“ derart zu erleichtern, daß das einheimische Ge⸗ treide auf den preußischen Staatseisenbahnen zu gleichen Frachtsätzen befördert wird, wie das ausländische, escht Haus nach dem Antrage der Budgetkommission zur Tages⸗ ordnung überzugehen. (Schluß des Blattes.)
— Der dem Hause der Abgeordneten zugegangene Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Kosten Königlicher Polizeiverwaltungen in Stadtgemein⸗ den, befindet sich in der Ersten Beilage.
— In Bezug auf §§. 27, 28 Th. I. Tit. 8 des Preuß.
Allg. L.⸗R.: „Niemand darf sein Eigenthum zur Kränkung oder Beschädigung Anderer mißbrauchen. Mißbrauch heißt ein solcher Gebrauch des Eigenthums, welcher vermöge seiner Natur nur die Kränkung eines Anderen zur Absicht haben kann“ — hat das Reichsgericht, V. Civilsenat, durch S vom 11. Januar d. J., ausgesprochen: „Die Chikane besteht ihrem Wesen nach in der Absicht der Kränkung eines Anderen, also in einem subjek⸗ tiven Moment, und sie wird daher keineswegs immer dann anzunehmen sein, wenn der Betreffende sein Eigenthumsrecht zur Abwehr einer objektiv berechtigten Hand⸗ lung geltend Gaa. vielmehr wird in Betracht kommen, ob der Betreffende die abzuwehrende Handlung für eine be⸗ rechtigte hält, und demgemäß bei der Abwägung, ob ein be⸗ stimmter Gebrauch des Eigenthums sich als ein Mißbrauch darstelle, nur das Bewußtsein des Abwehrenden von der Gesetzmäßigkeit der ihm entgegenstehenden Handlung über⸗ haupt ins Gewicht fallen können.“
.— Der Kutscher eines der Speditions⸗, Speicherei⸗ und Kellerei⸗Berufsgenossenschaft angehörigen Unternehmers wurde, während er mit dem Reinigen eines seinem Arbeitgeber ge⸗ hörenden Wagens auf offener Straße beschäftigt war, durch ein Stück Holz verletzt, welches ein Zimmergeselle fahrlässiger⸗ weise aus einem Fenster des im Umbau befindlichen Hauses des klägerischen Arbeitgebers auf die Straße warf. Das Reichs⸗Versicherungsamt hat durch Entscheidung vom 2. Januar 1888 (Nr. 476) den von dem Verletzten wegen der Folgen dieses Unfalls erhobenen Entschädigungsanspruch in Uebereinstimmung mit dem Schiedsgericht zurück⸗ gewiesen. Daß ein Zimmergeselle aus einem Fenster ein Stück Holz auf die Straße wirft und dadurch einen auf der letzteren befindlichen Menschen verletzt, hängt nicht mit den Gefahren zusammen, von denen Leben und Gesundheit der Arbeiter im Speditions⸗, Speicherei⸗ und Kellereibetriebe bedroht sind. Das Vaqrer sche ungsgeset aber versichert die Arbeiter nur gegen die ihnen aus solchen erwachsenden Schäden, welche sich aus dem Gewerbe, in dem sie thätig sind, ergeben, oder die durch dessen Betrieb veranlaßt werden. Den Kläger hat lediglich ein Unglücksfall betroffen, welchem an der in Rede stehenden Stelle auch jeder Andere, nicht in seinem Betriebe Beschäftigte hätte ausgesetzt sein, und welcher ihn auch überall anderswo außerhalb des Betriebes, in welchem er beschäftigt gewesen, hätte erreichen können. (Vergleiche Entscheidung 454, „Amtliche Nachrichten des R.⸗V.⸗A.“ 1888 Seite 69.)
— Ein Fabrikarbeiter saß in der Arbeitspause auf einer Bank zwischen den Kesseln zweier Schweißöfen; er wurde von
hee Krämpfen befallen, fiel in Folge hiervon mit dem esicht zu Boden in die dort liegende heiße Asche und verletzte Nach der Rekursentscheidung des
sich an den Augen. Reichs⸗Versicherungsamts vom 24. Januar 1888, (Nr. 477) ist bieser Unfall als bei dem Betriebe eingetreten anzusehen und die Berufsgenossenschaft verpflichtet, nach Maß⸗ gabe des Unfallversicherungsgesetzes für den Verletzten zu orgen. Der Umstand, daß die Arbeiter bei einem Hinfallen, in den Fabrikräumen der Gefahr ausgesetzt sind, in Maschinen⸗ theile, herumliegende Materialien, Erzeugnisse oder Rückstände des Betriebes zu stürzen und sich daran zu verletzen, muß den Gefahren des Betriebes zugerechnet werden. Wenn der Arbeiter während einer Arbeitspause an einer solchergestalt gefährdeten Stelle verweilte, so befand er sichl im Banne des versicherungspflichtigen Betriebes. (Vergleiche Entscheidungen 324, 392, „Amtliche Nachrichten des R.⸗V.⸗A.“ 1887 Seite 134, 209.)
— Zu den Kosten der „ersten Einrichtung“ einer Straße im Sinne des Straßen⸗ und Baufluchtengesetzes vom 2. Juli 1875 (§. 15) gehört der Aufwand für die Legung von Wasserleitungsröhren in der Regel nicht (End⸗ urtheil des II. Senats des Ober⸗Verwaltungsgerichts vom 17. Juni 1887).
Sachsen. Dresden, 22. Februar. Dem Vernehmen des „Dresdner Journal“ nach ist Prinz Georg an einem leichten Bronchialkatarrh erkrankt und wird voraussichtlich ge⸗ nöthigt sein, einige Tage das Zimmer zu hüten.
Die Zweite Kammer bewilligte heute den Etat der Staatseisenbahnen unverändert nach der Regierungs⸗ vorlage, unter Ablehnung des von dem Berichterstatter Kirbach gestellten Antrags, die Einnahmen aus dem Personen⸗ und Güterverkehr um zusammen 114 877 ℳ höher einzustellen.
Braunschweig. Braunschweig, 21. Februar. (Hann. Cour.) Der Landtag hielt heute die eerste Sitzung nach seiner Vertagung. Nach Eröffnung derselben verlas der Präsident Freiherr von Veltheim zunächst ein Schreiben des Kronprinzen aus San Remo, in welchem Derselbe der Landesversammlung Seinen Dank für die in der an Ihn gerichteteten Adresse ausgesprochene Theil⸗ nahme und Wünsche ausspricht. Nachdem sodann der Assessor von dem Busche zum Substituten des Landsyndikus erwählt worden war, folgte die Berichterstattung der ver⸗ schiedenen Kommissionen für das Innere über die Vor⸗ lagen der Landesregierung. Zur Annahme wurden empfohlen: die Bewilligung von 27 000 ℳ zur Förderung des gewerblichen Fortbildungswesens, 25 000 ℳ zur ferneren Bestreitung der Kosten der Vermessungen im Herzog⸗ thum und 83 000 ℳ für Erbauung eines Kranken⸗ hauses bei dem Wilhelmsstift zu Bevern. Ferner sprach die Kommission sich für die von der Regierung in Vorschlag ge⸗ brachte Abänderung des Gewerbesteuergesetzes vom 16. November 1870 aus, dahingehend, daß alle von den Gemeinden begründeten und den Gemeinden dienenden Gas⸗ und ve von der Gewerbesteuer befreit bleiben, alte mit solchen Etablissements verbundenen Nebenbetriebe aber besteuert werden sollen. Unerledigt blieb die den Erweiterungsbau des Kreisdirektionsgebäudes zu Helmstedt betreffende Vorlage, da zwischen der Kommission und dem Ministerium vor der Berichterstattung noch mündliche Verhandlungen stattfinden sollen. Den Schluß der Sitzung
oß das
machte die Berichterstattung über die die Herstellung einer Abwässerleitung auf der Heil⸗ und Pflegeanstalt zu Königslutter beantragende Vorlage der Landesregierung.
DSDesterreich⸗Ungarn. Wien, 21. Februar. (Wien. Ztg.) Der Budgetausschuß verhandelte das Unterrichts⸗ budget. Im Laufe der Debatte versicherte der Unterrichts⸗ Minister, Dr. von Gautsch, die Unterrichtsverwaltung lasse dem Schulbücherwesen die möglichste eeeena angedeihen. Auf die Anfrage der Abgg. Ruß und Mattus, ob der Minister geneigt sei, den Standpunkt der Unterrichtsverwaltung gegenüber dem Liechtenstein’'schen Gesetzentwurf zu prä⸗ zisiren, erklärte der Minister, er bedauere, diesem Wunsche nicht entsprechen zu können, weil es ihm nicht passend erscheine, darüber Namens der Regierung incidenter beim Titel „Schulaufsicht zu sprechen. Der Gesetzentwurf habe zahlreiche Kundgebungen in der Bevölkerung hervor⸗ gerufen. Das zunächst berusene Parlament konnte sich aber damit noch nicht beschäftigen, weshalb der 1 vorläufig auf die erste Lesung des Entwurfs verweisen müsse. Auf den Einwand des Abg. Ruß, daß die in so wichtigen Dingen eine selbständige Meinung haben müsse, erwiderte der Minister, er glaube vom Abg. Ruß mißverstanden worden zu sein; er habe sich erlaubt, auf die erste Lesung zu ver⸗ weisen und bitte, überzeugt zu sein, daß die Regierung in allen, daher auch in so wichtigen Fragen ihre Meinung auf Grund der Sachlage selbständig gestalte. Der Unterrichts⸗ Minister Dr. von Gautsch erklärte weiter auf die Anfragen der Abgg. Mattus und Zeithammer betreffs der Prager Akademie, er habe schon seit längerer Zeit der Prager Kunst⸗Akademie seine Aufmerksamkeit zugewendet und Gelegenheit gehabt, wenigstens dem Wunsch nach entsprechender räumlicher Unter⸗ bringung durch Zuweisung ordentlicher Lokalitäten gerecht zu werden. Zunächst liege der Unterrichtsverwaltung die thun⸗ lichste Hebung der Prager e; und deren Aus⸗ stattung mit Lehrkräften ersten Ranges am Herzen, und glaube er sicher, bei dieser Intention auf die Zustimmung des Ausschusses rechnen zu dürfen. Hinsichtlich der Subventioni⸗ rung der Akademie habe er vor Kurzem einen Erlaß an den Statthalter wegen der Einleitung von Erhebungen und entsprechenden Antragstellung gerichtet und werde die eöG einen Gegenstand seiner eifrigen Erwägung ilden.
Pest, 21. Februar. (Wien. Abdp.) Der Klub der liberalen Partei des Abgeordnetenhauses acceptirte in seiner heutigen Konferenz die Kabelkonvention, ferner die vom Oberhause an dem Veterinärgesetz vorgenommenen Aenderungen.
Großbritannien und Irlanv. London, 22. Februar. (W. T. B.) Das Unterhaus hat in seiner heutigen Sitzung die Adresse in erster Lesung angenommen. Bei der Debatte über die zweite Lesung der Adresse stellte Labouchère einen Antrag, welcher um Mittheilung an das Haus darüber ersucht: ob die englische Regierung Italien bindende Zusagen im Falle eines Krieges mit Frankreich gemacht habe, sowie daß, wenn solche Zusagen schon gemacht worden seien, die⸗ selben zur Kenntniß des Hauses gebracht würden. — Der Unter⸗ Staatssekretär Fergusson sprach sein Bedauern darüber aus, daß Labouchére seine Behauptungen auf Zeitungsgerüchte basire. Admiral Hewett erklärte, daß die Zeitungs⸗ berichte über seine Rede in Genua absolut falsch seien. Fergusson wiederholte sodann, daß England keine weiteren Verpflichtungen eingegangen sei, durch die seine Armee und seine Flotte engagirt würden, außer den dem Hause bekannten Verpflichtungen. Er stellte ferner bestimmt in Abrede, daß die Politik Lord Salisbury's eine Frankreich feindliche sei: die Beziehungen Englands zu Frankreich seien gute und er hoffe und glaube an deren Fortdauer, um so mehr, da Frankreichs auswärtige Politik der englischen parallel laufe.
ie Veröffentlichung des Schriftwechsels mit den Großmächten über die Lage Europas sei unmöglich, da dies einen Vertrauensbruch involviren würde. Fergusson gab schließlich der Hoffnung Ausdruck, daß die Gefahr einer Friedensstörung nicht größer, sondern geringer sei, als im vorigen Jahre. Englands Aufgabe sei, sich in einen Krieg nicht einzumischen, wenn nicht seine natio⸗ nalen Interessen berührt würden. England lebe jetzt mit allen Mächten in Frieden und Eintracht. — Gladstone äußerte: Es sei höchst wünschenswerth, die Nation möglichst zu beruhigen, namentlich jetzt, wo sie schmerzlich bewegt sei durch die Besorgnisse wegen der Gesundheit des Deutschen Kronprinzen. Er möchte wünschen, daß es in der Macht des Hauses stände, den Verlauf der Krank⸗ heit zu beeinflussen, welche so tiefe Gefühle der Theilnahme und der Bewunderung für den Hohen Leidenden hervorgerufen, da es sich um ein für Europa unschätz⸗ bares Leben handele. (Beifall.) — Der erste Lord des Schatzes, Smith, erklärte: er sei überzeugt, daß das gesammte Europa mit Sorge und Hoffnung den Verlauf der Krankheit des Kronprinzen verfolge, dessen Leben allgemein als eine mächtige Bürgschaft des europäischen Friedens angesehen werde. Labouchdère zog hiernach seinen Antrag zurück. Die Fortsetzung der Berathung wurde schließlich vertagt.
— (A. C.) Die Königin von Schweden begab sich am Sonnabend Nachmittag, begleitet von dem Prinzen Oskar, nach Windsor und stattete der Königin Victoria einen Besic ab. Abends gab Ihre Majestät im Grand Hotel ein
iner.
Sir Henry Holland, der Minister für die Kolonien, ist in den Pairstand erhoben worden. Durch seine Ver⸗ setzung in das See wird eine Ergänzungswahl für den Londoner Wahlbezirk Hampstead, welchen der Minister im Unterhause repräsentirte, erforderlich.
Die diplomatischen Beziehungen zwischen Groß⸗ britannien und Venezuela sind “ worden. Der britische Gesandte in Venezuela, St. John, hat seine Pässe verlangt und ist abgereist, nachdem er sich vergeb⸗ lich bemüht hatte, von der Republik eine Schadloshaltung von etwa 6000 Lstr. Sterl. im Zusammenhange mit einem Goldminen⸗Anspruch zu erwirken. Der Befehls⸗ haber des britischen Geschwaders in jenen Gewässern ist nunmehr angewiesen worden, diese Entschädigung zu fordern, und wenn sie nicht gezahlt wird, solche Schritte zu ergreifen, die er für nothwendig hält. “
Aus Indien liegen folgende Meldungen vor: 8
Calcutta, 21. Februar. (R. B.) Der Vizekönig wird vor seier Abreise nach Simla, Rewah, Lucknow und Srinagar be⸗
suchen. — Das indische Budget wird am 24. März veröffentlicht werden. — Aus Birma läuft die Nachricht ein, daß starke Ruhe⸗ störungen im Distrikt Arca ausgebrochen und zahlreiche Ver⸗ brechen begangen worden sind. Unweit der Stadt soll eine große Abtheilung Insurgenten stehen. Auch die Orte in den Bergen haben viel von den Einfällen der Shan⸗Insurgenten zu leiden.
Manchester, 22. Februar. (W. T. B.) In der heute abgehaltenen Spezialsitzung des Munizipalraths wurde eine Resolution angenommen, in welcher dem Deutschen Kronprinzen anläßlich seines Leidens die aufrichtige Theilnahme der Versammlung ausgesprochen wird.
Frankreich. Paris, 21. Februar. (Köln. Ztg.) In der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer wurde bei der Berathung des Etats des Justiz⸗Ministeriums der Unterantrag Sabatier, den auf 40 000 Fr. angesetzten Kredit für Ausgaben des Kassationshofes um 8000 Fr. zu kürzen, unter dem Widerspruch des Justiz⸗Ministers mit 300 gegen 226 Stimmen angenommen. Die Kammer genehmigte schließlich das Justizbudget unverändert und vertagte sich bis Donnerstag.
Der Ausschuß für den Antrag Barodet, daß in Zu⸗ kunft nur noch Militärpersonen den Orden der Ehrenlegion erhalten sollen, hat sich für denselben ausgesprochen. Der Ausschuß für die Prüfung des Vertrages zwischen dem Staat und der Union centrale des arts décoratifs behufs Errichtung des Kunstgewerbe⸗Museums in den unter der Kommune niedergebrannten Gebäuden des Rechnungs⸗ hofes (Quai d'Orsay) hat diesen Vertrag einstimmig ver⸗ worfen, da das Museum im Pavillon Marsan in den Tuile⸗ rien untergebracht werden könne.
Der Abg. Horteur hat den Justiz⸗Minister be⸗ nachrichtigt, daß er ihn über einen Vorfall in einem Kaffee⸗ hause in Modane, wo am 14. d. M. ein französischer Offizier von einem italienischen Roßarzt geohrfeigt worden sei, in der Kammer befragen wolle. Er wünsche zu wissen, weshalb der Italiener, der verhaftet worden, nicht sofort vor die Straf⸗ kammer von St. Jean de Maurienne gestellt worden sei. Der Minister ersuchte Horteur, er möge mit der Anfrage warten, bis er Erkundigungen eingezogen habe.
— 22. Februar. (W. T. B.) Der Minister des Aus⸗ wärtigen, Flourens, überreichte gestern Abend dem italie⸗ nischen Botschafter, Grafen Menabrea, die neuen Vorschläge für den italienisch⸗französischen Handelsvertrag.
In dem Prozeß gegen Wilson und Genossen wurde bei den heutigen Plaidoyers von Seiten der Verthei⸗ diger ausgeführt, daß es keine Gesetzesbestimmung gebe, nach Personen, die ihren Einfluß verkaufen, bestraft werden önnen.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 23. Februar. (W. T. B.) Der „Regierungsbote“ veröffentlicht ein Communiqusé, worin die Kaiserliche Regierung ihre Anschauung über die bulgarische Frage ausspricht. Nach näherer Ausführung wird darin betont, die Erwägungen hätten die Regierung von Anbeginn der bulgarischen Krise an geleitet und dieselbe bewogen, von Hause aus jeden Ge⸗ danken an die Eventualität der Wiederherstellung der Gesetzlich⸗ keit in Bulgarien mit Hülfe von Gewalt abzulehnen.
— 23. Februar. (W. T. B.) Der Kaiser und die Kaiserin empfingen gestern den General von Werder. Derselbe war gestern auf einem Ball bei dem Großfürsten Wladimir, welchem auch die Majestäten beiwohnten.
Italien. Rom, 22. Februar. (W. T. B.) Das Journal „Esercito“ macht auf französische Truppen⸗ ansammlungen an der italienisch⸗französischen Grenze aufmerksam und sagt: die Regierung sei über die Vorbereitungen zur Konzentrirung von Kriegsmaterial jenseits der Grenze vollständig unterrichtet und verfolge wach⸗ samen Auges diese Maßnahmen, welche durch die Hal⸗ tung Italiens von keinem Gesichtspunkte aus gerecht⸗ fertigt erschienen. Was von der Landesgrenze gesagt werde, verstehe sich natürlich auch von der Seegrenze. — Das vor Spezia und Genua ankernde britische Geschwader unter dem Befehl des Admirals Hewett trifft am Freitag vor San Remo ein. — Einer Meldung aus Massovah zufolge hätten die abessinischen Truppen unter dem Befehl Ras Alula's Ghinda gänzlich geräumt.
Wie die „Agenzia Stefani“ meldet, hatte der Zwischen⸗ fall in Modane zwischen dem italienischen Thierarzt Giro⸗ lami und dem französischen Stabsarzt Favre, dessentwegen der savoyische Deputirte eine Interpellation an den Minister Falliéres ankündigte, keine politische Ursache. Die italienische Regierung verfügte in Folge des Zwischen⸗ falls, daß sich Girolami nach Susa begebe. Gleichzeitig schlug die italienische Regierung der französischen zur Ver⸗ meidung jedes Grenzzwischenfalls vor, das beiderseitige Dienst⸗ personal am Bahnhofe in Modane zu wechseln.
23. Februar. (W. T. B.) Das Casino der Marine⸗ fe. veranstaltete zu Ehren des Admirals Hewett einen Ball, dem auch der Herzog von Genuaäa und Vertreter der Behörden beiwohnten.
Dänemark. Kopenhagen, 22. Februar. (W. T. B.) Der Finanzausschuß bewilligte auf den Antrag des Finanz⸗Ministers 15 000 Kronen als Antheil Dänemarks an den Kosten für Herstellung einer neuen Telegraphen⸗ leitung zwischen Gjedser und Warnemünde. Außerdem soll eine direkte telegraphische Verbindung zwischen den Börsen von Berlin und Kopenhagen in Aussicht genommen sein.
Afrika. Egypten. Kairo, 19. Februar. (A. C.) Der Unter⸗Staatssekretär für auswärtige Angelegen⸗ heiten, Tigrane Pascha, reiste heute nach London, um mit der britischen Regierung über die Ausdehnung der Vollmachten der gemisehten Tribunale und andere, die innere Verwaltung betreffenden Dinge Besprechungen zu pflegen. — Zur weiteren Erläuterung dieser Abreise wird gemeldet: „Es herrscht eine ziemliche Spannung zwischen Nubar Pascha und Sir Evelyn Baring wegen der Reformen, welche der Letztere bezüglich des Ministeriums des Innern und des Polizei⸗Departements vorgeschlagen hat. Sir Evelyn Baring verlangt, daß an der Spitze des Ministeriums des Innern ein Engländer stehen soll und die Polizei centralisirt werde, damit sie von der Administration besser beaufsichtigt werden könne, und die Mißbräuche aufhören. Da Sir Evelyn darauf bestand, so drohte Nubar, seinen Abschied zu nehmen, schließlich willigte er aber ein, bis zur Erledigung der Mission Tigrane Paschas, welcher die Angelegenheit dem Lord Salisbury unterbreiten wird, im Amt zu bleiben. 88
Zeitungsstimmen.
Die „Deutsche volkswirthschaftliche Correspon⸗
denz“ schreibt: 8
Teutonicus. Unser Volk in seinen weiteren Kreisen empfindet wenig politisch und gewiß noch weniger diplomatisch; unser Volk liebt den Frieden, der ihm gestattet, in Rube und Sicherheit seiner
antirung nachzugeben; aber dieses unser Volk ist von jeber ein wehrhaftes Volk gewesen und wehe dem, der Deutschlands Ehre zu nahe träte — gegen ihn stände unser Volk auf wie ein Mann, dazu hätte es eines Landsturmgesetzes kaum bedurft. Mag nun dieses unser Volk von der Diplomatie wenig verstehen und mag deshalb die politische Seite der Kanzlerrede ihm in ihrem ganzen Gewichte kaum allgemein faßbar sein, desto näher kommt ihm der Kanzler in jenem Theile seiner Rede, in welchem er als ein Deutscher zu den Deutschen svrach jenem Montage im Reichstage sprach der Kanzler die War⸗ nung aus, man möge sich hüten, den „furor teutonicus“, den deutschen Schrecken“, heraufzubeschwören, und dasjenige, was der Fanzler über die Eigenschaften des deutschen Volks in dieser Ver⸗ bindung sagte — über die Eigenschaften der jetzt lebenden teutonischen Generation, einer Generation würdig ihrer Vorfahren, das ist es, was die Seele des deutschen Volks in seiner Rede packte, das ist und wird in jeder Hütte, wohin sie immer dringt, von dieser Rede verstanden werden und das ist es, was im Volk die allgemeine Zu⸗ stimmung zu dieser Rede so laut wachruft, wie wir sie sich kund⸗ n hören. 1“ Wenn der Kanzler davon spricht, für die Verstärkung, die wir brauchten, die Verstärkung, die der Erhaltung des Friedens dienen soll, seien die Leute vorhanden, nothdürftig auch die Waffen, aber das genüge nicht, „wir müssen sie nicht mit dem in den Kampf schicken, wos wir für unsere jungen Linientruppen nicht für gut genug halten, (sehr gut!) sondern der feste Mann, der Familienvater, diese Hünen⸗ gestalten, deren wir uns noch erinnern können aus der Zeit, wo sie die Brücke von Versailles besetzt hatten, müssen auch das beste Ge⸗ wehr an der Schulter haben, die vollste Bewaffnung und die aus⸗ giebiaste Kleidung zum Schutz gegen Witterung und alle äußeren Vorkommnisse. (Lebhaftes Bravo.) Da dürfen wir nicht sparen⸗ — wenn der Kanzler so spricht, so versteht im ganzen Deutschen Reich das ein Jeder. . ““ .
Und wenn der Kanzler weiter sagt: „Die Tapferkeit ist ja bei allen civilisirten Nationen gleich; der Russe, der Franzose schlagen sich so tapfer wie der Deutsche; aber unsere Leute, unsere 700 000 Mann sind kriegsgedient, rompus au métier, ausgediente Soldaten, und die noch nichts verlernt haben. Und was uns kein Volk in der Welt nachmachen kann: wir haben das Material an Offizieren und Unteroffizieren, um diese ungeheuere Armee zu kommandiren. (Bravo!) Das ist, was man nicht nachmachen kann. Dazu gehört das ganz eigenthümliche Maß der Verbreitung der Volksbildung in Deutsch⸗ land, wie es in keinem anderen Lande wieder vorkommt“ — so ver⸗ steht auch das im Lande der allgemeinen Schul⸗ und Wehrpflicht Jeder! 8 Und wenn der Kanzler das weiter ausführt und sagt: „Das Maß von Bildung, welches einen Offizier befähigt, nicht nur die sehr strengen Anforderungen an seinen Stand, an Entbehrungen, an Pflege der Kameradschaft unter sich, sondern auch die außerordentlich schwierigen sozialen Aufgaben zu erfüllen, deren Erfüllung nothwendig ist, um die Kameradschaft, die bei uns, Gott sei Dank, im höchsten Grade in rührenden Fällen existirt zwischen Offizieren und Mann⸗ schaften, um die ohne Schaden der Autorität herzustellen, das können uns die Andern nicht nachmachen, das Verhältniß, wie es in deutschen Truppen zwischen Offizieren und Mannschaften namentlich im Kriege mit wenigen üblen Ausnahmen besteht — exceptio firmat regulam (die Ausnahme bestätigt nur die Regel); aber im Ganzen kann man sagen, kein deutscher Offizier läßt seinen Soldaten im Feuer im Stich und holt ihn mit eigener Lebensgefahr heraus, und umgekehrt kein deutscher Soldat läßt seinen Offizier im Stich — das haben wir erfahren.“ (Bravo!) — so versteht auch das Jeder, der nur einmal auf dem Exerzierplatz gewesen ist und weiß, daß es stimmt!
Aber, wenn der Kanzler dann betont, mit einer solchen Armee führe man feine Angriffskriege, die sei nur zur Vertheidigung des angegriffenen Vaterlandes da, so weiß das ganz genau, wer sich, wie es der Kanzler that, an den furor teutonicus erinnert, der 1870 losbrach, als man uns angriff. Denn, wenn man uns angreift, darin hat der Kanzler gewiß Recht, das fühlt jedes Herz im deutschen Vaterlande: „Dann wird das ganze Deutschland von der Memel bis zum Bodensee wie eine Pulvermine aufbrennen und von Gewehren starren, und es wird kein Feind wagen, mit diesem furor teutonicus, der sich bei dem Angriff entwickelt, es aufzunehmen. (Bravo!)“
Und auch darin stimmt Jeder dem Kanzler bei, daß es ganz gewiß nicht die Furcht vor dem schlechten Ausgange eines Krieges sein kann, die das deutsche Volk so friedfertig stimmt, wie es der Fall ist. Das Bewußtsein unserer Kraft und Stärke stimmt uns vielmehr so friedfertig, und wir können durch Liebe und Wohlwollen leicht — vielleicht zu leicht — bestochen werden, aber nicht durch Drohungen. Bravo! rief man hierzu im Reichstage und ruft es heute in jedem deutschen Dorfe — aber der deutsche Kanzler, der seine Deutschen kennt, wie nur je ein Staatsmann sein Volk gekannt hat, fuhr fort und schloß seine Rede also: „Wir Deutsche fürchten Gott, aber sonst nichts in der Welt (lebhaftes Bravo); und die Gottesfurcht ist es schon, die uns den Frieden lieben undpflegen läßt. Wer ihn aber trotzdem bricht, der wird sich überzeugen, daß die kampfesfreudige Vaterlandsliebe, welche 1813 die gesammte Bevölkerung des damals schwachen, kleinen und ausgesogenen Preußen unter die Fahnen rief, heut zu Tage ein Ge⸗ meingut der ganzen deutschen Nation ist, und daß Derjenige, welcher die deutsche Nation irgendwie angreift, sie einheitlich gewaffnet finden wird, und jeden Wehrmann mit dem festen Glauben im Herzen: Gott wird mit uns sein!“ Lebhafter, andauernder Beifall begleitete diese Worte im Reichstage und mit freudigem Verstehen hat das deutsche Volk verstanden, was der Kanzler in guten deutschen Worten, die vom Herzen kamen und zum Herzen gehen, zu ihm sprach. Darum hat diese Rede solchen Widerhall in jeder Hütte gefunden, der teuto⸗ nische Geist regte sich und Jeder fühlt warm, was es heißt: „Mit Gott, für Kaiser und Reich!“
— Den, Wochenberichten der Leipziger Monats⸗ schrift für Textil⸗Industrie“ schreibt man zur Lage des Berliner Konfektionsgeschäfts aus Berlin, 19. Februar:
... Sie sind da, die langersehnten Freunde, und zwar kamen sie in großer Anzahl, daß wir mit einem Schlag mitten in die Hoch⸗ saison eingetreten sind. Vierhundert Einkäufer, Vertreter großer Detailfirmen, die alle nur zu dem Hauptzweck nach Berlin kommen, um Konfektion einzukaufen, von denen jeder einzelne Fremde doch min⸗ destens 5—6 hiesige Firmen besucht, oft aber noch viel mehr, verleihen dem Geschäft eine Lebhaftigkeit, die Jedem auffallen muß. Es herrscht ein Treiben und Leben in unseren Geschäften, wie man es sich besser garnicht wünschen kann. Man bekommt einen Begriff von der Größe der Branche, wenn man den Verkehr beobachtet, wenn man sieht, wieviel Waare täglich in Arbeit gegeben wird, wieviel versandt wird. Einzelne Firmen verkauften in der letzten Woche durch⸗ schnittlich täglich 2200 — 2500 Regenmäntel, Jaquets, Umhänge ꝛc., aber man darf sich durch dieses lebhafte Treiben auch nicht täuschen lassen, es ist nur für den Laien bestechend, weniger ‚für den mit den Verhältnissen Vertrauten. Wir erwarten diese geschäftliche Hoch⸗ fluth schon immer 2—3 Monate voraus, in denen wir nur wenig zu thun haben, während die großen Spesen fortlaufen. Was damals die Ausfälle, die jene sich stets wiederholende Ruhepause oder stille Zeit im Geschäft mit sich bringt, Schaden verursacht haben, muß jetzt erst eingeholt werden, und dazu bedarf es eines lebhaften Geschäftsganges. Erst von dem ferneren Verlauf der Saison, von den Nachbestellungen wird es abhängen, ob dieses Frühjahr für die Konfektion ein gesegnetes sein wird, jedenfalls ist die Disposition der Käufer eine gute, rege Kauflust ist vorhanden und wenn politische Verhältnisse und Witterung uns günstig bleiben, scheint nichts vor⸗
zuliegen, was zu der Berechtigung Veranlassung geben könnte, daß de Verkauf sich ungünstig gestaltet... 11““ .
Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheits⸗ amts. Föff — Inhalt „Hesundbeitsstand. Volkskrankheiten in der Be⸗ richtswoche. — Tholera⸗Nachrichten. — Krankenberichte der preu⸗ ßischen ꝛc. Armee. — Sterbefälle in deutschen Städten von 40 000 und mehr Einwohnern. — Desgl. in größeren Städten des Auslandes. — Erkrankungen in Berliner Krankenhäusern. — Desgl. in deutschen Stadt⸗ und Landbezirken. — Sterblichkeit in deutschen Orten mit 15 000 und mehr Einwohnern 1887, 3. Quartal. — Desgl. in größeren Verwaltungsgebieten des In⸗ und Auslandes. — Witterung. — Zeitweilige Maßregeln ꝛc. — Thierseuchen. Schafräude in den Niederlanden. — Thierseuchen in Großbritannien. — Trichinose bei Schweinen in Schweden. — Rinderpest in Rußland. — Seuche der Ziegen in der Türkei. — Tuberkulose bei Schlachtthieren. — Veterinär⸗ polizeiliche Maßregeln. — Medizinalgesetzgebung ꝛc. (Preußen. Regierungsbezirk Potsdam und Berlin.) Aerztliche Atteste der Medizinalbeamten. — (Berlin.) Beförderung von Thieren auf Eisen⸗ bahnen. — (Reg⸗Bez. Gumbinnen.) Desgl, von Wiederkäuern und Schweinen nach den Nordseehäfen. — (Reg.⸗Bez. Düsseldorf.) Desgl. — (Barmen.) Nothschlachtung. — (Bayern.) Arzneitaxe. — (Sachsen.) Beförderung von Thieren auf Eisenbahnen. — (Sachsen⸗ Weimar.) Desgleichen. — (Sachsen⸗Meiningen.) Desgleichen. — (Anhalt.) Desgleichen. — (Waldeck.) Desgleichen. — (Lippe) Hebammen — Arzneitaxe. — (Frankreich.) Schweine⸗Einfuhrverbot. — (Türkei.) Untersuchung der eingeführten Butter und Fette. — Rechtsprechung. (Reichsgericht.) Verkauf von gallisirtem und petioti⸗ sirtem, sowie durch Zuschütten von Obstwein ꝛc. künstlich vermehrtem Wein als Wein. — Kongresse, Verhandlungen von gesetzgebenden Körperschaften, Vereinen ꝛc. (Deutsches Reich.) Der Weinkommis⸗ sion vorgelegte gerichtliche Entscheidungen. 2. Nachtrag. — (Sachsen.) Obligatorische Trichinenschau. — III. Oesterreichischer Weinbaukongreß (Fortsetzung). — Vermischtes. (Preußen. Berlin.) Geheimmittel. — Handels⸗ und Gewerbekammer zu Sonneberg. — Gesundheits⸗ schädliche Farben in der Spielwaaren⸗Fabrikation. — (Oesterreich.) Wiener freiwillige Rettungs⸗Gesellschaft. — (Ungarn.) Kunstbutter⸗ Gesetzentwurf — (Italien.) Amtlich vorgeschriebene Methoden für die Wein⸗Analyse. — (Niederlande.) Salicylsäure im Bier. — Geschenkliste.
.“ Statistische Nachrichten.
Das Reichs⸗Versicherungsamt hatte im Jahre 1887 1234 Rekurse zu bearbeiten (davon 169 aus dem Jahre 1886 über⸗ nommene), von denen 923 von den Verletzten, 294 von den Berufs⸗ genossenschaften und 17 von beiden Theilen eingelegt waren. Erledigt wurden von den Rekursen durch Verwerfung 25, durch Beschluß 106, durch Urtheil 359, auf andere Art 14, zusammen 504, so daß 730 unerledigt blieben. Bei den 439 Schiedsgerichten sind im Jahre 1887 5941 Berufungen anhängig geworden (gegenüber 16 189 Fest⸗ stellungen). Von der Gesammtzahl wurden 5272 erledigt; die Zahl der Sitzungstage betrug 1316. Die den Schiedsgerichten obliegen⸗ den zahlreichen Geschäfte sind sachgemäß bearbeitet worden. Die im Jahre 1886 eingeleitete Arbeitervertretung in 5 Berufsgenossenschaften wurde im Jahre 1885 vollständig durch⸗ geführt, auch bereits Ersatzwahlen für die im September 1887 erst⸗ malig ausgeschiedenen Vertreter (in 351 Wahlprotokollen) vorge⸗ nommen. Zur Zeit bestehen 64 Berufsgenossenschaften mit 274 560 Betrieben und 3 551 819 Arbeitern, wozu noch 47 Reichs⸗ und Staats⸗Ausführungsbehörden für die Reichs⸗ und Staatsbetriebe mit 351 878 Arbeitern kommen. In Genossenschafts⸗Kataster⸗ angelegenheiten waren 2700 Beschwerden zu erledigen (von denen 447 unerledigt blieben), in Gefahrentarifen 2033 Beschwerden, noch nicht 1 % der Veranlagungen, wovon 359 unerledigt blieben. Unfallverhütungs⸗Vorschriften wurden für 26 Berufsgenossenschaften genehmigt; die Zahl der von den Genossen⸗ schaften angestellten Beauftragten zur Ueberwachung der Betriebe behufs Beobachtung der Unfallverhütungsvorschriften ist auf 56 (Stellen) gestiegen. Die Statistik der Unfälle ist in Angriff genommen, die deutsche allgemeine Ausstellung für Unfallverhütung wurde nach Kräften gefördert. Die Zahl der ermittelten Unfälle betrug im Jahre 1887 113 594, die der entschädigten 17 142, die der veraus⸗ gabten Entschädigungsrenten 5 829 226 ℳ An Strafbeschwerden waren 1098 zu bearbeiten. Die Zahl der Präjudize hat sich auf 648 vermehrt. Plenarsitzungen fanden 69 statt. “
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Von der „Allgemeinen Bibliographie für Deutsch⸗ land“, wöchentliches Verzeichniß aller neuen Erscheinungen im Felde der Literatur, sind die Nummern 5—7 erschienen. Dieselben führen auf: Literaturgeschichte und Sammelwerke, Theologie und Philo⸗ sophie, Jurisprudenz, Staatswissenschaft, Politik, Statistik, Verkehrs⸗ wesen, Heilwissenschaft, Thierheilkunde, Naturwissenschaft, Mathe⸗ matik, Astronomie, Pädagogik, deutsche Schulbücher, Jugendschriften, altklassische und orientalische Sprachen, neuere Sprachen, altdeutsche Literatur, Geschichte mit ihren Hülfswissenschaften, Biographien, Länder⸗ und Völkerkunde, Reisen, Karten, Kriegswissenschaft, Pferde⸗ kunde, Handels⸗ und Gewerbekunde, Bau⸗, aschinen⸗ und Eisen⸗ bahnkunde, Bergbau, Schiffahrt, Forst⸗ und Landwirthschaft, schöne Literatur, schöne Künste (Musik, Malerei, Stenographie, Vorlagen), Volksschriften, Vermischtes. “
— Eine der großartigsten botanischen Bibliotheken, die des 1886 zu Lüttich verstorbenen Professore Eduard Morren, ist in den Besitz von F. A. Brockhaus' Sortiment und Antiquariat in Leipzig übergegangen. Eduard Morren war gleich seinem Vater Carl Professor an der Universität Lüttich und Direktor des Bo⸗ tanischen Gartens daselbst. Beide gehörten zu den bedeutendsten Forschern der Neuzeit im Reich der Botanik und namentlich hat Eduard Morren auf dem Gebiet der Pflanzenkultur Hervor⸗ ragendes geschaffen, das er, wissenschaftlich verarbeitet, in der von ihm seit 1850 in 35 Bänden herausgegebenen Zeit⸗ schrift „La Belgique horticole“ niedergelegt hat. Die Bibliothek umfaßt nahezu 8000 Nummern. Sie ist von einer erstaunlichen Reichhaltigkeit, die sich von den ersten Ausgaben der Kräuterbücher bis zu unseren Tagen erstreckt. Hat Carl Morren die ältere Litera⸗ tur gesammelt, so hat Eduard derselben alles Werthvolle hinzugefügt, was die Wissenschaft in Bezug auf Anatomie und Physiologie der Pflanzen, die Kenntniß der Phanerogamen wie Kryptogamen, bei den Forschungsreisen in allen Welttheilen in älterer wie neuerer Zeit zu Tage gefördert hat. Alle bedeutenden Kupferwerke sind in präch⸗ tigen Exemplaren vorhanden. Was aber der Bibliothek den höchsten Werth verleiht, ist die überaus große Anzahl von Zeitschriften in kompletten Folgen. Die Bibliothek Morren ist nicht etwa einseitig nur aus Werken in Sprache zusammenstellt, sondern gleichwerthig in den Publikationen Deutschlands, Englands, Frank⸗ reichs, Belgiens, Italiens, Amerikas u. s. w., da Eduard Morren ein tüchtiger Sprachkenner war. Außer der Bibliothek sind auch die sämmtlichen Schriften beider Morren, Vater wie Sohn, in allen Vorräthen, die Eduard bisher im Selbstverlage vertrieben hatte, mit⸗ erworben worden. Der Katalog dieser umfangreichen Sammlung soll bis zum Herbst dieses Jahres erscheinen. 1 18
— Die „JIllustrirte Hausbibel“ liegt uns jjetzt bis zum fünften Heft (abschließend mit 5. Mose 11) vor. (Preis jedes Heftes 50 ₰. — Verlag von Friedrich Pfeilstucker in Berlin W.) Die „Illustrirte Hausbibel“ unterscheidet sich von den bisher erschienenen Bilderbibeln dadurch, daß ihre Abbildungen nicht sowohl einzelne Gestalten und Ereignisse der heiligen Geschichte veranschaulichen
wollen, sondern den Inhalt der heiligen Geschichte und Propheten durch die Darstellung der zum richtigen und lebendigen Verständniß
erforderlichen Gegenstände aus Natur, aus Kunst, aus Sitte und Leben der Völker verdeutlichen, erklären und lebendig machen. Die zahlreichen Abbildungen sind mit Sorgfalt und Sachkenntniß aus den immer reicher sich Fundgruben der neueren Forschungen entnommen; sie bringen Bewährtes und wissenschaftlich Anerkanntes. Diese Bibelausgabe bringt die betreffende bildliche Erläuterung un⸗ mittelbar im Zusammenhang mit dem biblischen Text und eignet sich schon wegen ihrer trefflichen Ausstattung zum Ho zeitsgeschenk, für den Weihnachtstisch und zur Konfirmationsgabe. V
— Die christliche Kleinkinderschule, ihre Geschichte und ihr gegenwärtiger Stand. Von Johannes Hübener, He am Diakonissenhaus zu Dresden. Gotha, g. ndr. Perthes, 1888. Preis: 2,80 ℳ — Der der Klein inderschule gebührende christliche Charakter wird hier gegenüber den blos humanitären Be⸗ strebungen auf diesem Gebiet hervorgehoben und begründet. Der Ein⸗ leitung, die sich mit den grundlegenden Vorfragen beschäftigt, folgt zunächst ein biographischer Theil, in welchem die Lebensbilder von Luise Scheppler, Pfarrer Oberlin, Mutter Jolberg, Gräfin Theresia Brunswick, Pfarrer Fliedner, Pauline Fürstin zu Lippe⸗Detmold und Freiherrn Adolf von Bissing⸗Bärberg, dem verdienstvollsten Arbeiter und Organisator auf diesem Gebiet, gegeben werden. Sehr instruktiv ist der nächste, ausführlich gehaltene Abschnitt, der die eingehendsten und zuverlässigsten Nachrichten über den Stand der Sache in den einzelnen Ländern, wo dieselbe Wurzel geschlagen hat, bringt. Die folgenden Abschnitte betreffen das Verhältniß des Kindergartens zur christlichen Kleinkinderschule, sowie die Erhaltung und Einrichtung der letzteren. In einem Anhange wird noch eine Fülle zur Sache ge⸗ höriger Statuten, Regulative, Instruktionen, Pläne und Tabellen bei⸗ gefügt, welche den Arbeitern und Freunden der Kleinkinderschule will⸗ kommen sein müssen.
— In der Wochenschrift für die dentsche Frauenwelt: „Von Haus zu Haus“, herausgegeben von Anny Wothe, Verlag von Adolf Mahn in Leipzig, bringt die Nr. 21 einen Artikel, „Deutschlands Gebet“, von der Herausgeberin selbst verfaßt, auch das bekannte Ge⸗ dicht von Carmen Sylva (Königin Elisabeth von Rumänien) im Faesimile nach einer Photographie der Handschrift des Originals und dürfte für weiteste Kreise von großem Interesse sein. Interessant sind in dieser Nummer auch die beiden preisgekrönten Arbeiten über „prak⸗ tische Winke zur Kindererziehung“ und in der Rubrik „Für’s Herz⸗ blättchen“, die Serie reizender Kinderbriefe, welche anläßlich eines Preis⸗Kinderrtäthfels an die Redaktion gerichtet wurden. 88
— Die am 25. d. M. erscheinende Nr. 2330 der „Illu⸗ strirten Zeitung“ enthält u. A. folgende Abbildungen: Arthur Schopenhauer. Zum hundertsten Geburtstage (22. Februar 1888). — Einrichtungen in der österreichisch⸗-ungarischen Armee. 4 Abbildungen. Originalzeichnungen von F. Schlegel: Herstellung eines zerstörten Bahnkörpers durch das Eisenbahn⸗ und Telegraphen⸗Regiment. — Feldsignal⸗Station. — Feldbäckerei. — Aufstellung des Feldtelegraphen durch das Eisenbahn⸗ und Telegraphen⸗Regiment. — Albert Lindner, † am 4. Februar. — Stepben Heller, † am 15. Januar. — Von der deutschen Kriegsmarine: Das Panzerschiff König Wilhelm in seiner jetzigen Gestalt. Originalzeichnung von H. Penner.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Deutsche Jäger⸗Zeitung, Organ für Jagd, Fischerei, Zucht und Dressur von Jagdhunden. (J. Neumann, Neudamm. Nr. 41. — Inhalt: Die Altersbestimmung des Schwarzwildes nach dem Gebiß und nach dem Gewicht. Von Prof. Dr. A. Nehring — Schwarzwildjagden in Lothringen. II. Noch ein glückliches Schrotkorn. Von E. — Der ungerade 32⸗Ender von Segeberg. — Nochmals das kleine Wiesel, Must. vulgaris. Von Prof. Dr. Nehring. — Fischereibericht. — Kampf zwischen einem Volk Rebhühner und einer Nebelkrähe. Von F. Sch. — Zum Zuge der Tannenhäher 1887/88 Von Ritter. — Von Hülfsjäger und Sekretär Lauer. — Otter, dessen Balg über den ganzen Körper voller weißer Flecke ist. Von Förste Echternacht. — Fuchs mit einer Drahtschlinge. Von F. Sch. — Hase im Bau. Von Königl. Oberförster v. Weikhmann. — Aufzuch von Rebhühnern. Von Wolde. — Aus dem Oldenburger Lande Von B. — Zur Bussardfrage. Von v. Homeyer. — Aus dem Jagd schutz. — Terminkalender für Hunde⸗Ausstellungen und Preissuchen. — Brief⸗ und Fragekasten.
Sanitäts⸗, Veterinär⸗ und Quarantänewesen.
Italien.
Durch Verordnung des Königlich italienischen Ministeriums des Innern vom 3. Februar 1888 ist die Einfuhr von Rindvieh und von nicht gegerbten Rinderfellen, welche aus den Somali⸗Ländern und au Zanzibar herstammen, nach Italien verboten worden. h“
Ein italienisches Gesetz vom 12. d. M., enthält die nach stehenden Aenderungen der Einfuhr⸗Zollsätze des General Zolltarifs vom 14. Juli v. J.:
per Quinta Nr. 13. Zucker: b erste Kelasst. 66“] b. zweiter Klasse 1 76,75 „ Glykose: 9. feste . . . . . . . 6 . 66 9 1AA4A4“*“ 50 . Nr. 15. I und Konserven in Zucker oder
Nr. 16. ““ 45
Nr. 17 a. Syrupe zu Getränken . . . . . . 60
Nr. I1I10u.—“ .
— Dem Geschäftsbericht der Deutschen Genossenschafts bank von Soergel, Parrisius u. Co. für das Jahr 188 entnehmen wir Folgendes: Die Umsätze betrugen 1887 im Berline Geschäft 1 094 007 010 ℳ (1887 mehr 23 318 196 ℳ); im Frank furter Geschäft 1887 686 618 887 ℳ (1887 weniger 70 524 226 ℳ), so daß der Umsatz des Gesammtgeschäfts sich um 47 206 030 ℳ ver mindert hat. Von den Einnahme⸗Conten haben sich namentli das Provisions⸗Conto um ca. 76 700 ℳ, das Disconto⸗Cont um ca. 20 100 ℳ, das Zinsen⸗Conto um ca. 33 300 ℳ höher ge stellt, während das Effekten⸗Conto einen Minderertrag von eire 25 500 ℳ ergab. An Rückstellung auf Spezial⸗Reserveconto sin 27 000 ℳ in Ausgabe gestellt, wodurch diese Reserve auf 40 000 ℳ erhöht ist. Die Frankfurter Kommandite hat pro 1887 dem Gewin zugebracht 167 423 ℳ (— 7263 ℳ). Als Hauptaktion im ver. flossenen Geschäftsjahre ist die Erhöhung des Gesellschaftskapitals um 6 Millionen Mark hervorzuheben. Da bis zum 31. Januar cr. die Fris zur Vollzahlung gestattet war, kann die Kapitalserhöhung erst in der Bilanz des laufenden Jahres ihren vollständigen Ausdruck finden. Die bis zum 31. Dezember v. J. geleisteten Einzahlungen, welche in der Bilanz als Kapital⸗Conto VI. Emission figuriren, betrugen in Berlin 4 735 144 ℳ, in Frankfurt a. M. 1 540 250 ℳ Aus der Erhöhung des Aktienkapitals fließen dem Reservefonds circa 1 040 000 ℳ zu, so daß derselbe dann für das Gesammtgeschäft circa 1 940 000 ℳ betragen wird. Die Bank ist bei der Emission von 100 Millionen Reichsanleihe von der Reichsbank betheiligt worden, was für ihre ge⸗ schäftliche Stellung sehr erwünscht war. Die Betheiligung bei Gründung des Dresdner Bankvereins hat sich als vortheilhaft ergeben, der⸗ felbe vertheilt nach reichlichen Rückstellungen eine Dividende von 7 % pro 1887. Mit Zustimmung der übrigen Betheiligten sollen diese Aktien zu einer geeigneten Zeit emittirt werden. Aus dem Gewinn⸗ und Verlust⸗Conto ergiebt sich, daß nach Abzug der vertragsmäßigen Tantièmen eine Dividende von 7 % zur Vertheilung helaee kann.
— Der Aufsichtsrath der Deutschen Spiegelglas⸗Aktien⸗ Gesellschaft hat beschlossen, der Generalversammlung vorzuschlagen,
Nr. 14.
nach reichlichen Abschreibungen und Verstärkungen der Spezialreserv eine Dividende von 6 % zu vertheilen gegen 1 % pro 18865.