Auf Grund des §. 11 des Reichsgesetzes gegen die
Kemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie vom
21. Oktober 1878 wurde mit Entschließung der unterfertigten Stelle vom Heutigen die Druckschrift: „Zur Lage der arbeiten den Klasse in Bayern, eine volkswirthschaft⸗ liche Skizze von Dr. Bruno Schönlank“, Nürnberg, Druck und Perlag von Wörlein und Cie., 1887 — verboten, was wir hiermit zur geeigneten Veröffentlichung mittheilen. Ansbach, den 19. November 1887. Königliche Regierung von Mittelfranken, Kammer des Innern. Freiherr von Herman.
ANichtamtliches. Deutsches Reich.
1 Preußen. Berlin, 21. November. Se. Majestät der Kaiser und König nahmen heute den Vortrag des Chefs des Civilkabinets, Wirklichen Geheimen Raths von Wilmowski,
entgegen, empfingen Nachmittags den neuernannten siamesischen Gesandten und bevollmächtigten Minister, Phya Damrong Raja Bolakhanth, und den Königlich württembergischen Ge⸗ S Obersten Grafen von Zeppelin, behufs Entgegen⸗
nahme der Kreditive derselben, sowie vor dem Diner den
FinanzMinister Dr. von Scholz.
— Den Kammerherrndienst bei vhker Matssa der Kaiserin und Königin hat der Königliche ammerherr Graf Wedel übernommen.
— Se. Königliche Hoheit der Prinz Heinrich ist, dem „W. T. B.“ zufolge, gestern um Mitternacht in Genua eingetroffen und am Bahnhofe daselbst von dem deutschen General⸗Konsul Dr. Bamberg empfangen worden. Heute früh 7 Uhr ist Höchstderselbe nach San Remo weitergereist. 82
8 ½ — In der am 19. d. M. abgehaltenen Plenarsitzung des Bundesraths wurden festgestellt: die Etatsentwürfe für 1888/89 für die Verwaltung des Reichsheeres, über den Reichs⸗Invalidenfonds, der Reichsschuld, für das Auswärtige Amt und für das Reichs⸗Schatzamt, ferner der Entwurf zum Besoldungs⸗ und Pensions⸗Etat der Reichsbankbeamten mit Aus⸗ nahme der Mitglieder des Reichsbank⸗Direktoriums für das Jahr 1888. Die Zustimmung wurde ertheilt: den Gesetzentwürfen über die Heimschaffung der Hinterbliebenen im Auslande angestellter Reichsbeamten sowie wegen Unterstützung von Familien in den Feeesrienf eingetretener Mannschaften, und dem Antrage, betreffend die Ergänzung des Formulars für das den Seeleuten bei der ersten Anmusterung zu übergebende See⸗ fahrtsbuch. Der Entwurf eines Gesetzes wegen Feststellung des Reichshaushalts⸗Etats für 1888/89, der Gesetzentwurf, betreffend die Aufnahme einer Anleihe für Zwecke der Ver⸗ waltungen des Reichsheeres, der Marine u. s. w., der Antrag Württembergs wegen Abänderung des Betriebs⸗Reglements für die Eisenbahnen Deutschlands und die Vorlage, betreffend die Bildung einer Berufsgenossenschaft der Unter⸗ nehmer land⸗ und forstwirthschaftlicher Betriebe für das Gebiet des Herzogthums Sachsen⸗Altenburg, wurden den zu⸗ ständigen Ausschüssen zur Vorberathung überwiesen. Den Vorsitz führte zunächst der Staats⸗Minister, Staatssekretär des Innern von Boetticher, sodann nach eingetretener Behinde⸗ rung desselben der Königlich bayerische Gesandte Graf von Lerchenfeld⸗Koefering.
— Der Ausschuß des Bundesraths wesen hielt heute eine Sitzung.
— Als eine aus §. 130 Str. G. B. zu bestrafende öffentliche Anreizung verschiedener Klassen der Bevölkerung zu Gewaltthätigkeiten gegen einander ist nach einem Urtheil des Reichsgerichts, II. Strafsenats, vom 23. September d. J. nicht zu bestrafen die öffentliche Anreizung einzelner Personen, welche verschiedenen Bevölkerungsklassen angehören, gegen einander.
—. Durch Allerhöchste Ordre vom 7. November d. J. ist genehmigt worden, daß dem Mansfelder Gebirgskreise, welcher den Bau von Chausseen 1) von der Kreisgrenze bei Westorf im Kreise Aschersleben über Welbsleben, Harke⸗ rode, Alterode, Stangerode bis zur Grenze mit dem Herzog⸗ thum Anhalt, 2) von Mansfeld über Möllendorf nach Gorenzen, 3) von Klostermansfeld über Thondorf nach Siers⸗ leben beschlossen hat, das Enteignungsrecht für die zu diesen Chausseen erforderlichen Grundstücke verliehen worden.
v11“ Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich sächsische Geheime Regierungs⸗Rath Vodel, ist hier an⸗ gekommen.
Königsberg i. Pr., 19. November.
Se. Majestät der Kaiser von Familie traf heute
für Rechnungs⸗
(W. T. B.) Rußland nebst seiner b Mittag um 1 ¼ Uhr auf dem Rangir⸗ bahnhof bei Po narth ein und wurde von dem dänischen Konsul Gädecke nebst Gemahlin, dem kommandirenden General, dem Ober-⸗Präsidenten, dem Pelttei Prästdenten, dem Stadt⸗Kommandanten und dem ru sischen Konsul be⸗ grüfg. Um 1 Uhr 35 Minuten setzten die Majestäten die Reise nach Eydtkuhnen fort.
nngEs
Hannover, 16. November. (Hann. Post.) In der heutigen Sitzung der 4. ordentlichen hannoverischen 8 Landessynode wurde der Entwurf eines Kirchengesetzes, betreffend die Kirchenvisitation, an eine Kommission von 10 Mitgliedern verwiesen.
2 Sachsen. Dresden, 16. November. Ztg.“ wird geschrieben: Das Bild der wirthschaftlichen Verhältnisse Sachsens, insbesondere seiner Finanz⸗ lage, durch welches der im Allgemeinen günstige Eindruck der übrigens auch durch ihre fremdwortfreie Sprache sich aus⸗ Fctermen Thronrede ganz wesentlich verstärkt worden ist, hat darin natürlich nur in großen Umrissen gegeben werden können. Klar und scharf dagegen bis in sede Einzelheit zeigen es Ziffern, welche die Regierung den Landständen im Staagtshaushaltsentwurf für die nächste Finanz⸗
unterbreitet hat. Was zunächst die Einnahmen überhaupt anbelangt, so hat die Regierung bei aller unserer Finanzverwaltung zur Gewohnheit gewordenen Vor⸗ selben nicht unbedeutend höher be⸗
Vorperiode 1886/87. Damit ist es
n, für eine ganze Reihe zum Theil
Der M. „Allg.
sehr wichtiger Ausgabezwecke entweder erhöhte Bewilligungen
oder Neubewilligungen in den Staatshaushaltsplan einzustellen. Während nämlich in der jetzt zu Ende gehenden Periode die gesammte Brutto⸗Einnahme auf 142 314 294 ℳ und daher in gleicher Höhe auch die gesammte Ausgabe jährlich veran⸗ schlagt worden ist, hat in dem Staatshaushaltsplan für 1888/89 eine Brutto⸗Einnahme von 154 961 421 ℳ, und damit auch eine gleich hohe Ausgabe in jedem der beiden Jahre in Aus⸗ sicht genommen werden können. Als sehr günstig dürfen ins⸗ besondere die voraussetzlichen Ergebnisse aus dem Ertrage der Steuern und Abgaben bezeichnet werden. Denn insofern die Ueberschüsse bei den direkten Steuern auf 20 939 640 ℳ gegen 19 461 300 ℳ, und bei den Zöllen und Verbrauchs⸗ steuern auf 16 390 600 ℳ gegen 12 551 460 ℳ in der jetzigen Periode beziffert werden, bedeutet dies ein Mehr von 1 478 340 ℳ bei ersteren und von 3 839 140 ℳ bei letzteren, zusammen also ein Mehr von 5 317 480 ℳ jährlich. Bei den direkten Steuern wird das Mehr hauptsächlich von der Einkommen⸗ steuer getragen, welche in Anbetracht theils der Vermehrung der Zahl der Steuerpflichtigen, theils des Steigens des steuer⸗ vfeigkise Einkommens pro Jahr um 1 398 000 ℳ höher (17 718 000 gegen 15 820 000 ℳ im vorigen Etat) hat ein⸗ gestellt werden können. Bei den Zöllen und Verbrauchs⸗ steuern erklärt sich das Mehr aus der höheren Bezifferung, welche einerseits der Antheil Sachsens am Ertrage der Zölle, der Tabacksteuer sowie der Reichs⸗ stempel⸗ und Branntweinverbrauchssteuer (13 419 314 ℳ gegen 9 391 560 ℳ im Vor⸗Etat, mithin 4027 754 ℳ mehr), andrerseits das Erträgniß aus der Schlachtsteuer und der Uebergangsabgabe von zollvereinsländischem Fleischwerth (4070 000 ℳ gegen 3 879 500 ℳ, demnach 190 500 ℳ mehr) erfahren hat. Diesen Mehrbeträgen steht freilich auch ein wesentlich erhöhter Matrikularbeitrag an das Reich gegenüber; derselbe erscheint im neuen Staatshaushaltsplan mit 11 304 009 ℳ gegen 7 661 735 ℳ in der jetzigen Finanz⸗ periode, beansprucht also 3 642 274 ℳ mehr. Bei den Staatseisenbahnen hat die Brutto⸗Einnahme auf 72 147 000 ℳ oder um 3 627 300 ℳ mehr als im Jahre 1886/87 ver⸗ anschlagt werden können, und das Mehrerträgniß würde hier noch ein bedeutend größeres sein, wenn nicht den zu erwarten⸗ den Mehreinnahmen sowohl wesentlich erhöhte sächliche Ver⸗ waltungs⸗ und Betriebsausgaben (+ 1 537 873 ℳ’), als auch sehr bedeutende Mehrbedürfnisse für persönliche Ausgaben (+ 1 932 241 ℳ) gegenüberständen. Letztere haben ihren Grund nicht bloß in der durch Eröffnung neuer Linien ꝛc. veranlaßten Vermehrung der angestellten Beamten um 359, sondern auch in beabsichtigten Gehaltserhöhungen und der Be⸗ gründung einer Pensionskasse für ständig beschäftigte Axbeiter. Auch der außerordentliche Staatshaushalts⸗Etat umfaßt bei einem Gesammterforderniß von 25547000 ℳ außer einer Nachforderung von 242 000 ℳ für die Erbauuung des Winterhafens bei Riesa lediglich Aufwendungen im Interesse des Staatseisenbahn⸗ betriebes, insbesondere zum Ankauf der auf sächsischem Gebiet gelegenen Strecke der Berlin⸗Dresdener Eisenbahn und zum Bau von fünf neuen Sekundärbahnen. Sein Gesammtbedarf soll aus den verfügbaren Beständen des beweglichen Staats⸗ vermögens (einschließlich des rechnungsmäßigen Ertragsüber⸗ schusses von 8 657 956 ℳ der Finanzperiode 1884/85) Deckung fündem⸗ so daß die Aufnahme einer neuen Anleihe nicht in Frage ommt.
Baden. Karlsruhe, 19. November. (Karlsr. Ztg.) Bei der heute in Mannheim vorgenommenen Wahl eines grundherrlichen Abgeordneten zur Ersten Kammer im Be⸗ zirk unterhalb der Murg wurde Landgerichts⸗Rath Freiherr Albrecht Rüdt von Collenberg⸗Bödigheim in Offenburg ge⸗ wählt. — Bei der heute stattgehabten Ersatzwahl im 18. Wahlbezirk (Stadt Freiburg) für die Wahlen zur Zweiten Kammer der Ständeversammlung wurde Ober⸗Hofgerichts⸗Rath a. D. Betzinger in Freiburg mit 86 gegen 80 Stimmen zum Abgeordneten gewählt. — Nach dem Abschluß der Kapital⸗ rentensteuer⸗Register beläuft sich die Gesammtsumme der für das Jahr 1887 festgestellten Renten steuer⸗Kapitalien auf 1 021 834 260 ℳ Gegenüber den für das Jahr 1886 kon⸗ statirten Rentensteuer⸗Kapitalien im Betrage von 994830 000 ℳ ergiebt sich hiernach eine Zunahme von 27 004 260 ℳ Die Gesammtzahl der Rentensteuerpflichtigen ist von 51 441 im Vorjahre auf 52 507, somit um 1066 gestiegen. Im Jahre 1886 betrug die Zunahme der Kapitalien gegenüber dem Vorjahre: 11 982 340 ℳ, 1885: 52 059 480 ℳ, 1884: 43 212 940 ℳ, 1883: 36 015 580 ℳ, 1882: 40 302 760 ℳ Im Ganzen beläuft sich seit dem Jahre 1875, für welches das dermalige Kapitalrentensteuergesetz vom 29. Juni 1874 erst⸗ mals zur Anwendung gelangte, die Gesammtzunahme der Rentensteuer⸗Kapitalien auf 351 994 100 ℳ oder 52,5 Proz. der für 1875 konstatirten Summe von 669 840 160 ℳ
Mecklenburg⸗Schwerin. Schwerin, 19. November. Auf Befehl des Großherzogs wird morgen sowie an dem nächsten Sonntage in den Kirchen des Landes für Se. Kaiser⸗ liche Hoheit den schwer erkrankten Kronprinzen des Deut⸗ schen Reichs und von Preußen Fürbitte eingelegt werden. Die Theilnahme an dem harten Geschick, welches das preußische Königshaus durch die Krankheit des Thronfolgers betroffen hat, ist hier eine allgemeine und herzliche. Wie lebhafter Sympathien sich hier der erlauchte Kaisersohn erfreut, zeigte sich besonders vor Jahresfrist bei dessen hiesiger Anwesenheit bei der Hochzeit des Prinzen Reuß, namentlich durch einen glänzenden Fackelzug, den der hohe Herr mit der Ihm eigenen huldvollen Liebenswürdigkeit entgegennahm.
Schwarzburg⸗Nudolstadt. Rudolstadt, 18. Novem⸗ ber. (Mgdb. Ztg.) Heute ist der Landtag durch den Staats⸗ rath von Holleben eröffnet worden. Für diese Session liegen 15 Vorlagen vor.
3 Khwapsburg ⸗Sondershausen. Sondershausen, 18. November. (Leipz. Ztg.) Dem Landtage ist als eine der wichtigsten Vorlagen ein Gesetzentwurf, betr. Einfüh⸗ rung eines neuen Gerichtskosten⸗ und Verwal⸗ tungskosten⸗Gesetzes, zur Berathung und Beschlußfassung vorgelegt worden. Durch das Verwaltungskosten⸗Gesetz werden die Verwaltungskosten⸗Gebühren, welche bisher kaum noch 5000 ℳ betrugen, nicht unbeträchtlich gesteigert werden, doch sind im Allgemeinen die Sportelsätze niedriger gestellt als in anderen Staaten und muß eine Neuordnung des Sportelwesens in unserm Lande als durchaus nothwendig erachtet werden. Die Vorlagen der Regierung sind an die Deputationen vertheilt und werden dort einer weiteren Berathung unterworfen werden.
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 19. November. (W. T. B Die österreichische Delegation genehmigte in der heut. gen Sitzung das Ordinarium des Heeresbudgets sammt den Anträgen, betreffend die Subsistenzzulage für alternen Militärbeamten und die Aufbesserung für die Kost der Mannschaften und nahm alsdann das Extraordinarium mit der Erklärung an, daß der in Höhe von 52 ½ Millionen eröffnete Kredit, soweit derselbe noch nicht lombardirt wurde, erloschen sei. Hierauf wurde
der Kredit für die okkupirten Länder und die Schlußrechnung pro 1885 genehmigt. Im weiteren Verlaufe der Situng
wurde die vollständige Uebereinstimmung der beider⸗
seitigen Delegationsbeschlüsse bezüglich der Etats des Auswärtigen, der Kriegsmarine, der Finanzen, des Rechnungs⸗ hofes und der Zollgefäͤlle zur Kenntniß genommen und eine Resolution vescfs größerer Betheiligung des Kleingewerbes an den Armeelieferungen angenommen.
— 20. November. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der österreichischen Delegation wurde die Ueberein⸗ stimmung der Beschlüsse beider Delegationen kon⸗ statirt. Hierauf sprach Minister Graf Kälnoky der Dele⸗ gation den Dank und die besondere Anerkennung des Kaisers für ihre patriotische Opferwilligkeit sowie den Dank der Regierung für das derselben bezeigte Vertrauen aus. In einem an die Delegation ge⸗
richteten Schlußwort hob der Präsident Revertera hervor, daß
die Delegation offen ausgesprochen habe, daß Oesterreich einen Frieden mit Ehren, kein Preisgeben seiner Geschicke an den Willen eines Anderen und ein Festhalten am Völkerrecht und an der Vertragstreue wolle. Unter begeisterten Hochrufen auf den Kaiser wurde darauf die Delegation geschlossen. Agram, 19. November. hat nach einer Erwiderung Opposition das Budget in unverändert angenommen.
des Banus auf die Angriffe der der General⸗ und Spezialdebatte
Großbritannien und Irland. Londo n, 20. November (W. T. B.) Die Mitglieder der radikalen Vereine und Klubs von London, unter denen sich viele Irländer befinden, begaben sich heute Nachmittag in geordnetem Zuge und unter Mitführung mehrerer Musikcorps nach dem Hydepark, wo die Abhaltung von Versammlungen gestatte ist. Die Zahl der an der Kundgebung Theilnehmenden betrug etwa 15 000 Personen; eine noch größere Anzahl Neu⸗ gieriger hatte der Zug herbeigelockt. Es wurden mehrere Reden gehalten und schließlich einige Resolutionen angenommen, in denen gegen die Einsperrung von OBrien und gegen das Verhalten der Behörden protestirt wid, die das öffentliche Versammlungsrecht verletzt hätten. Die Manifestanten verließen darauf den Hydepark unter den Klängen der Marseillaise, welche die an der Spitze der einzelner Vereine befindlichen Musikcorps spielten. Die Sozialisten waren der Kundgebung fern geblieben; es zeigte sich nirgends eine rothe Fahne. Der Trafalgar⸗Square md die dahin führenden Zugänge waren von der Polizei streng bewacht.
Frankreich. Das Ministerium Rouvier ist der Verbindung der äußersten Linken mit der Rechten der Kamner erlegen und hat seine Dem ission gegeben. Das „W. T. v“ meldet über den Verlauf der Minister⸗Krisis:
Paris, 19. November. In der Deputirtenkamme wurde heute die Interpellation der äußersten Linken eingebracht. Der Minister⸗Präsident Rouvier bearn⸗ tragte, die Berathung im Interesse der Rentenkonversion auf den 24. d. M. zu vertagen, und stellte die Vertrauens⸗ frage. Clémenceau meinte: es sei eine seltsame Art und Weise, den Renteninhabern die Versicherumg zu geben, daß sie bis zum 24. d. M. in Frieden leben könnten, indem ihnen dann eine noch nie de⸗ gewesene Krise in Aussicht gestellt werde. Zu lange schons eine Erklärung erwartet worden; es gebe keine Regierung mehr; das Ministerium sei außer Stande, die republikanisch Politik zu leiten. Das Parlament sei der Leitung der Rechten überlassen; die Gerichte und die Polizei bekämpften einandern die Unordnung in der Verwaltung sei vollständig. Schließlit lehnte die Deputirtenkammer mit 328 gegen 242 Stimmen de Vertagung ab. Der Minister⸗Präsident Rouvier zeigte darauf die Demission des Kabinets an. Nunml zog Clémenceau seine Interpellation zurück, inden er erklärte: er wolle nicht ein Ministerium interpelliren, de nicht mehr vorhanden sei. Die Sitzung wurde sodann auf nächsten Montag vertagt. 8
Nach Schluß der Kammersitzung begaben sich die Ministe zu dem Präsidenten Grévy, um ihre Demission 1 geben. Die Minorität für das Kabinet bestand an 221 Republikanern und 7 Konservativen; die Majoriti! umfaßte 169 Republikaner und 148 Konservative. W. es heißt, sagte Rouvier beim Verlassen der Kamme zu Clémenceau: „Sie haben mich von einer schwere Bürde befreit; ich werde Grévy den Rath gelen Sie zu berufen.“ Goblet erklärte in den Wandelgängen. er würde einen Auftrag zur Kabinetsbildung nicht übernehne — Die Situation ist sehr verworren. Die republ, kanischen Gruppen bemühen sich, eine allgemeine Ver⸗ sammlung der Republikaner zu Stande zu bringen, in mittelst derselben eine starke, unbestrittene Regierungsgewol zu begründen.
— 19. November, Abends. Der Präsident Grölt hat die Demission der Minister angenommen 1 dieselben beauftragt, die laufenden Geschäfte bis alf Weiteres zu erledigen. Gleichzeitig ließ Hr. Grévy . Freyeinet zu sich bitten, um sich mit ihm über die fe besprechen. Auch mehrere andere politische Persönlichkeir deneh im Laufe des Abends zum Präsidenten entboten wre en sein.
— 20. November. Die „République frangaise“ thel mit: Präsident Grévy habe sich lange mit Hn de Freyecinet besprochen, jedoch ohne demselben
Nission zur Bildung eines Kabinets anzubieten. h Grépy habe erklärt: er werde keine Mühe scheuen, um ( Kabinet zu konstituiren, aber er sei entschlossen, keinem ven fassungswidrigen Zwange nachzugeben und werl nicht demissioniren. — Die Journale erwarten el Beendigung der nicht vor Dienstag oder Mittwac
— 20. November. Präsident Grévy hat, wie ¹ lautet, heute im Gespräch mit mehreren Personen erna den festen Entschluß, von seinem Posten nicht zurü zutreten, sowie die Hoffnung ausgesprochen, daß es ihm lingen werde, ein neues Kabinet zu Stande zu bringen. So
die sut
88* 1 e die Verwendungs⸗ dauer einiger im vorigen Jahre bewilligter Kredite, sowie
(Prag. Ztg.) Der Landtag
er dabei gleichwohl auf unübersteigliche Schwierigkeiten stoßen, o würde er durch den Senat die Auflösung der Kammer “ Er würde sich dann zurückziehen, nachdem er dem Lande durch eine an das Parlament gerichtete Bot⸗ chaft seine Ansicht über die Lage, deren Ursprung und Folgen zu erkennen gegeben habe.
Das Bureau der drei Gruppen der Linken hat sich über die Einberufung einer Plenarversamm⸗ lung der Republikaner nicht zu einigen vermocht und keinerlei Entschließung gefaßt.
— 20 November, Nachmittags. In einer heute Vor⸗ mittag abgehaltenen Versammlung der Gruppe der sogenannten „Unabhängigen“, zu welcher Brisson, Goblet, Ribot, Lockroy und Sadi Carnot gehören, wurde be⸗ schlossen: an einer Plenarversammlung aller Gruppen der Linken nicht theilzunehmen, wenn nicht ein vorher festgestelltes bestimmtes Programm vorliege. Die beabsichtigte Plenar⸗ versammlung aller Gruppen der Linken wird nach diesem Beschluß der „Unabhängigen“ als gescheitert an⸗
en. geseh,ge. Union der Linken machte sich dahin schlüssig, daß es, ohne den Gedanken an eine Plenarversammlung aller Gruppen der Linken zurückzuweisen, im gegenwärtigen Augen⸗ blick doch nicht von Nutzen scheine, eine solche Plenarversamm⸗ lung herbeizuführen.
— 20. November, Abends. Präsident Grévy ließ am Abend Clémenceau ersuchen, morgen Vormittag zu einer Konferenz in das Elysée zu kommen.
— Wie das „W. T. B.“ ferner unter dem 19. d. M. meldet, ist Graf d'Aubigny zum französischen Ge⸗ sandten in Kairo ernannt worden. — Spanien hat, demselben Telegramm zufolge, ebenfalls seine Zustimmung zu der Suezkanal⸗Konvention gegeben.
Der „Polit. Corresp.“ wird aus Paris gemeldet, daß die Vertreter Frankreichs am 14. d. M. den Mächten, bei welchen sie beglaubigt sind, den Text der Suezkanal⸗Konvention nebst einer die zustim⸗ mung zu der Konvention empfehlenden Note⸗ des französischen Kabinets sowie das Schlußprotokoll des englisch⸗französischen Uebereinkommens überreicht haben. Die Uebergabe an die Mächte erfolgte mit Rücksicht auf die Stellung der Pforte als souzeräne Macht später als die Uebergabe an diese.
— (Fr. C.) Die Dokumente der mit China abgeschlossenen neuen Handelskonvention sind in Paris eingetroffen. China eröffnet dadurch die Städte Long⸗Ts cheu in Kuangsi und Mongtseu in Nunnan dem französischen Handel, der hier eine Reduktion der Eingangszölle um 3⁄10 genießt, auch die Opiumausfuhr aus Punnan über die Landesgrenze nach Tongking und der Durchgang der französischen und anamitischen Schiffe auf dem chinesischen Theil der Flüsse Song⸗Ki⸗Kong und Caobang (zwischen Langson und Caobang) wird gestattet. Dagegen werden für die chinesische Einfuhr nach Indo⸗China die Sätze des französisch⸗anamitischen Generaltarifs um ⁄1% ermäßigt.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 20. No⸗ vember. (W. T. B.) Das „Journal de St. Péters⸗ bourg“ hebt hervor, daß der Empfang der russischen Majestäten in Berlin ein überaus herzlicher gewesen sei. Die tief empfundene Sorgfalt, mit welcher Kaiser Wilhelm persönlich über die Vorbereitungen zu dem Empfange gewacht habe, zeugten aufs Neue für seine Anhänglichkeit an die mon⸗ archischen Traditionen sowie für die Familienbande, die ihn mit dem russischen Kaiserhaus verknüpfen. „Die schmerzlichen Besorgnisse wegen der Gesundheit des Kronp rinzen, denen die russischen Majestäten sich von ganzem Herzen anschlossen, brachten es mit sich, daß den Monarchen die Beobachtung eines ermüdenden Ceremoniells erspart und der Charakter einer Familien⸗Zusammenkunft gewahrt wurde, die um so herzlicher war, als die Umstände auf die gegenseitigen Sympathien besonders hinwiesen. Die Bekundung dieser Gefühle, die sich stärker als alle Prüfungen gezeigt aben, wird sicherlich beiden Souveränen theuer gewesen sein. ir sind überzeugt, daß die russische Gesellschaft daran theilnehmen wird, und dürfen gern glauben, daß auch die deutsche Nation sich in derselben Weise an den von gegen⸗ seitiger Zuneigung getragenen Intentionen ihres Monarchen betheiligen wird. Mögen diese guten Eindrücke sich treu in den Beziehungen der beiden großen Reiche wider⸗ spiegeln!“ — 21. November. (W. T. B.) Der Kaiser und die Kaiserliche Familie sind gestern Nachmittag in Gatschina eingetroffen.
Schweiz. Bern, 20. November. (Bund.) In weiterer Ausführung des Bundesgesetzes, betreffend ge⸗ brannte Wasser, und gemäß den Bundesrathsbeschlüssen vom 1. und 15. November wird nach einer Bekanntmachung des eidgenössischen Finanzdepartements auf alle vom 1. De⸗ zember 1887 an eingeführte, mit Alkohol hergestellte pharmazeutische Produkte und Droguerien, ferner für die Alkohol enthaltenden Bae .es und kosmetischen Mittel, wie zum Beispiel Kölnisches Wasser, au de Botot, Brillantine, Kopfwaschwasser, Münzen⸗ geist (Alcool de Menthe) u. s. w., gleichwie für die Qua⸗ litätsspirituosen, nebst dem tarifgemäßen Eingangszoll eine feste Nonopolgebühr von 80 Fr. vom Metercentner brutto erhoben werden. Die Importeure von pharmazeutischen Pro⸗ dukten, Droguerien, Parfümerien und kosmetischen Mitteln haben daher bei Vermeidung von Strafe wegen Widerhandlung gegen das Alkoholgesetz in den Zoll⸗ deklarationen jeweilen genau anzugeben, ob der In⸗ alt einer Sendung aus Spirituosen, resp. mit Alkohol fabrizirten Produkten bestehe, welche letztere bei gemischten Sendungen separat zu deklariren sind. Auf den nämlichen Zeitpunkt fallen die für einige schweizerische Parfümerie⸗ fabriken ertheilten Bewilligungen zur Einfuhr von relativ denaturirtem Alkohol dahin. Bezüglich der Rückvergütung des
onopolgewinnes für exportirte flüssige spirituöse Erzeugnisse er genannten Fabrikatbranchen ist das Reglement vom 1. No⸗ vember 1887 maßgebend.
„Belgien. Brüssel, 20. November. (W. T. B.) In Lüttich fand⸗ heute eine zahlreich besuchte Versam mlung industrieller Gesellschaften unter dem Vorsitz des
ürgermeisters statt. Dieselbe war einberufen worden, um gegen die Bestellung von Kanonen im Aus⸗ ande Verwahrung einzulegen. Es wurden mehrere Reden gehalten und ein Brief des Generals Jacmart verlesen, in welchem dieser im wirthschaftlichen, industriellen
und militärischen Interesse die öffentliche Ausschreibung der Kanonenlieferungen verlangt. Die Versammlung nahm mehrere Resolutionen in diesem Sinne an. 1
Zeitungsstimmen. 1 8
Die „Germania“ beginnt eine Besprechung der Grund⸗ züge zur Alters⸗ und Invaliditäts⸗Versorgung der Arbeiter wie folgt: 1
plg Grundzüge sind am Jahrestage der Kaiserlichen Botschaft des Jahres 1881 dem Urtheil der öffentlichen Meinung unterbreitet worden. Sie sind auch im Geiste der Kaiserlichen Botschaft gehalten, und wer auch noch so viel im Einzelnen anders wünschen mag, er wird gern anerkennen oder der Wahrheit gemãß wenigstens anerkennen müssen, daß im Sinne des praktischen Christenthums wieder ein wesent⸗ licher Schritt vorwärts gethan werden soll, vorwärts zu einer gerechteren und würdigeren Ausgestaltung der Lebensbedingungen der arbeitenden Klassen, und zwar dieser Klassen in einem sehr weiten Sinne des Wortes, vorwärts zur Beseitigung vieler Nothstände und gerechter Klagen. Und auch das wollen wir gleich hier zufügen, daß wir zwar mancherlei wichtigere und weniger wichtige Besserungsvorschläge machen werden, wie sie gewiß noch im verschiedensten Sinne von den verschiedensten Seiten kommen werden, daß wir aber gern anerkennen, auch in den Grundzügen selbst liege schon ein tüchtiges Stück Arbeit vor uns, eine wohldurchdachte Leistung gegenüber der neuen und so überaus schwierigen und verwickelten Aufgabe. Vor Allem im Kleinen sind Ausführungsschwierigkeiten oft in einer sehr geschickten, viel Nachdenken und scharfsinnige Kombination verrathenden Weise gelöst. Außerdem handelt es sich ja jetzt erst nur um die „Grundzüge“, um den konkreten Niederschlag eines der „verschiedenen Bilder“ oder einer Kombination von Einzel⸗ heiten der „verschiedenen Bilder“, welche die betreffenden Be⸗ hörden, nach einem Wort des Ministers von Boetticher, schon vor einiger Zeit von der Alters⸗ und Invaliden⸗Versicherung sich gebildet hatten. Und diese „Grundzüge“ geben nun für den, wie es heißt, zu berufenden Volkswirthschaftsrath die Unterlage zu seiner Berathung, der Bundesrath wird sich noch damit befassen, und zuletzt wird ohne Zweifel dem Reichstag, wozu auch die jetzigen Grundzüge schon sich eignen würden:, eine Unterlage für seine Berathung zugehen, aus der, wie kaum zu zweifeln, schon in der bevorstehenden Session ein Werk hervorgehen kann, in welchem, um mit der Kaiserlichen Botschaft zu reden, die realen Kräfte des christlichen Volkslebens theils schon zum Ausdruck kommen, theils Gelegenheit finden zu weiterer Be⸗ thätigung. . ..
— Die „Deutsche Dorf⸗Zeitung“ schreibt über die Terminspekulation in Getreide:
Wie an allen Börsen, so stehen sich auch an der Produktenbörse zwei Parteien gegenüber, die Haussepartei, welche die Preise zu treiben sucht, und die Baissepartei, welche einen Preisdruck anstrebt. Der Haussier hat das Interesse, das Angebot zu vermindern, also Waare, welche sich am Ort befindet, möglichst hinwegzuschaffen; während der Baissier Waare heranschafft, um den Preis zu drücken. Der Baissier ist daher der berufsmäßige Importeur. Er importirt, um durch Waarenangebot den Preis zu drücken, und gelegentlich, um frühere Blankoverkäufe zu decken.
Indessen darf man nicht glauben, daß der Baissier immer wirk⸗ lich importirt; im Gegentheil, das Geschäft wird, so lange es irgend angeht, nur durch Lieferungsverträge, d. h. auf dem Papier, mittelst „Zetteln“ gemacht, die vom Baissier zum Haussier herüber und hin⸗ über gehandelt werden. Der Haussier seinerseits kauft die ihm von der anderen Partei angebotenen Zettel auf, in der Erwartung, daß die Preise steigen und ihm einen Gewinn verschaffen werden.
Halten sich nun die beiden Parteien so ziemlich die Waage, so mag das Ergebniß ihrer Operationen eine gewisse Ausgleichung der Preise sein. Die letzteren werden sich auf einem mittleren Stande erhalten, der dem Verhältniß von wirklichem Angebot und Nachfrage ungefähr entspricht. Sobald jedoch die Verhältnisse derartige sind, daß sie der einen oder anderen Partei ein starkes Uebergewicht ver⸗ schaffen, so werden nothwendig durch das Termingeschäft die Preise in der einen oder anderen Richtung übertrieben beeinflußt, auf un⸗ natürliche Weise erhöht oder herabgesetzt werden.
Nun ist gegenwärtig und schon seit langer Zeit die Lage des Ge⸗ treidehandels eine solche, daß in olge des massenhaften Angebots von amerikanischem, indischem, russischem Getreide die Baissepartei ein dauerndes Uebergewicht über die ihr gegenüberstehende Partei erlangt hat. Die Letztere ist entmuthigt und vermag der Gegnerin keinen ebenbürtigen Widerstand zu leisten. Daß unter solchen Umständen die Preise fortwährend sinken und wahrscheinlich sogar weit unter das Maß sinken, welches durch das wirkliche Verhältniß von An⸗ gebot und Nachfrage gerechtfertigt wäre, liegt auf der Hand. Denn das Termingeschäft verstärkt das ngebot in künst⸗ licher Weise. Die Getreidemassen, mit denen an den Produktenbörsen gehandelt wird, existiren größtentheils garnicht in Wirklichkeit, sondern nur auf dem Papier; aber da unter den gegenwärtigen Umständen allerdings niemals ein wirklicher Mangel an Getreide eintritt, so wird die Thatsache, daß das Angebot in Wahrheit nicht entfernt so groß ist, als es nach den Hantirungen an der Börse erscheint, ver⸗ schleiert und das papierne Angebot wirkt genau ebenso drückend auf die Preise, als wäre es ein thatsächliches, hinter dem wirkliche Ge⸗ treidemassen stehen. ““
So trägt die Terminspekulation aller Wahrscheinlichkeit nach mehr zu dem Sinken der Getreidepreise bei, als selbst die scharfe Konkurrenz des amerikanischen, indischen und russischen Getreides auf den europäischen Märkten. Denn die auswärtigen Getreideproduzenten haben kein Interesse daran, ihr Getreide so billig als möglich nach Europa zu verkaufen; im Gegentheil haben die Produzenten überall das Interesse, so theuer als möglich zu verkaufen, und dies Bestreben findet seine natürliche und rechtmäßige Grenze in dem Verhältniß zwischen Angebot und Nachfrage. Wenn aber das Verhältniß, wie es durch das Termingeschäft faktisch geschieht und nothwendig ge⸗ schehen muß, im Interesse des Handels gefälscht wird, so ist die unvermeidliche Folge davon ein Preisdruck, unter welchem die Produzenten aller Länder aufs Aeußerste leiden müssen. Das Getreide ist nicht die erste Waare, die auf diese Weise von den Machenschaften des Handels in unnatürlicher Weise entwerthet worden ist. Mit dem „König Baumwolle“ ist es ebenso geschehen, und in weniger augen⸗ fälliger Weise geschieht es mit allen anderen Verbrauchsartikeln, sobald sie vom börsenmäßigen Verkehr erfaßt werden.
Wie aber ist jener Fälschung vorzubeugen? Kann man das Termingeschäft und die Zettelspekulation verbieten?
Die Folge eines derartigen Vorgehens von Seiten eines einzigen Landes würde nur die sein, daß die Börsengeschäfte sich von ihnen hinweg und nach einem ausländischen Platz hinziehen. Der Preis des ausländischen Getreides würde anstatt an einem deutschen Platz, an einem anderen bestimmt werden und von da aus denselben Druck auf den Preis des deutschen Getreides ausüben wie jetzt. Eine radikale Abhülfe wäre also nur von einer internationalen Gesetzgebung zu erwarten, die begreiflicherweise ihre guten Wege haben wird. Für jetzt wird kaum etwas Anderes übri bleiben, als die Spekulation in auswärtigem Getreide durch Zölle dermaßen zu entmuthigen, daß sie wenigstens in Deutschland die Preise nicht über alle Gebühr verderben kann. Ob in späterer Zeit vielleicht für eine Verstaatlichung des Getreidehandels der Boden geebnet sein wird, mag dahingestellt bleiben. 1 G 8 s
Nach dem Obigen halten wir das Termingeschäft ganz im All⸗ gemeinen für einen Krebsschaden des Getreidehandels, wie jedes anderen Waarenhandels überhaupt. . ..
schaft nur noch l weiteres Sinken
nhter den im Ersatzjahre 1886/87 bei dem Landheer und bei der Marine eingestellten 101 456 preußischen Mann⸗ schaften waren 1160 oder 1,14 % ohne Schulbildung, welche sich auf die preußischen Provinzen bezw. Regierungsbezirke wie folgt vertheilen: auf Westpreußen 244 oder 4,44 % der dortigen Aus⸗ gehobenen bezw. auf die Regierungsbezirke Marienwerder 174 oder 5,22 % und Danzig 70 oder 3,24 % — auf Ostpreußen 349 oder 4,14 % bezw. auf die Regierungsbezirke Gumbinnen 175 oder 5,00 % und Königsberg 174 oder 3,53 % — auf Posen 305 oder 8 3,86 % bezw. auf die Regierungsbezirke Posen 267 oder 4,87 % und Bromberg 38 oder 1,57 % — auf Schlesien 130 oder 0,82 % bezw.
auf die Regierungsbezirke Oppeln 111 oder 1,82 %, Breslau 14 oder 0,24 % und Liegnitz 5 oder 0,13 % — auf Brandenburg mit Berlin 42 oder 0,40 % bezw. auf die Regierungsbezirke Frankfurt 32 oder 0,74 % und auf Potsdam mit Berlin 10 oder 0,16 % — auf Pom⸗ mern 24 oder 0,39 % bezw. auf die Regierungsbezirke Köslin 13 oder 0,54 %, Stralsund 4 oder 0,49 % und Stettin 7 oder 0,24 % — auf Hessen⸗Nassau 12 oder 0,22 % bezw. auf die Regierungsbezirke Kassel 8 oder 0,27 % und Wiesbaden 4 oder 0,16 % — auf Han-⸗ nover 15 oder 0,20 % — auf Westfalen 14 oder 0,20 % bezw. auf
die Regierungsbezirke Minden 5 oder 0,27 %, Arnsberg 9 oder 0,24 % und Münster 0 — auf Rheinland 19 oder 0,13 % bezw. auf die Regierungsbezirke Koblenz 5 oder 0,22 %, Düsseldorf 9 oder 0,18 %, Trier 2 oder 0,08 %, Köln 2 oder 0,08 % und Aachen 1 oder 0,05 % — auf Sachsen 4 oder 0,05 % bezw. auf die Regierungs⸗ bezirke Magdeburg 2 oder 0,06 %, Erfurt 1 oder 0,06 % und Merse⸗ burg 1 oder 0,03 % — auf Schleswig⸗Holstein 2 oder 0,05 % und auf Hohenzollern 0. — Hinsichtlich des relativen Antheils an den eingestellten Analphabeten ordnen sich die Provinzen bezw. Regierungs⸗ bezirke folgendermaßen unter: Westpreußen, Ostpreußen, Posen, Schlesien, Brandenburg mit Berlin, Pommern, Hessen⸗Nassau, Hannover, Westfalen. Rheinland, Sachsen, Schleswig⸗Holstein und Hohenzollern bezw. Marienwerder, Gumbinnen, Posen, Königsberg, Danzig, Oppeln, Bromberg, Frankfurt, Köslin, Stralsund, Kassel, Minden, Breslau, Arnsberg, Stettin, Koblenz, die hannöverschen Regierungsbezirke, Düsseldorf, Potsdam mit Berlin, Wiesbaden, Liegnitz, Köln, Trier, Magdeburg, Aachen, Schleswig, Merseburg, Erfurt, Sigmaringen und Münster, welche bei den letzteren keine
Analphabeten gestellt haben. Auf die drei erstgenannten Provinzen und
den Regierungsbezirk Oppeln kommen allein von den 1160 ausgehobenen schulbildungslosen Mannschaften 1009 oder 86,98 %. Unter den 100 296 eingestellten Mannschaften mit Schulbildung hatten solche nur in der nichtdeutschen Muttersprache 4395 oder 4,33 % genossen, von welchen 4278 oder 98,46 % allein auf die Regierungsbezirke Posen, Oppeln, Bromberg, Marienwerder, Danzig, Gumbinnen. Königsberg und Schleswig entfallen; denn es waren nur in der nicht deutschen Muttersprache unterrichtet von den Aus⸗ ehobenen in dem Regierungsbezirk Posen 1794 oder 34.38 %, Bopeln 1333 oder 22,06 %, Bromberg 507 oder 21,26 %, Marien⸗ werder 239 oder 7,56 %, Danzig 102 oder 4,88 %, Gumbinnen 115 oder 3,46 %, Königsberg 135 oder 2,90 % und Schleswig 50 oder 1,26 %, während der Prozentsatz für die übrigen Regierungsbezirke nur zwischen 0,40 (Sigmaringen) und 0,00 (Stralsund, Merseburg, Münster, Kassel, Wiesbaden, Koblenz, Düsseldorf und Köln) sich be⸗ wegt.
Kunst, Wissenschaft und Literatur
Von den weite Kreise interessirenden „Grundzügen zux Alters⸗ und Invalidenversicherung der Arbeiter nebst⸗ einer Denkschrift' ist in Carl Heymann's Verlag hier eine hand⸗ liche Ausgabe zum Preise von 0,60 ℳ erschienen.
— Im Verlage von W. Friedrich Nachf. (Hertz u. Süssenguth), Berlin, erschienen vor zwei Jahren die „Emanuel Geibel⸗Denk⸗ würdigkeiten“ von K. Th. Gaedertz. Von diesem Werke ist, wie die Verleger mittheilen, eine größere Anzahl auf Befehl Ihrer Majestät der Kaiserin zur Vertheilung an Hospital⸗Bibliotheken an⸗ gekauft worden; auch der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten hat den Ankauf einer gleich großen Zahl verfügt. Der günstige buch⸗ händlerische Erfolg des Buches hat die Verlagshandlung veranlaßt, einen größeren Betrag an das Comité des Geibel⸗Denkmals in Lübeck abzuführen.
Halle a. S., 18. November. (Voss. Ztg.) Im natur⸗ wissenschaftlichen Verein für Sachsen und Thüringen erstattete gestern Abend Hr. Medizinal⸗Rath Dr. Overbeck, der sich im Besiß eines Theils der Sammlungen Alexander von Humboldt's befindet, über dieselben Bericht. Das von Hrn. Dr. O. aufgestellte Verzeichniß der einzelnen Gegenstände, hauptsäch⸗ lich Mineralien, aber auch botanische und antike Objekte enthaltend, umfaßt 290 Nummern. Es befinden sich darunter auch kleine eigen⸗ händige Aufzeichnungen Humboldt's. Die Mineralien und Gesteine gedenkt Hr. Dr. O dem Mineralogischen Museum der Universität Halle zum Geschenk zu machen, sowie die Sammlungsgegenstände überhaupt im Laufe des Winters in den Vereinssitzungen vorzulegen. Bereits gestern Abend konnten die Anwesenden in die handschriftlichen Notizen Einsicht nehmen.
Mörs, 16. November, (Dtsch. Tabl.) Ein Ackersmann aus Ostrum stieß vor einigen Tagen beim Umgraben seines Ackers auf einen festen Gegenstand. Er grub tiefer, und in der Meinung, einen Stein herauszugraben, förderte er einen steinernen Krug an die Ober⸗ fläche, welcher mit einer eisernen Kugel zugedeckt war. Der Krug war mit 96 Silbermünzen und 26 Gold münzen angefüllt. Die ersteren haben die Größe der alten flachen Zehngroschenstücke, die letzteren beinahe das Gewicht unserer Zehnmarkstücke, sind jedoch in der Form größer und dünner. Die Münzen sind aus dem 14. resp. 15. Jahrhundert; die meisten tragen das Bildniß des Erzbischofs von Köln. Dem glücklichen Finder sind bereits 1000 ℳ für seinen Fund geboten worden.
Leipzig, 19. November. (W. T. B.) Der Psychophysiker und Aesthetiker Professor Fechner ist gestern gestorben.
Brüssel, 20. November. (W. T. B.) Der berühmte Maler Gallait ist gestorben.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Hamm, 18. November. (Köln. Ztg.) Der in der Kornzoll⸗ frage von dem heute hier versammelten Ausschuß des Land⸗ wirthschaftlichen Provinzialvereins für Westfalen und Lippe gefaßte, Beschluß spricht sich in wesentlicher Uebereinstimmung mit den entsprechenden Beschlüssen des Westfälischen Bauernvereins für eine erhebliche Erhöhung der Eingangszölle auf Getreide und Mehl, die Einführung eines wirksamen Zolls für Getreide⸗Abfälle, welche als Futtermittel dienen, und die unveränderte Beibehaltung des Iden⸗ titätsnachweises aus. In den an den Reichstag und den Reichskanzler zu richtenden Eingaben soll nach einem Antrage des Freiherrn von Schorlemer⸗Alst besonders darauf hingewiesen werden, daß man von der Erhöhung der Zölle in erster Linie für den mittlern und kleinen Grundbesitz wesentliche Vortheile voraussehe. Die Staatsregierung war bei den Verhandlungen durch den Ober⸗Präsidenten und die Regierungs⸗Präsidenten von Münster und Minden vertreten. 8 1
Zweibrücken, 18. November. (Köln. Ztg.) Eine gestern hier auf Anregung des nationalliberalen Wahlvereins⸗Ausschusses ab⸗ gehaltene Versammlung von Landwirthen aus dem Reichs⸗ tagswahlkreise Zweibrücken⸗Pirmasens ertheilte nach ausgedehnten Verhandlungen bezüglich der Getreidezollerhöhung folgender Entschließung ihre Zustimmung: 8
In Anbetracht, daß in Folge der vervollkommneten Beförderungs⸗ mittel zu Wasser und zu Lande sowie der dadurch vermittelten massen⸗ haften Einfuhr von ausländischem Getreide und Mehl die Frucht⸗ preise bereits so weit gesunken sind, daß die deutsche Landwirth⸗ mit Verlust zu erzeugen vermag, daß ferner ein
der Fruchtpreise zu befürchten ist, das den