n Beiträgen für die Geschichte und Alterthumskunde ürttembergs, aus dem Statistischen Landesamt sowohl wie von den verschiedenen historischen und Alterthumsvereinen wieder sehr reich⸗ haltig. So schildert im ersten Beitrage Emil Wagner, Pfarrer in Mägerkingen, die Schicksale der Reichsstadt Schwäbisch⸗Gmünd in den Jahren 1546—48, einer Zeit, während welcher diese Stadt bekanntlich im schmalkaldischen Kriege durch Belagerung und Plünderung viel gelitten hat. Die mitgetheilte urkundengetreue Darstellung giebt davon ein lebendiges Bild. — Der Württembergische Alterthumsverein in Stuttgart hat beigesteuert: einen Aufsatz über „Die Ortsnamen des schwäbischen Albgebiets nach ihrer Bedeutung für die Besiedlungsgeschichte“, von Karl Bohnenberger, Kandidaten der Theologie in Tübingen, und eine andere etymologische Arbeit, von Dr. Albert Vogelmann in Ellwangen: „Aus dem Wortschaß der Ellwanger Mundart“. In einem weiteren Beitrage schildert Archivsekretär Dr. Schneider nach den noch vor⸗ handenen Rechnungen, wie Herzog Ulrich von Württemberg nach seiner Vertreibung, in Mömpelgart, in der Schweiz und auf dem Hohentwiel Hof gehalten. — Aus dem Histo⸗ rischen Verein für das württembergische Franken haben eine ganze Reihe von Arbeiten Aufnahme gefunden, zunächst der Schluß der „Urkunden zur Geschichte des Streits zwischen Herrschaft und Stadt Weinsberg“ (aus dem Fürstlich Hohenlohe’schen gemeinschaft⸗ ichen Hausarchiv mitgetheilt vom verstorbenen Dekan Fischer in Oehringen). Dann erstattet Stadtpfarrer Gußmann in Sindringen Bericht über die von ihm konstatirte Strecke des Limes transrhenanus, von der Sindringer Ziegelhütte bis Pfahlbach, auf welcher er eine Reihe von fünf, in regelmäßigen Abständen auf einander folgenden römischen Wachthäusern festgestellt hat. G. Bossert hat auf rund von alten Dorfordnungen des württembergischen Franken as fränkische Gemeinderecht darzustellen gesucht, während Regierungs⸗Assessor Dr. Haffner die im Jahre 1808 in Tübingen ent⸗ deckte geheime Gesellschaft von Jünglingen zur Gründung einer Kolonie auf den Südsee⸗Inseln, sowie den Prozeß gegen den Stifter, Studiosus Karl Reichenbach, und seine Gesinnungsgenossen zum Gegen⸗ stand einer interessanten Untersuchung machte. Adolf Wohlwill in Hamburg endlich theilt ein Bruchstück aus der Selbstbiographie des älteren Bruders von Justinus Kerner, Georg, mit, betreffend ihren Vatex, den Regierungs⸗Rath Christoph Ludwig Kerner. — Der Verein für Kunst und Alterthum in Ulm und Oberschwaben ist ver⸗ treten durch etymologische Arbeiten von Buck in Ehingen, über die Hausnamen der oberschwäbischen Dörfer und die Forstortsnamen des Reviers Justingen, sowie eine Untersuchung von H. Basing über das Vorkommen des Worts „Katze“ in Ortsnamen. Letzterer giebt zunächst ein Verzeichniß solcher Namen aus Württemberg nebst einigen besonders charakteristischen außerwürttembergischen, und sucht dann daran zu be⸗ weisen, daß dieselben sehr alt sind, nichts mit dem Thier selbst zu thun haben, sondern aus den Vorstellungen hervorgewachsen sind, durch welche sich unsere Altvordern gewisse meteorische Vorgänge, namentlich Nebel⸗ und Wolkengebilde (in denen man an den Bergen ꝛc. kletternde Riesenkatzen sah) erklärten. — Unter dem Titel „Aus der Geschichte eines ulmischen Dorfes“ wird Bericht erstattet über die Ausgrabungen bei der Burg Berolfstat, welche zur Auffindung einer altheidnischen Opferstätte geführt haben. Ein weiterer Beitrag bietet das vollständige Ulmer Stadtrecht des 13. Jahrhunderts, im Urtext, nebst Uebersetzung und Erläuterung, von Hugo Basing. Endlich wird vom Rechtsanwalt Grimm in Saulgau ein lateinisches Gedicht auf die Stadt Mengen aus dem Jahre 1565 mitgetheilt, welches sich im städtischen Archiv daselbst gefunden hat. — Der Sülchgauer Alter⸗ thums⸗Verein bietet in dem Heft Berichte des General⸗Majors a D. E. von Kallee über die im Auftrage des Ministeriums des Kirchen⸗ und Schulwesens und mit daher verwilligten Mitteln vorgenommenen Ausgrabungen bei Rottenburg und bei Köngen am Neckar, speziell über das aufgedeckte Römerkastell auf der „Altstadt“ bei Rottenburg (mit Situationsplänen und Grundrissen). Kulturgeschichtlich be⸗ merkenswerth ist endlich das mitgetheilte Aktenstück über einen Hexen⸗ prozeß zu Freudenstadt aus dem 17. Jahrhundert (von Dr. Zingeler, Fürstlich hohenzollernschem Archivar in Sigmaringen).
„— Die am 26. d. M. erscheinende Nr. 2317 der „Illustrirten Zeitung“ enthält u. A. folgende Abbildungen: Klea. Studienkopf von Joseph Zenisek. — Prinz Hermann zu Solms⸗Braunfels und seine Gemahlin Elisabeth, geb. Prinzessin Reuß j. L. — Ungarische Landsturmtruppen. Originalzeichnung von L. Kimnach. — „General“ Booth bei der in Stockholm. Originalzeichnung von G. Broling. — Bilder aus Tirol: Schloß Ehrenburg im Pusterthal. Nach einer Zeichnung von Max Kuhn sen — Die Wiedererlangung des Ringes durch die Rheintöchter. (Schlußscene aus Richard Wagner'’s „Ring des Nibelungen.“) Gemälde von Hans Makart. — Berlins Bierpaläste. 5 Abbildungen. Originalzeichnungen von G. Theuerkauf. Löwen bräu⸗Lokal. — Siechen’s Lokal. — Das Spatenbräu⸗Lokal. — Das Dreher'sche Lokal. — Café Helms. — Joost van den Vondel. (Zum 300. Geburtstage.) — Kamerunschafe im Zoologischen Garten zu Berlin. Nach dem Leben gezeichnet von G. ützel.
Leipzig, 23. November. (Dr. J.) Vom hiesigen Rath ist der Ankauf der beiden Oelgemälde „Der Leuchtthurm bei Ostende“ von Achenbach und „Der rothe Prinz“ von A. von Werner für das hiesige städtische Museum beschlossen worden.
Gewerbe und Handel.
Der Aufsichtsrath der Charlottenburger Wasser⸗ werke hat beschlossen, auf den 15. Dezember eine außerordentliche Generalversammlung der Aktionäre einzuberufen, in welcher über eine Erhöhung des Grundkapitals um 1 Million Mark Beschluß gefaßt werden soll. Zweck dieser Kapital⸗Erhöhung ist die Beschaffung der zur Ausdehnung des Röhrennetzes der Gesellschaft nöthigen Mittel.
— Nach dem Geschäftsbericht der Rositzer Braunkohlen⸗ werke, Aktiengesellschaft, für das eschäftsjahr 1886/87 betrug die Förderung 1 565 102 hl Kohle gegen 1 484 357 hl im Vorjahre. Die Briquettesfabrik stellte her 311 989 Ctr. oder 46 798 675 Stück gegen 304 340 Ctr. oder 45 651 145 Stück im Vorjahre, die Naßpreßsteinfabrikation 83 300 Ctr. oder 4 165 000 Stück egen 84 840 Ctr. oder 4 242 000 Stück im Jahre 1885/86. Ver⸗ auft wurden 865 650 hl oder 1 211 910 Ctr. Kohle, 82 957 Ctr. oder 4 147 865 Stück Naßpreßsteine und 316 504 Ctr. oder 47 475 610 Stück Briquettes; zur Herstellung von Briquettes wurden 872 305 Ctr. Koble an die Pressen abgegeben und 66 400 hl zum eigenen Verbrauch verwendet. Der Gewinnüberschuß des beendeten Geschäftsjahres beträgt inkl. Vortrag aus dem Vorjahre 115 120 ℳ gegen 113 489 ℳ in 1885/86; hiervon werden 42 686 ℳ zu Ab⸗ schreibungen verwendet, während die Aktionäre 64 056 ℳ als Divi⸗ dende von 4 % erhalten.
— Die nächste Börsen⸗Versammlung zu Essen findet am 28. November im „Berliner Hof’ statt.
London, 24. November. (W. T. B.) Wollauktion.
(W. T. B.) Wolle ruhig,
Stimmung stetig, Preise unverändert. Bradford, 24. November.
aber stetig, Kreuzzuchten etwas besser, Merinos unverändert, Export⸗
garne thätiger, Stofffabrikanten mäßig beschäftigt.
Submissionen im Auslande.
Oesterreich. 1) 3. Dezember, Mittags. Wien, K. K. General⸗Direktion der Oesterreichischen Staatsbahnen. Lieferung von Schienen, Laschen,
Weichen ꝛc.
2) 12. Dezember, Mittags. Wien, dieselbe Behörde. Er⸗ weiterung des Hafens von Bregenz. Bau einer Schiffswerfte und Herstellung einer Personen⸗Haltestelle sammt zugehörigen Hochbauten. Voranschlag: 225 000 Fl. 8 .“ 8
Näheres an Ort und Stelle.
Verkehrs⸗ Anstalten. 8
Zum Zweck einer pünktlichen Bestellung der nach Berlin be⸗ mmten Postsendungen ist es unbedingt erforderlich, daß die Empfänger durch Hinzufügen der Wohnung (Straße, Hausnummer,
—8*
Stockwerk z) näher bezeichnet werden. Auch dient es zur Beschleuni⸗ gung der Bestellung, wenn außer der Wohnung noch der Postbezirk (C., N., 0, S., W., NO. S0., SW., NW.), in welchem dieselbe be⸗ legen ist, hinter der Ortsbezeichnung „Berlin“ angegeben wird. Sofern die Sendungen eine derartige nähere Bezeichnung der Empfänger nicht tragen, wird eine Verzögerung in der Bestellung nicht immer zu vermeiden sein; die Ungenauigkeit in der Aufschrift kann unter Umständen sogar die Rückleitung der Sendungen nach dem Aufgabeort behufs Nückgabe an die Absender bedingen. Es liegt deshalb im eigenen Interesse der hiesigen Empfänger, wenn die⸗ selben bei den Absen dern dahin wirken, daß die here die Post⸗ sendungen nach Berlin mit möglichst genauer Aufschrift versehen.
Fiume. Um Güterstanungen auf dem Bahnbof zu Fiume vorzubeugen, hat die Direktion der Königlich ungarischen Staatseisen⸗ bahnen angeordnet, daß vom 13. d. M. ab, bis auf Weiteres, für die auf den Bahn⸗Magazinsplätzen lagernden Sendungen — unter Aufrechthaltung der normirten lagerzinsfreien Zeit — für 100 kg, anstatt wie bisher 1 Kr. per Woche, 0,5 Kr. per Tag an Lagerzins zu zahlen sind.
London, 24. November. (W. T. B.) Der Castle⸗Dampfer „Norham Castle“ ist gestern auf der Heimreise von Capetown, und der Castle⸗Dampfer „Pembroke Castle“ ist gestern auf der Ausreise von hier abgegangen.
Sanitätswesen und Quarantänewesen.
Frankreich.
urch Erlaß des französischen Ministers für Handel und Gewerbe sind sämmtliche Quarantänemaßregeln gegen die Provenienzen aus dem italienischen Festlande nach Frankreich aufgehoben worden (vergl. „Reichs⸗Anzeiger Nr. 101 vom 30. April 1887), mit Ausnahme der aus dem Küstenstrich zwischen Neapel und Bari kommenden Schiffe, welche einer 24 stündigen Beobachtung unterworfen werden. Auch die gegen Provenienzen aus Sizilien bestehenden Maßregeln (vergl. „Reichs⸗Anzeiger“ Nr. 160 vom 12 Juli 1887) bleiben bis auf Weiteres in Kraft.
Berlin, 25. November 1887.
Morgen findet Königliche Parforce⸗U ebungs⸗ Jagd statt. Rendezvous: 12 ³¾ Uh Mittags zu Jagdschloß Grunewald.
Ueber das Ergebniß der Stadtveror neten⸗Ergänzungs⸗ wahlen meldet die „Nat.⸗Ztg.“: Von den 16 Wahlen I. Abthei⸗ lung fielen 15 zu Gunsten der bisherigen Mehrheit, 1 zu Gunsten des kommunalen Kartells aus. Das Gesammtergebniß ist folgendes: Es hatten 44 Wahlen stattzufinden; von den dabei zu vergebenden Mandaten waren bisher 40 im Besitz der Mehr⸗ heit der Stadtverordneten⸗Versammlung, 4 in dem der Bürger⸗ partei. Es sind 38 Wahlen im Sinne der Mehrheit, 4 im Sinne des kommunalen Kartells ausgefallen; in 2 Stich⸗ wahlen ist zwischen Kandidaten der Mehrheit und einem der Sozialdemokraten, sowie einem des kommunalen Kartells zu ent⸗ scheiden. Je nachdem die letztere Stichwahl ausfällt, wird das kom⸗ munale Kartell lediglich die vier Mandate der Bürgerpartei behauptet oder eines dazu erobert haben.
Der Deutsch⸗evangelische Gesangverein. (K. K.) Wenig kirchliche Bestrebungen haben sich in so kurzer Zeit allerorten die allgemeinsten Sympathien erworben, wie die deutsch⸗evangelischen Kirchengesangvereine. Ihr Zweck ist, mehr als seither den edelsten Schmuck des Gottesdienstes, den Gesang (Chor⸗ und Gemeindegesang) in den Dienst der religiösen Erbauung zu ziehen, überall in den Ge⸗ meinden Kirchenchöre ins Leben zu rufen und denselben mit Be⸗ rathung, Auswahl und Darbietung passenden Gesangstoffs zu dienen. Jetzt eben sind es 10 Jahre, daß auf Anregung des Dr. H. Köstlin (jetzt Professor der Theologie in Friedberg) der „Evangelische Kirchengesangverein für Württemberg“ ins Leben trat. Ihm folgte 1879 der „Evangelische Kirchengesangverein für Hessen“, 1880 der für Baden und noch in demselben Jahre der für die Pfalz. Die genannten Landes⸗Vereine verbanden sich unter Hinzutritt des Evangelischen Kirchengesang⸗Vereins für Frankfurt a. M. zum „Evangelischen Kirchengesang⸗Verein für Südwe t⸗Deutschland“, welcher 1882 zum ersten Kirchengesangvereinstag in Stuttgart sich versammelte; und schon im folgenden Jahre, an demselben Tage, da der Kaiser das Niederwalddenkmal weihte, ward zu Frankfurt a. M. der „Evangelische Kirchengesang⸗Verein für Deutsch⸗ land“ gegründet, das evangelische Gegenbild zum katholischen „Cäcilien⸗Verein deutscher Zunge“. Der Gesammtverein umfaßt nun⸗ mehr 13 Landes⸗ und Provinzialverbände, nämlich Anhalt mit 16 Ortsvereinen und 509 Mitgliedern, Baden mit 110 Vereinen und 4232 Mitgliedern, Bayern mit 13 Vereinen und 780 Mit⸗ gliedern, Provinz Brandenburg mit 66 Vereinen und 450 Mitglie⸗ dern, Frankfurt a M. mit 300 Mitgliedern, Hessen mit 78 Orts⸗
vereinen und 6889 Mitgliedern, Ost⸗ und Westpreußen mit 400 Mit⸗
gliedern, Pfalz mit 50 Vereinen und 2069 Mitgliedern, Provinz Sachsen und die Thüringischen Lande mit 30 Ortsvereinen und 1443 Mitgliedern, Kreissynode Saarbrücken mit 10 Vereinen und 418 Mitgliedern, Schlesien mit 41 Bezirken und 302 Mitgliedern, Konsistorialbezirk Wiesbaden (künftig mit Frankfurt vereinigt) und Württemberg mit 119 Vereinen und 4711 Mitgliedern. Außerdem gehören dem Gesangverein 14 Einzelvereine (darunter Basel und Linz in Ober⸗Oesterreich) und 8 inzelmitglieder an, im Ganzen gegen 600 Kirchenchöre mit über 22 000 Sängern und Sängerinnen. Es fehlen nur noch Königreich Sachsen, das ehe⸗ malige Königreich Hannover, die Großherzogthümer Mecklenburg und Oldenburg und Elsaß⸗Lothringen. Immerhin, wenn auch das seither Erreichte aller Anerkennung werth ist, bleibt noch viel zu thun übrig.
(Dtsch. Tagebl.) Die erste große Pferde⸗Auktion der neu errichteten Kaiserlich russischen Kron⸗ und Privat⸗ Gestüts⸗Filiale fand gestern Vormittag in den Ställen genannter Gesellschaft am Kronprinzen⸗Ufer statt. Viele Hunderte von Pferde⸗ liebhabern, Pferdehändlern und Sportsmen hatten sich dazu eingefunden. Leider war das Resultat der abgehaltenen Auktion recht wenig befriedi⸗ gend, denn die zur Versteigerung gelangten 26 Pferde russischer Race waren sammt und sonders minderwerthiges Material und die von der Verwaltung geforderten, resp. limitirten Preise — dieselben schwankten zwischen 20 — 40 Doppelkronen — so hoch, daß die Kauf⸗ lustigen von jedem annähernden Gebot abgeschreckt wurden. Wie wir hören, ist nur ein einziges Pferd an einen hiesigen Rentier mit 840 ℳ verkauft worden.
Auf der Generalversammlung der Arbeiterkolonie Wilhelmsdorf fand eine Besprechung des Jahresberichts der Arbeiterkolonie Wilhelmsdorf statt. Dieselbe hatte am Schluß des fünften Rechnungsjahres 1886 3916 Kolonisten in 323 675 Pflegetagen verpflegt Darunter waren 2227 evangelisch, 1674 katholisch, 13 israelitisch; 1441 heimathberechtigt, 2475 domizillos, 1998 unbestraft, 1918 bestraft, und zwar mit Zuchthaus 203, mit Gefängniß 673, mit Haft und Detention 1042. Bis zum Schluß des Monats Juli 1887 stieg die Zahl der auf⸗ Pnorzmenen Kolonisten auf 4123 mit 353 703 Verpflegungstagen. Von den Verpflegten waren 1901 aus Westfalen, 1085 aus Rhein⸗ land, 203 aus Hessen⸗Nassau, 119 aus Lippe Detmold und 31 aus Waldeck⸗Pyrmont. Die übrigen entfallen auf die übrigen preußischen Pro⸗ vinzen und deutschen Staaten. Gegen das Vorjahr 1885 mit 691 Kolonisten und mit 67 244 Pflegetagen war im Jahre 1886 mit 552 Kolonisten und mit 53 287 Pflegetagen ein Rückgang bemerklich. Es ist das eine Folge der in der Einrichtung begriffenen beiden rheinischen Kolonien. Der Grundbesitz der Kolonie Wilhelmsdorf hat eine Größe von 338 ha, 29 a, 55 am. Die auf demselben lastende Schuld betrug am 1. Januar 1887 328 187 ℳ, der Werth ist abgeschätzt auf 374 997 ℳ
Die Jahreseinnahme betrug 84 925,81 ℳ, darunter an Liebesgahen 5097,84 ℳ, an Beiträgen der Städte und Gemeinden 3615,75 ℳ der Kreise 4853,83 ℳ, an Provinzialzuschuß von Westfalen 6000 ℳ von Hessen⸗Kassel 1000 ℳ u. s. w. Die Ausgabe beläuft sich auf gleiche Höhe.
Aus Alt⸗Breisach wird der „Frkf. Ztg.“ geschrieben: In den letzten Jahren wurde unter Leitung des erzbischöflichen Bauinspektorz Bär aus Freiburg das Aeußere und Innere des Alt⸗Breisacher Münsters in stilgerechter Weise wiederhergestellt. Beim Reinigen der Wände im Innern kamen Spuren alter Malereien zum Vor⸗ schein, deren größter Theil leider durch eine vor 50 Jahren gebaute Orgelbühne verdeckt wird. Die übrigen Theile der Kirche werden z. Z. von Hrn. Maler Schilling aus Frankfurt a. M. epochen entsprechend ausgemalt.
Im Königlichen Schauspielhause gelangte am gestri Abend ein dreiaktiges Schauspiel: „Der eestern“ b. lrige Svenson zur Aufführung. Der Verfasser behandelt in demselben ein oft verwerthetes Thema. Ein aus der Fremde zurückkehrender Mann findet seine Jugendgeliebte als Gattin eines Anderen und sinnt auf Mittel und Wege, um wieder in ihren Besitz zu gelangen. Die Art, wie das in diesem Schauspiel versucht wird, ist zum Mindesten etwas eigenthümlich, der verschmähte Liebhaber will mit Gewalt die ihm noch dazu widerstrebende und längst nicht mehr geneigte ehemalige Freundin dem „Räuber“, wie er deren Ehemann nennt, entreißen. Da ihm dies nicht gelingt, sucht er freiwillig den Tod und löst so den herauf⸗ beschworenen Konflikt. Das Werk macht den Eindruck eines drama⸗ tisirten Romans und hat als solcher alle Fehler und Mängel, die derartigen Erzeugnissen anzuhaften pflegen. Im Großen und Ganzen jedoch ist es ein unterhaltendes, mäßigen Anforderungen genügendes Theaterstück. Viel zu dem Erfolge, den es, wenn man nach den lebhaften Beifallsbezeigungen urtheilen will, bei der ersten Aufführung erzielte trug das treffliche Spiel der Darsteller bei. Frau von Hachenburger fand für die Rolle der Sigrid den rechten Ton und wu te dieser Figur die Sympathie der Zuschauer zu erwerben. Auch Frl. Groß zeigte sich in der Darstellung der leidenschaftlichen Ebba als gewandte Künstlerin. Hr. Ludwig stellte den gewaltthätigen Erikson recht an⸗ sprechend dar, muß sich aber vor zu starken Effekten hüten, welche dem Eindruck der ohnehin etwas sonderbaren Rolle nur schaden können. Die Hrrn. Keßler und Sauer sowie Fr. Seebach verdienen wegen ihres maßvollen Spiels lobend hervorgehoben zu werden.
Das dieser Aufführung folgende einaktige Lustspiel: „Mama'z Aug en“ von Julius Rosen ist eine freundliche kleine Arbeit, der es an einem hübschen Erfolge nicht fehlen kann. Für einen einzigen Akt ist der behandelte Stoff freilich etwas zu umfangreich, so daß der Schluß überstürzt erscheint. Das lustige Werkchen dürfte jedoch überall günstige Aufnahme finden. Die Darstellenden wurden ihren dank⸗ baren Rollen in höchst befriedigender Weise gerecht. Das gilt vor Allem von Frl Odilon, deren hübsches Talent dem Ensemble des Königlichen Schauspiels sehr zu Statten kommt. Hr. Liedtke und Hr. Keßler verstanden es, durch feinen Humor die von ihnen dargestellten Figuren recht anziehend zu machen, dasselbe gilt von Hrn. Oberländer. Fr. Kahle und Frl. Bergmann leisteten gleichfalls Erfreuliches. Lebhafter Beifall belohnte sämmtliche Mitwirkende.
Im Deutschen Theater wird in der am nächsten Montag, den 28., stattfindenden Aufführung von „Nathan der Weise“ Frl. Geßner zum ersten Male die Recha spielen.
Der Rittersaal des Kroll'schen Etablissements ist gegenwärtig zu einer Schiffswerft umgewandelt, auf welcher der vollständige Bau des Hinterdecks der „Pinafore“ vorgenommen wird. Mr. Barker, der Ober⸗Regisseur, leitet mit seiner vielseitigen Kraft nicht allein die Proben: vermöge seiner gründlichen technischen Kenntnisse funktionirt er auch als Theatermeister und beaufsichtigt die Einrichtungen der Dekorationsstücke für die Bühne. Der komplizirte Bau entsteht unter seinen Händen mit rapider Geschwindigkeit, und chon hat man daran gehen können, die aus echtem Mahagoni gefertigte Kommandobrücke mit ihrem blinkenden Messingzierrath, den riesigen Mastbaum, das Steuerrad, den Kompaß, die Rettungsboote und alle jene nautischen Requisiten, welche mit peinlichster Genauigkeit den an Bord der „Wooden walls of England“ (jener alten hölzernen Kriegs⸗ schiffe, für die „Pinafore“ typisch ist) gebrauchten nachgebildet sind, an Ort und Stelle zu bringen. In der heutigen Generalprobe wird die letzte Feile an das Werk gelegt, und die „Mikado“⸗Gesellschaft wird morgen, Sonnabend, zur „Pinafore“⸗Gesellschaft metamorphosirt.
Die Possennovität, welche im Belle⸗Alliance⸗Theater infolge der Verlängerung des Gastspiels des Hrn. Felix Schweighofer noch in Aussicht ist: „Ein edler Lump“ von Friedrich Kaiser, geht am Sonntag zum ersten Mal in Szene. Hr. Schweighofer spielt darin eine der originellsten Figuren aus dem Gebiet seiner komischen Charakterrollen.
In der Sing⸗Akademie gab gestern Abend ein jugendlicher Klaviervirtuose, Hr. Fritz Masbach ein Concert. welches für den Concertgeber mit Recht einen sehr erfreulichen Erfolg hatte. Der junge Pianist ragt durch Anlage und Schulung über das Mittelmaß der zahlreichen Konkurrenten weit hinaus; er verfügt über eine fein gebildete und sehr schwierigen Anforderungen gewachsene Technik, hat einen weichen, zarten Anschlag, gefällige Vortragsweise und, was noch wichtiger ist, musitkalisches Verständniß. Die erste Nummer des Programms war ein Concert für Klavier und Orchester in G-moll von Saint⸗Saöns, bei welchem, wie bei dem später folgenden Beethoven’'schen G-dur-Concert das Philharmonische Orchester unter Leitung des Hrn. Oscar Raif die Begleitung aus⸗ führte. In beiden Piscen entfaltete sich das Können des Hrn. Masbach in fast tadelloser Weise, besonders erfreulich aber war die Wärme und reiche Empfindung des Spiels, welche an den rechten Stellen wirkungsvoll hervortraten und den Reproduktionen einen neuen künst⸗ lerischen Reiz verliehen. Als Solonummern kamen ein Nocturne und eine Ballade von Fr. Chopin zum Vortrag, welche mit aller erforderlichen Feinheit und Gewandtheit wieder⸗ gegeben wurden, ohne daß besonders in dem letzteren Stüuͤck die seelische Bethätigung darunter litt — Zur Mitwirkung hatte der Concertgeber Hrn. Carl Bechstein herangezogen, welcher mit seiner schönen und klangmächtigen Bariton⸗Stimme einige Lieder von Rob. Schumann und Kleffel beifallswürdig vortrug. Natürlich wurde auch dem Concertgeber für seine schönen Leistungen allseitiger großer Beifall nach jedem Stück zu Theil.
Frau Amalie Joach im eröffnet ihren Lieder⸗Cyklus in der Sing⸗Akade mie morgen (Sonnabend) Abend 7 ½ Uhr.
Morgen veranstaltet Hr. Kapellmeister Karl Meyder im Concert⸗Hause einen Verdi⸗Abend. Zur solistischen Mit⸗ wirkung ist die italienische Primadonna Signora Flora Antoniettt aus Mailand eingeladen worden, welche an diesem Abend Arien aus „Ernani“ und „Maskenball“ vorgetragen wird. Besonderes Interesse wird das Concert dadurch gewinnen, daß Hr. Meyder einen Theil aus Verdi’s Streichquartett (für Streichorchester arrangirt) an diesem Abend zur ersten Aufführung bringt.
— 8 Redacteur: Riedel. Berlin: * Verlag der Expedition (Scholz). 1 Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗Anstalt,. Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.
Sieben Beilagen 8 (einschließlich Börsen⸗Beilage), sowie einen Fe- betr.: Graf Hue de Grais, Handbuch a
der Verfassung und Verwaltung in Preußen und dem Deutschen Reiche.
Sachsen..
Erste Beila g e
Fes 8n
zum Deutschen Reichs⸗Anz
277.
Berlin, Freitag, den 25. November
eiger und Königlich Preußischen Staats⸗
——
Statistische Nachrichten.
Brände im preußischen Staat 1886. (Stat. Corr.) — atten wir vor Kurzem daceee der Mittheilung des endgültigen Hatthn fes der preußischen Brandstatistik für 1885 über eine u⸗ nahme der Schadenbrände in Preußen zu berichten, so giebt uns die eben abgeschlossene erste Auszählung der für das Jahr 1886 ein⸗ elieferten Brandzählkarten Veranlassung, über die Fortdauer jener unahme zu klagen, welche für die meisten Provinzen schon feststeht und sich für andere vielleicht durch Nachträge bei der des Urmaterials noch herausstellen wird. Zwar scheint die Brandstatistik in Anerkennung ihres Nutzens nach und nach auf eine größere Menge von Fällen, die wegen ihrer Unerheblichkeit sonst vernachlässigt waren, ausgedehnt zu werden; jene Steigerung der Brandziffer ist aber zu stark, als daß sie allein der Verbesserung des Meldewesens zugeschrie⸗ ben werden dürfte. 1
Von den 22 439 überhaupt an das Statistische Bureau abgege⸗ benen Zählkarten über;⸗Brände betrafen 242 bloße Schornsteinbrände, die trotz ihres unerwarteten Ausbruches keinen merklichen Schaden angerichtet, sondern zur Reinigung des Rauchfanges gedient haben. Solche Brände werden ohne Zweifel sehr oft verschwiegen, wie aus der Ungleichheit der Anzeigen hervorgeht; so meldeten die Bezirke Berlin deren 43, Danzig 41, Schleswig 26, Hannover 23, Breslau 21, dreizehn andere hingegen nicht einen einzigen an. 1
Ferner beziehen sich 384 Zählkarten auf sonstige Brände ohne nennenswerthen Schaden, welche wohl gleichfalls meistens der Mel⸗ dung entzogen werden; den 124 derartigen Eingängen aus Berlin, 31 aus Merseburg, 29 aus Breslau und 28 aus Potsdam stehen nur geringe Zahlen aus den übrigen Regierungsbezirken gegenüber, während aus drei Bezirken überhaupt kein Fall gemeldet wurde. Bei dieser Sachlage werden hier derartige Zählkarten zwar verzeichnet, aber zur Vermeidung falscher Vergleichungen von der weiteren statistischen Verarbeitung ausgeschlossen. b
Als eigentliche Schadenbrände bleiben hiernach 18. 782 übrig, das sind 830 mehr als in dem bisher (seit 1881) ungünstigsten Jahre 1885, von welchen 21 813 Besitzungen betroffen wurden, 654 mehr als im Vorjahr; aus 10 000 zuerst ergriffenen Besitzungen verbreitete sich das Feuer (oder auch der beim Löschen entstandene Schaden) mithin auf durchschnittlich 1614 andere gegen 1786 im Vorjahr, so daß der Gefahr im Ganzen schneller begegnet wurde. Für die einzelnen Provinzen stellt sich das vorläufige Ergebniß der Brandstatistik von 1886, wie folgt. Es wurden ermittelt:
in den Provinzen ꝛc.
Ostpreußen. Westpreußen.. Stadt Berlin. 2585 Brandenburg 1“ 1395 1“ 898 Posen.. 11“ 1224
Schlesien. 1961
1““ 1356
Schleswig⸗Holstein ... 855 Hannover. E1616 1130 6“ 1138 B11 733 cheinland v“ 3043 Hohenzollern.... 30 1467
— Die „Statistischen Nachrichten über das Groß⸗ herzogthum Oldenburg“, Heft XXI., herausgegeben von dem Großherzoglich Oldenburgischen statistischen Bureau, sind erschienen. Has P bringt den Stand der Bevölkerung nach den Ergebnissen der Volkszählung vom 1. Dezember 1885. (Preis 5 ℳ) — Im Hinblick auf die häufige Wiederkehr der Volkszählungen und insbe⸗ sondere auch darauf, daß die wichtigeren Gebiete erst in den jüngsten Veröffentlichungen umständlicher bearbeitet sind, erschien es diesmal angezeigt, die Darstellung nicht in gleicher Ausdehnung zu wiederholen. Statt dessen ist auf die Nachweisung der Thatsachen in räumlicher wie zeitlicher Beziehung ein größeres Gewicht gelegt worden insofern, als die hauptsächlichen Ergebnisse nicht nur bis zu den einzelnen Gemeinden herab, sondern auch, soweit irgend angänglich, für die voraufgehenden Zählungen bis 1855 zurück veranschaulicht und ver⸗ werthet sind. Selbstverständlich sind die zur gehörigen Ausnutzung der erhobenen Größen unentbehrlichen Verhältnißberechnungen auch in diesem Fall nicht unterblieben.
Nach diesem Werk wurden im Großherzogthum Oldenburg am 1. Dezember 1885 341 525 ortsanwesende Personen gezählt, davon im Herzogthum Oldenburg 267 111 (78 21 %), im Fürstenth. Lübeck 34 721 (10,17 %), im Für genth Birkenfeld 39 693 (11,62 %). Es lebten in der Marsch 77 287 (28,93 %), der Oldenburger Geest 126 259 (47,27 %), der Münsterschen Geest 63 565 (23,80 %). Es ent⸗ fielen auf 1 qkm. im Herzogthum 50 (in der Marsch 67, der Oldenburger Geest 62, der Münsterschen Geest 30), dem Fürstenthum Lübeck 64, do. Birkenfeld 79, dem Großherzogthum 53 Einwohner.
Der Kultur unterworfen sind vom Großherzogthum 61,31 % (Herzogth. Oldenburg 55,36 — darunter Marsch 91,49, Oldenburger Geest 53,45, Münstersche Geest 37,92 —, Fürstenth. Lübeck 92,35, Fürstenth. Birkenfeld 91,56 %), das ergiebt auf 1 qbkm waldfreien Kulturlandes im Großherzogthum und dem Herzogth. Oldenburg 101, in der Marsch 74, der Oldenburger Geest 135, der Münsterschen Geest 93, dem Fürstenth. Lübeck 76, dem Fürstenth. Birkenfeld 152 Einwohner. .
Die Besiedelung des Landes ist sehr lose, denn in seinem größten Theile, dem Herzogthum und dem Fürstenthum Lübeck werden 11 bzw. 19 Gemeinden gezählt, was auf 1 Wohnsitz 112 bzw. 119 Ein⸗ wohner ergiebt.
Die Zunahme der Bevölkerung hat seit dem Jahre 1855 nur 15,46 % (oder durchschnittlich im Jahre ca. ½ %) betragen, und zwar 29,4 % durch den Ueberschuß der Geborenen, wovon 14,7 % Ueber⸗ schuß der Fortgezogenen abgehen.
Dem Geschlecht nach gehörten 49,50 % dem männlichen, 50,50 % dem weiblichen an. Dem Alter nach waren 461 im Jahre 1800 und früher geboren. Verheirathet und verheirathet gewesen waren 68,50 %, evangelischer Konfession 76,63 %, katholischer 22,50 %, jüdischer Religion 0,50 %.
Dem landwirthschaftlichen Berufe gehörten 493,66 pro Mille der Bevölkerung an, dem Bergbau und der Industrie 295,21 pro Mille, dem Handel und Verkehr 103,58 pro Mille, den liberalen Berufs⸗ arten 40,69 pro Mille u. s. w. “
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Deutsches Staats⸗Handbuch. Eine gemeinverständliche Darstellung der Verfassung und der staatlichen Einrichtungen des Deutschen Reichs und des Königreichs Preußen mit einleitenden Be⸗ merkungen über die geschichtliche Entwickelung, und die geographischen,
andels⸗, Produktions⸗, Erwerbs⸗ und Verkehrsverhältnisse des
eichs.“ Auf Veranlassung des Verlegers bearbeitet von Dr. Otto Kuntzemüller. (Berlin 1888, Breitestraße 10. Verlag von Karl Ulrich. 3 ℳ in Leinwand gebunden.) — In diesem Buche ist der Versuch gemacht, eine zusammenhängende Darstellung der Ver⸗ fassung und der Staatseinrichtungen des Deuischen Reichs und des
betroffene Besitzungen
überhaupt ö. 1194 1203 1006 1229 1232 1205 1141 1243 1058 1173 1075 1246 1206
Schadenbrände
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Königreichs Preußen 2 geben. Eingeleitet wird dasselbe durch einen kurzen Ueberblick über die geschichtliche Entwicke⸗ lung des deutschen Volkes, wobei das Schwergewicht auf die all⸗ mähliche Entstehung des nationalen Einheitsgedankens und die mannigfachen Versuche zur I desselben gelegt ist. Daran schließt sich eine gedrängte darstellung der geogra⸗ phischen Verhältnisse, der politischen Eintheilung, der Größe und Einwohnerzahl, der Sprach⸗, Religions⸗, Produktions⸗ und Er⸗ werbsverhältnisse im Deutschen Reich. Der Haupttheil des Buches behandelt die staatsrechtlichen Verhältnisse — zuerst des Deutschen Reichs und dann des Königreichs Preußen. An die Uebersicht der verfassungsmäßigen Grundlagen schließt sich die Darstellung der Ver⸗ waltungseinrichtungen, insbesondere werden auch das deutsche Konsular⸗ wesen und die deutschen Schutzgebiete eingehender behandelt. Um das Buch immer zweckmäßiger zu gestalten, richtet die Verlagshandlung an alle, welche ein Interesse daran haben, die Bitte um Vorschläge zur Vervollkommnung desselben, welche in einer Neuauflage thunlichst berücksichtigt werden sollen.
— Im Verlage der Schulze'schen Hof⸗Buchhandlung (A. Schwartz) in Oldenburg und Leipzig erschien eine Abhandlung von Carl Engel über: „Das 300 jährige erste Faust⸗Buch vom Jahre 1587“. Das Jubiläum, welches das seltsame Buch in diesem Jahre erlebt, veranlaßte den Verfasser zu seiner Besprechung. Die deutsche Volks⸗ sage vom Schwarzkünstler Doktor Johann Faust erschien vor drei⸗ hundert Jahren zum ersten Mal als ein selbständiges Volksbuch, worin Alles, was sich der Volksmund erzählte und was außerdem etwa schriftlich über Faust vorhanden sein mochte, zusammengestellt und von Johann Spies in Frankfurt a. M. im Herbst 1587 in Druck gebracht wurde. Der Umstand, daß dieses Buch eine
anze Fluth von literarischen, denselben Gegenstand betref⸗ enden Erscheinungen hervorgerufen hat, macht dasselbe zu einem besonders interessanten. Daß ein Faust . existirt hat, ist nicht zu bezweifeln. Nach Aussage seiner Zeitgenossen soll er zu Knittlingen in Württemberg geboren sein gegen Ende des 15. Jahrhunderts. Seine Hauptwirksamkeit, als er der Welt sich als großer Zauberer bekannt zu machen suchte, fällt zu Anfang des 16. Jahrhunderts, und zwar zwischen 1507 und 1535. Etwa um 1539 war er verschollen. Mit dem Buchdrucker Fust soll Faust, wie oft irrthümlich ange⸗ nommen wird, keineswegs identisch sein. Faust war eine überaus volksthümliche Figur, so daß das große Interesse, welches das Füäusbonch erregte, sehr erklärlich erscheint. Das Werk führte den umständlichen Titel: Historia von D. Johann Fausten, dem weitbeschreyten Zauberer vnnd Schwartz⸗ künstler, Wie er sich gegen dem Teuffel auff eine benandte zeit ver⸗ schrieben, Was er hierzwischen für seltzsame Abentheuwer gesehen, selbs angerichtet vnd getrieben, biß er endtlich seinen wol verdienten Lohn empfangen. Mehrertheils auß seinen eygenen hinderlassenen Schrifften, allen hochtragenden, fürwitzigen vnd Gottlosen Menschen zum schreck⸗ lichen Beyspiel, abscheuwlichen Exempel, vnd treuwhertziger Warnung zusammen gezogen, vnd in den Druck verfertiget. Jacobi IIII. Seyt Gott vnderthänig, widerstehet dem Teuffel, so fleuhet er von euch. OVM GRATIA ET PRIVILEGIO. Gedruckt zu Franckfurt am Mayn, durch Johann Spies. M D. ILXXXVII. Nach dem Titelblatt folgen zehn Blätter, welche Widmung und Vor⸗ rede enthalten. Die Widmung, welche Johann Spies an seine Freunde Caspar Kolln und Hieronymus Hoff richtet, ist unterschrieben „Datum Franckfurt am Mayn, Montags den 4. Sept. Anno M. D. LXXXVII. G. E. vnd A. Dienstwilliger Johann Spies, Buchdrucker daselbst.“ Die nach der Widmung folgende „Vorred an den christlichen Leser“ warnt eindringlich vor der Zauberei und Schwarzkunst als der größten und schwersten Sünde gegen Gott und Menschen. Hierauf folgen die Historien „deß weitbeegeyten Zauberers“, welche im ein⸗ fachen Volkston erzählt werden. K. Engel ist der An⸗ sicht, daß niemand anders als der Buchhändler Spies au der Verfasser oder besser Zusammensteller des Faustbuches sei; Spies sei ein gewiegter Kaufmann gewesen, der wohl erkannt hätte, daß mit einem Buch, das eine so interessante Persönlichkeit behandele, ein gutes Geschäft zu machen sei, eine Hoff⸗ nung, die ihn auch keineswegs täuschte. Das Buch erregte großes Aufsehen; obwohl es erst zur Herbstmesse in den Handel kam, fanden doch noch in demselben Jahr verschiedene Nachdrucke statt, die sich gleichfalls guten Absatzes zu erfreuen hatten. Uebersetzungen ins Dänische, Holländische, Englische und Französische verbreiteten das Faustbuch in wenigen Jahren weit über Deutschland hinaus; auch eine lateinische Uebersetzung war von Spies selbst geplant. Von der ganzen ersten Auflage des im Jahre 1587 von J. Spies herausgegebenen Faustbuchs haben sich, soviel bis jetzt bekannt ist, nur füͤnf Exemplare erhalten. Nachdrucke befinden sich auf ver⸗ schiedenen Bibliotheken. Der Druck einer Umarbeitung des Faust⸗ buches in Reimen wurde ebenfalls noch im Jahre 1587 begonnen und am 7. Januar 1588 vollendet; von diesem gereimten Faustbuch hat 8 nur ein einziges Exemplar erhalten, welches die Königliche
ibliothek in Kopenhagen besitzt. Eine neue Ausgabe erschien 1588 durch Johann Spies, wovon 7 Exemplare erhalten sind; dann erschien 1589 eine Ausgabe ohne Benennung des Druckorts und ohne Verlags⸗ firma. 1590 erschien eine Ausgabe in Berlin ohne Angabe der Verlags⸗ firma, welche die vermehrten Kapitel aus der Ausgabe von 1589 erneb⸗ 1591 erschien eine neue, angeblich bei J. Spies in Frankfurt gedruckte. 1592 erschien in Frankfurt ohne Angabe der Verlagsfirma eine Ausgabe, welche wie die Berliner mit der Ausgabe von 1589 übereinstimmt. Eine Ausgabe „Gedruckt im Jahre 1596“ und eine andere vom Jahre 1597 folgte. Im Jahre 1599 erschien das Faustbuch in einer ganz anderen Gestalt. Georg Rudolf Widman, ein Arzt zu Hall in Schwaben, machte aus der „Historie von Doctor Joh. Faust“ eine „Warhafte Historie“, worin die b zu Geschichte gestempelt und ungebührlich ausgedehnt wurde. it Widman schließen die Faustbücher des 16. Jahrhunderts. Erst 1674 erschien wieder eine neue Ausgabe zu Nürnberg: „In Verlegung Wolf⸗ gang Moritz Enders und Johann Andreae Endters Sel. Erben“ von dem Arzt Johann Nicolaus Pfitzer, eine Ueberarbeitung des Wid⸗ man’'schen Werkes. Dieses Buch erlebte sieben Auflagen. Um für die Volkskreise eine leicht faßliche Ausgabe der Widman'schen und Pfitzer'schen Bücher herzustellen, fand sich ein Bearbeiter, welcher die Fausthistorien von allem gelehrten Beiwerk befreite und dieselben als eine Erzählung ohne alle Kapiteleintheilung in gekürzter Fassung wieder⸗ gab. Auf dem Titel heißt es: Zum Druck befördert⸗von einem Christlich Meinenden; dieses Büchlein tauchte zuerst um 1712 auf und hat viele Auflagen erlebt. Im 19. Jahr⸗ hundert erschienen nach und nach⸗ Volksfaustbücher in großer Menge. Die hervorragendsten Bearbeitungen sind von Ludwig Aurbacher, Gustav Schwab, Hermann Kurz, K. Zimmermann, G. O. Marbach, Ottomar Schönhuth, Karl Simrock u. a. m. Das echte Exemplar des Faustbuchs von 1587, das bei Spies gedruckte, wurde 1868 zum Abdruck gebracht von Dr. A. Kühne, Zerbst, E. Luppe’'s Buchhandlung; 1878 besorgte V. Braune einen Neudruck, Halle a. S.,
Niemeyer. Im November 1884 erschien in Berlin eine Faesimile⸗ Nachbildung des alten Faustbuchs nach den Exemplaren des Buch⸗ händlers H. Hirzel in Leipzig und der Gräflich Fescperghe Bibliothek zu Wernigerode mit einer Einleitung von Wilh. Scherer. Berlin, G. Grote'’sche “ Der Titel lautet: „Das älteste Fanias. Historia von D. Johann Fausten, dem weitbeschreiten auberer u. Schwarzkünstler. Nachbildung der zu Feema am Main 1587 durch Johann Spies gedruckten ersten Ausgabe.“
i sprechen sich die Herausgeber
— Galerie schöner Frauenköpfe. Ein Großfolio⸗Heft mit 24 Holzschnitt⸗Tafeln nach modernen Gemälden und Original⸗ Fgot hüsten (Verlag von J. J. Weber in Leipzig). Diese auf eines Kupferdruckpapier mit aller typographischen Sorgfalt gedruckte Sammlung wird alle Freunde von Frauenschönheiten interessiren. Der Preis dieses Heftes ist angesichts der Ausstattung und des künst⸗ Leclschen Werthes der Holzschnilte mit 2 ℳ recht billig berechnet. .
— Von Seemann’s literarischem Jahresbericht und Weihnachtskatalog ist der 17. Jahrgang, für 1887, erschienen 8 (Leipzig, zu beziehen durch Wilh. Friedrich Nachfolger — Ad. Herß u. H. Süßenguth, Berlin, Unter den Linden 43); derselbe enthält nicht nur wohlgeordnete reichhaltige Verzeichnisse literarischer Er⸗ scheinungen, sondern auch kritische Besprechungen der neueren Werke aus der Feder der Hrrn. Professor E. Dohmke in Leipzig, Professor Dr. R. Gehlert in Chemnitz, Dr. R. Heinemann in Leipzig, Dr. E. Lehmann in Leipzig, Dr. Ad. Rosenberg in Berlin und Professor Dr. O. Seemann in Hannover. Das Werk orientirt daher in der zweckmäßigsten Weise in der neueren Literatur und es bildet an sich schon eine interessante Lektüre, die noch durch zahlreiche Illustrationen gewürzt wird. Ueber die Literatur der Gegenwart im Allgemeinen in der Einleitung wie folgt aus: „Dem aufmerksamen Beobachter der Thätigkeit unserer Schriftsteller und Verleger wird die Thatsache nicht entgangen sein, daß in der vielbeklagten Massenerzeugung von Büchern ein erfreulicher Rückgang eingetreten ist. Die Anzeichen einer Gegenströmung, die wir schon im vorigen Jahr wenigstens auf einem Gebiet zu finden meinten, haben nicht getrogen. Zum erstenmal seit langer Zeit waren wir von der schwersten aller Sorgen befreit, den alljährlich immer mehr an⸗ wachsenden Stoff in ein I zu zwingen. Der Grund dieser Erscheinung wird nicht sowohl in der Müdigkeit und Unter⸗ nehmungsscheu der Verleger, noch weniger etwa in einer Schreib⸗ unlust unserer Schriftsteller zu suchen sein, sondern vielmehr in der Thatsache, daß der Buch auf Buch häufende Verleger durch das Leben, das heißt durch den Käufer, eines Besseren belehrt worden ist. Denn nicht Verleger und Autoren, das Publikum ist in letzter Stunde bestimmend für die Literatur, mit anderen Worten: jedes Volk hat die Literatur, die es verdient. Es scheint sich endlich in unserem Volke, wenn auch langsam, die Erkenntniß Bahn zu brechen, daß die Güte der Schriften in umgekehrtem Verhältniß zur Masse derselben steht; man fängt endlich an, es für einen krankhaften “ zu erklären, daß Erzeug⸗ nisse der Dichtkunst, welche der Genius frei, von erhabener Be⸗ geisterung erfüllt, als ureigenstes Eigenthum seiner selbst schaffen soll, auf Verlegerbestellung Jahr für Jahr von demselben Autor immer gerade zu Weihnachten erscheinen. Man beginnt auch zu fühlen, wie wenig Ehre unsere „ersten“ Dichter mit einem derartigen Kommandiren der Poesie auf Bestellung einlegen. Wenn diese Abneigung gegen die Eintagsfliegen der Literatur und gegen die Massenerzeugung, wie wir hoffen, zunimmt, so wäre das ein großer Gewinn für Schriftsteller und Publikum, ja auch für den Verleger. Denn nicht daß zu wenig Bücher, wie man oft klagen hört, sondern daß zu viel gekauft werden, ist der Krebsschaden unserer Zeit.“
—. Von der Buch⸗ und Antiquariats⸗Handlung von Karl Siegis⸗ mund in Berlin W., Mauerstr. 68, geht uns ein illustrirter literarischer Jahresbericht zu. Derselbe enthält nicht nur in praktischer Anordnung eine Uebersicht aller besseren literarischen Erscheinungen, sondern auch kurze treffende Besprechungen der ein⸗ zelnen Werke von tüchtigen Kritikern und hat es sich vornehmlich zur Aufgabe gemacht, den Sinn für ernsthafte geistige Beschäftigung an⸗ zuregen und zu stärken. Zudem enthält der Jahresbericht zur leichteren Anschauung eine Anzahl Illustrationen, welche die Durch⸗ sicht des Katalogs zu einer interessanten machen.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
(Köln. Ztg.) Der Minister für Landwirthschaft ꝛc. hat a 3. d. M. einen auf Vorträge über eine bestimmte Beurtheilung von Thieren auf Ausstellungen bezüglichen Erlaß an die land⸗ wirthschaftlichen Hauptvereine gerichtet, worin es heißt: „Unter den Mitteln, welche man in letzter Zeit empfohlen hat, um die land⸗ wirthschaftlichen Ausstellungen zur Hebung der Viehzucht nutzbringender zu gestalten, nehmen die Vorschläge zur Aenderung des Verfahrens bei der Beurtheilung und Belohnung der ausgestellten Thiere und Er⸗ setzung der freien Urtheilsbildung durch Werthschätzung nach Points eine hervorragende Stelle ein. Nachdem in der Schweiz für die Zuerkennung von Belohnungen ein Pointssystem vorgeschrieben und auch ein ähn⸗ liches Verfahren in Baden eingeführt ist, erscheint es räthlich, die Zweckmäßigkeit und Anwendbarkeit eines solchen Systems auch für unsere Verhältnisse in Betracht zu ziehen. Es ist einleuchtend, daß sowohl die Züchter als auch die übrigen Besucher einer Ausstellung eine bessere Kunde über die Gründe der Entscheidung der Preisrichter und damit werthvollere Fingerzeige zur Prüfung ihres eigenen Urtheils erhalten werden, wenn ihnen bekannt wird, wie die Preisrichter (Jury) die einzelnen maßgebenden Formen und Eigenschaften der betreffenden Thiere ausgesprochen haben, als wenn ihnen nur das Gesammt⸗ urtheil in der Zuerkennung der einzelnen Preise vorliegt. Bestrittener dagegen dürfte schon die Frage sein, ob es angeht, nach irgend einem Maßstabe aus der Summe der für die einzelnen Eigenschaften ab⸗ gegebenen Einzelurtheile den Gesammtwerth eines Thieres rechnerisch, also mechanisch festzustellen. Allein selbst wenn man diese Frage ver⸗ neint, bleibt auch der Nutzen einer Pointirung, welcher darin besteht, daß einmal die Preisrichter gezwungen sind, alle einzelnen Punkte scharf ins Auge zu fassen, und andererseits die betheiligten Land⸗ wirthe eine von zuständiger Seite aufgenommene Beschreibung der betreffenden Thiere in ihren guten und minder guten Beschaffenheiten zu ihrer Belehrung erhalten. Um nun zur Kläͤrung des Urtheils in dieser für den Erfolg unserer Ausstellungen und der auf dieselben verwandten beträchtlichen Staatsmittel sehr wichtigen Frage bei⸗ zutragen, habe ich den Schäferei⸗Direktor Behmer hierselbst, welcher sich seit längerer Zeit mit dem Pointssystem theoretisch und praktisch beschäftigt und auch in meinem Auftrage die betreffenden Wredosltnsse im Auslande erforscht hat, veranlaßt, auf Wunsch der landwirth⸗ schaftlichen Vereine sich zu Erläuterungen und Vorträgen über das Viehausstellungs⸗ und Belohnungswesen und die damit im Zusammen⸗ hang stehenden züchterischen Fragen zur Verfügung zu stellen. Abgesehen von Vorträgen bei landwirthschaftlichen Vereinsversamm⸗ lungen dürfte eine fruchtbringende Besprechung und Erläuterung der hier in Betracht kommenden Gesichtspunkte sich zunächst in kleineren Kreisen empfehlen.“ Den einzelnen Vereinen bleibt es überlassen, sich durch Vermittelung der Hauptvereine mit Hrn. Behmer in Verbindung zu setzen. Die Kosten der von diesem zu haltenden Vorträge und Erläuterungen werden innerhalb bestimmter Grenzen auf die dem Minister zur Verfügung stehenden Geldmittel über⸗ nommen.
— „Der Fertl chritt“, Central⸗Fachzeitung für landwirthschaft⸗ liches Genossenschaftswesen. (Ernst Wiener, Darmstadt.) Nr. 11. — Inhalt: Bekanntmachung, die Fracht für Buttersendungen betreffend. — Genossenschaftsrecht. — Vom Maschinenmarkt: de Laval's Dampf⸗ turbine, ein neuer Motor für den Molkereibetrieb. — Eine dringende Mahnung an die landwirthschaftlichen Konsumvereine. Von Fritz Möhrlin. — Das Konkurrenz⸗Dörren in e.sb.. a. M. von der deutschen Landwirthschafts⸗Gesellschaft. — olkereiwesen. — Anzeigen.