1888 / 53 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 27 Feb 1888 18:00:01 GMT) scan diff

Aber es kam anders. Ganz allmählich, zuerst ganz leise, dann immer vernehmlicher regten sich in den Kreisen der Arbeitgeber selbst Bedenken sowohl sittlicher als materieller Natur. Ob die ethischen Bedenken allein hingereicht hätten, den Umschwung herbeizuführen, lassen wir unentschieden. Schon vom Standpunkt des nüchternen Rechners kamen aber unsere Arbeitsherren allmählich zu der Erkennt⸗ niß: weniger wäre mehr. Schon die bisherige Ausnutzung des Menschenmaterials mußte, wenn es so fortging, den Arbeiternachwuchs gefährden. Akuter als diese Gefahr aber war eine andere. Im ver⸗ hängnißvollen Zirkel führte die ungezügelte Produktion zur Verringe⸗ rung des Unternehmergewinns, die man wett zu machen suchte durch abermalige Ausdehnung der Produktion lediglich mit dem Erfolge, daß der Unternehmergewinn nur noch weiter herabsank. Das ist der Stand⸗ punkt, auf dem wir jetzt stehen und von dem wir vielleicht Perioden kurzen vorübergehenden Aufschwungs abgerechnet nicht loskommen

* werden, wenn nicht Eins eintritt, was jetzt alle unsere Arbeitgeber

mit nur wenigen Ausnahmen wünschen: Einschränkung der Produktion. Auf rein freiwilligem Wege, d. h. durch die sog. Kartelle, erreichen wir diesen Zweck nicht, wenigstens nicht auf die Dauer. So bleibt nur Eins übrig: der gesetzliche Schutz des Arbeitgebers gegen den Arbeitgeber. Schutz gegen die eigene Konkurrenz so wird die Formel lauten müssen, mit welcher die auf Beschränkung der Sonn⸗ tags⸗, Nacht⸗, Frauen⸗, Kinder⸗ ꝛc. Arbeit gerichtete Arbeiterschutz⸗ gesetzgebung auch den Arbeitgebern annehmbar und zugleich zu einer wirksamen Arbeitgeberschutzgesetzgebung werden mag.

Inwieweit ethische Motive mitsprachen, als bei der jetzt viel⸗

8 besprochenen Erhebung über die Sonntagsarbeit genau zwei Drittel

1887 vorgelegt.

Kopenhagen. Stockholm

Münster...

8

der Großindustriellen einer Beschränkung der Sonntagsarbeit zu⸗ neigten, lassen wir dahin gestellt. Schon das materielle Interesse, welches jetzt beide Theile an der Einschränkung der Produktion haben, wird die Arbeitgeber dem weiteren Ausbau der Arbeiterschutzgesetz⸗ gebung geneigt machen. Aber nur unter einer Voraussetzung: der nämlich, daß die Produktionseinschränkung die gesammte Kon⸗ kurrenz gleichmäßig trifft. Genügte als Geltungsgebiet von EEö’ der Umfang des Partikularstaats, so könnten wir uns beispielsweise in Sachsen den Luxus partikula⸗ ristischer Zufriedenheit mit unserem Sonntagsgesetze wohl gönnen; denn beiläufig glauben wir nicht, daß man auch bei dem Zusammen⸗ wirken aller Faktoren im Reich etwas viel Besseres wird schaffen können, als dieses Gesetz. Aber damit kann nur unseren Arbeitgebern nicht gedient sein. So lange das Zaubermittel, internationalen Ver⸗ einbarungen ihre Unverletzlichkeit und allgemeine Durchführung zu sichern, noch nicht erfunden ist, müssen sie wenigstens nationale Geltung der Arbeiterschutzgesetze fordern..

Sanitäts⸗, Veterinär⸗ und Quarantänewesen.

Rußland.

Zufolge einer Anordnung des General⸗Gouverneurs zu Odessa werden die Provenienzen der italienischen Küste von Bari bis Ancona statt einer Quarantäne⸗Observation nur noch einer ärztlichen Besichti⸗ gung unterzogen. (Vergl. R.⸗A. Nr. 44 vom 18. Februar 1888.)

Gewerbe und Handel.

Dresden, 27. Februar. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Aufsichtsraths der Dresdner Bank wurde die Bilanz pro Der Bruttogewinn stellt sich auf 4 321 024 ℳ, der Nettogewinn auf 3 150 224 Der am 28. März einzuberufenden Generalversammlung soll eine Dividende von 7 % vorgeschlagen werden. Dem Reservefonds werden 180 000 zugewiesen und 15 347 auf neue Rechnung vorgetragen.

1“

Verkehrs⸗Anstalten.

Amtlichen Nachrichten zufolge sind die auf den dänischen Eisenbahnlinien durch Schneeverwehungen eingetretenen Ver⸗ kehrsstörungen bezüglich der wichtigeren Strecken wieder behoben.

Hamburg, 27. Februar. (W. T. B.) Der Postdampfer „Moravia“ der Hamburg⸗Amerikanischen Packetfahrr⸗ Aktiengesellschaft hat, von New⸗York kommend, gestern Abend

6 Uhr Scilly passirt. (W. T. B.) Der Verkehr auf der

Luzern, 27. Februar. Gotthardbahn ist wieder frei. 1

Kopenhagen, 27. Februar. (W. T. B.) Der Eisenbahn⸗ verkehr auf Lolland und Falster ist noch gestört; auch dee Arbeiten zur Wegräumung des Schnees sind jetzt eingestellt. Die am Freitag Abend in Gjedser angekommenen Reisenden sind zur Zeit noch nicht hier eingetroffen.

Theater und Musik.

Nach langem körperlichen Leiden und harten Prüfungen ist es Hrn. Carl Mittell, wie er es sich gewünscht hatte, vergönnt ge⸗ wesen, sein vierzigjähriges Künstler⸗Jubiläum und zugleich seine Ver⸗ abschiedung von der Bühne, der Stätte seines früheren Wirkens, zu feiern. Freilich war dieses Wiederauftreten von schmerzlichen Empfin⸗ dungen nicht frei, denn eine schwarze Binde verdeckte das eine Auge, welches der Künstler in Folge einer Krankheit verloren hat. Das Wallner⸗Theater, in welchem die Feier in Gestalt einer Benefiz⸗ Vorstellung stattfand, war sehr gut besetzt. Unter den Anwesenden waren Freunde und Verehrer des Gefeierten in hinreichend großer Zahl, um dem Künstler bei seinem ersten Erscheinen einen herzlichen Empfang zu bereiten, und im Verlaufe des Abends gewann er durch seine echt künstlerische Darstellung auch die Theilnahme des fernerstehenden Publikums, sodaß es an stürmischen Beifallsbezeigungen nicht fehlte. Hr. Mittell eröffnete das Programm mit einem altmodischen Genre⸗ bild „Der Zigeuner“ von Berla, in welchem er als „Pöti“ durch sein warmherziges und humorvolles Spiel ebenso ergreifende Wir⸗ kungen hervorbrachte, wie vor langen Jahren. Auch die anderen Rollen, welche er vorführte, die des Leonce v. Champ⸗Tourné in Ascher's „Ein delikater Auftrag“ und sein Constantin von Horst in Moser's „Ein moderner Barbar“, sind längst bekannte und hinreichend gewürdigte Leistungen; aber überraschend war es, daß der Schauspieler an Frische und Lebendigkeit nichts eingebüßt hat und daß sein Spiel das traurige Wahrzeichen des schweren Leidens, die schwarze Binde, oft ganz vergessen ließ. Nach dem zweiten einaktigen Lustspiel wurden dem Jubilar schon so viele Kränze und Blumen zugeworfen, be⸗ gleitet von einem rauschenden, schier endlosen Beifallssturm, daß Hr. Mittell mit bewegter Stimme bat, weitere Zeichen des Wohlwollens bis zum Schluß der Vorstellung aufzusparen. Auch nach Schluß der Vorstellung wurden dann noch viele Zeichen der Verehrung und Aner⸗ kennung ihm dargebracht, welche den scheidenden Künstler zu einigen Worten des Dankes veranlaßten.

Das Wallner⸗Theater war am gestrigen Sonntag bei der 82. Aufführung der unverwüstlich heiteren Stücke „Ein toller Einfall“ und „Der Mizekado“ wiederum ausverkauft.

„Walhalla⸗Theater. Morgen und übermorgen finden die beiden letzten Vorstellungen von „Giroflé⸗Girofla“ statt, und am Donnerstag werden sich die französischen Gäste mit einer Festvorstellung zu Ehren der Presse von dem Berliner Publikum verabschieden. Am Freitag beginnen sodann die „Münchener“ ihr Gastspiel mit dem allezeit zugkräftigen „Herrgottsschnitzer“.

Die Concertsängerin Frl. Elisa von Wittenburg aus Dresden gab am Sonnabend unter Mtiwirkung des hierfelbst noch in gutem Andenken stehenden ungarischen Violinvirtuosen Hrn. Tivadar Nachèz und des Philharmonischen Orchesters in der Sing⸗

8b

Akademie ein Concert, in welchem sie zum ersten Mal vor dem hiesigen Publikum erschien. Unter Leitung des be⸗ rühmten Gesanglehrers Panofka, des Gründers der „Académie de chants“ zu London ausgebildet, hat sie ihre von Natur auf Mezzo⸗Sopran veranlagte, besonders in der Mittellage sehr wohl⸗ klingende Stimme durch fleißige Studien bis in die höhere Tonregion der zweigestrichnen Oktave auszudehnen gelernt; doch bleibt die voll⸗ kommene Ausgleichung der Register noch zu wünschen. Die Künstlerin zeigte in den gewählten Arien und Liedern eine anmuthige und belebte Vortragsweise. Diese kam besonders in einer Arie ihres Lehrers: „O Salutaris“, sowie in verschiedenen Liedern von Fuchs und Taubert zur Geltung; auch das Volkslied: „Santa Lucia“, das die Sängerin mit geschmackvollen Verzierungen ausführte, erwarb sich gleich den genannten Piècen sehr lebhaften Beifall. Die Arie aus Donizetti's Oper: „Anna Bolena“ schien uns nicht glücklich ge⸗ wählt. Hr. Tivadar Nacheèz trug das Violinconcert von Mayx Bruch (op. 26) mit vollendeter Beherrschung aller technischen Schwierigkeiten und mit besonders geistvoller Auffassung vor. Die Ausführung dieses Werkes wie die der kleineren Soli von Wieniawsky und Ernst wurden mit außerordentlich lebhaftem Beifall und Hervorruf von Seiten des sehr zahlreich er⸗ schienenen Publikums aufgenommen. Dem Philharmonischen Orchester, das unter Leitung des Hrn. Kogel die Hebriden⸗Ouverture von Mendelssohn, sowie die Begleitung sämmtlicher Gesang⸗ und Violin⸗ soli mit lobenswerther Präzision ausführte, gebührt ein wesentlicher Antheil an diesem Beifall.

Der zweite Klavier⸗Abend des Hrn. Frederic Lamond (Brahms⸗Abend) findet am Dienstag, den 28. d. M. (8 Uhr) im Saale der Sing⸗Akademie statt.

Hr. Eugen Gura veranstaltet seinen 3. Liederabend am 29. d. M. (7 Uhr) in der Sing⸗Akademie. 8

Mannigfaltiges.

Die aus Anlaß des 100. Geburtstages des Philosophen Arthur Schopenhauer von der Stadt Danzig gestifteten beiden Gedenktafeln an den Häusern Heiligegeistgasse 81 und 114 daselbst präsentiren sich nunmehr dem Blick des Beschauers. Beide Tafeln sind aus fein volirtem schwarzen Odenwalder Granit hergestellt; die Inschriften sind in gothischen Lettern mit doppelter Vergoldung aus⸗ geführt. Diejenige auf der Tafel an dem Hause Heiligegeistgasse 114 lautet: „In diesem Hause wurde Arthur Schopenhauer am 22. Fe⸗ bruar 1788 geboren.“ Auf der Tafel an dem Haufe Heiligegeist. gasse 81 liest man die Worte: „In diesem Hause verlebte Johanna Schopenhauer ihre Jugendjahre 1766—1785.“

London, 24. Februar. (A. C.) Dr. Gill, der Direktor der Sternwarte in Kapstadt, meldet die Entdeckung eines Kometen am 19. d. M., um 2 Uhr 33 Minuten Morgens. Der Komet stand zur Zeit in rechter Ascension 19 Grad 11 Minuten 33 Sekunden und südlicher Deklination 56 Grad 3 Minuten 44 Se⸗ kunden. Die tägliche Bewegung war 7 Minuten in rechter Ascension und 1 ¼ Grad in Deklination. Der Komet ist von siebenter 66 mit wohldefinirtem Kern und einem zwei Grad langen Schweif. Er ist dem unbewaffneten Auge sichtbar.

London, 24. Februar. (A. C.) Nach der technischen Zeit⸗ schrift „Invention“ werden die ersten sechs Exemplare von Edison’'s „Phonograph“ Anfang nächsten Monats in London erwartet. Oberst Gourand, Edison’'s Freund und Vertreter in Europa, hat die Absicht, die ersten sechs Apparate den europäischen Herrschern zum Geschenk zu machen. Außerdem wird ein Agent Edison's, mit binem Phonographen ausgestattet, die ersten Gelehrten der alten Welt

esuchen.

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1888, 8 Uhr Morgens.

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Wallner-Theater.

27. Februar 1888, or Ein toller Einfall.

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50 C. = 4 R.

3 K.

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Stationen

Bar. auf 0 Gr.

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red. in Millim. Temperatur

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Französischen von Carl Laufs.

Pititu.

von Otto Ewald. Mittwoch:

Mizekado.

Wind b Wetter

d. Meeressp. Temperatur

Mullaghmore Aberdeen Christiansund Kopenhagen. Stockholm aparanda. t. Petersbrg. Moskau . ..

bedeckt Regen wolkenl. ¹) beveckt wolkenlos

halb bed. 15 bedeckt Schnee 12

Mullaghmore 769 Aberdeen 773 Christiansund 776 773 780 773 780 778

12 Haparanda. St Petersbg. Moskau ...

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HeM. 8 8 3 bedeckt In Vorbereitung:

bedeckt wolkenlos wolkenlos Nebel wolkenlos wolkenlos bedeckt

Ordonneau.

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Halbe Preise! Dienstag: Die Reise um die Welt nebst einem Vorspiel:

Cork, Queens⸗ town... Helder... Sylt Hamburg 88 Swinemünde Neufahrwasser Memel

Cork, Queens⸗ town .. 766 4 wolkig 2 elder 766 4 wolkige) 3 Lö6“ 770 4 bedeckt 2 amburg 768 O 3 bedeckt 3 winemünde 772 3 bedeckt 3

Neufahrwasser 775 1 heiter 7

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Million. Großes wolkig wolkenlos wolkenlos wolkenl. ¹) wolkenlos wolkenlos heiter

Mittwoch und folgende Tage: die Welt in 80 Tagen.

Gesellschaft unter

Memel 778 3 heiter') 13 764 NO 6 heiter 6 759 NO 3 bedeckt 2 761 NO 2 bedeckt 0 759 O 4 bedeckt 2 765 OSO 3 balb bed. 3 768 OSO 3 bedeckt 2 770 SO 1 heiter 8

Münster..

Karlsruhe .. Wiesbaden. München.. Chemnitz.. Verlin.. Wien.. Breslau. ..

Karlsruhe.. Wiesbaden. München.. Chemnitz.. Berlin.... Wien..

Schürmann. Girofla. Albert Vanloo et E. Lerrier. Mlle. Francine Decroza.) Mittwoch: Zum Girofla.

heiter dunstig heiter²) wolkig heiter wolkenlos bedeckt

wolkenl.³) Operetten⸗Gesellschaft.

Breslau 769 SO 4 wolkenl.4) —9 Triest 770 20 Zwolkig 7

1) See ruhig. ²) See leicht bewegt. ³) See ruhig. ⁴) Reif.

Uebersicht der Witterung.

Der Luftdruck hat allenthalben zugenommen, ein Maximum von 781 m liegt über dem finnischen Meerbusen, während sich der relativ niedrige Baro⸗ meterstand im Südwesten erhält. Zu Folge dessen dauert die meist mäßige östliche Luftströmung über West⸗ und Central⸗Europa fort. In Deutschland ist das Wetter meist trübe. Die Temperatur liegt daselbst zwar noch unter dem Gefrierpunkte, ist aber mit Ausnahme des äußersten Ostens erheblich ge⸗ stiegen. Nur Kiel und Keitum melden geringe Niederschläge. Obere Wolken ziehen über West⸗ deutschland aus Südwest.

Deutsche Seewarte.

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1) Dunst. ²)

auftritt. und trocken,

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Reif, Dunst.

Uebersicht der Witterung.

Unter dem Einfluß eines barometrischen Maximums von über 780 mm, welches sich von Süd⸗Norwegen südwärts nach Süd⸗Rußland erstreckt, dauert über Central⸗Europa die östliche Luftströmung fort, die im Norden mäßig bis stark, im Süden meist schwach Das Wetter ist über Deutschland heiter im Norden Uebrigen wärmer. 1gö stellenweise etwas über, dagegen in Nord⸗ deutschland 6 bis 16 Grad unter Null. Schneehöhe in Hamburg 7 em.

E AEEUooh=SSSnceKSensSe

heiter Herrgottschnitzer.

3³) Reif. Die Dreizehn. Anfang 7 Uhr.

und Osten kälter, im

Die Temperatur liegt in Süd⸗ (Sohn).

Deutsche Seewarte.

Theater⸗Anzeigen.

Rönigliche Schauspiele. Dienstag: Opern⸗ haus. 54. Vorstellung. Der Trompeter von Säkkingen. Oper in 4 Akten nebst einem Vor⸗ 8 von Victor E. Neßler. Dichtung mit autori⸗ 1

Paul Heyse. Anfang 7 Uhr.

rter theilweiser Benutzung der Idee und einiger

Victor von Scheffel's Dichtung von R. Bunge. Ballet von Charles Guillemin. Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. 58. Vorstellung. Ein Winter⸗ märchen. Schauspiel in 4 Akten von Shakespeare, für die deutsche Bühne neu übersetzt und bearbeitet von Franz von Dingelstedt. Flotow. Tanz von E. Graeb. Anfang 7 Uhr.

riginal⸗Lieder aus J.

Mittwoch: Opernhaus. Keine Vorstellung. in Siebente Symphonie⸗Soirée der Königl. Kapelle. Schauspielhaus. heit Salomo's. In Scene gesetzt vom Direktor Anno.

Heutsches Theater. Dienstag: Galeotto.

Mittwoch: Die berühmte Frau.

Donnerstag: Faust. (Anfang 6 ½ Uhr.)

Die nächste Aufführung von Götz von Ber⸗ lichingen findet am Sonnabend, den 3. März, statt.

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Musik von Fr. von .

Jacobson. 59. Vorstellung. Schauspiel in

5 Akten von

Dekorationen, Kostümen und

4. Male: in 4 Akten von W. Mannstädt.

Concert-Haus.

11 8 75 Künstler

8 (10 Solisten). 50 Künstler.

Dienstag: Zum 84. M.: Posse in 4 Akten nach dem

84. Male: Der Mizekado, oder: Ein Tag in Parodistisch⸗musikalischer Scherz in 1 Akt

Ein toller Einfall.

, Durand und Durand. Schwank in 3 Akten von A. Valabrégue und M.

Nictorin-Theater. Nur noch 19 Vorstellungen. Zum in 80 Tagen, Die Wette um eine Ausstattungsstück mit Ballet von A. d'Ennery und Jules v ie

Walhalla-Theater. Dienstag: Gastspiel der Molle. Decroza und der französischen Operetten⸗ Leitung des Impresario Mr. Zum vorletzten Male: Opéra bouffe en 3 actes de M. M.

letzten Male: Donnerstag: Abschieds⸗Soirée der französischen Freitag: Erstes Gastspiel der Münchener.

Friedrich-Wilhelmstädtisches Theater. Dienstag: Mit neuer Ausstattung )n. Operette in 3 Akten mit freier Benutzung eines französischen Sujets von F. Zell.

Mittwoch u. folgende Tage: Die Dreizehn.

Residenz-Theater. Dienstag: Zum 67. Male: Francillon. Schauspiel in 3 Akten von A. Dumas Deutsch von Paul Lindau.

Mittwoch: Dieselbe Vorstellung.

Belle-Alliance-Theater. Dienstag: Gastspiel der Fr. Marie Geistinger mit den Mitgliedern des Friedrich⸗Wilhelmstädtischen Theaters. 27. Male: Die Salontirolerin. Posse mit Gesang 3 Akten (4 Bildern) von Engelbert Karl und E. Jacob (Katharina und Midei Achenbacher: Die Weis⸗ Fr. Marie Geistinger.) Anfang 7 Uhr. Mittwoch u. folg. Tage: Die Salontirolerin.

Central-Theater. Dienstag: Mit ganz neuen 1 Requisiten. Die vümnmesaleiten,, 3 Anfang 7 ½ Uhr. Mittwoch: Dieselbe Vorstellung. Dienstag: Concert des Kapellmeisters Herrn Karl Meyder, Streich⸗Orchester

Circus Nenz. Dienstag: Novität! Gesseetz⸗ lich geschützt! Japan, oder: Die neckischen Frauen des Mikado. Großes equestrisches Ausstattungs⸗Divertissement. Auftreten der 5 Phänomene der Luft. „El⸗Hamid“, arab. Vollbluthengst, vorgeführt von Frl. Pauline Veith Der „Cobham“ und „Kirhildis“, Vollblutspring⸗ pferde, geritten von Hrrn. Otto und Georg Hager. Der Jockey⸗Ritt von Frl. Lillie Meers. „Kandelaber“, Schulpferd, geritten von Hrn. Otto Hager. Auftreten der Schulreiterin Frl. Wagener.

Mittwoch: Vorstellung.

Zum

Hierauf:

E. Renz, Direktor.

594. Male:

Familien⸗Nachrichten.

Verlobt: Frl. Sophie Bödecker mit Hrn. Kapitän J. Gennerich (Osterholz —Scharmbeck). Frl. Frieda Sager mit Hrn. Bernhard Draheim (Brüel⸗Schwerin). Frl. Adele Bichel mit Hrn. Lieut. z. S. Malte Frhr. v. Schimmelmann (Berlin— Kiel). Frl. Hedwig Zechlin mit Hrn. Posoe E1ö6““

Giroflé-Girofla Frl. Zera Tugendreich mit Hrn. Kaufmann

b 8 Adolf Preuß (Berlin —Aachen).

Verehelicht: Hr. Hermann Diestel mit Frl. Margarethe Augustin (Keetz i. Meckl. Berlin). Hr. Gustav Kamphausen mit Frl. Johanna Ha⸗ macher (Limich). Hr. Major Tello von Wila⸗ mowitz⸗Moellendorff mit Frl. Margot v. d. Lancken⸗ Wakenitz (Griebenow).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Prem.⸗Lieut. Grafen von Schlieffen (Potsdam). Hrn. von Glasenapp (Grünwald). Hrn. Wilhelm Kisker (Bielefeld). Hrn. Apotheker Max Sauer (Bremen). Hrn. Pastor Robert Herdiekerhoff (Oestrich b. Letmathe). Eine Tochter: Hrn. Gustav Langenheim (Berlin). Hrn. Dr. med. Max Altdorfer (St. Annés Hill, Cork). Hrn. A. Jaeschke (Wüstewaltersdorf). Hrn. A. Richter (Winsen b. Aller). Hrn. Notar Eckertz (Zell a. Mosel). Hrn. Hauptmann Frhrn. von Gayl (Königsberg i. Pr.). Hrn Fritz von Zevpelin (Marxhagen). Hrn. Stabsarzt Dr. Muttray (Oldenburg). .

Gestorben: Hr. Oberst a. D. Louis Alexander Bellmann (Berlin). Frau Oberförster J. Ph. H. Richter, geb. Richter (Berlin). Hr. Kauf⸗ mann Max Hagendorff (Berlin) Hr. Land⸗ gerichtsrath Ludwig Hornbostel (Altona). Frau Karoline Kitzing, geb. Zeibig, (Magdeburg).

„Hr. Landmesser Ingenieur Otto Sponholz (Jena). Frau Sophie Grözinger, geb. Löffler, (Köngen). Hr. Fabrikdirektor Theod. Engelen (Moers).

Reise um

Giroflé-

Giroflée-

Der

Zum 19. M.:

Zum

Redacteur: Riedel.

Verlag der Expedition (Scholz). 18

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.

Fünf Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage).

Zum

Gesangsposse Berlin:

Gesellschafts⸗

tschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anz

Berlin, Montag, den 27. Februar

8

Nichtamtliches.

Preußen. Berlin, 27. Februar. lauf der vorgestrigen (46.) Sitzung des Reichs⸗ tages wurden Petitionen erledigt. Mehrere Kokos⸗ teppich⸗ und Kokosmatten⸗Fabrikanten bitten um Erstattung des von ihnen erhobenen Zolles auf Kokosgarne, sowie um Beseitigung der für die zollfreie Verarbeitung der Kokosgarne eingeführten amtlichen Kontrole.

Die Kommission beantragt, die Petition, soweit sie den ersten Punkt betrifft, dem Reichskanzler zur Berücksichtigung zu überweisen, insoweit den Petenten durch die Zollauflage ein nachweisbarer Schaden entstanden ist; im Uebrigen aber zur Tagesordnung überzugehen.

Das Haus beschließt demgemäß.

Der Leipziger Bezirksverein und der Thüringer Brauer⸗ verein, Zweigverein vom Allgemeinen Deutschen Brauerbund, ersucht: „in die Grundsätze für Fixation der Brausteuer die Bestimmung aufzunehmen, daß den mit Nachsteuerpflicht Feetn die zu hoch berechneten fixirten Steuerbeträge zurück⸗

ezahlt werden.“ Petitionen desselben oder doch ähnlichen

Inhalts haben die Petitionskommission schon zu wiederholten Malen beschäftigt. Schon dreimal wurde beschlossen, dieselben dem Reichskanzler zur Erwägung zu überweisen.

Es war jedoch nicht möglich, sie vor Schluß der be⸗ treffenden Sessionen dem Plenum zur Vorlage zu bringen.

Die Kommission wiederholt jetzt ihren Antrag und das Haus tritt ihm bei. .

Von dem Centralvorstande des Deutschen Werkmeister⸗ verbandes zu Düsseldorf sind dem Reichstage 249 gleichlautende mit 10 000 Unterschriften bedeckte Petitionen zugegangen, in

Im weiteren Ver⸗

denen beantragt wird: „Der Reichstag wolle, unter Erwägung

des in den Ausführungen der Petenten niedergelegten Materials, dahin wirken, daß durch Einschaltung eines besonderen Para⸗ raphen in die Reichs⸗Gewerbeordnungfest tgestellt werde, daß die für bie Handlungsgehülfen gültigen gesetzlichen Bestimmungen des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuchs, welche in Titel VI Artikel 57 bis 64 enthalten sind, bei Beurtheilung der Rechts⸗ verhältnisse der in den Fabriken angestellten Werkmeister und sonstigen technischen Betriebsbeamten zur Anwendung kommen möchten.“

Die Kommission beantragt: dem Reichskanzler die Petitionen zur Berücksichtigung dahin zu überweisen, die in der Reichs⸗Gewerbeordnung bisher noch nicht begrenzte recht⸗ liche Stellung der Werkmeister durch Einschaltung einer dahin gehenden gesetzlichen Bestimmung zu regeln. 1

Abg. Hitze empfiehlt, das Haus solle dem ein⸗ stimmig gefaßten Beschluß der Kommission beitreten. Die Werkmeister müßten auch gesetzlich einen ihrer wichtigen Stellung als Vermittler zwischen Arbeitgebern und Arbeitern angemessenen Rang erhalten. Sie seien dazu berufen, auf die jugendlichen Arbeiter einen heilsamen Einfluß auszuüben, und verdienten in der That, mindestens den Handlungsgehülfen gleichgestellt zu werden. 1 8

Abg. Webskny schließt sich diesen Ausführungen an. In der Praxis sei man ja den Werkmeistern durch Gewährung einer sechswöchigen Kündigungsfrist bereits entgegengekommen. Dieses Gewohnbeitsrecht müsse aber gesetzlich garantirt werden. Es sei allerdings schwer, die Grenze zu bestimmen, wo der Werkmeister I und wo er aufhöre. Diese Schwierigkeit könne aber dadurch gehoben werden, daß als Werkmeister Derjenige gilt, welchem eine Disziplinargewalt übertragen sei.

Abg. Goldschmidt: Auch seine Freunde schlössen sich dem Kommissionsantrage an, weil sie die Wünsche der Werkmeister für durchaus berechtigt hielten. 1

Abg. von Kleist⸗Retzow: Es sei dringend wünschenswerth, die Petition der Werkmeister zur Geltung zu bringen, und sie sei auch durchaus ausführbar, denn unter Werkmeister habe man bisher stets den verstanden, der die Aufsicht, die Leitung des Ganzen habe, nicht den Vorarbeiter. Sollte das aber noch zweifelhaft sein, so würde gewiß von dem Augenblick an, wo ein solches Gesetz erlassen werde, die Nomenklatur eine feste werden.

Der Kommissionsantrag wird mit großer Mehrheit an⸗

genommen. Schluß 2 ½ Uhr. Nächste Sitzung: Montag 1 Uhr.

Die Bestimmungen der §§. 51, 68, Th. I, Tit. 5 des Preußischen Allgemeinen Landrechts, wonach Verträge, durch welche Jemand absolut unmögliche Hehcehen oder Leistungen verspricht, nichtig und solche über unerlaubte 8e. lungen ebenso ungültig sind, wie über unmögliche, setzen nach einem Urtheil des Reichsgerichts, VI. Civilsenats, vom 26. Januar d. J., voraus, daß die versprochenen Hand⸗ lungen oder Leistungen nicht blos in Einzelheiten, sondern als Ganzes und ihrem Wesen nach unmöglich sind. Eine theilweise, durch eine gleichartige Leistung leicht zu ersetzende Unmöglichkeit hat nicht ohne Weiteres die Nichtigkeit des Vertrages zur Folge. Der Zimmermeister S. und der Maurermeister H., in Firma S. u. H., erwirkten zu einem Bau auf dem Grundstück des Bäckermeisters Sch. in Berlin auf Grund einer vorgelegten Zeichnung die polizeiliche Genehmigung und stellten einen entsprechenden Kostenanschlag auf. Sch. wünschte sodann, daß statt des in der genehmigten Zeichnung angegebenen Schornsteins in der Mitte der Seiten⸗

ügelfront ein solcher an der Hinterfront des Vorderhauses an der Nachbargrenze angelegt werde. S. u. H. änderten demgemäß in dieser Beziehung den Anschlag und erklärten nunmehr unter demselben schriftlich, daß sie die darin be⸗ zeichneten Arbeiten für 16 000 übernehmen, worunter Sch. sein Einverständniß vermerkte. Zu dem geänderten Bauprojekt wurde aber der unnütze Versuch, die er⸗ forderliche polizeiliche Genehmigung zu erlangen, nicht emacht, weil nach bestehenden Polizeivorschriften Schorn⸗ eine 3,14 m von der Nachbargrenze vetIe sein müssen. Sch. trat von dem Bauvertrage zurück und ließ den Bau in modifizirter, polizeilich zulässiger Weise anderweit ausführen. S. u. H. klagten gegen Sch. wegen dessen Rücktritt arf Ent⸗ schädigung und erstritten in der Berufungsinstanz ein obsiegen⸗ des Urtheil. Die Revision des Beklagten wurde vom Reichs⸗

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gericht zurückgewiesen, indem es begründend ausführte: „Von den Kontrahenten war hinsichtlich der Schornsteinanlage nur deren Ausführung an der Hinterwand in Aussicht genommen und für den Fall der Unzulässigkeit dieser Art ihrer Ausführung keine besondere Verabredung getroffen. Allein ebensowenig war verabredet oder gar als selbstverständlich anzusehen, daß in diesem Falle der Vertrag überhaupt nicht gelten, daß also die Anwendung des bezeichneten Mittels zur Herstellung der projektirten Bäckerei nicht blos einen einzelnen Bestandtheil der bedungenen Leistungen, sondern zugleich eine Vertragsvoraussetzung bilden solle. Der Beklagte macht in dieser Hinsicht nur geltend, da er blos den Anschlag mit dem Schornsteinprojekt an der Hinterwand unterschrieben und der Kläger dessen Genehmigung durch he chan einer Nachtrags⸗ zeichnung zu erwirken gehofft habe, so würde nur eine solche Einreichung den Vertrag zwischen ihnen hergestellt haben. Abgesehen aber davon, daß der Kläger von dem Beklagten den unnützen Versuch, jene Genehmigung zu erbringen, nicht for⸗

dern konnte, beruht die gedachte Annahme eben auf der unrichtigen

Vorstellung, daß die Einigung über einen einzelnen Theil der Ver⸗ tragsleistung ohne Weiteres zugleich als Voraussetzung der ganzen Vertragsschließung anzusehen sei. Da es sich um eine solche in Wirklichkeit nicht handelt, so wurde der Vertrag durch die bloße Unausführbarkeit der verabredeten Art der Schornstein⸗ anlage nicht unwirksam. Dieselbe hatte vielmehr nur die Wirkung, daß beide Kontrahenten sich eine angemessene Modi⸗ fikation der betreffenden Vertragsbestimmung gefallen lassen mußten. Denn dieses folgt bei jedem Vertrage aus dem Geiste desselben (der bona fldes), da mit dem Vertragszweck im Zweifel auch dasjenige als von den Kontrahenten gewollt anzusehen ist, was abweichend von den ausdrücklichen Vertrags⸗ bestimmungen als ein nothwendiges Mittel zur Erreichung des Zwecks hervortritt.“

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Die im Reichs⸗Eisenbahnamt aufgestellte, in Nr. 51 des „Reichs⸗Anzeigers“ veröffentlichte Uebersicht der Betriebsergebnisse deutscher Eisenbahnen für den Monat Januar d. J. ergiebt für die 66 Bahnen, welche auch schon im entsprechenden Monat des Vorjahres im Betriebe waren und zur Vergleichung gezogen werden konnten, mit einer Gesammtbetriebslänge von 33 795,94 km, nachstehende Daten: Im Januar d. J. war die Einnahme aus allen Verkehrszweigen auf ein Kilometer Betriebslänge bei 49 Bahnen, mit zusammen 31. 367,45 km, höher und bei 17 Bahnen, mit zusammen 2428,49 km (darunter 3 Bahnen mit vermehrter Betriebslänge), niedriger als in demselben Monat des Vorjahres. In der Zeit vom Be⸗ ginn des Etatsjahres bis Ende Januar d. J. war dieselbe auf ein Kilometer Betriebslänge bei 45 Bahnen, mit zusammen 31 027,95 km, höher und bei 21 Bahnen, mit zusammen 27 67,99 km (darunter 3 Vahnen mit vermehrter Betriebslänge), geringer als in demselben Zeitraum des Bei den unter Staatsverwaltung stehenden Privatbahnen, ausschließlich der vom Staat für eigene Rechnung verwalteten Bahnen, betrug Ende Januar d. J. das gesammte kon⸗ zessionirte Anlagekapital 21 609 900 (14 655 000 Stammaktien, 2 454 900 Prioritäts⸗Stammaktien und 4 500 000 Prioritäts⸗Obligationen), und die Länge der⸗ jenigen Strecken, für welche das Kapital bestimmt ist, 88,27 km, so daß auf je 1 km 244 816 entfallen. Bei den unter Privatverwaltung stehenden Privat⸗ bahnen betrug Ende Januar d. J. das gesammte konzessio⸗ nirte Anlagekapital 578 457 329 (305 516 550 Stammaktien, 79 381 650 ℳ, Prioritäts⸗Stammaktien und 193 559 129 Prioritäts⸗Obligationen), und die Länge derjenigen Strecken, für welche dieses Kapital bestimmt ist, 3798,93 km, so daß auf je 1 km 152 268 entfallen. Eröffnet wurden: am 1. Januar d. J. die Strecke Wreschen Stralkowo 18,46 km (Königliche Eisenbahn⸗Direktion Brom⸗ berg), am 17. Januar d. J. die Strecke Grunow Beeskow 8,65 km (Königliche Eisenbahn⸗Direktion Berlin). 8

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Die zur Feier der 40 jährigen Regierung des Kaisers Franz Joseph I. unter dem Protektorat des Erzherzogs Carl Ludwig stattfindende Internationale Jubiläums⸗Kunstausstellung in Wien wird vom 1. März bis letzten Mai dauern. Die Regierung hat Staatsankäufe auf dieser Ausstellung im Gesammtbetrage von 20 000 Fl. in Aussicht gestellt und 20 goldene sowie 20 silberne Medaillen zur Prämiirung von zur Ausstellung gelangenden hervor⸗ ragenden Kunstwerken bestimmt. Außerdem gelangen 3 goldene Carl Ludwigs⸗Medaillen für Künstler des In⸗ und Auslandes und 2 akademische Reichel⸗Preise im Einzelbetrage von 1500 Fl. für je einen Maler, Bildhauer oder Medailleur (nach dem Stiftungs⸗ briefe für österreichische Künstler bestimmt) zur Vertheilung. In gleich freigebiger Weise wie die Regierung hat die Vertretung der Reichs⸗Haupt⸗ und Residenzstadt Wien als Zeichen ihrer Unterstützung aller künstlerischen Bestrebungen einen Betrag von 20 000 Fl. dem Unternehmen gewidmet. Aufnahme in der Ausstellung finden Werke der bildenden Kunst aller Fächer, und zwar: a. Architektur: Entwürfe, Pläne, Skizzen, Modelle und Aufnahmen architektonischer Arbeiten. b. Werke der Skulptur mit Inbegriff der figuralen Kleinkunst, sowie Gravuren und Medaillen. c. Malerei: Oelgemälde, Aquarelle, Mintaturen, Pastelle, Gouaches und Zeichnungen. d. Vervielfältigende Künste: Kupfer⸗ und Stahl⸗ stiche, Radirungen, Holzschnitte und Lithographien. Die Ausstellung zerfällt in zwei große Abtheilungen: Die erste, die historische, enthält Werke jener Künstler, welche seit dem Regierungsantritt des Kaisers in Oesterreich gewirkt haben; dieselbe vereinigt die hervorragendsten Namen und bringt die Entwickelung der österreichischen Kunst wäh⸗ rend der letzten 40 Jahre zur Anschauung. Gauermann, Waldmüller, Steindle, Führich, Siccardsburg, Gasser, Fernkorn, Makart, Canon, Rahl, Schwind, Ferstel und andere verstorbene Meister gehören dieser Epoche an, die besten lebenden Künstler vervollständigen dieses Bild durch Werke, welche seit 1882 entstanden und in Wien noch nicht ausgestellt waren. Die zweite Abtheilung ist die internationale, und Namen wie Knaus, Vautier, Defregger, die beiden Achenbach, Menzel, Meyerheim, A. von Werner u. A. bürgen für den Werth derselben. Eine stattliche Anzahl dieser Gemälde ist Eigenthum der Berliner National⸗Galerie. Deutschland ist sehr reichhaltig ver⸗ treten; das Gleiche gilt von der spanischen Kunst. Zur künstlerisch wirkungsvollen Placirung einer so bedeutenden internationalen Aus⸗

stellung mußte ein Zubau zu dem bisherigen Künstlerhause ausgeführt werden, dessen Behaͤngfläche ungefähr derjenigen entspricht, welche die bekannten beiden Säle der letzten internationalen Ausstellung für Deutschland und Frankreich geboten haben. Obwohl die französische Künstlerschaft nicht ausgestellt hat, fand der dadurch frei gewordene Raum in Folge der außerordentlich regen Betheili⸗ gung des Auslandes doch die beste Verwendung In einer mit dieser Ausstellung verbundenen Lotterie gelangen Kunstwerke im Gesammtbetrage von 80 000 Fl. zur Verloosung und sind außerdem noch Ankäufe aus dem Theilnehmerfonds der Genossen⸗ schaft in Aussicht genommen. Die Lotterie, genehmigt laut hohen Ministerial⸗Erlasses, Zahl 34 316, enthält 600 000 Loose à 50 Kr. und hat den Zweck, einen Fonds zu beschaffen, um davon eine Reihe der besten ausgestellten Kunstwerke ankaufen zu können und dadurch talent⸗ vollen Künstlern einen entsprechenden materiellen Erfolg zu sichern. Bei Bezug von zehn Loosen wird aus der Lotteriekanzlei ein Freiloos bewilligt. Die Ziehung findet am 12. Juni 1888 statt. Bei Ankauf der für Treffer bestimmten Gemälde u. s. w. war das Lotterie⸗Comité darauf bedacht, gleich nach Eröffnung der Ausstellung nur solche Kunstwerke anzukaufen, welche sich ihrer Größe nach zur Schmückung moderner Wohnräume eignen. 1

Das „Jahrbuch der Königlich Preußischen Kunst⸗ sammlungen“ (Berlin, G. Grote'sche Verlagsbuchhandlung) bringt in dem neuesten Heft (IX. Band, 1. und 2. Heft der „Studien und Forschungen“) außer dem schon erwähnten vorläufigen Bericht über die Ergebnisse der Ausgrabungen zu Pergamon in den Jahren 1883 bis 1886, eine interessante Arbeit von Paul Seidel, betitelt: „Friedrich der Große als Kronprinz in Rheinsberg und die bildenden Künste.“ Der Verfasser legt eingehend dar, wie Friedrich in Ver⸗ bindung mit seinem künstlerischen Intendanten von Knobelsdorff es möglich gemacht hat, mit feinster Ausnutzung aller von der Natur gebotenen Hülfsmittel, im märkischen Sande in kurzer Zeit ein äußerst reizvolles und in seiner Abgelegenheit und Unerwartetheit um so überraschender wirkendes künstlerisch ausgestattetes Heim zu schaffen, dessen Reize durch alle späteren Umgestaltungen nicht haben zerstört werden können; denn noch heute begegnen wir in Rheinsberg den Spuren des Schöpfers dieses den Musen und den schönen Künsten geweihten Fleckchens Erde. Seidel giebt eine Beschreibung von dem Inneren des Schlosses und würdigt dabei ausführlich die gesammte künstlerische Thätigkeit Knobelsdorff's und des Malers Antoine Pesne. Der Arbeit ist ein Verzeichniß der Gemälde, Zeichnungen und Radirungen Knobelsdorff's angehängt, auch das Porträt desselben (nach einem Gemälde Pesne’s) beigedruckt. An der Spitze des Hefts finden wir eine eingehende Untersuchung von Adolfo Venturi über den Lebensgang und das künstlerische Wirken des ferraresischen Malers Cosma Tura, genannt Cosmsè, ge⸗ boren 1432, gestorben 1495, mit dokumentarischen Nachrichten, Briefen ꝛc. Der Verfasser schreibt diesem Künstler und seiner leiden⸗ schaftlichen, realistischen Kunstweise einen großen Einfluß auf seine Zeitgenossen und die ganze ferraresische Kunst zu. Ein der Abhand⸗ lung beigefügter, nach dem Original faecsimilirter Brief Cosma Tura's aus dem Staatsarchiv zu Modena beweist, daß selbst in deu glücklichen Zeiten der Renaissance die Künstler von der mate⸗ riellen Noth durchaus nicht immer verschont blieben. Die Arbeit ziert eine vorzügliche, in der Reichsdruckerei angefertigte Heliographie nach dem großen Altarbilde Cosma Tura's (Madonna auf dem Throne mit Heiligen) im hiesigen Museum, ein Lichtdruck nach einer Tuschzeichnung (allegorische Figur) aus der Sammlung des Hrn. A. von Beckerath in Berlin, und eine e nach dem Tafelbilde des todten von Engeln gehaltenen Christus. Ein Verzeichniß der Werke des Malers, von F. Harck, ist der Abhandlung angehängt. V. von Loga beginnt in dem Heft eine kunsthistorische Studie über die Städteansichten in der beruͤhmten Welt⸗Chronik des Nürnberger Humanisten Hartmann Schedel (dazu zwei Abbildungen). Hugo von Tschudi bespricht die für das Berliner Museum angekaufte, bemalte Thonstatue der sitzenden Maria mit dem Kinde, von Benedetto da Majano. Er vergleicht sie mit anderen ähnlichen Werken des Meisters, beson⸗ ders mit der Madonna im Dome zu Prato und gelangt zu dem Eebebni. dag die Berliner Madonna bei Weitem die schönste derselben ist. Ein wohlgelungener Farbenlichtdruck der Reichsdruckerei veranschau⸗ licht das prächtige Kunstwerk. Am Schluß berichtet August Schmarsow über die werthvolle Sammlung von alten Handzeichnungen im Kunst⸗ museum der Schule zu Rugby in England. Der Verf. will in der⸗ selben auf einem Carton mit 7 Architekturskizzen den bisher unbekann⸗ fen Plan Michel. Angelo's zur unvollendeten Front der Kirche San. Lorenzo zu Florenz, einem Bauwerk Brunellesco's, entdeckt baben. Ein Faesimile der Skizzen ist dem Aufsatz beigefügt. Außer anderen Hand⸗ zeichnungen des genannten Meisters enthält die Sammlung bemerkens⸗ werthe, bisher wenig bekannte Blätter von Rafael (oder Giulio Romano), Hans Holbein, Tizian, Correggio ꝛc.

Daseuropäische Völkerrechtder Gegenwartauf der bisherigen Grundlage. Von Dr. Aug. Wilh. Heffter, weiland Königlich preußischer Ob⸗Tribunals⸗Ratb, ordentlicher Professor des Rechts ꝛc. Achte Ausgabe, bearbeitet von Dr. F. Heinr. Geffcken. Verlag von H. W. Müller in Berlin (Pr. 12 ℳ). Der große Erfolg des Buches erklärt sich aus seinem Verdienst, in knapper Form und mit juristischer Präzision ein Bild des wirklich geltenden Völkerrechtes zu geben. Heffter verkennt nicht dessen Unvollkommenheiten und Lücken, aber er hütet sich, dieselben in der Art auszufüllen, wie Bluntschli dies in seinem Rechtsbuch gethan, in welchem das anerkannt gültige Recht vermischt mit dem erscheint, was nach Ansicht des Ver⸗ fassers Recht sein sollte. Der gegenwärtige Bearbeiter hat den Text prinzipiell unverändert gelassen und sich darauf beschränkt, die litera⸗ rischen Nachweise und Daten bis auf die Gegenwart fortzuführen. Die notbwendig erscheinenden Ergänzungen dagegen, seine eigenen An⸗ sichten und Abweichungen von Heffter hot der Fransgeser in selbst⸗ ständigen, durch ein G. bezeichneten Ausführungen gegeben. Ferner erschien es ihm angezeigt, mit veralteten Citaten aufzuräumen und damit Platz zu gewinnen für die Ausführungen, welche Ereignisse und wissenschaftliche Werke der neuesten Zeit fordern, ohne doch das Buch zu sehr anschwellen zu lassen. Endlich ist das Register umgearbeitet und erweitert.

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Gewerbe und Handel.

„Gewerbehalle“, Organ für den Fortschritt in allen Zweigen der Kunstindustrie, unter Mitwirkung bewährter Fachmänner redigirt von Ludwig Eisenlohr und Carl Weigle, Architekten in Stuttgart, Verlag von J. Engelhorn daselbst. 26. Jahrgang. 3. Heft. Dieses neueste Heft der Muster⸗Vorlagen⸗Sammlung für Kunst⸗

ewerbetreibende enthält mehrere Tafeln mit mannigfach verwerthbaren ufnahmen schöner älterer Arbeiten. Eine derselben zeigt originelle altniederländische Architekturdetails, nämlich eine Thür mit Messing⸗ Traillen aus der Kirche de la Poterie zu Brügge, eine Säule von den Chorschranken der großen Kirche zu Harlem und eine Thür aus der alten Kanzlei zu Brügge, sämmtlich aufgenommen von Professor F. Ewerbeck in Aachen. Derselbe führt uns auf einem anderen Blatt auch den eigenthümlich ausgestatteten silbernen Amtsstab der Schiffer⸗ gilde von Kampen in Holland, welcher in der dortigen städtischen Sammlung aufbewahrt wird, sowie eine reich verzierte Glocke in vlämischem Stol vor Augen. In der Galerie d'Apollon des Pariser Louvre hat H. Pernotzky von hier zwei prächtige Gefäße, eine Vase und einen Pokal, aufgenommen, welche ihrem Charakter nach jener Kategorie reicher Süe eee t . angehören, die man zu⸗ meist dem Benvenuto Cellini zuschreibt. Sie bestehen aus kostbaren,