-rzüglich zu Geschenken für den Weihnachtstisch. Die splendide
Ausstattung, welche die Verlagshandlung den beiden Büchern gegeben, sei lobend 1ee
In zweiter Auflage giebt die Schulze'sche Hofbuchhandlung in Olden⸗ burg ferner eine Gedichtsammlung von Emma Croon⸗Mayer heraus. Wenn etwas zum Lobe dieser Lieder gesagt werden kann, was ihnen zur besonderen Auszeichnung gereichen dürfte, so ist es der Um⸗ stand, daß viele von ihnen an Annette von Droste⸗Hülshoff erinnern. Auch die Croon⸗Magyerschen Gedichte sind als anmuthige Festgabe zu empfehlen. Der Preis des ungebundenen elegant aus estatteten Buchs stellt sich auf 3 ℳ Exemplare in feinen Originaleinbänden frßwent geringem Preisaufschlag durch alle Buchhandlungen zu
eziehen.
— Ferd. Raabe's Nachf. Eugen Heinrich, Antiquariat und Buchhandlung in Königsberg i. Pr., hat ein Verzeichniß (Nr. 78) seines antiquarischen Bücherlagers versandt. Dasselbe führt 4920, die deutsche Literatur betreffende Schriften unter folgenden Abtheilungen auf: Neuere deutsche Literatur und Uebersetzungen, Mustersammlungen aus Poesie und Prosa (Anthologien); Volks⸗ lieder, Sprichwörter, Legenden, Sagen, Märchen; Mundarten; ältere deutsche Literatur und Sprache, einschl. deutsche Götter⸗ und Helden⸗ sage; Literaturgeschichte, Geschichte des Theaters, Aesthetik; Auswahl von Prachtwerken und von werthvollen Werken aus verschiedenen Wissenschaften. Unter den im vorstehenden Katalog verzeichneten Schriften befinden sich viele werthvolle.
— Haushalt⸗Katechismus. Rathgeber und Hülfsbuch für Dienstmädchen und Töchter, die sich dazu ausbilden wollen. Von Tony Pauly. Viertes Tausend. Pr. kart. 1 ℳ R. v. Decker’s Verlag, G. Schenck in Berlin.
— „Quarant' anni di vita artistica“, „Vierzig Jahre Künstlerleben“ betitelt sich Ernesto Rossi's auto⸗
biographisches Werk, von dem soeben im Verlage von Niccolai in Florenz der zweite stattliche Oktav⸗Band erschienen ist. Er behandelt die Reisen des berühmten Künstlers, und etwa hundert Seiten des Werkes sind dem Aufenthalt in Deutschland, insbesondere dem in Berlin gewidmet 1 1 — Von dem Prachtwerk: „Die österreichisch⸗ungarische Monarchie in Wort und Bild“ ist soeben die 48. Lieferung erschienen, welche das 17. Heft des Wien und Nieder⸗Oesterreich um⸗ 8 fassenden Bandes bildet. Es wird darin die Spezialgeschichte Nieder⸗ Oesterreichs in den letzten hundert Jahren von Anton Mayer zu Ende geführt, und daran schließen sich zwei Arbeiten „zur Volkskunde Nieder⸗Oesterreichs“, nämlich „Charakteristik und physische Beschaffen⸗ heit der Bevölkerung“ von Robert Weißenhofer und Karl Langer und „Das Jahr“ (verschiedene volksthümliche Jahresbräuche) von 8 Weißenhofer. Die Illustrationen sind diesem Inhalt an⸗ epaßt. 8 Stuttgart, 16. November. Die durch den Tod des Prof. Vischer am hiesigen Polytechnikum erledigte ordentliche Professur für eutsche Literatur, Aesthetik und Redeübungen ist dem Ober⸗Studien⸗ Rath Dr. Klaiber übertragen worden.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
8 Aus dem Großherzogthum Hessen wird der „Frkf. Ztg.“ unter dem 15. November geschrieben: Nach der soeben veröffentlichten Statistik über den Tabackbau in Hessen im Jahre 1887 beläuft sich der amtlich abgeschätzte Ertrag des Tabacks auf 1 160 958,95 kg; der Flächeninhalt der mit Taback bepflanzten Grundstücke umfaßt ein Terrain von 87 005 a, während die Zahl der Tabackpflanzer 2650 be⸗ trägt. In den letzten 5 Jahren hatte nur das Jahr 1883 einen höheren Ertrag an Taback geliefert als das laufende Jahr, nämlich 1 778 124 kg, das Jahr 1886 lieferte nur einen Ertrag von 929 852 kg.
— Dem kürzlich erschienenen amtlichen Bericht über die land⸗ wirthschaftlichen Verhältnisse Irlands entnehmen wir folgende Angaben. Die ganze bestellte Fläche einschließlich Wiesen und Klee belief sich auf 2 058 402 ha im Jahre 1887 gegen 2 037 165 ha im Vorjahre; unter Gras befanden sich 4 067 037 ha gegen 4 103 172 ha im Jahre 1886 und unbestellt lagen 5145 ha gegen 6890 ha in 1886. Pferde und Maul⸗ thiere haben trotz des erheblichen Exports nach Amerika um 8722 Stück zugenommen; dagegen hat das Rindvieh eine Ver⸗ minderung von 26 515 Stück erfahren, ist die Zahl der Schafe um 12 374, die der Schweine um 145 343 zurückgegangen. An Geflügel wurden im Ganzen 14 461 709 Stück gezählt, nämlich 909 799 Trut⸗ hähne, 2 139 639 Gänse, 2 930 171 Enten und 8 482 100 Hühner. Der größte Theil der irischen Geflügelvorräthe gelangt auf den eng⸗ lischen Markt.
— In der „Rundschau sür Geographie und Statistik“ (Wien, A. Hartleben's Verlag) wird die Weizenernte des Jahrgangs 1887 wie folgt berechnet. Es betrug in den in dieser Beziehung ungünstig gestellten Ländern, nämlich: hr Gütegg der e in Millionen Hektolitern Deutschland Schweiz. Frankreich. 8 8 England böböö1ö—““ 41,5 Dagegen in den günstiger gelegenen Getreideländern. nämlich: der Ertrag die Ausfuhrfähigkeit in Millionen Hektolitern 90,0 v Ungarn. e1675 EE A 14“*“ 8,5 E11““ 82,0 Nord⸗Amerika . . . . 145,0 35,0 1 Nach dieser Zusammenstellung übertrifft die Ausfuhrfähigkeit d günstiger situirten Produttionsländer den Einfuhrbedarf d d stiger gestellten um 20 000 000 hl. “ “
Veterinärwesen.
„Entschädigungen von Viehbesitzern. — Amtlichen Nach⸗ richten zufolge wurden auf Grund des Reichs⸗Viehseuchengesetzes von 1880 und des preußischen Ausführungsgesetzes von 1881 für die auf polizeiliche Anordnung wegen Rotzkrankheit und Lungenseuche getödteten Thiere im Rechnungsjahre 1886/87 im Ganzen gezahlt: Für getödtete oder gefallene rotzverdächtige oder rotzkranke Pferde aus der Staats⸗ kasse 70 003,99 ℳ, von den Provinzial⸗ ꝛc. Verbänden 254 434,74 ℳ; für getödtete oder gefallene lungenseuchever⸗ dächtige oder lungenseuchekranke Rinder aus der Staatskasse 30 307,07 ℳ, von den Provinzial⸗ ꝛc. Verhänden 361 146,58 ℳ Von den Provinzial⸗ ꝛc. Verbänden sind erhoben worden für Pferde 370 310,02 ℳ, für Rinder 608 496,47 ℳ Die höͤchste gezahlte Ent⸗ schädigungssumme für Pferde aus Mitteln der Verbände weist die
rovinz Sachsen auf mit 57 775,50 ℳ; dann folgten mit den höchsten
eträgen die Provinzen Westpreußen, Posen und Brandenburg. Letztgenannte Provinz erhielt auch die höchste Entschädigung aus Staatsmitteln im Betrage von 23 751,99 ℳ Die geringsten Ent⸗ schädigungsan sprüche machten die Provinzen Pommern (mit 49 ℳ aus Staats⸗ und 2599 ℳ aus Verbandsmitteln) und Schleswig⸗ Holstein (mit 526 ℳ aus Staats⸗ und 787,50 ℳ aus Verbandsmitteln), sowie die Regierungsbezirke Kassel (295 und 425 ℳ) und Wiesbaden (0 und 862,50 ℳ). Bei den Entschädigungen für Rinder entfiel ebenfalls der höchste Betrag aus Mitteln der Verbände mit 31 805,43 ℳ auf die Provinz
Sachsen, desgleichen der höchste Betrag aus Staatsmitteln mit 16 557,655 ℳ Dieser Provinz am nächsten standen Hannover mit 17,024,70 und Posen mit 12 433,49 ℳ aus Mitteln der Verbände. Die geringsten Ansprüche unter den Provinzen erhob Schleswig⸗ Holstein, welche aus Staatsmitteln 1056 ℳ, aus Verbandsmitteln nichts erhielt. Noch günstiger lagen die Verhältnisse im Regierungs⸗ bezirk Kassel, wo überhaupt gar keine Entschädigungen beansprucht
8
GSewerbe und Handel.
Der patentirte Sonnet'sche Gas⸗Kanal⸗Ofen unter besouderer Berücksichtigung des neuen Fabrikations⸗Verfahrens von Portland⸗Cement Mit vier erläuternden Lichtdrucktafeln. Unter diesem Titel erschien soeben bei Gustav Fock in Leipzig eine Flug⸗ schrift, die sich mit dem Problem beschäftigt, Cement⸗Rohmaterial in Mehlform, wie auch kontinuirlich brennen zu können, endlich auch vollständig reinen Cement herzustellen. Aus der Schrift geht weiter hervor, daß die Verwendbarkeit des Ofens außerhalb der Cement⸗ fabrikation schon anerkannt worden sein soll, so z. B. in der Montan⸗ Industrie beim Rösten von Erzen, wie zum Brennen von Farben und Erdfarbstoffen resp. zum Brennen von Mineralien im Allgemeinen.
— Die „Deutsche Gesellschaft zur Beförderung rationeller Malverfahren“, welche ihren Sitz in München hat, wird zur Realisirung ihrer Bestrebungen im Jahre 1888 eine Ausstellung von alten und neuen Gemälden und dekorativen⸗- Malereien, Werken der Fer Fche oüen Plastik und Architektur, unter besonderer Berücksichtigung der bei denselben in Anwendung gekommenen Materialien und Ver⸗ fahrungsarten, der Restaurirungsmittel und der sämmtlichen auf die Mal⸗ und Farbentechnik bezüglichen Hülfs⸗ und Lehrmittel, Utensilien ꝛc., und zwar im Anschluß an die in demselben Jahre in München statt⸗ findende Deutsch⸗ nationale Kunstgewerbe⸗Ausstellung veranstalten. Die Ausstellung soll das gesammte Gebiet der künstlerischen, kunst⸗ gewerblichen und gewerblichen Malerei umfassen, und es wird ein ganz besonderes Gewicht darauf gelegt, daß die ausgestellten Materialien und Verfahren möglichst an den Bauwerken sowie der inneren und äußeren Ausschmückung der Ausstellungsräume in ihrer praktischen Anwendung vorgeführt werden. Während der Dauer der Ausstellung soll zugleich ein Kongreß der genannten Gesellschaft abgehalten werden. Die Durchführung beider Unternehmungen ist durch die von der Königlich bayerischen Staatsregierung gewährte Unterstützung gesichert. Wie das Programm näher ergiebt, findet die Ausstellung infolge getroffener Vereinbarung mit dem Direktorium der deutsch⸗nationalen Kunstgewerbe⸗Ausstellung im Anschluß an dieselbe als Separat⸗ bezw. Kollektiv⸗Ausstellung auf dem von der Stadt München zur Verfügung gestellten Areal am neuen Isarquai statt. Dieselbe wird am 15. Mai 1888 eröffnet und am 15. Oktober 1888 geschlossen, eine eventuelle Verlängerung der Ausstellungsdauer bis Ende Oktober aber vorbe⸗ halten. Die Leitung und Durchführung der Ausstellung erfolgt durch die von der „Deutschen Gesellschaft zur Beförderung rationeller Mal⸗ verfahren“ hierfür gebildete Kommission. Zweck der Ausstellung ist: soviel wie möglich, ein einheitliches Gesammtbild über den Stand der modernen Mal⸗ und Farbentechnik, in ihrem inneren Wesen sowohl wie in ihren äußeren Erfolgen, zu schaffen und Alles, insbesondere die Wirkungen und Eigenschaften der verschiedenen Materialien und Verfahren, an alten und neuen Werken zu studiren und daraus Nutzen für die fernere Entwickelung der Technik zu ziehen. Ferner soll dadurch gleichzeitig das Interesse fuür alle diesbezüglichen Bestrebungen in den weitesten Kreisen wachgerufen werden. Die An⸗ ordnung und Gruppirung der auszustellenden Objekte erfolgt durch die Ausstellungskommission, und es werden, wie schon hervorgehoben, als Ausstellungsgegenstände auch integrirende Bestandtheile der Aus⸗ stellungsbauten, der Innen⸗ und Außenräume als sehr erwünscht be⸗ zeichnet. Künstler und Dekorationsmaler, Private und Sammler ꝛc. sind für die ausgestellten Gemälde und Malereien von der Platzmiethe befreit. Die Ausstellungskommission besorgt gleichzeitig die für die Abhaltung des Kongresses nothwendigen Arbeiten und Einladungen.
C gestrigen ordentlichen Generalversammlung der Aktionäre der Victoria⸗Brauerei, Aktien⸗ Gesellschaft, wurde nach Vorlegung des Geschäftsberichts pro 1886/87 die Bilanz genehmigt und der Verwaltung Decharge ertheilt. Die Dividende wurde sodann auf 6 % (gegen 4 ½ % im Vorjahre) festgesetzt.
— Dem Aussichtsrath der Breslauer Aktien⸗Bier⸗ brauerei wurde vom Vorstande der Rechnungsabschluß für das letzte Geschäftsjahr vorgelegt. Derselbe schließt mit einer Unterbilanz von 45 400 ℳ, zu welcher Abschreibungen von 26 000 ℳ hinzutreten, so daß der gesammte Fehlbetrag ca. 71 400 ℳ betragen wird.
— Nach dem Geschäftsbericht der Vereinigten Rheinisch⸗ Westfälischen Pulverfabriken für 1886/87 ist die Gesammt⸗ produktion von 63 241 Ctr. im Vorjahre auf 54 071 Ctr. und der Versandt von 5,21 Millionen auf 3,92 Millionen Mark zurückgegangen. Abzüglich des Antheils der Rottweil⸗Hamburger Fabrik mit 126 874 ℳ beträgt der Betriebsgewinn 918 850 ℳ (1885/86 1 ör’ aag ℳ). Die Dividende ist auf 10 % (1885/86 16 ⅞ %) fest⸗ gesetzt.
.— Die gestrige Generalversammlung des Märkisch⸗West⸗ fälischen Bergwerksvereins genehmigte die Bilanz und die vorgeschlagene Dividende von 5 %. Hinsichtlich der Geschäfts⸗ entwickelung im laufenden Jahre berichtete die Direktion, daß der jetzige Zinkpreis 32,50 ℳ gegen den Durchschnittspreis von 28,15 ℳ im Vorjahre betrage. Die Gesellschaft wird in diesem Jahre das volle Konventionsquantum produziren; auch die Preise für Schwefel⸗ säure, welche die Gesellschaft produzire, seien in letzter Zeit gestiegen. Sämmtliche rheinisch⸗westfälische Schwefelsäure⸗Fabriken werden vom 1. Januar 1888 ab durch Preiskonvention gebunden sein.
Bradford, 17. November. (W. T. B.) Wolle ruhig, aber stetig, Sixties tops und Croßbreds thätiger, Garne thätiger zu
unveränderten Preisen. Antwerpen, 17. November. (W. T. B.) Wollauktion. Angeboten wurden 1845 B. Laplata⸗Wollen, verkauft 1642 B.
Tendenz besser.
Submissionen im Auslande.
Belgien.
1) 12. Dezember, 3 Uhr Nachmittags. Commission admini- strative des hospices civils d'Anderlecht-les-Bruxelles. Bau eines Hositals. Voranschlag 177 813 Fr. Näheres auf dem Rathhause zu Anderlecht.
2) 7. Dezember, 11 Uhr Vormittags. Société nationale des chemins de fer vicinaux, Rue de la loi No. 9 zu Brüssel. Betrieb der Viettarhehn Cnd. Sestilsges,
äheres bei obiger Gesellschaft und beim Provinzial⸗Ingenieur De Masv, Quai des Moines No. 53 zu Gand. 6 “
Verkehrs⸗Anstalten.
Norddeutscher Lloyd in Bremen.
(ECetzte Nachrichten über die Bewegungen der Dampfer. New⸗Pork⸗ und Baltimore⸗Linien: Bestimmung Bremen .Hurst Castle passirt. Bremen 12. .von New⸗York. Bremen 16. Nov. von New⸗York. New⸗York 14. Nov. in New⸗York. New⸗York 10. Nov. von Southampton. New⸗York 14. Nov. von Southampton. New⸗York 17. Nov. Dover passirt. Bremen 9. Nov. von Baltimore. Bremen 16. Nov. von Baltimore. Baltimore 2. Nov. von Bremerhaven. Baltimore 9. Nov. von Bremerhaven. Baltimore 16. Nov. von Bremerhaven.
Brasil⸗ und La Plata⸗Linien: Vigo, Antwerpen, 16. Nov. St. Vincent passirt.
„Ohio“. . Bremen, Vigo, Corußja, 10. Nov. von Buenos Aires. 24. Okt. in Bahia.
Leimin“* „Leipzig“. Antwerpen, Bremen 9. Nov. in Montevideo.
„Baltimore“ Brasilien „Straßburg’“ . La Plata 10. Nov. St. Vincent passirt. 7. Nov. von Lissabon.
„Hannover’.. La Plata 14. Nov. von Antwerpen.
„Hermann“ „America“ 6
. . — —
„Gr. Bismarck“ Brasilien „Köln“ Coruna,
wurden. (Landw. Centr. Bl.).
Vigo, La Plata
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— B . Nov. von Port Said. alier-. .Nov. von Adelaide. Hoßerglemm. .Nov. in Colombo. ohenstaufen“. .Nov. von Genua. Sachsen“. . Nov. in Colombo. B Ost⸗Asien Nov. in Shanghai. ayern“ Ost⸗Asien Nov. in Aden. . „Neckar“. Ost⸗Asien 16. Nov. von Bremerhaven
Australien Australien Bremen
Triest, 17. November. (W. T. B.) Der Lloyddampfer
„Espero“ ist heute aus Konstantinopel hier eingetroffen.
London, 17. November. (W. T. B.) Der Union⸗Dampfer aqPretoria“ ist gestern auf der Heimreise von Capetown abge⸗ gangen. Der Union⸗Dampfer „Tartar“ ist heute auf der Heimreise von Madeira abgegangen.
Berlin, 18. November 1887.
Am 21. August d. J. beging Professor Dr. Karl Friedr. Rammelsberg, der Vertreter der anorganischen Chemie an der Berliner Universität, die Feier seines 50jährigen Doktor⸗Ju⸗ biläums. Zu derselben hat der hiesige Akademische Chemiker⸗ verein eine Festschrift herausgegeben, in welcher er einen Rückblick auf das Wirken und Schaffen des Jubilars wirft, der, obgleich jetzt ein 74 jähriger Mann, unbekümmert um die Last seiner Jahre, nach wie vor forscht und die Wissenschaft mit neuen Ergebnissen seiner Untersuchungen bereichert.
Nach Mittheilungen aus Reykjavik auf Island fand dort 1
28. v. M., Morgens 5 Uhr 20 Minuten, ein ca. 10 Minuten an⸗ dauerndes starkes Erdbeben statt. Gleichzeitig wurde dasselbe auch in Oerebäk und in Hafnir beobachtet. Während man an letzterem Ort ca. 40 leichtere Stöße zählte, war die Erschütterung auf dem nahe belegenen Reykjanäs so stark, daß der Volaunickar, ein steiles Vor⸗ gebirge, auf welchem der Leuchtthurm errichtet ist, in kaum 2 m Ent⸗ fernung von letzterem eine lange und breite Spalte erhielt; ferner barst die eine Wand des Aufseherhaufes und ein Petroleumschuppen stürzte zusammen. Das Erdbeben ging in der Richtung von NNW zu SSO. 8 Wetter war Ende vorigen Monats auf Island ungewöhnlich milde.
Breslau, 17. November. (W. T. B.) In dem hier ver⸗ handelten Sozialistenprozeß sind durch das heute publizirte Urtheil 8 Angeklagte freigesprochen und 29 Angeklagte zu Gefäng⸗ nißstrafen von 4 Wochen bis zu einem Jahre verurtheilt worden; in Bezug auf 5 Angeklagte wurden die erkannten Strafen als durch die Untersuchungshaft verbüßt erachtet. Der Gerichtshof beschloß, sämmt⸗ liche Angeklagten bis auf drei der Haft zu entlassen.
Rom, 17. November. (W. T. B.) In Zafferana am Aetna wurden heute früh 8 Uhr 55 Min. innerhalb einer Minute 2 heftige Erdstöße mit wellenförmiger Bewegung verspürt; Schaden ist durch dieselben nicht angerichtet worden. 8
111“
New⸗York, 18. November. (W. T. B.) Nachrichten aus
Memplhis zufolge wurden durch eine große Feuersbrunst 13 200
Ballen Baumwolle ein Raub der Flammen. Der Verlust wird
auf 750 000 Doll. geschätzt. Ein beträchtlicher Theil Baumwolle war zur Ausfuhr bestimmt.
Kroll's Theater. Die neue Primadonna der „Mikado“⸗ Gesells chaft, Miß Hermine Cockburn, ist heute in Berlin ein⸗ getroffen. Zugleich kam der Ober⸗Regisseur Mr. Barker von England hier an, um die noch übrigen Aufführungen des „Mikado“ und die Proben zu der neuen Oper zu leiten. Der neue Tenor, Mr. Hirwan, wird sich von den Anstrengungen der Reise noch einige Tage erholen müssen, um dann als „Nanki⸗Pukh“ im „Mikado“ vor dem Berliner Publikum zu erscheinen. ö111““
4
Die junge Pianistin Frl. Kleeberg aus Paris, deren künstlerische Leistungen bereits bei ihrem ersten Erscheinen großen Beifall fanden, brachte gestern in ihrem zweiten Klavier⸗Abend wiederum eine reiche Auswahl älterer und neuerer Kompositionen zu Gehör. Mit musterhafter Präzision und Klarheit des Spiels verbindet sie zugleich eine vollständige Beherrschung aller technischen Schwierig⸗ keiten, zeigt ein tiefes Verständniß der Werke und eine feinsinnige Vortragsweise, die nicht nur sorgfältige Studien, sondern auch ein außergewöhnliches Talent erkennen lassen. Mit so reichen Mitteln ausgestattet, gelang ihr der Vortrag des italienischen Concerts von Bach und der Variationen von Beethoven ebenso vorzüglich, wie die Arabeske von Schumann, das Impromptu von Schubert und das Presto von Mendelssohn. Den Glanzpunkt des Abends bildete jedoch die Sonate von Chopin, Op. 58, welche von dem Spieler nicht allein eine sehr bedeutende technische
ertigkeit, sondern auch ein Hineinleben in die eigenthümliche
deenwelt Chopin's beansprucht. Die Ausführung war der
unserer ersten Virtuosen an die Seite zu stellen. Der zweite Theil des Concerts brachte noch neun kleinere, zum Theil recht anmuthige Salonstücke von französischen Komponisten zu Gehör, deren künstlerischen Werth man nicht zu genau abwägen darf, die jedoch, in so geschmackvoller und sinnreicher Weise vorgetragen, mit lebhaftem Beifall aufgenommen wurden, den besonders die Klavierstücke von Saint⸗Sasëns, Bizet, Chaminade und Godard verdienten, und der sich, wie bei den zuerst gehörten Werken, oft bis zum Hervorruf steigerte. Das Publikum war leider nicht sehr zahlreich erschienen, was wohl in der zur Zeit sehr häufigen Veranstaltung von Klavier⸗Abenden seinen Grund haben mag.
Im Concerthause fand vorgestern in feierlicher Weise die viertausendste Concertaufführung statt. Der Saal war mit Blumen und Guirlanden reich geschmuckt und auch das Publikum, welches alle Räume füllte, ließ erkennen, daß es sich um eine seltene Feier handelte. Während des ersten Theils des Abends dirigirte Hr. Meyder mit bewohnter Umsicht und das Orchester brachte xu. A. die „Tannhäuser⸗Ouperture“ und die Einleitung zum zweiten Akt des „Lohengrin“ tadellos zu Gehör; außer⸗ dem wirkten die Damen Fr. Ritter⸗Häcker, eine treff⸗ lich geschulte Sängerin, und Frl. Magnitzky, eine nicht weniger ausgezeichnete Pianistin, in diesem ersten Theil mit. Der zweite Theil, welcher durch einen Prolog eingeleitet wurde, gewann ein er⸗ höhtes Interesse dadurch, daß Meister Bilse, der feüere langjährige Leiter der Concertaufführungen dieses Hauses, noch einmal den Taktstock führte. Von jubelndem Beifall begrüßt, ging er mit un⸗ geschwächter Feüsche und Kraft ans Werk und fesselte, wie früher immer, alle börer, die nicht ermangelten, nach jeder Nummer neben dem Beifall für die gebotene künstlerische Leistung auch der b Freude des Wiedersehens lebhaften Ausdruck zu geben.
Redacteur: Riedel.
Verlag der Expedition (Scholz).
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗Anstalt, 8— Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 323.
Fünf Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage).
Berlin:
88
deren
Berlin, Freitag, den 18. November
iischen Staats⸗Anzeiger.
1882.
ie „N. A. Ztg.“ veröffentlicht folgende Denkschrift zu den 11“ der Alters⸗ und Invaliden⸗Versorgung der Arbeiter:: dsee. m Die Unfallversicherung ist zur Zeit für die Industrie, das Trans⸗ portwesen einschließlich der Seeschiffahrt, das Bauwesen, sowie für die Land⸗ und Forstwirthschaft mit zusammen rund 10 Millionen Arbeitern gesetzlich geregelt. Dadurch ist eine genügend breite Unter⸗
lage für die —
Alters⸗ und Invalidenversicherung gewonnen, und es ist nicht erforderlich, auf die Durchführung der Unfallversicherung für die derselben noch nicht unterworfenen Kategorien — insbesondere das Handwerk, soweit dasselbe ohne Motoren arbeitet und weniger als zehn Arbeiter beschäftigt, die Fischer, das Hausgesinde, das Dienst⸗ personal in Handlungsgeschäften — zu warten. Die Ausdehnung der Unfallversicherung auf die letztbezeichneten Kategorien kann neben der Alters⸗ und Invalidenversicherung nach Bedarf geregelt werden, ein hierauf abzielender Gesetzentwurf ist in der Vorbereitung be⸗ iit . wäre an Personen, welche ein hohes Lebensalter (ctwa das 70. Jahrg erreicht haben, ohne Rücksicht auf den Nachweis der Invalidität, — Invalidenversorgung ohne Rücksicht auf das Lebens⸗
alter bei nachgewiesener Erwerbsunfähigkeit zu gewähren, soweit nicht
nfallversicherung Fürsorge getroffen ist.
darch ne Invalidenversicherung wird hiernach insbesondere bei dem Vorhandensein von Erwerbsunfähigkeit eintreten, welche die Folge von Krankheiten, allmählichem Verbrauch der Kräfte oder von solchen Unfällen ist, die nicht „bei dem Betriebe“ sich ereignet haben. Die gleichzeitige Regelung der Wittwen⸗ und Waisenfürsorge wäre zwar erwünscht; es empfiehlt sich jedoch, diesen Theil der sozialpolitischen Gesetzgebung zunächst noch nicht in Angriff zu nehmen, um zuvor durch die bei der Durchführung der Alters⸗ und Invalidenversicherung zu sammelnden Erfahrungen zu einem zutreffenderen Urtheile unter Anderem auch darüber zu gelangen, ob die Industrie und die anderen in Betracht kommenden Berufszweige die mit der Wittwen⸗ und Waisenversorgung nothwendig verknüpfte erhebliche Mehrbelastung zu tragen im Stande sind.“) Ueberdies ist für Wittwen und Waisen durch eine Reihe von Wohlthätigkeitsanstalten, wenn auch nicht ausreichend, so doch einigermaßen gesorgt. Auch werden nach dem Inslebentreten der Invalidenversicherung diejenigen Anstalten, welche gegenwärtig genöthigt sind, ihre Mittel durch Unterstützung von In⸗ validen neben Wittwen und Waisen zu zersplittern, voraussichtlich dazu übergehen, den Letzteren eine erhöhte Fürsorge zuzuwenden, weil die Invaliden ihrer Fürsorge dann nicht mehr im gleichen Maße bedürftig sein werden. 3 8
Wie die Kranken⸗ und die Unfallversicherung, so wird auch die Alters, und Invalidenversicherung auf der Grundlage des Ver⸗ sicherungsswanges und, entsprechend der Kaiserlichen Botschaft vom 17. November 1881, auf der Grundlage korporativer Verbände auf⸗ zubauen sein. 111“
Als die geeignetsten Träger derselben dürften sich die für die Unfallversicherung gebildeten Berufsgenossenschaften erweisen. Die letzteren werden durch Uebertragung der neuen Einrichtung einen festeren Kitt und mehr Inhalt erhalten. Dadurch wird zugleich dem Bedenken begegnet werden, daß die soeben durchgeführte berufsständische Organisation für die Zwecke der Unfallversicherung ein zu großer Apparat sei. Die Berufsgenossenschaften und deren Organe sind ohne Zweifel geeignet, weitere sozialpolitische Aufgaben und namentlich solche zu erfüllen, bei denen es sich um dieselben Personen handelt, für welche die Unfallversicherung eintritt. Ueberdies weist die Invalidenversicherung, soweit es dabei auf die Feststellung ankommt, ob ein Versicherter noch arbeitsfähig ist oder auf Kosten seiner Mitarbeiter und der Arbeitgeber eine Rente erhalten soll, ganz besonders auf die Selbstverwaltung der Betheiligten hin, und bei gleichzeitiger Verwaltung beider Einrichtungen durch dieselben Organe werden auch die Verwaltungskosten gemindert werden. Es bedarf daher für die Alters⸗ und Invalidenversicherung der von der Unfallversicherung bereits erfaßten Personen einer neuen Organisation neben den Berufsgenossenschaften nicht. Innerhalb der Berufs⸗ genossenschaften dagegen ist für die gebeihliche Lösung der ihnen zuzu⸗ weisenden neuen Aufgabe die Schöpfung besonderer Einrichtungen erforderlich.
Bei jeder Berufsgenossenschaft wird nämlich für die Zwecke der
Alters⸗ und Invalidenversicherung eine besondere Versicherungsanstalt in ähnlicher Weise zu errichten sein, wie dies nach dem Gesetz vom 11. Juli 1887 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 287) bei den Berufsgenossen⸗ schasften der Baugewerbetreibenden zu Zwecken der Unfallversicherung von Arbeitern bei Regiebauten geschehen soll. Das Reich, die Bundesstaaten, Kommunalverbände ꝛc. werden, soweit sie für die Unfallversicherung an die Stelle der Berufsgenossen⸗ schaften getreten sind, auch die Alters⸗ und Invalidenversicherung für eigene Rechnung durchzuführen haben.
Subsidtär sind endlich für diejenigen Kategorien von Arbeitern, welche der Unfallversicherung noch nicht unterliegen, bis zur Durch⸗ führung der letzteren die weiteren Kommunalverbände (Provinzen ꝛc.) eventuell die Bundesstaaten selbst nach näherer Bestimmung der Landesgesetze als Träger der Alters⸗ und Invalidenversicherung ins Auge zu fassen.
Sofern einzelne Berufsgenossenschaften wegen ihres zu geringen Umfangs oder aus andern Gründen für die Uebernahme der Alters⸗ und Invalidenversicherung nicht genügend leistungsfähig erscheinen sollten, sind in Anlehnung an den §. 30 des Unfallversicherungsgesetzes Vereinigungen von mehreren Berufsgenossenschaften zur gemeinsamen Uebernahme der Alters⸗ und Inrvalidenversicherung zu gestatten. Es wird auch unbedenklich sein, dem Bundesrath die Befugniß beizulegen, nach Bedarf eine solche Vereinigung, die sich ihrer Wirkung nach als Rückversicherung auf Gegenseitigkeit darstellen würde, zwangsweise anzuordnen. 1““
„ Diese Organisation ermöglicht das gleichzeitige Erfassen sämmt⸗ licher gegen Lohn arbeitenden Personen des Arbeiterstandes und der unter⸗ geordneten Betriebsbeamten (zusammen etwa 12 Millionen Personen). Hierauf ist insbesondere um deswillen ein erhebliches Gewicht zu legen, weil wegen des häufigen Orts⸗ und Berufswechsels der Arbeiter bei Beschränkung der neuen Einrichtung auf einzelne Kategorien von rbeitern, etwa auf die unter das Unfallversicherungsgesetz fallenden Industrie⸗ und Bauarbeiter oder auf gewisse territoriale Gebiete erheb⸗ liche Schwierigkeiten entstehen würden. Denn die Alters⸗ und Inva⸗ lidenversicherung setzt dauernde Verhältnisse, dauernde Beitragsleistung is zum Eintritt des bestimmten Alters bezw. der Invalidität voraus, weil nur unter dieser Bedingung die Höhe der Beiträge mit einiger Sicherheit bemessen werden kann. Wird aber die Versicherungspflicht auf einzelne Berufszweige beschränkt, so würde die Entlassung aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder der Uebertritt zu anderen einstweilen noch nicht erfaßten Berufszweigen die Folge haben, daß die bis dahin bereits erworbene Exspektanz auf eine spätere Rente sich mindert, oder doch nur bei Aufwendung doppelter Beiträge (nämlich einschließlich des während der früheren Beschäf⸗ tigung vom Arbeitgeber gezahlten Beitrages) erhalten werden kann.
*) Die Wittwen⸗ und Waisenversorgung würde nach überschlägiger Berechnung bei nur 60 ℳ Rente für Wittwen, und nur 30 ℳ Rente für jedes Kind eine Belastung von 15,90 ℳ auf den Kopf des männlichen Arbeiters, also für rund 7 ½ Millionen männliche Arbeiter einen Bedarf von 119 ¼ Millionen Mark erfordern.
Diese Unzuträglichkeit würde um so größer werden, je kleiner der Kreis der in die neue Einrichtung einbezogenen Personen gegriffen würde. Auch würden bei dem häufigen Wechsel zwischen Versicherungspflicht und Freiheit von dieser Pflicht die Schwierigkeiten der Verwaltung und Kontrole sich mehren, und auch der Arbeitsmarkt könnte sich in bedenklicher Weise verschieben, da voraussichtlich die Arbeiter zu derjenigen Beschäftigung hindrängen würden, welche ihnen die Wohlthat der Alters⸗ und Invalidenversicherung unter Mithülfe des Arbeitgebers und des Reichs gewährleistet. Gegenüber dem Gewicht dieser Erwägungen dürften die für eine Beschränkung der neuen Einrichtung auf kleinere Kreise bezw. für ein allmähliches schritt⸗ weises Vorgehen geltend gemachten Gründe zurücktreten müssen, und dies um so mehr, als aus den weiter unten zu entwickelnden Gründen nicht zu besorgen ist, daß für irgend einen Berufszweig die Lasten der Alters⸗ und Invalidenversicherung unerschwinglich sein werden.
Ganz zu vermeiden ist ein Ausscheiden Versicherter aus dem Versicherungsverhältniß zwar niemals. Bei gleichzeitigem Erfassen sämmtlicher Arbeiterkategorien aber würde sich dasselbe im Wesent⸗ lichen auf nur zwei Fälle beschränken:
a) auf das Aufgeben jeder die Versicherungspflicht begründenden
Beschäftigung,
b) auf zeitweilige Arbeitslosigkeit.
In diesen Fällen zieht der Ausfall an Beiträgen allerdings folge⸗ richtig eine Minderung des Rentenanspruchs für den Betheiligten nach sich. Gemildert wird indessen dieser Nachtheil dadurch, daß der Aus⸗ fall durch Nachzahlung der vollen Beiträge mit Zinsen und Zinseszinsen oder durch Verrechnung solcher Beiträge, die in anderen Jahren für mehr als die normale Zahl von Arbeitstagen (300) geleistet sind, ausgeglichen werden kann. Zur Vermeidung von Härten sind dabei Zeiten bescheinigter, mit Erwerbslosigkeit verbundener Krankheit — für welche sich nach Erfahrungssätzen ein Durchschnitt ermitteln und bei der Berechnung der regelmäßigen Beiträge berücksichtigen läßt — als Arbeitstage in Ansatz zu bringen, ohne daß für dieselben Beiträge zu entrichten wären. Für solche Ausfälle aber, welche durch den Militärdienst in Kriegs⸗ oder Friedenszeiten hervor⸗ gerufen werden, wird, da der Militärdienst im vaterländischen Inter⸗ esse geleistet wird, das Reich eintreten müssen. Dies kann zweckmäßig in der Weise geschehen, daß das Reich bei der demnächstigen Fest⸗ setzung der Rente denjenigen Betrag übernimmt, um welchen dieselbe wegen der durch den Militärdienst hervorgerufenen Ausfälle an Bei⸗ trägen rechnungsmäßig zu kürzen gewesen wäre.
Der Orts⸗ oder Berufswechsel der Arbeiter bringt die weitere Schwierigkeit mit sich, daß in den Bezirken der einzelnen Ver⸗ sicherungsanstalten nicht fortlaufend dieselben Personen beschäftigt werden, und daß jeder einzelne Arbeiter seine Beiträge bald an diese, bald an jene Versicherungsanstalt abführen wird. Es fragt sich da⸗ her, welcher von diesen Versicherungse . demnächst die Fürsorge für die Invaliden zur Last fallen soll. Es geht nicht an, dieselben lediglich derjenigen Anstalt aufzubürden, bei welcher die Invalidität eingetreten ist. Dies könnte höchstens dann zugelassen werden, wenn man annehmen dürfte, daß die thatsächlichen Verhältnisse eine Aus⸗ gleichung der hierdurch erwachsenen Belastung der einzelnen Anstalten herbeiführen werden. Diese Annahme aber trifft nicht zu. Denn bei jener Regelung würden ältere Personen, deren baldige Inva⸗ lidisirung bevorsteht, nur schwer Arbeit finden, diejenigen Ver⸗ sicherungsanstalten aber, deren Betriebe Gelegenheit zu leichter, auch von älteren Leuten auszuführender Arbeit bieten und in welchen deshalb zahlreiche ältere Personen beschäftigt werden, würden zu Gunsten anderer Betriebszweige be⸗ nachtheiligt werden, in denen wegen der schwereren Arbeit jüngere Kräfte erfordert, aber auch die Kräfte schneller verbraucht werden. Es empfiehlt sich vielmehr, einen Ausgleich unter den verschiedenen Versicherungsanstalten dadurch herbeizuführen, daß für jeden einzelnen Fall durch ein besonderes Rechnungsbureau des Reichs⸗Versicherungs⸗ amts ermittelt wird, mit welchem Betrage derselbe die einzelnen betheiligten Anstalten belastet. Dieser Betrag richtet sich nach der Zeit und der Dauer der Beschäftigung in den Bezirken der einzelnen Versicherungsanstalten, also, da während der Beschäftigung Beiträge zu entrichten sind, nach der Summe und dem Versicherungswerth der zu den einzelnen Anstalten in den verschiedenen Jahren geleisteten Beiträge. Dabei ist zu beachten, daß Beiträge, welche in jüngeren Jahren geleistet werden, im Allgemeinen für die Invaliditätsversicherung einen höheren Werth haben, als gleich hohe Beiträge in späteren Lebensjahren. Für die Ermittelung der auf die einzelnen Versicherungs⸗ anstalten hiernach entfallenden Belastungswerthe lassen sich durch Sachverständige feste, nach Maßgabe der Erfahrung zu berichtigende Tarife aufstellen. Die auf Grund dieser Tarife von dem Rechnungs⸗ bureau in jedem einzelnen Falle anzustellenden Berechnungen können erhebliche Schwierigkeiten nicht bieten.
Gegenstand der Alters⸗ und der Invalidenversicherung wird ebenso wie bei der Unfallversicherung die Gewährung einer Rente sein müssen, weil nur diese die Gewähr bietet, daß den Versorgungs⸗ berechtigten dauernd die versicherten Bezüge zu Gute kommen. Eine Kapitalversicherung, wie solche neuerdings wiederholt in Anregung ge⸗ bracht ist, empfiehlt sich schon um deswillen nicht, weil sich keine ausreichende Vorsorge dagegen treffen läßt, daß das Kapital zweck⸗ widrig verwendet oder vergeudet, dadurch aber der Zweck der In⸗ validenversicherung, für den Lebensabend eine sichere, vor der Armen⸗ pflege bewahrende Einnahme zu gewährleisten, hinfällig gemacht wird.
Für die Frage, ob die Rente für alle Versicherten einheitlich, oder ob sie nach Maßgabe der lohnörtlichen oder sonstigen Verhält⸗ nisse “ zu bemessen ist, kommen folgende Gesichtspunkte in Betracht.
Der wechselnde Individualverdienst kann nicht maßgebend sein, weil dann auch die Höhe der Beiträge nach dem jeweiligen Arbeits⸗ verdienst individuell festzustellen wäre und hierdurch bei 12 Millionen Versicherter eine die Durchführbarkeit der ganzen Einrichtuug in Frage stellende Erschwerung der Verwaltung bedingt sein würde. Ebensowenig aber empfiehlt es sich, die Rente und demgemäß auch die Beiträge nach dem Durchschnittsverdienst einzelner Berufszweige oder Arbeitsorte abzustufen, weil kein Berufszweig im ganzen Um⸗ fange des Reichs annähernd gleiche Löhne bietet. Ebenso verschieden sind innerhalb der einzelnen Ortschaften Deutschlands die Löhne der Arbeiter in den verschiedenen Berufszweigen. Bei dem häufigen Berufs⸗ und Ortswechsel der Arbeiter würde dieser Umstand nicht nur die Beitragsberechnung, sondern auch die Feststellung der Rente unverhältnißmäßig erschweren. Eine lediglich nach dem Durchschnittssatz der letzten Beschäftigung oder des letzten Arbeitsorts berechnete Rente würde die sehr erheblichen Verschiedenheiten während der bisherigen ander⸗ weiten Beschäftigung, welche doch auf die Invalidität in der Regel nicht ohne Einfluß ist, unberücksichtigt lassen und deshalb mehr oder weniger auf Zufälligkeiten beruhen; eine sorgfältige Abwägung der Verhältnisse während der ganzen bisherigen Arbeitszeit aber würde wiederum die Durchführbarkeit der ganzen Einrichtung in Frage stellen. Die Verhältnisse liegen eben bei der Alters⸗ und der Invaliden⸗ versicherung anders als bei der Unfall⸗ und der Krankenversicherung. Bei der Unfallversicherung sind die Folgen plötzlicher Ereignisse, bei der Krankenversicherung solche Schäden zu decken, deren Ursache in der Regel nicht weit zurückliegt; bei Abmessung der hierfür zu zahlenden Entschädigung sind deshalb auch nur die zur Zeit des Eintritts des Schadens bestehenden Arbeitsverhältnisse in Betracht zu ziehen. Die Alters⸗ und die Invalidenversicherung dagegen sollen für solche Schäden
Füͤrsorge treffen, deren Ursache in der Regel eine langjährige Thätig⸗ eit ist. Alle diese Erwägungen lassen es als das relativ Beste erscheinen,
für alle Versicherte die Rente einheitlich zu bemessen, und deren 15 in für Alle gleichem Maße nur insofern abzustufen, als vor rwerb der Rente eine längere oder kürzere Arbeitszeit zurückgelegt und demgemäß eine größere oder kleinere Gesammtsumme an Bei⸗ trägen gezahlt worden ist. Demgemäß sind denn auch die Beiträge ohne Rücksicht auf die Verschiedenheit des Lobhnes für Alle gleich zu bemessen und dürfen zwischen den verschiedenen Berufszweigen in⸗
sofern von einander abweichen, als wegen der verschiedenen Inva⸗
liditätsgefahr in denselben nach versicherungstechnischen Grundsätzen mehr oder weniger an Beiträgen erforderlich wird, um die für Alle gleiche Rente zu decken. Eine solche Abstufung der Beiträge aber ist unabweisbar, weil ohne dieselbe die weniger gefährlichen Berufszweige (insbesondere die Landwirthschaft) die größere Invaliditätsgefahr anderer Berufszweige mit tragen und dadurch zur Ungebühr belastet werden würden. Nur für die ersten Jahre nach dem Inkrafttreten des Ge⸗ setzes werden die Beiträge zu den einzelnen Versicherungsanstalten in der Hauptsache auf allgemeine versicherungstechnische Berechnungen sich gründen müssen, weil zur Zeit die Unterschiede in den einzelnen Berufszweigen noch nicht ausreichend bekannt sind.
Freilich werden hiernach hoch bezahlte Arbeiter der Industrie dieselbe Rente erhalten, wie niedriger gelohnte landwirthschaftliche Arbeiter. Indessen ist das öffentliche Interesse, welches den Beitritts-⸗ zwang rechtfertigt, nur insoweit betheiligt, als sämmtlichen Arbeitern die Möglichkeit einer bescheidenen Lebenshaltung nach Fortfall ihrer Arbeitsfähigkeit zu ist, und in dieser Beziehung braucht ein Unterschied nach der bisherigen Lebensstellung nicht gemacht zu werden. Im Uebrigen ist es den Arbeitern, welche höheren Verdienst haben und deshalb mehr zahlen können und wollen, unbenommen, durch Be⸗ theiligung bei anderen Versicherungsanstalten, z. B. der Kaiser Wilhelm⸗Spende, sich eine Zusatzrente zu sichern. Dagegen wird wenigstens für jetzt davon Abstand genommen werden müssen, die freiwillige Versicherung höherer Renten auch bei den jetzt ins Leben zu rufenden Versicherungsanstalten der Berufsgenossenschaften zu gestatten; denn hierdurch würde die Verwaltung dieser Anstalten erheblich er⸗ schwert werden, und solche Erschwerungen sind wenigstens so lange, bis die neuen Einrichtungen sich eingelebt haben, thunlichst zu vermeiden.
Ihrem Betrage nach wird die Rente so bemessen werden müssen, daß sie einerseits nicht eine nur theilweise Erleichterung der öffentlichen Armenpflege oder ein Taschengeld darstellt, andererseits aber auch, wie schon angedeutet wurde, nur für nothdürftigen Lebensunterhalt an billigem Orte ausreicht. Letzteres wird dazu führen, daß die Renten⸗ empfänger thunlichst auf dem Lande ihre Wohnung nehmen, dadurch die Bevölkerung des platten Landes vermehren und letzterem neben dem Reste ihrer Arbeitskraft auch vermehrten Geldumsatz zuführen. Auch die nothwendige Rücksicht auf die Leistungsfähigkeit der Arbeitgeber und Arbeitnehmer, sowie auf die Exportfähigkeit der Industrie nöthigen dazu, wenigstens für den Anfang die Renten nicht zu hoch zu bemessen, weil durch die Höhe der Renten die Kosten der ganzen Einrichtung bedingt werden. Eine spätere Erhöhung der Renten⸗ sätze, sobald eine solche ohne Gefährdung anderer wichtiger Interessen ausführbar erscheint, ist dabei nicht ausgeschlossen. Umgekehrt aber würde eine spätere Ermäßigung der einmal in Aussicht gestellten Rentensätze, falls sich die letzteren als zu hoch bemessen herausstellen sollten, Unzufriedenheit erregen, mithin den sozialpolitischen Zweck der ganzen Einrichtung vereiteln. Aus diesen Gründen kann die Alters⸗ und Invalidenrente wenigstens zur Zeit die Höhe der Unfall⸗ rente, welche bei völliger Erwerbsunfähigkeit zwei Drittel des Lohnes beträgt, nicht erreichen. Eine solche Gleichstellung ist aber auch aus inneren Gründen nicht geboten. Denn die Unfallrente hat die Folgen der vorzeitigen, unvorhergesehenen, unmittelbar durch die Gefahren einer bestimmten Berufsthätigkeit verursachten Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit zu decken und muß deshalb relativ hoch sein. Hohes Alter dagegen und die nicht auf einem außerordentlichen Betriebsunfall beruhende Einbuße der Arbeits⸗ und Erwerbsfähigkeit sind in der menschlichen Natur begründet; Abnutzung der Kräfte steht mit zu⸗ nehmendem Alter nach längerer oder kürzerer Frist Jedem bevor. Die staatliche Fürsorge für die von diesem allgemeinen Menschen⸗ loose Betroffenen braucht daher über das Maß des zu einer bescheidenen Lebenshaltung Nothwendigen nicht hinauszugehen.
Hiernach dürfte eine mit der Dauer des Arbeitsverhältnisses stei⸗ gende Invalidenrente von jährlich 120 bis 250 ℳ, welche bei weib⸗ lichen Personen auf § dieser Beträge zu ermäßigen wäre, aus⸗ reichend sein. Die Altersrente dagegen braucht den Muindestbetrag der Invalidenrente (120 ℳ) nicht zu uͤbersteigen, weil auch der bei der Arbeit alt gewordene Arbeiter, sobald er nicht mehr arbeitsfähig ist, sich für invalide erklären lassen und dann Invalidenrente beziehen⸗ wird. Wo Naturallöhnung üblich ist, wird, wie nach §. 9 des Gesetzes vom 5. Mai 1886 (Reichs⸗Gesetzblatt Seite 132), auch die Gewährung der Rente in dieser Form zuzulassen sein.
Eine nicht zu kurz bemessene Wartezeit (Karenzzeit) ist unentbehr⸗ lich und unbedenklich. Sie ist unentbehrlich weil sonst, dem Zweck des Gesetzes zuwider, durch kurze Arbeit jeder den Anspruch auf die Mindestrente würde erwerben können, und durch die hierbei unver⸗ meidlichen Mehrkosten die eigentlichen Berufsarbeiter zu Gunsten von Müßiggängern oder Vagabunden 'geschädigt werden würden. Sie ist aber auch unbedenklich, weil die Voraussetzungen der Rente — Alter und nicht durch einen Betriebsunfall herbeigeführte Invali⸗ dität — bei den eigentlichen Berufsarbeitern in der Regel erst nach längerer Arbeitsthätigkeit eintreten. Um jedoch auch denjenigen Fällen Rechnung zu tragen, in welchen ausnahmsweise die Erwerbs⸗ unfähigkeit schon nach kurzer Arbeitsthätigkeit eingetreten ist, wird ausnahmsweise die Rente auch vor Ablauf der Wartezeit gewährt werden müssen, wenn die Invalidität nachweislich aus Anlaß der Berufsarbeit ungewöhnlich frühe eingetreten ist; ebenso wird nachge⸗ lassen werden können, daß ein Theil der Rente auch solchen Personen, welche aus anderen Gründen vor Erfüllung der Wartezeit erwerbs⸗ unfähig werden, gewährt werden darf, sofern Billigkeitsgründe vor⸗ liegen. Hiernach empfiehlt es sich, die Dauer der Wartezeit bei der Altersrente auf 30 Jahre, bei der Invalidenrente, vorbehaltlich solcher Ausnahmefälle, auf 5 Jahre zu bemessen. Während der Uebergangs⸗ zeit wird, um das Gesetz auch bezüglich der Altersrente alsbald praktisch werden zu lassen, nicht der Nachweis von Beiträgen, sondern nur der Nachweis wirklicher Arbeit während derselben Anzahl von Jahren, welche die regelmäßige Wartezeit für die Invalidenrente bilden, zu fordern sein. Dagegen erscheinen besondere Uebergangs⸗ bestimmungen für die Invalidenrente nicht durchaus erforderlich, weil die letztere nach den Vorschlägen der Grundzüge schon nach einjähriger Beitragsleistung entweder voll gewährt werden muß (sofern nämlich die Erwerbsunfähigkeit Folge einer Berufskrankheit ist), oder in anderen Fällen doch wenigstens zur Hälfte gewährt werden darf (Ziffer 9). 1
Die Kosten einer solchen Regelung sind für den Jahresdurch⸗ schnitt überschläglich auf 156 Millionen Mark veranschlagt, woran das Reich, der Arbeitgeber und der Arbeiter mit je einem Drittel zu betheiligen sein dürften. Ohne Reichszuschuß wird die Alters⸗ und Invalidenversicherung nicht durchzuführen sein. Werden die Kosten annähernd jene 18 erreichen, so entfällt auf den Kopf der Versicherten im Durchschnitt ein Gesammtbeitrag von jährlich 13 ℳ oder bei 300 Arbeitstagen ein Betrag von weniger als täglich 5 ₰ ausschließlich der Verwaltungskosten. Bei Drittelung dieses Be⸗