1888 / 55 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 29 Feb 1888 18:00:01 GMT) scan diff

Ich möchte also den Herrn Abgeordneten bitten, seinerseits zu der Ueberzeugung beizutragen, daß Beunruhigungen nirgends in der Geschäftswelt wegen dieser Position gehegt zu werden brauchen.

Bei der Berathung des Etats der Staats⸗ schuldenverwaltung bemerkte der Finanz⸗Minister Dr. von Scholz:

Meine Herren! Die Summe, die in den Reichshaushalts⸗Etat zur Verzinsung der neuen Anleihe eingestellt worden ist, ist, wie Sie wissen werden, nicht eine sehr erhebliche, indem angenommen worden ist, daß trotz der jetzt bereits erfolgten Bewilligung dieser Anleihe doch die Verwendung der Mittel daraus und namentlich die Begebung neuer Schuldtitel sich noch ziemlich weit hinziehen wird. Es handelt sich zunächst um die Bestellungen, die zu machen sein werden und deren Ausführung; die Zahlungstermine werden naturgemäß weiter hinausfallen, und es wird deshalb für das nächste Etatsjahr angenommen, daß in dem Reichshaushalts⸗Etat eine sehr große Summe zur Verzinsung der Anleihe noch nicht erforderlich sein wird. Sie ist etwa, soviel ich mich im Augenblick erinnere, in Höhe von 2 800 000 angenommen, wovon auf reußen nur ein Bruchtheil entfällt, und dieser Bruchtheil allerdings tritt unserer Matrikularbeitragsberechnung noch hinzu, während wiederum bei einigen anderen Positionen des Reichs⸗ haushalts⸗Etats Ermäßigungen eingetreten sind, die wieder von den Matrikularbeiträgen abgehen, so daß, ehe die Schlußrechnung emacht werden wird, sich nicht übersehen läßt, ob wir noch eine erhebliche Summe zu der in unserem Etat vorgesehenen Matrikular⸗ beitragsziffer hinzuzunehmen haben. Ich glaube, wenn das hohe Haus Werth darauf legen sollte, allerdings dem Wunsch der Budgetkommission meinerseits nicht entgegentreten zu sollen, daß dann noch in letzter Stunde sozusagen ein Ausgleich bei diesem Titel des Extraordinariums herbeigeführt werde. Ich würde aber auch anderer⸗ seits ganz damit einverstanden sein wenn von dem Vorbehalt eines solchen Ausgleichs Abstand genommen würde. Es ist ja ein reiner Zufall, wenn wir noch im letzten Moment Zeit haben, die Matrikularbeitragsziffer so genau in unserem Etat zu fixiren, wie sie im Reichshaushalts Etat berechnet wird; wir haben in anderen Jahren auch den Fall gehabt, namentlich wenn der Reichs⸗Etat erst später vorgelegt wurde als der Staatshaushalts⸗Etat, daß wir solche mäßigen Differenzen nicht mehr zum Austrag gebracht, sondern das der Rechnungsausführung überlassen haben. Ich würde also auch von meinem Standpunkt aus nichts dagegen haben, im Gegentheil, ich würde mich freuen, wenn die Summe schon jetzt beschlossen würde; aber ich stelle anheim, nach dem Vorschl der Budgetkommission zu verfahren. 8

Das Ober⸗Verwaltungsgericht hat folgendes Erkenntniß erlassen: Im Namen des Königs. In der 1u“* v wider den Gemeindeschöffen, Grundbesitzer Marian Z. zu T. hat das Königliche Ober⸗Verwaltungsgericht, Erster Senat, in einer Sitzung vom 11. Januar 1888, an welcher der Präsident, Wirkliche Geheime Rath Persius und die Ober⸗Verwaltungsgerichts⸗Räthe: Geheimer v““ Dahrenstaedt, von Meyeren, Solger und Lohaus Theil genommen haben, für Recht erkannt, daß auf die Berufung des Angeschuldigten die Ent⸗ scheidung des Kreisausschusses des Kreises L. vom 256. April 1887 zu bestätigen, dem Angeschuldigten auch die baaren Auslagen des Verfahrens in der Berufungs⸗ instanz zur Last zu legen. Von Rechts

Gründe.

Gegen den Grundbesitzer Marian Z. ist durch Endurtheil des Kreisausschusses des Kreises L. vom 29. April v. J. auf die Ent⸗ lassung aus dem Amt eines Schöffen der Landgemeinde T. erkannt worden, weil er vor der am 21. Februar v. J. stattgehabten Reichs⸗ tagswahl durch Vertheilung von, auf den Dr. R. lautenden Stimm⸗ zetteln die Bestrebungen der polnischen Nationalpartei, welche auf Loslösung von Theilen des Staatsgebiets behufs Gründung eines eigenen Polenreichs gerichtet seien, unterstützt und dadurch die Pflichten seines Amts verletzt, sowie des für dieses erforderlichen Vertrauens sich unwürdig bezeigt habe. 3

Dies Urtheil, auf dessen Sachdarstellung und Begründung im Uebrigen Bezug genommen wird, hat der Angeschuldigte mittelst frist⸗ zeitiger Berufung angefochten, indem er beantragt:

ddeasselbe aufzuheben und ihn von der Anklage eines Disziplinar⸗ vergehens freizusprechen, eventuell die Sache zur anderweiten Entscheidung in die Vorinstanz zurückzuweisen.

Zur Rechtfertigung wird angeführt, daß das Urtheil auf mehr⸗ facher Gesetzesverletzung beruhe. Zunächst habe außer dem Landrath und den zwei im Urtheil und im Protokoll erwähnten Kreisausschuß⸗ Mitgliedern noch ein drittes, der v W. an der Verhandlung

nd Berathung Theil genommen; das Protokoll sei somit unrichtig und entspreche jedenfalls nicht der Vorschrift des Ministerial⸗Erlasses om 27. April 1867. Sodann sei der Kreiskommunal⸗Kassenrendant als Protokollführer zugezogen, als solcher aber nicht vereidigt. Ferner sei die Vertheidigung in unzulässiger Weise dadurch beschränkt, daß der Antrag auf Vernehmung des Dr. R. als Zeugen darüber, daß er die auf Losreißung von Reichstheilen und Herstellung eines Polenreichs gerichteten Bestrebungen zu unterstützen nicht beabsichtigt habe, weder berücksichtigt noch durch Beschluß zurückgewiesen sei. Der erste Richter habe den §. 2 Abs. 1 des Disziplinar⸗Gesetzes und den §. 21 Titel 10 Theil II des Allge⸗ meinen Landrechts falsch angewendet, da die Amtspflicht den Beamten icht verbinde, sein Wahlrecht in dem jeweilig als regierungsfreund⸗ ich bezeichneten Sinne auszuüben, diese Ausübung vielmehr nach der Verfassung und den Gesetzen des Reichs und des preußischen Staats jedem Staatsbürger nach seiner freien politischen Ueberzeu⸗ gung zustehe. Dieses Recht hätten auch die Beamten; bezüglich der⸗ elben sei es nicht nur als zulässig, sondern als lobenswerth anerkannt worden, daß sie durch Belehrung und Organisation der Vorberei⸗ tungen auf das Ergebniß der Wahlen einen Einfluß auszuüben suchten. Wenn der erste Richter den Allerhöchsten Erlaß vom 4. Januar 1882 nicht nur als eine solche Belehrung, sondern als das Verbot der Wahlagitation nach einer bestimmten Richtung hin auffasse, so imputire er Sr. Majestät eine verfassungswidrige Hand⸗ ung. Sei dem Beamten aber die Wahlagitation überhaupt gestattet, o könnte nicht eine seiner politischen Ueberzeugung entsprechende, ondern eher eine, dieser widersprechende Agitation ihn der des Ansehens und des Vertrauens berauben, welche erfordert; daher sei auch der Absatz 2. §. 2 iplinargesetzes unrichtig angewendet. In lhatsächlicher Beziehung endlich sei nicht festgestellt, daß die Vertreter der Polen im Reichstage auf Losreißung von Theilen des Reichsgebiets gerichtete hochverrätherische Zwecke verfolgten. Für Aeußerungen der Zeitungen eien die Abgeordneten nicht verantwortlich, und der Reichskanzler habe den Polen nicht den Mangel an Treue und Gehorsam vor⸗ geworfen, sondern nur die Befürchtung ausgesprochen, ob dieselben in diesen Gefühlen ausharren würden. aber der Wahl⸗ kandidat des Angeschuldigten mit hochverrätherischen Gedanken umgehe und diese durch Verbindung mit“ den Mit⸗ viben der polnischen Fraktion zu bethätigen beabsichtige, sei min⸗ destens eine beweislose und eine nicht aus dem Inbegriff der Ver⸗ handlungen abgeleitete Behauptung. 8 Der Vertreter der Staatsanwaltschaft hat die Bestätigung des ersten Erkenntnisses beantragt, da die Führung der Kreisausschuß⸗ Protokolle zu den amtlichen Obliegenheiten des beeideten Kreiskom⸗ munal⸗Kassenrendanten gehöre, da es ferner unbestritten dem Ange⸗

schuldigten bekannt gewesen sei, daß der Dr. R. der polnischen Frak⸗ tion sich anschließen würde, die auf die Bestrebungen der letzteren bezüglichen Ausführungen des Urtheils aber durch die Berufung nicht widerlegt seien.

Dem letzteren Antrage entsprechend war zu erkennen.

Was zunächst die formellen Angriffe der Berufung anbelangt, so untersagt der §. 40 des Landes⸗Verwaltungsgesetzes vom 30. Juli 1883 (Gesetz⸗Samml. S. 195), welcher nach §. 157 a. a. O. auch für das Disziplinarverfahren Anwendung findet, die Theilnahme eines vierten Kreisausschuß⸗Mitgliedes zwar an der Abstimmung, jedoch nicht an der Verhandlung oder Berathung. Wenn ein solches nicht an der Entscheidung Theil nehmendes Mitglied bei etwaiger Anwesen⸗ heit in der Sitzung nicht im Protokoll über diese aufgeführt ist, so ist das, wenn überhaupt, so doch jedenfalls kein wesentlicher Mangel des Verfahrens, steht auch mit dem Ministerial⸗ Erlaß vom 27. April 1867 (Ministerialblatt der inneren Verwal⸗ tung Seite 109) nicht im Widerspruch. Auch ist nicht durch den §. 75 a. a. O. und noch weniger durch den §. 39 des Disziplinar⸗ gesetzes vom 21. Juli 1852 (Gesetz⸗Samml. Seite 465) vorgeschrieben, daß der zur mündlichen Verhandlung zugezogene Protokollführer besonders als solcher zu vereidigen wäre. Es genügt vielmehr die Zuziehung eines vereideten Beamten. Daß aber der Protokollführer des Kreisausschusses, der Kreiskommunal⸗Kassenrendant den Staats⸗ dienereid geleistet, ist an sich nicht zu bezweifeln, von der Staats⸗ anwalkschaff behauptet und vom Angeschuldigten nicht bestritten.

In der Sache selbst handelt es sich, da die Vertheilung der Stimmzettel für Wahlen den für sonstige Druckschriften bestehenden polizeilichen Beschränkungen nicht unterliegt (vergl. Gesetz vom 1 März 1884, Reichs⸗Gesetzblatt Seite 17) lediglich um die Frage⸗

ob die vorgedachte Theilnahme des Beamten an der Wahl⸗ agitation ein Vergehen im Sinne des Disziplinargesetzes vom 21. Juli 1852 (Gesetz⸗Sammlung Seite 465) enthält.

Wie in dem im Band XIV Seite 404 der Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts abgedruckten Endurtheil vom 20. Dezember 1886 dargelegt ist, hat kein Gesetz und keine Norm der Dienst⸗ pragmatik die Staatsbeamten grundsätzlich von der Betheiligung an demjenigen öffentlichen politischen Leben ausgeschlossen, welches sich in dem Anschluß an eine politische Partei, in der Gewinnung von An⸗ hängern oder Wahlstimmen für eine solche ausspricht, und welches als der natürliche Ausfluß des verfassungsmäßigen Berufs der Unterthanen sich darstellt, die Krone durch gewählte Abgeordnete in den legisͤlativen Körperschaften bei der Gesetzgebung zu unkerstützen. Es ist ferner da⸗ selbst dargethan, daß andrerseits wie schon die §§. 2 und 3 des Disziplinargesetzes ergeben die Anforderungen, welche im Interesse des Amts von jedem Beamten erfüllt werden müssen, über die amtliche Thätigkeit hinaus auf das gesammte außeramtliche Verhalten des Be⸗ amten sich erstrecken, daß der Staatsbeamte somit im öffentlichen politischen Leben nicht unbedingt gleich allen anderen, nicht beamteten Staatsbürgern dasteht, vielmehr auch in diesem die besonderen Pflichten zu erfüllen hat, die ihm sein Amt auferlegt. Die Kollision jener allgemeinen Befugnisse mit diesen Pflichten ist nach der besonderen Lage des Einzelfalles zu beurtheilen, für welche insbesondere die Verschiedenheit der mit den einzelnen Aemtern verbundenen Befugnisse und Obliegenheiten zu berück⸗ sichtigen bleibt. Walten in dieser Hinsicht auch wichtige Unterschiede zwischen den verschiedenen Kategorien der Staatsbeamten ob, so ist doch durch keine gesetzliche Norm eine Scheidung zwischen den un⸗ mittelbaren und den mittelbaren Staatsbeamten in der Art aufgestellt, daß die mittelbaren von der steten Rücksicht auf ihr Amt, welches sie im Dienst des Staats, wenn auch neben ihrem eigentlichen Lebens⸗ beruf führen, in ihrem außeramtlichen politischen Verhalten entbunden wären.

Nach diesen Grundsätzen kann darin, daß ein Beamter auch über die Ausübung des eigenen Wahlrechts hinaus im öffentlichen politischen Leben Anschauungen, welche von denjenigen der Staatsregierung abweichen, und denjenigen einer Oppositionspartei entsprechen, außer⸗ amtlich vertritt und zur Geltung zu bringen sucht, eine Verletzung seiner amtlichen Pflichten nicht unbedingt und nicht unter allen Um⸗ ständen gefunden werden Eine solche würde erst vorliegen, wenn der Beamte in der außerdienstlichen Besprechung oder Behandlung politischer Angelegenheiten von einer lediglich sachlichen Erörterung zu offenbar ungerechten, unwahren Behauptungen oder gehässigen Angriffen übergeht, überhaupt in der äußeren Form seiner politischen Thätigkeit sich zu Handlungen hinreißen läßt, welche geeignet sind, ihm die Achtung seiner Mitbürger und deren Vertrauen in eine sachliche und gerechte Führung seines Amts zu ent⸗ ziehen, oder wenn er die aus der Einheitlichkeit des vieen Staatsdienstes entspringende weitere Amtspflicht der rücksichtsvollen Achtung gegen die Inhaber anderer öffentlichen Aemter verletzt.

Bleiben diese Gesichtspunkte auch gegenüber den verschiedenen Parteien derartig maßgebend, daß sie auch von dem Wechsel der politischen Systeme innerhalb der Staatsregierung nicht berührt werden, so erheischt die Kollision zwischen der amtlichen Pflicht und der allgemeinen staatsbürgerlichen Befugniß zur Theilnahme am öffent⸗ lichen Leben doch in dem Falle eine abweichende Beurtheilung, daß diese Theilnahme zu Gunsten einer Partei stattfindet, welche grundsätzlich die Grundlagen der bestehenden Rechts⸗ oder Staats⸗ ordnung angreift. Denn da deren Aufrechterhaltung die erste und vor⸗ züglichste Aufgabe des Staats und demgemäß auch jedes Staatsamts (§. 1 Titel 10 Theil II. des Allgemeinen Lendrechts) bildet, so ver⸗ letzt jeder Beamte die besonderen Pflichten seines Amts schon dann, wenn er sei es amtlich oder außeramtlich die Bestrebungen einer, solche Ziele verfolgenden Partei bewußt unterstützt oder fördert.

Sobald daher die Theilnahme eines Beamten am politischen Leben nicht um deswillen, weil die Form dieser Betheiligung, sondern weil deren Ziel eine Verletzung der Amtspflichten enthalte, zum Gegenstande eines Disziplinarverfahrens gemacht worden, kann der Disziplinarrichter sich einer Erörterung auch der Frage nicht entziehen, ob die von dem Beamten beziehungsweise von der⸗ jenigen Partei, für welche jener eingetreten ist, verfolgten Be⸗ strebungen gegen die Grundlagen der Staats⸗ oder Rechtsordnung gerichtet sind. Ob diese Voraussetzung auf eine bestehende politische Partei zutrifft, ist eine Thatfrage, deren Beantwortung dann am wenigsten zweifelhaft erscheint, wenn die Parteiziele von dem durch ein Gesetz ausgesprochenen staatlichen Gesammtwillen als mit der be⸗ stehenden Staats⸗ oder Gesellschaftsordnung unvereinbar bezeichnet sind, wie es hinsichtlich der gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie durch dasjenige vom 21. Oktober 1878 (Reichs⸗ Gesetzblatt Seite 351) geschehen ist. Auch dann dürfte darüber kaum ein Zweifel obwalten, wenn die hervorragendsten Vertreter der Partei, die von ihr in die legislativen Körperschaften ent⸗ sendeten Abgeordneten den Eid der Treue gegen das Staats⸗ oberhaupt und auf die Beobachtung der Verfassung ver⸗ weigern und der letzteren, als der Grundlage der Staatsordnung, die Anerkennung versagen. Anderweit kann die Entscheidung nur aus dem Gesammtverhalten der aetes geschöpft werden, für welches indeß die Aeußerungen der Tagespresse, insbesondere solcher Zei⸗ tungen, welche von der Partei als ihre Organe nicht ausdrücklich anerkannt sind, nicht allein bestimmend sein können, wie die Be⸗ rufung zutreffend hervorhebt. Das Gleiche gilt bezüglich der Aeußerungen einzelner Redner in den Parlamenten, mögen sie der Partei gegenüberstehen oder derselben angehören, sofern nicht im letzteren Falle die Erklärung als Namens der Partei oder doch nach Lage der Umstände als unter deren stillschweigender Zustimmung abgegeben zu betrachten ist.

Bezüglich der hier fraglichen politischen Richtung muß es mit dem Vorderrichter als notorisch bezeichnet werden, daß in den ehemals

olnischen Landestheilen der preußischen Monarchie seit langem eine

ktionspartei besteht, deren Ziele so unklar, verworren und wider⸗ sprechend auch die in die Oeffentlichkeit dringenden Aeußerungen über die zu ihrer Erreichung dienenden Mittel sind doch erkennbar darauf hin⸗ auslaufen, jene Landestheile, wenn auch nicht ganz von Preußen loszureißen so doch in ihrer staatsrechtlichen Stellung derartig zu ändern, da dadurch die verfassungsmäßig bestehende Reichs⸗ und Staatsordnung in ihren Grundlagen gänzlich geändert wird. Thatsächlich sind i

mehrmals wiederholten Aufständen die Agitationen dieser Aktions⸗ partei in Hochverrath und Aufruhr ausgeartet.

Ueber die Bestrebungen der in den parlamentarischen Körper⸗ schaften zur sogenannten polnischen Fraktion zusammengetretenen Ab⸗ ee ist dagegen aus den amtlichen Berichten Nachstehendes zu entnehmen.

Bereits unmittelbar nach Erlaß der preußischen Verfassung vom 31. Januar 1850 in der Sitzung der II. Kammer vom 5. 1850 überreichten zwölf Abgeordnete aus der Provinz Posen ein Schriftstück, in welchem sie mit der Begründung, 58

„daß die Verfassung die der polnischen Nationalität überhaupt und dem Großherzogthum Posen als solchem zustehenden Rechte nicht gewährleiste, deren Beeidigung daher als eine Verzicht⸗ leistung auf die Rechte und Rechtsansprüche ihres Landes und ihrer Nationalität gedeutet werden könnte“, die „Leistung des Verfassungseides als mit ihrem Gewissen unverein⸗ bar“ ablehnen und ihre Mandate niederlegen (Stenogrophische Be⸗ richte, II. Kammer für 1849/50 Seite 2343). Nach der Wiederwahl haben dieselben den Eid geleistet mit der ausgesprochenen Erwägung, :d es nimmermehr in der Macht einer einseitigen staats⸗ rechklichen Urkunde liege, den völkerrechtlich vereinbarten und garantirten Rechten zu derogiren“; eine Auffassung, welche einer der Betheiligten, der Graf von Cziesz⸗ kowski, noch am 22. April 1861 (Stenographische Berichte, Abgeord⸗ netenhaus für 1861, Seite 839) aufrechterhielt. 8

Damals stand ein, von vierzehn Genossen unterstützter Antrag des Parteiführers Dr. von Niegolewski (Drucksachen Nr. 98, Anlagen zu den Stenographischen Berichten Seite 589) zur Verhandlung, mittelst dessen die Staatsregierung aufgefordert wird, dahin zu wirken,

„daß endlich wenigstens die nach dem positiven Völkerrecht garantirte, territoriale Einheit des polnischen Gesam mtstaats in den Grenzen von 1772, sowie die den Polen innerhalb dieser Grenzen zustehenden nationalen und politischen Rechte zur vollen Geltung und Ausführung gelangen“.

Nach der beigefügten Begründung sollen „diese Rechte, soweit sie in den Wiener Verträgen anerkannt sind, nicht einseitig durch staatsrechtliche Akte, sondern nur durch völkerrechtliche Verträge verkümmert werden können“, während das „weitere Recht der pol⸗ nischen Nationalität zur Selbständigkeit, welches nach Gottes Ordnung und dem Naturrecht keinem Zweifel unterliegen kann, nicht Gegen⸗ stand dieses Antrages ist“. Dieses Vorbehalts unerachtet hat die Kommission den Antrag als einen auf die Wiederherstellung des alten Polenreichs abzielenden und der Verfassung widersprechenden angesehen, mit welcher auch der Anspruch auf eine garantirte Sonder⸗ existenz der ehemals polnischen Landestheile nicht vereinbar sei (Kommissionsbericht, Drucksachen Nr. 126, Anlagen zu den Steno⸗ graphischen Berichten, Seite 898), und es ist demgemäß auch das Abgeordnetenhaus in der Sitzung vom 22. April 1861 über den Antrag zur einfachen Tagesordnung übergegangen.

Bei Berathung der Verfassung des Rorddeutschen Bundes verlas der Abg. Kantak in der Reichstagssitzung vom 11. März 1867 (Stenographische Berichte S. 109) eine Urkunde, in welcher sämmt⸗ liche Abgeordnete polnischer Nationalität

in Erwägung .. . . daß diese neue Staatenbildung, welche Gebiete des durch das politische Verbrechen der Theilung zerstückelten polnischen Reichs wider deren Willen als integri⸗ rende Theile in sich aufnehmen wollte, niemals als zu Recht bestehend erachtet werden könnte, daß ... nach internationalen Verträgen die ehemals polnischen Landestheile in den Grenzen von 1772 trotz der Theilung unter drei Souveräne ein einheitliches nationales und territoriales Ganze bilden, und deshalb die polnischen Gebiete Preußens in einen anderen nationalen den Deutschen Blund wider ihren Willen nicht aufgenommen werden können, erklären, daß die beabsichtigte Inkorporation dieser Landestheile in den Norddeutschen Bund eine Verletzung der politischen und nationalen Rechte der Polen involvire, welche diesen sowohl nach göttlichem und natürlichem Recht zustehen, als auch durch positive Staatsverträge garantirt sind“, und demgemäß „feierlichen Protest gegen die Kompetenz des Reichs⸗ tages erheben, durch einseitigen Beschluß internationale Verträge umzustoßen und die ehemals polnischen Landestheile Preußens in den Norddeutschen Bund einzuverleiben“. Der entsprechende Vorgang wiederholte sich bei Berathung der Verfassung des Deutschen Reichs in der Sitzung vom 1. April 1871, bei welcher der Abg. Dr. von Zoltowski mit neun Genossen und unter ähnlicher Motivirung beantragte, „die unter preußischer Herrschaft stehenden polnischen Landestheile von dem Reichsgebiet auszunehmen“ (vergl. Anlagen zu den Stenographischen Berichken des Reichstages Nr. 20 Seite 72). Bei beiden Gelegenheiten hob der Präsident der Bundeskommissarien, bezw. Bundeskanzler Fürst von Bismarck ausdrücklich hervor, daß der Protest sich gegen die Einheit der preußischen Monarchie richte und die politische Sonderexistenz einzelner Landestheile mit der be⸗ stehenden Ordnung unvereinbar sei (Stenographische Berichte des Reichstages für 1867 Seite 210; für 1871 Seite 98).

Inzwischen sind keinerlei Umstände hervorgetreten, aus welchen eine veränderte politische Auffassung der Partei zu folgern wäre. Als in den Sitzungen des Abgeordnetenhauses vom 28. und 29. Januar 1886 b“ Berichte des Abgeordnetenhauses für 1886 Bd. I.

.159 ff.) bei Berathung des Antrages Achenbach der Minister⸗ Präsident, Reichskanzler Fürst von Bismarck bemerkte, daß die Polen in der Hoffnung auf Wiederherstellung ihres Reichs in den Grenzen von 1772 (S. 169) ihre Zugehörigkeit zu Preußen nur auf eine vierund⸗ zwanzigstündige Kündigung anerkennten und bei ausreichender Gelegenheit sofort mit ihren Banderien ausrücken würden (S. 171); als ferner im Verlauf der Debatte der Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums von Puttkamer betonte, daß das Aussprechen einer solchen Hoffnung derjenigen der Zerstörung des preußischen Staats gleichstehe und das Verlangen nach einer nationalen Sonderexistenz gleichfalls eine Negation der Verfassung enthalte (Seiten 199, 201), beschränkte sich der Redner der Polenpartei, Dr. von Stablewski, auf die Erklärung Seite 193), daß „die Polen, falls sie jemals die Hoffnung auf die

Fiederherstellung Polens aufgeben sollten, damit in die Absichten Gottes eingreifen würden“, fügte jedoch hinzu, daß sie niemals ausgesprochen hätten, die „Grenzen des preußischen Staats ver⸗ rücken oder die Pflichten eines Unterthanen der preußischen Krone verletzen zu wollen.’ Diesem Zusatze entsprechend, hatte unter Anderem auch der Abg. Dr. von Jazdzewski in der Reichstagssitzung vom 16. März 1885 (Stenographische Berichte des Reichstages 1884/85 Band III Seite 1850) ausgesprochen, daß „die Polen nicht auf Erregung von Krieg abzielten, sondern in den Bestrebungen auf Erhaltung ihrer nationalen und völkerrechtlich verbrieften Rechte auf rein Pse zlichem Boden ständen“. 8

iese, in jedem der wichtigsten Stadien unseres neuesten Staats⸗ lebens wiederholten Kundgebungen lassen es außer Zweifel, daß die polnischen Abgeordneten zum Abgeordnetenhause wie zum Reichstage wenn sie auch die von der Aktionspartei zeitweise angewendeten gesetzwidrigen Mittel, insbesondere die der Gewalt und des Aufruhrs nicht gebilligt haben, und wenn densen s auch ihre Bestrebungen, so lange diese Nichtbilligung in Wort und in der That aufrechterhalten wird, als hochverrätherische nicht bezeichnet werden können do jedenfalls sich einmüthig zu Vertretern und Vorfechtern des von der Aktionspartei erstrebten Zieles gemacht haben, nämlich zur Verwirk⸗ lichung der fortgesetzt und nachdrücklichst ausgesprochenen Hoffnung auf die Wiederherstellung der Selbständigkeit oder doch der territorialen Einheit des polnischen Gesammtstaats in den Grenzen von 1772. Dies wäre aber nur dadurch zu erreichen, da ausgedehnte und für die äußere Sicherheit der preußischen Monarchie wichtige Landestheile aus dem Verbande derselben, wie aus demjenigen des Deutschen Reichs gelöst werden; das Ziel auch der harh Partei enthält somit eine Bekämpfung der beiden ersten Artikel sowohl der Staats⸗ wie der Reichsverfassung, nach welchen alle Landestheile der Monarchie in deren gegenwärtigem nse. das preußische Staatsgebiet bezw. dieses einen Theil des Bundesge iets bildet.

Dazu kommt, daß diesen beiden Verfassungen wie aus den Erklärungen, welche im Jahre 1850 die Mandatsniederlegung und den Wiedereintritt der Abgeordneten in die II. Kammer begleiteten, und aus dem Protest gegen die Aufnahme in den Norddeutschen Bund unzweifelhaft hervorgeht die Anerkennung Seitens der polnischen Partei jedenfalls insoweit versagt wird, als dieselben den als völker⸗ rechtlich garantirt beanspruchten nationalen und politischen Sonder⸗ Rechten der Polen entgegenstehen, mit welchen nach den eigenen Erklärungen der Partei beide Verfassungen nicht vereinbar sind.

Wie die Partei aber theoretisch die verbindliche Kraft der Reichs⸗ und der Staatsverfassung bestreitet, und in ihrem Endziele gegen die Integrität des Gebiets und in diesem auch gegen die nothwendige Voraussetzung der Existenz des Staats ankämpft, so ist andererseits auch durch die Gesetzgebung selbst anerkannt worden, daß auch noch durch die neuerdings thatsächlich hervorgetretenen Bestrebungen der Partei die innere Sicherheit und Wohlfahrt des Staats gefährdet und be⸗ einträchtigt werden. Durch die Gesetze, betreffend die Beförderung deutscher Ansiedelungen vom 26. April, die Errichtung von Fort⸗ bildungsschulen vom 4. Mai, die Dienstverhältnisse der Lehrer vom 15. Juli 1886, sowie betreffend die Theilung von Kreisen vom 6. Juni 1887 (Gesetz⸗Samml. S. 131, 143, 185 de 1886, S. 197 de 1887) ist für die Provinzen Westpreußen und Posen eine Reihe singulärer Vorschriften im Interesse des Staats und des staatlichen Schutzes der deutschen Bevölkerung für nothwendig erachtet, um wie die bezüglichen Motive sagen das Vordringen einer dem preußischen Staatsleben innerlich entfremdeten Nationalität in wichtigen Theilen der Monarchie aufzuhalten, um der Unterdrückung der in der Volksschule gelegten Grundlagen deutscher Sprache und Gesittung vorzubeugen und den Druck, welcher Seitens der polnischen Partei auf die Lehrer zur Vernachlässigung des deutschen Unterrichts geübt wird, zu heben, und um endlich der durch widerstrebende polnische Einflüsse herbeigeführten doppelten Gefahr einer Zurückdrängung und Polonisirung deutscher Minoritäten ent⸗ Füeesatten (Anlagen zu den Stenographischen Berichten des

bgeordnetenhauses für 1886 Bd. II. Seiten 980, 1059, 985; für 1887 Bd. II. Seite 1364).

Hiernach kann es einem Zweifel nicht unterliegen, daß nicht nur das von der polnischen Aktionspartei, sondern auch das von den, zur polnischen Fraktion vereinigten Abgeordneten erstrebte Ziel gegen die Grundlagen der bestehenden Staatsordnung gerichtet ist, und daß dessen Verwirklichung die innere Ruhe und Sichercheit des Staats empfind⸗ lich beeinträchtigen würde. Unter solchen Umständen ist die Theil⸗ nahme an jenen Bestrebungen mit den Pflichten eines Staatsbeamten unbedingt unvereinbar, da sich dieselben auf dem hier fraglichen Ge⸗ biet durchaus nicht auf Enthaltung von den Verbrechen des Hoch⸗

Achtung vor der bestebenden Staats⸗ und Rechtsordnung erheischen, ohne welches von dem Vertrauen nicht die Rede sein kann, das jede Führung e ines öffentlichen Amts im Staate erfordert. Das Geringste, was in dieser Beziehung von jedem Staatsbeamten verlangt werden muß, ist aber gewiß dies, daß er nicht gegen die bestehende Grundlage der ganzen Staatsverfassung anstrebt, von welcher sein Amt nur ein Theil 85 für deren Verwirklichung er in seinem Amt, wenn auch noch so untergeordnet, mitwirken soll.

Allein es würde und hierin ist der een des Vertreters des Angeschuldigten in der mündlichen Verhandlung beizupflichten ein Irrthum sein, wenn man davon ausgehen wollte, daß allen den⸗ jenigen Staatsbürgern, welche den Abgeordneten der polnischen Partei ihre Stimme geben, diese Ausübung eines staatsbürgerlichen Rechts als Theilnahme an jener staatsfeindlichen Agitation anzurechnen sei. Das ist namentlich auch von der preußischen Staatsregierung stets bestritten worden (zu vergl. die Ausführungen des Herrn Reichskanzlers im Anfang seiner Reichstagsrede am 18. März 1867, Stenographische Berichte S. 210). Ganzabgesehen davon, daß zahlreiche Personen zu solcher Stimmabgabe lediglich durch Irrthum verleitet werden, so kommen außer⸗ dem vielfach die Gesichtspunkte der Nationalität, Religion, Sprache und Sitte entscheidend zur Geltung, ohne daß der von diesen Geleitete daran dächte, auch für die sonstigen, die Grundlagen der Staats⸗ ordnung negirenden Bestrebungen der Partei eintreten zu wollen.

Die Verhängung der Strafe der Dienstentlassung über einen Beamten ist daher nicht lediglich durch die Thatsache der Förderung der Wahl eines polnjschen Kandidaten zu rechtfertigen; vielmehr bedarf es dazu noch des ferneren Nachweises, daß der Beamte bei solchem Handeln sich dessen bewußt oder gar gewillt ge⸗ wesen ist, durch dasselbe auch die staatsfeindlichen Bestrebungen der Partei zu fördern. Kann dieser Nachweis unter Umständen aus der Persönlichkeit des Beamten, seinem Bildungsstande und der Art und Weise sich ergeben, wie und unter welchen näheren Ver⸗ hältnissen er auch im Uebrigen am politischen Leben Theil genommen hat, so kommt als ein besonderes Moment dabei in Betracht, wenn derselbe über die eigene Stimmabgabe hinaus agitatorisch im Interesse der Partei gewirkt hat. Auch dem einfachsten und in untergeordneter Stellung beschäftigten Beamten kann es nicht wohl, verborgen bleiben, daß er sich durch eine solche agitatorische Thätigkeit in direkten Gegensatz zu den Bestrebungen setzt, welche der Staat durch Gesetzgebung und Verwaltung verfolgt. Läßt er sich gleichwohl nicht durch die Rücksicht auf sein Amt davon abhalten, über die Ausübung seines Staatsbürgerrechts durch Stimmabgabe bei den Wahlen hinaus, agitatorisch thätig zu werden, so wird das sich darin kundgebende besondere Partei⸗Interesse, die dabei hervor⸗ tretende Energie und Rucksichtslosigkeit in der Regel darauf schließen

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auch vielleicht nicht klar und wohlüberlegt, so doch im llgemeinen vertraut mit den Zielen der von ihm geförderten und vertretenen Aktionspartei gehandelt hat. 1

Bei Anwendung der vorstehenden Grundsätze auf den vorliegenden Fall steht durch Geständniß des Angeschuldigten fest, daß er nicht nur in T., sondern auch in mehreren fremden Gemeinden auf den Dr. R. lautende Stimmzettel vertheilt hat, welcher vom Vorder⸗ richter auf Grund der Notorietät als der Kandidat und als ein thätiges Mitglied der polnischen Partei bezeichnet ist. Wenn der Angeschuldigte, ohne dies zu bestreiten, dessen eidliche Vernehmung darüber verlangt, daß derselbe nicht beabsichtigt habe, die auf Los⸗ reißung von Reichstheilen und auf Herstellung eines Polenreichs ge⸗ richteten Bestrebungen wie die Berufung hinzufügt: in hoch⸗ verrätherischer Weise zu unterstützen, so ist diese Thatsache irrelevant, da das Verschulden des Angeklagten davon abhängt, ob er für den Kandidaten und damit für die Bestrebungen einer Partei, welche die Grundlagen der Staatsordnung bekämpft, bewußt eingetreten ist, nicht aber davon, welche Meinungsschattirung jener Kandidat innerhalb dieser Partei zu ver⸗ treten beabsichtigt. Daß aber der Angeschuldigte bei seiner Wahl⸗ thätigkeit im obigen Sinne gehandelt hat, ist um so mehr für dar⸗ gethan zu erachten, als der Vorderrichter aus genauer Kenntniß aller, die Reichstagswahl in seinem Kreise und das Treiben der Parteien bei derselben begleitenden Umstände zu der gleichen Annahme gelangt und von keiner Seite auch nur das Geringste zur Entkräftung derselben beigebracht ist. Dem Vorderrichter ist ferner darin beizutreten, daß das Amt des Schöffen kein intermit⸗ tirendes, auf die einzelnen Fälle der Vertretung des Vorstehers beschränktes, sondern ein für die Amtsperiode ununter⸗ brochen andauerndes ist, und daß somit der Angeschuldigte, indem er durch außeramtliche Vertheilung von Wahlzetteln die Bestrebungen der Polenpartei bewußt unterstützte, einer Verletzung seiner amt⸗ lichen Pflichten als Schöffe sich schuldig gemacht hat. Da bei der politischen Gesinnung, aus welcher dies Verhalten entsprang, die Erwartung einer künftigen gedeihlichen Amtswirksamkeit aus⸗ geschlossen erscheint, war von der Verhängung einer Ordnungs⸗ strafe abzusehen und daher die auf Dienstentlassung lautende Vor⸗ entscheidung lediglich zu bestätigen.

Der Kostenpunkt sich nach §. 51 des Disziplinar gesetzes vom 21. Juli 1852 in Verbindung mit §. 157 zu 2 des Landes⸗ verwaltungsgesetzes.

Urkundlich unter dem Siegel des Königlichen Ob Verwaltungsgerichts und der verordneten Unterschrift. 8

(L. S.) Persius.

verraths und des Aufruhrs beschränken, vielmehr dasjenige Maß der

lassen, daß der so Handelnde nicht in Unkenntniß und Unbefangenheit,

1. Steckbriefe und Untersuchungs⸗Sachen.

2. Zwangsvollstreckungen, Aufgebote, Vorladungen u. dergl.

3. Verkäufe, Verpachtungen, Verdingungen ꝛc.

4. Verloosung, Zinszahlung ꝛc. von öffentlichen Papieren.

Oeffentlicher Anzeiger.

5. Kommandit⸗Gesellschaften auf Aktien u. Aktien⸗Gesellsch. 6. Berufs⸗Genossenschaften.

7. Wochen⸗Ausweise der deutschen Zettelbanken

8. Verschiedene Bekanntmachungen.

1) Steckbriefe und Untersuchungs⸗Sachen.

[58626] Steckbrief.

Gegen den unten beschriebenen Arbeiter August Friedrich Rades, welcher flüchtig ist, ist die Unter⸗ suchungshaft wegen Vergehens gegen die §§. 95 und 241 des Str.⸗Ges⸗B. in den Akten U. R. II. 88. 88. verhängt. Es wird ersucht, denselben zu verhaften und in das Untersuchungs⸗Gefängniß zu Alt⸗Moabit Nr. 11/12 abzuliefern.

Berlin, den 24. Februar 1888.

Der Untersuchungsrichter bei dem Königlichen Landgerichte I.

Johl.

Beschreibung: Alter 27 Jahre, geb. 17./2. 61 zu Schlatikow, Größe 1,66 m, Statur untersetzt, Haare tiefdunkelblond, Stirn hochgewölbt, Bart Schnurrbart, roth, Augenbrauen blond, dünn, Augen blaugrau, Nase vorstehend, Mund gewöhnlich, Zähne unvollständig, Kinn oval, Gesicht länglich oval, markirt, Gesichtsfarbe gesund, Sprache deutsch.

[58629] Steckbrief. 8 Gegen den Maler Albert Strey, geboren am 14. Januar 1822 zu Rankelfitz, Kreis Regenwalde, zuletzt Berlin, Litzmannstraße 1 wohnhaft, welcher sich verborgen hält, ist die Untersuchungshaft wegen Diebstahls in den Akten J. IV. c. 847 87 verhängt. Es wird ersucht, denselben 89 verhaften und in das *“ zu Alt⸗Moabit 11/12 abzu⸗ iefern. Berlin, den 23. Februar 1888. Der Erste Staatsanwalt beim Königlichen Landgericht I. [58631] Bekanntmachung. Das unterm 21. Dezember 1885 hinter die un⸗ verehelichte Bertha Lüddecke aus Wartenberg in den Akten „M* 32/85“ erlassene „Offene Straf⸗ vollstreckungsersuchen“ wird erneuert. Potsdam, den 23. Februar 1888. Königliche Staatsanwaltschaft. [58630] Bekanntmachung. 1 Das unterm 13. August 1883 hinter den früheren Ziegeleibesitzer Johann Christian Schmidt aus Berlin in den Akten „M. ² 14/83“ erlassene Strafvollstreckungsersuchen“ wird erneuert. Potsdam, den 23. Februar 1888. Königliche Staatsanwaltschaft. [58628] 8 Die hinter dem Johann Carl Robert Lehmberg unterm 23. Oktober 1885 in Stück Nr. 255 sub Nr. 36 308 erlassene Strafvollstreckungsrequisition wird hiermit erneuert. 3 Waldenburg, den 23. Februar 1888. 8 Deer Staatsanwalt. 1 [58889] 18

Der am 27. April v. J. wider den Schuhmacher Jakob Wittig von Hattenheim erlassene Steckbrief wird als erledigt zuruͤckgezogen. 9 8

Hanau, den 25. Februar 1888.

Der He. encsnchse

Oeffentliche Ladung. Die nachgenannten Personen: 1) der Arbeiter Carl Franz Thieme, geboren am

[584222

24. November 1864 zu Gorzast, Kreis Lebus, letzter gewöhnlicher Aufenthaltsort ebendort,

2) der Tagelöhner Carl Friedrich Hilsberg, ge⸗ boren am 2. April 1865 zu Genschmar, Kreis Lebus, letzter gewöhnlicher Aufenthaltsort eben⸗ dort, der Schmied Heinrich August Ewald Hoffmann, geboren am 9. März 1865 zu Genschmar, Kreis

Lebus, letzter gewöhnlicher Aufenthaltsort Gor⸗ gast, Kreis Lebus,

werden beschuldigt, als Wehrpflichtige in der Absicht, sich dem Ein⸗ tritte in den Dienst des stehenden Heeres oder der Flotte zu entziehen, ohne Erlaubniß das Bundes⸗ gebiet verlassen zu haben oder nach erreichtem militär⸗ pflichtigen Alter sich außerhalb des Bundesgebietes Vergehen gegen §. 140 Abs. 1 Str.⸗G.⸗B.

ieselben werden auf den 14. Juni 1888, Mittags 12 Uhr, vor die Strafkammer bei dem Königlichen Amtsgerichte zu Küstrin zur Hauptver⸗ handlung geladen.

Bei unentschuldigtem Ausbleiben werden dieselben auf Grund nach §. 472 der Straf⸗Prozeßordnung von dem Herrn Civilvorsitzenden der Kreis⸗Ersatzkommis⸗ sion des Kreises Lebus zu Seelow am 1. Oktober 1887 resp. 20. Januar 1888 über die der Anklage zu Grunde liegenden Thatsachen ausgestellten Erklärungen verurtheilt werden. 3/88.

Landsberg a. W., den 24. Februar 1888.

Königliche Staatsanwaltschaft.

[58627] In der Strafsache gegen:

1) August Schüler, am 25. Dezember 1865 in Langenwolschendorf geboren, zuletzt in Zeulenroda wohnhaft, den Markthelfer Richard Paul Barth, am 28. Juli 1865 zu Greiz geboren, zuletzt da⸗ selbst wohnhaft,

3) Franz Louis Helm, am 4. Juni 1865 in Naitschau geboren, zuletzt daselbst wohnhaft,

4) den Weber Paul Eduard Hoffmann, am 2. Juli 1865 in Greiz geboren, zuletzt da⸗ selbst wohnhaft,

5) den Gerber Theodor Tobias Hoffmann, am 26. Januar 1865 in Zeulenroda geboren, zu⸗ letzt daselbst wohnhaft,

wegen dn der Millitärpflicht, ist durch Beschluß der Strafkammer II des Fürstlichen Land⸗ gerichts hier vom 23. lfd. Mts. das im Deutschen Reiche befindliche Vermögen der Angeschuldigten bis zur Höhe von 3300 mit Feca belegt worden, was andurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht wird.

Greiz, den 25. Februar 1888.

Deerr Fürstliche Staatsanwalt: Dr. Hanitsch.

[58694] Beschluß.

In der Strafsache gegen den Karl Davis, geb. am 30. November 1864 zu Altenkirchen (Land⸗ gerichtsbezirk Neuwied), zuletzt in Hannover wohn⸗ haft, z. Zt. angeblich in New⸗Pork, israelitisch, ehe⸗ licher Sohn des Kaufmanns Heimann Davis und dessen 8 Laura, geb. Altenberg, militärpflichtig, wegen Verletzung der Wehrpflicht, wird, da derselbe aus §. 140 des Strafgesetzbuchs beschuldigt ist, das im Deutschen Reich befindliche Vermögen desselben, soweit es zur Deckung der ihn möglicherweise treffen⸗ den höchsten Geldstrafe und der Kosten des Ver⸗ fahrens erforderlich ist, in Gemäßheit der §§. 325, 326 der Strafprozeßordnung mit Beschlag belegt.

Hannover, den 21. Februar 1888.

Königliches Landgericht, Strafkammer II a. eder. Lindenber Brodmann

Die Richtigkeit der Abschreft beglaubigtny;

(L. S.) Ei 82 8 Gerichtsschreiber des Königlichen Landgerichts.

[58695] Beschluß.

Auf Antrag der Königlichen Staatsanwaltschaft wird gegen

1) den Seefahrer Gerhard Schipmann aus Bokel, geb. am 1. Januar 1863 daselbst, Sohn des Brink⸗ 1. Gerhard Schipmann und der Catharina, geb.

eyer, zu Bokel,

2) den Ackersmann Johann Wilhelm Westhoff aus Niederlangen, geboren daselbst am 8. August 1865, Sohn des Ackermanns Johann Wilhelm West⸗

hoff und der Maria, geb. Schulte, zu Niederlangen, welche hinreichend verdächtig erscheinen, in nicht rechtsverjährter Zeit in der Absicht, sich dem Ein⸗ tritt in den Dienst des stehenden Heeres oder der Flotte zu entziehen, ohne Erlaubniß das Bundes⸗ gebiet verlassen zu haben und nach erreichtem mili⸗ tärpflichtigen Alter sich außerhalb des Bundesgebiets aufzuhalten, Vergehen gegen §. 140 Nr. 1 Straf⸗ gesetzbuchs, das Hauptverfahren vor der Strafkammer des Königlichen Landgerichts hierselbst eröffnet. Zugleich wird das im Deutschen Reich befindliche ee eines jeden der Angeklagten mit Bes elegt. 1G Osnabrück, den 23. Februar 1888. Königliches Landgericht, Strafkamm (gez.) Brandt. Harriehausen. Goering.

2) Zwangsvollstreckungen, Aufgebote, Vorladungen u. dgl.

335 1,53 [58635] Zwangsversteigerung.

Im Wege der Zwangsvollstreckung soll das im Grundbuche der Rittergüter des Kreises Kalau Band IV. Blatt Nr. 40 auf den Namen des Frei⸗ herrn Hermann Theodor Alfons Wolf von Kegler aus Breslau eingetragene, zwischen den Städten Lübbenau, Kalau und Luckau belegene Rittergut Tornow am 3. Juli 1888, Vormittags 10 Uhr, vor dem unterzeichneten Gerichte in Tornow ver⸗ steigert werden.

Das Grundstück ist mit 10512,69 Reinertrag und einer Fläche von 729,0550 Hektar zur Grund⸗ steuer, mit 1116 Nutzungswerth zur Gebäude⸗ steuer veranlagt. Auszug aus der Steuerrolle, beglaubigte Abschrift des Grundbuchblatts, etwaige Abschätzungen und andere das Grundstück be⸗ treffende achweisungen, sowie besondere Kauf⸗ bedingungen können in der Gerichtsschreiberei des unterzeichneten Gerichts eingesehen werden.

„Alle Realberechtigten werden aufgefvrdert, die nicht von selbst auf den Ersteher übergehenden An⸗ 8485 deren Vorhandensein oder Betrag aus dem

run buche zur Zeit der Eintragung des Versteige⸗ rungsvermerks nicht hervorging, insbesondere derartige

von Kapital, Zinsen, wiederkehrenden

ebungen oder Kosten, spätestens im Versteigerungs⸗ termin vor der Aufforderung zur Abgabe von Ge⸗ boten anzumelden und, falls der betreibende Gläu⸗ biger widerspricht, dem Gerichte glaubhaft zu machen, widrigenfalls dieselben bei Feststellung des geringsten Gebots nicht berücksichtigt werden und bei Vertheilung des Kaufgeldes gegen die berücksichtigten Ansprüche im Range zurücktreten. .““

Diejenigen, welche das Eigenthum des Grundstücks beanspruchen, werden aufgefordert, vor Schluß des Versteigerungstermins die Einstellung des Verfahrens herbeizuführen, widrigenfalls nach erfolgtem Zuschlag das Kaufgeld in Bezug auf den Anspruch an die Stelle des Grundstücks tritt.

Das Urtheil über die Ertheilung des Zuschlags wird am 7. Juli 1888, Vormittags 10 Uhr, an Gerichtsstelle zu Lübbenau verkündet werden.

Lübbenaun, den 19. Februar 1888. Königliches Amtsgericht.

[3553221 Aufgebot.

Die Quittungsbücher der Spar⸗ und Leihkasse für das ehemalige Amt Oldenstadt:

1) Nr. 1663 A. Fol. 38 pp über 1280,38 Gut⸗ haben am 1. Januar 1887 und über 100 Ein⸗ lage vom 8. Januar 1887, ausgefertigt für den Häus⸗ ling Heinrich Schulenburg zu Nienwohlde,

2) Nr. 9250 Fol. 26 ece über 647,31 ℳ%ℳ Guthaben am 1. Januar 1887 und über 150 Einlage vom 23. Mai 1887, ausgefertigt für Elise Heitsch, geb. Maaß, zu Nienwohlde, Ehefrau des Arbeitsmanns Wilhelm Heitsch daselbst,

3) Nr. 9400 Fol. 176 ee über 133,38 Gut⸗ haben am 1. Januar 1887, ausgefertigt für die un⸗ verehelichte Elisabeth Steinecke zu Nienwohlde

sowie die am 14. Dezember 1867 von dieser Spar⸗ kasse zu Gunsten des Häuslings Heinrich Schulen⸗ burg zu Nienwohlde ausgestellte Obligation Nr. 1663 Fol. 261 b über 100 Thlr.

sind zu Nienwohlde am 8. August 1887 angeblich verbrannt.

Auf Antrag der obigen 3 Gläubiger werden diese 4 Urkunden zum Zweck der neuen Ausfertigung hier⸗ durch aufgeboten und es werden die Inhaber dieser 4 Urkunden aufgefordert, spätestens in dem auf

Sonnabend, den 12. Mai 1888, vera 9 ½ Uhr, vor dem unterzeichneten Gerichte anberaumten Auf gebotstermine ihre Rechte anzumelden und die Urkunden vorzulegen, widrigenfalls die Kraftloserklärung der 4 Urkunden erfolgen wird.

Uelzen, den 17. Oktober 1887.

Königliches Amtsgericht. II. Guttermann.

[57146] Aufgebot.

Nr. 3843. Josef Hornung von Straßburg i. E. Kuhngasse Nr. 21, hat das Aufgebot der 4 % bad 11“ vom Jahre 1867 Serie 65 Nr. 32546, deren Besitz und Verlust glaubhaft ge macht wurde, beantragt. Der Inhaber der Urkund wird aufgefordert, spätestens in dem auf

den 9. März 1893, Vormittags 11 Uhr, vor dem Gr. Amtsgerichte dahier anberaumte Aufgebotstermine seine Rechte anzumelden und die Urkunde vorzulegen, widrigenfalls die Kraftloserklä rung derselben erfolgen wird.

Karlsruhe, den 15. Februar 1888.

Gerichtsschreiberei Gr. Amtsgerichts. Braun.

1—

[42648] Aufgebot.

Der Landwirth Albert Huth in Riechheim ha das Aufgebot des Conto⸗Beibuches der Erfurte Bank Pinkert, Blanchart & Co. A. Nr. 2678 übe 60 Kapital beantragt. Der Inhaber der Urkund wird aufgefordert, spätestens in dem auf

den 19. Inni 1888, Vormittags 11 Uhr, vor dem unterzeichneten Gerichte, 58, anbe raumten Aufgebotstermine seine Rechte anzumelde und die Urkunde vorzulegen, widrigenfalls die Kraft loserklärung der Urkunde erfolgen wird.

Erfurt, den 26. November 1887.

Das Königliche Amtsgericht. Abtheilung VIII.

[53554] Aufgebot.

Der Müller Heinrich Buxbaum in Pfungstad vertreten durch Rechtsanwalt Schmeel in Darmstad hat das Aufgebot eines unterm 1. August 1884 vo August Zerbé in Frankfurt a. M. ausgestellten, au den Hofzahnarzt W. Kling in Hanau gezogenen un von diesem acceptirten, am 30. November 1884 zahl baren Wechsels über 127 ℳ, der angeblich ver- nichtet ist, beantragt. Der Inhaber der Urkunde wird aufgefordert, spätestens in dem auf

den 19. September 1888, Vormittags 11 Uhr

vor dem unterzeichneten Gerichte, Marktplatz Nr. 18. Nr. 12, anberaumten Aufgebotstermin eine Rechte anzumelden und die Urkunde vorzulegen

widrigenfalls die Kraftloserklärung der Urkund

erfolgen wird. Hanau, den 27. Januar 1888. Königliches Amtsgericht. Abtheilung I. 8 gez. Bezzenberger

[58702) Amtsgericht Hamburg.

Auf Antrag von Rechtsanwalt Dr. Harder ar curator absentis des am 10. Dezember 1837 hie⸗ selbst geborenen August Heinrich Hagelstang welcher angeblich am 11. April 1853 nach Et Louis gegangen, am 10. Dezember 1859 von dort aus zu⸗