1888 / 27 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 31 Jan 1888 18:00:01 GMT) scan diff

mäßigen Stellen im Verhältniß 1 m b zugesetzt, ebenso dem Fonds zur Remunerirung von Hülfsarbeitern, wo aber 13 200 wegen Umwandelung der Stellen in etats⸗ mäßige abgesetzt sind. Eer Verstärkung der Arbeitskräfte sind in Folge der Zunahme der Geschäfte bei dem Ober⸗Verwaltungsgericht aus Anlaß der Einführung des neuen Gesetzes in Westfalen und der bevorstehenden Einführung in die Rheinprovinz u. A. 3 Räthe in Aussicht genommen und dafür 29 700 in Ansatz dagegen ist nach Ueberweisung eines Dienstgebäudes für das Ober⸗Verwaltungs⸗ ericht die früher gezahlte Miethe mit 13 000 in Wegfall ge⸗ 25 Auch bei der Remunerirung der Standesbeamten ergiebt sich ein Minderbedarf von 5753 Für die 17 Landräthe in den neuen Kreisen treten 71 400 ℳ, für die Kreissekretäre 45 900 ℳ, für die Kreisboten 15 810 hinzu, außerdem im Ganzen 21 400 esbnnscsgeldhuscheff. ferner 123 191 Dienstaufwands⸗Entschädigungen. Die Verwaltung der Polizei in Berlin wird durch 2 Polizei⸗Hauptleute, 8 Polizei⸗ Lieutenants, 2 Abtheilungs⸗Wachtmeister, 16 Schutzmanns⸗Wacht⸗ 8 die Gehälter hierfür be⸗

darmerie um 168 183 ℳ, . gaben im Interesse der Polizei vermindern sich um 116 371 Der Wohlthätigkeitsfonds erhöht sich um 31 785 Zu einmaligen und außerordentlichen Ausgaben sind in 5 Positionen, darunter 3 für Strafanstaltsbauten 751 200 4 ℳ) ausgeworfen, darunter neu für ein Isolirgebäude in i „Rate 90 000 und einen Erweiterungsbau in Graudenz .Rate 125 000 Die Gesammtausgaben betragen 44 316 376 (+ 1 213 033 ℳ).

Die XI. Kommission des Hauses der Abgeord⸗ neten zur Vorberathung des Gesetzentwurfs, betreffend

en Erlaß der Wittwen⸗ und Waisengeldbeiträge der unmittelbaren Staatsbeamten, hat sich konstituirt und zu ihrem Vorsitzenden den Abg. Brandenburg, zum Stell⸗

ertreter des Vorsitzenden den Abg. Francke (Tondern), zum Schriftführer den Abg. Raemisch und zum Stellvertreter des

Schriftführers den Abg. Dr. Scheffer (Schlochau) gewählt.

Die Ansiedelungskommission für Posen und Westpreußen hat einen ausführlichen Bericht über ihre Thätig⸗ keit im Jahre 1887 erstattet. Demselben entnimmt die „N. A. Ztg.“: 1 1 „Im Jahre 1887 sind 27 Rittergüter und 13 selbständige auernwirthschaften angekauft worden. Das größtentheils im Re⸗ jerungsbezirk Bromberg gelegene Areal betrug insgesammt: Gutsareal 4 835 ha mit einem Kaufpreise von 8 719251 ℳ, bäuerliches Areal 575 ha zu 352080 Unter Hinzurechnung der Erwerbungen aus 886 befanden sich Ende 1887 in fiskalischem Besitz 27 260 ha mit inem Kaufpreise! von 15 833 576 ℳ, davon waren Gutsareal 26 474 ha. Noch im Jahre 1886 war für zwei Güter der An⸗ siedelungsplan aufgestellt und genehmigt worden. Hierzu sind 1887 noch 27 bisher großwirthschaftlich betriebene Güter getreten, bei denen die Besiedelung theils durchgeführt, theils begonnen, theils nur die planmäßige Bearbeitung vorbereitet ist. Ueber das eigentliche nsiedelungsgeschäft erfahren wir, daß die Kommission keinerlei um Bewerber heranzuziehen, und es war schon s eigener Initiative an sie herantretenden In vielen Hunderten von Fällen wurden ie aus fast allen Gegenden Deutschlands zugereist kommenden Be⸗ erber in persönlichem Verkehr unterrichtet. „Es ist erstaunlich“, heißt es in dem Bericht, „welch hohes Maß von gesundem Urtheil und klarem Blick oft bei diesen Unterredungen von Männern bekundet wurde, die der Klasse der einfachen ländlichen Bevölkerung ange⸗ örten und die kaum je über die Flur des Heimathdorfes hinaus⸗ Pramen. zum ersten Male sich die hiesigen Verhältnisse auf dem F

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Lande angesehen hatten.“ Unter den Bewerbern des schriftlichen Ver⸗ kehrs waren nach den von ihnen ausgefüllten Fragebogen 2482 Evan⸗ elische mit einem durchschnittlichen Vermögen von 3584 ℳ. 333 atholiken mit 2888 ℳ, 9 Mennoniten mit 10 944 ℳ, 3 Juden mit 11 667 Durchschnittsvermögen. Als Anwärter haben sich ür Restgüter 122, für kleinbäuerlichen Betrieb 2252, für Hand⸗ erkerstellen mit Landwirthschaft 453 gemeldet. Aus dem Berichts⸗ ahre sind 142 bindende Punktationen mit Ansiedlern verblieben, uf Grund deren von dem Präsidenten demnächst der Zuschlag ertheilt wurde. Von besonders großem Interesse wird die Fest⸗ stellung des finanziellen Resultats sein, welches bezüglich der Schad⸗ loshaltung des Staats bei den Ansiedelungen erreicht wird. Eine solche Berechnung läßt sich in jedem Falle machen, wenn die Ver⸗ gebung des Gutes in vollem Umfange erfolgt, die Beträge für Bauten ꝛc., z. B. Schulen, belegt sind u. s. w. 1 ist noch in keinem Falle völlig geschehen. Von den 10 im Berichtsjahre zur Besiedelung ausgelegten Gütern sind bei vier neben vollständig abge⸗ chlossener Besiedelung die Baukosten aufs Sorgfältigste veranschlagt und die Bauten zum Theil schon unter den Anschlagspreisen ver⸗ geben. Die hiernach aufgestellten Rechnungsabschlüsse ergeben das überraschende, jedoch erfreuliche Facit, daß die Kolonisation ohne er⸗ hebliche Opfer an Kapital durchführbar ist. Selbst bei einer recht auskömmlichen Dotirung der neuen Gemeinden mit Schul⸗ und Wohlfahrtseinrichtungen auf Kosten des Staats haben letztere nur zwischen 4,73 % und 7,18 % geschwankt, und nicht unerhebliche Beträge sind zur Weiterverwendung in die durch das Gesetz aus⸗ ewiesenen Fonds zurückgeflossen.“

Ein Gläubiger, welcher von seinem Schuldner einen Wechsel nicht an Zahlungsstatt, sondern zahlungshalber,

lso nicht behufs Tilgung seiner Forderung, sondern behufs Befriedigung seiner Forderung aus der event. eingehenden Wechselsumme, angenommen hat, ist nach einem Urtheil des Reichsgerichts, II. Civilsenats, vom 23. Dezember v. J., dennoch verpflichtet, die wechselrechtlich erforderlichen Schritte zur Einziehung der Wechselsumme zu thun und überhaupt, salls er Kaufmann ist, hierbei die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns anzuwenden. Vermag er nicht ds hh daß er

iese Pflicht hinsichtlich des nicht honorirten Wechsels erfüllt vals, so kann er nicht seine ursprüngliche Forderung geltend machen.

1 Am 26. Januar cr. hielt die Königliche Akademie der Wissenschaften die öffentliche Sitzung zur Feier des Geburtstags Friedrich's des Großen. Der vorsitzende Sekretar, Hr. Curtius, eröͤffnete die Sitzung, welcher der Staats⸗Minister Dr. von Goßler und der General⸗Feldmarschall Graf von Moltke beiwohnten, mit einer Festrede und berichtete odann über die seit dem letzten Jahrestage eingetretenen Ver⸗ nderungen in dem Personalstande der Akademie. Durch Tod sind aus derselben ausgeschieden: die ordent⸗ ichen Mitglieder Hrrn. Eichler, Gustav Robert Kirchhoff, das auswärtige Mitglied Hr. August Friedrich Pott in Halle, die korrespondirenden Mitglieder der physikalisch⸗mathema⸗ tischen Klasse, die Hrrn. G. Rosenhain in Königsberg, Bern⸗ ard Studer in Bern, J. B. Boussingault in Paris⸗ G. Th. echner in Leipzig, A. de Bary in Straßburg i. E. und die korrespondirenden Mitglieder der philosophisch⸗historischen Klasse, ie Hrrn. A. Fr. vaeg. in Breslau, A. von Reumont in urtscheid, L. Stephani in St. Petersburg. Neu eingetreten sind als ordentliches Mitglied in der physikalisch⸗mathematischen Klasse Hr. K. Klein, als Ehren⸗ itglied Don Carlos Ibanez in Madrid. Als korrespondirende Mitglieder der phgs alisch⸗mathematischen Klasse die Hrrn. E. Schönfeld in Bonn, A. Krueger in Kiel, Nicolai von

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u den Hülfsarbeitern 16 800

Nachbarrechtsgesetzes.

Kokscharow in St. Petersburg, H. Rosenbusch in Heidelberg, F. Zirkel in Leipzig, Eduard van Beneden in Lüttich, e. H. D. Buys Ballot in Utrecht; als korrespondirende Mit⸗ glieder der philosophisch⸗historischen Klasse: die Hrrn. Zange⸗ meister in Heidelberg, Graziadio Isaia Ascoli in Mailand, Panagiotis Kabbadias in Athen, Ingram Bywater in Oxford, Th. Homolle in Paris.

Hierauf hielt Hr. Schmoller einen Vortrag über die Ein⸗ führung der französischen Regieverwaltung im Jahre 1766 durch Friedrich II.

Den Kommunal⸗Landtag der Kurmark beschäf⸗ tigte in seiner 5. Plenarsitzung am 28. d. M. der Bericht der beiden ständischen Deputirten bei der Hauptverwaltung der Staatsschulden über die Lage des Kurmärkischen Kriegs⸗ schuldenwesens. Danach verblieben am Ende des Rechnungs⸗ jahres 1887/88 der Kurmark noch zu tilgen 1 721 302 Diese Tilgung wird am Ende des Jahres 1892 erfolgt sein. Im Mebrigen beschloß der Landtag auf 25 Unterstützungsgesuche mildthätiger Vereine und Stiftungen. In 23 Fällen konnte den vorgetragenen Wünschen durch Be⸗ willigungen aus dem ständischen Dispositionsfonds der Kur⸗ märkischen Hülfskasse wenigstens theilweise entsprochen werden. Zwei derartige Gesuche mußten abgelehnt werden; das eine, weil eine Nothlage nicht dargethan war, das andere, weil es der Begründung entbehrte. Die dem Landtage vorliegenden Beschlußsachen sind hiermit erschöpft.

In der am 30. d. M. abgehaltenen Schlußsitzung des 60. Kommunal⸗Landtages gab der Vorsitzende von Rochow⸗Plessow eine Uebersicht der in zehn⸗ tägiger Session von dem Landtage erledigten Ge⸗ schäfte. Danach sind 75 Sachen zur Verhandlung ge⸗ kommen, von denen der I. Ausschuß 23, der II. 22 und der III. 4, der ritterschaftliche Konvent 3 bearbeitet haben. Das Plenum hat aber über die von den 3 Ausschüssen berathenen 72 Sachen in 6 Sitzungen, der Konvent über die 3 Vorlagen in einer Sitzung Beschluß gefaßt. Der Vorsitzende schloß den 60. Kommunal⸗Landtag der Kurmark mit einem Hoch auf Se. Majestät den Kaiser und König, in welches die Versammlung mit begeistertem dreimaligem Ruf einstimmte.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich sächsische Geheime Regierungs⸗Rath Vodel ist von hier wieder abgereist.

Der General⸗Lieutenant von Oppeln⸗Broni⸗ kowski, bisher Commandeur der 3. Division, welcher kürzlich zum Gouverneur von Metz ernannt worden, ist aus diesem Anlaß zur Abstattung persönlicher Meldungen von Stettin hier eingetroffen.

„— Nach Schluß des Kursus bei der Artillerie⸗ Schießschule haben sich die zu demselben kommandirt gewesenen Offiziere in ihre resp. Garnisonen zurückbegeben.

Als Aerzte haben sich niedergelassen die Herren: Dr. Goldfeld, Dr. Ittmann, Dr. Lindner, Dr. Mannaberg, Dr. Perls, sämmtlich in Breslau, Dr. Hoven in Falkenstein i. Taunus, Dr. Künkler in Wiesbaden.

Potsdam, 30. Januar. (N. A. Ztg.) Am gestrigen Sonntage vor dem Kirchgange verabschiedete Sich der bisherige Commandeur des Garde⸗Husaren⸗Regiments, Se. Königliche Hoheit der Prinz Wilhelm, von dem Regiment, welches Höchstderselbe über zwei Jahre kommandirt hatte. Das Regiment war mit sämmtlichen Offizieren, Beamten und Mannschaften auf dem Kasernenhofe in offenem Carré auf⸗ gestellt. Der Prinz trat vor dasselbe hin, um in kurzer Anrede an die bisher von Ihm befehligte Truppe Seinen Dank für den im Dienst bewiesenen treuen Pflichteifer auszusprechen, für welchen dem Regiment zu verschiedenen Malen auch die Anerkennung Sr. Majestät des Kaisers und Königs zu Theil geworden sei. Mit der Bitte, das Regiment möge seinen bisherigen Commandeur nicht vergessen, sprach Höchstderselbe die Hoffnung aus, daß Er von der Truppe auch ferner nur Gutes hören werde. Er werde dem Regiment auch noch in Zukunft angehören und dessen Uniform weiter tragen.

Württemberg. Stuttgart, 26. Januar. (Karlsr. Ztg.) Die Kammer der Abgeordneten hat gestern, wie bereits telegraphisch berichtet, ihre Sitzungen wieder eröffnet und wird morgen ihre auf eine Tagung von 4—6 Wochen berechneten Arbeiten mit dem Ausführungsgesetz zu dem Reichsgesetz vom 5. Mai 1886 beginnen. Die Kammer der Standesherren beginnt mit der Berathung des von der Zweiten Kammer bereits erledigten - Der soeben erschienene Kom⸗ missionsbericht bestätigt. die frühere Nachricht, daß faheblich Meinungsverschiedenheiten zwischen beiden Häusern sich ergeben und das Gesetz in Folge dessen auch die Zweite Kammer nochmals eingehend beschäftigen wird. Ob die Kam⸗ mern in dieser Session mit der vielbesprochenen Verfassungs⸗ revision sich zu öb haben werden, ist noch ungewiß. Man nimmt an, daß vor den im Herbst stattfindenden Neu⸗ wahlen noch eine prinzipielle Entscheidung getroffen werden solle, um diese Frage nicht zum Gegenstand der Wahl⸗ agitation werden zu lassen, doch ist Alles, was die Blätter bisher über die Angelegenheit gebracht haben, unsicher und unzuverlässig. Der Prinz und die Prinzessin Wilhelm, welche seit einigen Wochen den von der verstorbenen Prinzessin Marie ererbten sogenannten Wilhelmspalast, auch Prinzessinnenpalagis genannt, in der oberen Neckarstraße bezogen haben, veranstalteten gestern zur Einweihung der neu eingerichteten Räume einen großen Hofball, zu dem gegen 600 Einladungen ergangen waren. Es war ein glänzendes Fest, das erste, das seit Jahrzehnten in dem bisher von der still und zurückgezogen lebenden Schwester des Königs bewohnten prächtigen Bau veranstaltet wurde.

Bremen, 29. Januar. (Wes.⸗Ztg.) Nachdem der durch Beschluß der Bürgerschast vom 29. Juni v. J. genehmigte Vertrag zwischen Preußen und Bremen über die Korrektion der Unterweser bereits im Juli v. J. von der Königlich dreußischen Regierung wie auch von Seiten des Senats rati⸗ böin worden s läßt der Senat nunmehr auch den zwischen

ldenburg und Bremen unterm 22. November v. J. kommissarisch vereinbarten Vertrag, welcher zugleich mit dem demselben beigefügten Schlußprotokoll zufolge Schreibens des Großherzoglich oldenburgischen Staats⸗Ministeriums vom 24. d. M. vom oldenburgischen Landtage genehmigt worden ist, der Bürgerschaft zur verfassungsmäßigen Genehmigung zugehen.

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 29. Januar. Dem, Prager Abendblatt“ wird geschrieben: Die Regierung hat wohl alle Ursache, mit dem Eindruck zufrieden zu sein, den die von ihr bei Wiederzusammentritt des Abgeordnetenhauses eingebrachten Gesetzvorlagen in der öffentlichen Meinung hervorgerufen haben. So verschiedenartige Materien auch den ein⸗ schlägigen Entwürfen zu Grunde liegen die⸗ selben betreffen das Heereswesen, die Rechtspflege, die Hochschulen und die Handelspolitik so ist doch das öffent⸗ liche Urtheil einig in der Anerkennung, daß die Regierun bestrebt war, den Bedürfnissen des Staats in gleicher Weise Rechnung zu tragen, wie den Wünschen und Bedürfnissen der Bevölkerung. Jede einzelne ihrer Vorlagen ist das Ergebniß gewissenhafter Prüfung, reiflicher Ueberlegung und sorgfältiger Beachtung aller einschlägigen Verhältnisse.

est, 30. Januar. (Prag. Abdbl.) Die Verhandlungen des Finanz⸗Ministers mit der durch die Ungarische Kreditbank vertretenen Finanzgruppe sind beendet. Hiernach werden demnächst 30 Millionen vierprozentiger ungarischer Goldrente emittirt.

Großbritannien und Irland. London, 28. Januar. (A. C.) Das Organisations⸗Comité für das zu gründende Reichs⸗Institut hielt gestern unter dem Präsidium des Prinzen von Wales im Marlborough⸗House eine Sitzung ab und beschloß, bei der Königin darum einzukommen, dem Institut die Rechte einer juristischen Person zu gewähren. Der mit den Kommissären der Weltausstellung von 1851 zu schließende Vertrag zur Abtretung von Grundstücken in Süd⸗ Kensington, auf welchen das Reichs⸗Institut erbaut werden soll, wurde an eine Unterkommission verwiesen. Der Bau wird in Bälde beginnen.

Die Bildung eines Regiments berittener Infan⸗ terie ist jetzt vollendet, und es werden die aus den ver⸗ schiedenen englischen Truppenkörpern genommenen Mannschaften am nächsten Dienstag im Lager von Aldershot zu einer zweimonatlichen Uebung eintreffen. Das neue Regiment wird der Kavallerie⸗Division des I. Armee⸗Corps einverleibt werden.

Der General⸗Postmeister Raikes äußerte sich gestern bei dem Jahresfestmahl der Handelskammer von Wolverhampton über die in Aussicht genommenen Re⸗ formen im englischen Postdienst. Beim Abschluß der Kontrakte zur Beförderung der Post nach dem Orient sei bereits jetzt eine Ersparniß von 107 000 Pfd. Sterl. erzielt worden und ständen weitere Ersparnisse noch bevor. Bei der steigenden Bedeutung der australischen Kolonien sei Sorge getragen, die Postverbindung regelmäßiger und schneller zu gestalten. Die Regierung hoffe auch, im nächsten Jahre das Porto nach Australien herabsetzen zu können. Er, der General⸗ Postmeister, habe ferner bereits die Zustimmung des Schatz⸗ amts erlangt, daß die Musterpost wieder eingerichtet werde und zwar mit herabgesetztem Porto.

Aus Bombay, vom 27. Januar, meldet ein Telegramm des „Reuter’schen Bureaus“: Das indische Budget für das Fiskaljahr 1888/89 wird wahrscheinlich am 25. März ver⸗ öffentlicht werden. Mr. James Westland, der Finanz⸗ sekretär der indischen Regierung, hat im gesetzgebenden Rath einen Entwurf eingebracht, welcher einen Ein⸗ fuhrzoll von 5 Proz. auf Petroleum beantragt. Er erklärte, daß die Finanzlage Indiens infolge der aus den Wechselcoursen entstehenden Verluste, der Ausgaben für die Befestigung Indiens, der Kosten des Feld⸗ zugs in Birma, des Rückgangs in dem Preise von Opium und der Abnahme der Einkünfte aus den Eisenbahnen eine unbefriedigende sei. Die Stärke der im Khyberpasse stationirten Truppen soll um zwei Compagnien vermehrt werden, von denen eine die alte Tataren⸗Route nach Lundi Kotal eröffnen und die andere das Bazarthal überwachen soll.

Aus Indien wird dem ‚„Reuter'schen Bureau“ tele⸗ graphirt:

Calcutta, 30. Januar. Der erste Minister von Nepal wird in Calcutta heute erwartet. Der Zweck seiner Reise ist, eine Unterredung mit dem Vize⸗König, Earl Dufferin, zu haben. Der Maharajah von Jodhpur hat sich der Regierung erboten, 5 Jahre lang eine Summe von 5 Lakhs Rupien als seinen Beitrag zu den Kosten der Grenzvertheidigung zu zahlen.

Aus Birma meldet dasselbe Bureau:

Mandalay, 28. Januar. Gestern Abend bestand eine Abthei⸗ lung britischer Soldaten etwa 20 Meilen von Myingyan ein glück⸗ liches Gefecht mit Rebellen. Die Letzteren verloren 10 Todte und viele Verwundete. Es heißt, daß die Bevölkerung gegen das weitere Vordringen der Shan⸗Abtheilung ist und der Woonthoo Tsawbwa sein Aeußerstes aufbietet, den Erfolg der Mission in seinem Lande zu hindern.

30. Januar. (W. T. B.) Der wegen aufrührerischer Reden in Armagh verhaftete katholische Priester Mac⸗ fadden aus Dunfanagh wurde heute zu drei Monaten Gefängniß verurtheilt, jedoch bis zur anderweiten Ver⸗ handlung beim Avppellgericht in Freiheit gesetzt. Heute früh wurde der katholische Pfarrer Stephens wegen aufrührerischer Reden in Dunfanagh verhaftet.

Frankreich. Paris, 28. Janugar. (Fr. C.) Die Minister des Handels und des Ackerbaues unter⸗ breiteten dem heutigen Ministerrath die Frage der b; der Einfuhr frischen Fleisches aus dem Aus⸗ ande.

Die Abgg. Méline, Mérillon und Laroze haben nachstehenden Gesetzentwurf eingebracht:

Art. 1. Die Abgeordneten werden auf sechs Jahre gewählt und sind alle drei Jahre zur Hälfte zu erneuern. Bei Beginn der ersten Session werden die Departements in zwei Serien getheilt, die beide die gleiche Anzahl von Abgeordneten haben. Die Serie, welche nach der ersten dreijährigen Periode zu erneuern ist, wird durch das Loos bestimmt werden. Art. 2. Im Falle einer Auflösung werden die zwei Serien vollständig erneuert und die Departements der Serie, welche als die erste zu erneuern war, werden die Serie bilden, die zuerst nach Ablauf der dreijährigen Periode zu erneuern ist. Art. 3. Das vorliegende Gesetz wird bei den ersten allgemeinen Wahlen zur Anwendung gelangen.

Die Versammlung von Abgeordneten aller republikanischen Gruppen, welche das Programm eines republikanischen Einvernehmens prüfen sollte, hat be⸗ schlossen, das Programm der Arbeiten anzunehmen, aus denen alle Fragen ausgeschlossen werden sollen, die zur Spaltung in der republikanischen 1 könnten.

30. Januar. (W. T. B.) Bei der im Departement Haute⸗Sahne stattgefundenen Nachwahl zur Deputirten⸗ kammer wurde Mercier, Kandidat der Republikaner, mit 34 000 Stimmen gewählt. Der konservative Gegen⸗ kandidat erhielt 27 000 Stimmen.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 31. Januar. (W. T. B.) Das „Journal de St. Pétersbourg“ erklärte

das Gerücht, daß die russische Gesandtschaft in Bukarest anläßlich des mit einem Stallknecht derselben vor⸗ gekommenen Zwischenfalls ihre Beziehungen zu den rumänischen Behörden eingestellt habe, für gänz⸗ lich unbegründet. Der Vorgang sei ohne jede Bedeutung, es seien bezüglich desselben Erklärungen erbeten und ertheilt worden, darauf beschränke sich Alles, was vorgekommen sei.

Bezüglich des Gerüchts von der Aufnahme einer neuen Anleihe, welche Rußland in Paris aufzunehmen beabsichtige, sagt der Börsenberichterstatter des „Journal de St. Pétersbourg“, es sei überflüssig, zu sagen, daß man das Gerücht als ein unsinniges zu betrachten habe. Das „Jour⸗ nal de St. Pétersbourg“ habe erst vor einigen Tagen die zu ergreifenden finanziellen Maßregeln dargelegt und innerhalb der wenigen seitdem verflossenen Tage sei sicherlich keine Aenderung in dieser Beresn eingetreten.

31. Januar. . T. B.) Der „Regierungs⸗ Anzeiger“ meldet: Auf Befehl des Kaisers wurden am 6. Oktober vorigen Jahres folgende acht Personen einer besonderen Session des Senats für Staats⸗ verbrechen zur Aburtheilung überwiesen: die Kleinbürger Orshich und Petrowskij, Kosaken⸗Kapitän Tschernow, Edelmann Alexandrin, Kleinbürger Ssigida nebst Frau, Beamtenfrau Trinitatskaja und Kleinbürgerin Feodorowa. Dieselben waren angeklagt, einer geheimen revolutionären Vereinigung, die sich die Partei der „Narodjana Wolja“ nennt, beigetreten zu sein und zum Zweck der! Verübung terroristischer Thaten Explosiv⸗Wurfgeschosse aufbewahrt zu haben. Einige Angeklagte errichteten außerdem eine geheime Druckerei in Taganrog, welche am 23. Januar des Jahres 1886 entdeckt wurde. Die Aburtheilung Orshich's mußte wegen Krankheit desselben vertagt werden; die übrigen sieben Angeklagten aber wurden von der obengenannten Behörde für schuldig befunden und zur Hinrichtung durch den Strang verurtheilt, fünf Angeklagten wurden Milderungsgründe ein⸗ geräumt. Sechs Angeklagte reichten Begnadigungsgesuche ein. Schließlich begnadigte der Kaiser alle sieben An⸗ geklagte und zwar Petrowskij und Ssigida zu Zwangsarbeit auf veeslnrnte Zeit, Alexandrin zu 18 jähriger, Tschernow zu 15 jähriger, die Frauen Trinitatskaja zu 12 jähriger, Ssigida und Feodorowa zu 8 jähriger Zwangsarbeit.

Italien. Rom, 30. Januar. (W. T. B.) Der Papst empfing heute eine Deputation des katholischen Vereins für soziale und ökonomische Studien, darunter den Fürsten Löwenstein und die Grafen Pergen und Kuefstein, geführt von dem Bischof von Lausanne, Mer⸗ millod, und bezeichnete den Zweck des Vereins als einen über⸗ aus nützlichen und seinen eigenen Anschauungen entsprechen⸗ den: Es sei nöthig, daß der Vatikan sich immer mit diesem ernsten Problem befasse, dessen Lösung nur in den katho⸗ lischen Doktrinen zu finden sei.

Die „Tribuna“ kündigt eine neue Kreditforde⸗ rung von 20 Millionen zu Rüstungszwecken für Afrika an.

31. Januar. (W. T. B.) Amtlich wird bekannt ge⸗ macht, daß Sahati morgen besetzt und das Haupt⸗ quartier dahin verlegt werden soll.

Türkei. Konstantinopel, 28. Januar. (Prag. Abdbl.) Baron Hirsch reist demnächst ab, ohne daß ein Arrangement zu Stande gekommen wäre. Kiamil Pascha lehnte es ab, dem Arrangement zuzustimmen und beantragte die Entscheidung durch ein Schiedsgericht.

30. Januar. (W. T. B.) Ueber die durch einen türkischen Polizeibeamten in Damaskus im französischen Konsulatsgebäude erfolgte Verhaftung eines französischen Staatsangehörigen aus Algier meldet das Journal „Paris“: die Pforte habe eine strenge Untersuchung des Vor⸗ gangs anbefohlen. Der Contre⸗Admiral Obry, welcher die französische Flottenabtheilung in den Gewässern von Smyrna be⸗ fehlige, sei angewiesen worden, sich mit dem Panzerschiff, Vauban“ und 2 Avisos sofort nach Beirut zu begeben, um den fran⸗ zösischen Staatsangehörigen bei etwaiger Erregtheit der musel⸗ männischen Bevölkerung zum Schutz zu dienen. Die „France“ sagt, die dem französischen Botschafter de Montebello von dem türkischen Minister des Auswärtigen ausgedrückten Gesinnungen ließen annehmen, daß die Pforte nicht zögern werde, den Be⸗ amten zu bestrafen, sobald dessen Schuld sich durch die ein⸗ geleitete Untersuchung herausstellen sollte.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 27. Januar. Die in beiden Kammern des Reichstages gestern stattgehabten Generaldebatten des Budgetvoranschlages für das Jahr 1889 sind wider Erwarten sehr ruhig verlaufen. In der Ersten Kammer richtete nur Freiherr von Klinckowström einen Angriff gegen das Budget „des in den letzten Zügen liegenden Ministeriums“. Seitens der anwesenden Minister wurde jedoch nicht darauf geantwortet, und die Kammer wies einstimmig den Budgetvoranschlag an den Finanzausschuß. In der

weiten Kammer wurden von den Abgg. Waldenström,

edelius und Brodin einige Ausstellungen bezüglich der Er⸗ träge aus der Stempelsteuer, der finanziellen Stellung der Königlichen Theater, der Tarife der Staatseisenbahnen u. s. w. gemacht, die von dem Finanz⸗Minister, Fhn berne von Tamm und dem Minister des Innern, von Krusenstjerna, in längeren Ausführungen widerlegt wurden. Die Vorlage wurde schließ⸗ lich duch von dieser Kammer einstimmig an den Finanzausschuß verwiesen.

30. Januar. (W. T. B.) Die Kronprinzessin ist seit einigen Tagen unpäßlich und muß gegenwärtig das Bett hüten. Die letzte Nacht verlief ziemlich ruhig. Das Leiden scheint gastrischer Natur zu sein.

Amerika. New⸗York, 28. Januar. (A. C.) Einem Telegramm des „New⸗York Herald“ aus Washington zufolge werden wahrscheinlich drei Wochen verstreichen, ehe die Tarifbill dem Finanzausschuß unterbreitet werden kann. Es heißt: der Ausschuß werde auf der freien Einfuhr von Holz bestehen. 280

geitungsstimmen.

Das ultramontane Münchener „Fremdenblatt“ bringt eine Zuschrift „aus Reichstagskreisen“, welche für Annahme der Novelle zum Sozialistengesetz durch das Centrum plaidirt. Die Expatritrung freilich hat jedoch den Beifall des Ein⸗ senders nicht.

„Daß die politische Polizei eines Landes, welche den anarchistischen und sozialdemokratischen Umtrieben auf die

Spur kommen soll, sich eines ganz besonderen Apparats dazu bedienen muß“, erklärt der „H amburgische Correspondent“ für selbstverständlich und fährt fort:

Wenn die Gesinnungsgenossen des Hrn. Singer bewiesen haben werden, daß die deutsche Sozialdemokratie keine Berührungspunkte mit den Anarchisten hat, dann werden auch Ausnahmemaßregeln nicht mehr nothwendig sein. Die Herren, welche der „rothen Fahne“ folgen, erklären aber bei jeder Gelegenheit aufs Neue, daß der Um⸗ sturz der bestehenden staatlichen Ordnung das Ziel ihrer Bestrebungen sei, sie erkennen nichts an, was der Staat zur Besserung der Lage der arbeitenden Klassen unternimmt, sie sehen in allen sozial⸗reforma⸗ torischen Maßnahmen nur eine „kärgliche“ Erweiterung der Armen⸗ pflege, sie brüsten sich damit das WortVaterlandsgefühl“ aus ihrem Lexikon gestrichen zu haben, sie sind unablässig bemüht, die Bevölke⸗ rung gegen die Staatsgewalt aufzuhetzen, und dann verlangen sie, von der politischen Polizei mit Glacéhandschuhen engesfht zu werden. Wenn es noch erforderlich gewesen wäre, die Nothwendigkeit des Sozialistengesetzes nachzuweisen, so wäre das durch die gestrige Rede des Sozialdemokraten Singer geschehen.

Die „Konservative Correspondenz“ bespricht das⸗ selbe Thema und erklärt:

Das Einzige, was auf uns Eindruck machen könnte, wäre also die Behauptung und der Beweis, daß alle die am Freitag im Reichs⸗ tage genannten und sonst bekannten Anarchisten eben solche Schau⸗ spieler und in Wahrheit von den Regierungen zu dem Zweck, dem friedlichen Bürger „gruselig“ zu machen, bezahlte Subjekte sind. Ist diese Behauptung aber unsinnig, sind weder die revolutionären Rede⸗ wendungen eines Singer, Bebel, Liebknecht, noch die anarchistischen Thaten eines Reinsdorff, Stellmacher ꝛc. Komödie, dann ist auch die Nothwendigkeit erwiesen, diese Umsturzpropaganda, um ihren An⸗ schlägen rechtzeitig vorbeugen zu können, mit jedem sich darbietenden Polizeimittel unter scharfer Observation zu halten, und dann ist die Art und Weise, wie die „National⸗Zeitung“ diese Dinge und die Singer'schen Enthüllungen bespricht, ein Akt unverzeihlicher Partei⸗ nahme für die Feinde der bestehenden Staats⸗ und Gesellschafts⸗ ordnung gegenüber der Regierung.

In einem Artikel „Parerga der Wehrpflicht“ unter⸗ suchen die „Hamburger Nachrichten“ die Chancen der Wehrvorlage, konstatiren, daß die Annahme derselben trotz der Höhe der Kosten einem ernstlichen Zweifel nicht unterliege, und betonen hierbei:

Auch diejenigen Parteien des Reichstages, welche sich sonst allen militärischen Forderungen gegenüber ablehnend verhalten, scheinen be⸗ greifen zu wollen, daß die diesmal geplante Erhöhung der Wehrkraft insofern eine höchst befriedigende genannt werden muß, weil sie, ohne den Militär⸗Etat höher zu belasten, dennoch für den Kriegsfall eine derartige Steigerung der militärischen Leistungsfähigkeit des Reichs garantirt, wie sie auf anderem Wege selbst bei viel höheren Kosten nicht zu erreichen wäre. Es ist durchaus zutreffend, wenn zur Em⸗ pfehlung der Vorlage gesagt wird, daß jede andere Art der Anspannung der militärischen Kräfte des Reichs den Friedens⸗Etat in höherem Maße belasten, der Kriegsstärke aber in geringerem Grade zu Gute kommen würde. Folglich wird der Patriotismus auch noch von der Klugheit unterstützt, und die Vorlage, trotz der 300 Millionen, die ihre Ausführung kostet, und trotz des Fehlens der Versicherung, daß damit die Sache abgeschlossen sei, angenommen werden.

„Die Werkstatt, Meister Konrad's Wochenzeitung“, bemerkt zu der Wehrvorlage in ihrer drastischen Weise:

200 Millionen Mark soll das neue Landsturmgesetz dem deutschen Volk kosten. So viel verlangt der Kriegs⸗Minister, um die Landwehr⸗ leute anständig bekleiden und gehörig bewaffnen zu können. Das ist freilich klotzig viel Geld und kostet 8 Millionen Mark Zinsen im Jahre. Es nutzt aber nichts, es muß in den saueren Apfel gebissen werden! Denn ehe wir zulässen, daß die Kosaken und Kirgisen ihre Gäule in der Elbe tränken, lieber den letzten Groschen dahingegeben!

Die „Deutsche Hutmacher⸗Zeitung“ schreibt über das humanitäre Moment in den Grundzügen zur Alters⸗ und Invalidenversorgung:

Bei den stattgefundenen Erörterungen der Grundzüge zur Alters⸗ und Invalidenversorgung hat man sich bisher lediglich auf das materielle Moment erstreckt, während das in denselben ebenfalls ent⸗ haltene rein humanitäre Moment keine Berücksichtigung gefunden hat.

Man wird sich daran erinnern, daß, lange bevor das Unfallver⸗ sicherungsgesetz zu Stande gekommen war, vielfach an die verbündeten Regierungen die Aufforderung gerichtet wurde, es möchte auf dem Wege der Gesetzgebung irgend etwas zur Verhütung der in den Fabriken vorkommenden und Leben sowie Gesundheit der Arbeiter bedrohenden Unfälle geschehen. Es wurde deshalb im Jahre 1881 eine Sachverständigenkommission einberufen, welche sich in eingehender Berathung mit der Materie beschäftigte. Je weiter man jedoch auf diesem Gebiet vorschritt, um so lebhafter drängte sich allen betheiligten Kreisen die Ueberzeugung auf, daß auf dem Wege einheitlicher Gesetzgebung diese Seite des Arbeiterschutzes nicht geregelt werden könnte, ohne daß man auf die einschneidendste und gefährlichste Weise in die Verhältnisse der einzelnen Industrie⸗ zweige eingreifen müßte. Man zog es deshalb vor, die Unfallverhütung als eine lediglich den einzelnen Industriebranchen zufallende Aufgabe zu erklären, und bestimmte in richtiger Würdigung der Thatsache, daß man, um hier Erfolge zu erzielen, das materielle Interesse der Betriebsunter⸗ nehmer engagiren müßte, durch die §§. 78 u. ff. des Unfallversicherungs⸗ peletes vom 6. Juli 1884, es sollte den Berufsgenossenschaften die

efugniß ertheilt sein, zur Verhütung von Unfällen, deren finanzielle Folgen ja lediglich von den Betriebsunternehmern getragen werden, mit Vorschriften vorzugehen, welche sich auf die ganzen ihnen unter⸗ stellten Bezirke oder auf einzelne Inent oder Betriebsarten erstrecken dürften. Der Erfolg hat gezeigt, daß man damit die richtige Bahn betreten hatte. 1

Eine diesen Paragraphen des Unfallversicherungsgesetzes analoge Bestimmung enthalten die Grundzüge zur Alters⸗ und Invalidenver⸗ sicherung. Punkt 40 derselben besagt, daß die in Aussicht genom⸗ menen Versicherunoganftalten Vorschriften zur Verhütung von Krank⸗ heiten erlassen dürfen. Wie mit der modernen Art und Weise des industriellen und zu einem großen Theil auch bereits des landwirthschaft⸗ lichen Betriebes Unfallgefahren untrennbar verbunden sind, so hat sich auch auf Grund der von unserer medizinischen Wissenschaft angestellten Forschungen ergeben, daß es eine ganze Reihe spezifischer Arbeiter⸗ krankheiten giebt, die als Folge der Beschäftigungsart anzusehen sind. Da diese Krankheiten eine frühere als die normale Invalidität bei den von ihnen betroffenen Arbeitern herbeiführen, so werden die Ver⸗ sicherungsanstalten das größte Interesse daran haben, dieselben auf das nun einmal nicht zu beseitigende Minimalmaß zu beschränken, und dieser Thätigkeit darf ein um so größerer Erfolg in Aussicht gestellt werden, als bei der Alters⸗ und Invalidenversicherung, nicht wie bei der Unfallversicherung der Arbeitgeber allein, sondern auch der Arbeiter und das Reich finanziell interessirt sind. Man sieht, auch in humanitärer Hinsicht eröffnet sich für die Zukunft ein weites Feld der Thätigkeit, und gerade in dem Umstand, daß unsere sozial⸗ politische Gesetzgebung in meisterhafter Weise es versteht, humane Bestrebungen durch materielle ren. anzuregen und aufrecht zu erhalten, möchten wir mit eine der egensreichsten Folgen erblicken, welche mit dieser Gesetzgebung verbunden sind.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

8 London, 27. Januar. (A. C.) Der Lord⸗Statthalter empfing

bestern die Ackerbaustatistik von Irland für das vergangene ahr. Nach derselben hat gegen das Vorjahr der Anbau von Weizen Hafer um 6929, der von Gerste um 19 429

um 2365 Aecres, der von Mehr wurden

und der von Kartoffeln um 2908 Acres abgenommen.

dagegen bebaut 800 Aecres mit Rüben, 4320 mit Mangelwurzel, 2394 Aecres mit Flachs und 4909 Acres mehr wurden als Weideland be⸗ nutzt. Die Ernte des vergangenen Jahres war keine gute und ergab gegen den Durchschnittsertrag der Dekade 681 039 Centner Weizen, 3 195 066 Centner Hafer und 1 064 993 Centner Gerste weniger. Kartoffeln wurden 95 748 Centner mehr geerntet.

Sanitäts⸗, Veterinär⸗ und Quarantänewesen. 8

Oesterreich⸗Ungarn.

Das Königlich ungarische Ministerium für Ackerbau, Industrie und Handel hat mit Verfügung vom 15. Januar 1888 die seiner Zeit gegen Provenienzen aus Italien angeordneten Quarantäne⸗ Maßregeln saͤmmtlich aufgeh hen., 1

Ru and. 8

Zufolge einer Anordnung des General⸗Gouverneurs von Odessa sind auf dem Festlande Italien nunmehr alle Quarantäne⸗Maßregeln für diejenigen Schiffe aufgehoben worden, welche die Häfen des italienischen Festlandes und die Inseln Sardinien und Sizilien nach dem 30. Dezember (alten 1887 verlassen haben.

ypern.

Zufolge Verfügung der Lokalregierung der Insel Cypern sind die seiner Zeit gegen Provenienzen aus Sizilien und Malta ver⸗ hängten Quarantänemaßregeln („R.⸗A.“ Nr. 196 und 204 vom 23. August und 1. September 1887) nunmehr aufgehoben und durch eine ärztliche Untersuchung ersetzt worden.

8

Gewerbe und Handel.

Der Einlösungs⸗Cours für die hier zahlbaren Oester⸗ reichischen Silber⸗Coupons ist auf 160 75 für 100 Fl. österreichisches Silber erhöht worden. 8 1

Der Aufsichtsrath der Pommerschen Eisengießerei und Maschinenbau⸗Anstalt hat beschlossen, der nächsten ordent⸗ lichen Generalversammlung die Vertheilung einer Dividende von 6 ½ % für das Geschäftsjahr 1887 in Vorschlag zu bringen. Dieses Resultat ist nicht außergewöhnlichen Einnahmen, sondern dem regelmäßigen Geschäftsgang zu verdanken.

Dem Geschäftsbericht der Kieler Bank für 1887 entnehmen wir Folgendes: Der Bruttogewinn stellte sich auf 102 315 Nach Abzug der Unkosten, der Abschreibung auf Inventar und statuten⸗ gemäßer Verwendung für Reservefonds und Tantième verbleiben 54 374 zur Verfügung, von welchem Betrage 54 000 mit 21,60 pro Aktie = 9 % vertheilt und der Rest dem Spezial⸗ Reservefonds überwiesen werden sollen.

Die Nr. 5 (1888) des „Gewerbeblatts aus Württem⸗ berg“, herausgegeben von der Königlichen Centralstelle für Gewerbe und Handel, hat folgenden Inhalt: Gefahren des Füllofen⸗Feuerns über Nacht. Verschiedene Mittheilungen. Entscheidung des Reichsgerichts. Leistungen der Modellirwerkstätte der K. Centralstelle vom 1. Oktober bis 31. Dezember 1887. Reichs⸗Patente von Erfindern aus Württemberg. (Patent⸗Anmeldungen. Patent⸗Ertheilungen.) Ankündigung.

Die „New⸗Yorker Hdls.⸗Ztg.“ schreibt unter dem 20. d. M.: Der Gang des Geschäfts ist im Allgemeinen still. Der große Strike an der Philadelphia & Reading ist noch immer nicht beigelegt, und jetzt droht auch ein Ausstand der Arbeiter in den Spinne⸗ reien von Fall River. Dabei gehen die Eisenwerke, in Anbetracht des in den letzten Monaten eingetretenen Preisrückgangs, mit der Ab⸗ sicht um, ihren Angestellten eine Lohnreduktion von 10 % vorzu⸗ schlagen. Unter diesen Umständen, die über kurz oder lang ihren Einfluß auf alle Industrien und Geschäftszweige geltend machen müssen, wird die ziemlich verbreitete Erwartung, daß eine Periode frischer Prosperität für die Vereinigten Staaten im Anzuge sei, wieder sehr fraglich. Das Geschäft am Waaren⸗ und Pro⸗ duktenmarkt hat im Allgemeinen keine Befriedigung gegeben; der Ausfall im Export ist ein bedeutender, und die meisten Artikel befanden sich in rückgängiger Bewwegung. Von Brotstoffen ging Weizen langsam aber unaufhaltsam herunter, und die statt⸗ gehabten Transaktionen zeigten eine ziemliche Abnahme gegen die Vor⸗ woche. Baumwolle ging zwar höher, die Umsätze waren indessen nicht groß. In Sympathie mit Havre schloß Kaffee etwas niedriger und lustlos. Die Stimmung für Rohzucker war im Allgemeinen eine günstige, der Schluß jedoch matt, und Preise etwas niedriger. Raffinirter Zucker ohne Leben bei unveränderten Preisen. Von Me⸗ tallen war Blei bei mäßigem Begehr etwas nachgebend. Für Eisen war die Stimmung eine abwartende, und Transaktionen waren dem⸗ zufolge sehr limitirt. Kupfer war anfangs matt, zum Schluß aber etwas lebhafter und fest im Preis. Zink bei unveränderten Preisen still. Zinn schließt, den Londoner Notirungen folgend, niedriger. In einheimischen und fremden Manufakturwaaren, besonders in letzteren, ist es in dieser Woche recht lebhaft gewesen. 1

Glasgow, 30. Januar. (W. T. B.) Die Verschiffungen von Roheisen betrugen in der vorigen Woche 6200 Tons gegen 5900 Tons in derselben Woche des vorigen Jahres. 1

Bradford, 30. Januar. (W. T. B.) Wolle flau, Geschäft ruhig, Londoner Auktion abwartend, Garne ruhig, Stoffe un⸗ verändert.

New⸗York, 27. Januar. (A. C.) Der Außenhandel der Vereinigten Staaten im Jahre 1887 hatte folgende Ergebnisse: Einfuhr 708 807 311 Doll., Ausfuhr 715 320 956 Doll. Verglichen mit 1886 vergrößerte sich die Einfuhr um 45 Millionen und die Aus⸗ fuhr um 2 Millionen Doll. Im Jahre 1887 landeten in Amerika 509 281 Einwanderer, d. i. 122 650 mehr als 1886.

Submissionen im Auslande.

Schweden.

18. Februar, Mittags. Stockholm. Schwedischen Staatsbahnen.

Lieferung von: 1

48 000 kg Baumwollabfall, 4 000 kg Baumöl,

43 000 kg Leinöl, 86 000 kg Rüböl,

Betriebsdir ktion der

14 500 kg Schmierseife und 28 000 kg Talg. Näheres an Ort und Stelle.

Verkehrs⸗Anstalten.

Koblenz, 31. Januar. (W. T. B.) Der Rheintrajekt bei Oberkassel ist seit heute morgen wegen Eisgangs für den ge⸗ sammten Verkehr eingestellt.

Krefeld, 31. Januar. (W. T. B.) Der Rhein⸗Trajekt Griethausen Welle der Strecke Kleve Zevenaar ist wegen Eisganges von heute ab für den Verkehr gesperrt. Die Reisenden nach und von den Niederlanden müssen die rechts⸗ rheinische Bahnstrecke Köln Oberhausen —Zevenaa trecke über Nymwegen benutzen.

Theater und Musik.

Das Wallner⸗Theater war am Sonntag wieder aus⸗ verkauft, und die im L. herrschende überaus sröbliche Stim⸗ mung zeigte, daß die Repertoirestücke „Ein toller Einfalle und „Der Mizekado“, welche an diesem Abend bereits er. 64. Male in Scene gingen, an Fegaft noch nichts eingebüßt haben.

tach Millöcker's „7 Schwaben“, denen die volle Gunst der Berliner sich nun schon seit Wochen hat, gelangt im Friedrich⸗Wilhelmstädtischen Theater das jüngste Werk des Komponisten der „Nanon“ und des „Seekadetten“ zur Auf⸗ führung. Es ist Gense’'s Operette „Die Dreizehn“, die am Wiener Carl⸗Theater vermöge ihres durchweg lustigen Inhalts und ihrer

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