1888 / 126 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 14 May 1888 18:00:01 GMT) scan diff

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Der Bundesrath hat in der 21. März d. J. beschlossen: 3 im §. 7 der Bestimmungen über die Tara vom 16. Mai 1882 unter Ziffer 4 Absatz 1 die Worte „mit diesen Waaren zusammen“ durch die Worte „zusammen mit diesen Waaren, soweit dieselben nicht der Verzollung nach Stückzahl unter⸗ liegen“ zu ersetzen und am Schlusse des Paragraphen einen neuen Absatz in folgender Fassung hinzuzufügen: 8 „Etuis und ähnliche nicht als Uebergehäuse zu be⸗ trachtende Umschließungen, in welchen Taschenuhren eingehen, sind nach ihrer Beschaffenheit besonders zu tarifiren.“

—— In der heutigen (60.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Minister der öffentlichen Ar⸗ beiten, von Maybach, der Justiz⸗Minister, Dr. von Friedberg, der Staats⸗Minister von Boetticher, der Minister der geist⸗ lichen ꝛc. Angelegenheiten, Dr. von Goßler, und mehrere Kom⸗ missarien beiwohnen, theilt der Präsident von Köller mit, daß der Abg. Hoffmann⸗Scholtz, Vertreter des 5. Liegnitzer Wahl⸗ kreises, am 10. d. M. verstorben sei. Das Haus ehrt das Andenken des Dahingeschiedenen durch Erheben von den Sitzen.

Vor der Tagesordnung heißt der Abg. Berger, auf einen von verschiedenen Seiten im Hause ausgesprocheonen Wunsch, als erster Redner der heutigen Sitzung den Präsidenten nach dessen Wiedergenesung von langer Krankheit herzlich will⸗ kommen und giebt darauf eine Erklärung ab, welche eine in der Sitzung vom 23. Februar d. J. gethane Aeußerung über die Verpachtung der Restaurationen auf den Eisenbahnhöfen richtig stellt. 8 Erster Gegenstand der Tagesordnung ist: zweite Ab⸗ stimmung über den Gesetzentwurf, betreffend die Er⸗ leichterung der Volksschullasten.

In der Generaldebatte bemerkt Abg. Schröder (Neustadt), daß, da nach der Erklärung der Regierung die Rechte von Gemeinden und Eltern durch das Gesetz nicht berührt werden sollten, die in der Vorlage gebotene Erleichterung für die schwer belasteten Gemeinden dankbar anzunehmen sei.

Der Abg. von Rauchhaupt giebt die Erklärung ab, daß die konservative Partei bei den Beschlüssen dritter Lesung zunächst stehen bleiben und ihre künftige Stellungnahme zu dem Gesetz von der Stellung abhängen werde, welche das Plenum des Herrenhauses einnehmen werde.

Der Abg. Dr. Windthorst erklärt, daß auch das Centrum bei den Beschlüssen dritter Lesung beharre; er hoffe, daß das Herrenhaus sich es wohl überlegen werde, Aenderungen an einem Gesetz zu machen, welches mit solcher mühsamen Arbeit zu Stande gekommen sei, und daß es sich klar sein werde, wie irgend erhebliche Aenderungen leicht das Scheitern des ganzen Gesetzes herbeiführen könnten.

Damit schließt die Generaldebatte. graphen des Gesetzes werden darauf genommen.

Es folgt die zweite Berathung des

er

Sitzung vom

Die einzelnen Para⸗ ohne Debatte an⸗

Gesetzentwurfs,

betreffend die Verbesserung der Oder und Spree.

Berichterstatter der Kommission ist Abg. von Uechtritz⸗ Steinkirch. 8

Bei §. 1 bringt Abg. Schultz (Lupitz) Bedenken im In⸗ teresse der Landeskultur gegen die Regulirung der oberen Oder vor und beantragt, daß die Mitwirkung des landwirthschaftlichen Ministers bei der Ausführung der Regulirungsarbeiten nicht bloß der unteren Oder, wie in der Vorlage vorgesehen, son⸗ dern auch der oberen Oder im Gesetz bestimmt werde.

Regierungskommissar, Geheimer Regierungs⸗Rath Humper⸗ dinck erwidert, daß diese Bedenken von der Regierung bereits erwogen und als nicht begründet erachtet worden seien.

Abg. Dr. von Bitter spricht die Befürchtung aus, daß durch die Ausführung der Vorlage die niederschlesische Kohlen⸗ industrie zu Gunsten der oberschlesischen Montanindustrie ge⸗ schädigt werden würde und bittet, um die ersteren konkurrenz⸗ fähig zu erhalten, um den weiteren Ausbau der Sekundär⸗ bahnen in dieser Gegend.

Abg. Wuthe empfiehlt Jauer Maltsch.

Abg. Kletschke spricht sich im Sinne der Ausführungen des Abg. Dr. von Bitter aus.

Abg. von Neumann wünscht bei der Ausführung der Bauten an der unteren und mittleren Oder noch in weiterem Maße Berücksichtigung der Wünsche der Anwohner, namentlich in Bezug auf Deichanlagen und Brückenbauten.

Darauf wird §. 1 unter Ablehnung des Antrags des Abg. Schultz (Lupitz) mit einer unerheblichen, von dem Abg. Letocha beantragten redaktionellen Aenderung angenommen, ebenso der Rest der Vorlage. (Schluß des Blattes.)

Zur Herbeiführung eines gleichmäßigen Verfahrens hat sich der Finanz⸗Minister unterm 4. d. M., der von der Mehrzahl der Steuerbehörden bisher geübten Praxis ent⸗ sprechend, damit einverstanden erklärt, daß von land⸗ wirthschaftlichen, nicht mehr als 3000 1 Bottichraum durchschnittlich an einem Tage bemaischenden Bren nereien, auch wenn dieselben während der Zeit vom 16. Juni bis 30. September v. J. nicht dauernd geruht haben, nur die er⸗ mäßigten Maischbottichsteuersätze des §. 41 II Absatz 2 des Branntweinsteuergesetzes vom 24. Juni v. J. erhoben werden, sofern diese Brennereien im laufenden Betriebsjahre während der Zeit vom 16. Juni bis 30. September außer Betrieb bleiben. Die gleiche Vergünstigung ist den in Rede stehenden Brennereien auch für die Folge einzuräumen, wenn die Inhaber derselben jedesmal zu Beginn eines neuen Betriebsjahres die Verpflichtung übernehmen, über den 15. Juni des be⸗ treffenden Jahres hinaus entweder gar nicht, oder nur gegen Nachentrichtung der Differenz zwischen dem ermäßigten und dem vollen Maischbottichsteuersatze für alle seit dem vor⸗ angegangenen 1. Oktober vorgenommenen Einmaischungen weiterzubrennen.

Der Kaiserlich japanische Gesandte am hiesigen Hofe, Marquis Salonzi, ist von seiner Reise nach Brüssel hier⸗ her zurückgekehrt und hat die Leitung der Geschäfte wieder übernommen.

Der Chef der Admiralität, General der Infanterie von Caprivi, ist von Essen hierher zurückgekehrt.

Der Gouverneur von Ulm, General der Kavallerie von Guretzky⸗Cornitz, ist auf einige Tage zur Abstattung persönlicher Meldungen hier eingetroffen.

S S. „Kaiser“, Kommandant Kapitän zur See

speziell den Bau einer Bahn

S. M. S. Hoffmann, ist am 12. d. M. in Barcelona eingetroffen.

S. M. Kreuzer⸗Korvette „Olga“, Kommandant Kor⸗ vetten⸗Kapitän Strauch, ist am 25. April von Apia nach Singapore in See gegangen 8

.

S. M. Kanonenboot „Eber“, Kommandant Kapitän⸗ Lieutenant Bethge, ist am 24. April in Apia eingetroffen.

8 Fahrzeug „Loreley“, Kommandant Kapitän⸗ Lieutenant Freiherr von Lyncker, ist am 10. Mai cr. in Beyrut eingetroffen und beabsichtigt, am 14. dess. Mts. wieder in See zu gehen.

Danzig, 12. Mai. (W. T. B.) Die Prinzessin Maria von Hohenzollern⸗Hechingen ist heute Mittag in Kloster Oliva an einem Herzschlage gestorben.

Bayern. München, 13. Mai. (W. T. B.) Der Prinz⸗Regent hat den ehemaligen Kriegs⸗Minister, General von Maillinger, zum lebenslänglichen Reichsrath, den bisherigen Chef des Generalstabes, Grafen Verri della Bosia, zum General⸗Kapitän der Hartschier⸗Garde, und den Brigade⸗General⸗Major von Staudt zum Chef des Generalstabes ernannt.

Sachsen. Dresden, 12. Mai. (Dr. J.) Der König und die Königin sind heute Vormittag nach Sibyllenort abgereist.

Braunschweig. Braunschweig, 12. Mai. (K.) Se. Königliche Hoheit der Regent traf am Freitag Abend von Schloß Blankenburg a. H. hier ein und besichtigte heute Morgen das 1. und 2. Bataillon des Braunschweigischen Infanterie⸗Regiments Nr. 92 auf dem großen Exerzierplatz. Zu dieser Besichtigung waren von Hannover vom General⸗ stabe des X. Armee Corps hier eingetroffen: Oberst von Boms⸗ dorff und Hauptmann von Schickfuß, welche Herren im Schloß Wohnung genommen hatten. Vormittags 11 Uhr 35 Minuten

fuhr Se. Königliche Hoheit nach Blankenburg zurück.

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 12. Mai. (W. T. B.) Der Kaiser empfing heute Mittag den heute hier einge⸗ troffenen Prinzen Alexander von Hessen in halbstündiger Audienz, zu welcher der Prinz mittelst Hofequipage abgeholt worden war. Die Erzherzoge Eugen Ferdinand von Toskana und Rainer gaben für den Prinzen in dessen Absteigequartier Karten ab. 1 8

13. Mai. (W. T. B.) Von dem prachtvollsten Wetter begünstigt, fand heute, Nachmittags 1 Uhr, die Enthüllung des Maria⸗Theresia⸗Denkmals in Anwesenheit des Kaisers, der Kaiserin, des Kronprinzlichen Paares, der Mit⸗ glieder des Kaiserlichen Hauses, sowie der hier weilenden Fürst⸗ lichkeiten statt. Es waren ferner erschienen die Mitglieder des gemeinsamen Ministeriums, sowie der Ministerien beider Reichs⸗ hälften mit Ausnahme der Minister Trefort und Baros, der gesammte Hofstaat, das diplomatische Corps, die Generalität, darunter sämmtliche Landeskommandirende, der Klerus, die Statt⸗ halter, die Ritter, des Maria⸗Theresia⸗Ordens, die Präsidien der beiderseitigen Parlamente und zahlreiche Mitglieder der Aristokratie beider Reichshälften. Die Tribünen waren von einem zahlreichen distinguirten Publikum dicht gefüllt. Besonderes Interesse erregten unter den Anwesenden die Nachkommen der auf dem Denkmal verewigten Persönlich⸗ keiten, darunter 12 Mitglieder der Fürstlich Liechtenstein'schen Familie, ferner Nachkommen von Daun, Kaunitz, Nadasdy, Khevenhüller, Haugwitz, Traun⸗Abensberg und Laudon. Um 12 ³4 Uhr trafen die Mitglieder des Kaiserlichen Hauses, um 1 Uhr das Kaiserpaar ein, welches mit der Volkshymne begrüßt wurde. Alsbald nach Ankunft des Kaisers fiel unter Kanonendonner, Glockengeläut und dem Salutiren der aus⸗ gerückten Truppen die Hülle des Denkmals, wobei der Kaiser, welcher in Marschallsuniform erschienen war, sowie sämmt⸗ liche Anwesende das Haupt entblößten. Es folgte darauf der vom Kardinal Ganglbauer celebrirte Festgottesdienst, sowie der Vortrag einer Hymne von Seiten des Wiener Männer⸗Gesangvereins. Alsdann ließ sich der Kaiser die Denkmalskommission, den Schöpfer des Denkmals, Bildhauer Zumbusch, sowie sämmtliche bei der Ausführung desselben betheiligte Personen vorstellen und zeichnete alle durch Worte der Anerkennung aus. Der Kaiser machte hierauf mit der Kaiserin am Arm, gefolgt von den Mitgliedern des Kaiserlichen Hauses und den übrigen Fürstlichkeiten, einen Rundgang um das Monument, wobei die zu einer besonderen Gruppe formirten Ritter des Maria⸗Theresia⸗Ordens mit dem Erzherzog Albrecht an der Spitze die Majestaͤten erwarteten. Nach beendigtem Rundgang richtete der Kaiser an jeden der einzelnen Ordensritter huldvolle Worte. Am Nachmittag fand eine große Tafel bei den Majestäten statt, an der sämmtliche Mitglieder des Kaiserlichen Hauses theilnahmen.

Ein Armeebefehl des Kaisers bestimmt anläßlich der Enthüllung des Maria⸗Theresia⸗Denkmals und in der Ab⸗ sicht, diesen weihevollen Tag, welcher gleichzeitig ein Ehrentag für die gesammte Wehrmacht sei, für dieselbe zu einem ewig denkwürdigen zu gestalten und um das Andenken der Ahnen des Kaisers, sowie das der hervorragendsten Kriegsmänner des Vaterlandes in der Armee wach zu erhalten und zu ehren, daß folgende Regimenter auf immerwährende Zeiten folgende Namen führen: das Infanterie⸗Regiment Nr. 32 „Kaiserin und Königin Maria Theresia“; das Ulanen⸗Regiment Nr. 6 „Kaiser Franz Joseph II.“; das Dragoner iegiment Nr. 1 „Kaiser Franz“; das Dragoner⸗Regiment Nr. 4 „Kaiser Ferdi⸗ nand“. Ferner erhalten 18 Regimenter die Namen der Feldmarschälle Montecuculi, Ernst Ruediger von Starhemberg, Herzog von Lothringen, Markgraf von Baden⸗Baden, Abens⸗ berg⸗Traun, Khevenhueller, Wenzel Liecchtenstein, Freiherr Mountany⸗Camus, Guidobald von Starhemberg, Graf Nadasdy, Daun, Hadik, Laudon, Lacy, Clerfayt, Kray, Prinz von Sachsen⸗Coburg⸗Saalfeld, Johannes Liechtenstein.

Pest, 12. Mai. (W. T. B.) Nach dem von dem Finanz⸗ Ministerium veröffentlichten Ausweise der Einnahmen und Ausgaben im ersten Quartal d. J. stellt sich die Bilanz für dieses Quartal um 1 397 121 Fl. günstiger als diejenige des 1. Quartals 1887.

Wie die „Ungarische Post“ meldet, beschloß der Minister⸗ rath, allen Truppenkörpern, welche sich an dem Rettungs⸗ werk bei den Hochwassergefahren mit großer Selbst⸗ aufopferung betheiligt haben, den Dank der Regierung auszusprechen.

Großbritannien und Irland. London, 12. Mai. (W. T. B.) Die Zuckerprämien⸗Konferenz hielt heute ihre letzte Sitzung. Das Schlußprotokoll mit dem Entwurf der Konvention wurde von allen Vertretern unterzeichnet. Die⸗ selben werden diesen Entwurf mit ihren resp. Vorbehalten ihren Regierungen nunmehr unterbreiten und zur Unter⸗ zeichnung des Vertrages spätestens zum 16. August d. J. wieder zusammenberufen werden.

hielt die von ihm beantragte;

Frankreich. Paris, 12. Mai. (W. T. B.) Bou⸗ langer hielt in Douai eine Rede, in welcher er die gegen⸗ wärtige Verfassung kritisirte, die kein Mittel an die Hand gebe, den Präsidenten der Republik zu verab⸗ schieden, wenn derselbe sich weigere, seinen Platz zu ver⸗ lassen. Diese Verfassung sei ein lächerliches Kompromiß zwischen der Pseudomonarchie und der falschen Republik. Diejenigen, welche sich gestellt hätten, als beantragten sie die Revision der Verfassung, lehnten eine solche heute ab aus Furcht, bei den Wahlen durchzufallen. Er sei stolz auf die Abstimmung der Wähler des Departements Nord, welche dazu beitragen werde, die Revision herbeizuführen. Diese sei für die Gründung einer demokratischen und dauerhaften Republik unerläßlich.

13. Mai. (W. T. B.) In Lille, wo Boulanger bei seiner Ankunft von einer großen Menschenmenge begrüßt wurde, wies derselbe bei einem ihm zu Ehren gestern ver⸗ anstalteten Bankett auf die Ohnmacht und Unfähigkeit der Kammer hin, und bezeichnete die gegen ihn gerichteten Vorwürfe als eine Insurrektion der Kammer gegen die Wähler. Die 500 Nichtsthuer in der Kammer müßten ein tiefes Bewußtsein von ihrer Inpopularität haben, um sich wegen der geringsten Handlungen eines entwaffneten Mannes, wie er es sei, Sorge zu machen. Seine Wahl im Norddepartement habe Frankreich aufgerüttelt. Die Worte „Auflösung und Revision der Verfassung“ hätten das Parla⸗ ment gezwungen, aus seiner Lethargie herauszutreten. Er werde das Werk der Reform mit Ruhe und Stetigkeit weiterverfolgen, das aber sei nicht möglich bei einer Verfassung, welche die Ministerien ganz und gar der Verfügung unmoralischer Koali⸗ tionen überantworte. Die Abgeordneten würden gewählt, um sich mit dem Lande. zu beschäftigen; statt dessen beschäftigen sie sich mit sich selbst; diese Narrheit müsse aufhören; er ver⸗ spreche, alles aufzubieten, um diesem Zustand ein Ende zu machen. Das Land gehöre nur sich selbst. Nach dem Ende des Banketts kam es zwischen einigen Personen zu Reibereien, die jedoch keinen größeren Umfang annahmen.

14. Mai. (W. T. B.) Im Departement Isere wurde gestern der Radikale Gaillard zum Deputirten gewählt. Der Opportunist Girard erhielt 37 673, Bou langer 14 223 Stimmen. 1

(Wö

Valenciennes, 13. Mai. traf heute von Lille hier ein.

14. Mai. (W. T. B.) Bei dem gestern Abend hie stattgehabten Festessen betheuerte Boulan ger seine Ergeben heit für das Vaterland und die Republik und pr

Boulanger

testirte wiederholt gegen die Beschuldigung, daß er nach der

Diktatur strebe und einen Angriffskrieg wünsche, an welchen doch nur ein Verbrecher oder Wahnsinniger denken

könnte.

Italien. Rom, 12. Mai. der Deputirtenkammer heute fortgesetzten Diskussion über die afrikanische Politik der Regierung sprachen die Abgeordneten Salimbergo, Pozzolini, Finocchiaro und Aprile für die von ihnen vorgeschlagenen Tagesordnungen, in welchen Vertrauen zur Regierung ausgedrückt wird. Der Minister⸗ Präsident Crispi sagte: die Diskussion sei eine hoch⸗ patriotische gewesen; kein Abgeordneter habe die Räumung Massovah's verlangt. Er würde die Räumung von Afrika überhaupt begreifen; er begreife jedoch nicht die Räumung von Sahati, denn Massovah müsse in Sahati vertheidigt werden. Der Minister⸗Präsident wies die Behauptung zurück, als sei Italien in Massovah Egypten tributpflichtig. Die Regierung könne nicht sagen, welches ihre Haltung in der Zukunft sein werde, und wenn die Regierung es sagen könnte, so dürfte sie es nicht. Der Regierung liege es ob, die sich darbietenden Gelegenheiten in würdiger Weise zu benutzen, indem sie sich auf das gegenwärtig Besetzte be⸗ schränke und Angriffe vermeide. Er, der Minister, hege das Vertrauen, daß ein würdiger Friede, den auch England und der Negus wünschten, geschlossen werden würde. Von den alten Eroberungen der italienischen Republiken sei keine Spur übrig geblieben; in dieser Hinsicht bleibe dem neuen Italien Alles zu thun. Koloniale Ausbreitung sei ein Lebens⸗ element für die modernen Nationen. Die Vortheile, die daraus gezogen werden könnten, ließen sich nicht ziffern⸗ mäßig berechnen; wenn man aber wirklich große Vortheile gewinnen wolle, dürfe man nicht damit beginnen, die Flucht zu ergreifen. „Wir sind in Massovah und müssen da bleiben.“ Crispi appellirte an den Patriotismus und die Ehrlichkeit aller Derjenigen, welchen das Wohl und die Größe des Vaterlandes am Herzen liege, und glaubte, er werde dies nicht vergeblich thun. Mancini erklärte: er werde für einen Vertrauensausdruck stimmen. Baccarini Tagesordnung aufrecht, indem er sagte: das Vertrauen zu dem Ministerium habe mit seinem Antrage absolut nichts zu thun, dergestalt, daß er nach An⸗ nahme oder Ablehnung seines Antrages durch die Kammer für die Tagesordnung mit dem Vertrauensausdruck für die Regierung stimmen könne. Der erste Theil des Bacca⸗ rini'schen Antrages, in welchem den Truppen Aner⸗ kennung gezollt wird, wurde hiernach mit Akklamation an⸗ genommen; der zweite Theil, in welchem die Rück⸗ berufung der Truppen verlangt wird, wurde mit 302 gegen 40 Stimmen abgelehnt. Die Kammer nahm sodann die von Finscchiaro und Aprile beantragte, von der Regierung acceptirte Tagesordnung, welche der Regierung Ver⸗ trauen ausspricht, mit großer Majorität an.

Der Papst empfing heute Nachmittag den Bischof von Osnabrück, der mit dem zweiten deutschen Pilger⸗ zug hier eingetroffen ist. Später empfing der Papst eine Gruppe dieser Pilger, welche von dem Fürsten Löwen stein geführt wurde.

Mailand, 13. Mai. (W. T. B. Kaisers von Brastlien bessert Fieber hat fast ganz aufgehört.

Spanien. Madrid, 13. Mai. (W. T. B.) Die Königin ist in Begleitung des Minister⸗Präsidenten Sagasta und des Kriegs⸗Ministers heute früh nach Barcelona abgereist.

Barcelona, 13. Mai. (W. T. B.) Die Offiziere der hier anwesenden österreichischen und russischen Geschwader statteten heute den hiesigen Behörden Besuche ab und werden morgen deren Gegenbesuche empfangen.

Belgien. Tournay, 13. Mai. (W. T. B.) Bei einem Banket, welches zu Ehren des Deputirten, ehemaligen Justiz⸗ Ministers Bara anläßlich der Feier seines 25 jährigen Deputirten⸗Jubiläums gegeben wurde, gab Bara in seiner Banket⸗Rede eine kritische Uebersicht der Thätigkeit der

Das Befinden des ich fortdauernd; das

(W. T. B.) Bei der in

egenwärtigen belgischen Regierung seit ihrem Bestehen. Mit ezug auf die im nächsten Monat stattfindenden Wahlen sagte Bara: das einzig mögliche Programm, auf welches die liberale Partei in Belgien sich vereinigen könnte, sei der Kampf gegen den Klerikalismus.

Serbien. Belgrad, 14. Mai. (W. T. B.) Der „Pol. Corr.“ wird gemeldet: Der bulgarische Geschäfts⸗ träger hierselbst lenkte die Aufmerksamkeit der serbischen Regierung auf das Auftauchen mehrerer kleinen Banden längs der serbisch⸗bulgarischen Grenze, hauptsächlich in der Richtung auf Trn. Die Regierung sagte sofortige Maßregeln zur Sicherung der Grenze zu.

14. Mai. (W. T. B.) Der König ist heute Morgen nach Wien abgereist; die Regentschaft ist für die Dauer seiner Abwesenheit dem Ministerrath übertragen.

Bulgarien. Varna, 13. Mai. (W. T. B.) Prinz Ferdinand ist hier eingetroffen und beabsichtigt, sich morgen nach Lompalanca zu begeben.

Zeitungsstimmen.

In der „Frankfurter Zeitung“ wird in Betreff des Berichts des Ministers der öffentlichen Arbeiten gesagt:

Amerikanische Erfahrungen lehren, zu welchen Mißständen das Privatbahnsystem führen kann, wenn es sich völlig felbst überlassen wird. Bekanntlich sind dort gerade die Ringbildungen, welche wir in Deutschland jetzt lediglich auf gewerblichem Gebiet um sich greifen sehen, in Verkehrssachen besonders häufig und nachtheilig gewesen. Deshalb ist an dem Einen nicht zu rütteln: erreicht ist seit 10 Jahren die Herstellung einer einheitlichen und gleichmäßigen Einrichtung der Verwaltung innerhalb des ganzen Gebiets der Staatseisenbahnen. An die Stelle der zahlreichen Verwaltungskörper der Privatbahnen ist die ein⸗ heitlich geordnete Staatsverwaltung getreten. Durch die Bildung größerer Verwaltungsbezirke nach möglichst in sich abgeschlossenen Betriebs⸗ und Verwaltungsgebieten und die Durchführung der auf dem Prinzip der Dezentralisation und persönlichen Verantwortlichkeit beruhenden Organisation der Staatseisenbahnverwaltung ist eine für das Publikum leicht erkennbare gleichmäßige Gliederung der Eisen⸗ bahnbehörden und ein geordneter Instanzenzug für Änträge und Beschwerden geschaffen, welche zugleich die Möglichkeit ver⸗ einfachter und beschleunigter geschäftlicher Erledigung gewähren. Innerhalb des Rahmens der so geordneten Verwaltung war die vereinte Thätigkeit der Behörden darauf gerichtet, die aus dem Konkurrenz⸗ und Sonderinteresse der früheren Verwaltungen hervorgegangenen zahllosen und störendern Verschiedenheiten in den Verwaltungs⸗, Betriebs⸗ und Verkehrseinrichtungen zu beseitigen, namentlich durch Vereinigung des Zusammengehörigen und Ausscheidung unberechtigter Besonderheiten den Betriebsaufwand auf das wirkliche Bedürfniß zu beschränken, andererseits zugleich diejenigen Einrichtungen zu treffen, für welche erst durch die Vereinigung der Bahnen in Einer Hand die Voraussetzungen gegeben waren. Zu letzteren gehören insbesondere die eigentliche Wagendisposition, die Verein⸗ fachung der Verkehrsabrechnungen, die Umgestaltung der Fahr⸗ pläne, die mehr übereinstimmende und vereinfachte Ein⸗ richtung der Tarife, die Herstellung direkter Expeditionen innerhalb des ganzen Staatsbahnbereichs und dergleichen mehr. Diese vortheil⸗ hafte Seite der Eisenbahnverstaatlichung darf nie aus den Augen ver⸗ loren werden. Die Buntscheckigkeit unserer öffentlichen Einrichtungen ist zu lange eine spezifisch deutsche Eigenthümlichkeit gewesen, als daß wir uns nicht auch hier des Erreichten herzlich freuen sollten. Es erscheint sehr fraglich, ob die kolossalen und praktisch angelegten Prachtbauten für Eisenbahnzwecke, welche gegenwärtig unsere größten Städte zieren, unter dem Privatbahnsystem auch erstanden wären.

Zur „Reform des englischen Eisenbahnwesens“ schreibt das „Deutsche Tageblatt“:

In der gleichen Zeit, wo bei uns der Deutschfreisinn den Ver⸗ waltungsbericht des Ministers Herrn von Maybach zur Zielscheibe seiner bekannten unfruchtbaren Nörgeleien machte, verhandelte das englische Unterhaus in zweiter Lesung über die Eisenbahn⸗ und Kanal⸗ verkehrsbill, und zwar unter Hervorkehrung von Grundsätzen, welche bei der überwiegenden Mehrheit des Hauses die Sehnsucht nach einer Reform des englischen Eisenbahnwesens im Sinne der Verstaatlichung desselben deutlich wahrnehmen ließ. Der Präsident des Board of Trade, Sir Michael Hicks⸗Beach, vertrat den Regierungsstandpunkt und ent⸗ wickelte die Gründe, aus welchen, nachdem erst im Jahre 1886 sein liberaler Amtsvorgänger mit einer ähnlichen Bill gescheitert, das jetzige Kabinet die Initiative zu einer im Wesentlichen mit jener übereinstimmenden Vorlage ergriffen habe. Zweck der jetzigen Bill ist, soweit sie das Eisenbahnwesen betrifft, die Wiedereinsetzung und Permanenzerklärung der schon früher als „Railway Commission Court“ in Thätigkeit ge⸗ wesenen Fachinstanz. Aus dem ganzen Verlauf der Verhandlung, welche das Unterhaus am Donnerstag Abend beschäftigte, fielen lehrreiche Schlaglichter auf den jetzigen Stand des Eisenbahnwesens, auf den schweren Schaden, den die rück⸗ haltslose Ausbeutung des Monopols der Eisenbahngesell⸗ schaften den Interessen von Handel und Wandel, von Ackerbau, Vieh⸗ zucht, Fischerei, Industrie, Handarbeit zufügt, nur, damit ein kleiner Ring von Eisenbahnaktionären riesige Dividenden einheimsen kann. Von allen Rednern, natürlich mit Ausnahme der Privatbahninteressenten, wurde bittere Klage über die exorbitante Höhe der Eisenbahnfracht⸗ jätze erhoben. Der wirthschaftliche Rückgang während, des letzten Jahrzents, der scharfe Mitbewerb des Auslandes macht es für die britische Produktion aller Branchen geradezu zu einer Existenzfrage, billigere Inlandsfrachten zu erhalten. Jetzt steht die Sache so, daß z. B., wie wir kürzlich an dieser Stelle be⸗ merkten, ausländischer Hopfen den englischen, wegen zu hoher Trans⸗ portkosten des letzteren, auf dem Londoner Markt schlägt, daß ameri⸗ kanisches Vieh von New⸗York nach London billiger fährt, als das Vieh der Cheshire⸗Züchter auf der kurzen Strecke von Liverpool bis London, daß die Fischerboote Tausende und Abertausende von Tonnen ihres Fanges, der ein billiges und gesundes Nahrungsmittel für die armeren Volksklassen abgeben würde, wieder ins Wasser werfen, weil die Frachtpreise für Fische nach den Binnen⸗Konsumplätzen geradezu prohibitiv wirken, u. s. w.

„Das Ende vom Liede war, daß die Bill in zweiter Lesung er⸗ ledigt und dem ständigen Handels⸗ und Landwirthschafts⸗Comité über⸗ wiesen wurde. Die gegnerischen Beeinflussungen, welche sich, wie immer, in offener Sitzung weislich zurückhalten, werden nun hinter den Coulissen mit verdoppelter Stärke spielen und werden, da in dergleichen Fragen politische Parteiunterschiede weniger in Betracht kommen, keine allzu schwere Arbeit haben. Begreiflicherweise kann den großen Eisenbahn⸗ Gesellschaften, welche sich die ge⸗ sammte Produklion Großbritanniens tributpflichtig gemacht haben, nicht mit der Einsetzung einer Instanz gedient sein, welche, wie es in der Logik der Thatsachen liegt, den ersten Schritt zur Beschneidung der Privilegien des Privatmonopols bilden müßte. Ihr Instinkt verweist die Gesellschaften ganz richtig auf den Weg des „principiis obsta“, den sie auch bei der Bill des Hrn. Mundella mit Erfolg beschritten haben. Daher geben sich denn auch die Blätter, die regierungsfreundlichen so wenig wie die oppositio⸗ nellen, irgend welchen Illusionen über das Schicksal des Gesetz⸗ entwurfes hin. Die „Morningpost“ bemerkt kleinlaut, der Kreis der Persönlichkeisen, die an Eisenbahn⸗Unternehmungen interessirt wären, sei so groß und im Parlament so machtvoll ver⸗ treten, daß dessen Opposition die Aussichten der Bill auf das ernsteste efährde; demgegenüber hat das Blatt als Trost nur die Versicherung Sir Michael's Hicks⸗Beach in Bereitschaft, daß die Eisen bahngesell⸗ chaften der Bill jetzt in besserer Gemüthsverfassung gegenüberständen als 1886. Auf diesen Trost ist vernünftigerweise nicht viel zu

geben. Thatsache bleibt, daß England mit seinem Parlamentarismus, seiner Regierung, seiner industriellen und ackerbautreibenden Bevölkerung bis jetzt nicht im Stande gewesen ist, den Ring der Eisenbahninteressenten zu zerbrechen, obwohl es an Anstrengungen dazu wahrlich nicht gefehlt hat. Unsere Freisinnler aber, die es lieben, das englische Volk im Vergleich mit dem unseren als an wirthschaftlicher Einsicht und Reife unendlich vorgeschritten hinzustellen, werden gewiß nicht verfehlen, den Engländern klar zu machen, wie thöricht sie doch seien, den Segen des Privatbahnsystems so undankbar zu mißachten, und, was noch schrecklicher ist, lichen Blicks nach den Zuständen zu schielen, welche das System der „wirthschaftlichen Reaktion“ auf deutschem Boden geschaffen.

Ueber die englische Landesvertheidigungs⸗Bill theilt ein Londoner Korrespondent der „Neuen Freien Presse“ folgende Einzelheiten mit:

Die Bestimmungen der sehr zahmen Vorlage beziehen sich auf die Erleichterung der Mobilisirung der Vertheidigungstruppen und behandeln: das Einberufen der berittenen Landmiliz (Leomanry) und der Freiwilligen, das Einberufen der Freiwilligen der Marine⸗ Artillerie, die Benützung der Eisenbahnen für Marine⸗ und Militär⸗ zwecke, das Requiriren von Pferden und Fuhrwerken.

Was den ersten Punkt anbetrifft, so kann die Landmiliz gegen⸗ wärtig zum aktiven Dienste nur einberufen werden, wenn es sich um einen wirklichen feindlichen Einfall in das Land handelt, wenn der Feind in Stärke an der britischen Küste gesehen wurde, oder wenn zur Zeit einer Invasion oder des Erscheinens des Feindes an der Küste eine Rebellion oder Insurrektion im Lande herrschen oder auszubrechen drohen sollte. Die Freiwilligen können gegen⸗ wärtig aufgeboten werden, wenn irgend einem Theile des Ver⸗ einigten Königreichs ein feindlicher Einfall droht. Ferner können die berittene Landmiliz, sowie die Freiwilligen zu solchen Zeiten nach jedem Theile des Landes beordert werden, die berittene Landmiliz jedoch hat einige Begünstigungen. Die Miliz, eine Art Landwehr, welche nicht mit der berittenen Landmiliz verwechselt werden darf, kann gegenwärtig jedoch einberufen und dem stehenden Heere einverleibt werden, wenn immer es sich um eine drohende nationale Gefahr handelt, und kann dann in jedem beliebigen Theile des Vereinigten Königreichs verwerthet werden. So wie sie einberufen ist, muß das Par⸗ lament binnen zehn Tagen zusammentreten. Stanhope's Gesetzvor⸗ lage bestimmt nun, daß auch die berittene Landmiliz und Freiwilligen zu aktivem Dienst einberufen werden sollen, wenn immer die Miliz aufgeboten wird, doch sollen die diesen Volontärtruppen bis jetzt an⸗ gehörigen Mannschaften nicht gezwungen werden, ohne ihre freiwillige Zustimmung sich dieser neuen Bestimmung zu unterwerfen. Es soll denen, welche das letztere nicht wollen, freistehen, auszutreten. Was die Freiwilligen der Marine anbetrifft, so können gegenwärtig die Königlichen Küstenbewachungs⸗Freiwilligen, die aus früheren See⸗ leuten und anderen tauglichen Personen bestehen, im Falle einer drohenden nationalen Gefahr oder von hochwich⸗ tigen, unvorhergesehenen Ereignissen einberufen werden. Die Königlichen Marine⸗Freiwilligen können einberufen werden, wenn immer Ihre Majestät dies für zweckmäßig erachtet. Die Marine⸗ Artillerie⸗Freiwilligen dagegen können gegenwärtig nur aufgeboten werden, wenn es sich um eine wirkliche oder drohende Invasion des Landes handelt. Die neue Bill bestimmt nun, daß auch diese letzteren zu aktivem Dienste einberufen werden können, wenn die Marine⸗ Reserve unter Waffen tritt, doch werden auch in diesem Falle die zu den Marine⸗Artillerie⸗Freiwilligen bis jetzt gehörigen Personen nicht gezwungen werden können, sich gegen ihren Willen der neuen Be⸗ stimmung zu fügen.

In Bezug auf die Benutzung der Eisenbahnen für Militär⸗ zwecke bestimmt Stanhope's neue Gesetzrorlage, daß die Königin das Recht haben soll, wenn immer die Miliz unter Waffen tritt, anzuordnen, daß Marine⸗ und Miilitärverkehr das Vorrecht vor allem anderen Verkehr haben soll, ohne daß der Kriegs⸗ Minister zu dem extremen Schritt der formellen Besitzergreifung zu schreiten genöthigt ist. Was das Requiriren von Pferden und Fuhrwerken anbelangt, so bestimmt zur Zeit Artikel 115 des Armeegesetzes vom Jahre 1881, daß die Königin durch Ver⸗ ordnung unter der Erklärung, daß ein Ausnahmefall eingetreten und von einem Minister angekündigt worden ist, jeden höheren Offizier, welcher reguläre Truppen in irgend einem Theile des Vereinigten Königreichs befehligt, autorisiren kann, eine Requisition anzuordnen. Wenn ein solcher Requisitionsbefehl von einem kommandirenden Offizier oder von einem durch einen Minister beauftragten Beamten erlassen wird, muß ein Friedensrichter den Konstablern eine Ermächti⸗ gung einhändigen, und werden dieselben alsdann das Recht haben, die nöthigen Pferde und Fuhrwerke oder Fluß⸗ und Kanalschiffe zu requiriren, wofür auf Befehl des Kriegs⸗Ministers eine Entschädigung zu zahlen ist, die im Falle von Streitigkeiten von dem betreffenden Landgerichts⸗ richter festgesetzt werden soll. Diese Bestimmung ist nach der Mei⸗ nung Lord Stanhope's nicht präzis genug; die neue Bill bestimmt daher, daß die Bestimmung sich sowohl auf Ankauf als auf Miethen von Fuhrwerken, Thieren und Schiffen beziehen soll, und daß dieses nur dann der Fall sein soll, wenn die Miliz einberufen ist.

Statistische Nachrichten.

Nach Mittheilung des Statistischen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 29. April bis inkl. 5. Mai cr. zur Anmeldung gekommen: 385 Eheschließungen, 858 Lebendgeborene, 31 Todtgeborene, 491 Sterbefälle. b

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Die auch mit der diesjährigen Berliner Mastvieh⸗Aus⸗ stellung (16. und 17. Mai auf dem Städtischen Central⸗Viehhof) ver⸗ bundene Ausstellung von Maschinen, Geräthen und Pro⸗ dukten hat, nachdem der verfügbare Raum für die immer regere Bethei⸗ ligung der Aussteller in allen Gruppen nicht mehr ausreicht, gegen frühere Jahre eine Einschränkung erfahren müssen, und zwar sind in diesem Jahre zum ersten Male die Maschinen und Geräthe für Boden⸗ bearbeitung und Ernte ausgeschlossen und außer Produkten nur solche Maschinen und Geräthe, welche speziell der Viehzucht, Molkerei und dem Schlächtergewerbe dienen, zur Ausstellung angenommen worden.

Indessen hat, wie wir aus dem soeben erschienenen Katalog ersehen, die Maschinen- ꝛc. Abtheilung durch diese Einschränkung für den Hauptzweck des ganzen so segensreichen Unternehmens insofern eher einen höheren Werth erlangt, als sie die mit der Zucht und Verwerthung des Nährviehes unmittelbar zusammenhängenden Hne ontschen Betriebsmittel spezieller und reicher zur Anschauung bringt.

»Man wird auf der Ausstellung hervorragend und auf der Höhe stehend vertreten finden: Futterbereitungs⸗ und Zerkleinerungs⸗ maschinen mit ihren Motoren (Wendt, Maypfarth, Beermann, Akt.⸗Ges. Eckert), Molkereimaschinen und Geräthe (Bergedorfer Eisenwerk, Milchwirthschaftliches Verkehrsbureau, Rößler, Kuhne, Zschieschner), Schlächtermaschinen und Apparate (v. d. Nahmer, Scheffel, Wachtel u. Co, Büldge u. Hildebrandt, Karges, Wild u. Kerkow, Hammer u. Co., Kortmann, Heipke), Utensilien zur Aus⸗ stattung von Schlachthäusern und Schlächterläden (Holzer, sgh. kamp u. Co., Werner u. Pfleiderer, Hees u. Wilberg, Hoffmann, Gändrich, Fiedler, Lindener), Transportwagen für Milch, Schlacht⸗ vieh und Fleisch (Teßnow, Akt.⸗Ges. Eckert, Schumann), u. A. m.

Von ganz besonderem Interesse ist die erscheinende reiche Auswahl von Gasmotoren verschiedener Konstruktionen (Lange, Körting, Paucksch, Hille) und Oel⸗Motoren (Altmann, Lange, Heipke), welche letztere wegen ihrer Unabhängigkeit von Gasleitungen überall verwend⸗ bar sind und sich mit ihrer weiteren Vervollkommnung mehr und

mehr einführen.

begehr⸗

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Als werthvolle Neuheiten treten auf: Die Grünfutterpresse der Verwaltung des Lindenhofs bei Martinwaldau; neue Feimenroste zur trockenen, luftigen und vor Ungeziefer sicheren Aufschoberung von Heu u. A. m., von ebenderselben; ein Motor, welcher mit gewöhn⸗ lichem Petroleum gespeist wird, von Ad. Altmann u. Co.; de Laval's Patent⸗Handseparator für Molkereien, welcher auch dem kleinen Besitzer die Vortheile des Centrifugenbetriebs bietet, und Dampf⸗ turbinen für den Betrieb von Separatoren und Butterfässer, vom Bergedorfer Eisenwerk; Wilh. Jeffke's patentirte transportable Cement⸗Pökelbottiche; die verbesserten Fleisch⸗Wiegeapparate von G. Hammer u. Co. und R. Karges; u. A. m.

In Folge der eben endlich erfolgten Freigabe des Dreiradfahrens in Berlin verdienen die Transport⸗Dreiräder von Dumstrey u. Jungck und Siemens u. Walker als nunmehr auch hier verwendbare, schnellste, bequemste, unabhängigste Transportmittel der Neuzeit für den Klein⸗ verkehr die besondere Beachtung aller Geschäftsleute.

In der Abtheilung der Produkte verdienen die Wickersheimer'sche Konservirungs⸗Flüssigkeit für Nahrungsmittel und die ausgestellten Proben von Fleischstuͤcken, welche, mit derselben konservirt, sich bereits seit Ende März d. J. in vollkommener Frische erhalten haben, be⸗ sonders hervorgehoben zu werden.

Sanitäts⸗, Veterinär⸗ und Quarantänewesen.

Portugal. h eine unterm 4. Mai 1888 veröffentlichte Verfügung des portugiesischen Ministeriums des Innern sind die Häfen des z Florida für „rein“ von Gelbfieber erklärt worden. (Vergl Nr. 143 vom 22. Juni 1887.)

Gewerbe und Handel.

Vom oberschlesischen Eisen⸗ und Metallmarkt berichtet die „Schles. Ztg.“: In der Berichtszeit standen wie bisher 27 Hohöfen im Feuer; dieselben arbeiteten bei günstigerer Auswahl von Erzen mit zufriedenstellendem Ausbringen. Auf der Friedens⸗ hütte werden an dem umgebauten Hohofen die alten Winderhitzer ab⸗ gebrochen, um solchen neuen Systems Platz zu machen. Da sich an den Roheisenanschaffungen nächst den Puddelwerken auh die Eisengießereien nachhaltiger betheiligten als im vorigen Quartal, so war der Absatz von Roheisen ein lebhafter. Der mittlere Preis für Puddel⸗Roheisen war 5 und ging für bessere Sorten zu Gießereizwecken auf 5,80 5,90 Für die Anfertigung von Gußwaaren war die Neubeschaffung wie der Ergänzungsbedarf industrieller Etablissements in Armaturen maßgebend, wiewohl die wachsende Konkurrenz den Verdienst an diesen Gegenständen immer mehr herabdräckt, Der Stahlguß hatte Artikel für Eisenbahnen und Bergwerke zu liefern, sowie Form⸗ stücke für Maschinenfabrikation. Die Walzwerke vermochten eine regsame Thätigkeit sowohl in den Haupt⸗Fabrikationsartikeln wie in den Nebenzweigen durchzuführen. Trotz der Abminde⸗ rung der Ausfuhr über die Ostgrenze gewährt das Wachsthum des inländischen Verbrauchs dem einheimischen Geschäft eine regel⸗ mäßige Entnahme in den verschiedenen Sorten von Handels⸗, Profil⸗ und Baueisen, so daß die darin zu liefernden Mengen alsbald zur Abnahme gelangen. Die Eisenblech⸗Walzwerke hatten genügend zu thun. Der Markt hält daher fest an den bisherigen Preisen: 14— 14,25 für Stabeisen im näaͤheren Marktbereich, Profileisen 15,50 ℳ, Eisenblech mit 16 16,50 Dampfkessel und andere gezogene Röhren haben erhöhte Preise. Für den Metall⸗ markt ergab der überseeische Bedarf an Zink und Blei in Verbindung mit den sonstigen Ablieferungen eine wechselnde Ab⸗ fuhr recht erheblicher Posten an Rohzink und Weichblei, und ware die Umschlagsstellen an der Oder stark benutzt. Auf einigen Läger waren daher die Vorräthe erheblich vermindert. Trotzdem blieb da Geschäft matt und die Preise nominell. Für gewöhnlichen Rohzin wird etwa 35 ℳ, für bessere Marken etwas mehr gefordert. La Bloc blei bis 30 30,50

In der ordentlichen Generalversammlung der Aktionäre der Deutschen Grundkreditbank zu Gotha vIr 12 J2] wurden Geschäftsbericht, Bilanz⸗ und Gewinn⸗ und Verlust⸗Cont einstimmig genehmigt; ebenso wurde dem Aufsichtsrath und der D rektion Decharge ertheilt. Die dem Turnus nach ausscheidende Mitglieder des Aufsichtsraths, Rechtsanwalt Jacobs⸗Gotha und Kommerzien⸗Rath Hummel⸗Stuttgart wurden wiedergewählt und der Geheime Regierungs⸗Rath Lent⸗Berlin neugewählt. 8

In der Generalversammlung der Pfandbriefbesitzer de Deutschen Grundkreditbank zu Gotha vom 128 d. M waren 2 972 200 Pfandbriefe vertreten. Der Bericht des Aus schusses wurde debattelos entgegengenommen und es wurden der seit herige Pfandhalter, Rechtsanwalt Schüler, der seitherige Vertreter desselben, Rechtsanwalt Dr. Mönich, sowie als ordentliche Mitgliede des Ausschusses die Herren Rechtsanwalt Strenge, Bankeirektor Schapitz Banquier Strupp⸗Gotha, Banquier Fromberg⸗Berlin, Rentier Hirschel⸗Breslau, und als Stellvertreter Bank⸗Direktor Dorguth Hannover, Bank⸗Revisor Ryssel⸗Gotha bis 1. Juli 1890 gewählt bezüglich wiedergewählt. Das mit der Bankverwaltung vereinbarte Abkommen über die Feststellung der Pfandsicherheiten wurde einstimmig genehmigt.

Aachen, 14. Mai. (W. T. B.) Die Generalversammlung der Aachener Diskonto⸗Gesellschaft beschloß, eine Dividende von 4 % pro 1887 zu vertheilen.

Wien, 12. Mat. (W. T. B.) Der Verwaltungsrath der Carl⸗Ludwigsbahn beantragte, daß nach Bezahlung der 4 prozent. Zinsen auf die Aktien der verbleibende Reinertrag im Betrage von 278 169 Fl. für Erneuerung von Oberbauten und für den Pensions⸗ fonds verwendet werden sollen und der Restbetrag von 23 307 Fl. auf neue Rechnung vorzutragen sei.

London, 14. Mai. (W. T. B.) Die Getreidezufuhren betrugen in der Woche vom 5. bis 11. Mai: Englischer Weizen 5038, fremder 29 661, englische Gerste 94, fremde 6935, englische Malz. gerste 17 392, fremde —, englischer Hafer 387, fremder 94 727 Orts., englisches Mebl 18 211, fremdes 37 099 Sack und 1 Faß.

Glasgow, 12. Mai. (W. T. B.) Die Vorräthe von Roheisen in den Stores belaufen sich auf 979 368 Tons gegen 860 168 Tons im vorigen Jahre. Zahl der im Betrieb befind⸗ lichen Hochöfen 87 gegen 81 im vorigen Jahre.

Warschau, 14. Mai. (W. T. B.) Die Einnahmen der Warschau⸗Wiener Eisenbahn⸗Gesellschaft betrugen im April cr. weniger 19 500 Rbl. als im Vorjahre. Die Einnahmen der Warschau⸗Bromberger Eisenbahn⸗Gesellschaft be⸗ trugen im April cr. mehr 7500 Rbl. als im Vorjahre.

Amsterdam, 12. Mai. (W. T. B.) Der „Staats⸗Courant“ veröffentlicht eine Verfügung des Ministers des Innern, durch welche die Durchfuhr von Hammeln, Böcken und Ziegen aus dem Auslande verboten wird.

Antwerpen, 12. Mai. (W. T. B.) Wollauktion. An⸗ geboten wurden 816 Ballen Buenos⸗Ayres, 1286 Ballen Montevideo⸗, 57 Ballen Banda⸗Oriental⸗, 33 Ballen Rio Grande⸗, 265 Ballen Melbourne⸗ und 430 Ballen Spdney⸗Wollen; verkauft wurden 393 Ballen Buenos⸗Ayres⸗, 1227 Ballen Montevideo⸗, 27 Ballen Banda⸗Oriental⸗, 33 Ballen Rio Grande⸗, 115 Ballen Melbourne⸗ und 230 Ballen Sydney⸗Wollen. Tendenz unverändert. Kopenhagen, 12. Mai. (W. T. B.) Ein Konsortium, be⸗ stehend aus der Dänischen Landmannsbank, der Diskonto⸗ Gesellschaft und dem Bankhause S. Bleichroeder in Berlin, den Bankhäusern Behrens Söhne in Hamburg, Rothschild Söhne in Frankfurt a. M., Rothschild Frères in Paris und Rothschild Sons in London hat gestern mit dem Reichsschuldenkomptoir in Stockholm eine 3 % Anleihe im Betrage von 30 Millionen Mark (1 ½ Millio⸗ nen Pfund Sterling) abgeschlossen. b New⸗York, 12. Mai. (W. T. B.) Der Werth der in der vergangenen Woche eingeführten Waaren betrug 8 257 304 Doll., davon für Stoffe 1 851 197 Doll. Der Werth der Einfuhr in der Vorwoche betrug 9 059 294 Doll., davon für Stoffe 2 111 965 Doll.