Nr. 1797 die Bekanntmachung, betreffend das Verbot des Umlaufs fremder Scheidemünzen. Vom 16. April 1888; und unter
Nr. 1798 die Bekanntmachung, betreffend die Gestattung des Umlaufs der Scheidemünzen der Frankenwährung inner⸗ halb badischer Grenzbezirke. Vom 16. April 1888.
Berlin, den 21. April 1888.
sMmMaaaiiserliches Post⸗Zeitungs⸗Amt. Didden.
Königreich Preußen.
Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht: den bisherigen ordentlichen Professor Dr. Oscar Hert⸗ wig zu Jena zum ordentlichen Professor in der medizinischen Fakultät der Friedrich⸗Wilhelms⸗Universität zu Berlin zu er⸗ nennen; sowie
dem Hofstaats⸗Sekretär, Hofrath Neugebauer den Charakter als Geheimer Hofrath zu verleihen.
Justiz⸗Ministerium. 3
Versetzt sind: der Amtsgerichts⸗Raͤth Roemer in Stolp an das Amtsgericht in Liegnitz, der Amtsrichter Koßmann in Liegnitz als Landrichter an das Landgericht daselbst, der Amtsrichter Dr. Rinteln in Bochum als Landrichter an das Landgericht in Essen, der Amtsrichter Wiedemann in Glei⸗ witz an das Amtsgericht in Breslau, der Amtsrichter Becker in Kattowitz an das Amtsgericht in Landeshut und der Amts⸗ richter Grüttner in Mewe an das Amtsgericht in Haynau.
Die nachgesuchte Dienstentlassung mit Pension ist ertheilt: dem Landgerichts⸗Rath Adamscheck in Oppeln und dem Landgerichts⸗Rath Heyer in Breslau.
Der Staatsanwalt Dr. Freese in Gnesen ist an das Landgericht in Stargard i. P. versetzt.
In der Liste der Rechtsanwälte sind gelöscht: der Rechts⸗ anwalt Viola bei dem Amtsgericht in Tuchel, der Rechts⸗ anwalt Lassen bei dem Amtsgericht. in Oldesloe und der Rechtsanwalt Dr. Heimann bei dem Landgericht I in Berlin.
In die Liste der Rechtsanwälte sind eingetragen: der Rechtsanwalt H. Bernstein aus Spremberg, der Gerichts⸗ Assessor C. H. Heilmann und der Rechtsanwalt Rosen⸗ berg aus Magdeburg bei dem Landgericht I in Berlin, der Rechtsanwalt Schulz aus Rathenow bei dem Amtsgericht in Dirschau, der Rechtsanwalt Lassen aus Oldesloe bei dem Landgericht in Altona, der Rechtsanwalt Dr. Heimann, bisher bei dem Landgericht I, der Gerichts⸗Assessor Marx Flatow und der Gerichts⸗Assessor Ludwig Levin ei dem Landgericht II in Berlin, der Gerichts⸗Assessor Goldmann bei dem Landgericht in Magdeburg, der Gerichts⸗ Assessor Friedrich bel dem Amtsgericht in Sangerhausen, der Gerichts⸗Assessor Oskar Hoffmann bei dem Land⸗ gericht in Brieg, der Gerichts⸗Assessor Mack bei dem Amts⸗ gericht in Pillkallen, der Gerichts⸗Assessor Galon bei dem Amtsgericht in Krone a. Br.
Dem Notar Plotke in Bockenheim ist die nachgesuchte Entlassung aus dem Amt als Notar ertheilt.
Der Amtsrichter Dreyer in Wolmirstedt, der Rechtsanwalt und Notar, Justiz⸗Rath Fretzdorff in Berlin und der Notar, Justiz⸗Rath Jerusalem in Lechenich sind gestorben.
Nichtamtliches. Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 21. April. Se. Majestät der Kaiser und König empfingen heute Vormittag den General⸗ Adjutanten von Winterfeld zu einem Vortrage.
— Ihre Majestät die Kaiserin und Königin Augusta besuchte heute mit Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin von Baden Ihre Kaiserlichen Majestäten in Charlottenburg.
— Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz verbrachte gestern die Vormittagsstunden auf dem Tempelhofer Felde, um, wie gewöhnlich, dem Exerzieren der Bataillone der 2. Garde⸗Infanterie⸗Brigade beizuwohnen.
Bald nach der um 11 ½ Uhr erfolgten Rückkehr in das hiesige Schloß nahm Se. Kaiserliche Hoheit den Vortrag des Reichskanzlers Fürsten von Bismarck entgegen, empfing um 2 Uhr den Ober⸗Ceremonienmeister Grafen zu Eulenburg und arbeitete von 2 ½ bis 4 ½ Uhr mit dem Chef des Mllitär⸗ kabinets, General der Kavallerie von Albedylll.
Hierauf unternahm Se. Kaiserliche Hoheit gemeinsam mit Ihrer Kaiserlichen Hoheit der Kronprinzessin eine Spazierfahrt nach Charlottenburg und stattete den Kaiserlichen Majestäten einen längeren Besuch ab.
Um 6 Uhr fand im hiesigen Schlosse Familiendiner statt, an welchem auch die Großherzoglich badischen Herrschaften theilnahmen. 64 209 1““
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— Das „Armee⸗ und das Marine⸗Verordnungsblatt“ veröffentlichen einen Allerhöchsten Gnadenerlaß für die Armee und die Marine. Der letztere ist im amtlichen Theil abgedruckt. 3
Der Allerhöchste Erlaß an den Kriegs⸗Minister, ebenfalls Charlottenburg, 19. April, datirt, ist mit dem an den Chef der Admiralität gleichlautend, es fehlt aber in demselben die Nr. V.
— Heute fand eine Sitzung des Ausschusses des Bundesraths für Handel und Verkehr, und eine Sitzung der vereinigten Ausschüsse für Handel und Verkehr und für Justizwesen statt.
— Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des S. der Abgeordneten befindet sich in der Ersten eilage.
— In der heutigen (48.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Vize⸗Präsident des Staats⸗ Ministeriums, Minister des Innern von Puttkamer, der Minister der öffentlichen Arbeiten, von Maybach, der Minister für Landwirthschaft ꝛc., Dr. Lucius, der Staats⸗Minister von Boetticher, der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten, Dr. von Goßler, der Finanz⸗Minister Dr. von Scholz, und
stand auf der Tagesordnung: die dritte Berathung des Gesetz⸗ entwurfs, betreffend die Bewilligung von Staats⸗ mitteln zur Beseitigung der durch die Hoch⸗ wasser im Frühjahr 1888 herbeigeführten Ver⸗ heerungen.
In der Generaldebatte bemerkt auf eine Anregung des Abg. Friedrich der Minister Dr. Lucius, daß die Verhältnisse an der unteren Elbe ein einheitliches Zusammenwirken der Strombau⸗ und Deichverwaltung und ein schnelles Einschreiten im Falle der Gefahr sehr erschwerten; daß gegenüber einer Elbstockung von 100 km die gewöhnlichen Sprengmittel nicht ausreichend gewesen seien, namentlich bei niedrigem Wasser⸗ stand, bedürfe keiner weiteren Erläuterung. Ein Vorwurf treffe Niemand. Ueber eine engere Verbindung zwischen den Deichaufsichtsbehörden und der Strombauverwaltung schwebten Verhandlungen.
Abg. Freiherr von Minnigerode bittet, wenigstens den höher gelegenen Theil der Nogatniederung so bald als möglich vom Wasser zu befreien, damit die Viehweiden freigelegt würden.
Minister Dr. Lucius erklärt darauf, daß jetzt bereits an der Schließung des Dammbruchs bei Jonasdorf gearbeitet und ein halbkreisförmiger Fange⸗Damm angelegt werde. Etwa Anfang August werde das Wasser so weit beseitigt sein, wie es durch künstliche Pumpwerke beseitigt werden könne.
Bei Schluß des Blattes spricht Abg. Seer.
— Dem Hause der Abgeordneten sind nachstehende Anträge zu der dritten Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Bewilligung von Staatsmitteln zur Beseitigung der durch die Hochwasser im Frühjahr 1888 herbeigeführten Verheerungen,
zugegangen:
I. Von dem Abg. Dr. Gerlich:
Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen:
In §. 1 zu 1 c. des Gesetzentwurfs hinter das Wort „be⸗ schädigter noch einzufügen die Worte: „sowie zur Anlegung etwa erforderlich werdender neuer“.
II. Von den Abgg. und Dr. Sattler:
Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen:
Dem §. 3 folgenden Absatz hinzuzufügen: .
Zinsen und Rückzahlungen der gewährten Nothstandsdarlehne sind zur Tilgung von Staatsschulden zu verwenden, bezw. auf bewilligte neue Staatsanleihen zu verrechnen.
.— Dem Hause der Abgeordneten ist der nach⸗ stehende Abänderungsantrag des Abg. Dr. Brüel zu der dritten Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Erleichterung der Volksschullasten, zugegangen:
Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen:
Im §. 1 Absatz 2 der Beschlüsse zweiter Berathung unter 1
statt .400“ „360“ v“ 1““ und statt 300“ — „260“ zu setzen. Bemerkung.
Die Königliche Staatsregierung berechnet pag. 7 in Nr. 15 Drucksachen den finanziellen Jahresbedarf zurch Durchführung des §. der Regierungsvorlage auf 19 137 200 ℳ
Nach §. 1 der Beschlüsse zweiter Berathung würde diese Jahresbedarf betragen für 33 919 alleinstehende oder erste Lehrer à 400 ℳ = 13 567 600 ℳ, für 23 897 andere ordentliche Lehrer à 300 ℳ = 7 169 100 ℳ, für 6721 ordentliche Lehrerinnen à 200 ℳ = 1 344 200 ℳ, für 1181 Hülfslehrer und Hülfslehrerinnen à 100 ℳ = 118 100 ℳ, Summa des Bedarfs nach §. 1 der Beschlüsse zweiter Lesung 22 199 000 ℳ Bei Annahme des obigen Antrages verringert sich dieser Bedarf ad 1 um 40 ✕ 33 919 = 1 356 760 ℳ, ad 2 um 40 %✕ 23 897 = 955 880 ℳ, zusammen = 2 312 640 ℳ Der Jahresbedarf bleibt daher bei Annahme des An⸗ trages (22 199 000 — 2 312 640) 19 886 360 ℳ
Dieser vollen Summe bedarf es jedoch zur Ausführung des Ge⸗ setzes nicht, da von derselben noch abgeht, was vom Staatsbeitrage nach §. 3 und §. 4 ausfällt. Die Höhe dieses Ausfalles ist zur Zeit mit einiger Sicherheit nicht zu veranschlagen.
— Eine Kaiserliche Verordnung, betreffend die Abänderung und Ergänzung der Ausführungsbestimmungen zu dem Gesetz über die Kriegsleistungen, vom 14. April 1888, befindet sich in der Ersten Beilage.
— Während des letzten Jahres vor dem Unfall hatte ein Arbeiter im Durchschnitt für den Arbeitstag einen geringeren Lohn als den von der höheren Verwaltungsbehörde für Er⸗ wachsene festgesetzten ortsüblichen Tagelohn gewöhnlicher Tage⸗ arbeiter (§. 5 Absatz 5 des Unfallversicherungsgesetzes) von 2,40 ℳ, und zwar in 250 Tagen als Lehrling einen gering⸗ fügigen Betrag, demnächst aber in weiteren 55 Tagen 283,25 ℳ als Montagearbeiter. Gegenüber einer Berechnung des Jahresarbeitsverdienstes mit 2,40 300 = 720 ℳ hat das Reichs⸗Versicherungsamt durch Rekursentschei⸗ dung vom 28. Februar d. J. (Nr. 516) im Anschluß an die thatsächlichen Verhältnisse den fraglichen Verdienst in folgender Weise festgestellt 88 u“ 128
. — EEEEEö“ 868,77 ℳ 305
— Zur wirksamen Pfändung einer Grundschuld genügt, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, V. Civil⸗ senats, vom 22. Februar d. J., gleichwie zur Pfändung jeder anderen Geldforderung, das Verbot an den Grundbesitzer, dem Pfändungsschuldner (seinem Gläubiger) zu zahlen, und das Gebot an den Pfändungsschuldner, sich jeder Verfügung über die gepfändete Grundschuld zu enthalten; der Aushändigung des Grundschuldbriefes an den Pfändungsgläubiger (resp. Gerichtsvollzieher) bedarf es zur Entstehung des Pfandrechts nicht. Allerdings wird der Pfändungsgläubiger, so lange er nicht die Verfügung über den Grundschuldbrief hat, sein Pfandrecht nicht gegen den dritten redlichen Erwerber der ge⸗ pfändeten Grundschuld geltend machen können, wohl aber ist sein Pfandrecht dem dritten Erwerber gegenüber, welcher von der vor seinem Erwerb erfolgten Pfändung zur Zeit der Cession Kenntniß gehabt hat, wirksam.
— Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich bayerische Ober Regierungs⸗Raͤth Landmann, ist hier an⸗ gekommen.
— Der General⸗Lieutenant Mischke, General⸗Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs und Inspecteur der Kriegsschulen, ist von Dienstreisen nach Glogau und Neisse hierher zurückgekehrt.
— Der Gouverneur von Köln, General⸗Lieutenant 8 on Sanitz, hat Berlin nach beendigtem Urlaub wieder ver⸗ assen.
— S. M. Kreuzer „Möwe“, Kommandant Korretten⸗
Francke (Tondern)
unter 2
mehrere Regierungskommissarien beiwohnen, steht als erster Gegen⸗
Kapitän Boeters, ist am 19. April cr. in Zanzibar ein⸗ getroffen. A ““ ““ b
1
Bayern. München, 20. April. -Die „Allgemeine Ztg. meldet: „Se. Königliche Hoheit der Prinz⸗Regent hat bes der gestern dem Präsidium und den Senioren der Abgeord⸗ netenkammer gegebenen Tafel Allerhöchstseiner Anerken⸗ nung der ersprießlichen Gesammtthätigkeit des Landtags Ausdrug gegeben und in bewegten Worten seine Antheilnahme an dem Leiden Kaiser Friedrich's bekundet.“ — Wie dasfelb⸗ Blatt aus zuverlässigster Quelle erfährt, ist das diesjährig;, Georgi⸗Ritterfest in Frage gestellt, da dasselbe nur ab⸗ gehalten werden würde, wenn im Befinden des Deutschen Kaisers eine erfreuliche Besserung eintritt.
VEachfsen. Dresden, 20. April. (Dr. J.) Die Königin ist heute Vormittag, von Cannes kommend, wieder hierher zurückgekehrt.
Baden. Karlsruhe, 20. April. (W. T. B.) Der Stadtrath hat beschlossen, bei dem Bürger⸗Ausschuß dis Genehmigung der Summe von 200 000 ℳ behufs Errichtung eines Kaiser⸗Denkmals zu beantragen. 8
Reuß ä. L. Greiz, 17. April. (Lpz. Ztg.) Der Landtag ist gestern nach Erledigung der Vorlagen und Petitionen wieder geschlossen worden.
Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 20. April. (W. T. B.) Der Landesausschuß hat bis auf zwei Petitionen sämmt liche zur Verhandlung vorliegenden Gegenstände erledigt und sich, da die Kaiserliche Ordre zum Schluß der Session noch nicht vorliegt, auf unbestimmte Zeit vertagt.
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 20. April. (W. T. B.) Im Abgeordnetenhause wurde bei der Berathung des Dis⸗ positionsfonds Seitens der Opposition die Erklärung abgegeben, daß sie denselben verweigern würde. Der Minister⸗Präsident Graf Taaffe erwiderte, er betrachte die Frage betreffs des Dispositionsfonds nicht als eine Ver⸗ trauensfrage. Bei der Abstimmung wurde der Dispositions⸗ fonds mit 128 gegen 116 Stimmen abgelehnt. Wiedersperg beantragte hierauf namentliche Abstimmung, da das Resultat nur auf einem Irrthum bei der Zählung der Stimmen be⸗ ruhen könne. Der Präsident bezeichnete diesen Antrag als unzulässig.
Pest, 19. April. (Wien. Ztg.) Gegenüber der Behaur⸗ tung eines ungarischen oppositionellen Blatts, daß die Dele⸗ gationen im nächsten Monat zu einer außerordent⸗ lichen Session einberufen werden sollen, weil das gemeinsame Ministerium mehrfacher Kreditvotirungen be⸗ dürfe, bemerkt der „Nemzet“: Die Wiederherstellung der früheren Praxis, die Delegationen in den Frül⸗ jahrs⸗Monaten abzuhalten, war bereits vor fünf Monaten beschlossen. Nun sind die heutigen Konstela⸗ tionen keineswegs solche, daß man schon fünf Monate vorher bestimmen konnte, ob es nothwendig sein werde, zu einem gewissen Zeitpunkte die Delegationen zu einer außerordentlichen Session einzuberufen. Die Rückkehr zur alten Praxis erfolgte eben auf Urgirung der oppositionellen Blätter, um den Parlamenten beider Staaten die Erledigung des Budgets bis zum Jahresende zu ermöglichen.
Großbritannien und Irland. London, 20. April. (W. T. B.) Das Unterhaus hat in seiner heutigen Sitzung die Lokal⸗Verwaltungs⸗Bill nach sechstägiger Debatte einstimmig angenommen.
Frankreich. Paris, 20. April. (W. T. B.) Die Minister werden sich zu der morgen stattfindenden Wahl der Verfassungsrevisions⸗Kommission nicht in die Bureaux der Kammer begeben, sondern die Er⸗ nennung der Kommission abwarten, um dann die Ansichten der Regierung darzulegen. Eine Berathung der Verfassungs⸗ revision während der gegenwärtigen Kammersession wird das Ministerium gutem Vernehmen nach entschieden bekämpfen.
Heute hat sich eine neue parlamentarische Gruppe gebildet, die außer den Mitgliedern des „Comité de Protestation“ eine Anzahl von Deputirten umfaßt welche geneigt scheinen, sich Boulanger zu nähern. Es gehören dazu Andrieux, Granet, Turquet, Vingtaine und mehrere andere republikanische Deputirte.
Der Senat begann heute die Berathung der Militär⸗ gesetze, Jules Simon sprach sich dabei gegen mehrere Artikel der Vorlage, insbesondere gegen die Herabsetzung der dreijährigen Dienstzeit und gegen die Einberufung der Zög⸗ linge der Priesterseminare zum Militärdienst aus, welch letzteres die Glaubensansichten verletze und eganz unnöthiger Weise Unfrieden im Lande erzeuge. Der Redner erklärte, man solle lieber die Armee stärken und den Finanzen aufhelfen, an⸗ statt mit Diskussionen über Nüancen der Politik die Zeit zu verlieren. Die dem Vaterlande gestohlene Zeit sei ein ÜUnrecht gegen den gesunden Menschenverstand, eine Infamie, die Regierung müsse ihren eigenen Ansichten folgen, nicht der öffentlichen Meinung. Wenn es sich um die Armee handele, dürfe man nur die Feinde in Rechnung ziehen. 1
— 21. April. (W. T. B.) Etwa 1000 Studirende unternahmen gestern Abend eine antiboulangistische Manifestation und trafen dabei auf eine zahlreichere Zusammenrottung von Personen, welche eine Kund⸗ gebung für Boulanger bezweckten. In der hierbei ent⸗ standenen Schlägerei wurden gegen 20 Studirende verwundet, mehrere ziemlich schwer.
Das Organ der Opportunisten, „La République française“, fordert seine Freunde auf das Dringendste auf, gegen die Revision der Verfassung zu stimmen. Die Rechte scheint bis jetzt entschlossen zu sein, für die Revision zu stimmen.
Niederlande. Haag, 20. April. (W. T. B.) Das neue Ministerium ist nunmehr ernannt; dasselbe ist, wie folgt, zusammengesetzt: Baron Mackay: Inneres, Ruys: Zustiz, Godin de Beaufort: Finanzen, Hartzen: Auswärtiges, Keuche⸗ nius: Kolonien, Oberst Bergansius: Krieg, Dyserinck: Marine, Havelaar: öffentliche Arbeiten.
Afrika. Egypten. Alexandria, 17. April. (A. C. Die anhaltende Rührigkeit der Derwische an der Grenze verursacht einige Besorgniß. Zwei als Weiber verkleidete Spione wurden jüngst in Derawi entdeckt und einer derselben wurde heute Morgen zum Tode verurtheilt. Genera! Grenfell läßt einige kleine Dörfer in der Nachbarschaft zerstören. Er empfiehlt eine mäßige Verstärkung 866 egyptischen Garnison, eine Erneuerung der den Stämmen entzogenen Subsidien und die Entsendung einer Compagnle
benennende bürgerliche Demokratie den sogenannten
Berlins
Industrie annehmbar sind, etwas dazu beitragen.
den meisten Fällen
englischer Truppen nach Assiut. In Uebereinstimmung mit diesem Vorschlage geht eine Compagnie der Schützenbrigade unverzüglich dahin ab. 1
Zeitungsstimmen.
Aus den Reichslanden schreibt man dem „Hannover⸗
schen Courier“:
Die schlimmen Erfahrungen, welche wir im Reichslande gemacht baben, haben gelehrt, den einzelnen Symptomen einer bemerkbaren Besserung mit Mißtrauen zu begegnen und sie auf ihre Beständigkeit bin aufs Sorgsamste zu prüfen, ehe man ihnen Bedeutung beimißt. Diese Erwägung wohl ins Auge gefaßt, kann getrost behauptet werden, daß die politischen Ereignisse der letzten Monate zur Aussöhnung der Bevölkerung mit dem Bestehenden erheblich keigetragen haben. Was groß und erhebend war, kam von deutscher Seite, während die Nachrichten aus Frankreich nur von trostloser Zerrissenbeit und Mißwirthschaft zu berichten wußten. So jämmerlich wie sie in Wirklichkeit sind, hat sich der elsässische Bauer die französischen Zustände nicht vorgestellt. Es bedurfte erst des Zusammen⸗ bruchs, den wir in der jüngsten Zeit erlebt haben, der Aufdeckung der greulichen Korruption durch den Prozeß Wilson und des Boulanger⸗ Schwindels, um ihm die Augen gründlich zu öffnen. Es ist eine Fabel, wenn die Laguerre und Konsorten behaupten, die Bevölkerung Elsaß⸗Lothringens blicke mit Verehrung und Begeisterung auf Boulanger. Gerade das Gegentheil trifft zu. Die Boulangitis hat en der Westerenze Halt gemacht; der Revanchegeneral wird von der Bevölkerung Elsaß⸗Lothringens als der böse Geist des schönen Frankenlandes beklagt. Diese Stimmung herrscht so entschieden vor, daß man höchst selten Jemanden findet, der den Cirkus⸗General auf den Schild zu heben wagt. Und wenn neulich in einem französischen Blatt behauptet wurde, die Elsaß⸗Lothringer würden Gott auf den Knieen anken, wenn sie wieder Frankreich angehören könnten, so kann doch mit Grund dagegen gesagt werden, daß sie entschieden Vorbehalte machen würden, ehe sie — vor die Wahl gestellt — dem jetzigen Frankreich wieder angehören möchten.
— Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ schreibt:
Es ist bekannt, mit welchem Ingrimm unsere sich, deutsch⸗freisinnig“ Strike⸗Erlaß des preußischen Ministers des Innern aufnahm. In einer Maßregel, welche nichts weiter wollte, als die Lohnstreitigkeiten zwischen Arbeit⸗ nehmern und Arbeitgebern von der Einmischung der Sozialdemokratie, welche doch lediglich im Interesse der propagandist schen Zwecke dieser Richtung -erfolgt, zu hefreien, welche Maßregel also einen Schutz des Koalitionsrechts der Arbeiter involvirte, wollte man durchaus di Vernichtung des letzten Restes der Koalitionsfreiheit erblicken. Dies Unterstellung paßte gerade damals besonders gut in den Rahmen freisinnigen Agitationsmache, welche ja ihre „geistigen“ Unkosten Jahren nur auf dem Wege der Reaktionsriecherei bestreitet
Inzwischen hat die Erfahrung ergeben, daß das Koalitionsrecht und die Freiheit, sich desselben zu bedienen, durch jenen Erlaß nicht berührt worden sind, daß aber andererseits die in Strikes zum Aus⸗ trag gebrachten Lohnkämpfe in weit milderer, beiden Theilen, nament⸗ lich aber den Arbeitern, wesentlich geringere Opfer auferlegender Weise verliefen. Gegenüber dem anfänglich von jener Seite erhobenen Ge⸗ schrei darf es daber mit Befriedigung begruͤßt werden, wenn die „Voss. Ztg.“ sich an leitender Stelle mit der Lohnbewegung der Arbeiter efaßt, ohne auch nur mit einer Silbe auf die dem Arbeiter⸗ stand angeblich durch den Strikeerlaß angelegte „Fessel“ zurück⸗ zukommen.
Das genannte Blatt konstatirt, wie in Berliner Arbeiterkreisen neuerdings verschiedentlich für Erzielung höherer Löhne agitirt wird, wie Lackirer, Stuckateure, Steinträger, Putzer, Nagelschmiede, Schuh⸗ macher und Schneider schon seit mehreren Wochen in der Lohn⸗ bewegung stehen, und theilweise schon angefangen haben, die Arbeit einzustellen.
Die „Voss. Ztg.“ warnt nun die Arbeiter, den Bogen zu über⸗ svannen, indem man richt erfüllbare Forderungen stelle, und sagt in dieser Beziehung:
„Gewiß ist allen Arbeitern ein Lohn zu gönnen, der es ihnen er⸗ möglicht, ein menschenwürdiges Dasein zu führen, allein ebenso muß vor Erhebung zu hoher Lohnforderungen gewarnt werden. Wenn die Löhne nicht mehr hinreichen, redliche Arbeiter mit Familien erträglich zu ernähren, so haben die Arbeiter nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, ihr Loos mit allen möglichen gesetzlichen und wirthschaft⸗ lichen Mitteln zu verbessern. Die Strikes sind aber ein gefähr⸗ liches Mittel, um zu einer Lohnerhöhung zu gelangen, und daber nur im äußersten Nothfall in Anwendung zu bringen. Die Arbeitseinstellungen können nur unter seltenen Verhältnissen und nur bei Forderungen, die ohne Nachtheil für die betreffende s Die Erfabrung hat die unumstößliche Wahrheit bestätigt, daß sich die unerbittlichen Naturgesetze des Verkehrs, des Angebots und der Nachfrage, der Ab⸗ hängigkeit der Arbeiter von dem Kapital und des Kapitals von den Arbeitern nicht wesentlich und nie auf die Dauer durch Arbeitsein⸗ stellungen stören lassen. In England, wo die Strikes wiederholt in dem größten Umfang und der vollkommsten Disziplin und Organisa⸗ tion geführt wurden, haben die Arbeiter gerade dadurch an Macht rerloren. Trotz ihrer massenhaften Einigkeit und Ausdauer unter sich, wie gegen die Arbeitgeber haben die Arbeiter fast immer die⸗ selbe Erfahrung machen müssen, daß sich das Kapital nicht zwingen läßt, und beide Partejen mußten sich immer wieder den Naturgesetzen des Verkehrs unterwerfen. Hat aber eine Arbeitseinstellung wirklich Erfolg, so wird sich der Arbeitgeber in der Regel genöthigt sehen, den ihm zugefügten Schaden, welcher in der Verkürzung des Kapitals besteht, durch Beschäftigung einer geringeren Anzahl von Arbeitern auszugleichen. Der Unternehmer hat mit Geschäftskonjunkturen zu rechnen, und die Deckung der gesteigerten Geschäftskosten durch einen Aufschlag auf den Preis hat ihre Grenzen, die in eher erreicht sein dürften, als die Be⸗ frieLigung der Ansprüche der Arbeiter. Wenn aber die Arbeit aufgehört hat, dem Unternehmer reinen Gewinn abzuwerfen, wird sich schließlich der Arbeiter mit der Familie der Nahrungslosigkeit preis⸗ gegeben sehen. Außerdem kommt in Betracht, daß während der Ar⸗ beitseinstellung die Arbeiter ihre eigenen und wohlthätiger Freunde saure Ersparnisse verzehren, nicht selten mit ihren Familien hungern und darben, Krankheiten durchmachen, versetzen und gegen Wucher⸗ zinsen borgen müssen.“ 8
Wir haben geglaubt, das manchesterliche Organ unverkürzt zum Wort lassen zu sollen, wenn wir auch hinsichtlich der „vnerbittlichen Naturgesetze“ des Verkehrs abweichender Mei⸗ nung sind. In der Hauptsache aber hat die „Vossische Zei⸗ tung“ das Richtige getroffen: Strikes sind ein zweischneidiges Schwert, welches gar oft schon den strikenden Arbeitern, namentlich, wenn sie sich von den sozialdemokratischen Agitatoren zu von vornherein aus⸗ sichtslofen Arbeitseinstellungen verleiten ließen, Opfer gekostet hat, deren Betrag selbst durch die in einem siegreichen Ausgang des Strikes erzielten Vortheile nicht ausgeglichen werden konnte. 8
Andererseits hat die „Vossische Zeitung“ nicht Unrecht, wenn sie
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auch nach der anderen Seite folgende Mahnung richtet:
c ⸗Andererseits sollten die Arbeitgeber stets beherzigen, daß höherer Lohn zugleich eine bessere, solidere, also wirthschaftlich wohlfeilere Arbeit bedeutet, und daß es darum in ihrem eigenen Interesse liegt, ie Arbeiter mit einem angemessenen Lohn zu bedenken. Jede gefor⸗ erte Leistung kann nur mit einer bestimmten Menge von Kraft, usdauer und Geschicklichkeit ausgeführt werden. Diese Kraft ꝛc. muß gewonnen, aufrecht erhalten und bezahlt werden. Sucht man davon durch unnatürlich niedrigen Lohn etwas für sich abzuziehen, so verringert sich diese Kraft in Folge schlechterer Ernährung und Erholung um eben so viel, und die Arbeit wird schlechter, dauert länger und kostet deshalb mehr als
die bessere und anscheinend theurere. Wenn Kapitalisten aus Geiz und Habgier zu niedrige Löhne zahlen, bleiben zunächst nur schlechte Arbeiter mit schlechter Leistung bei ihnen, und sie müssen an Ge⸗ schäftsehre und ⸗Ruf einbüßen, also auch an ihrem Kapital darunter leiden. Verschwören sich die Arbeitgeber wohl gar mit ihren Ge⸗ nossen für Aufrechterhaltung zu niedriger Löhne, so sinkt endlich der ganze Arbeitszweig, und die Hände, welche ihr Kapital verzinsen sollen, erlahmen oder suchen in anderen Erwerbszweigen ihr Heil.“
Wenn nun aus diesen nach beiden Seiten hin angestellten Er⸗ wägungen nachstehende Schlußfolgerung gezogen wird:
„Es ist also immer gut, daß sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer auch im heftigen Streite kaltblütig mit einander zu verständigen suchen, statt sich gegenseitig böses Blut zu machen, daß sich beide Parteien Einsicht in die unerbittlichen Naturgesetze von Angebot und Nachfrage zu verschaffen suchen, daß sie stets der Wahrheit eingedenk bleiben, daß Kapital und Arbeit Geschäftsgenossen sind und sein müssen. Es liegt im beiderseitigen Interesse, sich gegenseitig möglichst ruhig und klar auszusprechen und zu einem besseren Verständniß und freundschaftlicheren Beziehungen zu gelangen“,
so wird man die auch von der „Vossischen Zeitung“ gewünschte „kaltblütige Verständigung“ zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern gewiß am ersten erreichen, wenn man aus jedem Lohnstreit alle politischen und parteitaktischen Elemente fern hält; namentlich aber die nur auf Erregung von Unzufriedenheit berechnete Einmischurg der sozialdemokratischen Rädelsführer in Sachen der Lohnfrage nach wie vor nach Möglichkeit verhütet.
jesige Wollwaarenfabrikation erfreut sich gegenwärtig eines Ganges, es hat bis jetzt in diesem Jahre überhaupt nicht Stillstand gegeben; für Raschel⸗ und Strickmaschinen wurden immer Arbeiter bezw. Arbeiterinnen gesucht. In Damentüchern, Damenröcken, Herren⸗ und Damenwesten sind bedeutende Aufträge da. Auch die Wirkmaschinenfabriken sind voll beschäftigt; es werden auch viele Rascheln für auswärts gebaut. — Zu den hier schon bestehenden zwei Eisengießereien ist noch eine dritte gekommen, welche ebenfalls in der Nähe des Bahnhofs neu erbaut worden ist. Dorthin wird auch die Fabrik für landwirthschaftliche Maschinen von Ruppe und Sohn verlegt werden.
Statistische Nachrichten.
Die industrielle Bedeutung, Oberschlesiens. — soeben ausgegebene April⸗Heft der „Zeitschrift des Oberschlesi⸗ berg⸗ und hüttenmännischen Vereins“ bringt eine umfangreiche eingehende, vom Geschäftsführer Dr. Voltz des genannten Ver⸗ eins bearbeitete Statistik für 1887 mit werthvollen Rückblicken auf frühere Perioden. Wir entnehmen derselben folgende Angaben. — Trotz der Ungunst seiner Lage, eingekeilt zwischen zwei fremden Reichen und entfernt vom Meere, hat Oberschlesien seit etwa einem Menschen⸗ alter einen Aufschwung genommen, wie wenige Bezirke des Reichs. Neue Ortschaften sind entstanden; einige von ihnen, wie Kattowitz, Königshütte u. a. haben sich rasch zu volkreichen Städten entwickelt. Die Bevölkerung ist beträchtlich angewachsen und ein enges Netz von Schienenstraßen vermittelt den lebhaften Verkehr. Dieser Aufschwung Oberschlesiens beruht auf seinem unerschöpflichen Kohlenreichthum, welcher auf Billionen von Centnern geschätzt wird. Mit der Ausbeutung dieses Reichthums wurde vor hundert Jahren begonnen; im Jahre 1857 wurden 2,1 Millionen Tonnen, 1872 bereits 7,2 Millionen und 1887 nicht weniger als 14,5 Millionen Tonnen Steinkohlen und Erze, letztere im Werthe von 56,5 Millionen Mark, gefördert. Im Anschluß an diese Kohlen⸗ und Erzausbeute hat sich in Oberschlesien eine Eisen⸗ und Stahlindustrie entwickelt, welche 1887 insgesammt 793 960 Tonnen im Werthe von 60,7 Mill. Mark, und außerdem eine Silber⸗, Zink⸗ und Bleifabrikation, welche 1887 zusammen 141 760 Tonnen im Werthe von 40,1 Millionen Mark erzeugte, so daß unter Hinzurechnung der Koks⸗ und Cinder⸗ fabrikation das oberschlesische Steinkohlenbecken im genannten Jahre Alles in Allem Werthe im Betrage von 164,3 Millionen Mark er⸗ zeugte. Die Zahl der in den verschiedenen Industriezweigen beschäf⸗ tigten Arbeiter belief sich 1887 auf 81 085 Köpfe; davon entfielen 53 878 auf die Steinkohlen⸗ und Erzgruben, 17 491 auf die Stahl⸗ und Eisenindustrie, 7382 auf die Zink⸗, Blei⸗ und Silberfabrikation und 1893 auf die Koks⸗ und Cinderfabrikation. An Arbeiterlöhnen wurden 43,4 Millionen Mark ausgezahlt, das sind über 25 % des Gesammtwerthes der Erzeugung, und zwar
von den Steinkohlen⸗ und Erzgruben 27,5 Mill. Mark 7 Mill. Mark
= 16 % „ „ Zink.⸗, Blei⸗ u. Silberfabrik. 4,2 Mill.
0,9 Mill. 2 = 12 % Der Durchschnittslohn eines Arbeiters belief sich auf 505 ℳ in den Steinkohlen⸗ und Erzgruben, auf 600 ℳ in der Eisen⸗ und Stahlindustrie, auf 584 ℳ in der Zink⸗, Blei⸗ und Silberfabrikation und auf 469 ℳ in der Koks⸗ und Cindererzeugung. Jugendliche und weibliche Arbeiter hatten einen durchschnittlichen Jahreslohn 225 ℳ — Von den beschäftigten Arbeitern verunglückten 129 tödtlich, 396 schwer und 5095 leicht. Die Zahl der leichteren Unfälle hat beträchtlich zugenommen. Die Versicherung der Arbeiter gegen Unfall, Krankheit und Alter ist seit langer Zeit, Dank dem Wirken des Oberschlesischen Berg⸗ und Hüttenmännischen Vereins, sehr befriedigend organisirt. — Die Einwohnerzahl Straßburgs seit 400 Jahren. — Stellt man die besseren Angaben aus früherer Zeit (Eheberg, Straßburgs Bevölkerungszahl Ende des 15. Jahrhunderts. Jahrbuch für Nationalökonomie und Statistik, 1884) sowie die guten Volk zählungen zusammen, so ergiebt sich als Einwohnerzahl in den Jahren Köpfe in den Jahren 1474 26 08T8 1836 1577 — 1633 . 30 000 8 1681 22 000 1697 27 000 1709 32 000 1726 36 465 1789 49 948 2 1812 54 454 1 1885: 101 464. Hierbei ist die Garnison, welche sich 1885 auf 10 523 Köpfe be⸗
„ der Eisen⸗ und Stahlindustrie . 10.
des Erzeugungs⸗ werthes.
Koks⸗ und Cinderfabrikation
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lief, nicht miteingerechnet; zu französischer Zeit war die Garnison
durchschnittlich 7 — 8000 Mann stark.
Auf 1000 weibliche Personen kamen männliche 1871 894, 1875 830, 1880 852, 1885 843. Die geringe Zahl der männlichen Per⸗ sonen 1875 erklärt sich durch die starke Auswanderung militärpflich⸗ tiger junger Leute nach der Annexion. Hinsichtlich der Konfession zerfielen die Bewohner in “ 8
Katholiken Protestanten 5 119 21 362 8 10 480 24 341 . 21 800 ca. 21 200 27 213 25 765 43 750 28 893 44 855 37 095 49 251 41 873 51 712 45 540 3711 Zu den Protestanten sind 1807 die Hugenotten, Kalbvinisten, Lutherischen u. s. w. gerechnet. Die Zahl der Katholiken hat vor⸗ zugsweise durch Einwanderung im vorigen Jahrhundert aus dem übrigen Elsaß, Frankreich und Baden, welche ja überwiegend katholisch sind, zugenommen. Die Zahl der Protestanten vermehrte sich nicht nur nicht im 18. Jahrhundert, sondern nahm sogar noch um etwas
3 126 3 267
b “ ab in Folge nicht unbeträchtlicher Auswanderung, meist nach Frank⸗ reich. Von 1349 bis zur großen Revolution gab es in Straßburg keine Juden; die Niederlassung war ihnen verboten und sie wohnten daher außerhalb. Seitdem wanderten sie zahlreich ein und vermehrten sich in der oben angegebenen Weise. “
— Die Straßenreinigung und Fortschaffung der Abfuhrstoffe läßt in vielen italienischen Gemeinden noch zu wünschen übrig. Nach dem schon mehrfach angezogenen General⸗ bericht über die hygienischen und sanitären Zustände in Italien sorgen 4350 von 8258 Gemeinden mittelbar oder unmittelbar für Rein⸗ haltung der Straßen, in 2766 Gemeinden ist diese den Hausbesitzern überlassen, während 1142 erklärten, daß sich niemand um dieselbe be⸗ kümmere. Nur 3520 Gemeinden halten die Niederlagen für Aus⸗ wurfstoffe in genügender Entfernung von den Wohnplätzen. In 541 Gemeinden waren die Straßen ganz oder zum Theil mit Leitungen versehen, die gleichzeitig die Auswurfstoffe fort⸗ schaffen, in 1313 Gemeinden dienen die unterirdischen Röhren nur zur Entfernung von Regen⸗ und unreinem Wasser, in 6404 fehlt jede Spur von Kanalisation. In 3336 Gemeinden haben alle oder fast alle Häuser Aborte. Besonders in Süditalien und auf den Inseln und im Venetianischen fehlt es gewöhnlich an dieser Bequemlichkeit. 5780 Gemeinden entleeren den Inhalt der Aborte mittelst Zuber oder anderer, zumeist offener Gefäße, in 797 Gemeinden bleiben die Erkre⸗ mente einfach auf der Straße liegen; 1180 erklärten, daß letztere nicht zum Besten der Landwirthschaft verwendet werden.
— Ueber die Wohnverhältnisse der Bevölkerung Italiens führen wir aus dem neulich angezogenen Generalbericht über die Untersuchungsergebnisse der hygienischen und sanitären Zu⸗ stände in den Gemeinden des Königreichs folgende Angaben an. Die 1881 (zur Zeit der letzten Volkszählung) im Gebrauch befindlichen Wohnungen hatten mehr als 17 Millionen Zimmer, sodaß, wenn man berücksichtigt, daß etwa ein Achtel aller Wohnungen unbenutzt stand, auf drei Einwohner zwei Zimmer kommen. Im Norden von Rom entfallen weniger Menschen auf die bewohnten Zimmer, als im Durchschnitt des Landes, in Ligurien und Toscana trifft sogar fast auf jede Person ein Zimmer. Dagegen lebten in Turin nicht weniger als ca. 30 000 Personen in Dachkammern. Gegenüber der Ansicht, es sei vortheilhaft für den sozialen Frieden, wenn die geringen Leute unter demselben Dach mit den Reichen und mit dem Mittelstand wohnen, läßt sich die Meinung vertheidigen, es sei gefünder, wenn die Arbeiterbevölkerung die Dachkammer aufgebe und sich in besonderen Vierteln ansiedle. Mehr als 100 000 Personen wohnen in Kellern, und selbst die Steinbrüche sind nicht selten bewohnt, zu⸗ meist in den Abruzzen, in der Basilicata, in Apulien. Im röͤmischen Acker suchen viele Familien in nothdürftig bergerichteten Grotten Unterkunft oder bewohnen zu Dutzenden, Menschen und Vieh zusam⸗ men, verfallenes, fensterloses Gemäuer. Im südlichen Italien ist es alte Ueberlieferung, daß Schweine, Esel und jede Art der Ueber⸗ wachung bedürftigen Hausthiere in demselben Raum mit der Bauern⸗ familie übernachten. In 966 Gemeinden ron 8258 überhaupt haben die Bauern die Gewohnheit, die Winterabende in den Ställen zu verbringen, in 4701 (also mehr als der Hälfte!) verbringen sie daselbst nicht nur die Abende, sondern auch die Nächte und athmen eine mit Miasmen geschwängerte Luft ein. Der Ra ig fehlt, namentlich 2 8
mzerstreuten Häusern auf dem Lande, in 1124 Gemei 8 Kunst, Wissenschaft und Literatuir. Von Hackländer's: illustrirtem Roman: „Handel und Wandel“ (in Lieferungen à 40 ₰ bei C. Krabbe in Stuttgart) ist Lieferung 5—7 soeben erschienen. Die Schicksale der handelsbeflissenen Jünglinge wird Jeder mit Spannung verfolgen, das Interesse wird durch die stimmungsvollen Illustrationen noch gehoben. Neustrelitz, 20. April. Am Dienstag beging der Direktor der hiesigen Großherzoglichen Realschule, Rath Dr. Ed. Müller, sein fünfzigjähriges Dienstjubiläum. Der Großherzog ernannte den Jubilar zum Schulrath. Von früheren Schülern desselben wurde eine ehrende Adresse überreicht und ein namhaftes Ehrengeschenk zur Errichtung einer Fortbildungsschule übergeben. — „Die Baupolizei im Gebiete des Allgemeinen unter Berücksichtigung der neuesten Gesetzgebung und öchs preußischen Gerichtshöfe, dargestellt von J Heine's Verlag.“ Ladenpreis eine möglichst vollständige Dar⸗ Landrechts. Es enthält eine
tellung im Gebiet geltenden allgemeinen bau⸗
Zusammenstellung der geg 3 polizeilichen Bestimmungen mit Einschluß des Gesetzes über die An⸗ legung und Veränderung zen und Plätzen in Städten und ländlichen Ortscha vom i 1875, des Gesetzes über die Gründung neuer Ansiedelunge vom 25. August 1876, des Feld⸗ und Forstpolizeigesetzes .April 1880 (bezüglich der Er⸗ r erstellen in de g (bezu
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lize richtung von Feu von Waldungen), der Reichs⸗ gewerbe⸗Ordnung (bezüglich der gewe Anlagen) und der neue⸗ sten preußischen Verwaltungsgeset id zur Erläuterung an den betreffenden Stellen die hei 2 sten Gerichtshöfe in knapper und präziser F eres Gewicht ist auf eine vollständige Zusammenstellung de n Bestimmungen P ie Anfechtung von polizeili und Zwangs⸗ geln, sowie über die welche in dem 30. Juli 1883 fverfügungen vom
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ß entsprechendes buch für Po⸗ aumeister, Bauhandwerker, Bau⸗
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— Ueber die literarische Produktion im
Reich während des Jahres 1887 giebt Literaturkalender für 1888“ folgende Mittheilung: — 15 972 (1886 16253) literarische Erzeugnisse. Davon enthzelen auf Sammelwerke, Literar⸗wissenschaftliche Bibliographie 439 (1886 432), Theologie 1456 (1517), Jurisprudenz, Politik, Statistik, Verkehrs⸗ wesen 1369 (1362), Heilwissenschaft, Thierheilkunde 1082 (1016), Na⸗ turwissenschaft, Chemie, Pharmacie 867 (1044), Philosophie 126 (138), deutsche Schulbücher, Gymnastik 2063 (1916), Jugendschriften 464 (397), Altklassische und orientalische Sprachen, Alterthums⸗ wissenschaft, Mythologie 585 (566), neuere Sprachen, alt⸗ deutsche Literatur 585 (570), Geschichte, Biographien, Memoiren, Briefwechsel 722 (800), Mathematik 223 (224), Reisen 370 (429), Pferdekunde 389 (404), Handelswissenschaft, Gewerbkunde 725 (680), Bau⸗, Maschinen⸗ und Eisenbahnkunde, Bergbau, Schiffahrt 377 (437), Forst⸗ und Jagdwesen 81 (122), Haus⸗ und Landwirthschaft, Garten⸗ bau 452 (416, schöne Litteratur (Romane, Gedichte, Bühnenwerke) 1402 (1461) schöne Künste (Malerei, Musik ꝛc.) Stenographie 648 (657), Volksschriften, Kalender 729 (757), Freimaurerschriften 16 (16), Vermischte Schriften 387 (497), Karten 415 (395).
— Leitfaden zum Studium des Preußischen Rechts für Kandidaten des Justiz⸗ und Verwaltungsdienstes, insbesondere für Anwärter des Gerichtsschreiberamts, bearbeitet von Ed. Strützki, Königlicher Kammergerichts⸗Rath und richterliches Mitglied des Reichs⸗ Versicherungsamts, und St. Genzmer, Köhniglicher Landrath. Zweite umgearbeitete Auflage. Vierte Lieferung. (Berlin, 1888. Verlag von Franz Vahlen, W. Mohrenstraße 13/14.)
Sanitäts⸗, Veterinär⸗ und Quarantänewesen.
Australien. 22
ie Regierung von Süd⸗Australien hat alle Häfen von China
und dessen Vasallenstaaten, der malaiischen Halbinsel, Singapore,
Timor und Niederländisch⸗Indien für verseucht erklärt. Alle von
daher kommenden Schiffe unterliegen nach ihrer Ankunft in Port
Darwin einer 21 tägigen Quarantäne. Jedoch soll Personen nicht
chinesischer Abkunft, welche mit Schiffen ankommen, die frei von an⸗
steckenden Krankheiten sind, die Landung sofort gestattet werden. Aus⸗
genommen hiervon sind jedoch alle von Hongkong ankommenden Personen, für welche die 21 tägige Quarantäne stets in Anw