“ “ —
zum Schutz
internationalen Verbandes von Werken der Literatur und Kunst. 8 4) Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Feststellung ⸗Ueines Nachtrags zum Reichshaushalts⸗Etat für 8 5 . 3 22⸗/58 △ M 11 ; das Etatsjahr 1888/89. (Der Wortlaut dieser vier Gesetze ist in der Ersten Beilage abgedruckt.)
5) Anhang zu dem Bericht der VIII. Kommission zur Vorberathung des Gesetzentwurfs, betreffend den Ver⸗ kehr mit Wein — über die der Kommission überwiesenen Petitionen. 1
6) Antrag zur dritten Berathung des Gesetzentwurfs,, wegen Abänderung des Gesetzes, betreffend die Rechtsverhältnisse der deutschen Schutzgebiete, vom 17. April 1886 — Antragsteller: Struckmann.
Der Reichstag wolle beschließen:
1) in §. 6 Absatz 2 hinter „Reichsverfassung“ hinzuzufügen:
eund §. 4 des Wahlgesetzes für den Deutschen Reichstag, vom 31. Mai 1869 (Bundes⸗Gesetzbl. S. 145)“;
2) in §. 7 hinzuzufügen:
„Die Führung der Reichsflagge in Folge der Verleihung dieses Rechts hat nicht die Wirkung, daß das betreffende Schiff als deutsches Seefahrzeug im Sinne des §. 1 Absatz 1 Nr. 1 und §. 2 Absatz 1 des Gesetzes, betreffend die Unfallversicherung der Seeleute und anderer bei der Seeschiffahrt betheiligter Personen, vom 13. Juli 1887 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 329) gilt.“
7) Dreizehnter Bericht der Kommission Petitionen. Dem Reichstage war folgende zugegangen:
Der Reichstag wolle eine eingehende Prüfung der Mißstände an der Berliner Produktenbörse durch die hohe Reichsregierung ver⸗ anlassen und für deren Abstellung auf gesetzgeberischem Wege Sorge tragen. 1 Die Kommission beantragt: Der Reichstag wolle beschließen: 8 “
dem Plenum mittelst schriftlichen Berichts zu empfehlen, „die Petition dem Herrn Reichskanzler zur Erwägung zu über⸗ weisen, ob aus Anlaß der in der Petition so wie auch vielfach in der Presse zur Sprache gebrachten Mißstände eine Enquete über die Zustände der einheimischen Börsen vorzunehmen sei, und eventuell, ob eine reichsgesetzliche Regelung der Materie sich empfehlen möchte.“
für die Petition
— Im 7. Stettiner Wahlbezirk — Greifenberg⸗ Kammin — ist an Stelle des zum Polizei⸗Präsidenten in Frankfurt a. M. beförderten Reichstags⸗Abgeordneten von Köller der Stadtsyndikus Dr. Kohli zu Stettin (deutsch⸗ freisinnig) mit 5597 von 10 972 Stimmen zum Mitglied des Reichstages gewählt worden. Der Major a. D. von Köller zu Hoff (deutsch⸗konservativ) erhielt 5375 Stimmen.
— In der heutigen (32.) Sitzung des Hauses der lbgeordnetenführt der erste Vize⸗Präsident, Abg. Dr. Freiherr von Heereman, den Vorsitz. Auf der Tagesordnung steht die zweite Abstimmung über den Gesetzentwurf, betreffend die Abänderung des Artikels 73 der Verfassungs⸗ urkunde vom 31. Januar 1850. (Verlängerung der Legislaturperiode.) ““
In der Generaldebatte führt Abg. Rickert aus, daß die Nationalliberalen das, was sie vor den letzten Reichstags⸗ wahlen versprochen, den Wählern nicht gehalten, also das Volk getäuscht hätten; sie hätten versichert, daß es sich nicht um Aenderungen der Reichsverfassung handele, welcher die National⸗ liberalen am wenigsten zustimmen würden. Die erste That der Nationalliberalen aber sei ein Antrag auf Abänderung der Dauer der Legislaturperiode nicht blos im Reich, sondern auch in Preußen gewesen. Die Wähler würden indessen über die wahren Bestrebungen der Mehrheit allmählich klarer. Das beweise der Ausfall der Nachwahlen in Sagan und in Greiffenberg⸗ Kammin. Es werde gesagt, man wolle nur alle fünf Jahre wählen lassen, um die wilde Agitation herabzumindern. Dieser Behauptung gegenüber müsse die unwürdige Agitation im Wahlkreise Greiffenberg⸗Kammin, in der den Freisinnigen antimonarchische, antinationale, antichristliche Gesinnung vor⸗ geworfen worden sei, um so mehr auffallen; und wie verhalte sich dazu das Wahlflugblatt, das im 6. Berliner Wahlkreise von dem Abg. Stöcker verbreitet worden sei? Der Gesetzentwurf sei gegen die Oppositionsparteien gerichtet. Die Freisinnigen litten aber nicht an Pessimismus, sie würden es für ihre Pflicht halten, nach wie vor auf dem Platze auszuharren, und der Ausfall der jüngsten Wahlen lasse sie das Beste hoffen.
Abg. Freiherr von Minnigerode erwidert, daß die Frei⸗ sinnigen erfahrungsgemäß auch trotz für sie ungünstiger Haupt⸗ wahlen bei den Nachwahlen nicht selten Erfolge erzielten, in Folge ihrer außerordentlichen Rührigkeit, die sie auf wenige Punkte zu konzentriren dann in der Lage seien. Jedenfalls sei der Ausfall der Nachwahl in Kammin⸗Greiffenberg eine energische Aufforeerung zu erhöhtem Eifer für die Abgeordnetenhauswahlen und enthalte vor allem die Mahnung zur Einigkeit. Insofern sei der Mißerfolg nicht zu bedauern, denn er werde hoffentlich für die Abgeordnetenhauswahlen gute Früchte bringen. Zur Verlängerung der Wahlperiode seien die Konservativen nur durch sachliche Gründe bestimmt worden, durch die allgemeine Wahlmüdigkeit und durch das agitatorische Treiben der Gegner; der vollen Verantwortung für diese Maßregel seien sie sich den Wählern gegenüber vollbewußt.
Abg. Dr. Windthorst bemerkt, man dürfe aus den Nach⸗ wahlen wohl den Schluß ziehen, daß, wenn die Dinge wie bisher, unter der Kartellmehrheit fort⸗ gingen, die Stärke der Parteien bei den nächsten Wahlen sich sehr verschiebben werde. Die Abstimmung in Kammin zeuge für den gesunden Sinn der Bevölkerung, die dem Mischmasch des Kartells keinen Geschmach abge⸗ winnen könne. Bei den Reichstagswahlen vom Februar 1887 sei viel Täuschung untergelaufen; das Volk reibe sich jetzt die Augen und frage sich, wie es das alles habe glauben können. Der Schlaf sei allerdings etwas theuer bezahlt. Es sei bedenklich, daß eine Volksvertretung aus sich heraus die Rechte des Volks in solchem Maß beschränke, wie es durch den Antrag auf Verlängerung der Legislaturperiode ge⸗ schehe. An die Wähler könne nur die Aufforderung ge⸗ richtet werden, sich bei den nächsten Wahlen die Kandidaten recht vorsichtig anzusehen. Die Regierung und die Parteien aber möchten sich nicht wieder solcher Mittel bedienen, wie bei den letzten Wahlen. Nach einem Urtheil des Ober⸗ Verwaltungsgerichts sei ein Schulze gemaßregelt worden, weil er für einen Polen agitirt und gestimmt habe. Ein solcher Vorgang spreche dafür, die geheime Abstimmung einzuführen. Eine Aenderung der Wahlperiode sei unbegründet, da selbst
die Regierung seit Geltung der Verfassung kaum einen Anstoß dazu gegeben habe.
Abg. von Eynern bestreitet nicht, daß der Antrag gegen die Oppositionsparteien und ihre Agitation, gerichtet sei. Durch
Einführung der Se Legislaturperiode solle Zeit für ruhige und friedliche Arbeit geschaffen werden. Seitens der Nationalliberalen habe Marquardsen schon 1885 für die Verlängerung der Wahlperiode sich ausgesprochen Die Freude der Freisinnigen über die Wahl in Greiffenberg sei begreiflich. Noch vor wenigen Tagen habe der Abg. Rickert gefürchtet, daß unter dem Kartell den Konservativen die ihnen zur Mehrheit noch fehlenden 17 Stimmen leicht zufallen könnten; heute sei er schon siegesgewiß für die Zukunft. Der Abg. Dr. Windt⸗ horst sei früher selbst für Verlängerung der Legislaturperiode gewesen, er habe deshalb kein Recht, die gegenwärtige Majorität anzugreifen, als untergrabe sie die monarchischen Institutionen.
Abg. Träger bemerkt, daß das Ergebniß in Kammin nicht auf Agitation beruhe, es hätten kaum Flugblätter ver⸗ theilt werden können; das Resultat sei zur Ueberraschung der Freisinnigen ohne ihr Zuthun aus dem Boden herausge⸗ wachsen. Eine Verlängerung der Wahlperiode gerade in diesem Augenblick sei gefährlich. Eine freie Entwickelung des Wahl⸗ kampfes sei ein Sporn für das politische Leben. Die Ver⸗ schlechterung der Wahlkämpfe sei dadurch herbeigeführt worden, daß es sich nicht mehr um politische, sondern um Interessen— kämpfe handele, bei denen die Besitzenden ihre Uebermacht ausgebeutet hätten. Zu ihrer Verbesserung würde die Be⸗ seitigung der Interessenkämpfe mehr dienen, als die Ver⸗ längerung der Wahlperiode, für welche sich keine Stimme aus dem Volke geltend gemacht habe. Die Majorität sehe ein, daß sie mit den Mitteln der letzten Wahl dem deutschen Volke nicht zu oft kommen dürfe, darum verlängere man die Wahlperiode.
Abg. von Erffa wendet sich gegen die Agitation der Frei⸗ sinnigen in Thüringen. Ein freisinniger Kandidat sei zu 4 Monaten Gefängniß verurtheilt worden, weil er seinem nationalliberalen Gegner strafbare Handlungen vorgeworfen; ein anderer habe davon gesprochen, daß die Deutschen den Franzosen zwei Provinzen geraubt hätten.
Abg. Träger erwidert, daß der ersterwähnte freisinnige Kandidat begnadigt worden sei; von dem andern sei gerichtlich festgestellt, daß er von einer „Beraubung“ nur im Sinne der Franzosen gesprochen habe.
Bei Schluß des Blattes nimmt der Abg. Dr. Gneist das Wort.
— Ist ein Privatklageverfahren in Folge des Todes des Privatklägers eingestellt worden, so hat nach einem Urtheil des Reichsgerichts, II. Strafsenats, vom 6. De⸗ zember v. J., der Nachlaß des Privatklägers stets, also auch im Falle der erstinstanzlichen Verurtheilung des Angeklagten, welcher dagegen Berufung eingelegt hat, für die Kosten des Verfahrens aufzukommen.
— Der Unternehmer von Pflasterarbeiten, welche zur Befestigung von Strom⸗Buhnen dienen sollten, ließ die erforder⸗ lichen Pflastersteine von den Schiffen, auf denen sie ihm an die Baustelle geliefert wurden, durch seine Arbeiter an den Stellen ausladen, wo sie später verpflastert wurden. Die Pflasterer besorgten auch das Steintragen. Den Unfall eines hierbei verletzten Arbeiters hat die Berufsgenossenschaft, welcher der Pflasterungsbetrieb zugehört, nach der Rekursentscheidung des Reichs⸗Versicherungsamts vom 22. Dezember v. J. (Nr. 487) zu entschädigen. (Vergleiche Bescheid 171, „Amt⸗ liche Nachrichten des R.⸗V.⸗A.“ 1886 Seite 91.) Die Annahme ist unrichtig, daß das Ausladen deshalb als eine Handlanger⸗ thätigkeit nicht anzusehen sei, weil das Verpflastern der Steine erst einige Zeit später erfolgte, ein Umstand, der zudem erklärt wurde durch den hohen Wasserstand, welcher vorläufig die Ausführung von Pflasterarbeiten hinderte.
— Die Bestimmung in §. 57 des Krankenversicherungs⸗ gesetzes, daß gesetzliche Entschädigungsansprüche, welche dem von der Krankenkasse unterstützten Kassenmitgliede gegen dritte Personen zustehen, in Höhe der geleisteten Unter⸗ stützung auf die Krankenkasse übergehen, findet nach einem Endurtheil des III. Senats des Ober⸗ Verwaltungsgerichts, vom 19. Dezember v. J., keine Anwendung auf den nach Art. 60 des Handelsgesetzbuchs dem Handlungsgehülfen gegen den Prinzipal zustehenden
Anspruch (Fortbezug von Gehalt und Unterhalt während einer
durch unverschuldetes Unglück herbeigeführten, die Dauer von sechs Wochen nicht überschreitenden Krankheit). Ein solcher
Anspruch ist weder ein gesetzlicher im Gegensatz zu einem kontraktlichen, noch ein Entschädigungsanspruch.
— Nachdem der bis zum 1. März d. J. verlängerte Handelsvertrag zwischen Frankreich und Italien ab⸗ gelaufen ist, kommen für den gegenseitigen Waarenverkehr dieser Länder an Stelle der seitherigen Vertrags⸗Zolltarife erhöhte Zollsätze zur Anwendung. S. Zweite Beilage.
— Der Wirkliche Geheime Rath, General⸗Landschafts⸗ Direktor von Pommern, Moritz von Blanckenburg ist
in Zimmerhausen am 3. d. M. verstorben.
— Der Präses des Ingenieur⸗Comités, General⸗Lieutenant Schulz, ist von einer kurzen Dienstreise nach Glogau hierher zurückgekehrt.
— Als Aerzte haben sich niedergelassen die Herren: Dr. Ed. Jacobi, Gläser und Dr. Altmann, sämmtlich in Breslau, Kunze in Reichenbach i. Schl., Dr. Ebeling in Dittmannsdorf, Kirschstein in Görbersdorf, Dr. Ehring in Aschendorf, Dr. Albrecht in Schmitten.
Posen, 5. März. 24. Provinzial⸗Landtag der Provinz Posen. Nach den üblichen Eröffnungs⸗Feierlich⸗ keiten ernannte der Landtags⸗Marschall die Abgeordneten von Zoltowski und Herse zu Schriftführern und den Abgeordneten Kantorowicz zum Quästor des gegenwärtigen Provinzial⸗ Landtages.
Es wurde beschlossen, Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit dem Kronprinzen telegraphisch die Versicherung treuster Ergebenheit und herzlichster Theilnahme zu übersenden und 8 hoffnungsvollen Wunsche auf Genesung Ausdruck zu geben.
Mit Ausführung des Beschlusses werden der Landtags⸗ Marschall, dessen Stellvertreter Graf Kwilecki, Se. Durch⸗ laucht der Fürst Radziwill und der Abg. von Chlapowski be⸗ auftragt.
In der heutigen 2. Plenarsitzung sind vier Ausschüsse zur Vorberathung der dem Landtage vorliegenden Gegenstände, wie folgt, gebildet: I. Ausschuß. Verwaltung, allgemeine Ein⸗ richtung, Angelegenheiten der Landeskultur: Freiherr von Wi⸗ lamowitz⸗Möllendorf, Vorsitzender. II. Ausschuß. Chaussee⸗ und Wegesachen und Provinzial⸗Feuersozietät: Baron von
Chlapowski, Vorsitzender. armen⸗ und Zwangserziehungswesen: Fürst Radziwill. IV. Ausschuß. Finanz⸗ und Kasse Klitzing, Vorsitzender.
Bayern. München, 4. März. Wie die „Allg. Ztg. mittheilt, hat der Prinz⸗Regent auf das Abschieds⸗ gesuch, welches General⸗Kapitän Freiherr von Pranckh in Hinblick auf seinen dermaligen leidenden Zustand einreichte an das Königliche Kriegs⸗Ministerium unterm 2. d. M. nach stehendes allerhöchstes Signat erlassen: „Die Gefühl⸗ dankbarer Erinnerung und lebhafter Anerkennung für die treuen und hervorragenden Dienste, welche der General der In fanterie und General⸗Kapitän der Leibgarde der Hartschier, Freiherr von Pranckh, seit einer so langen Reihe von Jahren dem Königshause und der Armee geleistet hat, lassen es Mich als werthe Pflicht betrachten, demselben einen beson⸗ deren Beweis Meiner großen Werthschätzung seiner Dienste und seiner Person zu geben, indem Ich zu seinem Gesuck⸗ um Uebertritt in den Ruhestand Mich ablehnend verhalte und demselben vorerst so lange Urlaub ertheile, bis seine Gesund⸗ heitsverhältnisse eine Dienstleistung wieder gestatten.“
5. MZ1111I Königin von Sachsen sind heute Abend 8 Uhr 25 Minute mittelst Extrazuges hier eingetroffken und von dem Prinz⸗ Regenten, den Königlichen Prinzen, der Generalität unmd der sächsischen Gesandtschaft am Bahnhof empfangen worden Das Königliche Paar hat im Residenzschloß Wohnung ge nommen und gedenkt, vier Tage hier zu verweilen.
Die Abgeordnetenkammer hat heute den Gesep⸗ entwurf, betreffend die Ausführung von Eisenbahn⸗ Erweiterungs⸗ und Neubauten, mit einem Betrag⸗ von ca. 6 ¼ Millionen nach den Ausschußanträgen einstimmu genehmigt.
III. Ausschuß. Verwaltung, Land⸗ r Ferdinanmd nsachen: Hr. von
Sachsen. Dresden, 29. Februar. (Allg. Ztg.) Die seit mehreren Finanzperioden bei den jeweiligen Landtagen eingegangenen Eisenbahn⸗Petitionen haben, anstatt nat und nach sich abzumindern, auch bei diesem Landtage wiede wesentlich zugenommen. als 61 solcher Gesuche eingegangen — eine Zahl, die bishe noch bei keinem Landtage erreicht worden ist. Blos 4 derselben
bezwecken eine Abänderung der Richtungslinie oder Einmürn⸗
dung und 17 die Errichtung von Personen⸗ und Güter⸗Halte⸗ stellen, 40 dagegen den Bau neuer Linien. Die betreffende Deputs⸗ tion der Zweiten Kammer hat jedoch vorgeschlagen, nur diejeniger Gesuche um den Bau neuer Eisenbahnlinien der Regierung zur Er⸗ wägung zu empfehlen, welchen nach ihrer Meinung schon in den nächsten Finanzperioden näherzutreten sein wird. Bei den betreffenden Gesuchen handelt es sich um folgende 12 Linien. Bernstadt —- Löbau, Beucha — Nerchau —Trebsen, Dürrröhrs⸗ dorf —Dresden, Eich —Auerbach, Falkenstein —Schöneck bes Hammerbrücke, Limbach —Wüstenbrand, Lindenau — Markran⸗ stadt, Olbernhau —Sayda-— Bienenmühle, Oschatz —Strehl⸗, Saugersdorf — Schönheide, Waldheim —Hartha — Rochlitz und Wolkenstein — Jöhstadt. Im Einverständniß mit der Regie rung hat die Kammer den Deputationsvorschlägen zugestimmt — 5. März. (W. T. B.) Ein den Ständen zugegangenes Dekret setzt den Landtagsschluß auf den 23. März fest.
Württemberg. Stuttgart, 5. März. Das bereitz telegraphisch errmähnte Schreiben des Königs an der Staats⸗Minister Dr. Freiherrn von Mittnacht lauter nach dem „St.⸗A. f. W.“ wörtlich, wie folgt:
„Florenz, den 29. Februar 1888. Mein lieber Staats⸗Minister Dr. Freiherr von Mittnacht! Bei dem Herannahen Meines Geburt⸗⸗ festes erfüllt Mich vor Allem das Gefühl tiefsten Dankes gegen der allmächtigen Gott, dessen schützende Hand Mich während schwerr Krankheit vor drohender ernster Gefahr gütig bewahrt hat. Mer⸗ nächster Gedanke aber gehört der fernen theuren Heimath, welche Ich in naher Zeit wieder zu sehen hoffen darf. Zugleich ist es Mir Herzen⸗⸗ bedürfniß, für die während Meiner Krankheit Mir entgegengebrachter wohlthuenden Beweise warmer Theilnahme und treuer Anhaͤnglichker Allen, welche Mir solche bethatigt haben, Meinen gerührten urr innigsten Dank auszusprechen und Meinem geliebten Volke Meiner landesväterlichen Gruß zu entbieten.
Vorstehendes ersuche Ich Sie zur allgemeinen Kenntniß zu bringe
und verbleibe, Mein lieber Staats⸗Minister Dr. Freiherr von Mite⸗
nacht, mit der Versicherung Meines Woblwollens Ihr gnädiger Körit Karl. An den Herrn Präsidenten des Staats⸗Ministeriums, Staats⸗Minister Dr. Freiherrn von Mittnacht.“
Oesterreich⸗üngarn. Wien, 6. März. (W. T. Wie die „Presse“ meldet, seien die Verhandlungen der Regi⸗ rung mit den Vertretern des österreichisch⸗ungarischen Lloyd wegen Erneuerung des Subventionsvertrage: heute abgebrochen worden. Die Regierung hätte erklärt, üben die bisherige Subvention von 13⁄0 Millionen Gulden nict hinausgehen zu können. Die Verwaltung des Lloyd würde
nunmehr die Entschließung ihrer Aktionäre einholen, ob das
Angebot der Regierung anzunehmen sei.
— Das „Prager Abendblatt“ schreibt: Der Schul⸗ antrag des Prinzen Liechtenstein soll noch vor den 20. März im Abgeordnetenhause zur ersten Lesung ge langen, vorläufig soll jedoch noch nicht die Majorität für die Zuweisung des Antrages an den Schulausschuß gesichert sein da die Jungczechen mit der Linken für die Abweisung der Antrages eintreten werden. Daß übrigens die Agitation fir den Antrag Liechtenstein eine sehr lebhafte ist, kann aus den Protokoll der letzten Sitzung des Abgeordnetenhauses ersehen werden, welches die stattliche Zahl von 263 Petitionen un Wiedereinführung der konfessionellen Schule ausweist.
— 6. März. (W. T. B.) Nach einem Communigu- des „Fremdenblatt“ dürfte die nächste ordentliche Session der Delegationen erst in der zweiten Hälfte des Monatz Mai eröffnet werden.
Großbritannien und Irland. London, 6. Märnz (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Unterhauses stellte bei der Diskussion des Antrages, zur Einzelberathung des Kriegsbudgets überzugehen, Barttelot den Antrag auf Ernennung einer Kommission zur Untersuchung der Mittel zur Vertheidigung des Landes. Der Finanzsekretär im Departement des Krieges, Brodrie bekämpfte den Antrag, weil derselbe die Schwächen Eng lands vor der ganzen Welt bloßlegen würde. Der erste Lon des Schatzes, Smith, erklärte: die Regierung sei berei⸗ einer Untersuchung darüber zuzustimmen, in wie weit die Organisation des Heeres und der Flotte den nationalen Be⸗ dürfnissen entspreche, den Antrag Barttelot's könne die Re⸗
Es sind im Ganzen nicht weniges
gierung aber nicht acceptiren. Die weitere Berathung des Parteelot schen Antrages wurde schließlich auf nächsten Donnerstag vertagt.
Frankreich. Paris, 4. März. (Köln. Ztg.) Der Kriegs⸗Minister hat angeordnet, daß in diesem Jahre die Reservisten der Infanterie, Artillerie und des Genies nur auf 13 statt auf 28 Tage einberufen werden. Diese Maß⸗ regel ist aber nicht auf die Reservisten der Kavallerie und nicht auf die der Infanterie des III. und XI. Armee⸗Corps anwendbar, die zu den großen Manövern bestimmt sind.
— 5. März. (W. T. B.) General Boulanger richtete aus Clermont⸗Ferrand vom 3. d. ein Schreiben an den Kriegs⸗Minister, in welchem er demselben anzeigt, es seien in Bezug auf die in diesem Monat stattfindenden Wahlen dringende Aufforderungen an ihn ergangen. Da es seine Stellung, namentlich jetzt, mit sich bringe, daß er sich ganz seinen militärischen Pflichten widme, so bitte er den Kriegs⸗ Minister, entweder selbst dies Schreiben zu veröffentlichen, oder ihn zu ermächtigen, seinerseits ein Schreiben zu ver⸗ öffentlichen, in welchem er seine Freunde ersuchen würde, keine Wahlstimmen auf ihn abzugeben, da er eine Wahl nicht annehmen könne.
In der Deputirtenkammer fragte heute bei der Be⸗ rathung des Kriegsbudgets der Deputirte La Förronays an, ob der Minister dieses Jahr die ganze Altersklasse einzu⸗ berufen beabsichtige und ob die Munizipalräthe für das ge⸗ sammte Kontingent oder für den einzuberufenden Theil des⸗ selben für die Ernährer der Familien Ausnahmen verlangen könnten. Der Kriegs⸗Minister bedauerte, keine bestimmte Antwort so lange vorher geben zu können; allein nichts hindere die Munizipalräthe, sich mit ihren Nachforschungen auf den ersten Theil der Einzuberufenden zu beschränken. Im weiteren Verlauf der Sitzung wies der Deputirte Keller auf den häufigen Wechsel im Kriegs⸗Ministerium und auf die nach und nach eingetretenen Herabsetzungen des Kriegsbudgets hin, wodurch die militärische Stellung Frankreichs schwer beeinträchtigt würde; diese Reduktionen nöthigten zur Schwächung der Com⸗ pagnien durch vorzeitige Beurlaubungen. Es sei nothwendig, hier eine Besserung zu schaffen. Der Kriegs⸗Minister erwiderte, im Jahre 1887 wäre man allerdings aus verschiedenen Ursachen zu zahlreicheren Beurlaubungen genöthigt gewesen; im Jahre 1888 habe sich jedoch die Situation gebessert und würden 19 000 Mann, welche im vergangenen Jahre zurückgestellt wurden, dem Effektivstand eingereiht werden können. Es sei wünschenswerth, die Compagnien auf einen Effektivstand von 125 Mann zu bringen, jedoch seien hierzu noch verschiedene vorbereitende Maßregeln, namentlich eine Vermehrung der unteren Cadres der Armee, nothwendig. Er werde demnächst Maßregeln vorschlagen, um zu dem Effektivstand von 125 Mann per Compagnie zu gelangen. Die Generaldiskussion wurde sodann geschlossen.
Italien. Rom, 5. März. (W. T. B.) In der heutigen
Sitzung der Deputirtenkammer gedachte der Deputirte Sonnino Sidney der Krankheit Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen und er⸗ klärte: Die italienische Nation verfolge mit inniger Theilnahme die von dem Kronprinzen, dem Gaste Italiens und dessen aufrich⸗ tigem Freunde, mit solcher Ergebenheit getragenen Leiden. Er sei überzeugt, daß die Kammer damit einverstanden sein werde, dem Kronprinzen, der Kronprinzessin und den Kaiserlichen Majestäten sowie dem ganzen Deutschen Reiche im Namen der ganzen italienischen Nation ihre innigste Theilnahme und herz⸗ lichsten Wünsche für die Wiedergenesung des Kron⸗ prinzen auszusprechen. (Lebhafter Beifall.) Der Minister⸗ Präsident Crispi schloß sich den Ausführungen des Redners an und erklärte: Italien entbiete seinem Erlauchten Gast, dem Freunde seines Königs, die besten Güüße und wünsche, daß er seine volle Gesundheit wiedererlange und dereinst das mächtige Deutsche Reich regieren möge. Die Kammer spreche dem erhabenen Kranken ihre innigste Sympathie und tiefe Ergebenheit aus. (Lebhafte allseitige Zustimmung.) Der Präsident der Kammer äußerte hierauf: obwohl die Kammer einstimmig für den Antrag Sonnino zu sein scheine, müsse er doch darüber abstimmen lassen. Die Kammer nahm den Antrag einstimmig an. Nach der Abstimmung erklärte der Präsident: er werde sich beeilen, die so feierlich geäußerten Wünsche der Kammer Sr. Kaiser⸗ lichen und Königlichen Hoheit dem Kronprinzen zu übermitteln, und schließe sich denselben aus vollem Herzen an in der Hoffnung, daß diese Wünsche Erhörung finden mögen. — Im weiteren Verlauf der Sitzung erklärte der Minister⸗ Präsident Crispi auf verschiedene Anfragen: er werde einen Gesetzentwurf, betreffend die Unterstützung der durch die jüngsten Schneelawinen Verunglückten, vorlegen. Comin von der Linken kündigte eine Interpellation an über den Zwischenfall an der Grenze bei Modane, Riccio (Linke) eine solche über die unzureichenden italie nischen Streitkräfte in Afrika. Pignatelli fragte an: ob die Garnison von Massovah stark genug sei, um den Abessiniern Widerstand zu leisten. Ferrari (äußerste Linke) interpellirte über die diplomatische Aktion Italiens in der bulgarischen Frage. Der Minister⸗Präsident Crispi erklärte im Namen des Kriegs⸗Ministers, die Anfragen Riccio's und Pignatelli's betreffs der afrikanischen Verhältnisse nicht beantworten zu können. Morgen werde er mittheilen, ob und wann er diejenige Ferrari's beantworten werde. Was die Anfrage Comin's betreffe, so könne sich das Ministerium des Aus⸗ wärtigen mit den Zwischenfällen bei Modane nicht befassen, weil dieselben bedeutungslos und die Schuldigen bereits von den französischen Behörden bestraft seien. — Türkei. Konstantinopel, 6. März. (W. T. B.) Der Großvezier hat, dem russischen Antrag entsprechend, an die bulgarische Regierung telegraphisch die Erklä⸗ rung gerichtet, daß die Anwesenheit des Prinzen Ferdinand an der Spitze der Regierung des Vasallen⸗ staats illegal sei.
Rumänien. Bukarest, 5. März. (W. T. B.) Tele⸗ gramm der „Agence Havas“. Dem Vernehmen nach würde Ghika mit dem früheren Gesandten in Wien Carp ein neues Kabinet bilden, in welchem Letzterer voraussichtlich das Portefeuille des Aeußeren übernehmen dürfte, falls Strudza dasselbe ablehnen sollte.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 2. März. Der Kronprinz wird, wie „Aftonbladet“ berichtet, aus Anlaß des Hinscheidens seines Schwagers, des Prinzen Ludwig von Baden, nicht nach England reisen, um der Feier der silbernen Hochzeit des Prinzen und der Prinzessin von Wales
1“
Waaren:
beizuwohnen. — Prinz Carl ist aus Christiania wieder eingetroffen. — Die Vermählung des Prinzen Oskar mit Fräulein Ebba Munck wird mit Ge⸗ nehmigung des Erzbischofs von Canterbury in der St. Stephens⸗Kirche in Bournemouth am 15. d. M. statt⸗ finden. — Die Regierungsvorlage, betreffend die Er⸗ höhung der Branntweinsteuer von 40 auf 45 Oere für den Liter, sowie ein Antrag des Abg. Wretlind: die Steuer auf 50 Oere zu erhöhen, sind von der Ersten Kammer ohne Verhandlung verworfen worden. In der Zweiten Kammer nahm dagegen die Sache einen anderen Ausgang. Abg. Wretlind vertheidigte seinen Antrag lebhaft: nicht die Staatseinnahmen zu vermehren, wofür schon anderweitig gesorgt sei, sondern die Trunksucht durch die Steuererhöhung zu vermindern, das sei seine Absicht. Nach einer stürmischen Debatte, die erst spät in der Nacht zum Abschluß kam, wurde der Antrag des Abg. Wretlind mit 115 gegen 76 Stimmen angenommen. Die Frage wird also erst in gemeinschaftlicher Abstimmung beider Kammern zur Entscheidung kommen.
Christiania, 2. März. Die Verhandlungen des Storthings über die Interpellation des Abg. Konow, betreffend die Situation des Ministeriums, wurden heute Mittag beendet. Staats⸗Minister Sverdrup hatte sich mit Entschiedenheit gegen die beantragten Resolutionen ausge⸗ sprochen, da dieselben Mißtrauensvoten enthielten; von Seiten seiner früheren liberalen Parteigenossen wurde der Minister jedoch auf die schonungsloseste Weise angegriffen. Die Resolution, welche der Abg. Blekaslad im Namen der äußersten Linken gestellt hatte: „Das Storthing, indem es erwartet, daß die Regierung so zusammengesetzt werden wird, daß sie eine parlamentarische liberale Majorität um sich sammeln kann, geht zur Tages⸗— ordnung über“, wurde mit 61 gegen 51 Stimmen ver⸗ worfen. Dieses Resultat wurde nur erreicht, indem die ganze konservative Fraktion für die Regierung stimmte, da sie es jetzt noch nicht für opportun hielt, das liberale Ministerium Sverdrup zu stürzen. Von diesem Gesichtspunkt aus wurde auch die zweite Resolution des Abg. Dahl, die annehmen zu wollen Staats⸗Minister Sverdrup schließlich erklärt hatte, mit 74 gegen 38 Stimmen verworfen. Dieselbe lautete: „In der Erwartung, daß die Ergänzung der Regierung in Uebereinstimmung mit dem Programm ihrer ursprünglichen Zusammensetzung erfolgen wird, geht das Storthing zur Tagesordnung über.“
— 5. März. (W. T. B.) Der Ingenieur O. Jacobsen sowie die Mitglieder des Storthings Dahl und Liestol sind heute zu Staatsräthen ernannt worden.
Zeitungsstimmen.
△
„Die Industrie“ äußert das Börsenspiel in
gegen
Seitdem das Börsenspiel in Werthpapieren sich nicht mehr so ergiebig wie früher zeigt theils weil die Zeitverhältnisse nicht günstige sind, theils weil es vielfach in Mißachtung gerathen ist, haben die Träger und Vermittler des reinen Spekulationsgeschäfts das Börsen⸗ spiel in Waaren befördert und hiermit leider auch in Deutschland bedenkliche Erfolge erzielt. Hat es doch in Deutschlands größtem Hafenplatz nicht an Stimmen gefehlt, welche die Organisation und
Erleichterung des sogenannten Termingeschäfts in Kaffee als eine
nützliche Errungenschaft begrüßten. Als jüngst auch in London die Spekulation eine besondere Liquidationskasse für das Geschäft in Kaffee und Zucker gründete, um den dortigen Waarenmarkt für ihre Zwecke umzugestalten, da erhoben die altansässigen und angesehenen Häuser desselben im Interesse des wirklichen Geschäfts begründeten Einspruch gegen die Gefährlichkeit dieses Beginnens, da hierdurch das Börsenspiel in Waaren lediglich erleichtert, gefördert und wird und zwar satzungsgemäß wie folgt: Spekulant A. verkauft an Spekulant B. 500 Sack Rio⸗Kaffee auf Mai. Der Vertrag wird von der Liquidationskasse vorgemerkt auf die Namen von A. und B. oder ihrer Makler, beide Theile hinterlegen eine sogenannte Deckung und die Vermittelungsgebühr. Nach einer Woche kauft A. die 500 Sack Kaffee mit 10 % Nutzen zurück und da seine Rechnung damit schließt, zahlt ihm die Liquidationskasse sofort einen Nutzen aus, velchen er sonst erst bei Ablauf der Lieferungszeit, in diesem Falle Mai, erhalten haben würde. Eine derartige Begünstigung des Börsen⸗ spiels in Waaren muß das wirkliche Geschäft beeinträaͤchtigen und bald den ganzen Waarenmarkt in Mitleidenschaft ziehen, denn das Börsen⸗ spiel bedarf starker Schwankungen, verrückt im Interesse derselben das natürliche Verhältniß zwischen Angebot und Nachfrage und läßt künstliche Preissteigerungen (wie die letzte „Kaffeeschwärze“ in Newyork) immer häufiger befürchten. Erachten es doch selbst ehrlichere Börsen⸗ blätter für unzweifelhaft, daß durch eine solche Liquidationskasse eine Menge grundsatzloser Geldmänner und Spekulanten, welche früher dem soliden Waarenmarkt fernblieben, sich bemühen wird, an Stelle des wirklichen Umsatzes sogenannte Fixgeschäfte zu setzen, wobei das Einstecken der Differenz die Hauptsache ist. Und nicht genug damit, suchen jene dunklen Ehrenmänner zu diesem Börsenspiel in Waaren weitere Kreise heranzuziehen, um die Unerfahrenheit derselben in mehr oder minder unerlaubter Weise auszubeuten. In Frankreich, der Schweiz, Oesterreich⸗Ungarn und wohl auch in Deutschland suchen reisende Börsenagenten Stadt und Land ab, um allerlei Leute zum
Spiel auf der Waarenbörse zu verlocken, wobei sie mit ihrer Kenntnih
der börsenmäßigen Kniffe und Schliche unter allen Umständen ge⸗ winnen. In Oesterreich⸗Ungarn hatte letzten Herbst das Spiel in Getreide derart überhand genommen, daß geachtete Kaufmannshäuser erklärten, für Privatleute keine Aufträge an der Getreidebörse mehr usführen zu wollen. Am 11. Januar d. J. wurde in der Schreib⸗ stube der Wiener Frucht⸗ und Mehlbörse das Vorgehen gewisser reisender Fruchtagenten allgemein verurtheilt, allein auf das gerecht⸗ fertigte Verlangen, daß nur solche Termingeschäfte in Getreide vom
Schiedsgericht der Fruchtbörse angenommen werden sollten, welche von
2
protokollirten Firmen geschlossen wurden, gingen die Vertreter der Wiener Frucht⸗ und Mehlbörse nicht ein, und es ist von dieser Seite
sicherlich keinerlei Unterstützung für jene Bestrebungen zu erwarten,
welche das Börsenspiel möglichst auf die Börse beschränkt sehen wollen. Liegt ja doch vielmehr im Interesse der Hebung derselben die Heran⸗ ziehung möglichst weiter Kreise und die Unterstützung solcher Ein⸗ richtungen, welche das Börsenspiel erleichtern und begünstigen, so die Gründung von Liquidationskassen. Je größer die Kundschaft, desto besser das Geschäft für diese neuesten Organisationen des modernen Börsenspiels, und die Bankhalter desselben, in London Rothschild und Genossen, werden gut dabei fahren, allerdings auf Kosten des wirk⸗ lichen Geschäfts, auf Kosten der Erzeuger und der Verbraucher. Wenn auf dem Waarenmarkt Jemand in seinem Geschäft auch spekulirt, so mag das im Wesen des Verkehrs begründet sein. Wenn aber daselbst Jemand die Spekulation zu seinem Geschäft macht, wenn neben einem wirklichen Getreide⸗ oder Kaffeehändler Dutzende von Pavpier⸗ Kaffeehändlern und Papier⸗Getreidehändlern arbeiten, und mit ihrer Mehrheit den rechtlichen Verkehr verwirren und verrücken, dann erscheint es an der Zeit, daß die Staatsgewalt einschreitet und den Markt im allgemeinen Interesse von den gemeinschädlichen Elementen befreit. Nachgerade wird diese allerwärts und dringlicher auftretende
Forderung nicht mehr wie bisher kurzer Hand abgelehnt werden
können, das mehr und mehr um sich greifende Börsenspiel selbst mahnt an die Erfüllung derselben.
hier /
vermehrt
— Die „Berliner Börsen⸗Zeitung“ berichtet: In den großen Distrikten unserer Weberei⸗Industrie hat sich die Beschäftigung derartig gestaltet, daß vielfach mit Ueberstunden ge⸗ arbeitet wird. Es greifen verschiedene Faktoren zusammen, um dieses zufriedenstellende Resultat hervorzubringen. Abgesehen davon, daß die Deckung des Saisonbedarfs augenblicklich schärfer als zu irgend einer anderen Zeit hervortritt, giebt der ausländische, namentlich überseeische 8 Verkehr, den wir direkt oder indirekt unterhalten, Veranlassung zur günstigen Beurtheilung der Thätigkeit unserer Weberei. Der inländische Bedarf drängt sich diesmal mehr zusammen als sonst. Man war an⸗ fänglich recht vorsichtig im Bestellen, sieht sich deshalb jetzt genöthigt, Waare herbeizuschaffen, weil, wie sich herausstellt, die alten Vorräthe viel geringer als in früheren Jahren sind. Die kleinen Kunden hatten sich daran gewöhnt, immer nur das Nothwendigste einzukaufen, so daß die Bestände sich allmählich sehr reduzirt haben, während anderer⸗ seits auch mit der Thatsache gerechnet werden muß, daß der inländische Konsum sich vergrößert hat. Wir führen das hauptsächlich auf die relative Billigkeit der jetzt fabrizirten Waaren zurück, welche sich schneller abnutzen, dadurch aber auch viel schnellere Anschaffungen nöthig machen Der Bezug besserer Qualitäten ist ver⸗ hältnißmäßig lange nicht in dem Maße gestiegen, wie derjenige der geringeren Waaren. Die Entfaltung unseres ausländischen Verkehrs hat sich entschieden gebessert. Wir haben auf diese That⸗ sache schon in unseren vorjährigen Berichten über die Weberei⸗ Industrie hingewiesen. Die inzwischen veröffentlichten Zahlen unter⸗ stützen unsere damaligen Behauptungen auf das Eklatanteste. Die Ausfuhr von Baumwollwaaren ist von 265 088 Dopp.⸗Ctr. im Jahre 1886 auf 302 795 gestiegen, von wollenen Waaren von 278 458 Dopp.⸗Ctr auf 291 243 Dopp⸗Ctr., nur seidene Waaren zeigen einen schwachen Rückgang auf 57 767 Dopp.⸗Ctr. gegen 57 866 Doypp.⸗Ctr. im Jahre 1886. So ist auch seit Beginn es Jahres eine Ver⸗ größerung unserer Ausfuhr wiederum bemerkbar. Abgesehen von unseren Nachbarländern, deren Bedarf normal geblieben ist, hat England uns größere Aufträge als im Vorjahre ertheilt. Der Geschäftsgang daselbst hat sich bekaänntlich ebenfalls gebessert, namentlich ist der Bedarf der englischen Kolonien aus dem Mutterlande gestiegen. Unser Export nach dem überseeischen Auslande nimmt, trotzdem wir schon im vorigen Jahre eine Aufbesserung aufzuweisen hatten, weiter zu. Die Aussichten es nordamerikanischen Geschäfts sind, trotz der in den Vereinigten Staaten rapide fortschreitenden Selbstfabrikation, gleichfalls günstig. Ein anderes Absatzgebiet, dessen ganze Kraft und Starke uns erst jetzt veranschaulicht wird, bilden die südamerikanischen Staaten, die sich immer mehr von dem französischen Markte emanzipiren und zwar zu Gunsten der deutschen Ausfuhr. Die Kultivirung dieses Absatz⸗ gebiets, wenn auch vielleicht durch indirekte oder fremde Vermittelung, bietet unserem Handel noch eine vorzügliche Perspektive, die auszunutzen den nächsten Jahren vorbehalten bleibt. Was die einzelnen Zweige in der Weberei⸗Industrie anbetrifft, so liegen die Verhältnisse in der Kleiderstofffabrikation zum großen Theile günstig, das Elsaß, viele sächsische, rheinische und thüringische Fabrikstädte sind recht gut beschäftigt, auch von den Tuchwebereien bekommen wir aus den Hauptdistrikten vom Rhein, aus der Lausitz bef 1 Mit⸗ theilungen. Während Seidenwebereien eine den Verhältnissen angemessene, nicht unbefriedigende Beschäftigung aufzuweisen haben, ist dieses leider bei Sammet⸗ und Plüschwebereien durchaus nicht der Fall. Alle diejenigen Fabriken, welche Saison⸗ artikel herstellen, Regenmäntel⸗, Konfektionsstoffe haben recht gute Beschäftigung, auch Flanellweb melden größere Beschäftigung, als im Vorjahre um diese Zeit. Leinenwebereien verzeichnen für Stapelartikel vermehrte Inanspruchnahme, Baumwollwebereien arbeiten schon seit längerer Zeit befriedigend. Die Berichte über die Preis⸗ notirungen lauten im Allgemeinen weniger günstig; während Roh⸗- materialien feste Tendenzen aufweisen, genießt das fertige Fabrikat diesen Vorzug noch immer nicht in einer Weise, daß wir von einem allgemeinen Preisaufschwung sprechen könnten — Die „Nord-Ostsee-Zeitung“ untersucht die Ver⸗ häͤltnisse der internationalen Konkurrenz und eröffnet dabei für Deutschlands Handel und Industrie nachstehende Perspektive: Die Ausdehnung der kolonialen Wirthschaftsgebiete unseres Vaterlandes unter dem vernünftig begrenzten Schutz des Reichs, wird der heimischen Produktionskraft Absatzgebiete eröffnen, die zwar langsam aber mit Sicherheit immer aufnahmefähiger werden, durch ihre Rohprodukte und steigenden Bedürfnisse befruchtend auf die deutsche Industrie wirken, dieselbe immer vielseitiger sich entwickeln elfen und ihrerseits jene in der Heimath überschüssigen deutschen Arbeitskräfte an sich zieden werden, deren Tüchtigkeit und Intelligenz bisher nur in der Fremde Verwendung gesucht hat und so die aus⸗ ländische Industrie zur Konkurrenz gegen das Mutterland befähigen lf. Das bisher auf industriellem Markt Errungene und die mit it bevorstehenden Wandlungen der hier angedeuteten Art Zuversicht, daß unsere Nation den immer intensiver n internationalen wirthschaftlichen Kampf mit Erfolg be⸗
dieses Llehes
frS ⸗5⸗55⸗ befriedigende
Srefron Lrelen
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Der Ober⸗Bürgermeister'; Kuntze in Plauen i. V. hatte im März v. J. für die Feier des bevorstehenden Geburtsfestes Sr. Majestät des Kaisers mehrere Festlieder unter dem Titel „Kaiserlieder“ rucken lassen, welche sich zu gemeinschaftlichem Gesange nach be⸗ kannten Melodien und zur Deklamation eignen. Diese Lieder haben s. Z. so vielseitige Verbreitung in allen Gauen Deutschlands gefunden, daß die große Auflage am Festtage völlig vergriffen war. 2 lage von F. E. Neupert in Plauen ist nun unter dem Titel „Vaterländische Lieder und Festgedichte“ eine zweite ver⸗ mehrte Auflage der Kaiserlieder erschienen. Der Preis ist 10 ₰, für Üüc „für 100 Stück 6 ℳ
— ie am 3. d. M. erschienene Nr. 2331 der „Illu⸗ strirten Zeitung“ enthält u. A. folgende Abbildungen: Krieg im Frieden. Gemälde von L. Blume⸗Siebert — Karl Bartsch, † am 19. Februar. — Berliner Bilder: „Elektricitäts⸗Nassauer“. Volk e am Bahnhof Friedrichstadt. Originalzeichnung von E. Ho⸗ sang. — Von der russischen Grenze. 2 Abbildungen. Nach Zeich⸗ nungen von A. Wanjura. — Bilder aus Warschau. 12 Abbildungen. Das Geisterschiff. Nach dem eigenen Gemälde gezeichnet von Gustav Wertheimer. — Gustav Wertheimer. — Der Eispalast im Garten des Aquariums zu St. Petersburg, eine Copie des Eispalastes vom Jahre 1740. — Oberwiesenthal im Erzgebirge nach dem großen Schneefall. 4 Abbildungen.
Karlsruhe, 21. Februar. In einer der letzten Sitzungen der Ersten Kammer wurde die in letzter Zeit durchgeführte Neuordnung des Großherzoglichen General⸗Landesarchivs sehr an⸗ erkennend besprochen. Die interessantesten Urkunden dieser archivalischen Sammlung, welche bis in die Zeit der Karolinger zurückreicht und namentlich zahlreiche auf die Geschichte des badischen Fürstenhauses bezügliche Archivalien aus den Aeltesten Zeiten bis zur Gegenwart enthält, sind jetzt in Glaskästen zur allgemeinen Besichtigung ausgestellt und bilden eine Sehens⸗ würdigkeit der Residenz. Das Archiv wird seit einigen Jahren besonders durch die wissenschaftlichen Arbeiten der Badischen Historischen Kommission in Anspruch genommen, welche dem⸗ nächst eine Geschichte der Zähringer herausgeben wird. In der Debatte wurde der Wunsch ausgesprochen: die Großherzogliche Regierung möge noch mehr als bisher darauf Bedacht nehmen, durch Abschluß von Verträgen mit den benachbarten Staaten den Austausch solcher Archi⸗ valien herbeizuführen, die bei den vielen Theilungen der Territorien in Süddeutschland nicht dem neuerwerbenden Staat mit übergeben worden sind.
Sanitäts⸗, Veterinär⸗ und Quarantänewesen.
GII11““
In der Gemeinde Halmstad im Kirchspiel Skummeslöf der schwedischen Provinz Halland ist der Milzbrand a ebrochen. “