1888 / 61 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 06 Mar 1888 18:00:01 GMT) scan diff

allerdings heute nicht zahlreich vertreten seien. Der Antrag habe eine hohe politische Bedeutung. Es sei keine Frage, daß der Patriotismus und die Opferfreudigkeit der östlichen Be⸗ wohner auch ihre Grenze finden werde. Man sollte darauf Bedacht nehmen, die Zufriedenheit in diesen Landes⸗ threilen nicht auf eine zu harte Probe zu stellen, daran denken, daß die Leute dort auch Wähler seien und sich er⸗ innern, daß eine so regierungstreue und patriotische Mehrheit wie jetzt dort nicht immer vorhanden gewesen sei und auch einmal umschlagen könne, wenn man dauernd ein non possumus den berechtigten Forderungen aus dem Osten gegen⸗ überstelle. Dieser wünsche weiter nichts, als für sein Getreide das frühere Absatzgebiet zu gewinnen. Auf den Werth der Qualität komme es dabei gar nicht an. England habe den Ostseeweizen hoch bezahlt, weil es ihn zur Mischeng mit amerikanischem Getreide brauchte. Es sei überhaupt eine Ueberschätzung, wenn man glaube, der Antrag würde eine große Revolution im ganzen Getreideverkehr hervorrufen. Es handele sich nur darum, das Getreide dorthin zu bringen, wo es wirklich gesucht werde. Früher bezahlte man nur 6—8 Fracht bis zur englischen Küste, jetzt sei man auf die Eisenbahnfracht mit 30 50 pro Tonne angewiesen. Einen gerechten Ausgleich zwischen dem Norden und Süden wollten die Antragsteller. Ein Ausfall der Reichskasse würde nur dann erfolgen, wenn die Produktion im Deutschen Reich erheblich zunähme. Er würde dies gar nicht bedauern, denn er fasse die Schutzölle nicht als Finanzzölle auf, sondern vom Standpunkt des Schutzes der nationalen Arbeit. Was die motivirte Tagesordnung betreffe, so würde er deren Annahme sehr bedauern, hauptsächlich deshalb, weil in ihr das vielseitig betonte Anerkenntniß fehle, daß der Norden und HOsten durch die augenblickliche Lage der Zollgesetzgebung prägravirt sei. Man wisse ja, wie die Regierungen zu dieser Frage ständen. Mit Begeisterung habe der Osten an den großen nationalen Aufgaben mitgearbeitet. Die Zufriedenheit des Ostens sei auf die Dauer aber nicht in Aussicht zu stellen, wenn in dieser Beziehung nicht irgend etwas geschehe.

Abg. Richter: Daß das Programm der Aufhebung des Identitätsnachweises die Wähler nicht bei den Kartellparteien festhalten könne, beweise das Wahlergebniß dieser Tage. In

den Wahlaufrufen der konservativen Partei in Greifenberg⸗ Kammin sei die Aufhebung des Identitätsnachweises in den Vordergrund geschoben gesagt worden, der konservative Kandidat von Köller wäre für, der freisinnige gegen die Auf⸗ hebung desselben. Wenn einzelne Mitglieder der frei⸗ sinnigen Partei für den Antrag ganz oder theilweise stimmen sollten, so berechtige das zu keinem Rückschluß auf die Stellung der Mehrheit der Partei. Auch die Landestheile diesseits der Elbe, so industrielle Gegenden wie Berlin, würden, wie sie unter der Vertheuerung des Brotes zu leiden hätten, auch durch einen solchen Antrag, abgesehen von einzelnen Seestädten, benachtheiligt werden. Herr von Kardorff sage, das sei eine große nationale Frage; nun komme aber unter dem Namen von Kardorff ein neuer Antrag, worin es geiße, daß diese Frage zu erheblichen, Zweifeln Raum lasse und Erhebungen angestellt werden müßten. Große natio⸗ nale Fragen sollten niemals großen Zweifeln unterliegen. Er (Redner) könnte der motivirten Tagesordnung zustimmen, indessen die dritte Motivirung in derselben mache ihm die Zustimmung unmöglich. Denn es sei darin gesagt, daß man die volle Aufmerksamkeit der Regierung auf diese Frage hin⸗ lenken möge. Er halte es für ganz selbstverständlich, daß eine Regierung einer Frage, welche hier zwei Tage und auch überall im Lande erörtert werde, wozu so viele Mitglieder der Parteien eine bestimmte Stellung einnähmen, ihre Aufmerk⸗ samkeit schenken werde. Es würden Erhebungen über die Frage verlangt. Seine Partei wolle nach keiner Richtung gebunden sein, und man müsse deshalb vorsichtiger mit seinen Unterschriften umer eine solche Resolution sein. Würde die esolution angenommen oder nicht, so liege die Sache genau o wie vor Einbringung des Antrages Ampach. Würde sie angenommen, so werde eine nationale Frage erledigt sein, aber es werde auch kein besonderes Unglück damit angestiftet sein. Einer solchen bedenklichen Resolution könne er nicht ustimmen. Abg. Nobbe: Er beklage den Gang dieser Verhandlung auf das Allerlebhafteste, denn er glaube, daß die Sache auf allen Seiten spruchreif sei. Obgleich nicht Vertreter des Ostens, sei es für ihn eine nationale Ehrenpflicht, in diesem Augen⸗ blick für den Osten voll und ganz einzutreten, weil die land⸗ wirthschaftliche Noth des Ostens himmelschreiend geworden sei. Abg. Freiherr von Huene: Unter dem Antrag Bennigsen ständen dieselben Namen wie unter dem Antrag Ampach, die Herren gäben damit selbst zu, daß der Antrag Ampach ver⸗ früht und noch nicht spruchreif gewesen sei. Der Antrag Ampach lasse sich in seinen Folgen noch gar nicht übersehen, er werde selbst dem Osten kaum Vortheile bringen. Nur der Vor⸗ theil des Handels sei sicher, weil derselbe von jedem großen Umsatz Vortheil habe. Der Antrag Nobbe sei überflüssig, weil die Regierung wegen der Mühlenlager schon selbst eine Revision vornehmen werde, wenn sie nöthig sei. Die moti⸗ virte Tagesordnung müsse das Centrum ebenfalls ablehnen, denn es wäre geradezu ein Mißtrauensvotum gegen die Re⸗ gierung, wenn man sie aufforderte, in einer solchen Frage hre Schuldigkeit zu thun. Abg. Gebhard motivirt seinen Antrag. Abg. Rickert: Im Jahre 1879 sei allgemein, nur nicht den Konservativen, anerkannt worden, daß die Aufhebung des Identitätsnachweises im Interesse des freien Verkehrs nothwendig sei. Er habe darin keine Befestigung der Zoll⸗ politik, sondern nur eine Durchlöcherung derselben gesehen und bedauere, daß man die Tragweite des Antrags Ampach nach dieser Richtung hin verkenne. Der Abg. Richter habe selbst am 12. April 1880 nicht blos für die Mühlen, sondern auch allgemein die Aufhebung des Identitätsnachweises verlangt. Engagirt sei allerdings die freisinnige Partei in dieser Frage nicht, und er habe sich in der ersten Lesung sein Votum ausdrücklich vorbehalten. Es sei eine Illusion, wenn die Landwirthschaft in dem An⸗ trage Ampach eine Rettung sehe. Allerdings werde der Preis des nach dem Londoner Markte geführten Getreides besser werden; aber in Bezug auf den inländischen Preis werde die Landwirthschaft keinen Vortheil haben. Er stimme dem Antrage nicht wegen des Vortheils für die Landwirthschaft zu, wie er auch für die Zölle nicht gestimmt habe, weil dadurch der Landwirthschaft auch nicht geholfen werde. Er werde, obwohl er für die Aufhebung des Identitätsnachweises sei, für die Resolution stimmen; es werde ihm das allerdings schwer, weil er darin eine sehr weite Vertagung der Sache sehe. 8 Nach einigen persönlichen Bemerkungen konstatirt Abg.

1“

von Graeve, daß er nicht mehr zum Worte gekommen sei, um seine Stellung klar zu legen.

Damit schließt die Debatte.

Die motivirte Tagesordnung wird mit 178 gegen 101 Stimmen angenommen. Die Mehrheit setzt sich zusammen aus den Nationalliberalen, der Reichspartei, den Polen, den Deutschkonservativen mit Ausnahme der Abgg. Graf Schlieffen⸗ Schlieffenberg und Uhden; ferner stimmen mit der Mehrheit vom Centrum die Abgg. Borowski und Szmula, von den Freisinnigen Barth, Brömel, Goldschmidt, Lüders, Maager, Meyer, Münch, Nickel, Rickert und Schrader. Die Minderheit besteht aus den Sozialdemokraten, dem Gros des Centrums, dem Rest der Freisinnigen und dem Abg. Hildebrand. Der Abstimmung enthält sich der Welfe Baron von Arnswaldt.

Die Anträge der Kommission und der Antrag von Wedell’'s sind damit erledigt; die Resolution von Mirbach's ist zurück⸗ gezogen.

Abg. Nobbe: Er wolle seine Resolution zurückziehen, aber nur unter dem Druck der besonderen Umstände, keineswegs weil er glaͤube, daß er in diesem Hause dafür keine Mehrheit finde. In weiten Kreisen werde es bitter empsunden, daß die großen Exportmühlen z. B. in Stettin ihren Bedarf aus Rußland bezögen.

Damit ist der Gegenstand erledigt.

Als Vorlagen der verbündeten Regierungen sind einge⸗ gangen: 1) Entwurf eines Gesetzes über die Auslegung des Artikels II des Gesetzes vom 30. August 1871, betreffend die Ein⸗ führung des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich in Elsaß⸗ Lothringen. 2) Entwurf eines Gesetzes, betr. den Reingewinn aus kriegsgeschichtlichen Werken des Großen Generalstabes. 3) Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Ausführung der am 9. September 1886 zu Bern abgeschlossenen Uebereinkunft wegen Bildung eines internationalen Verbandes zum Schutze von Werken der Literatur und Kunst, und 4) Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Feststellung eines Nachtrags zum Reichshaushalts⸗Etat für das Etatsjahr 1888 89.

Schluß 5 Uhr. Nächste Sitzung Dienstag 12 Uhr.

Dem Reichstage sind folgende Drucksachen zu— gegangen: 8

Entwurf eines Gesetzes über die Auslegung des Artikels II des Gesetzes vom 30. August 1871, be⸗ treffend die Einführung des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich in Elsaß⸗Lothringen.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen ꝛc.

verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstages, für Elsaß⸗Lothringen, was folgt:

Zur Beseitigung der Zweifel, welche über die Auslegung des Artitels 11 des Gesetzes vom 30. August 1871. betreffend die Ein⸗ führung des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich in Elsaß⸗ Lothringen (Gesetzbl. S. 255) entstanden sind, wird hierdurch bestimmt:

Zu den besonderen Vorschriften, welche durch Artikel II Absatz 2 in Kraft erhalten sind, gehören:

Artikel 8 des Gesetzes, betreffend die Bestrafung und Verfolgung von Vergehen, welche durch die Presse oder auf anverem Wege öffent⸗ lich bezangen worden sind, vom 25. März 1822 (Bulletin des lois série 7 no. 12 390), und

Artikel 6 Nr. 2 und 3 des Dekrets, betreffend die Bestrafung der durch die Presse verübten Verbrechen und Vergehen, vom 11. August 1848 (Bulletin des lois série 10 no. 6271).

Begründung.

Das Gesetz vom 30. August 1871 (Gesetzblatt für Elsaß⸗ Lothringen Seite 255), durch welches das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich in Elsaß⸗Lothringen eingeführt wurde, enthält im Artikel II genau dieselben Bestimmungen wie §. 2 des Einführungs⸗ gesetzes zum Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund vom 31. Mai 1870. Artikel II lautet:

„Mit dem 1 Oktober 1871 treten alle Strafbestimmungen, insoweit sie Materien betreffen, welche Gegenstand des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich sind, außer Kraft.

In Kraft bleiben die besonderen Vorschriften über die durch das Strafgesetzbuch nicht berührten Materien, namentlich über strafbare Verletzungen der Preßvpolizei⸗, Post⸗, Steuer⸗, Zoll⸗, Fischerei⸗, Jagd⸗, Forst⸗ und Feldpolizeigesetze, über Mißbrauch des Vereins⸗ und Versammlungsrechts, über den Holz⸗ (Forst⸗) Diebstahl und über Schulversäumnisse.“

Die Untersuchung der Frage, welche Strafgesetze des Landes⸗ rechts hiernach neben dem deutschen Strafgesetzbuch noch in Kraft blieben, war gerade in den Reichslanden mit besonderen Schwierig⸗ keiten verknüpft da hier jeder innere Zusammenhang zwischen dem alten und neuen Rechte fehlte. Demungeachtet hat sich hierüber auch in Elsaß⸗Lothringen alsbald eine feste Rechtsübung gebildet und im Laufe der Zeit immer mehr befestigt. Zu den Bestimmungen, welche nach der seit dem Jahre 1875 nahezu einmüthig festgehaltenen Ansicht der elsaß⸗lothringischen Gerichte noch in Geltung stehen, gehören:

1) Artikel 8 des Gesetzes, betreffend die Bestrafung und Ver⸗ folgung von Vergehen, welche durch die Presse oder auf anderem Wege öffentlich begangen worden sind, vom 25. März 1822 (Bulletin des lois série 7 no. 12 390):

„Seront punis d'un emprisonnement de six jours à deux ans, et d'une amende de seize francs à quatre mille francs, tous cris séditieux publiquement proférés“, und

2) Artikel 6 Nr. 2 und 3 des Dekrets. betreffend die Bestrafung von mittelst der Presse verübten Verbrechen und Vergehen, vom 11. August 1848 (Bulletin des lois série 10 no. 621):

„Seront punis d'un emprisonnement de quinze jours à deux ans et d'une amende de cent francs à quatre mille francs:

2) Le port public de tous signes extérieurs de ralliement non autorisés par la loi ou par des règlements de police;

3) L'exposition dans des lieux ou réunions publiques, la distribution ou la mise en vente de tous signes ou sym- boles propres à propager l'esprit de rébellion ou à troubler

lla paix publique;“ Vorschriften, deren Strafandrohungen, wie gleich hervorzuheben ist, beim Vorliegen mildernder Umstände bis zu einer Geldstrafe von 40 ermäßigt sind (Art. 15 des Gesetzes über die Presse vom 11. Mai 1868, Bulletin des lois série 11 no. 15 981, und hierzu Urtheil des Ober Landesgerichts zu Kolmar vom 24. März 1882, Juristische Zeitschrift für Elsaß⸗Lothringen, Band VII S. 279). Für die Aufrechterhaltung dieser Bestimmungen ist die Auffassung maßgebend, daß keine derselben eine Materie betrifft, welche Gegen⸗ stand des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich ist. Aus dem Wortlaut sowohl, als aus der Entstehungsgeschichte beider Artikel folgert die bestehende Rechtsübung, daß das, was hier unter Strafe gestellt wird, um mit den französischen Juristen zu reden, nur „le fait matériel“, d. h. das Vorhandensein eines That⸗ bestandes bildet, welcher objektiv geeignet ist, eine Ge⸗ fährdung oder Störung der öffentlichen Ordnung herbei⸗ zuführen. In subjektiver Beziehung ist hiernach Voraussetzung für die Strafbarkeit der Thäter nur das Bewußtsein, daß ihre Handlungen möglicherweise den Widerstand gegen die Staatsgewalt hervorrufen, den Geist des Aufruhrs verbreiten, den öffentlichen Frieden stören könnten; beide Artikel verlangen zu ihrer Anwendung nicht, daß ein derartiger Erfolg vom Thäter auch gewollt sei (vergl. namentlich die Verhandlungen der französischen Kammern zum Gesetze vom 25. März 1822, Annales parlement. Bd. 34 S. 304 und 665).

Die in den obigen Artikeln enthaltenen Vorschriften sind somit wesentlich präventiver, polizeilicher Natur, ihre Thatbestände nähern sich demjenigen des groben Unfugs und können als besonders quali⸗ fizirte Arten desselben bezeichnet werden. Auf dem polizeilichen Ge⸗

biet ist aber, wie in der Rechtsprechung und Wissenschaft angenommen

wird, der Landesgesetzgebung grundsätzlich freie Bewegung gewährt, und polizeiliche Strafnormen können wirksam ouch in Bezug auf solche Angelegenheiten erlassen werden, welche in dem Abschnitt des Straf⸗ gesetzbuchs von den Uebertretungen bereits in irgend einer Richtung theil⸗ weise Regelung erfahren haben. Die in das Strafgesetzbuch aufge⸗ nommenen Polizeidelikte bilden mit anderen Worten kein abgeschlossenes Ganze und enthalten eine Schranke für die Landezgesetzgebung nur insofern, als letztere mit dem positiv Gesetzten nicht in Widerspruch

treten, dasselbe nicht ändern darf (vergl. Urtheile des Ober⸗Handels⸗

gerichts vom 7. Januar 1875 und 7. Januar 1876, sowie Urtheil des Reichsgerichts vom 2. November 1882, Juristische Zeitschrift für Elsaß⸗Lothringen Bd. 1 S. 119 ff. und S. 160 ff., Entscheidungen des Reichsgerichts Bd. 7 S. 202).

Auch in Bayern und Baden sind Strafbestimmungen mit einem den obigen Artikeln wesentlich gleich gearteten Thatbestand neben dem Strafgesetzbuch aufrecht erhalten worden (Artikel 30 des bayerischen Polizei⸗Strafgesetzbuchs vom 26. Dezember 1871 und §. 51 des ba⸗ dischen Polizei⸗Strafgesetzbuchs vom Jahre 1871).

Die Frage, ob die mehrerwähnten Vorschriften der Gesetze von 1822 und 1848 noch in Geltung seien, schien endgültig entschieden, nachdem auch das Reichsgericht durch ein nicht veröffentlichtes Urtheil vom 11. Dezember 1879 sich hinsichtlich des zweiten Gesetzes für die bejahende Meinung ausgesprochen hatte; und als im Laufe des Jahres 1887 es nach den Reichstagswahlen in allen Theilen des Landes zu zahlreichen deutschfeindlichen politischen Demonstrationen kam welche das Einschreiten der Staatsanwaltschaft veranlaßten, wurden die fraglichen Strafbestimmungen von sämmtlichen Gerichten obne Ausnahme zur Anwendung gebracht. Insbesondere hat auch das Ober⸗Landes⸗ gericht sich durch Urtheil vom 24. September 1887 für deren Rechtz⸗ gültigkeit ausgesprochen (Juristische Zeitschrift Bd. 12 S. 476). In Ganzen sind während des Jahres 1887 von den elsaß⸗lothringischen Landgerichten gegen 336 Personen wegen Zuwiderhandlungen gegen obige Vorschriften zum Theil sehr erhebliche Strafen verhängt worden⸗

Dieser Rechtsprechung ist jedoch dadurch die Grundlage entzogen worden, daß das Reichsgericht neuerdings durch Urtheile vom 17. No⸗ vember 1887 und vom 20. Februar 1888, darauf gestützt, daß das Merkmal séditieux gleichwie der esprit de rébellion auf den Al⸗

schnitt 6 des Theils 2 des Strafgesetzbuchs, Widerstand gegen die

Staatsgewalt, hinweise, dieser Verbrechensbegriff aber von der Reichs⸗ gesetzgebung umfassend und jede partikulare Anordnung ausschließend geregelt sei, den Art. 8 des Gesetzes vom 25. März 1822 und damit implicite auch Art. 6 Ziffer 2 und 3 des Dekrets von 11. August 1848 für aufgehoben erklärte. eingetretene Rechtsunsicherheit, welche dadurch noch vergrößert wird, daß die Landgerichte bisher ungeachtet der reichsgerichtlichen Ent⸗ scheidung an ihrer früheren Auffassung festhalten, läßt eine authentischt Interpretation dringend wünschenswerth und geradezu nothwendig er⸗ scheinen. Eine solche kann aber nur in dem vorgeschlagenen Sinme ausfallen. Denn wie auch das theoretische Urthbeil über die Rechts⸗ frage lauten möge, gewiß ist, daß die Aufrechterhaltung jener Strafbestimmungen durch die Rücksicht auf die Sicher⸗ heit des öffentlichen Rechtszustandes im Lande schlechthin er⸗ forderlich ist. Die Ereignisse des letzten Jahres haben über⸗ zeugend dargethan, daß deutschfeindliche Bestrebungen in Elsaß⸗ Lothringen, namentlich in Zeiten politischer Erregung, noch imme einen fruchtbaren Boden finden. Dem energischen, nur durch jemn Vorschriften ermöglichten Einschreiten der Gerichtsbehörden war à nicht zum mindesten zu danken, daß die zu Tage getretenen Demon⸗ strationen nicht noch größere Kreise zogen und die öffentliche Ordnung nicht in erhöhtem Maße störten. Die Strafbestimmung gegen groben Unfug bietet einen genügenden Schutz gegen solche Ausschreitunga

nicht, ganz abgesehen davon, daß die Handhabung derselben in erstaß

Linie den Schöffengerichten zusteht. Die Regierung ist somit nistin der Lage, ein so wirksames Mittel der Abwehr fallen zu lassen. Die vorgeschlagene authentische Interpretation bietet den Vor⸗ theil, den bestehenden Rechtszustand ununterbrochen aufrecht zu erhalten. Bei Ablehnung dieses Weges würde es Aufgabe der gesez gebenden Faktoren sein, besondere dem Inhalt der beiden Artikl entsprechende neue Vorschriften für Elsaß⸗Lothringen zu erlassen.

Entwurf eines Gesetzes, betreffend den Reir⸗ gewinn aus kriegsgeschichtlichen Werken ders Großen Generalstabes.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, Köni⸗ von Preußen ꝛc. verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung de Bundesraths und des Reichstages, was folgt:

Der durch Allerhöchsten Erlaß vom 21. März 1878 (Reich⸗ Gesetzbl. S. 13) errichteten Generalstabsstiftung wird der Reingewin überwiesen, welchen der Generalstab aus den nach Erlaß des Gesetze vom 12. Juli 1884 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 119) erschienenen und not erscheinenden kriegsgeschichtlichen Werken erzielt.

Begründung.

Durch die Veröffentlichung des von dem Großen Generalstate verfaßten Werkes: „Der deutsch⸗dänische Krieg 1864“ ist ein Reir⸗ gewinn von 18 000 erzielt worden.

Bisher kamen derartige Ueberschüsse dem Großen Generalsten zu gute.

So floß der aus dem Vertriebe des Werkes: „Der Krieg 1866 erzielte Reinertrag dem Dispositionsfonds desselben für sachliche Au⸗ gaben Kapitel 22 Titel 7 zu, während der Gewinn aus de Veröffentlichung des Werkes: „Der deutsch⸗französische Krit 1870/71“ durch die Gesetze vom 31. Mai 1877 (Reichs⸗Gesetzll

S. 523) und 12. Juli 1884 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 119) der du

Allerhöchsten Erlaß vom 21. März 1878 errrichteten Generalstabs stiftung zugeführt wurde.

Es dürfte daher folgerichtig sein, dieser Stiftung auch den t Rede stehenden Betrag von 18 000 ℳ, sowie überhaupt die Ueke⸗ schüsse zu überweisen, welche der Große Generalstab durch Herausgad kriegsgeschichtlicher Werke in Zukunft etwa erzielen wird.

Dies um so mehr, als durch die beiden Gesetze vom 31. M. 1877 und 12. Juli 1884 im Prinzip bereits anerkannt sein dürft daß dem Generalstabe die Früchte seiner über den Rahmen des eig lichen Dienstes hinausgehenden wissenschaftlichen Thätigkeit behrt weiterer dieser Thätigkeit verbleiben sollen.

Eine Verstärkung der pekuniären Mittel der Generalstabsstiftun erscheint nicht allein für die wissenschaftliche Thätigkeit des Gener⸗ stabes, welche den Anforderungen der Zeit entsprechend eine steh wachsende und sich vertiefende sein wird, sondern auch wegen der ¹ den letzten Jahren eingetretenen Vermehrung des Etats an Offtziern welche dem Generalstabe angehören, und der dadurch geste Ansprüche an den Unterstützungssonds der Stiftung als dringend Bedürsniß.

Nach den bisher gemachten Erfahrungen wird diejenige Aufgete welche auf eine Reihe von Jahren hinaus in erster Linie die Abtte lung für Kriegsgeschichte beschäftigen wird die Darstellung 1e Kriege Friedrich's des Großen und des Befreinngskrieges ungewät⸗ lich große Anforderungen an Arbeitsleistungen auf archivalischa Gebiet stellen, für welche bedeutende Geldmittel aufgewene werden müssen. Abgesehen von bereits begonnenen m. noch für längere Jahre erforderlichen Forschungen Wien, Dresden, Paris ꝛc. werden auch seinerzeit Forschungen an Le und Stelle in St. Petersburg, Moskau, London, ‚tochholm ꝛc. nit umgangen werden können. Im Interesse der ohne Mitwirkung mil tärischer Kräfte nicht zu fördernden Studien über die Römerstrafg im nordwestlichen Deutschland, über die Oertlichkeit der Varusschlate sowie über andere Fragen der vaterländischen Geschichte werden 1 schon bisher mehrfach unternommenen Ortsbesichtigungen fortgesch werden müssen.

Die in Folge dessen

Die Ersparnisse des für die sächlichen Ausgaben des General⸗ stabes bestimmten Dispositionsfonds Etats⸗Kapitel 22 Titel 7 welchem, wie bereits erwähnt, in früherer Zeit die Einnahmen aus dem Vertrieb derartiger Werke, wie z. B. des Geschichtswerks über den Felding von 1866, zuflossen, sind größtentheils aufgebraucht, und es bedarf großer Sparsamkeit, um mit den etatsmäßigen Mitteln die gewöhnlichen laufenden Bedürfnisse befriedigen zu können. Neben anderen Gründen hat z. B., deswegen auch die

erausgabe der in wissenschaftlichen Kreisen sehr geschätzten von der geographisch⸗statistischen Abtheilung des Großen Generalstabes be⸗ arbeiteten „Registrande“ eingestellt werden müssen. Eine Erhöhung des vorgedachten Dispositionsfonds würde bei dem Zustandekommen des vorliegenden Gesetzentwurfs auf eine Reihe von Jahren voraus⸗ sichtlich nicht erforderlich werden. 1

Der Reingewinn der vom Generalstabe noch herauszugebenden kriegsgeschichtlichen Werke kann aller Voraussicht nach künftig immer nur ein mäßiger sein und wird die großen Beträge, wie sie der Rein⸗ gewinn aus dem Werke „Der deutsch⸗französische Krieg 1870/71“ aufweist, auch nicht mehr annähernd erreichen, weil die Preise der Werke im Interesse der Armee und der Nation fortan thunlichst niedrig bemessen sein sollen. Es wird sich immer nur um ver⸗ hältnißmäßig geringe Summen bandeln, die für den allgemeinen Reichshaushalt nicht ins Gewicht fallen können, während dieselben bei zinsbarer Anlage der Generalstabsstiftung von erheblichem und bleiben⸗ dem Nutzen sein würden, welcher der Armee und der Wissenschaft zu gute kommt.

Gesetz, betreffend die Ausführung der am 9. September 1886 zu Bern abgeschlossenen Ueber⸗ einkunft wegen Bildung eines internationalen Verbandes zum Schutze von Werken der Literatur und Kunst. Wir Wilhelm, von König von Preußen ꝛc., 1 88 verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstages, was folgt: Die in Nr. 4 Absatz 3 des Schluß⸗Protokolls zu der Ueberein⸗ kunft vom 9. September 1886, betreffend die Bildung Feines inter⸗ nationalen Verbandes zum Schutze von Werken der Literatur und Kunst (Reichs⸗Gesetzbl. 1887 S. 493), vorbehaltenen Bestimmungen über die Art und Weise der Anwendung des im Art. 14 der Ueberein⸗

Gottes Gnaden Deutscher Kaiser,

kunft enthaltenen Grundsatzes werden durch Kaiserliche Verordnung

mit Zustimmung des Bundesraths getroffen. Begründung.

Durch die am 9. September 1886 zwischen dem Deutschen Reich und mehreren anderen Staaten zu Bern abgeschlossene Uebereinkunft, betreffend die Bildung eines internationalen Verbandes zum Schutze von Werken der Literatur und Kunst (Reichs⸗Gesetzbl. 1887 S. 493), soll mit gewissen Maßgaben auch solchen Werken Schutz gewährt werden, die aus der Zeit vor dem Inkrafttreten der Uebereinkunft her⸗ rühren. Es bestimmt nämlich der Artikel 14 derselben:

„Die gegenwärtige Uebereinkunft findet, vorbehaltlich der gemein⸗ sam zu vereinbarenden Einschränkungen und Bedingungen, auf alle Werke Anwendung, welche in ihrem Ursprungslande zur Zeit des Inkrafttretens der Uebereinkunft noch nicht Gemeingut gewor⸗ den sind.“

In Ergänzung hierzu ist im Schlußprotokoll unter Nr. 4 weiter festgesetzt:

„Die im Artikel 14 der Uebereinkunft vorgesehene gemeinsame Vereinbarung wird wie folgt getroffen:

Die Anwendung der Uebereinkunft auf die zur Zeit ihres Inkraft⸗ tretens noch nicht Gemeingut gewordenen Werke soll in Gemäßheit der Abmachungen erfolgen, welche über diesen Punkt in den be⸗ stehenden oder zu dem Zweck abzuschließenden besonderen Abkommen enthalten sind.

In Ermangelung derartiger Abmachungen zwischen Verbands⸗ ländern werden die betreffenden Länder, ein jedes für sich, durch ihre innere Gesetzgebung über die Art und Weise der Anwendung des im Artikel 14 enthaltenen Grundsatzes Bestimmung treffen.“

Es ist hiernach die rückwirkende Kraft der Uebereinkunft zunächst beschränkt durch die zwischen den einzelnen Verbandsländern bestehenden Abkommen. Insoweit solche fehlen, würde, sofern der Grundsatz des Artikels 14 unbeschränkt durchgeführt würde, dies berechtigte inländische Interessen in empfindlicher Weise zu schädigen geeignet sein. Es würde insbesondere die Verbreitung von Nachbildungen, die Benutzung von Vorrichtungen, wie Stereotypen, Platten, Steine, die Aufführung dramatischer und dramatisch⸗musikalischer Werke auch dann verboten und strafbar sein, wenn dazu bereits vor dem Inkrafttreten der Ueber⸗ einkunst, nämlich dem 5. Dezember 1887, Veranstaltung getroffen und dies nach damaligem Rechtszustand statthaft gewesen wäre. Die letz⸗ tere Voraussetzung würde zutreffen gegenüber solchen Verbandsländern, mit welchen wie z. B. mit Spanien eine Literarkonvention bisher überhaupt nicht bestand; ebenso würde sie zutreffen bezüglich der vor dem betreffenden Vertrage erschienenen Werke, sofern dieser Vertrag (wie dies bei den mit Großbritannien geschlossenen Verträgen der Fall ist) die rückwirkende Kraft nicht vorsieht, desgleichen in Be⸗ treff der Werke, welche wegen Nichterfüllung einer vorgeschriebenen Formalität (z. B. der Einregistrirung, Deponirung) den vertrags⸗ mäßigen Schutz nicht erlangt haben.

Um diesen Mißständen zu begegnen, erscheint es im Hinblick auf das bereits erfolgte Inkrafttreten der Uebereinkunft nicht angezeigt, in Gemäßheit der Nr. 4 Absatz 2 des Schlußprotokolls mit den be⸗ treffenden Staaten noch besondere Abkommen abzuschließen; vielmehr empfiehlt es sich, gemäß Nr. 4 Absatz 3 den Weg autonomer Regelung zu wählen. Indessen sieht der Entwurf davon ab, im Wege der Gesetzgebung die in Rede stebenden Fragen materiell zu erledigen. Wenn er vielmehr die Regelung der⸗ selben einer mit Zustimmung des Bundesraths zu erlassenden Kaiserlichen Verordnung zuweist, so wird sich dies abgesehen von anderen Gründen schon deshalb empfehlen, weil die Beschränkungen der rückwirkenden Kraft der Uebereinkunft nach den verschiedenen Ge⸗ staltungen der Verhältnisse zu und in den einzelnen Verbandsländern zu bestimmen sein werden, und namentlich, um gegenüber solchen Verbandsländern, welche etwa nach diesseitiger Auffassung zu weit⸗ Vorschriften in Bezug auf die Fenschränkung der Regel des

rtikels 14 treffen, im Einzelfalle die Gegenseitigkeit wahren zu können.

Der Entwurf folgt dabei dem auch in anderen Verbandsländern eingeschlagenen Verfahren. So sind z. B. in England die be⸗ treffenden Bestimmungen ebenfalls auf Grund der im Artikel 6 der International Copyright Act 1886 enthaltenen Ermächtigung durch Verordnung (Artikel 3 Absatz 3 der Order in Council vom 28. No⸗ vember 1887) getroffen. Dasselbe ist in Belgien durch Verordnung vom 15. November 1887 geschehen. 5

Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Fest⸗ stellung eines Nachtrags zum Reichshaushalts⸗ Etat für das Etatsjahr 1888,/89. 1 8

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König

von Preußen ꝛc. verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstages, gs folgt:

h In dem Reichshaushalts⸗Etat für das Etatsjahr 1888/89 treten inzu: 1) im Etat der Verwaltung des Reichsheeres unter Kapitel 6 der einmaligen Ausgaben: bei Titel 28 „Für die Vervollständigung des deutschen Eisenbahn⸗ netzes im Interesse der Landesvertheidigung“ 18 148 000 ℳ, 2) unter Kapitel 23 der Einnahme. .Aus der Anleihe: . bei Titel 1 „Zu einmaligen Ausgaben der Verwaltung des Reichs⸗ heeres, und zwar: 8 a. für Rechnung der Gesammtheit aller Bundesstaaten“ 718 148 000

§. 2.

Der Reichskanzler wird ermächtigt, die nach §. 1 erforderlichen Geldmittel im Betrage von 18 148 000 im Wege des Kredits flüssig zu machen, und zu diesem Zweck in dem Nominalbetrage, wie er zur Beschaffung jenes Betrages erforderlich sein wird, eine verzins⸗ liche, nach den Bestimmungen des Gesetzes vom 19 Juni 1868 (Bundes⸗Gesetzbl. S. 339) zu verwaltende Anleihe aufzunehmen und Schatzanweisungen auszugeben.

.0.

Die Bestimmungen in den §§. 2 bis 5 des Gesetzes vom 27. Januar 1875, betreffend die Aufnahme einer Anleihe für Zwecke der Marine⸗ und Telegraphen⸗Verwaltung (Reichs⸗Gesetzbl. S. 18), finden auch auf die nach dem gegenwärtigen Gesetz aufzunehmende Anleihe und auszugebenden Schatzanweisungen mit der Maßgabe An⸗ wendung, daß Zinsscheine auch für einen längeren Zeitraum als vier Jahre ausgegeben werden dürfen.

Aus der Begründung beben wir Folgendes hervor:

Im Interesse der Landesvertheidigung hat sich das Bedürfniß ergeben, die Leistungsfähigkeit unseres ahnnetzes durch die nach⸗ stehenden Ergänzungsanlagen zu verstärken:

1) durch die Herstellung von zweiten Geleisen auf den Strecken:

a. Stargard i. Pr. Ruhnow,

b. 3“ 8 c. Schneidemühl Bromberg-Laskowitz, d. Laskowitz Jablonowo,

e. Marienburg Illowo;

2) durch Herstellung von Kreuzungsgeleisen und Ergänzung der Betriebs⸗ und Ladeeinrichtungen auf verschiedenen Bahnhöfen.

Die zu diesem Zweck von Reichswegen eingeleiteten Verhand⸗ lungen haben, mit Rücksicht auf die Nothwendigkeit technischer Vor⸗ ermittelungen und behufs Herbeiführung einer Verständigung auch mit 2 betheiligten Privatbahnen, erst jetzt zum Abschluß gebracht werden önnen.

Centralblatt für das Deutsche Reich. Nr. 9. Inhalt: Konsulatwesen: Ernennung; Todesfall. Zoll⸗ und Steuerwesen: Namhaftmachung einer zur Zusammensetzung des allgemeinen Brannt⸗ wein⸗Denaturirungsmittels ermächtigten Firma]. Weitere Ausfüh⸗ rungsbestimmungen zum Branntweinsteuergesetz vom 24. Juni 1887. Polizeiwesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet.

Marine⸗Verordnungs⸗Blatt. Nr. 4. Inhalt: Messe⸗ geräth. Havarie⸗Berichte. Urlaubspässe. Deviationsbestim⸗ mung. Werftdienstordnung. Niedere Gerichtsbarkeit an Bord. Marineseife. Schiffsbücherkisten. Reisen nach London. Schiffsproviant. Personalveränderungen. Benachrichtigungen.

Deckblätter.

Amtliche Nachrichten des Reichs⸗Versicherungs⸗ am ts. Nr. 5ö5. Inhalt: Amtlicher Theil. Geschäftsbericht des Reichs⸗Versicherungsamts für das Jahr 1887. Nachweisung der hauptsächlichsten Bestimmungen der bei den Baugewerks⸗Berufs⸗ genossenschaften ꝛc. vorgenommenen Aenderungen der Statuten. Rekursentscheidungen. Bescheide und Beschlüsse.

Post⸗Dampfschiffverbindungen nach päischen Ländern. März 1888.

Deutsches Handelsarchiv. Märzheft. Inhalt: Erster Theil. Gesetzgebung und Statistik. Gesetzgebung. Deutsches Reich: Erleichterungen in dem Betrieb der Preßhefe⸗Brennereien. Zahlung der Verbrauchsabgabe bei Abfertigung des Branntweins in den freien Verkehr. Tarasätze für die mit dem Anspruch auf Zoll⸗ oder Steuervergütung ausgehenden Cigarretten. Zollbehandlung ver⸗ schieden tarifirter Spirituosen innerhalb desselben Theilungslagers. Probeweise Verwiegung des auf Landstraßen eingehenden Dachschiefers. Zulassung von Privattransitlagern ohne amtlichen Mitverschluß für mineralische Schmieröle. Deutsches Reich, Oesterreich⸗Ungarn, Frank⸗ reich, Portugal, Schweiz, Belgien, Luxemburg, Niederlande, Serbien und Italien: Beitritt Italiens zu der unterm 3. November 1881 abgeschlossenen internationalen Reblaus⸗Konvention. Oesterreich⸗Ungarn: 18 behandlung einiger chemischen Produkte. Zulassung von rohem Thieröl als Denaturirungsmittel bei der Erzeugung von Knallquecksilber. Durchfuhr deutschen Salzes auf der Donau. Niederlande: Eingangszoll auf Drehbänke. Zoll⸗ und Steuerfreiheit für Essig und Holzessig zum Gebrauch in Lohgerbereien. Türkei: Verbot der Einfuhr von Bäumen, Früchten, Pflanzen und frischen Gemüsen nach Cypern. Durchfuhrzoll auf Waaren, welche nach Bulgarien und Ostrumelien bestimmt sind. Verbot der Küstenschiffahrt im Marmara⸗Meer für fremde Dampfer. Türkei und Rumänien: Ratifikation des Handelsvertrages zwischen beiden Ländern. Belgien: Zollbehandlung der für die Brüsseler Weltausstellung im Jahre 1888 bestimmten Gegenstände. Dänemark: Zollermäßigung für die Waareneinfuhr im Hafen von Livingston (St. Thomas). Rußland: Erhöhung der Branntwein⸗ und Spiritus⸗Accise. Besteuerung der 111““ Aeccise und Eingangszoll auf Mineralöle. Repartirungssteuer von Handels⸗ und Industrie⸗Etablissements. Einfuhr ausländischer Heilmittel. Zollbehandlung von Kratzenbeschlägen, welche mit den Kratzen ein⸗ gehen. Rußland und Griechenland: Vereinbarung über die gegen⸗ seitige Anerkennung der Aktien⸗ und sonstigen Handelsgesellschaften. Griechenland: Provisorische Zolltarif⸗Aenderungen. Egypten: Eingangszoll auf Tabak und Tabakfabrikate. Besteuerung des ein⸗ heimischen Tabaks. Bulgarien: Salzzoll. Portugal: Zuschlags⸗ Abgabe von den der Hafen⸗Abgabe unterliegenden zollfreien Waaren. Schweden und Norwegen: Gebühren für die Ein⸗ tragung in das Handelsregister. Schwedische Eingangs⸗ zölle auf Getreide und Mehl. Norwegischer Eingangszoll auf Mais. Spanien: Untersuchung fremden Alkohols. Zoll⸗ amtliche Untersuchung der eingeführten Branntweine. Spanien und Salvador: Zusatzvertrag zu dem zwischen beiden Ländern bestehen⸗ den Friedens⸗ und Freundschaftsvertrag. Schweiz: Zum Alkohol⸗ monopol. Stempelung der Bügelringe. Kontrolirung der nach England bestimmten goldenen und silbernen Uhrgehäuse. Tarif⸗ entscheidungen des eidg. Zolldepartements im Monat Januar 1888. Argentinische Republik: Gesetz, betreffend die nationalen garantirten Banken. Gesetz, betreffend den Verkehr mit den Nachbarstaaten. Frankreich: Zeitweilige zollfreie Einfuhr von Roheisen. Zu⸗ lassung von gequetschtem Malz zur Abschreibung auf zeitweilig zollfrei ö“ Gerste. Uruguagy: Zolltarifänderungen.

beru: Erhöhung der Einfuhrzölle. Zum Opiummonopol. talien: Zollbehandlung der von auf Zeit ein⸗ geführten Waaren. Zoll auf Seidenbänder. Abschaffung der Handelsgerichte. Erhöhung der Getreidezölle. Zollbehandlung durchbrochener Gewebe. Umwandlung der auf die Verlängerung von Handelsverträgen bezüglichen Verordnungen in Gesetze. Er⸗ höhung der Eingangszölle auf Zucker, Glykose und zuckerhaltige Er⸗ zeugnisse, sowie der Fabrikationssteuer auf Zucker und Glykose. Rumänien: Abänderung des Tarifs der an der Sulinamündung zu er⸗ hebenden Schiffahrtsabgaben. Columbien; Durchfuhr von Kriegs⸗ waffen und Kriegsmunition, auf der interoceanischen Eisenbahn. Großbritannien: Zolltarif für Südaustralien. Ausführungsbestim⸗ mungen zu dem Markenschutzgesetz 1887. Ausführung des Marken⸗ schutzgesetzes. Mexiko: Zolltarifänderungen. Hayti: Ausgabe neuen apiergeldes. Statistik. Vereinigte Staaten von Amerika: Ueber⸗ icht des Ein⸗ und Ausfuhrhandels in dem mit dem 30. Juni enden⸗ den Fiskaljahre 1886/87. Ertrag der inneren Steuern auf Spirituosen, Taback, gegohrene Getränke und Oleomargarin in den Fiskaljahren 1885/86 und 1886/87. Rußland: Zuckerproduktion in der Campagne 1887/88 bis zum 1. Januar 1888. Spanien: Der Außenhandel und die Schiffahrt im Jahre 1886. Frank⸗ reich: Produktion, Einfuhr, Ausfuhr und Verbrauch von Alkohol in den Jahren 1886 und 1887. Uebersicht der kontrolirten Gold⸗ und Silberwaaren für das Jahr 1887. Handel mit Tunis im Jahre 1887. Niederlande: Ein⸗, Aus⸗ und Durchfubr von Zucker in den Niederlanden während des Jahres 1887, im Vergleich zu den

außereuro⸗

beiden Vorjahren. L. n Berlin,

Zweiter Theil. Berichte über das Inland. Chemnitz. Dresden Nordhausen. Augsburg. Stuttgart. Karlsruhe. Kob lenz. Glogau. Münster i. W. Graudenz. Tilsit. Braunschweig. Bremen. Krefeld. Kottbus. Spremberg. Guben. Forst. Frantfurt a. O. Minden. Kiel. Dortmund. Stettin. München. Siegen. Landsberg a. W Mülhausen i. E. Hamburg. Magdeburg. Flensburg. Kassel. Essen. Metz. Hannover. Mainz. Aachen. Nürnberg. Straßburg i. E. Görlitz Gleiwitz. Stral⸗ sund. Stolp. Königsberg i. Pr. Bielefeld. Halle a. d. S. Elberfeld. Düsseldorf. Köln. Mannheim. Lübeck. Emden. Erfurt. Leipzig. Gera. Memel. Danzig. Elbing. Bromberg. Posen. Breslau. Liegnitz. Berichte über das Ausland. Europa. Verkehr deutscher Schiffe im Jahre 1887 in: Sao Vicente, Lissabon, Brüssel, Küstendje, La Ro⸗ chelle, Nantes. Frankreich: Die Lage der Flachsindustrie. Han⸗ delsberichte für das Jahr 1887 aus: Ringkjöbing, Landskrona, Niko⸗ laistad (Wasa), Spalato, Porto. Ancona: Schiffsverkehr im Jahre 1887. Narva: Handel und Schiffahrt im Jahre 1887. Ferrol:

andel und Schiffahrt im Jahre 1887. Gallipoli: Waaren⸗ und Schiffsverkehr im Jahre 1887. Rußland: Die Normirowka⸗ bewegung in der russischen Zuckerindustrie. Verkehr deutscher Schiffe in finnischen Häfen im Jahre 1887. Asien. Philip⸗ pinen: Handel und Schiffahrt im Jahre 1886. Co⸗ lombo: Einfuhr und Schiffsverkehr Ceylons im Jahre 1886. Schiffsverkehr im Jahre 1887. Bassein (Britisch⸗Birma): Handelsbericht für das Jahr 1887. Amerika. Paraguay: Die wirthschaftlichen Verhältnisse Paraguays während des Jahres 1886. Verkehr deutscher Schiffe im Jahre 1887 in: Havana, Santos (Brasilien), St. Johns (Neufundland), Buenos Aires, Porto Alegre. Cuba: Die Lage des Zuckermarkts im Jahre 1886. Handels⸗ berichte für das Jahr 1887 aus: St. John (Neubraunschweig), Chatham, Miramichi, Cienfuegos (Cuba). Brasilien: Die Ver⸗ kehrsmittel der Provinz Rio Grande do Sul. Chile: Die Kupfer⸗ produktion in Chile. Hayti: Die Lage des Geldmarkts auf Havti. Die Kaffee⸗Ernte im Jahre 1887/88. Valparaiso: Die neuen Goldfunde in Chile.

Justiz⸗Ministerial⸗Blatt. Nr. 9. Inhalt: Entscheidung des Reichsgerichts vom 4 Juli 1887. Zuständigkeit der Fideikommiß⸗ behörde als Aufsichtsinstanz zur Bestellung eines Kurators.

Eisenbahn⸗YVerordnungs⸗Blart. Nr. 6. Inhalt: Allerhöchste Verordnung, betreffend die Militär⸗Transport⸗Ordnung für Eisenbahnen im Frieden (Friedens⸗Transport⸗Ordnung). Vom 11. Februar 1888. (R.⸗G.⸗Bl. S. 23 f.) Erlasse des Ministers der öffentlichen Arbeiten: Vom 15. Februar 1888, betreffend Er⸗ nennung des stellvertretenden Vorsi für Staatsrechnung verwalteten Eisenbahnen des Direktionsbezirks Erfurt ꝛc. Vom 17. Februar 1888, betreffend Ausweispapiere zur Erlangung von Militärfahrkarten. Vom 18. Februar 1888, be⸗ treffend Vereinfachung des Abrechnungsverfahrens bei Bauausführungen (technische Justifikation der Bauausgaben). Vom 24. Februar 1888, betreffend Vereidigung der Regierungs⸗Bauführer. Vom 28. Februar 1888, betreffend Zuständigkeit für die Revision der von Privat⸗ Bauunternehmern in Betrieb zu nehmenden Erdtransport⸗Lokomotiven. Nachrichten.

Centralblatt der Bauverwaltung. Nr. 9. Inhalt: Amtliches: Personal⸗Nachrichten. Nichtamtliches: Die Lawinen⸗ stürze bei Wasen an der Gotthardbahn. Ueber den Einfluß des Verfüllens der Geleise mit Kies auf die Temperatur und die Aus⸗ dehnung der Schienen. Der Klosterhof von Sanct Martin in Siena, ein Werk Baldassare Peruzzis. Obduktionshaus der Univer⸗ sitäts⸗Frauenklinik in Berlin. Ueber den jetzigen Stand der Kanalisation von Amsterdam. Vermischtes: Transportable Mann⸗ schaftsbaracke. Dritter internationaler Binnenschiffahrts⸗Kongreß. Eisenbahnfachwissenschaftliche Vorlesungen in Preußen. Ent⸗ würfe zu einem Kandelaber auf dem Roßmarkte in Frankfurt a. M. Wettbewerbung für den Neubau eines Geschäftshauses in Lüden⸗ scheid. Der Saar⸗Kanal und seine Verkehrsentwicklung. Werk⸗ zeugmaschinen mit sehr bedeutenden Abmessungen. Platzen des Dampfleitungsrohres der „Elbe“. Unvorsichtiges Oeffnen des Mannloches eines Dampfkessels. Theaterbrand in New⸗York. Heizung mit überhitzem Wasser in Boston. Zahnradlokomotiven in Brasilien. Bücherschau. Neue Patente.

tzenden des Schiedsgerichts für die E

Statistische Nachrichten.

Das Januarheft der Monatshefte zur Statistik des Deutschen Reichs enthält, zum Theil mit erläuterndem Text, folgende Jahresnachweisungen: 1) Die Ein⸗ und Ausfuhr von Waaren nach der Menge und nach den Herkunfts⸗ und Bestimmungs⸗ ländern im Jahre 1887; eine Ergänzung zu der bereits im Dezember⸗ heft 1887 veröffentlichten Nachweisung über die wichtigeren Waaren⸗ artikel, indem nunmehr alle Waaren berücksichtigt sind; 2) die deutsche Auswanderung nach überseeischen Ländern im Jahre 1887; 3) die Krankenversicherung der Arbeiter im Jahre 1886, vorläufige Mittheilung einiger Hauptzahlen; 4) die Entweichungen von See⸗ leuten der deutschen Marine im Jahre 1886; 5) die Besteuerung des Tabacks im Etatsjahre 1886/87. Außerdem sind in dem Hefte die regelmäßigen Monatsnachweisungen zur Statistik des Handels, der Preise, der Zuckerproduktion, der Auswanderung enthalten.

Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund⸗ heitsamts sind in der Zeit vom 19. Februar bis 25. Februar cr. von je 1000 Bewohnern, auf den Jahresdurchschnitt berechnet, als gestorben gemeldet: in Berlin 18,0, in Breslau 27,9, in Königsberg 30,9, in Köln 25,7, in Frankfurt a. M. 22,6, in Wiesbaden 28,6, in Hannover 17,9, in Kassel 18,6, in Magdeburg 19,7, in Stettin 19,0, in Altona 27,0, in Straßburg 27,8, in Metz 22,9, in München 26,9, in Nürnberg 28,4, in Augsburg 32,8, in Dresden 16,9, in Leipzig 20,4, in Stuttgart 24,3, in Karlsruhe 19,4, in Braunschweig 21,9, in Hamburg 27,5, in Wien 28,0, in Pest 35,7, in Prag 34,3, in Triest 31,7, in Krakau 28,8, in Amsterdam 28,9, in Brüssel 29,0, in Paris 24,8, in Basel —, in London 21,6, in Glasgow 27,0, in Liverpool 22,7, in Dublin 28,4, in Edinburg 21,1, in Kopenhagen 19,8, in Stockholm 26,9, in Christiania 26,2, in St. Petersburg 37,0, in Warschau 25,5, in Odessa 23,1, in Rom 30,0, in Turin —, in Venedig 29,7, in Alexandria 33,8. Ferner in der Zeit vom 29. Januar bis 4 Februar d. J.: in New⸗York 29,0, in Philadelphia 23,6, in Baltimore 22,2, in Kalkutta 31,5, in Bombay 22,1, in Madras 49,3.

In der Berichtswoche hat die Sterblichkeit in den meisten euro⸗ päischen Großstädten etwas zugenommen und wurden aus den meisten derselben größere Sterblichkeitsverhältnißzahlen als in der vorher⸗ gegangenen Woche mitgetheilt. Einer sehr günstigen Sterblichkeit (bis 15,0 pro Mille und Jahr berechnet) erfreuten sich Erfurt, Kiel, Günstig (mit 20,0 pro Mille und Jahr) war die Sterblich⸗ eit in Berlin, Hannover, Magdeburg, Barmen, Düsseldorf, Stettin, Kassel, Dresden, Bremen, Freiburg i. B., Karlsruhe, Kopenhagen. Mäßig hoch blieb die Sterblichkeit auch in Leipzig, Frankfurt a. M., Ftberseld, Braunschweig, Mainz, London Edinburg. Sehr hoch (über 35,0 pr. Mille und Jahr) war die Sterblichkeit unter den deutschen Städten in Chemnitz. Auch in dieser Woche führten akute Entzündungen der Athmungsorgane sehr zahlreich zum Tode; dagegen kamen Darm⸗ katarrhe und Brechdurchfälle der Kinder seltener zum Vorschein und veranlaßten auch in Berlin, Hamburg, München, London weniger Sterbefälle als in der Vorwoche. Der Antheil des Säuglingsalters war im Allgemeinen ein kleinerer als in der vorhergegangenen Woche. Von je 1000 Bewohnern starben, aufs Jahr berechnet, in Berlin 56, in München 108. Von den Infektions⸗Krank⸗ heiten werden Todesfälle an Masern, Scharlach, Diphtherie und Croup, typhösen Fiebern und Pocken etwas mehr, an Keuchhusten und Kindbettfieber weniger gemeldet als in der Vorwoche. So wurde die Zahl der Sterbefälle an Masern in Hamburg, Hannover, Straßburg, Wien, London, Lyon, St. Petersburg eine größere, dagegen Pest, Paris, Kopenhagen, Christiania eine kleinere.

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