1887 / 306 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 30 Dec 1887 18:00:01 GMT) scan diff

3) Zur Besorgung der in §. 22 Absatz 1, 2 und 3 des Reichsgesetzes vorgesehenen Obliegenheiten wird die Gemeinde⸗ behörde im Sinne gegenwärtiger Verordnung bestimmt.

4) Geldstrafen, welche auf Grund von §. 11, §. 15 und §. in Verbindung mit §. 11 Absatz 3, §. 25 Absatz 2 und §. 82 Absatz 2 des eingezogen werden, fließen der Kasse derjenigen unteren Verwaltungs⸗ während auf

§. 44 des Reichsgesetzes vom 11. Juli 1887

Unfallversicherungsgesetzes vom 6. 1884

Juli behörde zu, welche die Strafe verfügt hat, Grund von §. 44 des Reichsgesetzes vom 11. Juli 1887 in Verbindung mit §. 85 Absatz 2 des Unfallversicherungsgesetzes vom 6. Juli 1884 verfügte Strafen der Kasse derjenigen unteren Verwaltungsbehörde zufließen, in deren Bezirk der Bestrafte wohnt. Altenburg, am 28. Dezember 1887. Herz glich sächsisches Gesammt⸗Mi von Leipziger.

Bekanntmachungen auf Grund des Reichsgesetzes vom 21. Oktober 1878.

Auf Grund der §S§. 11 und 12 des Reichsgesetzes gegen die gemeinfährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie vom 21. Oktober 1878 wird das von der Socialistic Publishing Society herausgegebene „Gedenkblatt an den 11. No⸗ vember 87“ mit der Ueberschrift: „Die Opfer des neuen Freiheitskrieges“ eine Extrabeilage zum „Vorboten“ hiermit landespolizeilich verboten. 8 8

Hildesheim, den 28. Dezember 1887.

Der Regierungs⸗Präsident: 8 Dr. H. Schultz.

oer der heutigen Handelsregister⸗Beilage wird Nr. Zeichenregister⸗Bekanntmachungen veröffentlicht.

Aicctamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 30. Dezember. Se. Majestät der Kaiser und König erledigten am heutigen Vormittage Regierungsgeschäfte und empfingen einige hier auf Urlaub be⸗ findliche höhere Militärs.

Ihre Majestät die Kaiserin und Königin ertheilte heute dem Königlich württembergischen Gesandten, Grafen Zeppelin, dem Kaiserlich chinesischen Gesandten Hung⸗

Chün, dem Kaiserlich japanischen Gesandten Marquis Saronzi und dem Gesandten des Königreichs Siam, Phya Damrong Raja Bolakhanth, die nachgesuchten, durch die Umstände bisher verzögerten Antritts⸗Audienzen.

Diejenigen Personen, welche Majestät der s

Kaiserin und Königin aus Veranlassung des eintretenden Jahreswechsels ihre Glückwünsche darbringen möchten, haben

ihre Karten am 31. d. M. bei der Ober⸗Hofmeisterin Gräfin on Perponcher abzugeben.

Für diejenigen Personen, welche Ihren König⸗

lichen Hoheiten dem Prinzen und der Prinzessin

Wilhelm anläßlich des Jahreswechsels ihre Glückwünsche

darzubringen beabsichtigen, werden am Neujahrstage in Berlin

im Königlichen Schlosse, Wartesalon Portal IV, und in

Potsdam im Königlichen Stadtschlosse von 8 Uhr Morgens

Se. Majestät der Kaiser und König werden am Neujahrstage, Mittags 12 ¼ Uhr, im hiesigen Palais diesmal militärischerseis nur die Gratulation der aktiven Generäle owie der Obersten in Generalsstellungen und der Comman⸗ deure der Leib⸗Regimenter entgegennehmen.

Der Bundesrath hat in der Sitzung vom 19. d. M. folgende Ausführungs⸗Bestimmungen zu dem Ge⸗ setz, betreffend die Abänderung des Zolltarifs, vom 21. d. M. beschlossen:

A. zum §. 1 des Gesetzes:

8 Abgesehen von der Einstellung der neuen Zollsätze in die Spalte „Zollsatz für 100 kg“ des amtlichen Waarenverzeichnisses zum Zoll⸗ tarif erleidet letzteres folgende Aenderungen: 8 1) Im Artikel „Getreide“ (Seite 123 des amtlichen Waaren⸗ verzeichnisses und Seite 52/53 Nr. 153 der vorläufigen Aenderung desselben) ist der vierte Absatz wie folgt zu ändern: G —, gemalztes s. Malz.

2) Der Artikel „Malz“ (Seite 223 des amtlichen Waaren⸗ erzeichnisses und Seite 90/91 Nr. 255 der vorläufigen Aenderung esselben) erhält folgende Fassung:

Malz:

a. gemalzte Gerste und gemalzter Hafer .. . Nr. 9 f br. 4 ℳ,

b. anderes Malz wie das betreffende ungemalzte Getreide,

—, gebranntes aller Art, auch dergleichen gemahlenes

G Nr. 25 m 1.40

3) Im Artikel „Reis“ (Seite 287) ist der zweite Absatz ergleichen zur Stärkefabrikation unter Kontrole Nr. 25 s Anmerk

3 ℳ“ zu streichen.

B. zum §. 2 Absatz 2 bis 5 des Gesetzes:

1) Wer auf Grund der Bestimmungen im §. 2 Absatz 2 bis 5 es Gesetzes die Eingangsabfertigung von Waaren, deren Zollsatz urch das Gesetz erhöht worden ist, nach den niedrigeren in dem Zoll⸗ arif vom 24. Mai 1885 vorgeschriebenen Zollsätzen in Anspruch

nimmt, hat den Nachweis zu führen, daß durch einen vor dem 26. November d. J. abgeschlossenen Vertrag die Lieferung dieser Waare nach dem Zoll⸗Inlande bedungen worden ist.

Auf Waaren, welche über Häfen des Zollauslandes eingeführt verden, finden die gedachten Bestimmungen dann Anwendung, wenn

a. der Nachweis erbracht wird, daß aus der Zeit vor dem 6. November d. J. Thatsachen vorliegen, aus welchen hervorgeht,

daß die Waaren schon damals zur Einfuhr in das Zollinland be⸗ stimmt waren

b. die Waaren bei der Umladung in dem ausländischen Hafen weder eine Lagerung noch eine unkontrolirte Umpackung erfahren

ben. 2) Die Prüfung der Frage, ob im einzelnen Fall Thatsachen der

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Im Uebrigen unterliegen Anträge auf Eingangsabfertigung von Waaren nach den in dem Zolltarif vom 24. Mai 1885 vorgeschriebenen Zollsätzen der Prüfung und Entscheidung der Zolldirektivbehörden.

3) Die etwa erforderlichen weiteren Ausführungsvorschriften werden den obersten Landes⸗Finanzbehörden überlassen.

In Bezug auf die Bestimmung des §. 41 des preußi⸗ schen Grundeigenthumsgesetzes vom 5. Mai 1872: „Hat der Erwerber eines Grundstücks die auf demselben haftende Hypo⸗ thek in Anrechnung auf das Kaufgeld übernommen, s erlangt der Gläubiger gegen den Erwerber die per⸗ önliche Klage, auch wenn er dem Uebernahmevertrag nicht beigetreten ist“ hat das Reichsgericht, V. Civilsenat, durch Urtheil vom 19. Oktober d. J., ausgesprochen, daß die Uebernahme der Hypotheken auf den Kaufpreis nicht ausdrücklich erklärt zu werden braucht; viel⸗ mehr ist diese Uebernahme auch dann anzunehmen, wenn ohne jede darauf bezügliche Erklärung aus der Art der Belegung des Kaufgeldes hervorgeht, daß Käufer die haftenden Hypo⸗ thekenbeträage von dem Kaufgeld ohne Weiteres in Abzug brh und soweit in Anrechnung auf den Kaufpreis über⸗ nimmt.

Der heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staats⸗ Anzeigers“ ist eine „Besondere Beilage“ (Nr. 7), enthaltend Entscheidungen des Reichsgerichts, nebst Titel und Inhaltsverzeichniß 1887 beigefügt.

Breslau, 29. Dezember. (W. T. B.) Der Magistrat und die Stadtverordneten⸗Versammlung haben Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit dem Kronprinzen ihre Glückwünsche zum neuen Jahre in einem Telegramm ausgesprochen, in welchem der Freude darüber, daß die Gesundheit Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit von keiner ernsten Gefahr bedroht sei, wie der tiefsten Ehrerbietung und unzerstörbaren Liebe zu dem Königlichen Hause wärmster Ausdruck gegeben wird.

Bayern. München, 29. Dezember. (Allg. Ztg.) Die

nächste Plenarsitzung des Landtages ist auf Mittwoch, den 11. Januar 1888 anberaumt; auf der Tagesordnung stehen: die Rechnungsnachweisungen und der Etat der Forst⸗, Jagd⸗ und Triftverwaltung in Verbindung mit der Denkschrift über den Vollzug der Reorganisation der bayerischen Staatsforst⸗ verwaltung. MNürnberg, 30. Dezember. (W. T. B.) Der Magistrat faßte den einstimmigen Beschluß, eine Neujahrs⸗Glück⸗ wunsch⸗Adresse an Ihre Kaiserlichen und König⸗ lichen Hoheiten den Kronprinzen und die Kron⸗ prinzessin zur Unterzeichnung öffentlich aufzulegen.

Würzburg, 29. Dezember. (W. T. B.) Zu dem heute anberaumten 11. Landtagswahlgange sar Würz⸗ bjurg⸗Stadt erschienen die liberalen Wahlmänner nicht, und kam daher mangels Anwesenheit von zwei Drittheilen der vorhandenen 90 Wahlmänner eine Wahl nicht zu Stande. Die Wahl ist nunmehr auf unbestimmte Zeit vertagt.

Baden. (St.⸗A. f. W.) Das Budget für die Jahre 1888 und 1889 veranschlagt die Einnahmen auf 94041 314 ℳ, die Ausgaben auf 91 624418

Für die laufende Etatsperiode 1886/87 sind die Einnahmen zu 85 850 966 ℳ, die ö zu 84 095 098 angenommen. Danach ist der Veberschuß der Einnahmen über die Ausgaben pro 1888/89 um 661 028 höher angenommen als pro 1886/87. Für den außer⸗ ordentlichen Etat werden 4 319 547 gegen 4 584 378 des letzten Etats, also 264 831 weniger gefordert. Endlich ist der zu neuen Ausgaben verfügbare Ueberschuß des umlaufen⸗ den Betriebsfonds jetzt um 617 877 größer, als vor zwei Jahren. Aus diesen drei Faktoren ergiebt sich, daß dieses Mal die Bilanz um 1 543 733 günstiger abschließt als nach dem Finanzgesetz für die laufende Etatsperiode. Die ordentlichen Aus⸗ gaben der allgemeinen Staatsverwaltung sind für jedes der beiden Jahre veranschlagt zu 45 812 209 (+ 3 637 725 ℳ). Bei dieser Mehrforderung sind sämmtliche Etats betheiligt. Darunter sind fol⸗ gende Posten hervorzuheben: Für Matrikularbeiträge + 1 471 170 ℳ; zur Erhöhung der Dotationen der drei Hochschulen + 81 695 ℳ; zur Errichtung eines Landes⸗Versicherungsgamts zum ersten Mal 8000 ℳ; für die demnächst zur Eröffnung kommende Heil⸗ und Pflegeanstalt Emmendingen 194 417 ℳ; bei Titel Zoll⸗ verwaltung + 143 121 (Kosten der Branntweinsteuer); endlich Erhöhung des Staatszuschusses zur Eisenbahn⸗Schuldentilgungs⸗ kasse um 1 000 000 Die ordentlichen Einnahmen werden angeschlagen zu je 47 020 657 (+ 4 068 828 ℳ). Auch bei der Mehreinnahme sind sämmtliche Etats betheiligt. Erstmals erscheint der Antheil an der seit 1. Oktober eingeführten Branntwein⸗ Verbrauchsabgabe; derselbe ist zu 3 600 000 angenommen. Dem steht bei dem Ertrag der Reichs⸗Stempelabgaben eine Mindereinnahme von 100 720 gegenüber, so daß restlich eine Mehreinnahme von 3 500 060 verbleibt. Aus den Vergütungen der Reichskasse für Verwaltung der Zuckersteuer werden 48 490 ℳ, für Verwaltung der Branntweinsteuer 385 000 erwartet. Zurückgegangen sind die Budgets der Salinen⸗ und der Steuerverwaltung. Bei dem ersteren ist wiederum, als Folge des gesteigerten Mitbewerbs der Nachbar⸗ länder, auf einen Ausfall zu rechnen, und zwar in Höhe von 139 944 Das Steuerbudget schließt im Ganzen mit einer Minder⸗ einnahme von 341 318 ab. Dabei ist aber zu berücksichtigen, däaß erstmals der frühere Budgetsatz für die Landesbranntweinsteuer mit 682 985 wegfällt. Zieht man dies in Betracht, so verbleibt eine Verbesserung des Steuerbudgets um 426 717 ℳ, durch Steigerung des Ertrags der direkten Steuern um 386 100 ℳ, der indirekten Ab⸗ gaben um 25 425 Im außerordentlichen Etat sind zu erwähnen ein Posten mit 545 064 für die Hochschulen und 179 770 für die Mittel⸗ und Volksschulen; ferner für Einrichtung einer geologischen Landesanstalt 30 000 Von den „Ausgeschiedenen Verwaltungs⸗ zweigen“ schließt das Budget der Badeanstaltenverwaltung mit jährlich 274 625 Einnahmen und 261 101 Ausgaben ab. Außerordentlich werden gefordert 316 400 für den Neubau des Armenbades und des Frauenbades. Die Eisenbahnverwaltung weist im Vergleich zu dem Voranschlag für 1886/87 eine Mehreinnahme von 2 581 961 nach, welcher eine Mehrausgabe von 1 446 444 gegenüber steht. Der Etat schließt mit einer Reineinnahme von 14 088 348 (+ 1134 517 ℳ). Die Erhöhung des Voranschlags der Einnahmen beruht zum Theil auf der Erweiterung des Staats⸗ bahnnetzes durch neu eröffnete Bahnen, in der Hauptsache aber auf der Voraussetzung, daß das in den letzten Jahren eingetretene stete Wachsen der Erträgnisse des Personen⸗ und Güterverkehrs auch in der nächsten Periode einen Rückschlag nicht erleiden werde.

Die Ausgabe sieht u. a. Mittel vor zur Einführung des Instituts der Bahnärzte und zur Leistung von Faschassen zu einer zu gründenden Pensionskasse der ständigen Eisenbahnarbeiter, Einrichtungen, welche

neben der reichsgesetzlichen Unfall⸗ und Krankenversicherung dazu dienen

sollen, die soziale Lage des niederen Eisenbahnpersonals zu verbessern.

Das Budget der Bodensee⸗Dampfschiffahrt schließt mit der Reineinnahme von 25 510 Im Eisenbahnbau⸗Budget beträgt die Summe der Neuanforderungen 33 026 600 ℳ, welcher eine

Einnahme von 22 851 000 gegenübersteht, so daß zu Lasten der

Eisenbahn⸗Schuldentilgungskasse acch. 10 175 600 verbleiben.

Dabei ist der antheilige Beitrag des Reichs zu den Kosten der im

Interesse der ö“ herzustellenden Grenzbahnen mit

uunter 1 a Absatz 2 bezeichneten Art vorliegen, bleibt den oberst 84 Panbeg Finenzbehteden vorbehalten. ig

an den Kosten der strategischen Bahnen 1 200 000 ℳ; für Ankauf der vorderen Wiesenthalbahn und der Elzthalbahn 3 100 000 ℳ; für ver⸗ schiedene Aenderungen und Erweiterungen an dem bestehenden Bahn⸗ 3 039 900 ℳ; für Vermehrung des Transportmaterials 2 616 700 und für Beschaffung von Ausrüstungsgegenständen 170 000 Die Eisenbahn⸗Schuldentilgungskasse erfordert an Zins ab⸗ züglich der Aktivzinsen 27 287 073 ℳ, für die planmäßige Schulden⸗ tilgung 8 611 398 Dem Gesammtbedarf mit 36 038 279 stehen an Eisenbahn⸗ und Postgefällen nur 30 489 177 gegenüber, so daß eine Unzulänglichkeit der Deckungsmittel in Höhe von 5 549 102 vorliegt, zu deren Ausgleichung auch der Zuschuß aus dem allgemeinen Staatshaushalt mit je 2 750 000 oder 5 500 000 nicht voll⸗ ständig hinreicht. Es ist vorgesehen, daß zur Bestreitung des (ein⸗ schließlich der Restkredite) auf 14 875 600 veranschlagten Bau⸗ aufwandes und zur theilweisen Zurückzahlung der bei der Amortisations⸗ kasse erhobenen Vorschüsse eine neue Schuldaufnahme im Betrage von 18 000 000 erfolgen soll.

Sachsen⸗Meiningen. Meiningen, 29. Dezember. (Mgdb. Ztg.) Die verwittwete Herzogin, Mutter des regierenden Herzogs, ist schwer erkrankt. Die Tochter der Herzogin, die Prinzessin Moritz von Sachsen⸗Altenburg, ist bereits hier eingetroffen.

Schwarzburg⸗Sondershausen. Sondershausen, 28. Dezember. (Mgagdb. Ztg.) Der Landtag erledigte in seiner heutigen Sitzung in Uebereinstimmung mit den Kom⸗ missionsvorschlägen den die Theilung und Zusammenlegung von Grundstücken und die Vertheilung der öffentlichen Lasten bei Grundstückstheilungen betreffenden Gesetzentwurf, die Ent⸗ würfe eines Gerichtskosten⸗ und eines Verwaltungskosten⸗ gesetzes, die mit der Notariatsordnung verbundenen Kosten⸗ bestimmungen, endlich die Einführung dieser Kostengesetze und die Abänderung der Grundbuchordnung.

DSDesterreich⸗Ungarn. Wien, 29. Dezember. Die „Wiener Ztg.“ veröffentlicht eine Verordnung des Gesammt⸗ Ministeriums, betreffend die provisorische Aktivirung des Handelsvertrags mit Italien. Das Hausir⸗ gesetz wurde den Handelskammern zur Begutachtung über⸗ wiesen; dasselbe beschränkt den Hausirhandel auf das un⸗ zweifelhaft vorhandene Bedürfniß.

Pest, 28. Dezember. Das „Amtsblatt“ publizirt das Tabackgefällsgesetz.

Großbritannien und Irland. London, 28. Dezember. Die „Allgemeine Correspondenz“ schreibt: „Der Pöbel von Dover hat es sich nicht nehmen lassen, Gladstone vor dessen Abreise nach Italien noch ein Stück seiner Rohheit zu zeigen. Schon als der liberale Führer auf dem Bahnhof anlangte, wurde er mit wildem Gebrüll und Zischen empfangen. Beim Besteigen des Wagens, welcher ihn nach dem Stadthause bringen sollte, ging der Pöbel sogar zu Thätlichkeiten über und bombardirte den Exr⸗Premier⸗ Minister mit einem Hagel von Schneebällen, wovon einer Gladstone an der Schulter traf. Die Kundgebungen wurden vor dem Stadthause fortgesetzt, wo eine Musikkapelle höhnende Weisen spielte. Ein englischer Politiker ist jedoch an der⸗

darum.“

Frankreich. Paris, 29. Dezember. (W. T. B.) Der neuernannte englische Botschafter, Lord Lytton, über⸗ reichte dem Präsidenten Carnot heute sein Beglaubigungs⸗ schreiben.

Der Ministerrath beschäftigte sich heute abermals mit der Errichtung des Postens eines Unter⸗Staats⸗ sekretärs für die Kolonien. Der Marine⸗Minister Mahy sprach sich auch heute dagegen aus, was seinen Rück⸗ tritt zur Folge haben könnte.

(Fr. C.) Bevor die Kammer vertagt worden ist, hat die Budgetkommission an dem de Freyänet'schen Bautenplan eine erhebliche Ersparniß gemacht. Von dem Gesammtbetrage von 4797 Millionen Francs, welcher nach jenem Plane noch zu verbauen ist, hat die Kommission 2390 Millionen gestrichen und somit die bessernde Hand an einer Stelle angelegt, von welcher die finanziellen Ver⸗ legenheiten Frankreichs, wie sie sich im Laufe der letzten Jahre bemerkbar machten, ausgegangen sind. Es bleiben für öffentliche Bauten Eisenbahnen, Kanäle, Straßen ꝛc. immerhin noch 2400 Millionen bestimmt. Davon werden dem Staat von den Bahngesellschaften 1450 Mil⸗ lionen vorgeschossen, und 950 Millionen werden vom Staat unmittelbar investirt, was den Staat während einer Periode von zehn Jahren mit je einer Annuität von 95 Millionen belastet, die ohne Anlehen in das ordentliche⸗ Budget aufgenommen werden. Behufs weiterer Ersparnisse wird man die Linien des dritten Schienennetzes soviel als thunlich, vorzüglich so oft sie keine strategische Linie zu ergänzen haben, schmalspurig herstellen.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 30. Dezember. (W. T. B.) Laut einem heute veröffentlichten Tages⸗ befehl des Kriegs⸗Ministers ist der erforderliche Kredit für die am 20. Februar angeordnete Umwandlung der Lokal⸗Bataillone in Archangel, Petrosadowsk, Perm, Ufa, Orenburg und Astrachan in Reserve⸗Cadre⸗ Bataillone zu 5 Compagnien Allerhöchsten Orts genehmigt worden. Das betreffende Bataillon in Archangel soll in Kriegszeiten ein Regiment zu zwei Bataillonen bilden.

Italien. Rom, 29. Dezember. (W. T. B.) Der Papst empfing heute die Kardinäle. Der Doyen der⸗ selben sprach dem Papst deren Glückwünsche zu seiner Jubelfeier aus und überreichte Sr. Heiligkeit mehrere Exemplare der Medaille, welche die Kardinäle aus Anlaß der päpstlichen Jubelfeier haben prägen lassen. Der Papst gab seiner Dankbarkeit und Freude Ausdruck und geleitete die Kardinäle darauf nach seiner Privatbibliothek, wo er sich längere Zeit huldvoll mit ihnen unterhielt.

Der „Moniteur de Rome“ veröffentlicht die vom 22. d. M. datirte päpstliche Encyklika an die Bischöfe, welche in sehr bestimmter Weise die Fragen betreffs der Seminarien, sowie betreffs der Aus⸗ bildung des Klerus und der grseseneg der Jugend behandelt. Der Papst ermahnt die Bischöfe, die Gläubigen von geheimen Gesellschaften abzuwenden, empfiehlt den Katho⸗ liken Einigkeit und energische Verfechtung der Rechte der Kirche und des Glaubens, weist auf die Vortheile der Einigkeit zwischen der Kirche und dem Staat hin und erinnert

22 800 000 in Ausgabe und Einnahme als durchlaufender Posten aufgeführt. Die Restsumme der Ausgaben umfaßt: Antheil 1

an das zwischen Bayern und dem päpstlichen Stuhle abge⸗ schlossene Concordat. Der Papst bedauert, daß der Staat nicht

gleichen Ausschreitungen gewöhnt und kümmert sich nicht viel

in derselben Weise wie der Vatikan seinen Verpflichtungen nachgekommen sei, und setzt seine Hoffnung auf die Weisheit des Prinz⸗Regenten. .

Ein Telegramm der „Agenzia Stefani“ aus Massovah, von heute, sagt: es sei nunmehr gewiß, daß Osman Digma sich in Tocar festgesetzt habe und in dem Dorfe Tamai häufige Besuche mache. In den letzten Tagen habe Osman Digma an den Häuptling der Hobals, Cantibai, Briefe gesendet, worin er denselben zu Unterhand⸗ lungen wegen des Durchzugs von Waaren der Derwische durch sein Gebiet aufgefordert und im Weigerungsfall mit e bedroht habe. Das Telegramm meldet ferner:

er Ober⸗General Marzano habe in der letzten Nacht die italienischen Truppen probeweise alarmiren lassen und dabei alle Truppentheile, sowohl in den Forts wie auf den Vorposten, in größter Schnelligkeit und Ruhe auf ihren Posten bereit gefunden.

30. Dezember. (W. T. B.) Die Handelsverträge mit Frankreich, Spanien und der Schweiz sind bis zum 1. März k. J. verlängert worden, bis zu welcher Zeit voraussichtlich der neue definitive Abschluß derselben erfolgt.

Serbien. Belgrad, 29. Dezember. (W. T. B.) Der Minister⸗Präsident Ristic hat die Demission des Kabinets überreicht, da die Radikalen auf die Entlassung des Ministers des Innern, Milojkowitz, drängten, das Kabinet aber diese Forderung aus Solidaritätsrücksichten entschieden zurückwies, und da in Folge dessen das Bündniß der Liberalen und Radikalen unter Umständen gelöst wurde, welche eine Wiederannäherung dieser Parteien unmöglich machten. Der König hat das Demissionsgesuch angenommen und das Ministerium bis zur Bildung eines neuen Kabinets mit der Fortführung der Geschäfte betraut.

Bulgarien. Sofia, 29. Dezember. (W. T. B.) Die Sobranje ist heute geschlossen worden. Prinz Fer⸗

dinand dankte in warmen Worten den Deputirten für ihre Hingebung. 1“

Zeitungsstimmen.

Die „National⸗Zeitung“ schreibt: t Deutschland im Jahre 1887. Ein ehernes Jahr! An seinem Eingang stand die schwere Krisis wegen einer Militärvorlage und sein Ende wird abermals durch eine solche Vorlage bezeichnet. Aber die Wendung zum Besseren, welche in der inneren Politik im Verlauf des Jahres eingetreten, wird dadurch bekundet, daß der neue militärische Gesetzentwurf keine neue parlamentarische Krisis heraufzuführen droht. Den Gewinn wenigstens, daß noch auf zwei Jahre hinaus ein Reichs⸗ tag vorhanden ist, welcher über alle Parteitendenzen hinweg die Bedürfnisse der nationalen Existenz unweigerlich zu befriedigen ent⸗ schlossen ist, hinterläßt das scheidende Jahr. .. Weährend der Krisis, welche beim Beginn des Jahres durch die Militärfrage veranlaßt wurde, trat in der Haltung der bundes⸗ staatlichen Dynastien in erfreulicher Weise die Wandlung hervor, velche das erste halbe Menschenalter Reichspolitik in den Gesinnungen der regierenden Familien der kleineren Staaten erzeugt hat. Der jüngst erschienene erste Band der Denkwürdigkeiten Herzogs Ernst von Coburg giebt eine interessante Schilderung davon, wie fremd diese fürstlichen Häuser in einer Zeit, welche noch im Gedächtniß der Mit⸗ lebenden ist, fast durchweg dem Gedanken eines Nationalstaats gegenüberstanden; aus der Fremdheit war später, als dieser Gedanke auf seine Verwirklichung hindrängte, in der Sorge m die überkommene Stellung bei vielen eine bittere Feind⸗ aft geworden. Aber die Theilnahme an der Leitung der Reichsangelegenheiten, worin die bundesstaatlichen Dynastien einen realen Ersatz für den Verzicht auf Scheinrechte erlangten, hat eine durchgreifende Wandlung bewirkt. Sie ist in charakteristischer Weise von der ersten dieser Dynastien, der bayerischen, während des Fahres 1887 bei verschiedenen Anlässen bekundet worden; als der rinz⸗Regent Luitpold in diesem Sommer die neugewählte bayerische Abgeordnetenkammer eröffnete, konnte man mit Freude hervorheben, daß die ein Jahr zuvor erfolgte Königs⸗Katastrophe am Starnberger See nicht, wie damals vielfach befürchtet worden war, zu einer Stärkung der partikularistischen Elemente geführt, sondern im Gegen⸗ theil das bayerische Fürstenhaus der Kaiserlichen Dynastie genähert, und daß der Einfluß des ersteren beruhigend auf jene Elemente ge⸗ wirkt hatte. Dieses moralische Moment innerer Befestigung des National⸗ staats darf wohl neben dem materiellen aufgeführt werden, das eine der Errungenschaften des Jahres ist: neben der Stärkung der Reichs⸗ finanzen, der Beseitigung der Defizit⸗Wirthschaft. Einzelheiten der be⸗ züglichen Gesetze haben uns die Zustimmung zu denselben schwer ge⸗ macht; in der politischen Bilanz des Jahres aber muß diese Erhöhung der Reichseinnahmen als ein wichtiger politischer Gewinn verzeichnet werden, umsomehr, da sie in der Hauptsache in rationeller Weise durch gesteigerte Besteuerung des Branntweins erreicht wurde. Mit den beiden Wehrvorlagen des Jahres gehört sie zu den Maß⸗ regeln, durch welche Deutschland sich in den Stand gesetzt hat, falls es Noth thun sollte, gegen Ost und West seine Unabhängigkeit zu ver⸗ theidigen; wird uns diese Nothwendigkeit erspart, so werden wir die erhöhten Einnahmen für die Werke des Friedens sehr gut brauchen önnen. In der ersten Reihe dieser stand auch während des ablaufenden Jahres diejenige Gesetzgebung, welche bestimmt ist, die Lage der hand⸗ arbeitenden Masse der Bevölkerung zu verbessern. Der Schutz der⸗ selben gegen die wirthschaftlichen Folgen von Betriebsunfällen nähert sich seiner Vollendung, und die Alters⸗ und Invaliditäts⸗Versicherung ist in Angriff genommen. Wir haben uns über die Mängel in der Organisation der Unfallversicherung niemals einer Täuschung hin⸗ gegeben; und wir lassen durchaus dahingestellt, wie weit die gesammte sozialpolitische Versicherungs⸗Gesetzgebung, einschließlich des jetzt in der Ausarbeitung begriffenen Entwurfs, der Unzufriedenheit der Lohnarbeiter mit ihrem täglichen Loose entgegen wirken kann. Aber unbeschadet der Kritik von Einzelheiten muß man in dieser Gesetzgebung, wenn es überhaupt Mittel giebt, auf dem Boden der bestehenden Erwerbs⸗ und Gesell⸗ schaftsordnung die Klassengegensätze wenigstens abzuschwächen, ein solches erkennen, und je schwieriger die Aufgabe ist, um so un⸗ erläßlicher ist es, daß alle die, welche sie für dringlich halten, untergeordnete Meinungsverschiedenheiten zurückdrängen, denn sonst kommt überhaupt nichts zu Stande. Den sozialpolitischen Erfolg muß man abwarten. Von heute auf morgen erhoffen wir einen solchen so wenig, wie etwa von den kolonialpolitischen Versuchen, deren Entwicklung während dieses Jahres immerhin auch einer Erwähnung in dem Rückblick auf dasselbe werth ist. Sie schreitet so langsam vorwärts, wie es selbst bei optimistischer Beurtheilung dieser Ver⸗ suche vorherzusehen war; die Ansicht, daß in einem, in zwei, in drei Zahren greifbare Erfolge von Belang vorliegen müßten, wenn man die kolonialen Versuche überhaupt als berechtigt ansehen sollte, ist nur von Gegnern, niemals von derselben gehegt worden. Auch abgesehen von dem Glücksfall eines Goldfundes in ist Grund zu günstigen Erwartungen vorhanden; sowohl im interlande von Kamerun, als in Ost⸗Afrika berechtigen die mit der Anlage von lantagenversuchen in diesem Jahre gemachten, resp. fortgesetzten ersuche zu der Haffnung, daß Deutschland in nicht allzu ferner Zeit einen Theil seines Bedarfs an und subtropischen Erzeug⸗ nissen aus deutschen Kolonien beziehen wirrr.. .

Die „Nord⸗Ostsee⸗Zeitung“ tritt für die Ver⸗ längerung des Sehaee g.ehe ein und begründet dieselbe durch folgende allgemeine Ausführungen:

Die deutsche Sozialdemokratie ist im Großen und Ganzen noch dieselbe geblieben, die sie seit drei Lustren war: der grundsätzliche 5 der gegenwärtigen Staats⸗ und Besitzordnung. Was sie ins

eben rief, der unversöhnliche Haß und Neid gegen die Besitzenden, drückt ihr auch heute noch das Gepräge auf, und alle Erfahrungen der jüngsten Vergangenheit, die Verhandlungen der Sozialistenprozesse, die Vorgänge in der Schweiz, in Belgien, Frankreich, Großbritannien und Nord⸗Amerika beweisen unwiderleglich, daß die deutsche Sozialdemokratie an der Spitze der rothen Internationale marschirt und daß sie heute wie früher der gefährlichste Gegner des freien Bürgerthums ist. Sie ist und bleibt die Verkörperung des vierten Standes. Der schwere Massentritt der von Bebel und Liebknecht kommandirten Arbeiterbataillone soll die Bourgeois ver⸗ nichten, wie die asiatische Wanderratte die schwarze Ratte des Westens vertilgte. Der vierte Stand, der angeblich heute Nichts ist, soll morgen Alles sein! Auf den Trümmern der beutigen Welt⸗ ordnung wollen die sozialdemokratischen Umstürzler ihren Zukunftsstaat, ihre Utopien errichten. Die Reichsregierung will diesen offenkundigen sozialistischen Bestrebungen einen Riegel vorschieben, indem sie die Gültigkeitsdauer des Cprtalistengefegen beträchtlich verlängert und die Expatriirungsklansel für gewisse Fälle vorschlägt. Die Sozial⸗ demokratie braucht einen Dämpfer. Es wäre thöricht, das Auge vor den Gefahren schließen zu wollen, die ihre verbrecherischen Pläne heraufbeschwören können. Die Mehrheit des Reichstages wird kaum zögern, in die Verlängerung der Dauer des Sozialistengesetzes zu willigen. Der arbeiterfreundliche, positiv schaffende deutsche Staat darf nicht zum Tummelplatz für tolle Volksbeglücker⸗Versuche aus⸗ ersehen werden.

Amtsblatt des Reichs⸗Postamts. Nr. 69. Inhalt: Verfügungen: Vom 23. Dezember 1887. Beitritt des Schutzgebiets der Neu⸗Guinea⸗Compagnie zum Weltpostverein. Vom 22. De⸗ zember 1887. Zahlung der Ruhegehälter. Vom 24. Dezember 1887. Wegfall der Nachtragsanweisungen zu den Zahlungsanweisungen der Berufsgenossenschafts⸗Vorstände bz. der Ausführungsbehörden für die Unfallversicherung.

Statistische Nachrichten.

Gleichzeitig mit den Ermittelungen über die konfessionellen Verhältnisse der Schüler ist auf Veranlassung des Unterrichts⸗ Ministers in den Gemeinde⸗ und Privatschulen Berlins eine Sta⸗ tistik darüber aufgenommen worden, welches Sprachidiom in den Familien der Schüler gesprochen wird. Diese Statistik, für welche der 20. Mai 1886 als Stichtag angenommen ist, ergab, der „Voss. Ztg.“ zufolge, folgende Zahlen. Von den 149 100 Schülern und Schuͤlerinnen der Berliner Gemeindeschulen sprachen in der Familie 148 542 nur deutsch, 91 nur polnisch, 42 polnisch und deutsch, 2 lithauisch und deutsch, 8 sonst slawisch und deutsch, 3 dänisch und deutsch, 5 nur eine andere nicht deutsche Sprache, 37 eine an⸗ dere nicht deutsche Sprache und deutsch. Von den 19 697 Schülern und Schülerinnen der Berliner Privatschulen sprachen in der Familie: 19 580 nur deutsch, 13 nur polnisch, 13 polnisch und deutsch, 2 nur sonst slawisch, 6 sonst slawisch und deutsch, 18 nur eine andere, nicht deutsche Sprache, 65 eine andere nicht deutsche Sprache und deutsch. Für die höheren öffentlichen Schulen liegen ähnliche Ermittelungen über die sprachlichen Verhältnisse der Schüler und Schülerinnen bezw. ihrer Familien nicht vor. 8

Den Mittheilungen der Großherzoglich hessischen Centralstelle für die Landesstatistik (Nr. 399) entnehmen wir über die Geburten, Sterbefälle, Eheschließungen und Ehescheidungen in den Kreisen des Großherzog⸗ thums Hessen im Jahre 1886 folgende Daten: Die Zahl der Geborenen in der Provinz Starkenburg beträgt im Ganzen 13 807, davon waren ehelich lebend 6340 männliche und 5876 weibliche ge⸗ boren, todt 280 m., 229 w., unehelich lebend 534 m., 497 w., todt 26 m. und 25 w. Zwillingsgeburten kamen im Ganzen 153 vor, Drillingsgeburten nur 3. Die Zahl der Gestorbenen (einschließlich der Todtgeborenen) betrug im Ganzen 9156, davon waren 4659 m. und 4497 w. Die Zahl der Eheschließungen erreichte die Höhe von 2961; die Zahl der Ehescheidungen belief sich auf 21. In der Pro⸗ vinz Oberhessen betrug die Gesammtzahl aller Geborenen 8010. Davon waren ehelich lebend geboren 3642 m., 3435 w., todt 127 m. und 115 w., unehelich lebend 341 m., 326 w., todt 9 m., 15 w. Zwil⸗ lingsgeburten kamen vor 107, Drillingsgeburten 2. Die Zahl der Gestorbenen einschließlich der Todtgeborenen belief sich auf 2921 m, 2881 w. Die Cheschließungen erreichten eine Höhe von 1824, die Ehescheidungen nur von 8. In der Provinz Rheinhessen stellt sich das Resultat folgendermaßen: Es wurden daselbst geboren im Ganzen 9920, davon waren ehelich lebend geboren 4492 m., 4416 w., todt 187 m., 143 w., unehelich 312 m., 343 w., todt 17 m., 10 w. Zwillingsgeburten kamen im Ganzen 113 vor, Drillingsgeburten 4. Die Zahl der Gestorbenen einschließlich der Todtgeborenen stellt sich für das männliche Geschlecht auf 3457, für das weibliche auf 3252; im Ganzen also 6709. Die Zahl der Eheschließungen beziffert sich auf 2300, diejenige der Ehescheidungen auf 25. Für das gesammte Großherzogthum stellt sich das Resultat also folgendermaßen: Es wurden im ganzen Großherzogthum im Jahre 1886 geboren 31 737 Personen. Davon waren ehelich lebend geboren 14 474 männlichen Geschlechts, 13 727 weiblichen, todt 594 m., 487 w., unehelich lebend 1187 m., 1166 w., todt 52 m., 50 w. Zwillingsgeburten kamen vor 373, Drillingsgeburten 9. Die Zahl der Gestorbenen einschließlich der Todtgeborenen belief sich im Ganzen auf 21 667, wovon 11 037 auf das männliche, 10 630 auf das weibliche Geschlecht entfallen. Die Zahl der Eheschließungen belief sich im Berichtsjahre auf 7085, die der Ehescheidungen auf 53. 8

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

„Hie Brandenburg!“ oder „Aus der Jugendzeit des Großen Kurfürsten“ betitelt sich ein im Verlage von Max Woywod (Breslau) erschienenes Gedenkblatt an den 9. Mai 1688, den Todestag des Großen Kurfürsten, in dramatische Form gekleidet von Hermann von Festenberg⸗Packisch. Der Verfasser hat es unternommen, in einzelnen Bildern uns die. Jugendgeschichte Friedrich Wilhelm's I. vorzuführen und uns einen Ueberblick über die wichtigsten Momente derselben zu geben. Er beginnt die Reihe dieser dramatischen Bilder mit einer Schilderung des Aufenthalts, welchen der junge Kurprinz in Holland nahm, wobei er mit richtigem Blick dasjenige herauszufinden verstanden hat, was charakteristisch für das Wesen des zu großen Dingen berufenen Fürsten war. Im zweiten Akt führt er uns den Kurprinzen am väterlichen Hofe vor und giebt uns einen Einblick in die eigenartige Stellung, welche der junge Thronfolger in⸗ mitten der verwickelten damaligen Verhältnisse in der Mark einnahm. Im dritten und letzten Akt schildert er uns den Begian der energischen, thatkräftigen Regierung des zur Herrschaft gelangten Prinzen, welcher, vollauf eingedenk der großen Ziele, welche er sich für seine Laufbahn gesteckt, gleich mit fester die Regelung der wirren Verhält⸗ nisse in seinem eigenen Reich in Angriff nahm. Es ist natürlich, daß bei dem Bestreben des Verfassers, in knappem Rahmen eine Ueber⸗ sicht über eine lange Reihe von Jahren zu geben, die Art der Zeich⸗ nung nur eine auf den Gesammteindruck hinzielende sein konnte. Diesen zu erreichen, ist dem Verfasser recht gut gelungen, die Arbeit zeugt von Geschick und Talent und wird in vakriotischen Vereinen, welche Festaufführungen eenreeerspe⸗ willkommen geheißen werden.

Soeben ist im Verlage von Fischer's medizinischer Buch⸗ handlung, H. Kornfeld, Berlin NW. 6, als Probeheft Nr. 1 der von Dr. H. Mütenzweis, gerichtlichem Stadtphysikus in Berlin, Dr. Otto

Rapmund, Regierungs⸗ und Medizinal⸗Rath in Aurich, und Dr. Wilh. Sander, Medizinal⸗Rath und Direktor der Irrenanstalt Dalldorf⸗ Berlin herausgegebenen „Zeitschrift für Medizinalbeamte: erschienen. Preis jährlich 6 %ℳ Dieselbe wird monatlich in einer Stärke von ungefähr zwei Bogen erscheinen. Gegenstand ihres Inhalts werden die gerichtliche Medizin und gerichtliche Psychiatrie, die Hygiene, die Sanitätspolizei, sowie Standesangelegenheiten bilden, und sollen diese in Originalartikeln, Referaten und Kritiken behandelt werden. Im Gebiete der gerichtlichen Medizin wird die Redaktion ihr Hauptaugenmerk auf die Mittheilung einer ausgewählten Casuistik richten, sowie auf die Lieferung von erschöpfenden Originalarbeiten über Fragen, welche sich zur Zeit in den Vordergrund des wissenschaftlichen praktischen Interesses drängen. Auch sollen die in der Zeitschrift auf dem Gebiete der Hygiene und Sanitäͤtspolizei gebrachten Original⸗- abhandlungen dazu dienen, nicht nur den Medizinalbeamten, sondern auch den praktischen Aerzten die Fragen der präventiven Medizin vom praktischen und wissenschaftlichen Standpunkt aus zu beantworten. Inhalt der Nr. 1: Zur Frage der strafrechtlichen Verfolgung der Kunstfehler. Von Professor Dr. Fälr. Kreisphysikus in Berlin. Ueber arachnoiteales Emphysem. on Dr. M. Freyer, Kreisphysikus in Stettin. Miesmuschelvergiftung zu Wilhelmshaven im Herbst 1887. Von Kreisphysikus Dr. Schmidtmann in Wilhelmshaven. Die Ministerialverfügung vom 15. September 1887, betreffend den zulässigen Genuß des Fleisches perlsüchtiger Thiere. Von Dr. H. Mittenzweig. Referate. Personalien. Ministerial⸗Ver⸗ fügungen. 4 Die „Illustrirte Frauen⸗Zeitung“ (Verlag von Franz Lipperheide in Berlin W., Potsdamerstr. 38) schließt mit der soeben ausgegebenen Nr. 48 vom 25. Dezember ihren XIV. Jahr⸗ gang. Wie außerordentlich reich und mannigfaltig der Inhalt des⸗ selben gewesen ist, davon zeugt das mit der Nummer ausgegebene In⸗ haltsverzeichniß. Das Modenblatt brachte stets und prompt das Neueste aus dem Gebiet der Garderobe und Leibwäsche für Dame Mädchen, Herren, Knaben und Kinder, ferner Hauswäsche, Han arbeiten aller erdenklichen Arten (darunter neben den verschiedensten Stickereien, die neuesten Phantasiearbeiten wie Aetzarbeiten, Brand⸗ malerei, Flach⸗ und Kerbschnitzerei, Nagelarbeiten und Gummiknet⸗ arbeit). Daran reihten sich Anleitungen zur Herstellung und Dekoration der verschiedensten häuslichen Gegenstände, dazu unzählige instruktive Holzschnitte im Text sowie viele Beilagen mit Schnittmustern und Muster⸗Vorzeichnungen für Putz, Stickerei und Handarbeit, farbige Musterblätter für künstlerische Stickereien und farbige Modenbilder. Nicht minder inhaltreich und interessant war das Unterhaltungs⸗ blatt. Dieses brachte eine ganze Reihe fesselnder Romane, Novellen und novellistische Skizzen, ferner Gedichte, Biographisches, Reise⸗ skizzen, Mittheilungen aus Natur und Kunst, kunstgewerbliche Bei⸗ träge, Verschiedenes, Nachrichten aus der Frauenwelt (Notizen aus dem Leben der Frauen in allen Hauptstädten der Welt), Mittheilungen über die Mode (Notizen über Neuigkeiten aus dem Gebiet der Mode sowie Schilderungen und Abbildungen der Monats⸗Mode vor 100 Jahren), über neue Handarbeiten (mit Illustrationen), werthvolle wirthschaftliche Notizen (Küchenrezepte ꝛc.) und eine interessante Brief⸗ mappe (enthaltend Rathschläge auf die mannigfaltigsten Anfragen aus den Kreisen der Leserinnen). Auch dieses Blatt war mit zahlreichen Holzschnitt⸗Illustrationen im Text und besonderen Kunstblättern (Blätter für Kostümkunde, „Blüthenzauber“, reizende Kindergruppen, in Farbendruck) ausgestattet. Ein Supplement zur großen Ausgabe (unter dem Titel „Illustrirte Zeit“) bot endlich eine aufs Reichste illustrirte Rundschau über die Geschichte der Gegenwart. Auch der abgelaufene Jahrgang liefert den Beweis dafür, daß die „Illustrirte Frauen⸗Zeitung“ das vornehmste, reichhaltigste und best⸗ ausgestattete Organ seiner Art ist und allen Interessen der deutschen Frauen sowohl auf dem Gebiet des Putzes und der Mode, der häus⸗ lichen und kunstgewerblichen Arbeit, der wirthschaftlichen Oeko⸗ nomie wie der geistigen Unterhaltung und Belehrung in der vielseitigsten Weise zu genügen sucht. Die „Illustrirte Frauen⸗Zeitung“ erscheint jeden Sonntag in 1 bis 2 Doppelbogen. Sie bringt jährlich 24 Modenummern, 12 Schnittmuster⸗Beilagen, 28 Unterhaltungs⸗Nummern, 24 Beiblätter, 12 große farbige Modenbilder, ferner 8 farbige Stickmuster⸗Vorlagen und 8 Extrablätter, also außer den Schnittmuster⸗Beilagen und Beiblättern jährlich 28 besondere Beigaben, zu jeder Unterhaltungs⸗ Nummer eine. Der vierteljährliche Abonnementspreis beträgt 2 50 ₰. Die Heft⸗Ausgabe mit demselben Inhalt erscheint alle vierzehn Tage zum Preise von 50 für das Heft, deren jährlich 26 zur Ausgabe kommen. Die große Ausgabe mit allen Kupfern bringt außer den oben genannten Beigaben jährlich noch 40 große farbige Modenbilder, also jährlich 68 besondere Beigaben. Diese Ausgabe kostet vierteljährlich 4 25 ₰. Alle Buchhand⸗ lungen nehmen Bestellungen auf die „Illustrirte Frauen⸗Zeitung“ an, auch die Postanstalten, diese jedoch nicht auf die Ausgabe in Heften.

Einen hocheleganten Wandkalender für 1888 hat die Buchdruckerei von Otto Elsner (Berlin 8., Oranienstraße Nr. 58) hergestellt, welcher für die Leistungsfähigkeit dieser Firma ein erfreuliches Zeugniß ablegt. Auf starkem grauem Karton präsentirt sich der künstlerisch ausgeführte Kalender. Auf weißem, von zierlichen golden und grün gehaltenen Leisten durchzogenem Felde Das eigent⸗ liche Kalendarium gedruckt, die Monatsnamen sowie die Ueberschrift heben sich in intensivem Roth geschmackvoll von dem sauberen Grunde ab. Umrankt ist das Kalendarium von Blumen⸗ und Blattgewinden, aus denen links unten ein mit schreienden Jungen gefülltes Vogelnest hervorguckt. Rechts oben flattert die Vogelmutter, welche Futter im Schnabel trägt, zu dem Nest herab; ein goldener Grund. welcher die roth gedruckte Jahreszahl besonders effektvoll zur Geltung bringt, läßt die Gestalt des Vogels nur noch um so wirksamer hervortreten. Der Kalender ist zweiseitig gehalten und zeigt auf Vorder⸗ und Hinter⸗ fläche dieselbe geschmackvolle Ausstattung. Derselbe dient vermöge seiner eleganten und künstlerisch werthvollen Ausführung dem elegantesten Schreib⸗ und Arbeitszimmer zum Schmuck und wird der Verlagshandlung, welche in dem geschmackvoll ausgeführten Wid⸗ mungsblatt gleichfalls eine hübsche Leistung bietet, überall die wohl⸗ verdiente Anerkennung eintragen.

Auch der von der Buchdruckerei von Albert Lewent (Berlin SW., Lindenstraße 93) angefertigte Wandkalender darf des Beifalls des Publikums sicher sein. Derselbe ist ausschließlich in Buchdruck⸗ hergestellt. Auf starkem glattem Karton bietet das geschmackvoll, mit zierlichen, sauber gezeichneten Randleisten geschmückte Kalendarium einen erfreulichen Anblick. Die Festtage sind durch stärkeren Druck abgehoben. Zu besonderem Schmuck gereicht dem Blatt die überaus geschmackvolle, in zartem Grün, Roth, Braun und Gold gehaltene, zier⸗ lich gemusterte Umrahmung, welche an Sauberkeit und Eleganz der Ausführung nichts zu wünschen übrig läßt. Wie der oben erwähnte Elsner'sche Kalen der wird auch der Lewent'sche von allen Denen ge⸗ kauft werden, welche bei dem Erwerb eines nothwendigen, für den täglichen Gebrauch nützlichen Gegenstandes zugleich auf Schönbeit und Geschmack Werth legen.

Dieuze (Kreis Chateau⸗Salins), 22. Dezember. (Lothr. Zeit.) In dem am Lindreweiher gelegenen Dorfe Tarquimpol, in dem bereits bedeutende archäologische Ausgrabungen stattgefunden haben, fand dieser Tage eine Frau in ihrem Garten eine römische Gold⸗ münze von der Größe eines Zehnmarkstückes des Kaisers Marecus Aurelius. Die Münze ist sehr gut erhalten.

Land⸗ und Forstwirths chaft.

In Folge einer Anregung, die der Minister für Landwirth⸗ schaft der Deutschen Landwirthschafts⸗Gesellschaft gegeben hat, wird in Breslau eine eigenartige neue Art des Wettkampfes in der Thier⸗ produktion veranstaltet werden, nämlich ein Probescheeren ver⸗ schiedener Heerden. Bekanntlich ist die Wollkunde eine schwierige Wissenschaft, deren Theorien auch vielfach streitige sind, dader soll in Breslau einmal eine andere Beurtheilung stattfinden. Erstlich soll die Wolle der Schafe unter Kontrole 5 und das Gewicht

fest⸗ gesetzt werden. Zweitens soll die Wolle fabrik schen werden, um den Waschverlust festzustellen, 88 soll