1888 / 49 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 23 Feb 1888 18:00:01 GMT) scan diff

In der gestrigen Generalversammlung der Berliner Hagel⸗Assekuranz⸗Gesellschaft von 1832 wurde die Jahres⸗ rechnung und Bilanz, sowie die Vertheilung einer Dividende von 153 auf die Aktie genehmigt und dem Aufsichtsrath und Vorstand der Gesellschaft Decharge ertheilt. Dem Geschäftsbericht entnehmen wir folgende Mittheilungen: Das Jahr 1887 ist ein glückliches für die Hagel⸗ versicherung im Deutschen Reich im Allgemeinen gewesen. Das Ge⸗ schäft der Berliner Hagel⸗Assekuranz ist in der Versicherungssumme um rund 2 ½ Millionen, und in der Prämieneinnahme um rund 39 000 geringer gewesen als 1886. Auch die Zahl der Policen ist um 978 kleiner, und die durchschnittliche Prämienhöhe um 2/100 % gegen das Vorjahr gesunken. Die Zahl der Schadenanmeldungen ist um 766 und die Gesammt⸗ höhe derselben (1 084 270 ℳ) um rund 666 000 ge⸗ ringer gewesen als 1886; auch regulirten sich die Schäden 15* schnittlich um 1,77 % besser nämlich mit 22,64 %; die Gesell⸗ schaft hatte somit rund 182 000 weniger an Entschädigungen zu bezahlen, als im Vorjahre. Die Gesellschaft vereinnahmte an Prämien für 70 325 977 ℳ, welche durch 17 582 Policen versichert waren, 758 497 ℳ, an Policegebühren 18 920 ℳ, an Zinsen und Verschiedenem 26 866 ℳ, in Summa 804 283 Es wurden verausgabt: für 1173 angemeldete Schäden einschl. der Regulirungskosten 262 861 ℳ, für Agentur⸗Provisionen u. dergl. 91 515 ℳ, für sonstige Verwaltungs⸗ kosten 103 572 Wenn nun für mögliche Ausfälle und dergl. 2515 in Reserve gestellt werden, so beträgt die Gesammtausgabe 460 463 ℳ, und es wird sich somit ein Reingewinn von 343 820 ergeben, von welchem zunächst zu kürzen sind: 6 % Tantième des Aufsichtsraths und der Direktion mit 20629 ℳ, 5 % zur Dotirung des gesetzlich vor⸗ geschriebenen Reservefonds mit 17191 ℳ, zusammen 37 820 Von den dann verbleibenden 306 000 sollen 153 000 in den durch das Statut vorgesehenen Reservefonds gelegt und 153 000 als Dividende vertheilt werden, also 153 pro Aktie.

Dem Aufsichtsrath der Berliner Lagerhof⸗Actien⸗ Gesellschaft wurde vom Vorstand die Bilanz für das Jahr 1887 überreicht, welche nach Vornahme der üblichen Abschreibungen einen Ueberschuß von rt. 78 000 aufweist. Da aus dem Jahre 1886 noch eine Unterbilanz von rt. 60 600 zu decken war, und dem ge⸗ setzlichen Reservefonds ca. 4000 zugeführt werden müssen, verbleibt zur Verfügung der Generalversammlung ein Saldo von ca. 14 000 Der Aufsichtsrath wird auf Antrag des Vorstandes der Generalversammlung die Vertheilung von ¾ % Dividende an die Inhaber der Stammprioritäts⸗Aktien vorschlagen; der Rest soll zur Erhöhung des Reservefonds verwendet werden.

Dem Geschäftsbericht des Vorstandes der Schlesischen Boden⸗Kredit⸗Aktien⸗Bank für das Jahr 1887 entnehmen wir Folgendes: Die Entwickelung der Bank ist eine stetige und nor⸗ male geblieben. Die unkündbaren Hypothekenforderungen betrugen am 31. Dezember 1886 51 120 896 ℳ, 1887 53 116 150 Im Laufe des Jahres 1887 waren Hypotheken⸗Darlehne beantragt worden in Höhe von 4 332 580 Davon wurden bewilligt 1 967 400 Der festgestellte Werth der beliehenen Grundstücke beträgt 5 571 782 Nach Abzug der 1887 zurückgezahlten unkünd⸗ baren Darlehne betrug ultimo Dezember 1887 die Gesammt⸗ summe der bewilligten Darlehne 53 555 660 Von diesem Betrage sind noch zu reguliren 439 510 Die Summe der bewilligten Hypothekenforderungen vertheilt sich auf 913 städtische und 232. länd⸗ liche Grundstücke. Der Bestand der kündbaren Hypotheken⸗ forderungen hat sich um 195 500 erhöht und beträgt nunmehr 470 691 Die Gesammtsumme der bis ultimo 1887 bewilligten Kommunaldarlehne beträgt 1 126 400 Der Amortisationsfonds für unkündbare Hypotheken betrug 729 633 und für Kommunal Darlehne 13 506 Auf die hypo⸗ thezirten Annuitäten, welche 1886 mit 191 500 zu Buch standen, sind eingegangen 52 272 ℳ, so daß verblieben sind 139 228 Im Jahre 1887 sind diesem Conto zugeschrieben worden 67 123 ℳ, so daß sich ein Gesammtbetrag von 206 351 ergiebt. Die Wechsel⸗ bestände betrugen nach Kürzung der laufenden Zinsen am Schluß des Jahres 3 859 238 Im Jahre 1887 sind sechs beliehene Grundstücke subhastirt worden. Die Bank war nicht genöthigt, ein Grundstück erwerben zu müssen. Der gesetzliche Reservefonds I ist mit 750 000 vollständig dotirt.

Der Reservefonds 2 betrug am Schluß des Jahres 345 849 ℳ,

nachdem ihm die entstandenen Zinsen zugeschrieben worden waren. Aus dem im Jahre 1887 erzielten Reingewinn soll er eine neue Einlage von 53 107 erhalten. Beide Reservefonds erreichen hiernach den Betrag von 1 148 956 ℳ, d. h. mehr als 15 % des Aktienkapitals. Der erzielte Gesammt⸗Reingewinn beträgt 531 071 Davon erhält zunächst der Reservefonds II 10 % mit 53 107 ℳ, die Tantième des Aufsichtsraths beträgt 17 707 ℳ, die⸗ jenige des Vorstandes 8853 ℳ, die Aktionäre erhalten 6 % Dividende 000 ℳ, und es bleibt alsdann ein Vortrag pro 1888 von 402 ““

Vom oberschlesischen Steinkohlenmarkt berichtet die „Schles. Ztg.“ Eine gegen die Mitte des Monats auftretende Thau⸗ wetterperiode veranlaßte eine gewisse Zurückhaltung in der Entnahme von Hausbrandkohlen, und ließ sich demgemäß der Abgang von Heiz⸗ kohlen ruhiger an. Seitdem sich aber die Witterung der Wieder⸗ einwinterung in ziemlich beharrlicher Weise zugewendet hat, hat der sich einstellende Bedarf inländischer wie aus⸗ wärtiger Abnehmer eine weitere Rückbildung des Ver⸗ kehrs in Hausbrandkohlen hintangehalten. Namentlich Sei⸗ tens ausländischer Fabriken gestaltete sich die Nachfrage im Vergleich zu anderen Jahren angeregter, und ist dieselbe für separirte wie für gewaschene Kohle fast als drängend zu bezeichnen. Nachdem die anhaltenden Verladungen in den Vorwochen neben der frischen Förderung mit den Haldenbeständen von Grobkohlen theils bis auf minimale Posten, theils gänzlich geräumt hatten und auch fernerhin die Versendungen der frischen Förderungen einer Anhäufung von Beständen entgegenwirkten, so fanden Stückkohlen, zumal im Außenhandel, ihren reichlichen Antheil am Vertriebe. Der Bezug von Fettkohlen Seitens der Kokereien nahm die Pro⸗ duktion der betreffenden Gruben bezw. deren Waschprodukte voll in Anspruch, so daß ziemlich in allen Theilen die Leistungsfähigkeit der Gruben herangezogen wurde. Für die Mehrzahl der Kohlensorten, namentlich von Aufbereitungsprodukten, wurden die Preise behauptet, doch werden Ermäßigungen der bisherigen Forderungen für gröbere Kohlen kaum noch lange aufzuhalten sein.

Dem Aufsichtsrath der Rgüiß e Zuckerraffinerie wurde die Bilanz pro 1887 vorgelegt. Nach Abschreibung von 97 802 auf Gebäude, Maschinen, Apparate, 5594 auf Contocorrent⸗Conto und 71 762 auf Produkten und Bestände verbleibt ein Reingewinn von 150 823 Es wurde beschlossen, der bevorstehenden General⸗ versammlung eine Dividende von 4 % vorzuschlagen.

Bremen, 22. Februar. (W. T. B.) Der „Norddeutsche Lloyd“ hat den Bau eines neuen 6000 Tons großen Reichspost⸗ Schnelldampfers der Aktiengesellschaft „Vulcan“ übertragen. Die Ablieferungszeit ist auf den 1. Juli 1889 festgesetzt.

Hamburg, 22. Februar. (W. T. B.), Die hiesige Import⸗ und Export⸗Firma Wilhelm Ferdinand Hasche u. Co. hat ihre Zahlungen eingestellt. Die Verbindlichkeiten werden auf ca. 1 C00 000 angegeben. Die Hauptbetheiligten sind hiesige Bank⸗ häuser und Wechselmakler. Es wird ein Vergleich mit 50 % an⸗

estrebt. . London, 22. Februar. (W. T. B.) Wollauktion. Gute heili⸗ Preise unverändert.

Verkehrs⸗Anstalten.

Aachen, 23. Februar. Die erste englische Post von 22. ist ausgeblieben. Grund: Verspätete Landung des Schiffs in Ostende wegen ungünstiger Witterung.

Theater und Musik 1

Belle⸗Alliance⸗Theater. Die in der Matinse am nächsten Sonntag mit zur Aufführung kommende Blüette „Unter vier Augen“ ist, wie uns mitgetheilt wird, von Abraham Dreyfuß verfaßt, also nicht identisch mit dem seiner Zeit am Deutschen Theater gegebenen Lustspiel gleichen Namens von Fulda. Die Partie der Felicie, welche Fr. Marie Geistinger darin spielt, gehört zu ihren vorzüglichsten Rollen.

Die französische Operettengesellschaft brachte gestern Abend im Walhalla⸗Theater Lecocq's hier schon bekannte Operette

in Berlin seine eigentliche Premieère noch an dem ursprünglichen Sitz der Operette im alten Friedrich⸗Wilhelmstädtischen Theater erlebt, und eine lange Reihe von Aufführungen gab Zeugniß von der beifälligen Aufnahme, welche es beim Publikum gefunden hat. Der gestrigen Vorstellung fehlte es zwar ebenfalls nicht an Beifall, doch war derselbe mehr auf Rechnung der schauspielerischen Geschicklichkeit der Darsteller zu setzen, als daß sie es verstanden hätten, die melodiöse Musik voll auf die Hörer wirken zu lassen. Es ist bezeichnend hierfür, daß der übermüthige Hochzeitstanz und die Trunkenheitsscene im zweiten Akt wiederholt werden mußten, während die übrigen Nummern der Operette trotz ihrer an⸗ muthigen und oft pikanten Melodienführung kaum eine tiefere Wir⸗ kung auf das Publikum ausübten. Als Darstellerin that sich Frl. Decroza wie stets hervor; ihre graziöse Munterkeit und Schelmerei deckt zum Theil den Mangel an stimmlichem Material, welcher sich gestern Abend wahrscheinlich in Folge der ununterbrochenen angestrengten Thätigkeit mehr als sonst bemerkbar machte. Mr. Poirier (Mourzouk), das künstlerisch bedeutendste Mit⸗ glied der Gesellschaft, erwies sich gestern wieder als ein Schauspieler, welcher über einen hohen Grad komischer Charakteristik verfügt; sein Mourzouk war in seiner Wildheit und Verliebtheit eigenartig und humoristisch aufgefaßt, und sein Gesangvortrag erfreute durch die sympathische Stimme ebenso wie durch die markante Aus⸗ drucksfähigkeit. Auch Mr. Amory (Marasquin) löste seine Aufgabe gewandt und gefällig. Das alte Ehepaar fand in Mr. Schmidt (Boléro) und Mme. Durocher durchaus geeignete Vertreter. Ge⸗ spielt wurde, wie schon erwähnt, mit überschäumender Verve, so daß nach jedem Akt reicher Beifall gespendet wurde. 1 b

Im Central⸗Theater findet übermorgen die Premidre der Mannstädt'schen Posse: „Die Himmelsleiter“ statt, zu welcher seit Wochen schon die sorgfältigsten und energischsten Proben im Gange sind. Die Novität, welche vom Kapellmeister Steffens dies⸗ mal ganz besonders reich musikalisch illustrirt wurde, ist mit den ersten Kräften des Theaters besetzt: in den Hauptrollen sind die Damen Damhofer, Grünfeld, Dora, Hocke, Busse, Gerber, Leonhard, sämmtlich in Soubretten⸗Partien, sowie die Hrrn. Direktor Thomas, Hambrock, Klein, Löber, Leonhard, Fichtner, Kettner, Paul⸗ müller, beschäftigt. Für die dekorative Ausstattung hat die Direktion große Mittel aufgewendet. 8

Mannigfaltiges.

Im Lichthofe des Königlichen Kunstgewerbe⸗Museums ist auf Veranlassung Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen eine Reihe der Höchstdemselben in letzter Zeit nach San Remo zugegangenen Adressen, zu denen voraussicht⸗ lich noch weitere hinzukommen werden, zur Ausstellung ge⸗ langt. Durch ihren Umfang fällt unter denselben vor Allem die einen starken Folioband in reichverzierter Einband⸗ decke bildende Adresse von Bewohnern der Stadt Berlin auf, zu der sich des Weiteren Adressen verschiedener einzelner Vereine und Verbände sowie des Magistrats zu Stade gesellen. Auch Oesterreich ist mit einer Adresse des Vereins Niederwald in Wien betheiligt. Die Ausstellung, die gleichzeitig mit der Fach⸗ ausstellung des Deutschen Graveur⸗Vereins vom 23. Februar ab geöffnet sein wird, wird in ihren Besuchern mit dem Gefühl tiefster Theilnahme zugleich das des ehrfurchtsvollsten Dankes gegen den Hohen Leidenden erwecken, auf dessen Wunsch die Ihn erfreuenden Be⸗ weise allgemeinster Antheilnahme und Verehrung hierdurch den weitesten Kreisen zugänglich gemacht werden.

Im weiteren Verlauf der gestrigen Versammlung der Steuer⸗ und Wirthschaftsreformer wurden der bisherige Vorstand und die Ausschußmitglieder wieder gewählt.

Ein Schreiben des Hrn. Sombart berichtete über den günstigen Erfolg bei der Parzellirung des Ritterguts Stesow im Kreise West⸗

prignitz. 1 8 dritte und letzte Punkt der Tagesordnung war der Fortfall des Identitätsnachweises beim Getreide⸗Export. Die Versammlung nahm von einer Abstimmung Abstand. Frhr. von Mirbach schloß gegen 5 ½ Uhr die Versammlung mit einem Hoch auf Se. Majestät den Kaiser und König.

E

„Giroflé⸗Girofla“ zur Aufführung. Das anmuthige kleine Werk hat

Wetterbericht vom 23. Februar 1888, 8 Uhr Morgens.

7 Uhr.

nella.

Stationen. Wind. Wetter.

Anfang 7 Uhr

Temperatur in °Celsius

Bar. auf 0 Gr. d 50 C. = 40 R.

u. d. Meeressp. red. in Millim.

Wally.

bedeckt bedeckt 2 wolkenlos 4 bedeckt 2 wolkenlos 2 wolkig 2 wolkig bedeckt

Mullaghmore Aberdeen.. Christianfund Kopenhagen. Stockholm. 1 8 St Petersbg. Moskau . ..

Cork, Queens⸗ toww.. Helder... Sylt amburg.. winemünde Neufahrwasser Memel Münster... Karlsruhe.. Wiesbaden.

fang 7 Uhr.

22ö2ͤ=222

SIAS=2NSS

00 0 00—Sf BII Odo—-

8g 17

bedeckt 2 wolkig 7 bedeckt 4 2 wolkenl.1) 10 ill wolkig 9 Schnee²) 6 NNO 4 wolkig 8 NO 4 heiter 8 NO 3 Schnee 2 NO 3 bedeckkꝛ) 2 München .. NO 5 bedeckt 5 Chemnitz.. 3 NO 4 Schnee 9 Berlin.. O 2 wolkig 9 Wien.... NO 2 bedeckt 6 Breslau 763 ONO 3 wolkig 14 Triest 755 2 wolkig 4

trag. Moser.

ONO

¹) Dunstig. ²) Starker Schneefall. ³) Oefters

chnee. Uebersicht der Witterung.

Der Luftdruck hat auf fast dem ganzen Gebiet zugenommen, ein barometrisches Maximum, über 770 mm liegt über Skandinavien, so daß über Deutschland die östliche Luftströmung andauert. Das Wetter ist über Centraleuropa kalt und trübe, viel⸗ fach fällt Schnee, Hamburg und Wilhelmshaven melden 10, Warschau und Kiew 21, Lemberg und Odessa 12 Grad unter Null. Schneehöhe in Ham⸗

burg 3 cm. Deutsche Seewarte.

um

Freitag: französischen

Theater⸗Anzeigen.

Königliche Schauspiele. Freitag: Opern⸗ haus. 50. Vorstellung. Der iseshat. oder: Die Stimme der Natur. Komische Oper in 3 Akten von Albert Lortzing. Dichtung frei nach Kotzebue. Anfang 7 Uhr. 1 Schauspielhaus: 54. Vorstellung. Ein Sommer⸗ nachtstraum von Shakespeare, übersetzt von A.

Sb.

W. von Schlegel, i 3 Akten. Musik von F. Men⸗ delssohn⸗Bartholdy.

Sonnabend: Opernhaus. 51. Vorstellung. Sata⸗ Phantastisches Ballet in 3 Akten und 4 Bildern von Paul Taglioni.

Schauspielhaus. Schauspiel in 5 Akten und einem Vor⸗ spiel: Die Klötze von Rofen. Nach ihrem Roman leichen Namens von Wilhelmine v. Hillern.

Beutsches Theater. Freitag: Berlichingen. 9. Sonnabend: Die berühmte Frau. Sonntag: Romeo und Julia. Die nächste Aufführung von Galeotto 8

Wallner-Theater. Freitag: Zun Orgelpfeifen. Volksstück mit Gesang in 4 Akten von Leon Treptow und L. Herrmann.

Sonnabend: Einmaliges Auftreten und Abschieds⸗ Benefiz des Hrn. Carl Mittell zu seinem 40 jährigen Künstler⸗Jubiläum. 1 in 1 Akt von A. Berla. Ein delikater Auf⸗ Lustspiel in 1 Akt von A. Ascher. Ein moderner Barbar. Lustspiel in 1 Akt von G. v. (Péti, Leonce von Champ⸗Tourné, Constantin von Horst: Hr. Carl Mitell.)

Sonntag: Zum 82. Male: Ein toller Einfall. Der Mizekado.

Victoria-Theater. Zum 590. Male: Die Reise um die Welt in 80 Tagen, nebst einem Vorspiel: eine Million.

Walhalla-Theater. Nur noch 6 Vorstellungen! Gastspiel der Mdlle. Operetten⸗Gesellschaft unter Leitung des Impresario Mr. Schürmann Giroflé-Girofla. M. M. Albert Vanloo et Girofla Mlle. Francine Decroza.) F

Sonnabend:

Triedrich-Wilhelmstädtisches Theater.

Freitag: Mit neuer Ausstattung. Zum 15. Male: Die Dreizehn. 3 3 Benutzung eines französischen Sujets von F. Zell. Anfang 7 Uhr. 4 1

Sonnabend u. folgende Tage: Die Dreizehn.

Tanz von E. Graeb. Anfang

Sonnabend:

Belle-Alliance-Theater.

der Fr. Marie Geistinger des 8

Musik von P. Hertel. 55. Vorstellung. Die Geyer⸗

An⸗ - E. Jacobson. Fr. Marie Geistinger.)

Götz von 1. B 8 Vorläufige Anzeige.

Schauspielers

verstorbenen findet am

..“

Augen. Vermischtes.

Central-Theater. letzten Male: Gesang in 4 Akten Anfang 7 ½ Uhr.

Sonnabend: Mit ganz Kostümen und Requisiten. Zu Himmelsleiter. Gesangsposse W. Mannstädt.

Der Zigeuner. Genrebild

Halbe Preise! Freitag: abend⸗Vorstellung mit Direktion gelangen zu lassen. Die Wette

Großes Ausstattungsstück

75 Künstler 50 Künstler.

Decroza und der (10 Solisten).

Zum 3. Male:

Opéra bouffe en 3 actes de E. Lerrier. (Giroflé-

Dieselbe Vorstellung.

8

Harlekin à la Edison, Dame.“

Operette in 3 Akten mit freier schule“, geritten von

Renz. lerinnen und Reitkünstler.

1

Residenz-Theater. Freitag: Zum 64. Male: Francillon. Schauspiel in 3 Akten von A. Dumas (Sohn). Deutsch von Paul Lindau. Dieselbe Vorstellung.

Freitag: mit den riedrich⸗Wilhelmstädtischen Theaters. 23. Male: Die Salontirolerin. Posse mit Gesang in 3 Akten (4 Bildern) von Engelbert Karl und (Katharina und Midei Achenbacher: Anfang 7 Uhr.

Sonnabend u. folg. Tage: Die Salontirolerin. Sonntag, den 26. Februar: Matinée zum Besten der hinterlassenen Familie des Alexander Achterberg. Der Kurmärker und die Picarde. Die schöne Galathee.

Billets hierzu sind im Invalidendank, M grafenstraße 51a., und an der Kasse des Belle⸗ Alliance⸗Theaters schon jetzt zu haben. 8

Freitag: Höhere Töchter. von Mannstädt und Schott.

neuen Zum 1. Male:

Da am Sonnabend kein Einzelverkauf weder Vormittags noch Abends an der Kasse stattfindet, wird das geehrte Publikum ersucht, bis Freitag, Mittags 1 Uhr, Billetbestellungen für die Sonn⸗ genauer Diese für die erste Vorstellung reservirten Plätze müssen bis Sonnabend, Mittags 12 Uhr, an der Kasse abgeholt werden mit Ballet von A. d'Ennery und Jules Verne. sonst anderweitig darüber verfügt wirrde.

Sonnabend und folgende Tage: Die Reise um die Welt in 80 Tagen.

Concert-Haus. Freitag: Gesellschafts⸗

Concert des Kapellmeisters Herrn Karl Meyder, Streich⸗Orchester 8 8

Circus Renz. Freitag: Komiker⸗Vorstellung unter Mitwirkung sämmtlicher Clowns in höchst komischen Entrées 88 Intermezzos. oder: Komische Ballet⸗Pantomime. Auftreten der 5 Phänomene der Luft. Frl. Clotilde Hager. Concert u. Bal hippique von 8 arab. Schimmel⸗ hengsten, dress. und vorgeführt von Hrn. Franz Auftreten der vorzüglichsten

Sonnabend: Gala⸗Vorstellung zum Benefiz für die Schulreiterin Frl. Wagener. Sonntag: 2 Vorstellungen. E. Nenz, Direktor.

Familien⸗Nachrichten.

Verlobt: Frl. Teresa Oetling! mit Hrn. Eduard von Ohlendorff, Sec.⸗Lieutn. der Garde⸗Landw.⸗ Kavallerie. (Hamburg.) Frl. Mimi Du Mont mit Hrn. Wilhelm Prang. (Köln—Koblenz.) Frl. Margarethe Wahle mit Hrn. Civil⸗Ingenieur Felix Cotti. (Buckau b. Magdeburg.) Frl. Charlotte Saßnick mit Hrn. Landwirth Willy Korn. (Gr.⸗Kirsteinsdorf —Gronden.) Frl. Marie Klinger mit Hrn. Apotheker Richard Oeffinger. (Nagold Kalw.) Frl. Lucie Ramm mit Hrn. Johannes Böning. (Oldesloe Ham⸗ burg) Frl. Johanna Framke mit Hrn. Maurer⸗ meister Heinrich Ellrott. (Berlin.)

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Prem.-Lieutn. Schmitz. (Gr.Lichterfelde.) Hrn. Landrath Cranz. (Memel.) Hrn. E. Röchling. (Pfarr⸗ haus Jackschönau.) Hrn. A. Braumann. (Süp⸗ lingen.) Hes. apec. en. h L. Hofmann. (Schkeuditz) Hrn. Reg.⸗Assessor Dr. Freund. (Berlin.) Eine Tochter: Hrn. Karl E. Hansen. (Milwaukee.) Hrn. Pastor Heyn. (Brallentin.) Hrn. O. Fricke. (Zuckerfabrik Oldendorf.) Hrn. Kommerzien⸗Rath Psgel. (Chemnitz) Hrn. Chemiker Otto Nithack. (Ida⸗Marienhütte b. Saarau.) 1

Gestorben: Hr. Pastor emer Karl Riedel. (Breslau.) Frau Gutsbesitzer Mathilde Dreyer, geb. Kuhn. (Rheinshof.) Hrn. Grubendirektor p. H. Knops Sohn Hans. (Siegen.) Frl. Amalie von Prondzinska. (Wesel.) Hr. Altsitzer Andr. Gottl. Becker. (Förderstedt.) Frau General von Kappe, geb. Siegfried. (Potsdam.) Freifrau Eleonore von Nordeck, geb. Freiin

8 von Plettenberg. (Burg Hemmerich bei Sechtem.)

Frau Adelheid Volckart, geb. Albrecht. (Berlin.)

Frau Mary Anne Langer, geb. Howard.

(Ber 8 Hr. Lehrer emer. Ludwig Zaar.

(Berlin.) Frau Dorothea Docke, geb. Bauer.

Berlin.) Hr. Reichsbank⸗Kalkulator Wilhelm

ake. (Berlin.) Hr. Major a. D. Gustav

8 Hilder. (Berlin.)

Gastspiel Mitgliedern Zum

Unter vier

Mark⸗

175. und Posse mit

Zum

Dekorationen, Die in 4 Akten von

Adresse an die

da

8

ihren

Redacteur: Riedel.

Verlag der Expedition (Scholz). Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. Vier Beilagen b (einschließlich Börsen⸗Beilage).

„Die elektrische Berlin:

„Die Fahr⸗

tkünst⸗

Zum Zwecke der Entzuckerung bezogene fremde ⁵) Melasse B. Abg

verfahrens werde von ihm nicht vorgeschlagen,

chs⸗Anzeig

E . er und Königlich Preußi

Berlin, Donnerstag, den 23. Februar

1888.

Deutsches Reich.

Die Betriebs⸗Ergebnisse der Rübenzuckerfabriken, Zuckerraffinerien und Melasse⸗Entzuckerungs⸗ Anstalten des deutschen Zollgebiets im Monat Januar 1888 bezw. für die Zeit vom 1. August 1887

bis 31. Januar 1888.

der

Betriebs⸗Ergebnisse 8 im

ucker⸗ Monat Januar 1888 3

fabriken. ¹)

Rüben⸗ V Zucker⸗

Hierzu in der Zeit vom entzucke⸗ produktions⸗ ,1. Aug. 1887 rungs⸗ stätten sbis 31. Dez.

vistaste überhaupt. 1887.

In dem⸗ selben Zeit⸗ raum des Vorjahres.

Melasse⸗ Zucker⸗

raffine⸗ rien./2)

1.

1 4. 5. 6. 8 8.

I. Verwendete Zuckerstoffe. A. Verarbeitete Rüben ““ B. Verarbeitete Melasse3) zusammen . . . . .. davon verarbeitet mittelst der nachstehenden Entzuckerungs⸗ verfahren: 9 4“*“ 2) Elution und Fällung 9 Substitution 1

288 027

68 251 11 055 55 340

Ausscheidung 10 051

5) der Strontianverfahren. 4*²”“ C. Verarbeiteter (eingeworfener oder zum Decken ver⸗ wendeter) Zucker:

1) Rohzucker einschließlich der Nachprodukte. 8 (Außerdem fremde, d. h. von anderen Fabriken bezogene Füllmasse).

2) Raffinirter und Konsumzucker ..

b II. Produzirte Zucker.

A. Rohzucker:

1) Erstes und zweites Produkt . . ..

2) Nachprodukte vom dritten Produkt ab.

B. Raffinirter und Konsumzucker..

Zu⸗ und Abgang an Melasse) zu den

und von den Fabriken. A. Zugang.

199 919 165 20 707

551 552 41 010 181 791

47 938 2 882

11 343 107 214

ang. 1) Wieder abgegebene fremde ⁵) Melasse 2) Melasse aus dem eigenen Betrieb 6): eentzuckeriee b. nicht entzuckerte

Anmerkungen.

sei es ohne oder mit Melasse⸗Entzuckerung, ohne oder mit Einwurf von Zucker.

. [ꝛ) 2 149 345

143 330

in 100 t o.

7) 2 149 345 69 637 569 389 054 2 000 672

kg net

67 488 224 1 611 618

Mengen 82 356 605 1 845 717

21 597 79 430

244 899 747 744 116 136 253 813 473 967

9 158

352 713 722 929 105 815 276 542 530 728

11 945

153 863 68 251 11 055 55 340

100 545

198 850 654 678 94 760 430 183 11 945

4 883 550

2 231 830

18 013 85 631

2 914 031

18 178 114 802 )

682 201

165 29 171

7) 2 625 710

33 039 70 379

*) 470 769 9„ 1137

8 435 515 306 532 2 721 425

7 360 543 302 754 2 380 840

551 55 19 983 3 948 38 422 8900 252 30 26

7 912 095 377 692 3 011 081

83 741 10 039 113 979

16 824 780 195

2 312 4 161 135 970% 153 786

19 492 126 706 698 5955 ß825 301 537 705

¹) Das sind sämmtliche Fabriken, in welchen Rüben auf Rohzucker oder Konsumzucker verarbeitet werden,

2) Ausschließlich der die Herstellung raffinirter Zucker

betreibenden Rübenzuckerfabriken und selbständigen Melasse⸗Entzuckerungsanstalten. ³) Unter Melasse sind die Abläufe aller Art, ein⸗ schließlich derjenigen vom ersten und zweiten Produkt, verstanden. ¹) Hier ist nur der verarbeitete fremde, d. h. nicht aus der eigenen e stammende Zucker aufgeführt. ⁵) Fremde Melasse ist diejenige, welche von den betheiligten Anstalten aus anderen Fabriken ezogen wurde. 6) E“ des Speisesyrups. 71) Die Abweichungen gegenüber der im Reichs⸗Anzeiger vom 13. d. M. Nr. 39

veröffentlichten und der vorjä Berlin, im Februar 1888.

rigen Uebersicht beruhen auf nachträglich eingegangenen Berichtigungen. Kaiserliches Statistisches Amt.

In Vertretung: von Scheel.

Nichtamtliches.

Preußen. Berlin, 23. Februar. Im weiteren Verlauf der gestrigen (43.) Sitzung des Reichstages bemerkte bei fortgesetzter zweiter Berathung des vom Abg. Munckel eingebrachten Gesetzentwurfs, betreffend die Entschädi⸗ gung für unschuldig erlittene Strafe in Verbin⸗ dung mit dem vom Abg. Rintelen eingebrachten Gesetzentwurf, betreffend die 11““ des Verfahrens, sowie die Entschädigung für un⸗ schuldigerlittene Strafe, der Abg. Klemm: Als Gegner der Anträge erinnere er Hrn. Rintelen nur, daß die Vereidigung der Zeugen auch jetzt durchaus nicht unzulässig sei, sie hänge nur vom Ermessen des Richters ab. Er (Redner) wolle auch die Entschädigung nicht von der Gnade abhängig machen, son⸗ dern die Budgets der Einzelstaaten sollten die Mittel dazu an⸗ weisen. Die Fälle, in welchen eine Freisprechung erfolge, weil die Unschuld nachgewiesen sei, und diejenigen, in welchen wegen mangelnder Aufklärung der Sache freigesprochen werden müsse, halte der Antrag Rintelen nicht auseinander.

Abg. Munckel: Der Abg. Rintelen wolle die Zuverlässig⸗ keit der Freisprechung im 1“ einge⸗ schränkt wissen, nicht etwa, weil zu viel freigesprochen werde, sondern weil möglicherweise die Geldentschädigungen für un⸗ schuldig erlittene Haft zu theuer werden könnten. Man solle das Prinzip der Entschädigung mit der Einschränkung des Rechts auf die nachträgliche Freisprechung selbst erkaufen. Unter diesen Umständen würde er (Redner) lieber das ganze Gesetz ablehnen. Die Kommission habe früher einmal diese Einschränkung nur in Verbindung mit der Wiedereinführung der Berufung debattirt. Ueber zu viele Freisprechungen im Wiederaufnahmeverfahren habe man bisher noch nicht zu klagen gehabt, eher über das Gegentheil. Auch die Fälle, in denen dann ein non liquet erfolge, seien nicht sehr häufig; namentlich sei die Besorgniß nicht begründet, daß im Wiederaufnahmeverfahren vielleicht fünf Jahre nach der Verurtheilung die Zeugen sich der Vorgänge nicht mehr genau erinnern und der Richter sich deshalb kein klares Bild mehr machen könne, so daß eine Freisprechung erfolge. Denn der Richter werde dem Unterschied der inzwischen vergangenen Zeit wohl Rechnung tragen. Man halte es für schlimm, wenn Leute, deren Unschuld nicht positiv festgestellt sei, eine Ent⸗ schädigung erhalten sollten für eine erlittene Haft, und die Regierung habe einmal die Befürchtung ausgesprochen, es könnte daraus ein Gewerbe gemacht werden, noch dazu ohne Gewerbesteuer. Diese Besorgniß sei gänzlich unbegründet. Jede Haft, deren Berechtigung nicht nachgewiesen werden könne, sei ungerechtfertigt. Die Autorität des Staates könne unmöglich darunter leiden, wenn in allen diesen Fällen gleichmäßig eine Entschädigung gewährt werde, wie sie auch jetzt nicht darunter leide, daß unschuldig Verurtheilten eine Ehrenerklärung im „Reichs⸗Anzeiger“ zu Theil werde. Die Frage der Einschrän⸗ kung der Freisprechungen im Wiederaufnahmeverfahren könnte man nur in Verbindung mit der Wiedereinführung der Berufung verhandeln, aber nicht an dieser Stelle.

Abg. Rintelen: Die Abänderung des Wiederaufnahme⸗

um an Ent⸗

schädigungsgeldern zu sparen, sondern weil es zu den größten Unzuträglichkeiten geführt habe; bei 50 Proz. von Denen, die im Wiederaufnahmeverfahren freigesprochen seien, sei die Freisprechung erfolgt, weil nunmehr ein non liquet vorgelegen habe. Dem müsse abgeholfen werden, möchten unschuldig Verurtheilte künftig entschädigt werden oder nicht. Dem Abg. Kulemann erwidere er, daß, wenn die Zulassung zur Hauptverhandlung wieder erfolgt sei, dann Grund genug vorhanden sein müsse dafür, daß eine erneute Prüfung der Sache zu einem anderen Resultat führe. Wie dabei die Gefahr vorliegen solle, daß in dem neuen Ver⸗ fahren ein Unschuldiger verurtheilt werde, sei ihm unbegreiflich. Dem Abg. Träger bemerke er, daß, da Aussicht auf Einführung der Berufung kaum vorhanden sei, es erforderlich sei, daß man wenigstens, soweit Mängel ohne diese beseitigt werden könnten, helfend eintrete und die wirklich unschuldig Ver⸗ urtheilten entschädigt würden.

Abg. Dr. Windthorst: Da eine Erklärung von Seiten des Bundesraths nicht erfolge, so wisse das Haus absolut nicht, wie die Regierungen sich zu den einzelnen Anträgen stellten. Er gehe deshalb lieber nur auf den Antrag Munckel ein, weil er ihm bei dem ersteren noch die Gelegenheit zu weiterem Ent⸗ gegenkommen gegen die Regierung vorbehalte. Davon, daß der Bundesrath dem Antrage Rintelen beistimmen würde, sei er nicht überzeugt. Diese Verhandlungen sollten nur dem Bundesrath zeigen, daß das Haus an der Entschädigung für unschuldig Verurtheilte festhalte.

Bei der Abstimmung wird Art. I des Antrags Rintelen abgelehnt, und darauf die Art. II, IV und V zurück⸗ gezogen. Art. III des Antrags Rintelen (Entschädigung für unschuldig. erlittene Strafe) ist gleichlautend mit dem Antrage Munckel. Dazu liegt ein umfassender Abänderungsantrag des Abg. Kulemann vor.

Die 89 1 und 2 des Antrags Munckel⸗Rintelen bestimmen, welche Personen zu dem Schadenersatz berechtigt sind. Der Antrag Kulemann will aussprechen, in welcher Weise die 1. der einzelnen Berechtigten mit einander in Konkurrenz treten.

Abg. Kulemann: Es sei allerdings zweifelhaft, ob der Gesetzentwurf auf Annahme Seitens des Bundesraths zu rechnen habe. Da sich der Reichstag aber nicht auf eine bloße Resolution im Sinne des Antrags Munckel beschränke, sondern einen vollständigen Gesetzentwurf vorlege, so sei es nothwendig, ihn auch so zu gestalten, daß technische Bedenken ausgeschlossen seien. Darum wolle er (Redner) feststellen, in welcher Reihenfolge die Personen, die auf Schadenersatz Anspruch haägten⸗ diesen Anspruch geltend zu machen berechtigt sein ollten.

Sein Antrag wird abgelehnt und der Art. III von Munckel⸗ Rintelen in allen seinen Theilen angenommen.

Es folgt der Antrag Johannsen (Flensburg): Revision des Gefängniß⸗ und Strafvollstreckungswesens.

Abg. Johannsen: Die Mängel des deutschen und speziell preußischen Gefängniß⸗ und Strafvollstreckungswesens würden allgemein empfunden und anerkannt. Den ersten Anlaß zu seinem Antrage böten die Verhältnisse seiner Heimath. Es sei natürlich, daß die dortige Presse sehr ofß

mit den Strafgesetzen in Konflikt gerathe. Es könne nicht seine Absicht sein und sei es auch nicht, die Gerichte zu kritisiren und auch nicht die Staatsanwalte, welche die Strafen beantragten. Er konstatire, daß die von den Richtern zuerkannten Gefängnißstrafen bei der Strafvoll⸗ streckung häufig bedeutend verschärft würden er nehme an, gegen den Willen des Richters und Gesetzgebers. Es werde den Redacteuren in Nordschleswig die Selbstbeköstigung nicht gestattet, es würden ihnen körperliche Arbeiten auferlegt, welche ihnen nach ihrem Stande und nach ihrer Erziehung nicht zu⸗ gemuthet werden könnten. Mit dem Strafvollzuge in Flens⸗ burg sei der Staatsanwalt Philippi betraut; er glaube nicht, daß dessen Vorgehen von der Regierung gebilligt werde. Ent⸗ gegen den gesetzlichen Bestimmungen habe er einem Redacteur die Annahme eines geschäftlichen Besuchs untersagt. Nach dem Gesetz sollten die Gefangenen bis vier Freistunden am Tage haben. Drei Redacteuren in Flensburg habe man aber nur eine Stunde bewilligt; sie hätten jedoch in Reih und Glied mit den gewöhnlichen Kriminalgefangenen im Gefängnißhof spazieren müssen. Einer der Herren habe sich nicht dazu be⸗ guemen können und sei deswegen vier Monate nicht in die frische Luft gekommen. Der Gebrauch von Gabel und Messer sei ihm beim Mittagessen nicht erlaubt worden, obwohl doch ein Mißbrauch durchaus nicht zu besorgen gewesen sei. Nach den gesetzlichen Bestimmungen seien die politischen Gefangenen etwa gleich zu achten den früheren Schuldgefangenen. In den ersten Jahren nach der Annexion seien die Gefangenen auch in ziemlicher Uebereinstimmung mit diesen Bestimmungen behan⸗ delt worden. Auch er sei in der ersten Zeit ziemlich gut be⸗ handelt worden. Als er aber dann das Unglück gehabt habe, einen Staatsanwalt durch die Presse zu beleidigen, sei er viel härter behandelt worden. Ein wegen eines schweren Vergehens im Amt zu mehreren Jahren Gefängniß verurtheilter Richter sei mit einer Milde behandelt worden, die im größten Wider⸗ spruch gestanden zu der Behandlung, die ihm (dem Redner) zu Theil geworden sei. Der betreffende frühere Richter habe Morgens seinen Kaffee fein servirt, dazu Weißbrot und Zucker bekommen. Er (Redner) habe mit den übrigen Strafgefangenen trockenes Schwarzbrot essen und ein Getränk aus einem ge⸗ meinschaftlichen Eimer trinken müssen. Er habe gefühlt, daß die ihm auferlegte Strafe durch die Art der Vollstreckung be⸗ deutend verschärft worden sei, und das als ein ihm zugefügtes Unrecht gefühlt. Die dänische Presse in Nordschleswig habe die Interessen eines großen Theils der nordschleswigschen Be⸗ völkerung zu vertreten. Wenn sie beispielsweise die Entbin⸗ dung Preußens von dem Art. 5 des Prager Friedenstraktats oder die Unterdrückung der dänischen Sprache zur Sprache ge⸗ bracht habe, so sei sie in Preßprozesse verwickelt worden; hätten die Blätter nun den Muth, ihre Ueberzeugung offen aus⸗ zusprechen, und würden die Redacteure bestraft, so dürften sie nicht wie Kriminalgefangene bestraft werden. Dies aus⸗ E“ sei der Zweck seines Antrages, um dessen Annahme er bitte.

Abg. Klemm: Bei Erlaß der großen Justizgesetze sei allerdings ein Strafvollzugsgesetz für das ganze Reich in Aussicht genommen worden. Bis jetzt aber existirten von Reichswegen darüber nur wenige Bestimmungen in der Straf⸗ prozeßordnung und im Strafgesetzbuch, während die ganze Regelung des Gefängnißwesens den Einzelstaaten überlassen sei. Es sei nicht möglich, das Gefängnißwesen und namentlich die Gefängnisdisziplin von den Befugnissen der Einzelstaaten zu trennen. Die Beschwerden des Vorredners bezögen sich nicht auf das Gefängnißwesen im Allgemeinen, sondern nur auf die Handhabung desselben in einer einzelnen Gefangenenanstalt. Zu gesetzgeberischem Vorgehen des Reichs liege keine Veranlassung vor. Man sollte aber doch wenigstens bestimmte Punkte, die geändert werden sollten, bezeichnen; einem so allgemein lautenden Antrage könne das Haus keine Folge geben. Die Verhältnisse in den Einzelstaaten seien durchaus verschieden: in manchen seien die Gefängnisse dem Ministerium des Innern, in anderen dem Justiz⸗Ministerium, in wieder anderen beiden zusammen unter⸗ stellt. Ebenso seien die Fonds, aus denen die Anstalten unter⸗ halten würden, ganz verschiedener Natur und mit anderen finanziellen Anstalten des Landes vereinigt. Dies mache ein solches Reichsgesetz schcver und aus dem Grunde sei es wohl bisher auch nicht erlassen worden.

Abg. Schmidt (Elberfeld): Der Antrag in seiner Allge⸗ meinheit werde allerdings kaum von deg. sein, aber die Dringlichkeit des Erlasses eines Strafvollzugsgesetzes für das Reich sei nicht zu verkennen. Bestimmte Vorschriften ließen sich wohl für das Reich aufstellen, namentlich bezüglich der Beschäftigung der Gefangenen und der verschiedenen Be⸗ handlung der verschiedenen Klassen von Gefangenen. Eine einheitliche Regelung im Reich sei um so nothwendiger, als nicht nur in den Einzelstaaten ganz verschiedene Bestimmunge beständen, sondern auch in manchen Staaten, z. B. Preußen, die Hälfte der Gefängnisse dem Justiz⸗Ministerium, die ander Hälfte dem Ministerium des Innern unterstellt sei, so daß di allerverschiedensten Maßregeln getroffen würden. Die Haupt punkte seien die Bestimmungen über die Einzelhaft und über di Gefangenenarbeit. Die Strafe der Freiheitsentziehung hab auch den Zweck der Besserung des Gefangenen und dessen Ge wöhnung an die Arbeit. Das werde bei den jetzigen Bestim mungen in Preußen nicht erreicht, sondern vielmehr verhinder durch die gemeinschaftliche Haft und durch die mangelhaft Organisation der Arbeit. Die gemeinschaftliche Haft erzieh nur den jugendlichen Verbrecher zu einem größeren Ver brecher. Gleiche Uebelstände habe das Entreprisesystem de Vergebung der Arbeit an Unternehmer zur Folge. 8 Eün dadurch Rückfälle hervorgerufen würden, habe der

eheime Ober⸗Justiz⸗Rath Starke in seiner Schrift über das Gefängnißwesen in Belgien, in welchem Lande andere Verhältnisse herrschten als in Preußen, schlagend nachgewiesen In Preußen habe man auch die Isolirhaft einführen wollen, habe aber damit am falschen Ende angefangen nämlich in den Zuchthäusern bei den schlimmsten Verbrechern und habe dagegen die jugendlichen Gefangenen in gemein schaftlichem Verkehr gelassen und sie dadurch zu schweren Ver⸗

brechern erzogen. Ein Sträfling, der in einem neuen Zucht⸗

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