinenraumes

erselben.

b. Den nach der beeö festgestellten Brutto⸗ Raumgehalt der Schiffe in britischen Register⸗Tons, sowie den Unter⸗ schied zwischen dem Brutto⸗ und dem Netto⸗Raumgehalt der Schiffe in Prozenten ihres Brutto⸗Raumgehalts.

c. Die Zahl und Bauart der Fortbewegungsmaschinen der Schiffe, sowie die Zahl und Bauart der zu ersteren Fen Dampfkessel.

Die in diesem Verzeichniß enthaltenen Dampfschiffe, welche er-Ee., Sver n erhalten haben, sind am Schluß des Verzeich⸗ nisses noch besonders nachgewiesen unter Angabe des nach den Vor⸗ schriften, betreffend die Vermessung der Schiffe für die Fahrt durch den Suezkanal, vom 15. April 1879, ermittelten Brutto⸗ und Netto⸗ Raumgehalts, sowie des Unterschiedes zwischen dem Brutto⸗ und dem Netto⸗Raumgehalt in Prozenten des Brutto⸗Raumgehalts.

Die Körperverletzung, welche ein Fabrikleiter dem ihm untergebenen, beim Fabrikbetriebe beschäftigten Arbeiter vorsätzlich, wenn auch durch Differenzen über die Art des Betriebes veranlaßt, zufügt, ist nach einem Urtheil des Reichsgerichts, VI. Civilsenats, vom 11. Juli d. J., nicht als ein Betriebsunfall im Sinne des Reichs⸗Haft⸗

flichtgesetzes zu erachten, und der Schadensersatz⸗Anspruch aus falch in Verletzungen unterliegt somit nicht der zwei⸗

jährigen Verjährung der §§. 8, 9 dieses Gesetzes, viel⸗ mehr findet im Geltungsbereich des Preuß. Allg. Land⸗ rechts §. 54, Th. I, Tit. 6 A. L. R. darauf Anwendung, nach welchem das Klagerecht des Verletzten erst drei Jahre, nachdem das Dasein und die Ursache des Schadens zu seiner Wissenschaft gelangt sind, verjährt. „Das Lefteflicht gesetz bezieht sich nach seiner Ueberschrift und nach seinem ganzen Inhalt durchweg nur auf solche Tödtungen und Körper⸗ welche bei dem Betriebe einer in den §§. 1 und 2 bezeichneten Anlage herbeigeführt sind. Als „bei dem Betriebe“ erbeigeführt aber können sowohl in den Fällen des .1 wie in den Fällen des §. 2 nicht alle während oder bei Gelegenheit des Betriebes eingetretenen, son⸗ dern nur diejenigen Unfälle angesehen werden, welche mit dem Betriebe jener vom Gesetzgeber für besonders gefahr⸗ bringend erachteten Anlagen in einem inneren ursächlichen Zusammenhange stehen oder doch stehen können. . . . Im vorliegenden Falle stellt sich nun die Körperverletzung, welche der Kläger erlitten hat, nach dessen Vortrag und nach den Feststellungen der Vorinstanz lediglich als Folge eines vor⸗ sätzlichen Stoßes des Beklagten dar, und hat somit der ein⸗ etretene Unfall seinen Grund nicht in der besonderen Be⸗ schaffenheit des Fabrikbetriebes oder in dem Fabrikbetriebe überhaupt, sondern in einer willkürlichen Handlung des Beklagten. Mag auch als festgestellt anzusehen sein, daß Letzterer den ihm untergeordneten Kläger deshalb gestoßen hat, um denselben im Interesse einer von ihm selbst geleiteten Arbeit vom Dampfhammer zu so kann doch auf Grund dieser Feststellung in dem 5 porikbetriebe nur die äußere Veranlassung zu der vom Be⸗ lagten verübten Körperverletzung erblickt, nicht aber ein innerer ursächlicher Zusammenhang zwischen der Verletzung und dem Fabrikbetriebe als vorhanden oder als möglich angenommen werden, da die Körperverletzungen, welche die Vorgesetzten den ihnen untergebenen Arbeitern, oder die Arbeiter sich gegenseitig vorsätzlich, wenn auch durch Differenzen über die Art des Be⸗ triebes veranlaßt, zufügen, niemals auf den Fabrikbetrieb, und zwar weder auf die technischen, noch auf die mechanischen Be⸗ triebsfunktionen, als Ursache zurückzuführen sind.“

Se. Hoheit der Erbprinz von Sachsen⸗ ve hat einen Urlaub bis Anfangs November d. J. nach Süddeutschland angetreten.

S. M. Kanonenboot „Iltis“, Kommandant Kapitän⸗ Lieutenant von Eickstedt, ist am 5. Oktober cr. in Swatow eingetroffen.

Bayern. München, 6. Oktober. (W. T. 82 Der Finanzausschuß genehmigte heute einstimmig die Weiter⸗ erhebung des erhöhten Malzaufschlags auf 2 Jahre.

Sachsen. Dresden, 6. Oktober. Der König hat, dem „Dr. J.“ zufolge, bestimmt, daß die Stände zu einem in Gemäßheit von §. 115 der Verfassungsurkunde abzuhal⸗ tenden or dentlichen Landtage auf den 9. Novemberd. J. einberufen werden sollen.

Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Gotha, 5. Oktober. (Goth. tg.) Die Vorstände der Ministerien des Innern ämmtlicher thüringischen Staaten traten gestern in riedrichroda a. um über die Errichtung⸗ gemeinschaftlicher Arbeiterkolonien, über Heran⸗ ziehung der Eisenbahnen zu den Gemeindesteuern und einige andere Fragen zu verhandeln. Es wurde über sämmtliche zur Berathung gestellten Angelegenheiten volle Uebereinstimmung erzielt.

Anhalt. Ballenstedt, 4. Oktober. Der Erbprinz ist heute hier eingetroffen.

Schwarzburg⸗Sondershausen. Sondershausen, 5. Oktober. (Lpz. Ztg.) Der regierende Fürst und die Fürstin werden in diesen Tagen aus Ballenstedt zurück⸗ ehren. Der Landtag wird im Anfang des nächsten Monats einberufen werden.

Hamburg, 6. Oktober. Zu der spanischen Verord⸗ nung gegen das Hamburgische Spritgeschäft theilt der „Hamb. Corr.“ mit, daß die Handels kammer eine dringende Eingabe an die Deputation für Handel und Schiffahrt ge⸗ richtet hat, in welcher unter Darlegung der schweren, nicht allein dem hiesigen Spritgeschäft, in Verbindung mit ihm dem ganzen Hamburgischen und deutschen Handel nach Spanien drohenden Schädigung gebeten wird: es möge mit thunlichster Eeschk ne ttng. die Reichsregierung ersüucht werden, der spanischen egierung gegenüber die Deutschland aus dem bestehenden Meistbegünstigungsvertrage zustehenden Rechte 8 geltend zu machen, daß entweder dem aus Deutschland kommenden und hier hergestellten bezw. rektifizirten Sprit keine weiteren Beschränkungen auferlegt werden als dem aus anderen Ländern kommenden gleichartigen Produkt, oder daß dieselben dem deutschen bezw. Hamburgischen Sprit auferlegten Beschränkungen in gleicher Weise gegen die Einfuhren von anderen Ländern und namentlich Schweden zur Anwendung gebracht werden.

Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 6. Oktober. T. B.) Der Statthalter, Fürst Hohenlohe gegen Abend hier wieder eingetroffen.

(Anh. St.⸗A.)

(W.

8

Oesterreich⸗Ungarn. Pest, 4. Oktober. Die erste Arbeit der neuen ungarischen Legislative wird die Lerchandfeng über die Adresse zur Beantwortung der Thronrede sein. Es sei vorauszusehen, schreibt man der „Pol. Corr.“ mit Bezug darauf, daß die Parteien, wie jedesmal bei gleichem Anlaß, mit vollem Aufgebot ihrer Kräfte ins Feld rücken und daß ein heftiger Kampf sic entwickeln werde. Es könne aber auch als gewiß gelten, da der Kampf nicht von langer Dauer 8 und daß er der Stellung der Regierung keine Nachtheile bringen werde. Ferner wird der „Pol. Corr.“ von hier geschrieben: In den nächsten Tagen werden die Vertreter der beider⸗ seitigen Regierungen zu neuerlichen Berathungen über die Fortsetzung der Verhandlungen mit dem österreichisch⸗ungarischen Lloyd zusammentreten, um die gegenüber der neuen Eingabe der Lloydgesellschaft zu be⸗ vha ieube Haltung festzustellen. Wie verlautet, sind die Forde⸗ rungen des Lloy Regierungen noch so weit entfernt, daß eine Einigung lwi den beiden Parteien, falls der Lloyd sich nicht zu wesentlichen Zugeständnissen entschließt, kaum zu erwarten steht. Nur unter der Voraussetzung, daß derartige Konzessionen Seitens des Lloyd

von dem Standpunkt der decszschen en

ist heute

eingeräumt werden, darf man auf einen Erfolg der Unter⸗

hanölungen hoffen, welche auf Grund der demnächst bevor⸗ tehenden Berathungen der beiderseitigen Regierungsvertreter mit dem Lloyd aufgenommen werden sollen, andernfalls nicht.

Großbritannien und Irland. London, 5. Oktober. (A. C.) Die „London Gazette“ veröffentlicht die Namen der britischen Kommissare für die bevorstehende inter⸗ nationale Weltausstellung in Melbourne. Es befinden sich unter Fen die Lords Rosebery, Hartington, Carnarvon und Granville.

Der irische Ober⸗Sekretär, Balfour, scheint sich des Erfolges seiner Politik sicher zu halten. In Erwiderun auf das Vertrauensvotum einer kürzlich in Bristol abgeha tenen Versammlung schrieb derselbe: „Ich zweifle nicht, daß die englischen Arbeiter, je mehr sie die Zustände in Brlaa kennen lernen, desto mehr mit der Politik der Regierung über⸗ einstimmen werden, welche es für nöthig 8 das irische Volk von der Tyrannei der Nationalliga zu befreien.“

Die Königin wird auf der Rückreise von Balmoral in Edinburg verweilen, um das Denkmal des ver⸗ storbenen Herzogs von Buccleuch, welches demselben auf dem Parlaments⸗Square dort gesetzt worden ist, zu enthüllen. Ihre Majestät wird im Holyrood⸗Palast daselbst übernachten.

Dublin, 6. Oktober. (W. T. B.) Vor dem Polizei⸗ Sere fand heute die gerichtliche Verhandlung gegen

en Lord-Mayor Sullivan und den Deputirten O'Brien wegen der von ihnen in den Zeitungen „Nation“ und „United Ireland“ erfolgten Veröffentlichungen statt. Der Lord⸗Mayor wurde auf dem Wege nach dem Gerichtssaal, dem gestern vom Gemeinderath gefaßten Beschluß gemäß, von den Aldermen und den städtischen Schwert⸗ und Szepterträgern in Amtstracht begleitet. Der Eintritt der Letzteren in den Gerichtssaal wurde jedoch, nach längerem Widerstande derselben, von der Polizei verhindert und dieselben gezwungen, sich nach der Galerie zu begeben. O'Brien war nicht erschienen. In dem Prozeß gegen den Lord⸗Mayor Sullivan erkannte das Polizeigericht auf Grund eines von dem Vertheidiger des Angeklagten vor⸗ gebrachten technischen Einwandes auf Einstellung der Ver⸗ handlung, wogegen der Staatsprokurator Appellation anmeldete. Der Lord⸗Mayor wurde, als er das Gerichts⸗ verließ, von der versammelten Menge mit stürmischen

eifallszurufen begrüßt.

Frankreich. Paris, 6. Oktober. (W. T. B.) Das Marine⸗Ministerium veröffentlicht eine Depesche, nach welcher ein französisches Kanonenboot in Timbuctu angekommen ist: es sei das erste Mal, daß ein französisches Fahrzeug Timbuctu erreiche.

Das „Journal des Débats“ meldet: das Ministe⸗ rium habe dem Präsidenten Grévy ein Dekret unterbreitet, nach welchem der Sous⸗Chef im Generalstabe des Kriegs⸗Ministeriums, General Caffarel, unter Enthebung von Posten in Nichtaktivität versetzt werde. Das Blatt fügt hinzu: Gewisse Indiskretionen, welche die öffentliche Meinung neuerlich beunruhigt hätten, seien dieser Maßregel nicht fremd.

Der Kriegs⸗Minister Ferron wird sich gutem Ver⸗ nehmen nach demnächst zu einer Besichtigung nach der Ostgrenze begeben.

(Köln. Ztg.) Gestern wurde das Manifest des Grafen von Paris durch Maueranschlag in Paris verbreitet; die Polizei riß jedoch die Maueranschläge sofort herab und nahm mehrere Anhefter fest.

7. Oktober. (W. T. B.) Bei einem in Digne stattgehabten Bankett hielt der Minister Spuller eine Rede, in welcher er hervorhob: die Führung der Re⸗

ierung durch den Präsidenten Grévy könne als eine

ürgschaft für die Sicherheit Frankreichs und für die Podah des Friedens gelten. Der Redner forderte die Anwesenden auf, sich einer Politik anzuschließen, welche bezwecke, in der Republik eine Aussöhnung aller Republikaner, über⸗ haupt aller Franzosen herbeizuführen.

Der Botschafter Herbette wird am nächsten Montag nach Berlin zurückreisen.

Die Journale „Soleil“ und „La Paix“ besprechen die marokkanische Frage und heben hervor: keine Partei in Frankreich denke daran, Marokko für Frankreich in Anspruch zu nehmen. Die „République francçaise“ meint: Andere mögen vielleicht daran denken; alsdann werde Frank⸗ reich gezwungen sein, ein Wort mitzusprechen.

Italien. Rom, 3. Oktober. (Pol. Corr.) Das Spezial⸗ corps für Afrika ist nahezu vollständig organisirt und kann zur festgesetzten Zeit an den Ort seiner Bestimmung ab⸗

ehen. Außerdem werden noch andere Truppen in Bereit⸗

schaft 1 um im Bedarfsfalle nach Afrika abgehen zu können, so daß Anfangs November eine ansehnliche Truppen⸗ macht in und um Massauah zusammengezogen sein kann. Die gegenwärtig die dortige Besatzung bildenden Truppen, in der Höhe von 5000 Mann, werden vorläufig nicht zurück⸗ berufen werden, sondern im Verein mit dem ebenso starken Spezialcorps für Afrika und den etwa noch nachzusendenden Verstärkungen ein Expeditionscorps bilden, welches im Bedarfs⸗ falle leicht auf 20 000 Mann und darüber gebracht werden kann. Den Oberbefehl über dieses Corps wird der General⸗ Lieutenant di San Marzano übernehmen, welchem 4 andere Generale oder Oberst⸗Brigadiere unterstellt werden sollen. Der bisherige Ober⸗Kommandant des Expeditions⸗ corps in Afrika, General Saletta, wird den festen Platz Massauah befehligen, welcher als Centrum für die weiteren Operationen betrachtet werden wird.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 7. Oktober. (W. T. B.) Anläßlich der Generalrevision des Zolltarifs durch die hierzu eingesetzte Ministerkommission wird der Finanz⸗Minister Wyschnegradsky zu diesem Behuf durch den „Verein zur Förderung der russischen Industrie und des Handels“ und dessen provinziale Sektionen eine Enquete veranstalten lassen. Zu dieser sollen auch Börsen⸗Comités und gelehrte Gesellschaften herangezogen werden.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 5. Oktober. Der neuernannte Kriegs⸗Minister, General⸗Major Frei⸗ herr von Peyron, wird erst am 31. Oktober sein Amt über⸗ nehmen. General⸗Major Ryding, der frühere Kriegs⸗ Minister, ist als General⸗Befehlshaber des dritten Militär⸗ distrikts nach Sköfde abgereist.

Einer Bekanntmachung des Stockholmer Ober⸗Statthalter⸗ amts zufolge sind von mehreren Personen gegen die Gültigkeit der hiesigen Wahlen zur Zweiten Kammer Proteste erhoben worden. h“ 8

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11““ Kopenhagen, 6. Oktober. In der F. brachte der Marine⸗ Minister die angekündigten Gesetzentwürfe, betreffend eine Verstärkung der Seewehr und wegen einer außer⸗ ordentlichen Bewilligung zur Entwickelung der Flotte, ein. Bezüglich des ersteren Gesetzentwurfs wies der Minister darauf hin, daß die n des Flottenmaterials etwas größere Cadres erfordere, namentlich mit Rücksicht auf die Bedienung der Torpedoboote. A. die Verstärkung der Flotte werden im Ganzen 8 800 Kronen verlangt, die im Laufe von sieben Finanzjahren verwendet werden sollen.

ür das nächste Jahr sind 1 000 000 Kronen bestimmt: zum Fün eines Torpedobootes erster Klasse und eines Minen⸗ fahrzeuges, zum Weiterbau des ersten Kreuzers dritter Klasse und zum Beginn eines zweiten Kreuzers dieser Klasse. Alle diese Schiffsbauten sollen im Inlande ausgeführt werden. Der Minister setzt voraus, daß neben diesen außerordentlichen Auf⸗ wendungen noch jährlich 1 700 000 Kr. für den Bau von neuen Kriegsschiffen in das Finanzgesetz aufge⸗ nommen werden, sodaß die dem Marine⸗Ministerium wäh⸗ rend der nächsten siebenjährigen Verwaltungsperiode zur Verfügung stehenden Mittel 20 700 000 Kronen betragen würden. Die Vollmacht, alle nicht verwendeten Gelder ohne Weiteres auf das folgende Finanzjahr übertragen zu können, wird vom Minister ausdrücklich verlangt.

Amerika. Washington, 4. Oktober. (R. B.) Zu Ehren des Präsidenten Cleveland wurden heute in St. Louis weitere Festlichkeiten veranstaltet. Der Präsident wird heute nach Chicago abreisen.

Chicago, 5. Oktober. (R. B.) Der Präsident Cleveland traf mit seiner Gemahlin heute hier ein und wurde von einer großen Menschenmenge am Bahnhos empfangen. Auf allen Stationen von St. Louis bis Chicago hatten sich zahlreiche Menschenmassen eingefunden, und die junge Frau des Präsidenten erhielt viele Blumensträuße. Der Präsident wohnte heute mit seiner Gattin einer Truppen⸗ schau bei, wonach er einen Empfang abhielt. Die ganze Stadt ist beflaggt und bekränzt.

Süd⸗Amerika. Peru. Lima, 7. Oktober. (W. T. B.) Der Präsident Caceres hat nach fruchtlosen Bemühungen, ein Kabinet zu bilden, die Direktoren der einzelnen Ver⸗ waltungs⸗Departements zu interimistischen Ministern ernannt.

nemark.

Zeitungsstimmen.

Ueber die Zusammenkunft in Friedrichsruh veröffentlicht die 11“ Allgemeine Zeitung“ den folgenden Artikel:

Gleiche Geschicke verbinden die Nationen nicht minder wie die einzelnen Individuen. Noch ehe Deutschland und Italien sich ihrer Interessengemeinschaft bewußt waren, hat die Freundschaft der Herrscher, unter deren ruhmreicher Regierung die heißersehnte Ein⸗ heit erreicht wurde, einen lebhaften Widerhall gefunden in den Herzen der Völker. Dieses Gefühl fand seinen edelsten Ausdruck in der Thronrede, mit welcher der erste König Italiens am 15. November 1873 auf das Verhältniß zum ersten Deutschen Kaiser und zum Reich hinwies: „Deutschland und Italien“, so sprach Viktor Emanuel, „haben sich beide im Namen der nationalen Idee konstituirt. Sie haben es beide verstanden, ihre liberalen Institutionen auf der Grund⸗ lage einer Monarchie aufzubauen, welche Jahrhunderte lang Freud und Leid mit der Nation getragen hat. Das gegenseitige Verhältniß der beiden Regierungen und die Gesinnungen der beiden Völker sind eine Garantie für die Aufrechterhaltung des Friedens.“

Seit dieser Kundgebung haben sich die Bande zwischen den beiden Staaten immer enger geknüpft. Beide haben gewetteifert, sich durch die Pflege der idealen Güter und der materiellen Wohlfahrt im Innern diejenige Stärke zu erringen, welche erforderlich ist, um nach Außen Achtung zu gebieten und jeden Angriff auf das schwer erworbene Einheitswerk abzuwehren. Beide Staaten fühlten sich in diesem Streben einig, noch ehe sie demselben Ausdruck gaben, und kein Miß⸗ ton hat dieses auf gleichen Grundlagen beruhende und nach gleichen Zielen strebende Verhältniß getrübt.

Von diesen Gesichtspunkten geprüft, zeigt sich die Zusammen⸗ kunft des italienischen Minister⸗Präsidenten und des deutschen Reichs⸗ kanzlers als ein neuer Beweis der alterprobten, unter den Herrschern und den Völkern bestehenden Freundschaft und ihrer friedlichen Be⸗ strebungen.

Der Besuch des Herrn Crispi in Friedrichsruh hat die volle Uebereinstimmung der beiden Staatsmänner in ihrer Entschlossen⸗ heit ergeben, im Verein mit Oesterreich⸗Ungarn den Frieden zu erhalten, einen europäischen Krieg nach Möglichkeit zu verhindern und im Fall der Nothwendigkeit gemeinsam abzuwehren. Diese Aufgabe ist keiner schwebenden Detailfrage untergeordnet; sie ist auch nicht der Ausfluß vorübergehender persönlicher Stimmungen, sondern das Ergebniß der Gesammtinteressen beider Völker, welche gewillt sind, nach Wiederherstellung ihrer nationalen Einheit sich der Pflege der damit errungenen Güter zu widmen. Der friedliehende Bürger, welcher jedes neue zur Bekräftigung des europäischen Friedens dienende Pfand mit Freuden begrüßt, wird deshalb mit Genugthuung ebenso wie auf den Besuch des Grafen Kälnoky in Friedrichsruh auf den des Minister⸗Präsidenten Crispi hinblicken. In diesem Sinne hat sich die öffentliche Meinung Europas durch die überwiegende Mehrzahl der Zeitungen ausge⸗ sprochen. Diejenigen ausländischen Stimmen, welche ihr Mißfallen über diesen Besuch zu erkennen geben, zeigen dadurch, daß sie nicht der großen Mehrheit der europäischen Bevölkerung angehören, welche den Frieden will, sondern der kleinen Anzahl derer, welche die Kalamität großer Kriege über Europa herbeizuführen suchen. 8

Die „National⸗Zeitung“ bemerkt hierzu: 8

Der Schwerpunkt dieser Mittheilung liegt offenbar in der Kon⸗ statirung der vollen Uebereinstimmung der beiden Staatsmänner sowie Oesterreich⸗Ungarns nicht nur den Krieg nach Möglichkeit zu verhin⸗ dern, sondern ihn auch im Falle der Nothwendigkeit gemeinsam abzuwehren. Die Entschlossenheit zu dieser gemeinsamen Abwehr ist nicht auf schwebende Detailfragen beschränkt, sie wird als von vorüber⸗ gehenden persönlichen Stimmungen unabhängig bezeichnet, vielmehr als das Ergebniß der Gesammtinteressen der betheiligten Völker erklärt. Damit ist der dauernde Charakter dieses Verhältnisses genügend bezeichnet.

ie Machtmittel, über welche der europäische Friedensbund verfügt, sind so außerordentlicher Natur, daß sie „der kleinen Zahl derer, welche die Kalamität großer Kriege über Europa herbeizuführen suchen“ einen heilsamen Respekt einzuflößen wohl geeignet sind. Denn der vereinten Macht der Rücken an Rücken stehenden Reiche Italien Oesterreich⸗Ungarn, Deutschland ist kein einzelner Staat und auch eine Staatenkoalition gewachsen. Die Schranke, die den frivolen Kriegsgelüsten so gezogen ist, wird den friedensfreundlichen Elementen in Frankreich wie in Rußland nur zur Kräftigung dienen können. ie Genugthuung über die e Ergebnisse dieses Herbstes aber wird eine außerordentlich große sein und allenthalben die Zu⸗ Seb auf dauernd gesicherten Femn stärken und beleben. Dem europäischen wirthschaftlichen Leben wird damit sicher ein kräftiger Anstoß gegeben sein.

Die „Staatsbürger⸗Zeitung“ antwortet auf die

Frage: „Wo bleibt das Binnenland“*: In der Zeit, als schnell hintereinander die deutsche Flagge an

verschiedenen Punkten der Erde gehißt wurde, erhoben sich auch Stimmen, welche alle diese Unternehmungen nur als eine gefährliche Last hinstellten, welche das Reich nur übernehme, um einigen Bremer und Hamburger „Pfeffersäcken“ die Taschen füllen zu helfen, auf die Gefahr hin, mit anderen Mächten in Konflikt zu gerathen

Kleinlicher Krämergeist, Kurzsichtigkeit, Angstmeierei und grundsätzliches Nörgeln hatten sich die Hand gereicht, um gegen eine Politik anzu⸗ kämpfen, die Deutschland von den drückenden Fesseln befreite, die seinem Handel auferlegt waren. Ueber die Nothwendigkeit der Hebung unseres Exports haben wir schon öfter gehandelt, aber das Binnen⸗ land hält sich viel zu sehr passiv im Verhältniß zu den ersten frischen Anläufen. „Wohl haben wir im Binnenlande einzelne große Häuser, welche in überseeischen Ländern sich einen festen Markt eröffnet haben, aber das Interesse dafür ist ein zu vereinzeltes. Das Wort des Kanzlers über die Flaggenhissungen, das er am 16. März 1885 im Reichstag sprach, gilt in gleicher Weise für das Zugreifen bei un⸗ kultivirten Ländern überhaupt, wie auch für den weiteren Ausbau derselben: es trifft scharf eine deutsche Schwäche. Der Kanzler sagte:

„Wenn wir damit lange gewartet hätten, dann würden wir über⸗ haupt nicht in die Lage gekommen sein, uns die Frage vorzulegen, ob wir dort eine deutsche Kolonie für möglich halten wollen. Längst würden Andere zugegriffen haben, wenn wir auch nur einige Momente damit gewartet hätten. Das ist diese beschauliche und behagliche Art des Abwartens, ob die Tauben nicht noch etwas besser angebraten werden können, ehe man den Mund öffnet, um sie entgegenfliegen zu machen. Aber die Regierung hat geglaubt, sich auf diese abwartende Stellung nicht zurückziehen zu dürfen, sondern sie hat den Augenblick wahrgenommen, um dort ein Thor für deutsche Arbeit, deutsche Civilisa⸗ tion und deutsche Kapitalanlage offen zu halten.“

Das ist der wunde Punkt in der Fortführung unserer über⸗ seeischen Unternehmungen: die deutsche Arbeit und das deutsche Kapital gehen aus ihrer zuwartenden Stellung nicht heraus. Es ist freilich bequemer, sich zu seinem Leib⸗Banquier zu begeben und Russen zu kaufen, ohne Rücksicht darauf, daß wir einen mächtig aufstrebenden wirthschaftlichen Konkurrenten damit unterstützen, als daß etwa Ka⸗ pitalisten zusammentreten, um den Kopf darüber anzustrengen, wie sie gemeinschaftlich draußen etwas unternehmen könn⸗ ten, wodurch das Gemeinwohl Deutschlands gefördert würde. Will man etwas erzielen, so muß man etwas wagen, und es wäre wahrhaftig an der Zeit, daß das binnenländische Kapital sich ein wenig aus den ausgetretenen Bahnen der bloßen internationalen Spekulation herausmachte und sich in den Dienst nationaler Gedanken stellte.... Als die Reichsregierung überseeischen Landstrichen ihren Schutz ge⸗ währte, da erwartete sie bestimmt eine frische Betheiligung der handel⸗ treibenden Kreise, vor Allem keinen Stillstand. Das sprach der Kanzler 1884 aus, als er genöthigt war, einem zum Theil übel⸗ wollenden Reichstag die Ziele der überseeischen Politik darzulegen:

h „Meine von Sr. Majestät dem Kaiser gebilligte Absicht ist, die Verantwortung für die materielle Entwickelung der Kolonie, ebenso wie ihr Entstehen, der Thätigkeit und dem Unternehmungsgeist unserer seefahrenden und handeltreibenden Mitbürger zu überlassen und weniger in der Form der Annektirung von überseeischen Provinzen an das Deutsche Reich vorzugehen, als in der Form von Ge⸗ währung von Freibriefen nach Gestalt der englischen Royal charters, im Anschluß an die ruhmreiche Laufbahn, welche die englische Kaufmannschaft bei Gründung der ostindischen Kolonie zurückgelegt hat, und den Interessenten der Kolonie zugleich das Regieren derselben im Wesentlichen zu überlassen und ihnen nur die Möglichkeit europäischer Jurisdiktion für Europäer und desjenigen Schutzes zu gewähren, den wir ohne stehende Armee dort leisten können. Unsere Absicht ist, nicht Provinzen zu gründen, sondern kaufmännische Unternehmungen, aber in der höchsten Entwick⸗ lung, auch solche, die sich eine Souveränetät erworben, zu schützen in ihrer freien Entwicklung, sowohl Fegen die Angriffe aus unmittelbarer Nachbarschaft, wie auch gegen Bedrückung und Schädigung anderer europäischen Mächte.“

Es fehlt in der That nicht an binnenländischen Firmen, welche den Beweis geben, daß der Faktoreihandel in dem für Deutschland immer in erster Linie in Betracht kommenden Afrika ein gut renti⸗ render ist.. Richtig und geschickt betrieben, mit tüchtigen jungen Leuten draußen, wirft das Faktoreigeschäft, wenn es erst im Gange ist, bis zu hundert Prozent Gewinn ab. Unterstützt wird das Geschäft draußen an der Küste namentlich durch die regelmäßige Wörmann⸗ Linie, die alle vierzehn Tage einen Dampfer dorthin abfertigt. Dabei sind die Frachtsätze mäßig, namentlich deshalb, weil Wörmann den englischen Mitbewerb vollständig todtmachen will. Er läßt mit seinen vorzüglichen Dampfern Plätze anlaufen, die einen Tag und mehr aus dem Kurs liegen, selbst wenn nur eine ganz geringe Ladung zu löschen ist, deren Frachtsatz nicht einmal den Mehrver⸗ brauch an Kohlen, geschweige denn die Löhnung der Mannschaft deckt; aus Grundsatz geschieht das. Warum arbeitet nicht das deutsche Kapital aus Grundsatz auch im Interesse der Nation?

Indessen ist es ja nicht der afrikanische Markt allein, der unserem Unternehmungsgeist offen steht. stasien und Australien, wo es uns auch politisch nicht an Stützpunkten fehlt, sind ein von Jahr zu Jahr sich besserndes Absatzgebiet. Dort gilt es für jede Handelsgesellschaft oder einzelnen Kaufmann, erst das Gebiet durch geeignete sprach⸗ kundige und findige Leute studiren zu lassen und die Waaren dem Geschmack der Fremden entsprechend anzufertigen.

Es fehlt nicht an frischen Regungen in kaufmännischen Kreisen, aber auffälligerweise sind diese stärker in Süd⸗ und Mitteldeutschland als in Norddeutschland. Hand in Hand mit dem Hinausschicken von Handelskundschaftern muß die Errichtung von Export⸗Musterlagern gehen, Ausstellungen, auf denen das Ausland vorfindet, was unsere Industrie bieten kann. Solche Musterlager sind in der That gerade in Süddeutschland zahlreich bangeha. Ein solches besteht in Stuttgart mit sehr reichlicher Betheiligung der württembergischen Industriellen und Kaufleute; ein solches besteht auch in Muͤnchen. Auch das Königreich Sachsen arbeitet frisch für den Export, und gewisse Parlamentarier von Beruf hatten gar keine Ursache zu lachen, als ein Abgeordneter auf den starken Export gemusterter Papiere nach Japan hinwies. In Berlin fehlt es nicht an starker Agitation in dieser Richtung, auch nicht an thatsächlicher Arbeit draußen, aber das Interesse dafür ist ein auf viel zu enge Kreise beschränktes. Giebt es doch noch unendlich Viele, für die das Wort Kamerun nur ein komischer Begriff ist, die keine Ahnung haben, was diese Kolonie für uns schon leßt bedeutet und welchen Aerger es den Engländern bereitet, daß dieses Land, das Nordafrika in gleicher Weise wie Südafrika beherrscht, in deutscher Hand ist. Der Aerger der Engländer dürfte ja wohl auch für die⸗ jenigen beweiskräftig sein, die stets erst das Urtheil des Auslandes ab⸗ warten müssen. 1 1

Ein gut rentirendes Exportgeschäft wird stets im Stande sein, auch dem gerechtfertigten Verlangen nach Aufbesserung der Löhne nach⸗ zukommen; es wird seine Arbeitskräfte vermehren müssen und damit die Zahl der Beschäftigungslosen vermindern. Die auswärtigen Unternehmungen sind ein wesentliches Mittel zur Beseitigung des inneren Nothstandes.

Eisenbahn⸗Verordnungs⸗Blatt. Nr. 30. Inhalt: Allerhöchste Konzessionsurkunde, betr. den Bau und Betrieb einer normalspurigen Eisenbahn untergeordneter Bedeutung von Bredebro nach Lügumkloster durch die Holsteinische Marschbahn⸗Gesellschaft. Vom 21. September 1887. Nachrichten.

Statistische Nachrichten.

Der im Augustheft 1887 zur Statistik des Deutschen Reichs soeben veröffentlichten Uebersicht über den Tabackbau und die Ergebnisse der Tabackernte im deutschen Zollgebiet für das Erntejahr 1886/87 ist zu entnehmen, daß der deutsche Tabackbau im Ganzen gegen das Vorjahr 1885/86 wieder etwas zu⸗

genommen hat, da im erstgenannten Erntejahr von 176 718 Pflan⸗

zern 246 777 Grundstücke mit einem Flächeninhalt von 1 984 304 a

mit Taback bepflanzt worden sind, wogegen für das Vorjahr nur 175 192 Pflanzer und 242 257 mit Taback

einer Gesammtfläche von 1 952 859 a gezählt worden waren. Die Zunahme in der Zahl der Tabackpflanzer beschränkt sich jedoch auf diejenigen, welche eine Gesammtfläche von über 1 a bis unter 1 ha mit Taback bepflanzt haben, wogegen die Zahl derjenigen, welche weniger als 1 a. sowie derjenigen, welche über 1 ha bepflanzten, gegen das Vorjahr etwas zurückgeblieben ist. Die Menge des geernteten Tabacks (in dach⸗ reifem trockenem Zustande) betrug 1886/87 38 645 753 kg oder durch⸗ schnittlich 1948 kg auf 1 ha gegen 38 548 185 kg oder 1974 kg auf 1 ha im Vorjahr. Als mittlerer Preis für 100 kg des geernteten Tabacks sind 78,34 (einschließlich der Steuer) berechnet gegen 75,62 im Erntejahr 1885/86. Vergleicht man die Ergebnisse des Tabackbaus in den beiden Jahren innerhalb der einzelnen Direktiv⸗ bezirke, so zeigt sich, daß derselbe im Erntejahr 1886/87 gegen das Vorjahr nicht überall gleichmäßig zugenommen hat, vielmehr in ein⸗ zelnen Bezirken, wie namentlich in Bayern, Großherzogthum Hessen, Schlesien und Rheinland, gegen das Vorjahr zurückgeblieben ist.

Im Monat August 1887 sind über deutsche Häfen, Ant⸗ werpen, Rotterdam und Amsterdam 8061 und in der Zeit von An⸗ fang Januar bis Ende August 1887 72 608 deutsche Auswan⸗ derer nach überseeischen Ländern befördert worden. Im gleichen Zeitraum des Jahres 1886 sind über obige Häfen 6727 bezw. 52 596 und 1885 8615 bezw. 82 716 Deutsche nach überseeischen Ländern ausgewandert. 1

Die 1885 in den allgemeinen Heilanstalten Preußens behandelten Krankheitsfälle. (Stat. Corr.) In Betreff der der einzelnen Krankheitsfälle, welche in den allgemeinen Heilanstalten für die Civilbevölkerung Preußens im Jahre 1885 zur Behandlung gelangt sind, ergiebt sich aus den Nach⸗ Kichten .h dem Königlichen Statistischen Bureau zugegangen sind,

olgendes:

Von 1000 Krankheitsfällen kamen auf: Infektions⸗ und allgemeine Krankheiten 222,12, Krankheiten der äußeren Bedeckungen 150,61, Krankheiten der Athmungsorgane 143,49, mechanische Verletzungen 121,89, Krankheiten des Verdauungsapparats 93,75, Krankheiten der Bewegungsorgane 88,61, Krankheiten des Nervensystems 54,18, Krank⸗ heiten der Geschlechtsorgane 45,98, Krankheiten der Cirkulationsorgane 25,70, Krankheiten der Augen 25,18, Entwickelungskrankheiten 14,19, Krankheiten des Ohres 3,33, andere und nicht bestimmt angegebene Krankheiten 10,97.

Zieht man die Sterblichkeit in Betracht, so ergiebt sich für die⸗ selben Krankheitsgruppen bei Vergleichung mit der Zahl behandelter

älle eine andere Reihenfolge. Auf je 1000 behandelte Erkrankungen sich Todesfälle: an Krankheiten der Athmungsorgane 34,21, an Infektions⸗ und allgemeinen Krankheiten 20,61, an Krankheiten des Nervensystems 6,81, an Krankheiten des Verdauungsapparats 4,71, an Entwickelungskrankheiten 3,97, an Krankheiten der Cirkula⸗ tionsorgane 3,85, an Krankheiten der Geschlechtsorgane 3,81, in Folge mechanischer Verletzungen 3,80, an Krankheiten der Bewegungsorgane 1,88, an Krankheiten der äußeren Bedeckungen 0,44, an anderen und nicht bestimmt angegebenen Krankheiten 2,44, zusammen 86,54. Die übrigen Krankheitsgruppen wurden nicht zu Todesursachen.

Im Ganzen sind im Jahre 1885 30 772 Personen gestorben, d. h. 91,67 von 1000 in den allgemeinen Heilanstalten verpflegten Kranken. Von 1000 Todesfällen, welche innerhalb des gesammten Staatsgebietes im Jahre 1885 erfolgten (überhaupt 716 859), ent⸗ fielen auf die hier in Frage stehenden Krankenhäuser 42,9. Von 10 000 Personen der Civilbevölkerung vom 1. Januar 1885 sind, so⸗ weit Angaben im Königlichen Statistischen Bureau vorliegen, während des Jahres 1885 117,3 in sämmtlichen allgemeinen Heilanstalten wegen Krankheit aufgenommen und 10,7 in denselben gestorben.

Nach Mittheilung des Statistischen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 25. September bis inkl. 1. Oktober ecr. zur Anmeldung gekommen: 502 Eheschließungen, 909 Lebendgeborene, 30 Todtgeborene, 558 Sterbefälle.

Die Handelsflotten der Welt. (Stat. Corr.) Die Zahr der Segelschiffe mit mehr als je 50 Reg.⸗T. Netto⸗Raumgehal t

elief sich nach dem Generalregister über die Handelsflotten der ganzen Welt, welches alljährlich Seitens des „Bureau Veritas“ veröffentlicht wird, im Jahre 1886 auf 42 545, welche eine Tragfähigkeit von 12 571 384 t hatten. Im Jahre 1885 waren 43 692 Schiffe mit 12 867 375 t in die Listen eingetragen. Der seit Jahren ununterbrochen fortschreitenden Verminderung der Segelschiffe entspricht eine regel⸗ mäßige Vermehrung der Dampfschiffe, von denen Seitens jener Anstalt allerdings nur diejenigen mit einer Tragfähigkeit von 100 t und darüber zur Anschreibung gebracht werden. Die Zahl dieser Seedampfer betrug 1885 8394, welche zusammen 6 719 101 Reg.⸗T. Netto faßten, und war im Jahre 1886 auf 8547 Schiffe mit 6 817 400 t Netto-Raumgehalt gestiegen g der Flagge vertheilten sich die Segelschiffe 1886 folgender⸗ maßen: Schiffe Netto⸗Tonnengehalt 14 584 6 102 3 813 2 328 2 776 2 157

Flagge: englische nordamerikanische norwegische deutsche. italienische russische. schwedische 1 960 französische 2 136 holländische ... 940 spanische. . 1 450 griechische. . . . 1 848 österreichische... 464 II1“ 991 8

1496 Schiffe, welche 387 514 t maßen, gehörten anderen als den vor⸗ stehend namhaft gemachten Nationen an. Die 1886er Seedampfer von 100 und mehr Register⸗Tons Netto⸗Raumgehalt vertheilten sich nach der Flagge, wie folgt: lagge: Schiffe Netto⸗Tonnengehalt englische. 4 906 4 199 144 französische. 23 deutschat nordamerikanische. panische. holländische talienische. ussische. norwegische. schwedische .. österreichische. änische... 85 300 83 286 58 021 34 462 32 090 20 560

griechische Hrasilianische. egyptische.. portugiesische. 17 367 chilenische . . . 16 323. Außerdem gehörten anderen, hier nicht näher aufgeführten Flaggen 103 Seedampfer mit zusammen 56 027 t an.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

„Illustrirte Kulturgeschichte.“ Band I: „Haus und Hof in ihrer Entwickelung mit Bezug auf die Wohnsitten der Völker.“ Mit vielen Illustrationen. Herausgegeben von Friedrich von Hellwald. In ca. 15— 20 Heften à 50 ₰. 5.—7. Lieferung. Diese drei Lieferungen enthalten folgende hochinteressante Kapitel: Das egyptische Haus, Babylonische und assyrische Bauten, Die alten Bauwerke Vorder⸗Asiens, Das morgenländische Haus der Jetztzeit

epflanzte Grundstücke mit

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