1887 / 294 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 15 Dec 1887 18:00:01 GMT) scan diff

—ö—nö—ö— ———-—— 2 2 1 12 2

auch sglchen Eech Bezug auf den dreißigjährigen Krieg, Huß und die Hussiten haben.

4.⁸ 8 Antiquariats⸗Katalog Nr. 39 von Oskar Gerschel in Stuttgart, der vor Kurzem zur Ausgabe gelangt ist, bringt ein Verzeichniß von 1681, die Staatswissenschaften be⸗ treffenden Schriften, unter folgenden Rubriken: Allgemeines und Encyklopädien, Naturrecht und Rechtsphilosophie, Staatsrecht sowie Geschichte der Staatswissenschaften, Staats⸗ und Volkswirthschaft sowie Finanzen (Arbeiterfrage, Auswanderung und Kolonisation, Be⸗ völkerungen, Genossenschaftswesen, Separation, Soziale Frage, Steuern und Staatsschulden, Theuerung, Versicherungswesen, Zoll⸗ wesen); Politik (Anarchismus, Nihilismus, Sozialismus; Judenfrage, Krieg und Frieden, Orientalische Frage, Oesterreich, Parteien, Preußen und Süd⸗Deutschland, Revolution); Statistik, Verwaltungs⸗ recht, Kameralwissenschaft, freiwillige Gerichtsbarkeit (darunter auch über Rechnungswesen); Handel, Gewerbe, Banken, Geld und Kredit, Währung, Verkehrswesen (Buchführung, Handelskrisis, framösisch⸗ preußischer Handelsvertrag, Correspondenz, Gewerbe⸗ und Zunftwesen; Banken, Geld, Kredit und Währung; Verkehrswesen, Eisenbahn, Post und Telegraphie). Unter den im vorstehenden Katalog zusammen⸗ gestellten Schriften befindet sich eine Menge wichtiger und werthvoller Werke. In diesem Katalog sind u. A. die Bibliotheken des ver⸗ storbenen Staatsraths F. von Bitzer und des Königlich württem⸗ bergischen Staats⸗Ministers des Innern, O. von Hölder, enthalten.

Die am 17. d. M. erscheinende Nr. 2320 der „Illustrirten Zeitung“ enthält u. A. folgende Abbildungen: Marie Francois Sadi Carnot, der neue Präsident der Französischen Republik. Das neue Justizgebäude in Köln. Rochefort und Dérouleéde, am Abend nach der Präsidentenwahl zum Volke redend. Nach einer Zeichnung von Paul Merwart. Die Unruhen in Paris am Tage vor der Präsidentenwahl: Die Garde zu Pferde säubert die Place de la Concorde. Albert Lortzing. Zum 50. Geburtstage von Albert Lortzing's „Zar und Zimmermann“’. Von Dr. Holub's letzter füdafrikanischer Reise. 16 Abbildungen. Nach Skizzen aus Dr. Holub’s Tagebüchern gezeichnet von R. Hellgrewe. Poly⸗ technische Mittheilungen.

8 Gewerbe und Handel.

Die Voss. Ztg.“ schreibt: Die Schließung der Berliner Waarenbörse erfolgt nunmehr bestimmt zum 31. Dezember. In der vorgestrigen Sitzung des Aeltesten⸗Kollegiums der Berliner Kauf⸗ mannschaft wurde über diese Angelegenheit in folgender Weise be⸗ richtet: Der im Anfang dieses Jahres eröffneten dritten Abtheilung des Börsenverkehrs, der Waarenbörse, hat es nicht gelingen wollen, sich eine gesicherte und in den Bedürfnissen des Waarengeschäfts fest be⸗ gründete Stellung zu geben, obwohl seit Mai d. J. die Börsenzeit für diese Abtheilung von zwei Stunden auf eine herabgemindert und ver⸗ suchsweise ganz von Entrichtung eines Eintrittsgeldes abgesehen wurde. Selbst diejenigen, welche das seit mehreren Jahren sorgsam vorbereitete Unternehmen am eifrigsten befürwortet und um die Betheiligung der verschiedenen hiesigen Waarenhandel⸗Gruppen mit Beharrlichkeit geworben haben, überzeugen sich mehr und mehr, daß alle diese Anstrengungen aussichtslos sind. Am meisten hat sich die Textil⸗Industrie von Anfang an für das Institut interessirt,

dieses Interesse ist kein nachhaltiges gewesen,

den größten Firmen war es von Anfang an sehr ge⸗

Das Aeltesten⸗Kollegium hat demselben bis zuletzt den möglichsten Vorschub geleistet und alles versucht, um es aufrecht zu erhalten. Schließlich konnte aber der evidenten Thatsache nicht widersprochen werden, daß ein wirkliches Bedürfniß nicht vorliege. Das Ministerium für Handel und Gewerbe, welches auf Antrag des Aeltesten⸗Kollegiums bereitwilligst auf Errichtung dieser dritten Ab⸗ theilung des Börsenverkehrs in der „vrevidirten Börsenordnung“ von 1886 einging, hat jetzt erklären lassen, daß es gegen Schließung der⸗ selben kein Bedenken habe, und so wurde denn vom Aeltesten⸗ Kollegium der Beschluß gefaßt, am 31. Dezember d. J. die Waaren⸗ 1. zu schließen. Bekanntlich war sie finanziell ein Privatunter⸗

ehmen.

Dem Bericht der Direktion der Charlottenburger Wasserwerke für das Geschäftsjahr 1886—87 entnehmen wir fol⸗ gende Mittheilungen: Das letzte Geschäftsjahr hat das Absatzgebiet erheblich erweitert. Nachdem schon mehrere Nachbargemeinden Berlins und Charlottenburgs Wasserlieferungsverträge mit der Gesellschaft ge⸗ schlossen, richtete die Direktion ihre Aufmerksamkeit darauf, für diese und ferner hinzutretende Gemeinden eine eigene ECE“ ein⸗ zurichten. Zu diesem Zweck wurde in dem Gemeindebezir Zehlen⸗ dorf nahe dem Wannsee ein Areal von 6 ha 83 a 89 am = 26 Morgen 141 Qu.⸗R. erworben, auf welchem die E in der Anlage begriffen ist. Entsprechend der erheblichen unahme an Grundstücks⸗Anschlüssen 287 gegen 222 im Vorjahre hat sich auch die Wassergeldeinnahme gegen das Vorjahr gehoben und betrug 170 897 gegen 145 956 Die Betriebskosten stellten sich erheblich höher als in den früheren Jahren. Die Zwischen⸗Maschinenanlage am Teufelssee erforderte einen erheblichen Mehraufwand an Kohlen und ebenso das ausgedehntere Rohrnetz größere Unterhaltungskosten. In Folge des Erwerbes der Zehlendorfer Grundstücke ist das Grundstücks⸗ Conto um 76 898 gestiegen, und ebenso ist das Gebäude⸗ Conto durch die Restzahlungen auf den inzwischen fertiggestellten Steglitzer Wasserthurm um 49000 gewachsen. Ganz erheblich ist das Rohrnetz gewachsen, welches 99770 m Baulänge mit 501 Hydranten und 503 Schiebern zum Buchwerth von 1 016 500 aufweist, während das Vorjahr 18 639 m Länge, 84 Hydranten und 91 Schieber im Werth von 186 500 weniger aufwies. Das Aktienkapital ist laut Beschluß der außerordentlichen General⸗ versammlung vom 24. Februar cr. um 665 800 erhöht worden, welche im September vollgezahlt, vom 1. Oktober an dividenden⸗ berechtigt sind. Der Reingewinn des verflossenen Jahres beziffert sich auf 116 690 ℳ, aus welchem nach Dotirung des Reservefonds mit 5834 der sich nach Zuschreibung des Agios abzüglich Kosten der letztemittirten Aktien auf 65 188 stellt und Absetzung der Tantismen wie im Vorjahr 7 ½ % als Dividende an die Aktionäre vertheilt werden können.

Dem Aufsichtsrath der Bergischen Brauerei⸗Gesell⸗ schaft, vormals Gustav Küpper, in Elberfeld, wurde Seitens des Vorstandes die Bilanz und die Gewinn⸗ und Verlust⸗Rechnung für das erste Geschäftsjahr vorgelegt. Nachdem der Biervorrath um 75 000 unter dem Selbstkostenpreise aufgenommen ist, die Tilgung der Gründungskosten von 23 500 ℳ, sowie die statutenmäßigen Ab⸗ schreibungen mit ca. 105 000 stattgefunden haben, ergiebt sich ein Reingewinn von ca. 363 000 ℳ, wovon ca. 18 000 zum gesetzlichen Reservefonds, 25 000 zu einem Spoezialreservefonds verwendet werden und 9 % Dividende mit 315 000 zur Vertheilung an die Aktionäre gelangen sollen.

Der Abschluß der Dessauer Zuckerraffinerie für 1886/87 ergiebt, einschließlich 74 914 Vortrag, einen Rohgewinn von 1 120 863 ℳ, der um ca. 514 000 hinter dem des Vorjahres zurückbleibt. Die Mindereinnahmen entfallen mit 467 500 auf das Fabrikationsconto, mit 40 500 auf das Strontiangewinnungs⸗ conto und mit 81 000 auf das Konsortialconto. Die Abschreibungen betragen 242 357 (1885/86 253 669 ℳ), die Vergütungen 191 371 (1885/86 277 323 ℳ) und die Dididende 27 ½ % mit 660 000 (1885/86 42 ½ %). Auf 1887/88 werden 7268 vor⸗

etragen.

1 Gegenüber den in mehreren deutschen Blättern erschienenen Mittheilungen wird aus Pest amtlich erklärt, daß der Königlich ungarische Landes⸗Central⸗Musterkeller nach wie vor besteht, unter Aufsicht und Kontrole des Königlich ungarischen Ministeriums für Ackerbau, Gewerbe und Handel gestellt ist und im Auftrage dieses Ministeriums von der Landesgenossenschaft un⸗ garischer Weinproduzenten verwaltet wird, ferner daß das aus⸗ schließliche Recht der Veräußerung der Flaschenweine durch Errich⸗ tung von Verkaufsstellen dieses Königlich ungarischen Landes⸗Central⸗ Musterkellers auf dem Gebiet des Deutschen Reichs für eine zehn⸗ jährige Zeitdauer dem Herrn Salo Schindler in Breslau, in

Firma: „Königlich Ungar. Landes⸗Central⸗Muster⸗Keller Salo Schindler’ „in Berlin und Breslau“ übertragen worden ist. Das Weinlager in Breslau steht unter Verwaltung des Seitens des Senenac ungarischen Landes⸗Central⸗Musterkellers bestellten Keller⸗ meisters.

Die New⸗Yorker Hdls.⸗Ztg.“ schreibt unter dem 2. Dezember; Zu großem Vortheil für unsere Farmer, wie für das ganze Land, sind die Preise fast aller unserer landwirthschaftlichen Er⸗ zeugnisse, besonders von Baumwolle, Weizen, Mais und Provisionen, in den letzten Wochen wesentlich in die Höhe gegangen, mit gut be⸗ gründeter Anssicht auf weitere Steigerung. Dies bedeutet nicht nur besseren Verdienst für die Farmer, sondern auch im Zusammenhang damit auch größeren Konsumtionsbegehr für Fabrikate aller Art, sowie fortgesetzt lebhaften Eisenbahnverkehr. Der Geldmarkt ist in den letzten Tagen, in welchen die Auszahlungen für Dezember⸗ Zinsen und Dividenden begonnen, entschieden flüssiger geworden. Das Geschäft am Wagren⸗ und Produktenmarkt hat be⸗ sonders, was spekulatives Eingreifen betrifft, einen theilweise äußerst lebhaften Verlauf genommen. Was zunächst Brotstoffe betrifft, so wurden.Notirungen von Weizen, sowohl für Locowaare als auch Termine, in welch letzteren ganz enorme spekulative Umsätze stattfanden, bedeutend hinaufgesetzt; der Export dieses Cereals war nicht sonderlich befriedi⸗ gend. Die Notirungen von Mais erfuhren. eine noch bedeutendere Steigerung als die von Weien. Auch Hafer lag sehr fest. Baum⸗ wolle war schwankend, doch kam schließlich wieder entschieden feste Haltung, verbunden mit einem Anziehen der Notirun en, zum Durch⸗ bruch. Am Frachtenmarkt sind Raten durchgehends gut be⸗ hauptet geblieben. In Brasil⸗Kaffees entbehrten Umsätze in disponibler Waare des Animo, Termine hatten eine kleine Avanz zu verzeichnen;; milde Sorten waren völlig nominell. Nach anfänglich matter Haltung war Rohzucker schließ⸗ lich wieder fester; in raffinirten Zuckern sind Vorräthe knapp und Preise deßhalb fest. Thee war anhaltend vernachlässigt. Was Provisionen anbetrifft, so hat es die Spekulation im Westen für gut befunden, die Notirungen wieder ganz bedeutend in die Höhe zu setzen; unser Markt folgte dieser Hausse und sind in Folge dessen Notirungen von Schmalz bedeutend gestiegen, während Schweinefleisch nur fest war. Ganz bedeutendes Geschäft vollzog sich am Metall⸗ markt; diesmal war Kupfer im Vordergrund und von einem französischen Syndikat manipulirt wesentlich höher; doch waren auch Transaktionen in Blei und Zinn, zu steigenden Preisen, sehr erheblich. Von Schiffsbedürfnissen waren Terpentinöl und Harz recht stetig. Raff. Petroleum behauptet feste Tendenz. In Pipe line Certificates war seit einigen Tagen mehr Spekulation zu steigenden Preisen, Schlußpreis 76 C. Geld. In Wolle haben sich Eigner nur in ganz seltenen Fällen zu Preiskonzessionen herbeilassen wollen. Einheimische und fremde Manufakturwaaren sind nicht sonderlich lebhaft gehandelt worden. Der Import fremder Webstoffe beträgt für die heute beendete Woche 1 889457 Doll., gegen 1 357 008 Doll, in der Para lelwoche des Voriahres.

Frankfurt a. M., 14. Dezember. (W. T. B.) Die heute Abend hier abgehaltene Generalversammlung der Inhaber von Bonds⸗ Certifikaten der Brunswick⸗Albany⸗Bahn, in welcher 17 Bondsbesitzer 812 000 Doll. Bonds vertraten, beschla einstimmig den Verkauf der Bahn an die Savannah⸗Florida⸗Bahn. Das

Comité erhält 1 300 000 Doll. 4 % First2 ortgage Bonds und 650 000 Doll. Income Bonds der zuletzt genannten Bahn.

Verkehrs⸗Anstalten.

Hamburg, 14. Dezember. (W. T. B.) Der Postdampfer „Saxonia“ der Hamburg⸗Amerikanischen Packetfahrt⸗ Aktien⸗Gesellschaft hat heute Lizard passirt. B

Hamburg, 15. Dezember. (W. T. B.) Der Postdampfer »Teutonia' der Hamburg⸗Amerikanischen Packetfahrt⸗ Päshrsaetelice hat, von West⸗Indien kommend, heute Seilly passirt.

London, 14. Dezember. (W. T. B.) Der Castle⸗Dampfer

„Roslin Castle“ hat heute auf der Ausreise Madeira passirt.

Sanitätswesen und Quarantänewesen. 1

86 Niederlande.

Zufolge einer im Nederlandsche Staats⸗Courant veröffentlichten Verfügung des Königlich niederländischen Ministers des Innern vom 8. Dezember 1887 tritt die unterm 5. August d. J erlassene Ver⸗ fügung, durch welche die Häfen von Malta für von Cholera ver⸗ seucht erklärt worden sind, außer Kraft. (Vergleiche „Reichs⸗Anzeiger“ Nr. 186 vom 11. August 1887.)

Egypten.

Der internationale Gesundheitsrath zu Alexandria hat beschlossen, die Ankünfte aus Malta vom 27. November 1887 ab zum freien Verkehr in den egyptischen Häfen zuzulassen. „Reichs⸗Anzeiger“ Nr. 191 vom 17. August 1887)

8

(Vergl.

wiederum

Berlin, 15. Dezember 1887.

Preußische Klassenlotterie. (Ohne Gewähr.)

Bei der gestern beendigten Ziehung der 3. Klasse 177. Königlich preußischer Klassenlotterie fielen in

der Nachmittags⸗Ziehung: 1 Gewinn von 5000 auf Nr. 166 194. 8 2 Gewinne von 3000 auf Nr. 60 518. 95 521. 2 Gewinne von 1500 auf Nr. 52 242. 58 369.

9 Gewinne von 500 auf Nr. 4477. 45 202. 68 827.

95 400. 101 820. 111 522. 173 656. 185 014. 187 164.

14 Gewinne von 300 auf 11 852. 16 292. 24 364. 38 048. 90 115. 133 583. 173 921. 185 433.

8

8 8

Von den Salomo⸗Inseln schreibt D. Grundemann der

M. K. der Pr. Br.: Unser Schutzgebiet in der Südsee ist überhaupt noch wenig erforscht; aber die Salomo⸗Inseln bilden den am wenigsten bekannten Theil desselben. Obgleich sie schon vor 300 Jahren, früher als manche andere Inselgruppe des Stillen Oceans, entdeckt wurden, waltet über ihnen auch heute noch so dichtes Dunkfel, wie kaum über Gruppe. Der spgrische Seefahrer Mendana fand sie im rhunderte später sah ein Europäer,

b Allerlei hatten sich um den Namen geflochten, den der Entdecker Er meinte nämlich das Goldland Ophir ge⸗ 1 34 salomonischen Schiffer die gepriesenen Schätze holten, und danach hatte er ihnen den Namen Wohl reizte die Vermuthung - Aber sie haben mit den wilden, schwarzen Bewohnern keine guten Erfahrungen ge⸗ macht, und es gelang ihnen nicht, den Schleier zu lüften. In unserm Jahrhundert wurden die Inseln öfter von Walfischfängern besucht, die dort Wasser und Nahrungsmittel einnahmen, und an einem Hafen⸗ latz war Aber nachdem die hinterlistigen Eingeborenen mehrmals unter solchen Besuchern ein Blutbad angerichtet hatten, hielten sich die Schiffe von diesen gefähr⸗

einer andern Jahre 1567; aber erst zwei Ja 5 Franzose Bougainville, dieses fabelhafte Land wieder.

agen diesen Inseln gegeben. funden zu haben, aus dem einst die

jenes alttestamentlichen Königs beigelegt. von Goldgruben weitere Entdecker, dorthin zu segeln.

platz war sogar eine Zeit lang ein reger Verkehr.

lichen Küsten sorgfältig fern.

Erst in neuerer Zeit sind wieder öfter Europäer dorthin ge⸗ kommen, als die australischen Kolonien um jeden Preis Arbeiter Damals entstand ein förmlicher Sklavenfang, indem auch von den Salomo⸗Inseln Eingeborene in großer Anzahl weg⸗ geschleppt wurden. Dem Unwesen ist jetzt gesteuert worden; aber es

haben wollten.

Nr. 8470. 9667. 10 196. 64 939. 67 729. 84 665.

gelingt hier und da, Eingeborene anzuwerben und sie auf eine b stimmte Zeit als Arbeiter nach europäischen Kolonien zu bringen Dieser friedlichere Verkehr, sowie auch ein gut Theil Handel, der von Europäern mit den Eingebornen getrieben wird, dürfte kaum möglich geworden sein, wenn nicht besmischen die Mission ihren mildernden Einfluß auch auf diese Inseln erstreckt hätte.

Seit 1 ½ Jahren ist der größte Theil dieser Gruppe nach Ver⸗ einbarung mit der englischen Regierung unter deutschen Schutz gestellt worden. Es sind die drei großen, nordwestlich gelegenen Inseln Msabel, Choiseul und Bougainville. Jede derselben ist 20 30 Meile lang und meistentheils zwischen 5 und 10 Meilen breit. Dem

lächeninhalt nach dürften sie zusammen etwas größer sein als das

önigreich Württemberg. Soweit man vom Ufer sehen kann, sind die Berge des Inlandes mit dichten Urwäldern kedeckt. Hier und da aber zeigt eine aufsteigende Rauchsäule, daß auch dort Menschen ihren Wohnsitz haben.

Die Eingebornen, soweit man sie kennen gelernt hat, haben viel Aehnlichkeit mit denen der Bismarck⸗Inseln. Die schwarzen Menschen mit dem wollig krausen Kopfhaar gehen zum großen Theil völlig unbekleidet, selbst die Weiber, von denen manchen auch das Schürz⸗ chen fehlt, mit dem andre nothdürftig ihre Blöße decken. Reichlicher oft recht sonderbarer Schmuck scheint die Kleidung ersetzen zu sollen. Oft sieht man welche, die den Körper mit weißen und rothen Streifen bemalt haben. In den unförmlich vergrößerten Ohrläppchen werden Muscheln, Holzstücke u. dergl. getragen und ebenso in dem durch⸗ bohrten Nasenknorpel. Halsbänder und Ringe an Armen und Beinen fehlen selten. „Das sorgfältig frisirte Haar wird mit Blumen und Federn geschmückt oft wird es auch mit Kalk roth gefärbt. Nie sieht man die Männer ohne Waffen. Keulen, Bogen und Speere sind über⸗ raschend sauber gearbeitet obgleich ohne Anwendung von Eisen. Die Speerspitzen werden aus Menschenknochen oder spicen Steinen gemacht. Selten bleiben die Waffen lange unbenutzt. Die Kaͤmpfe der verschiedenen kleinen Stämme nehmen kein Ende. Daher sind viele Dörfer befestigt. Ja manche Stämme bauen Wohnungen wie große Käfige auf hohen Bäumen und suchen dort in jeder Nacht Sicherheit vor ihren Feinden. angelegt, mit einer Veranda umgeben und mit Strohdächern versehen. Auch sie zeigen viel Geschicklichkeit. Die großen Kriegsboote aber, die aus dünnen Brettern förmlich zusammengenäht sind, werden als wahre Kunstwerke bezeichnet, um so mehr, da sie außer den . von und Perlmuscheln mit schöner Holzschnitzerei ge⸗ chmückt sind.

ie Feinheit dieser einzig mit geschärften Steinen und Muscheln ausgeführten Arbeiten ist wahrhaft erstaunlich. Wie schade, daß die hierdurch angedeuteten Anlagen der Insulaner nicht unter friedlichen Verhältnissen weiter entwickelt sind! Aber nur der Krieg ist ihr Lebenselement. Offenen Kampf freilich vermeiden sie möglichst. Dagegen unterneymen sie gern Raubzüge und hinterlistige Ueberfälle. Sind bei solchen Gelegenheiten einige Feinde getödtet, so ist der Kampf entschieden, und die Sieger kehren im Triumph mit den Leichen der Gefallenen heim. (Einige Stämme begnügen sich mit den abgeschnittenen Köpfen, die sie für Kultuszwecke nöthig zu haben meinen. Der heidnische Aberglaube ist der finstere Grund, aus dem alle diese Greuel entspringen.) Die letzteren werden in großen Löchern in der Erde gebraten denn die Salomo⸗Insulaner sind Menschenfresser. Als solche waren sie längst bei den Seefahrern berüchtigt. Die Beispiele von Europäern, welche dort das grausame Loos erlitten hatten, blieben unvergessen, und wenn ein Europäer den Strand dieser Insel betrat, so that er es nur mit der Feuerwaffe in der Hand. Manche haben auch ohne, Noth die Eingeborenen die Ueberlegenheit der europäischen Waffen fühlen lassen, und so hatte sich ein gegenseitiger, tief gewur⸗ zelter Haß zwischen jenen Schwarzen und den Weißen ausgebildet. Se dahin gekommen, daß jene in jedem Weißen einen Bösewicht erblickten.

Leipzig, 14. Dezember (W. T. B.) Hochverrathsprozeß Cabannes. In der heutigen Sitzung wurde die Beweisaufnahme fortgese t. Es gelangten zur Verlesung die Gutachten des preußischen Kriegs⸗Ministeriums sowie des Ministeriums in Straßburg über die von dem Angeklagten an die französische Regierung gelieferten Verwaltungs⸗ berichte; ebenso werden hierüber als Sachverständige vernommen: Oberst von Goßler, Major Frit ng. Geheimer Rath Harff. Darnach gewährten die Berichte ein authentisches Bild von dem Standeder Ernte, dem Stande von Handel und Industrie, den Gesundheits⸗ und Militär⸗ verhältnissen, der Rekruten⸗Aushebung, den Hoch⸗, Wasser⸗ und Straßenbauten, von der Herstellung und Befestigung von Brücken, von Kanalbauten, Anlegung neuer Eisenbahnen, traßenbahnen; sie gaben ferner eine Darlegung der öffentlichen Stimmung der Bevölkerung und verschafften der französischen Regierung werthvolles Material für ihre zukünftigen Kriegsvorbereitungen, indem dieselbe dadurch ein vorzügliches Mittel zur Orientirung über die gesammten, in Elsaß⸗Lothringen vor⸗ handenen Hülfsmittel erhielt. Die Berichte mußten deshalb zum Wohl des Deutschen Reichs geheim gehalten werden und auch der Laie konnte darüber nicht in Zweifel sein. Sachverständiger Harff betonte nament⸗ lich die absolute obiektive Zuverlässigkeit der Berichte, die denselben einen besonderen Werth verliehen. Angeklagter bemerkte: er habe auf die Berichte keinen Werth gelegt.

Heute Nachmittag wurden noch weitere Schriftstücke, die der Angeklagte aus der Kanzlei des Straßburger Bezirkspräsidiums ent⸗ wendet und nach Frankreich versendet hatte, verlesen und darauf die Beweisaufnahme für geschlossen erklärt. In der nächsten Sitzung, am Donnerstag, erfolgen die Schlußvorträge. Die Verkündung des Urtheils ist wohl nicht vor Sonnabend zu erwarten.

15. Dezember. (W. T. B.) Der Reichsanwalt Galli be⸗ antragte am Schluß seines Plaidoyers: den Angeklagten Cabannes wegen Bestechung und Landesverraths sowie wegen Beseitignng amt⸗ licher Urkunden, letzterer im idealen Zusammenhang mit Diebstahl, zu einer Gesammtstrafe von 12 Jahren Zuchthaus, 1000 Geld⸗ strafe und zehn Jahren Ehrverlust zu verurtheilen.

Mainz, 14. Dezember. (W. T. B.) Die Rheinhöhe be⸗ trägt 2,28, das Wasser ist hier ebenso wie in Mannheim, wo die Höhe 5,15 beträgt, noch im Steigen begriffen.

Kroll's Theater. Ueber die künstlerische Vollkomme heit der „Patience“⸗Aufführungen sind der Direktion Mr. Carte's von unseren hervorragendsten Akademikern die schmeichelhaftesten Ur⸗ theile zugegangen, welche in dem lebhaften Beifall des Publikums allabend⸗ lich beredte Bestctignng finden. Wenn trotzdem fuͤr nächsten Sonntag

bereits die letzte Aufführung der reizenden Purlesk⸗Oper angezeigt wird,

so ist der Grund dafür in den zahlreichen Ansuchen gegenwärtig hier ver⸗ weilender Fremden zu finden, welchen der Genuß, die japanische Oper Sullivan's zu sehen, bisher versagt war. Der „Mikado“ gelangt daher am Montag, in neuer Besetzung und in neuer sorgfältiger Inscenirung, wieder zur Aufführung. Am 6. Januar schließt die Saison der englischen Oper.

„Im Walhalla⸗Theater treten bis Weihnachten halbe Preise ein: Parquet 2 ℳ, II. Rang 1,50 und 1 Morgen und über⸗ morgen bleiben die beiden einaktigen Stücke mit Frl. Feldau, den Herren Rotter, Szika, Fredy auf dem Repertoire; am Sonntag geht dann „Rikiki“ auf vielfachen Wunsch wieder in Scene. Gleichzeitig läßt die Direktion, aus kaufmännischen Kreisen an sie vielfach heran⸗ Wünschen Folge gebend, die Vorstellungen um 7 ½ Uhr eginnen.

Redacteur: Riedel. Berlin: Verlag der Expedition (Scholz).

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.

Sieben Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage).

8 8

Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember

S82.

Die gewöhnlichen Häuser sind viereckig’

Preußen. Berlin, 15. Dezember. Im weiteren Ver⸗ lauf der gestrigen (11.) Sitzung des Reichstages erklärte bei fortgesetzter erster Berathung des Ges etz⸗ entwurfs, betreffend die Erhöhung des Zolltarifs, bei Berathung der Position des §. 1, wonach der Zollsatz auf Raps und Rübsaat von 2 auf 3 erhöht werden, dagegen Leinsaat, Baumwollensamen, Ricinussamenu, Palmkerne und Koprah, wie bisher, frei bleiben, für Mohn, Selam, Erd⸗ nüsse und anderweit nicht genannte Oelfrüchte der jetzige Zollsatz von 2 bestehen bleiben soll, der Abg. Freiherr von Franckenstein: Die große Mehrzahl seiner Freunde werde gegen diese Position stimmen, denn sie hielten die einzelnen Sätze im Verhältniß zu einander nicht für richtig normirt, verzichteten aber auf ihre Amendirung, weil das die Verhandlungen zu sehr hinausziehen würde, und behielten sich vor, in einer späteren Zeit wieder darauf zurückzukommen. 1

Regierungskommissar, Geheimer Regierungs⸗Rath Kraut: Die Landwirthschaft habe auch an der Erhaltung des Raps⸗ baues ein großes Interesse und die Oelindustrie könne durch die vorgeschlagenen Sätze nicht geschädigt werden.

Abg. Schrader: Nach der Erklärung des Abg. von Franckenstein, der lauen Vertheidigung vom Bundesrathstische und den Verhandlungen in der Kommission werde es nicht schwer sein, das Haus zu überzeugen, daß bei dieser Position an dem bestehenden Zustande nichts geändert werden dürfe. Es handele sich hier nicht um ein namhaftes Interesse der Landwirthschaft, wohl aber sei eine Schädigung der Oel⸗ industrie zu befürchten, und dann würde die Landwirthschaft, die auf die Oelindustrie angewiesen sei, den Schaden selbst tragen. Im Gegensatz zu den bereits angenommenen neuen Zöllen klinge ja die Erhöhung von 2 auf 3 bescheiden. Im Jahre 1885 hätten die Regierungen aber nur einen Zoll von 1 gewagt und sich nur mit Wider⸗ streben vom Reichstag auf 2 drängen lassen. Die Zoll⸗ erhöhung würde nur zur Folge haben, daß die einen geringeren Zoll tragenden Mineralöle dem Rüböl den Garaus machen. Die Oelindustrie leide schon unter dem jetzigen Zoll und es würde ein weiterer Rückgang besonders die kleinen Etablisse⸗ ments treffen, auf welche gerade die Landwirthschaft angewiesen sei. Ihr Interesse bei diesen Zöllen sei so minim, daß man deswegen nicht die Existenz einer ganzen Industrie in Frage stellen könne. Der Rapsbau werde um so mehr noch weiter zurückgehen, weil der Raps eine zweifelhafte Frucht sei, und, wenn die Rübenzuckerindustrie sich erholt habe, wieder mehr Rüben gebaut werden würden. Er empfehle, an dem Beschluß der Kommission keine Aenderung vorzunehmen.

Regierungskommissar, Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Freiherr von Heydebrand und der Lasa: Der Vorredner spreche von der lauen Vertheidigung dieser Position Seitens der Regierung. Die Regierung lege auf diesen Vorschlag denselben Werth, wie auf ihre übrigen Vorschläge, der⸗ selbe sei auch mit gleicher Sorgfalt reiflich erwogen worden. Die vorgeschlagenen Sätze seien richtig bemessen. Das Interesse des Landwirths am Rapsbau sei durchaus nicht minim, im Gegentheil sei der Rapsbau dadurch wichtig, daß seine Bestellung und Ernte in eine frühere Jahreszeit falle und er eine sehr gute Vorfrucht sei. Beim jetzigen Miß⸗ stand der Preise sei der Landwirth auch auf Rapsbau ange⸗ wiesen. Sei letzterer zurückgegangen, so folge das aus der Un⸗ möglichkeit, ihn beim jetzigen Zollsatz rentabel zu betreiben. Im Landwirthschaftsrath sei sogar ein Rapszoll von 5 beantragt worden. Daraus sei zu folgern, daß die Regierung alle betheiligten Interessen reiflich erwogen habe.

Abg. von Wedell⸗Malchow: Der Abg. Schrader behaupte, daß die Landwirthschaft kein namhaftes Interesse beim Raps⸗ zoll habe. Ein solches Urtheil sei nur möglich, wenn man die Interessen der Landwirthschaft nur oberflächlich kenne. Der Raps trage zur Verbesserung des Bodens bei, ohne den Raps würde man bedeutende Kosten hierfür verwenden müssen. Der Bau der Zuckerrübe wie auch der Kartoffel sei erheblich zurückgegangen, so daß nur noch der Raps übrig bleibe. Der Raps interessire auch nicht allein den Großgrundbesitzer, er sei vielmehr eine Frucht, die auch der kleine Bauer sehr aut brauchen könne. Die Schwierigkeit, die durch die Rücksicht auf die Mühlenindustrie entstehe, habe man schon 1885 glücklich überwunden. Wenn einzelne Mühlen eingegangen seien, so liege das nicht an den Zöllen, sondern vielmehr daran, daß, wenn die Oelmühlen im Sommer ihre Preise ge⸗ bildet hätten, entgegenstehende Koalitionen im Herbst und Winter die Preise wieder drückten. Es stehe hier ein hervor⸗ ragendes Interesse der Landwirtschaft auf dem Spiel und eine Schädigung der Interessen der Oelindustrie sei nicht nach⸗ gewiesen, so daß seine Partei für den Zollvorschlag der Re⸗ gierung stimmen müsse, der sogar nach der Ansicht landwirth⸗ schaftlicher Kreise viel zu niedrig sei. Wenn man überhaupt die nationale Arbeit schützen wolle, so müsse man auch diesen Satz annehmen.

Abg. Schrader: Unter Umständen sei ja der Raps eine gute Zwischenfrucht und könne auch gute Erträge bringen, aber wenn im Ganzen nur 130 000 h mit Raps bebaut seien, so könne nur ein geringer Theil der Landwirthe daran ein Interesse haben, den Zoll zu erhöhen. Die Oelindustrie werde dadurch immer schlechter gestellt, denn die Zölle für Oel könnten nicht entsprechend erhöht werden. Die Landwirth⸗ schaft habe selbst Schaden, wenn sie für den Raps keinen

bsatz mehr finde. Wohlerwogen möge ja der Vorschlag der egierung sein, damit sei noch nicht bewie⸗

en, daß er richtig sei. Abg. von Kardorff: Er bitte, dem Rapszoll nicht zuzu⸗ stimmen. Man dürfe unmöglich denjenigen Oelfabriken, welche heute noch Raps verarbeiteten, das Material vertheuern.

egen der weitgehenden Konsequenzen, welche ein v haben würde, erkläre seine Partei sich zur Zeit gegen dieselbe. Die Erhöhung des Rapszolles wurde hierauf gegen die Stimmen der Deutschkonservativen und eines Theils der Reichspartei abgelehnt.

Es folgte Mais und Dari, bisheriger Zoll 1 ℳ, nach

der Vorlage 2 ℳ, nach den Anträgen von Delbrück, Schultz und von Helldorff 4 8

Abg. Trimborn bat, alle Erhöhungen abzulehnen. Schon 1885 habe er ausführlich dargelegt, wie nöthig für den Westen Deutschlands der billige Bezug von Mais und Dari zur Vieh⸗ fütterung sei, und das habe auch seinen Antrag auf billigere Tarifirung von Mais und Dari angenommen. Die Landwirthschaft im Westen sei auf die Verwendung dieser Futtermittel angewiesen, die man ihr um so weniger vertheuern dürfe, als sie, die ihr Viehfutter zum Theil aus der Schlempe der kleinen genossenschaftlichen Brennereien beziehe, ohnehin durch das neue Branntweinsteuergesetz schwer geschädigt sei. Auf Gewinn aus diesen Brennereien müßten die Genossen⸗ schaften zum großen Theil verzichten, aber auf das Futter, das sie lieferten, könnten sie nicht verzichten. Deshalb hätten sie bisher die Brennereien aufrecht erhalten müssen, was ihnen bei einer Verdoppelung dieses Zolls noch mehr erschwert werden würde. Die Zollerhöhung werde hauptsächlich durch die gesteigerte Maisproduktion Amerikas befürwortet, aber darauf komme es doch wenig an; maßgebend sei die Einfuhr nach Deutschland, und die sei in den letzten Jahren erheblich zurückgegangen.

Abg. Schultz: Die große Mehrheit der deutschen Land⸗ wirthe werde diese Auffassung nicht theilen, vielmehr verlange sie auch in diesem Punkt wirksamen Schutz gegen die aus⸗ ländische Einfuhr in dem Kampfe des geschwächten deutschen Bodens mit dem sanase Boden Amerikas.

Der Staats⸗Minister Dr. Lucius beschränkte sich auch hier auf die Bitte, es bei dem Zollsatz der Vorlage zu belassen.

Abg. Diffené schloß sich den Ausführungen Trimborn's an, der die Interessen der südwestdeutschen Landwirthschaft an dieser Frage ganz sachgemäß dargelegt habe.

Abg. von Wedell⸗Malchow: Wenn man ein einigermaßen kongruentes System wirthschaftlicher Zölle aufbauen wolle, so dürfe man auch die Sätze für Mais und Dari nicht zu niedrig bemessen. Die Erzeugnisse der besten und der schlechtesten Bodenklassen, Weizen und Kartoffel, würden vom Mais in gleichen Maße bedroht. Wenn man hier nicht konsequent Zollschutz beschließe, so werde das Ausland diese Lücke in dem deutschen Zolltarif sehr bald entdecken und gründlich ausnützen.

Die Regierungsvorlage wurde mit großer Mehrheit an⸗ genommen.

Es folgte Malz, bisheriger Zoll 3 ℳ, die Vorlage will 4, von Helldorff 5

Abg. Zeitz: Die Rentabilität des Brauereigewerbes werde vielfach überschätzt. Von 84 Brauereien, deren Geschäfts⸗ übersichten Redner kenne, gäben 19 gar keine Dividende, und nur 12 über 8 Proz. Einem Zollsatz von 2,25 auf Gerste würde ein Malzzoll von 4 ℳentsprechen.

Die Vorlage mit 4 wurde angenommen, nachdem der weitergehende Antrag von Helldorff zurückgezogen war.

Nach der Vorlage soll der Zoll für Kraftmehl, Puder ꝛc. von 9 auf 14, für Nudeln und Makkaronj von 10 auf 15, und für Mühlenfabrikate und gewöhnliches Backwerk von 7,5 auf 12 erhöht werden.

Abg. von Fischer beantragte Erhöhungen auf 12,50 bezw. 13,50 bezw. 10,50 Außerdem lag ein Antrag Windthorst vor, der die Erhöhung der Zölle für Hefe (Pos. 25 c des Zolltarifs) von 42 auf 65 beabsichtigt.

Regierungskommissar Geheimer Regierungs⸗Rath Kraut: Die verbündeten Regierungen hätten sich gefragt, ob sie bei Gelegenheit dieser Vorlage auch eine Erhöhung der Hefezölle vorschlagen sollten. Aber ebenso wie bei der Erhöhung der Getreidezölle 1885 hätten sie auch diesmal davon abgesehen, weil sie glaubten, daß im Branntweinsteuergesetz die Inter⸗ essen der Preßhefefabrikanten schon genügende Wahrung ge⸗ funden hätten.

Abg. Grad plaidirte für Mühlenfabrikate auf 10

Abg. Diffene: Wenn man das Rohmaterial vertheuere, müsse auch das Fabrikat einen höheren Zollsatz erhalten. Deutschland habe vor Allem unter der Konkurrenz Frankreichs zu leiden, welches unter sehr viel günstigeren Bedingungen pro⸗ duzire, während doch die deutsche Industrie sehr wohl den ganzen einheimischen Bedarf decken könnte. Wenn der Antrag Windthorst mit 65 zu hoch erscheine, so bitte er, wenigstens für 60 zu stimmen. Im Branntweinsteuergesetz sehe er keineswegs eine Bevorzugung der Preßhefefabrikanten, sondern nur eine in Folge der vorhergegangenen neuen Erhöhung der Getreidezölle nöthig gewordene Ausgleichung.

Abg. von Landsberg⸗Steinfurt trat für den Antrag Windthorst ein, während Broemel darauf hinwies, daß in keinem Lande der Welt ein nur annähernd so hoher Schutzzoll für Mühlenfabrikate bestehe, wie in Deutschland.

Geheime Regierungs⸗Rath Kraut bestritt, daß der Zollsatz, wie er gegenwärtig bestehe, zu hoch bemessen sei.

Abg. Dr. Meyer (Halle): Neben der Mühlenindustrie leide unter den Getreidezöllen schwer die Weizenstärke⸗Industrie. Sein Wahlkreis speziell würde bei einer weiteren Erhöhung des Weizenzolls schwer geschädigt werden. Bei dieser Gelegen⸗ heit möchte er der Regierung eine Bitte vortragen. Einige Zolldirektoren hätten mit Bestimmtheit angeordnet, daß für Mehlsäcke schlechthin keine Tara vergütet werde, andere ließen 2 Proz. vergüten. Es werde nöthig sein, daß hierüber über⸗ einstimmende Vorschriften erlassen würden.

Die Anträge des Abg. von Fischer, sowie der Antrag Windthorst wurden angenommen.

Auf Antrag der Abgg. von Feldorff und Genossen soll für Kleie (bisher zollfrei) ein Zoll von 1 festgesetzt werden.

Abg. Rickert erklärte sich gegen diesen Antrag. Die Statistik habe ergeben, daß gerade da, wo die Einfuhr von Kleie aus dem Auslande gestiegen sei, die Preise herauf⸗ gingen und, wo die Einfuhr gefallen, heruntergegangen seien. Die Weizenpreise seien viel mehr gefallen, als die Preise der Kleie.

Ebenso sprach auch der Abg. Dr. Buhl sich gegen diesen Antrag aus, weil damit eines der wichtigsten Futtermaterialien für den kleinen Mann vertheuert würde.

Normirung des Zolles auf

Abg. von Kardorff war für den Antrag. Es werde vom

Produkts betreffe.

Auslande, namentlich aus Rußland, eine ganze Menge Kleie mißbräuchlich eingeschmuggelt, welche eine große Menge Mehl enthalte. Dadurch würde die deutsche Mühlenindustrie ent⸗ schieden benachtheiligt.

Geheimer Regierungs⸗Rath Kraut machte darauf aufmerk⸗ sam, daß ein Kleiezoll eine Wirkung nur für Rußland haben würde, da Deutschland bei den übrigen Staaten durch Handels⸗ verträge gebunden wäre.

Der Kleiezoll wurde gegen die Stimmen der Deutsch⸗ konservativen, der Reichspartei, der Polen und eines Theils des Centrums abgelehnt.

Nach der Regierungsvorlage soll die Anmeldung bei Pos. 25s: „Reis zur Stärkefabrikation unter Kontrole 3 ℳ“ fortfallen. Der Reiszoll würde dadurch allgemein auf 4 festgesetzt werden. Dieser Punkt der Vorlage wurde ohne Debatte angenommen.

Abg. Wörmann beantragte folgenden neuen §. 1a ein⸗ zuschalten: Den Inhabern von Malz⸗, Preßhefe⸗, Cakes⸗ oder Bisquit⸗ und Teigwaarenfabriken wird für die Ausfuhr ihrer Fabrikate eine Erleichterung dahin gewährt, daß ihnen der Eingangszoll für eine der Ausfuhr entsprechende Menge des von ihnen eingeführten ausländischen Getreides oder Mehls nachgelassen wird. Der Ausfuhr steht die Niederlegun derselben in eine Zollniederlage unter amtlichem Verschlu gleich. Ueber das hierbei in Rechnung zu stellende Aus⸗ beuteverhältniß trifft der Bundesrath Bestimmung.

Abg. Wörmann: Er könnte ausführen, wie durch die Schutzzollpolitik der Export geschädigt werde, wie immer mehr durch die hohe Mauer von Schutzzöllen, welche um das Deutsche Reich gezogen würde, die internationalen Handelsbezie⸗ hungen, der internationale Verkehr, der Waarenaustausch be⸗ einträchtigt werde, wie der innere Gegensatz der Na⸗ tionen sich immer mehr geltend mache und wie schwer man sich entschließe, von Deutschland zu kaufen; indessen er gehe hierauf nicht weiter ein. Es sei schon er⸗ wähnt, wie die Fabrikanten von Preßhefe durch die erhöhten Zölle geschädigt würden. Es handele sich darum, daß durch den Schutzzoll die Produktion im Innern außerordentlich ver⸗ mehrt werde, daß man in Folge des Anschlusses Hamburgs an den Zollverein eine große Preßhefefabrik, welche jetzt außer⸗ halb des Zollanschlusses sei, mit in den Zollanschluß hinein⸗ bringen würde. Die Gesammtproduktion von Preßhefe in Deutschland betrage 15 Millionen Pfund, diese eine Fabrik produzire allein 3 Millionen Pfund, also den fünften Theil der gesammten Produktion. Wenn dieser mit im Inlande auf den Markt geworfen werde, so würden die eben bewilligten 65 Schutzzoll nichts ausrichten können. Wolle man die Preßhefe⸗ fabrikanten wirklich schützen, so werde man die Fabriken, welche bis⸗ her für den Export gearbeitet hätten, dadurch exportfähig erhalten müssen, daß man ihnen bei der Ausfuhr das wieder vergüte, was der Fabrikant an Eingangszoll fremdes Getreide g zahlt habe. Aus der Hamburger Statistik sei zu ersehen, daß die Ausfuhr von Preßhefe in den letzten drei Jahren durch⸗ schnittlich einen Werthbetrag von über 3 Millionen Mark ge⸗ habt habe. Diesen nicht unbedeutenden Werth für Deutsch⸗ land zu erhalten, müsse doch außerordentlich wichtig erscheinen. Aehnlich liege es mit den Malzfabriken. Hamburg habe eine Malzfabrik im Zollinlande, welche bis 1885 jährlich 35 000 Ctr. exportire, nach der Zollerhöhung und durch dieselbe sei dieser Export bis auf 1400 ECtr heruntergegangen. Jetzt seien im Hamburger Frei⸗ hafengebiet eine Reihe von Malzfabriken, welche aus schließlich für den Export arbeiteten, namentlich nach Brasilien hin. Auch diese würden genöthigt sein, ihre Produkte au den inländischen Markt zu werfen. Und damit würde der 8 Nutzen des eben bewilligten höheren Zolles ebenso illusorisch werden, wie hinsichtlich der Preßhefe. Die Malzfabriken seien angewiesen, ausländische Gerste zu bearbeiten. Die böhmischen und österreichischen Malzfabriken seien diejenigen, welche auf dem Weltmarkt den deutschen Malzfabriken die meiste Konkurrenz machten. Die deutschen Fabriken seien genöthigt, zur Fabrikation ihres Malzes die österreichische Gerste zu kaufen. Wenn sie nun den höheren Eingangszoll bezahlen s ollten, würden sieeinfach von der Konkurrenz auf dem Weltmarkt ausgeschlossen. Auch dieser Export sei in den letzten Jahren ein nicht unbedeutender gewesen. Nicht ganz so leicht sei die Durchführung seines Antrages in Bezug auf die Cakes⸗ und Biskuitfabriken. Diese Industrie sei in Deutschland noch wenig entwickelt; es habe nur 5—6 Fabriken. Auf dem Weltmarkt aber sei der Bedarf an Cakes u. s. w. ganz außerordentlich groß. In England existirten neben 16 kleineren Fabriken zwei große mit 3000 und 2500 Arbeitern. Der hamburgische Export von Brot und Backwerk habe in den letzten drei Jahren jährlich etwa 1 100 000 betragen, während England enorme Summen exportire; es sei daher selbstverständlich, daß durch die Begünstigung der Cakes⸗Industrie sich eine außer⸗ ordentlich wichtige Industrie in Deutschland entwickeln und ihrerseits den Konsum landwirthschaftlicher Produkte ver⸗ mehren könne. Es scheine sonach naturgemäß und geboten, diese drei Industrien, die jetzt schon in Hamburg allein jähr⸗ lich für 5— 6 Millionen Mark exportirten, in jeder Weis e zu fördern. Da der Schutzzoll wirkungslos bleibe, so müsse man diese Fabriken wieder exportfähig machen, was unmöglich sei wenn auf dem Mehl, ihrem Hauptmaterial, ein Eingangszoll von 50 60 Proz. ruhe. Die eine Hamburger Cakesfabrik, die im Freihafengebiet stehe, habe nach wie vor ihren Export beibehalten können, die anderen beiden, die auf Anschlußgebiet lägen, hätten schon seit 1885 ganz bedeutend an ihrem Export verloren und müßten bei noch höheren Zöllen ihren Export aufgeben. Ebenso werde es der ersten Fabrik er⸗ gehen, wenn sie in das Zollgebiet einbezogen worden sei. Von den anderen Produkten, deren die Cakesfabri⸗ kation noch bedürfte, komme der Zucker hier weniger in Frage, weil bereits in dem Zuckersteuergesetz des vorigen Jahres eine gewisse Exportbonifikation den Cakesfabriken zugesichert sei. Sie brauchten aber ferner englische Bleche, für die sie hohe Zölle zahlen müßten. Ohne diese Zölle wären die deutschen

akesfabriken genau so leistungsfähig auf dem Weltmarkt wie die englischen, wenigstens was die Qualität des deutschen Sein Antrag enthalte kein Novum, das,