61) Velde, Kandidat des Frankfurt a. Main, 88) Dr. Voigt, desgleichen zu Halle a. S., 63) Wagner, Kandidat der Philologie zu Coburg, Herzogthum Coburg⸗Gotha, 3 89 Dr. Weise, desgleichen zu Nordhausen a. Harz, 65) Wernicke, Elementarlehrer zu Magdeburg, 66) 5 1 ncs cker, Realschullehrer zu Barmen⸗Wupper⸗ eld, un n. . 67) Zahn, Elementarlehrer zu Halle a. S. Berrlin, den 19. April 1888. 8 Der Minister der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten. . Im Auftrage: de la Croix.
höheren Schulamts zu
2—
Die Nummer 9 der Gesetz⸗Sammlung, welche von heute ab zur Ausgabe gelangt, enthält unter Nr. 9264 das Gesetz, betreffend die Errichtung eines Land⸗ gerichts in Bochum sowie die anderweitige Abgrenzung der Amtsgerichtsbezirke Hattingen und Bochum und der Land⸗ gerichtsbezirke Essen und Münster. Vom 3. April 1888; unter Nr. 9265 das Gesetz über das Grundbuchwesen und die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen im eltungsbereich des Rheinischen Rechts. Vom 12. April 1888; unter Nr. 9266 das Gesetz, betreffend die Vereinigung der Rechtsanwaltschaft und des Notariats im Geltungsbereich des Rheinischen Rechts. Vom 13. April 1888; und unter Nr. 9267 die Verordnung, betreffend die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte und den Instanzenzug für Streitig⸗ keiten, welche nach reichsgesetzlicher Vorschrift im Verwaltungs⸗ streitverfahren zu entscheiden sind. Vom 23. März 1888. Berlin, den 23. April 1888. b Königliches Gesetz⸗Sammlungs⸗Amt. Didden.
betreffend die von der Landesaufnahn Meßtischblätter im Maßstabe 1: 25 000.
Im Anschluß an die diesseitige Anzeige vom 31. Januar 1888 wird hierdurch bekannt gemacht, daß folgende Blätter, welche der Auf⸗ nahme 1886 angehören, erschienen sind:
a. von der Provinz Pommern: 8 Nr. 680. Lassan, Benz, 768. Caseburg, Wollin, 771. Dobberphul, . Pribbernow, 960. Althagen, 8 1.“ 1057. Pölitz, ollnow, Kreckow, Podejuch, Neumark; b. von der Provinz Posen: Tursko, 2419. Bosatschin, Rosdraschewo, 22421. Raschkow, Olobok, 2567. Adelnau, Mixstadt; .“
Woltin,
.von der Provinz Schlesien: 2
; 760. Haynau, Liegnitz, 814. Reichenbach
Görlitz, 2886. d. von der Rheinprovinz: Mürlenbach, ö“ Gillenfeld . Warweiler, 3399. . . Alf, und 1 Der Vertrieb der Karten erfolgt durch die V von R. Eisenschmidt hierselbst, Kurfürstenstraße Nr. 12. Der Preis eines jeden Blattes beträgt 1 ℳ Berlin, den 21. April 1888. Königliche Landes⸗Aufnahme. Kartographische Abtheilung. von Usedom, Oberst⸗Lieutenant und Abtheilungs⸗Chef.
Bunzlau,
Nichtamtliches.
Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 23. April. Ihre Majestät die Kaiserin und Königin Augusta wohnte gestern dem Gottesdienst in der Kapelle des Augustaä⸗Hospitals bei.
Heute besuchte Ihre Majestät mit Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin von Baden die Kaiserlichen Majestäten in Charlottenburg.
— Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz begleitete am Sonnabend das 1. Bataillon des Garde⸗Füsilier⸗Regiments auf dessen Marsch nach dem Tempel⸗ hofer Felde, wo Höchstderselbe während der Vormittagsstunden den Truppenübungen beiwohnte.
Nach der gegen 11 Uhr erfolgten Rückkehr in das hiesige Schloß nahm Se. Kaiserliche Hoheit zuerst den Vortrag des Regierungs⸗Raths von Brandenstein entgegen und arbeitete von 12 bis 1 Uhr mit dem Kriegs⸗Minister, General⸗Lieutenant Bronsart von Schellendorff, ebenso von 3 bis 4 Uhr Nachmittags mit dem Chef der Admiralität, General⸗Lieutenant von Caprivi.
Vor dem Diner, zu welchem einige Einladungen an höhere Offiziere und an Dr. Güßfeldt ergangen waren, machte Se. Kaiserliche Hoheit einen kurzen Spaziergang nach dem Thiergarten und begab Sich gegen 8 ½ Uhr Abends mit
Ihrer Kaiserlichen Hoheit der Kronprinzessin zum
dhhe⸗ welcher bei den Großherzoglich badischen Herrschaften attfand.
Ihre Kaiserliche Hoheit die Kronprinzessin stattete bald nach 2 Uhr Ihrer Majestät der Kaiserin einen längeren Besuch im Stadtschlosse zu Charlottenburg ab.
Gestern arbeitete Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz von 10 Uhr ab allein und von 11 ¼3 bis 12 Uhr mit dem Regierungs⸗Rath von Brandenstein, empfing um 12 Uhr den Oberst⸗Kämmerer Grafen Stolberg und um 12 ¼ Uhr den Geheimen Medizinal⸗Rath Professor Dr. von Bergmann.
Um 12 ¾ Uhr beschen Sich die Kronprinzlichen Herr⸗ chaften zum Frühstück bei Ihren Majestäten nach Charlotten⸗
urg, von wo gegen 5 Uhr die Rückkehr erfolgte. Zum Diner waren die Erbprinzlich sachsen⸗meiningenschen Herrschaften, Prinz Heinrich und der Erbgroßherzog von Hessen
Gr. Christinenberg,
— Dem Herrenhause sind von dem Hause der Abgeordneten die Gesetzentwürfe, betreffend die Bewilligung von Staatsmitteln zur Beseitigung der durch die Hochwasser im Frühjahr 1888 herbeigeführten Verheerungen, und, be⸗ treffend die Ausübung des dem Staat zustehenden Stimm⸗ rechts bei dem Antrage wegen Aufnahme einerweiteren Prioritätsanleihe der Westholsteinischen Eisenbahngesellschaft, zugegangen.
— Der Schlußbericht der vorgestrigen Sitzung des Faehsg der Abgeordneten befindet sich in der Ersten eilage.
— In der heutigen (49.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten, Dr. von Goßler, und mehrere Regierungs⸗ kommissarien beiwohnen, steht zunächst auf der Tagesordnung: Berathung der Resolution und der Petitionen zu dem Gesetzentwurf betreffend die Erleichterung der Volksschullasten.
Die Resolution lautet:
„Die Königliche Staatsregierung aufzufordern, auf die an⸗ gemessene gesetzliche Ordnung des Lehrerbesoldungswesens und namentlich der Alterszulagen unter Einfügung einer dritten weiteren Stufe derselben Bedacht zu nehmen.“
Hierzu liegen zwei Anträge vor: 8 von Rauchhaupt und
1) von den Abgg. Lubrecht, von Zedlitz:
Die Resolution von dem Worte „Alterszulagen“ ab wie folgt zu fassen:
„mit der Maßgabe Bedacht zu nehmen, daß den Volksschul⸗ lehrern vom Etatsjahre 1888/89 ab nach einer 10jährigen Dienst⸗ zeit 100 ℳ, nach einer 20jährigen 200 ℳ und nach einer 30 ährigen Dienstzeit 300 ℳ als Alterszulage gewährt werden.“ —
2) von dem Abg. Freiherrn von Zedlitz und Neukirch:
In der Resolution der Kommissionsanträge, und zwar sowohl in der Fassung der Kommission als in der des Antrages Lubrecht nach dem Worte „aufzufordern“ die Worte einzu⸗ schalten:
„baldthunlichst auf die Regelung der Schulunterhaltungspflicht nach dem Kommunalprinzip gemäß Art. 25 Absatz 1 der Verfassung
owie“. Abg. Lubrecht befürwortet die Annahme der Resolution. (Schluß des Blattes.)
— Die XII. Kommission des Hauses der Ab⸗ geordneten zur Fonhen, des Antrages der Abgg. Dr. Kropatscheck und von Schenckendorff auf Annahme eines Gesetzentwurfs, betreffend das Diensteinkommen und die Pension der Lehrer an den öffentlichen nichtstaatlichen höheren Lehranstalten, hat beantragt:
Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: 8
I. Den Gesetzentwurf in der aus den Kommissionsbeschlüssen sich ergebenden Fassung anzunehmen,
II. die Petitionen II Nr. 87, 242, 474 durch die ad I ge⸗ faßten Beschlüsse für erledigt zu erklären,
III. folgende beiden Resolutionen anzunehmen:
a. Die Königliche Staatsregierung aufzufordern, in der nächsten Session dem Hause der Abgeordneten einen Gesetzentwurf, betreffend die Fürsorge für die Wittwen und Waisen der Lehrer an den öffentlichen nichtstaatlichen höheren Lehranstalten, mit der Maßgabe vorzulegen, daß derselbe sich gründet auf Beiträge der betreffenden Lehrer und der zur Unterhaltung jener Anstalten Verpflichteten.
b. Die Königliche Staatsregierung aufzufordern, in Fällen, wo die eigenen Einnahmen der Lebranstalten und die Mittel der Schul⸗ unterhaltungspflichtigen zur Erhaltung dieser Anstalten nach Maß⸗ gabe der §§. 1 und 2 nachmweisbar nicht ausreichen, in möglichst ausgiebiger Weise Subventionen aus staatlichen Fonds zu gewähren und zu diesem Zweck die erforderlichen Mittel in den nächsten Etat “ ““
und ferner einstimmig beschlossen, dem Hause der Abgeordneten vorzuschlagen:
Ueber die Petition des Direktors der städ tischen höheren Töchter⸗ schule und Lehrerinnenbildungsanstalt zu Elberfeld, Hrn Schön⸗ stern, in welcher derselbe die Bitte an das Haus der Abgeord⸗ neten richtete: Die pro facultate geprüften Lehrer der höheren Mädchenschulen mit Rücksicht darauf, daß sie dieselben Studien gemacht und dieselben Staatsprüfungen abgelegt hätten, wie die Lehrer gleicher Kategorie an den übrigen höheren Lehranstalten, in die Zahl der von dem Antrage Kropatscheck vertretenen Lehrer ein⸗ schließen zu wollen, zur Tagesordnung überzugehen.
— In einem schiedsgerichtlichen Termine war zwischen dem Kläger und dem Vertreter der Berufsgenossenschaft ein Vergleich abgeschlossen worden. Der Vorstand der Berufs⸗ genossenschaft hat hierauf in einem Rekursgesuch beantragt, den Vergleich aufzuheben und den Kläger mit seinen An⸗ sprüchen zurückzuweisen, einmal weil der Vertreter der Berufs⸗ genossenschaft ohne Spezialvollmacht zum Abschluß eines Ver⸗ gleichs nicht befugt gewesen sei, und weil derselbe ferner seiner Angabe zufolge thatsächlich gar keinen Vergleich ab⸗ geschlossen habe. Das Reichs⸗Versicherungsamt hat hierauf unter dem 27. März d. J. (Nr. 517) erwidert: Gemäß §. 63 Absatz 1 des Unfallversicherungsgesetzes ist der Rekurs nur zulässig gegen eine Entscheidung des Schiedsgerichts in den Fällen des §. 57 Absatz 1 Ziffer 2 a. a. O. Da eine solche Entscheidung in dem vorliegenden Falle thatsächlich nicht ergangen ist, kann die als Rekurs bezeichnete Eingabe des Vor⸗ standes nicht als Rekurs im Sinne des §. 63 Absatz 1 a. a. O., sondern nur als Beschwerde über die Art der Erledi⸗ gung des schiedsgerichtlichen Verfahrens angesehen werden. In dieser Beziehung kommt in Betracht, daß nach der hier in Urschrift vorliegenden Vollmacht der Vorstand den N. N. ohne weitere Beschränkung dazu ermächtigt hat, die Berufs⸗ genossenschaft in dem vor dem Schiedsgericht anberaumten Termine zu vertreten; in dieser allgemein gehaltenen Voll⸗ macht muß aber auch die Befugniß als eingeschlossen erachtet werden, im Namen der Berufsgenossenschaft Vergleiche abzu⸗ schließen. Für letzteres spricht insbesondere die Analogie der §§. 77 und 79 der Civilprozeßordnung vom 30. Januar 1877, wonach die Prozeßvollmacht zur Beseitigung des Rechtsstreits durch Vergleich ermächtigt, sofern diese Befugniß nicht ausdrücklich ausgenommen wird. Des Weiteren hat der Vertreter der Berufsgenossenschaft den Abschluß des Vergleichs durch seine eigenhändige Unterschrift bekräftigt, und die Vergleichs⸗ verhandlung ist von dem vereidigten Protokollführer des Schiedsgerichts, sowie von dem Schiedsgerichts⸗Vorsitzenden begl aubigt worden. Es liegt somit ein an keinem formellen Mangel leidender Vergleich vor, den die Parteien nur aus den allgemeinen Rechtsgründen, aus denen Vergleiche über⸗ haupt angefochten werden können, anzugreifen vermögen.
— Die eisenbahnfachwissenschaftlichen Vor⸗ lesungen werden im Sommer⸗Semester 1888 in folgender Weise stattfinden:
In Berlin werden in Räumen der Universität Vorle⸗ sungen über die Verwaltung der preußischen Staatseisenbahnen gehalten werden. Das Nähere, insbesondere auch bezüglich
eine Revision der
der Anmeldung zu den Vorlesungen, ist aus dem Anschlage in der Universität ersichtlich. 9 In Köln finden Vorlesungen über Eisenbahn⸗Betriebs⸗ lehre im Verwaltungsgebäude der Königlichen Eisenbahn⸗ Direktion (linksrheinischen) daselbst statt.
Bayern. München, 21. April. (W. T. B.) Die Kammer der Reichsräthe nahm heute einstimmig die pfälzischen Hypothekengesetze in der Fassung der Kammer der Abgeordneten an, ebenso das Unfallversicherungsgesetz und in kurzer Debatte den Militär⸗Etat, wobei der Kriegs⸗Minister erklärte: die bayerische Remonte bevorzuge die preußischen Pferbe, weil dieselben billiger seien. Hierauf wurde die
ammer von dem Minister des Innern vertagt.
In der Abgeordnetenkammer verlas der Minister des Innern die Botschaft des Prinz⸗Regenten, welche die Kammer vertagt. Der Präsident gab eine Uebersicht der Geschäftsthätigkeit und wies dabei auf die günstige finan⸗ zielle Lage, sowie auf die Fürsorge des Landtages für die Lage der Arbeiter und der Landwirthschaft hin. Die Rede schloß mit einem Hochruf auf den Prinz⸗Regenten.
„— 23. April. (W. T. B.) Die Kaiserin von Oester— reich ist aus Baden⸗Baden zu mehrtägigem Aufenthalt gestern Abend hier eingetroffen. 8
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 21. April. (W. T. B.) Das Abgeordnetenhaus erledigte die Budgetkapitel „Minister⸗ rath“ und „Gemeinsame Ausgaben“. Der Abg. Neu⸗ wirth bemängelte die Höhe der gemeinsamen Ausgaben, be⸗ leuchtete die materiellen Interessen Oesterreichs im Orient und bezeichnete eine friedliche Verständigung mit Rußland als sehr wünschenswerth. Der Finanz⸗Minister konstatirte, daß in der Monarchie die Tendenz zu einer kriegerischen Aktion nicht bestehe. Das Interesse und die Pflicht aber der österreichischen und der ungarischen, wie der gemein⸗ samen Regierung sei in der gegenwärtigen Zeit, so viel als nur möglich für die Entwickelung der Wehrkraft zu thun. Diese Haltung der erwähnten Regierungen stehe in vollem Einklang mit dem Buchstaben und dem Geist des allsseitig und mit Recht so sehr gepriesenen Bündnisses mit dem Deutschen Reich.
Agram, 21. April. (W. T. B.) Der kroatische Land⸗ tag ist auf den 14. Mai einberufen.
Großbritannien und Irland. London, 23. April. (W. T. B.) Die „Times“ sagt: In dieser Krisis der Besorgnisse der deutschen Nation wird der Besuch der Königin Victoria in Berlin das tiefste Interesse erwecken. Die Königin trägt die innigste Theilnahme der britischen Nation an das Schmerzens⸗ lager des Kaisers Friedrich. — Der „Standard“ meint: der Begegnung der Königin und des Kaisers von Oesterreich in Innsbruck sei keine politische Be⸗ deutung beizumessen; erfreulich sei es jedoch, den freundlichen Sinn wahrzunehmen, in welchem dieses Ereigniß, wie der Be⸗ such der Koͤnigin in Berlin, von den Berliner und Wiener Blättern besprochen werde. England betheilige sich nicht förmlich an dem Dreibund, aber die ganze Welt kenne die Richtung, in welcher sich seine Sympathien bewegten. Der Dreibund allein schütze den Orient vor einem sofortigen Ausbruch.
Frankreich. Paris, 21. April. (W. T. B.) Vor Beginn der heutigen Sitzung der deputirtenkammer kam es in den Wandelgängen zu einem lebhaften Auftrit. Einige republikanische Deputirte tadelten die Haltung der Polizeiagenten, welche, wie sie behaupteten, diejenigen Personen, welche gegen Boulanger öffentlich demonstrirten, übel boe⸗ handelten, während sie die boulangistischen Manifestanten schonten. Der Polizeipräfekt bestritt die Richtigkeit dieser Behauptungen, indem er erklärte, die den Polizeiagenten ertheilten Instruktionen erlaubten denselben in keiner Weise, derartige Unterscheidungen zu machen. Aehnliches kam auch in den Wandelgängen des Senats vor. Ein Senator fragte den Minister⸗Präsidenten Floquet, ob er der Polizei befohlen habe, gegen Diejenigen einzuschreiten, welche riefen „es lebe⸗ die Republik,“ dagegen Diejenigen gewähren zu lassen, welch⸗ aufrührerische Rufe ausstießen. Floquet erwiderte, er tadel alle diese Unordnungen, welche, wenn sie fortdauerten, blutige⸗ Aufstände herbeiführen könnten. Das müsse und werde auf hören.
Senat. Auf eine Interpellation des Senatorz Trarieur, betreffend die allgemeine Politik des Kabinets, erklärte der Minister- Präsident Floquet, daß zur Vornahme einer Revision der Verfassung eine Verständigung mit dem Senat noethwendig sei. Man werde sich darüber zu erklären haben, daß man unter einer Revision der Verfassung die Verrvollkomn⸗ nung der Verfassung, in welcher Mängel zu Tage Fe⸗ treten seien, verstehe. Wenn man Aenderungen der Be ziehungen zwischen der Kirche und dem Staat vorschlagen sollte, so werde das nicht geschehen, um den religibsen Frieden oder die Gewissensfreiheit anzutasten. Bezüglih der von der Stadt Paris erhobenen Ansprüche sei die Regie⸗ rung geneigt, die Machtbefugnisse der Munizipalität zu ver mehren, aber nicht, ihr die hauptstädtische Polizei zu über⸗ antworten. In der Frage über den Senat würde das Kabinen, wenn es einige Anträge auf Abänderung der Zusammel⸗ setzung des Senats einbringen sollte, in erster Linie der Senat veranlassen, über einen solchen Antrag zu berathen, Man müsse zur Bekämpfung der gegenwärtigen Gefahren eine demokratische Energie entwickeln. Man müsse zeigen, daß das freie Waltenlassen der parlamentarischen Institu— tionen diejenige Genugthuung gewähren könne, in der Diktatur gesucht werde. Man müsse die Massen ihren Irrthum erkennen lassen, diese müßten das Vertrauen zur Regierung wieder gewinnen. Dann sei die Aufgabe der Regierung eine leichte. Er (Floquet) habe seinen Posten an Ninister⸗Präsident übernommen mit dem Entschlusse, de Diktatur die Prinzipien des republikanischen h gimes entgegenzusetzen. Léon Renault erklärte, dar er die Antwort Floquet's unbestimmt und ungenügend finde Schließlich nahm der Senat die von der Regierung gebilligt einfache Tagesordnung mit 135 gegen 106 Stimmen an. Die von den Bureaux der Deputirtenkammer g wählte Verfassungs⸗Revisionskommission besteht an 4 Mitgliedern, welche gegen jede Revision 1 2 Mitgliedern, welche die sofortige Revision der Pun fassung wünschen, und aus 5 Mitgliedern, welche jme Verfassung wollen, einer Ver⸗ schiebung der Revision, welche die Regierung vorschlag”
welch E
1“
würde, aber zustimmen werden. Die Kamme t sodann über die Mais⸗ und Alkoholsteuer. k. Petae
Antiboulangistische Studenten veranstalteten heute Abend wieder mehrfache Kundgebungen, so bei dem Palais Luxembourg und auf dem Pantheon⸗Platz. Dieselben begaben sichsodann, ohne daß es zu ernsteren Auftritten gekommen wäre, in kleineren Gruppen nach der Deputirtenkammer, wo Maßregeln getroffen waren, um Konflikten vorzubeugen. Gegen 9 Uhr be⸗ annen neue Kundgebungen auf dem Boulevard St. Michel. Daraus entstanden weitere Zusammenstöße mit Boulangisten. Die Polizei bemühte sich, sämmtliche Theilnehmer an diesen Kund⸗ gebungen zu zerstreuen. Wie es heißt, waren etwa 12 Per⸗ sonen ziemlich ernstlich verletzt.
„— 22. April. (W. T. B.) Am späteren Abend fanden gestern weitere Manifestationen der Studenten nicht statt. Nach 11 Uhr hatte das Quartier latin wieder sein gewöhnliches Aussehen. An verschiedenen Punkten hielten sich zwar noch einige Gruppen auf, aus deren Mitte Rufe ertönten, doch nahm die Zahl der Manifestanten immer mehr ab.
Der Kabinets⸗Präsident Floquet ließ sich um Mitter⸗ nacht auf der Präfektur die Berichte über alle im Laufe des Tages erfolgten Zwischenfälle vorlegen.
Heute empfing der Minister⸗Präsident Floquet eine ihm von Deputirten des Seine⸗Departements vorgestellteStudenten⸗ Abordnung, welche ihm eine Verwahrung gegen das Ver⸗ halten der Polizei in den letzten Tagen überreichte. Floquet ersuchte die Delegirten, ihre Genossen zu ermahnen, sich ruhig zu verhalten und erklärte, er sei entschlossen, die Ord⸗ nung aufrechtzuerhalten und Störungen derselben energisch zu unterdrücken. Wenn ein brutales Vorgehen der Polizei nachgewiesen werde, so werde er gegen die Schuldigen ein⸗ schreiten. Im Laufe des Tages besuchte der Minister⸗ Präsident die größeren Polizeiposten von Paris, versicherte die Polizei⸗Agenten der Fürsorge der Regierung und versprach ihnen, sie in der Ausübung ihrer Amtsthätig⸗ keit jederzeit unterstützen zu wollen. Floquet erinnerte die Agenten, daß sie der Republik zur Treue verpflichtet seien und daß sie wachsam und fest sein müßten, um die Sicherheit aller Bürger und die Achtung vor dem Gesetz zu gewährleisten.
Da das Boulangisten⸗Blatt „La Cocarde“ die Kandi⸗ datur Boulanger's im Departement Isére aufgestellt hatte, so erklärt das boulangistische Central⸗Comité, es sei dies ein ganz einseitiges und dem Willen Bou⸗ langer's und seines Comités nicht entsprechendes Vorgehen des genannten Blattes.
— 23. April. (W. T. B.) In Carcassonne (Dep. Aude) wurde bei der gestrigen Deputirtenwahl der Radikale Ferroni mit 29 350 Stimmen gewählt.
— Auf dem Boulevard St. Michel fanden gestern Abend Seitens der Studenten abermals antiboulangistische Kundgebungen statt. Es kam jedoch zu keinem ernsteren Zusammenstoß; gegen 20 Personen wurden verhaftet.
In der Patrioten⸗Liga ist nunmehr die definitive Spaltung erfolgt und formell ausgesprochen worden. Die Delegirten⸗Versammlung der Liga hat mit 21 gegen 18 Stimmen abgelehnt, der Ernennung Déroulsde'’s zum Ehrenpräsidenten die Zustimmung zu erthei— len, die Aktionsgruppe der Liga beschloß darauf, im Ein⸗ verständniß mit Déroulède, die Liga auf neuen Grundlagen zu rekonstituiren. 1
Ajaccio, 22. April. (W. T. B.) Hier wurde heute Decorsi, Republikaner, zum Senator gewählt.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 23. April. (W. T. B.) Wie die „Deutsche Zeitung“ mittheilt, legte der frühere Direktor des Reichsschatz⸗Departements, Senator von Huebbenet, der Gesellschaft zur Förderung des W und Gewerbefleißes, zur Klarlegung des
udgets ein Resumé der Einnahmen und Aus⸗ aben pro 1888 vor, wie solches vom Finanz⸗ Minister veröffentlicht wurde, und ferner ein Resumé des⸗ selben Budgets, wie solches von ihm, Huebbenet, zusammen⸗ gestellt ist. Nach letzterem beziffern sich die gesammten Reichseinnahmen auf 819 Millionen, die gesammten Reichs⸗ ausgaben auf 814 Millionen, mithin verbleibt ein Ueberschuß von 5 Millionen. Bis zum 22. Dezember 1887 befanden sich zur Disposition der Reichsrentei folgende Baarmittel in Kreditrubel umgerechnet: In der Reichsbank, dem Münzhofe und bei Bankiers im Auslande 164 Millionen; in Renteien, bei anderen Behörden und unterwegs 108 Millionen, zu⸗ sammen 272 Millionen. Nach Abzug von 145 Millionen für nicht ausgeführte Ausgaben, welche auf diesen Baarbestand entfallen, verblei! eine vollständig freie Reserve von 127 Millionen, wovon im Voranschlag pro 1888 63 Lillionen eingetragen sind; mithin verbleiben mehr als 60 Millionen in Reserve. Die „Deutsche Zeitung“ veröffentlicht beide Resumés nebst ausführlichen Erklärungen mit dem Bemerken, das Material sei dem Finanz⸗Ministerium, sowie der Reichs⸗ kontrole unterbreitet worden, und schließt: Wir haben Grund, zu erwarten, daß manche der angezogenen Gesichtspunkte beim Voranschlag pro 1889 Berücksichtigung finden werden.
Italien. Rom, 21. April. (W. T. B.) In der heuti— gen Sitzung der Deputirtenkammer kündigte Bovio von der äußersten Linken eine Interpellation an über die auswärtigen Beziehungen Italiens, insbesondere zu den Centralmächten und zu Frankreich. .
Laut Nachrichten aus Massovah wurden heute die permanenten italienischn Forts von Sahati feierlich eingeweiht, General San Marzano schiffte sich sodann ein, um Assab und Aden zu besuchen. —
Der Papst empfing heute die polnischen und ruthenischen Wallfahrer, etwa 800 an der Zahl. Auf eine von dem lemberger lateinisch⸗katholischen Erzbischof ver⸗ lesene Adresse antwortete der Papst in lateinischer Sprache, indem er den Wunsch aussprach, daß jeder Ritus seine Tra⸗ ditionen und legitimen Gebräuche bewahren möge.
— 22. April. (W. T. B.) Der König von Schweden stattete heute dem Papst einen längeren Besuch ab. Der Kardinal⸗Staatssekretär Rampolla wird Namens des Papstes
bei dem König den Besuch erwidern.
— 23. April. da T. B.) Der Deputirte Chi⸗ mirri hielt gestern in dem hiesigen Preßverein einen Vortrag über den verewigten Kaiser Wilhelm, den Siegreichen. Im Saale war die von dem Bildhauer Kopf geschaffene Büste des Kaisers Wilhelm, umgeben von italie⸗ nischen und deutschen Fahnen, aufgestellt. Ein zahlreiches aus⸗ erlesenes Publikum, unter welchem sich der deutsche Bot⸗ schafter, Graf Solms, und die Deputirten Bonghi, Chiala, Derenzis, sowie die Generale Cadorna und Pozzolini be⸗ fanden, wohnte dieser Gedächtnißfeier bei.
Florenz, 23. April. (W. T. B.) Die Königin von England ist gestern Abend um 9 Uhr nach Berlin abgereist.
Türkei. Konstantinopel, 21. April. (Prag. Ztg.) Der Sultan empfing gestern den österreichisch⸗ungarischen Botschafter Baron Calice, ferner die Botschafter Nelidow und Montebello und begrüßte den hier eingetroffenen General Türk, welcher nach Athen weiterreist. — Das Schiedsgericht in der Affaire des Baron Hirsch hielt gestern die erste Sitzung.
Rumänien. Bukarest, 21. April. (Prag. Ztg.) Die Bauernrevolte geht ihrem Ende entgegen. “
Zeitungsstimmen.
Die „Statistische Correspondenz“ schreibt über die Konkurrenz der Vereinigten Staaten auf dem Weltmarkt:
Die unerschöpflichen Quellen, welche die Vereinigten Staaten von Amerika in dem Reichthum und der Ergiebigkeit ihres Bodens be⸗ sitzen, haben im Verein mit der wirthschaftlichen Kraft und Erfahrung, welche durch die europäische Einwanderung der nordamerikanischen Union fortgesetzt zugeführt werden, dieser in verhältnißmäßig kurzer Zeit einen hervorragenden Platz im Welthandel angewiesen. Geschah dies zunächst infolge der außerordentlichen Leistungs⸗ fähigkeit Nordamerikas auf landwirthschaftlichem Gebiete, so erfuhr doch auch die industrielle Thätigkeit sowohl durch das ausge⸗ dehnte Verkehrsmittelnetz wie durch die Schutzzollpolitik allmählich einen derartigen Ausschwung, daß die Vereinigten Staaten immer mehr be⸗ fähigt wurden, auch mit ihren gewerblichen Erzeugnissen sich an dem Wettbewerbe auf dem Weltmarkt zu betheiligen. Letzterer Vorgang ist in den Industrieländern der alten Welt nicht unbeachtet geblieben; wurde er in Fachzeitschriften bereits mannigfach beleuchtet, so mögen ihn die nachstehenden, sich auf das neueste einschlagende Quellen⸗ material*) stützenden Angaben ziffernmäßig bestätigen.
Wenn man die im Inland hergestellten Waaren der Vereinigten Staaten (außer Gold und Silber) in Bezug auf deren Ausfuhr in die drei Hauptkategorien: Ackerbau⸗, Fabrik⸗, Bergwerks⸗ und sonstige Erzeugnisse scheidet, so betrug
die Ausfuhr der Vereinigten Staaten an eigenen Erzeugnissen
des Bergbaues, des Waldes,
der Fischerei ꝛc.
im Fiskaljahre des der endend am Ackerbaues Industrie
30. Juni 1860 256 560 972 45 658 873 4 022 3
im Ganzen
Doll. 6 242 423 1880 685 961 091 79 518 447 4 812 823 946 353 1881 730 394 943 89 219 380 — 2 1882 552 219 819 103 132 481 1883 619 269 449 111 890 001 1884 536 315 318 111 330 242 1885 530 172 966 117 259 810 1886 484 954 595 106 419 692 74 590 242 665 964 529 1887 523 073 798 136 735 105 43 214 020 703 022 923 Während sich hiernach die Ausfuhr von Ackerbauprodukten seit 1860 verdoppelte, stieg diejenige sowohl von Erzeugnissen der Industrie wie des Bergbaues, Waldes ꝛc. auf das Dreifache. Im Jahre 1860 betrug der Werth der ausgeführten landwirthschaftlichen Erzeugnisse 81,1 %, 1887 nur noch 74,4 % der Gesammtausfuhr; umgekehrt stieg der Antheil der Industrie⸗Erzeugnisse an der Gesammtausfuhr von 14,4 % im ersteren Jahre auf 19,4 im letzteren und derjenige der Bergbau⸗ und sonstigen Produktion von 4,4 auf 6,1 %, nachdem er 1886 bereits 11,2 % der Gesammt⸗ ausfuhr betragen hatte. Wenn nun auch die Ausfuhr von Ackerbau⸗ produkten diejenige aller übrigen Erzeugnisse an Werth immer noch um fast das Dreifache übertrifft, so sind die gewerblichen Erzeug⸗ nisse dennoch auf dem besten Wege, sich jenen ebenbürtig an die Seite zu stellen, eine Bewegung, die noch dadurch nicht unerheblich beeinflußt wird, daß den nordamerikanischen Getreidelieferungen auf dem europäischen Markte in der außerordentlich gestiegenen Leistungs⸗ fähigkeit Rußlands und namentlich Ostindiens neuerdings eine empfindliche Konkurrenz bereitet wird. Dem entsprechend ist denn auch die Ausfuhr von Ackerbauprodukten aus den Vereinigten Staaten seit 1881 nicht mehr gestiegen, sondern zurückgegangen, während die Ausfuhr von Industrie⸗Erzeugnissen 1887 ihren bis jetzt höchsten Werth erreichte — trotz eines außerordentlich niedrigen Preisstandes aller Waaren und einer Krise, welche seit mehreren Jahren die gewerb⸗ liche Thätigkeit in den Vereinigten Staaten schwer in Mitleiden⸗ schaft gezogen hatte.
Fassen wir nun diejenigen gewerblichen Erzeugnisse Nordamerikas noch etwas näher in das Auge, deren Ausfuhr neuerdings in be⸗ sonders starkem Maße zugenommen hat, und vergleichen wir zu diesem Zweck die Fiskaljahre 1881 und 1887, von denen ersteres bisher die größte Gesammtausfuhr der Vereinigten Staaten aufzuweisen hatte, so ergiebt sich Folgendes. Es betrug in Dollars
der Werth der Ausfuhr im Fiskaljahre
von 1887 Zucker und Melasse 12 908 907 Leder und Waaren daraus. 10 436 13 Paraffin. 1
. 2 032 713 Düngemitteln...
1
2
83 925 947 33 239 732 04 223 632 24 964 852 79 250 170 726 682 946
läuft. Darob große Freude in der fortschrittlichen Presse: sie habe es ja „immer gesagt“, daß dieses Unternehmen ein verfehltes sei! Beiläufig bemerkt: aus Angst vor den Wählern, welche der Politik des hinter dem Ofen Hockens keinen Geschmack abgewinnen konnten, hat der größte Theil der deutschfreisinnigen Partei damals nach langem Sträuben und Lärmen für die wichtigste Linie, die ostasiatische, und somit für das Prinzip der Maßregel gestimmt.
Aber es ist in Wahrheit nicht der mindeste Grund vorhanden, aus dem vorliegenden Bericht zu folgern, daß das Unternehmen auf die Dauer schlechte Aussichten habe. Wenn man geglaubt hätte, daß es vom ersten Augenblicke an rentabel sein würde, dann hätte man keine Reichs⸗Subvention bewilligt; diese ist gerade in der Erkennt⸗ niß, daß erhebliche Schwierigkeiten zu überwinden sein würden, auf 15 Jahre gefordert und gewährt worden. Von dem Verlust des Lloyd von etwa 1 800 000 ℳ kommen 300 000 ℳ auf einen ganz außerordentlichen Unglücksfall, den Ausbruch einer Pocken⸗Epidemie, wie sie vielleicht noch niemals so auf einem Passagierdampfer geherrscht hat, auf dem Dampfer „Preußen“ bei der ersten Fahrt nach Australien. Im Uebrigen stammt der Ver⸗ lust wesentlich von den Zweiglinien nach Tonga und Samoa, sowie im Mittelmeer, während auf den Hauptlinien der Güterverkehr sich über Erwarten günstig gestaltet hat und die Direktion auf eine weitere Hebung des lohnenden Passagierverkehrs rechnet. Ferner wird durch die schon beschlossene Einschränkung der Mittelmeer „Zweiglinie auf bloße Postbeförderung, wogegen
enua von den Dampfern der Hauptlinien angelaufen wird, eine Ursache des vorjährigen Verlustes eingeschränkt. Man darf darnach auf Grund des vorliegenden Berichtes hoffen, daß nach wenigen Jabren die Reichs⸗Postlinien für den Lloyd nicht mehr eine Quelle des Verlustes sein, und daß lange vor dem Ablauf der fünf⸗ zehnjährigen Subventionszeit die Einbuße sich in Gewinn verwandelt haben wird. Auch die nordamerikanische Fahrt, welche jetzt trefflich rentirt, hat eine verlustvolle Zeit der Entwickelung durchmachen müssen. Die hanseatischen Rheder sind keine Krämer, welche ein weitaussehendes Unternehmen nach der Bilanz eines Jahres be⸗ urtheilen. 8
Die echt deutschfreisinnige Genugthuung über das angebliche Fiasko eines nationalen Unternehmens ist in diesem Falle von der⸗ selben Art wie bei der alle vier Wochen laut werdenden Versicherung, daß die Kolonialpolitik sich als aussichtslos erwiesen habe. In zehn Jahren wird es vielleicht Zeit sein, die Ergebnisse der Dampfer⸗ subvention und der Kolonialpolitik zu beurtheilen. Es ist allerdings nicht wahrscheinlich, daß es dann. noch eine deutschfreisinnige Partei geben wird; sie arbeitet zu entschlossen am Selbstmord.
Gewerbe und Handel.
Durch Beschluß des Storthings sind vom 13. d. M. ab folgende Aenderungen des norwegischen Zolltarifs in Kraft getreten.
Es werden an Eingangszoll erhoben von:
1) Branntwein in Flaschen oder Kruken per 8 Liter Flüssigkeit 6168öö1ö’*
2) desgl. in anderer Umschließung per Liter reinen E ́1 4““
Läßt sich in Folge eines Ped; von Zucker oder anderen Stoffen der Alkobolgehalt durch den Alkohol- messer nicht genau ermitteln, so werden 2,15 Kr. per Kilogramm Flüssigkeit erhoben.
3) Aether oder Naphtha per Kilogramm.
4) Essigäther per Kilogramm . . . . . . . .
5) Aether spirituosus und anderen alkoholhaltigen Aethern per Kilogramm “
6) wohlriechenden Wassern, einschließlich des aro⸗ matischen Weinessigs per Kilogramm . . . . . 2
7) Spiritusfirnissen und Politur per Kilogramm . 2, 8
— Das Baäyerische Gewerbe⸗Museum hat die Ein⸗ richtung einer Versuchsstation für Leder⸗Industrie in Aus⸗ sicht genommen. Diese Station soll als gesonderte Abtheilung des chemischen Laboratoriums ausschließlich den Interessen der in Bavern in hervorragender Weise vertretenen Leder⸗Industrie dienen. Man hofft, daß dieselbe in kurzer Zeit für diesen Gewerbszweig die gleiche Bedeutung erlangen werde, wie sie seit einer Reihe von Jahren die Kaiserliche chemisch⸗technische Versuchsstation für Leder⸗ Industrie in Wien gegenüber der österreichischen Leder⸗Industrie in jedem Fachmann bekannter Ausdehnung gewonnen hat. Die haupt⸗ sächlichsten Aufgaben der zu errichtenden Versuchsstation werden bil⸗ den: Untersuchungen von Materialien, deren die Lederfabrikation sowie die Leder verarbeitende Industrie bedürfen; Ertheilung von Auskünf⸗ ten auf alle technischen Fragen bezüglich der Leder⸗Industrie; wenn erforderlich, auf Grund von Versuchen, Mittheilung von Bezugs⸗ quellen. Eine Entschädigung für die Benutzung der Versuchsstation wird Seitens bayerischer Staatsangehöriger, entsprechend dem auch für das chemische Laboratorium geltenden Modus, nicht beansprucht sondern nur die eigenen Unkosten in Rechnung gestellt werden.
Augsburg, 21. April. (W. T. B.) Die Handelskammer Schwabens beantragt im Einvernehmen mit norddeutschen Kammern eine gründliche Reform des deutschen Markenschutzgesetzes au Grund praktischer Erfahrungen.
London, 23. April. (W. T. B.) Die Getreidezufuhren betrugen in der Woche vom 14. bis zum 20. April: Englischer Weize 3107, fremder 13 229, englische Gerste 103, fremde 18 915, englisch Malzgerste 21 775, fremde —, englischer Hafer 383, fremder 34 437 Orts, englisches Mebl 17 861, fremdes 38 978 Sack, fremdes
ö 1 397 534
Instrumenten und wissenschaftlichen Apparaten 599 262 Geschützpulver und Explosivstoffen. 1 559 085 1)J,43121Oniasu““ 547 408 Lampen und Leuchtern “ 541 872 Juwelen, Gold⸗ und Silberwaaren. 474 324 Blei und Erzeugnissen daraus 141 154 Dinte, Buchdruckerschwärze 105 785 Seidenwaaren.. 52 513 IVIWIII317272 3502 617 344 irdenen und Porzellan⸗Waaren . . . . . 123 177 265 984 Es läßt sich hiernach auf einen entsprechenden Aufschwung der betreffenden Gewerbszweige schließen. Demgegenüber gestaltete sich die Ausfuhr der vier wichtigsten landwirthschaftlichen Erzeugnisse, nämlich der Baumwolle, Brotstoffe (Getreide und Mehl), Tabacks⸗ blätter und Provisionen (Fleisch⸗ und Milchprodukte) seit 1860 dahin,
daß sich stellte Der Werth der Ausfuhr
im
Fiskaljahre Baumwolle Brotstoffen Tabackblättern Provisionen 1860 auf Doll. 191 806 555 24 422 310 15 906 547 16 934 363 1870 8 227 027 624 72 250 933 21 100 420 30 992 305 1875 190 638 625 111 458 265 25 241 549 83 100 065 1880 211 535 905 288 036 835 16 379 107 132 488 201 1885 201 962 458 160 370 821 22 025 786 107 332 456 1887 18 206 222 057 165 768 662 25 948 277 92 783 296 Während der Absatz von Baumwolle, Brotstoffen und Pro⸗ visionen seit 1880 also erheblich nachließ, erfuhr auch derjenige von
Taback seit 1875 keine nennenswerthe Steigerung.
— Die „National⸗Zeitung“ äußert über die sub⸗ ventionirten Postdampfer:
Der Norddeutsche Lloyd in Bremen hat dieser Tage seinen Be⸗ richt über das abgelaufene Jahr veröffentlicht; das Wesentliche daraus ist im Handelstheil unseres Blattes mitgetheilt worden. Der Bericht ergiebt, daß der Lloyd im Jahre 1887 bei den subventionirten Reichs⸗ Postdampferlinien einen Verlust gehabt hat, welcher sich, nach Abzug des Reichszuschusses von 4 400 000 ℳ, auf rund 1 800 000 ℳ be⸗
2 9 9
*) Annual Report and Statements of the Chief of the Bureau of Statistics on the Commerce and Navigation of the United States for the Fiscal Year ending June 30, 18877/.
980 Faß.
Glasgow, 21. April. (W. T. B.) Die Vorräthe vor Roheisen in den Stores belaufen sich auf 973 312 Tons gegen 862 948 Tons im vorigen Jahre. Zahl der im Betrieb befind lichen Hochöfen 87 gegen 80 im vorigen Jahre.
New⸗York, 21. April. (W. T. B.) Der Werth der in de vergangenen Woche eingeführten Waaren betrug 8 588 656 Doll., davon für Stoffe 2 313 445 Doll. Der Werth der Einfuh in der Vorwoche betrug 11 229 313 Doll., davon für Stoff 2 847 061 Doll.
Submissionen im Auslande.
I. Egypten.
1) 2. Mai. Kairo. „Daira Sanieh“. 306 Stahlröhren, Svster Berendorf (zur Drainage). 6
2) 30. Mai. Kairo. Unterrichts⸗Ministerium artikel. Näheres an Ort und Stelle.
1) 24. April. Novara. Deputazione provinciale: Bau eine Brücke über den Toce⸗Fluß; Voranschlag 360 000 Lire; äußerste Termin am 30. April (bereits einmal vergeblich ausgeschrieben).
2) 24. April. Florenz. Inspezione dei telegrafi: 50 000 kg Kupfervitriol (solfato di rame) für elektrische Batterien; Vor anschlag 25 000 Lire; äußerster Termin am 2. Mai.
3) 28. April. Florenz. Commissariato militare: 40 000 m Flachs⸗Leinewand für Bettlaken zum Gebrauch in Kranken⸗ häusern; Breite 0,64 — 0,66 m. Voranschlag 34 000 Lire.
4) 2. Mai. Turin. Farmacia centrale militare:
23 000 m Medizinalwatte (cambric idroflla), 29 000 m Verband⸗Musselin (mussola idroflla), 7 500 m wasserdichte geölte Leinewand, 180 000 Stück Sicherheitsnadeln. (Depot 2500 Lire.) Näheres an Ort und Stelle.
Verkehrs⸗Anstalten. Berlin, 21. April. (W. T. B.) Amtlichen Nachrichten zu⸗
Schulbedarfs
folge sind die regelmäßigen Postdampfschiffahrten zwischen Warnemünde und Gjedser wieder aufgenommen.