1888 / 137 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 28 May 1888 18:00:01 GMT) scan diff

Die abgelösten Besatzungen S. M. Kreuzer „Nautilus“ haben am 25. Mai cr. von

„Möwe“ und Aden die Heimreise angetreten. Fahrzeug

Konstantinopel eingetroffen.

Bayern. München, 25. Mai. (Allg. Ztg.)

den feierlichen Prozession persönlich beiwohnen.

Württemberg. Stuttgart, 26. Mai. (St.⸗A. f. W.) . Norddeutschland sind bis heute aus Stadt und Land noch 22 096 (insgesammt bei dem Bankhause E. Hummel u. Co., Württ. hier eingegangen und als zehnte Rate 23 000 (zusammen nunmehr 163 000 ℳ) nach Berlin über⸗

Für die Ueberschwemmten in

164 363 ℳ) Central⸗Sammelstelle,

wiesen worden.

Baden. Karlsruhe, 26. Mai. (W. T. B.)

gereist.

Die Erste Kammererledigte heute in nahezu achtstündiger Die Artikel 1 bis 3 der Regierungsvorlage wurden einstimmig angenommen, ebenso ein von der Kommission beantragter neuer Artikel 4, welcher fremden Ordensgeistlichen das Spenden der Sakramente Dagegen wurde Artikel 5 (Artikel 4 der ursprünglichen Vorlage), welcher die Aushülfe in der

Berathung die kirchenpolitische Vorlage.

in Nothfällen erlaubt. Seelsorge durch Mitglieder fremder Orden betrifft, abgelehnt. Schließlich wurde das ganze Gesetz lehnten Artikels einstimmig angenommen.

““

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 26. Mai. (Wien. Ztg.) Im Branntweinsteuer⸗Ausschusse theilte der Regie⸗ rungsvertreter betreffs der Uebergangsbestimmungen mit, das ungarische Comité habe beschlossen, daß Branntwein im Besitz von Gewerbetreibenden bis zu 20 Litern von der Nachsteuer befreit werden solle, während das Subcomité eine Grenze von 40 Litern vorschlug, andere Haushaltungsvorstände dürften 10 Liter Alkohol freibehalten. Bei der Abstimmung wurde der Antrag des Subcomités (40 Liter) mit 16 gegen 13 Stimmen abgelehnt, die übrigen Aenderungen wurden nach den Wünschen des ungarischen Abgeordnetenhauses ange⸗ nommen. Abg. Aufpitz beantragte, die Nachsteuer von 24 Kreuzern auf 20 Kreuzer herabzusetzen. Der Ausschuß nahm die Nachsteuer im Betrage von 24 Kreuzern an. Rutowski beantragte, daß jede vom Jahre 1880 bis zum Jahre 1888 betriebene pauschalirte Brennerei, wofern sie in der Cam⸗ pagne 1888—89 betrieben werde, 800 fl. erhalte. Hierüber entstand eine längere Debatte. Der Finanz⸗Minister Dr. Ritter von Dunajewski erklärte, er könnte diesem Antrage nur unter der Voraussetzung zustimmen, wenn der Termin für die Wirksam⸗ keit des Gesetzes auch nach der Regierungsvorlage angenommen würde. Hierauf wurde der Antrag mit 22 gegen 7 Stimmen abgelehnt. Abg. Rutowski beantragte sohin unverzinsliche Staatsvorschüsse behufs Investitionen. Dieser Antrag wird am Schluß erörtert werden. Nach längerer Debatte wurde der Paragraph, welcher den Beginn der Wirksamkeit des Ge⸗ setzes auf den 1. September 1888 festsetzt, angenommen.

Pest, 26. Mai. (Prag. Ztg.) Im Abgeordneten⸗ hause verweist in Beantwortung der bezüglichen Inter⸗ pellation der Minister⸗Präsident von Tisza auf seine seinerzeitige Antwort, betreffend die Beschickung der Pariser Ausstellung; Jedermann stehe die Beschickung frei, er könne diese jedoch nicht anrathen. Es sei nicht im Interesse der ungarischen Industrie, daß die dort erscheinenden wenigen Industriellen die gesammte ungarische Industrie verträten. Die Regierung müsse erwägen, was daraus werden würde, wenn die politischen Verhältnisse gegen unseren Willen sich noch mehr verwickeln. Auch herrsche zu⸗ weilen in Frankreich eine aufgeregte Gemüthsstimmung, wobei gegen den Willen der französischen Regierung und der französischen Nation eine Schädigung des Eigen⸗ thums oder eine Verletzung der Nationalfarben vor⸗ kommen könnte; Frankreich werde die Nichtbeschickung der Aus⸗ stellung sicherlich nicht als Beleidigung betrachten. Der Handels⸗Minister Graf Szschényi erklärt, er habe es zur Ver⸗ meidung einer Irreführung für seine Pflicht gehalten, den Industriellen zu erklären, daß die Beschickung Niemandem verboten sei, jedoch einen Hintergrund habe; daher jeder es erwägen möge, bevor er sich zur Theilnahme entschließe. Die Majorität nahm die Antworten zur Kenntniß.

Frankreich. Paris, 26. Mai. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer erklärte, in Beantwortung der Anfrage des Deputirten Dreyfuß, der Finanz⸗Minister Peytral: die Regierung halte es nicht für zulässig, der Bank von Frankreich die Einlösung der gefälschten Bankbillete aufzulegen, denn sonst würde auch dem Staat die Verpflichtung zur Einlösung falscher Münzen auferlegt werden müssen. Die Bank habe sofort, nachdem die Fälschung entdeckt worden sei, das Publikum davon verständigt und beschlossen, die 500⸗Francs⸗Billets einzuziehen. Am 24. und 25. d. M. seien von letzteren 23 300 Stück eingelöst worden und unter dieser ganzen Zahl habe sich nur ein einziges gefälschtes be⸗ funden. Peytral fügt hinzu, die Bank sei geneigt, diejenigen, welche sich in gutem Glauben im Besitz gefälschter Billets be⸗ 1. ausreichend zu entschädigen. Floquet unterstützte die

emerkungen Peytral's. Die von dem Ministerium acceptirte einfache Tages ordnung wurde hierauf einstimmig angenommen. Im weiteren Verlauf der Sitzung genehmigte die Kammer einstimmig die von 40 Fr. Zuschlagszol⸗ für auswärtigen Alkohol auf unbestimmte Zeit. (Köln. Ztg.) Der Kriegs⸗Minister de Freyecinet hat heute dem Präsidenten Carnot ein Decret zur Unterschrift vorgelegt, wodurch zeitweilig ein aus itgliedern des Obersten Kriegsraths zu ernennender Ausschuß ge⸗ schaffen wird, der die Verwaltung der Armee⸗Corps über⸗ wachen soll.

(W. T. B.) Nach einer Mittheilung des Marine⸗ Ministeriums ist demselben neuerdings ein Telegramm des General⸗Gouverneurs von Indo⸗China zugegangen, welches meldet, daß am 19. April eine unter dem Kommandanten Bose gegen Doneybang operirende Abtheilung in dem Gebirgs⸗ zuge zwischen dem Rothen und dem Schwarzen Fluß den Posten Muong weggenommen habe. In dem Kampfe hatten die Fran⸗

osen einen Verlust von 9 Todten und 16 Verwundeten gehabt. Die Abtheilung habe ihre Rekognoscirung nicht weiter fort

8 8

. 1 „Loreley“, Kommandant Kapitän⸗ Lieutenant Freiherr von Lyncker, ist am 26. Mai cr. in

Der Prinz⸗Regent wird der am Frohnleichnamstage stattfinden⸗

Die Kronprinzessin von Schweden und Norwegen ist heute Nachmittag zum Kurgebrauch nach Franzensbad ab⸗

mit Ausschluß des abge⸗

Abg.

gesetzt und sch auf die gesetung der benachbarten Stellung von Phuyenchau beschränkt, welche eines ihrer Operations⸗

objekte bildete.

27. Mai. (W. T. B.) Anläßlich des Jahres⸗ tages der I der Kommune im Jahre 1871 besuchten heute zahlreiche Mitglieder der revolu⸗ tionären Partei die Gräber der Kommunarden auf dem

ere la chaise. Es wurden die üblichen Reden gehalten, wobei sich einige Redner auch heftig gegen den Boulangismus wendeten. Als zahlreiche Rufe „Nieder mit Boulanger“ ver⸗ nommen wurden, kam es zu einem Zusammenstoß zwischen Anarchisten und ln heg ssn Boulanger’'s. Einer der letzteren gab drei Revolverschüsse ab, wobei zwei Anarchisten verwundet wurden.

Die Minister Floquet und Lockroy, welche sich nach Laon zur Einweihung des dortigen Lyceums begeben haben, wurden dort von der evölkerung mit lebhaften Zurufen be⸗ grüßt. Floquet empe, g die Offiziere der dortigen Garnison und betonte denselben gegenüber, die Regierung rechne auf die Armee, um die republikanische Freiheit gegen Jedweden zu vertheidigen, der sie antasten sollte.

Laon, 27. Mai, Abends. (W. T. B.) Bei dem zu Ehren Floquet'’s und Lockro y's veranstalteten Diner hob Ersterer die große Fürsorge der republikanischen Regierung für die Landwirthschaft hervor und sagte, das Kabinet habe, indem es zwei seiner Vertreter in das Departement Aisne entsendet habe, die Lauterkeit seiner Politik gegenüber allen Republikanern darthun wollen, welche an dem Werk der Versöhnung und der Sammlung arbeiten wollten. Auf die neuen Agitationsmittel übergehend, deren man sich gegenwärtig bediene und gegen die sich bereits die Rechtschaffenheit des Volks auflehne, bemerkte Floquet, die Regierung werde denselben die Ruhe als Zeichen der Kraft, den gesunden Menschenverstand und die Vorsicht als Schutz gegen abenteuerliche Unternehmungen entgegensetzen. „Nehmen Sie sich ein Beispiel an der Armee, die würdig ist, die Füesgett zu vertheidigen, wie sie auch in Folge unahläffiger Arbeit würdig ist, den Boden des Vaterlands zu vertheidigen, wenn derselbe jemals angegriffen werden sollte!“

Rußland und Polen. St. Petersburg, 27. Mai. (W. T. B.) Der Minister des Innern, Graf Tolstoi, behält während des Urlaubs, den er jetzt angetreten hat, die Oberleitung des Ministeriums bei. 1

Heute, an dem Jahrestage der Krönung, fand die feier⸗ liche Eröffnung der transkaspischen Eisenbahn bis Samarkand statt. Trotz der Ueberschwemmungen zwischen Kizilarvat und Askhabad und des sehr staärken Anwachsens des Amu⸗Darja traf der Eisenbahnzug mit den geladenen Gästen gestern auf der Station Amu⸗Darja ein und setzte alsbald die Reise nach Buchara fort.

28. Mai. (W. T. B.) Per 1. März d. J. betrugen die Reichseinnahmen 135 600 000 Rubel gegen 134 800 000 Rubel, die Reichsausgaben 133 800 000 Rubel gegen 131 000 000 Rubel im vorigen Jahre.

Helsingfors, 27. Mai. (W. T. B.) Der Landtag nahm das Gesetz, betreffend Errichtung finländischer Kavallerie, bestehend aus einem Regiment zu 6 Escadrons, an, beschloß jedoch, daß dieselbe in Finland selbst kantonniren müsse.

Spanien. Barcelyna, 27. Mai. (W. T. B.) Der König von Schweden ist heute Mittag aus Madrid hier ein⸗ getroffen. Die Truppen hatten vom Bahnhof bis zum schwedischen Konsulat, wo der König abgestiegen ist, Spalier gebildet. Der König besuchte Nachmittags die Ausstellung und beabsichtigte alsdann mit der Königin⸗Regentin einen Ausflug in die Um⸗ gegend zu machen. Abends findet zu Ehren des Königs Gala⸗ Vorstellung statt.

Portugal. Lissabon, 23. Mai. (P. C.) Dem König von Schweden ist bei seiner Ankunft in Lissabon ein über⸗ aus glänzender Empfang bereitet worden. Mehrere Dampf⸗ schiffe waren dem König auf dem Tajo entgegen gefahren, um ihm das Geleit bei der Einfahrt in den Hafen zu geben. Der schwedische Monarch nahm im Ajudaschlosse Absteige⸗ quartier. Die Gesundheit des Königs Dom Luiz ist leider noch immer nicht vollständig hergestellt; die Aerzte gestatten Sr. Majestät noch nicht, das Palais zu verlassen. Der Schluß der Session der Cortes, welche bereits zweimal verlängert werden mußte, dürfte neuer⸗ dings, und zwar bis Mitte Juni, hinausgeschoben werden. Die Mehrheit der Deputirtenkammer hat nach langen Debatten der dem Ingenieur Hersent ertheilten Konzession zur Ausführung der Hafenbauten in Lissabon ihre Zustimmung gegeben. Beide Kammern haben kürzlich den Zoll auf ausländisches Getreide auf 11 Fr. per 100 kg erhöht. Der Budgetentwurf für das Finanzjahr 1888/89 schließt mit einem Defizit von ungefähr 1 000 000 Fr. ab.

Belgien. Brüssel, 27. Mai. (W. T. B.) Bei den zur Erneuerung der ausscheidenden Hälfte der Pro⸗ vinzialräthe in Belgien heut stattgehabten Wahlen ver⸗ loren die Liberalen in der Provinz Luxemburg die Mehrheit an die Katholiken; in der Provinz Namur verloren die Ka⸗ tholiken mehrere Sitze; in der Stadt Namur kommen 12 Liberale mit 12 ausscheidenden Katholiken zur Stichwahl. In den Provinzen Lüttich, Hainaut, Brabant behaupten die Liberalen mit geringen Verstärkungen ihre bisherigen Stel⸗ lungen. In den Provinzen Antwerpen, beiden Flandern und Limburg blieben die Katholiken in der bisherigen überwiegen⸗ den Stellung, mit Ausnahme der Stadt Antwerpen, wo die⸗ selben sich am Kampfe nicht betheiligt haben und durch 21 Liberale ersetzt worden sind. Mehrere Sozialisten, die in verschiedenen Städten kandidirten, erhielten verhältnißmäßig wenig Stimmen.

Türkei. Konstantinopel, 27. Mai. (W. T. B.) Der Sultan den Minister des Auswärtigen, Said Pascha, die Königin von Griechenland morgen beim Passiren des Bosporus zu begrüßen. 6

Zeitungsstimmen.

Zu dem Schluß der Landtagssession bemerkt die „Nord⸗ deutsche Allgemeine Zeitung“:

Die am Sonnabend geschlossene Session des preußischen Land⸗ tages hat in den letzten Sitzungen des Abgeordnetenhaufes eine Frucht Preftigt, welche dem wahrhaften Interesse des preußischen Volks zu

ute kommen wird 8

den Beschlüssen des Herrenhauses bezüglich der Erleichterung der Volksschullasten angeschlossen, wie dessen große Mehrheit sich auch auf den von dem anderen Hause und der Staatsregierung festgehaltenen Standpunkt gestellt hat, daß dieses Gesetz eine Aenderung der im 8 25 der preußischen Verfassung ausgesprochenen Grundsätze nicht edinge.

Wenn jetzt in „freisinnigen“ und ultramontanen Organen über diejenigen Konservativen, welche durch ihre Abstimmung dieses dankens⸗ werthe Ergebniß herbeigeführt haben, die Schale des Zornes geleert wird, und wenn der Ausfluß dieser Schale nicht gerade wohlriechend genannt werden kann, so werden die betreffenden Herren sich über diesen Umstand gewiß leicht zu trösten wissen. Der Zorn, welcher auf solche wenig appetitliche Weise sich kundgiebt, hat seine Quelle in dem Umstande, daß es nicht gelungen ist, die „edle“ Absicht weitblickender Partei⸗ und Wahlpolitiker zu verwirklichen und die Konservativen in einen Konflikt hineinzutreiben. Daß hierauf des Willens letzter Schluß gerichtet war, haben die Verhandlungen des Abgeordnetenhauses vom Freitag gewiß auch Denen klar gemacht, welche, der eigenen weitgehenden Gewissenhaftigkeit in Verfassungs⸗ fragen sich bewußt, nicht glauben mochten, daß von anderer Seite mit in solchen Fragen aufgeworfenen Bedenken ein zu Wahlzwecken veranstalteter Sport getrieben werden könne.

Wie aber auch die Mehrheit der konservativen Partei sich in dieser Angelegenheit stellen mochte, der Hohn und Spott der Gegner für sie wäre genau derselbe gewesen, da andernfalls die Letzteren ihnen das Scheitern der beabsichtigten Erleichterung der Volksschul⸗ lasten bei den Wahlen auf die Kreide gesetzt haben würde.

Ueberhaupt muß ja Jeder, der im öffentlichen Leben-etwas Nütz⸗ liches thun will, darauf gefaßt sein, Seitens jener Preßkoalition verun⸗ glimpft zu werden. Das Bewußtsein, der Allgemeinheit und dem Lande 8 dieser nachgerade bei uns üblich gewordenen Verunglimpfung“ dient zu haben, erhebt aber über die Sphäre, in welcher solche Veeynglimy ingen verletzen können, hinaus. Dieses Bewußtsein nehmen Diejenigen als esten Lohn mit nach Hause, welche das Zustandekommen des Schulkastengesetze ohne Konflikt mit den anderen Faktoren der Gese gebung im Ib⸗ geordnetenhause bewirkten, und das Land wird 18 Dank dafür wissen, daß sie ein Netz zerrissen haben, zu dessen Maschen wichtige Interessen der Gemeinden und der Steuerzahler gewissen Leuten gut genug gewesen wären.

Man kann mit diesem Abschluß der Arbeiten des preußischen Landtages um so mehr zufrieden sein, als das letzte Ergebniß dieser Session sich einer langen Reihe gleichwerthiger anreiht, welche im Zusammenarbeiten der gemäßigt liberalen und der konservativen Elemente mit der Königlichen Staats⸗ regierung während der ganzen Legislaturperiode gewonnen wurden, deren letzte Session voraussichtlich gestern ihr Ende erreichte. Mit Ruhe können die Mitglieder des Abgeordnetenhauses, die in diesem Sinne ihr Mandat ausgeübt haben, vor ihre Wähler treten und man darf deshalb vertrauen, daß die im Herbst bevorstehenden Wahlen in de. befriedigenden Zusammensetzung der preußischen Wahlkammer nichts ändern werden. Wenn übrigens irgend Etwas geeignet war, die Richtigkeit dieser Voraussetzung zu bekunden, so war es die vorgestern bei einer Wabl⸗ prüfungssache bei den Rednern der Deutschfreisinnigen hervorbrechende Wuth, deren Ausbrüche von den Rednern der nationalliberalen Par⸗ teien mit berechtigter Entrüstung, als unter dem Niveau jeder Er⸗

widerung stehend, zurückgewiesen worden sind.

Die „Mecklenburger Nachrichten“ schreiben:

Die deutsche Eisenindustrie hat bekanntlich unter Ueberproduktion und Stockung des Absatzes auf dem Weltmarkt Jahre lang schwer zu leiden gehabt. Erst zu Ende des Jahres 1886 trat ein Umschwung ein, der durch Kartelle über die Höhe der Produktion und Verkaufs⸗ syndikate zu fordern gesucht wurde. Die Besserung hielt mit Schwankungen das Jahr 1887 hindurch an und hat sich in den ersten Monaten dieses Jahres nach Ausweis von Berichten aus dem rheinisch⸗ westfälischen Produktionsgebiete befestigt. Der Grund liegt namentlich in dem gesteigerten Bedarf des in⸗ länd ischen Marktes, welcher der Eisenindustrie trotz des langen und harten Winters einen gesicherten Absatz gewährte und wesentlich zur Beruhigung des gesammten Eisengeschafts beitrug

Einen weniger günstigen Verlauf hat in der letzten Zeit das ausländische Geschäft genommen, namentlich hat die bereits länger währende Verstimmung des nordamerikanischen Marktes auf die ausführenden Zweige der heimischen Eisenindustrie ungünstig ein⸗ gewirkt. Der Grund dieser Verstimmung ist hauptsächlich auf die lähmend wirkende Unsicherheit zurückzuführen, in welcher sich Händler und Spekulanten gegenüber der für die Vereinigten Staaten be⸗ absichtigten Zollreform befinden, da Niemand weiß, welchen Verlauf diese nehmen, ob sie Erhöhungen oder Ermäßigungen der Eingangs⸗ zölle für deutsche Eisenfabrikate bringen wird. Ein. weiterer Grund dürfte auch darin zu finden sein, daß die für 1888 in Aussicht genommenen neuen Bahnbauten in Amerika ihrer Ausdehnung nach nicht unwesentlich gegen die im Jahre 1887 aus⸗ geführten zurückbleiben. Von allen Zweigen der Eifenindustrie ist die Drahtindustrie diejenige, welche am Meisten auf die Ausfuhr ange⸗ wiesen ist und nur rund 30 % ihrer Produktion im Inlande unter⸗ bringt. Die Aufträge für sie von Auswärts haben in der letzten Zeit erheblich nachgelassen, zum Theil in Folge der ungünstigen Lage des nordamerikanischen Marktes. In besonders flottem Betriebe sind nach den früheren Ein⸗ schränkungen der Produktion und bei der im Allgemeinen gehobenen Lage des Eisengeschäfts die Roheisenwerke. Die Produktion im rheinisch⸗westfälischen Bezirk ist von Monat zu Monat stetig gestiegen und zur Zeit um etwa 20 % höher als zu der gleichen Zeit im Vor⸗ jahre. Die Hochofenwerke sind vielfach bis zum Schluß des ersten Halbjahrs so zu sagen ausverkauft, so daß die Walzwerke, die sich bis dahin nicht gedeckt haben, in Verlegenheit gerathen werden und die in reger Thätigkeit befindliche Stahlindustrie über zu hohe Roh⸗ eisenpreise zu klagen beginnt.

Die gute Beschäftigung der Eisenindustrie hat natürlich auf die Steinkohlenindustrie günstig zurückgewirkt, der außerdem der strenge und lange Winter zu Gute kam, so daß heute fast sämmtliche Kohlen⸗ sorten zu höheren Preisen abgesetzt werden, als vor einem Jahre und die Zechen einzelner Gegenden an Arbeitskräften Mangel haben.

Hält man die vorstehenden Wahrnehmungen mit den Ergebnissen der Statistik unseres Waarenhandels mit dem Auslande zusammen, so ergiebt sich aus der Besserung des Eisengeschäfts bei gleichzeitigem Rückgang der Ausfuhr der Schluß, daß auf dem inländischen Markt die Bedürfnisse gewachsen sind und daß ihn die heimische Industrie in steigendem Maße sich erobert.

Centralblatt für das Deutsche Reich. Nr. 21. Inbalt Marine und Schiffahrt: Statistische Uebersicht über die deuischen Fischerfahrzeuge, welche in der Nordsee außerhalb der Küstengewässer: Fischerei betreiben, nach dem Bestande am 1. Januar 1888. Finanzwesen: Nachweisung der Einnahmen des Reichs vom 1. bis Ende April 1888. Konsulatwesen: Ernennungen. Bestellungen von Konsular⸗Agenten. Ermächtigung zur Vornahme von Civil⸗ standsakten. Todesfall. Exequatur⸗Ertheilungen. Polizei⸗ wesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet.

Amtsblatt des Reichs⸗Postamts. Nr. 22. Inhalt: Verfügungen: vom 20. Mai 1888. Einführung des Postauftrags⸗ verkehrs mit Salvador.

Eisenbahn⸗Verordnungs⸗Blatt. Nr. 14. Inhalt: Gesetz, betreffend die weitere Herstellung neuer Eisenbahnlinien für Rechnung des Staats und sonstige Bauausführungen und Beschaffun⸗ gen zur Vervollständigung und besseren Ausrüstung des Staatseisen⸗ bahnnetzes, sowie die Betheiligung des Staats an den Baukosten einer Eisenbahn von Sigmaringen (Inzigkofen) nach Tuttlingen. Vom 11. Mai 1888. (G.⸗S. S. 80.) Staatsvertrag zwischen Preußen und Sachsen⸗Coburg⸗Gotha, betreffend die Seitens des preußischen Staats im Herzogthum Gotha zu bauenden und zu betreibenden

Das söfer daeeen hat sich sowohl in materieller Beziehung cgn 1 22 7

nebst Schlußprotokoll. Vom 256. November 1887. (G.⸗S. S. 92.) Allerhöchster Erlaß, betr. den Bau und Betrieb der in dem Gesetz vom 11. Mai 1888 vorgesehenen Eisenbahnlinien. Vom 14. Mai 1888. (G.⸗S. S. 99.) Erlaß des Ministers der öffentlichen Arbeiten: vom 15. Mai 1888, betr. Bestimmung der bau⸗ und betriebsleitenden Behörden für mehrere Eisenbahnlinien. Centralblatt der Bauverwaltung. Nr. 21. Inhalt: Amtliches: Cirkular⸗Erlaß vom 12. Mai 1888. Personalnachrichten. Nichtamtliches: Kriegerdenkmal in Indianopolis. Preisbewer⸗ bung zur Wiederherstellung des Bremer Domes. Die Jubiläums⸗ Gewerbe⸗Ausstellung in Wien 1888. Neues selbstwirkendes Klappen⸗ wehr von Carro. Vermischtes: Selbstzeichnender Fluthmesser in Travemünde. Preisbewerbung zur Wiederherstellung des Bremer Domes. Die Wells⸗Lampe. Tragfähigkeit theilweise belasteter Steinplatten. Beaufsichtigung der Theater in England. Hervé⸗

Mangon

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Geschichte der deutschen Kunst von den frühesten Zeiten bis zur Gegenwart, von Wilhelm Lübke. Stuttgart, Verlag von Ebner und Seubert (Paul Neff). 2. Lieferung. In dieser neuesten Lieferung des Werks wird zunächst noch das zweite Kapitel, die karolingische Kunst behandelnd, fortgesetzt und die technisch hoch entwickelte und mit Vorliebe gepflegte Elfenbeinplastik der Zeit geschildert. Der Abschnitt ist durch mehrere der schönsten uns erhal⸗ tenen Reliefs auf Diptychen und Tafeln (im National⸗Museum zu München, dem Museum in Darmstadt und aus St. Gallen) illustrirt. Dann wird die Malerei jener Frühzeit besprochen, von der uns noch mancherlei Zeugnisse in schönen Miniaturen vorliegen. Außer mehreren Initialen und anderen Proben sind der Darstellung große Blätter aus den Evangeliarien des Godescalk und des heiligen Medardus, dem Psalterium Karl's des Kahlen in Paris und dem goldenen Psalterium von St. Gallen in sorgfältiger Holzschnitt⸗ Reproduktion beigegeben. Im dritten Kapitel wendet sich Lübke dann der Darstellung der frühromanischen Baukunst zu. Dieser Abschnitt, der in der vorliegenden Lieferung noch nicht abgeschlossen ist, ist ganz besonders reich illustrirt. Wir finden darin Grundrisse, Ansichten und Details von der Kirche in Mittelzell, dem Münster in Konstanz, der Stiftskirche in Gernrode, der restaurirten St. Michaels⸗ Kirche in Hildesheim, von Kirchen in Paderborn, Minden, Hersfeld, Köln, Trier, Speier ꝛc. ꝛc. Die Darstellung ist, wie von dem bewährten Kunsthistoriker nicht anders zu erwarten, von einem hoben, weit umfassenden kultur⸗ und kunstgeschichtlichen Standpunkt aus behandelt, ohne Weitschweifigkeit stets das Wichtigste, Wesentlichste und Charakteristische aus der Ge⸗ sammtheit der kunsthistorischen Erscheinungen hervorhebend, fließend und fesselnd geschrieben. Dabei hat der Leser das sichere Gefuͤhl, einer den weitschichtigen Stoff vollkommen beherrschenden und mit ge⸗ läutertem Geschmack urtheilenden Autorität zu folgen, deren zuver⸗ lässiger Führung er sich ruhig und gern überlassen darf. Das Werk soll, wie schon angekündigt, in 12 bis 15 Lieferungen zum Preise von je 1 vollständig sein. 1 1

Im Verlage von Gebrüder Paetel in Berlin erscheinen: Berliner Neudrucke. Herausgegeben von Prof. Dr. Ludw. Geyger, Prof. Dr. B. A. Wagner und Dr. Georg Ellinger. (Jährlich eine Serie von 6 Bänden zum Preise von 12 Jedes Heft ist einzeln zum erhöhten Preise von 2 50 bis 3 käuflich.) Soeben gelangte zur Ausgabe Band I. der ersten Serie: Friedrich Nico⸗ lai's kleyner feyner Almanach, 1777. Erster Jahrgang. 3 ℳ, herausgegeben von Georg Ellinger. Diese Reihe umfaßt Werke, welche, in enger Beziehung zu Berlin stehend, selten geworden, bedeutsam oder seltsam gewesen und geblieben sind, und welche da⸗ neben einen wichtigen Einfluß auf die Kultur⸗ und Literaturströmungen ihrer Zeit ausgeübt haben. Zunächst ist die eigentliche klassische Epoche, jene Jahre von 1740 bis 1815, ins Auge gefaßt, wobei aber eine frühere resp spätere Periode keineswegs gänzlich ausgeschlossen sein soll. Jedes Werk wird mit einer längeren Einleitung versehen sein, welche keineswegs nur für Gelehrte bestimmt ist, sondern in verständnißvoller Weise das Buch selbst, seine Stellung innerhalb der deutschen Literaturgeschichte, sowie seine Bedeutung für dieselbe er⸗ läutern und erklären soll. Die Sammlung enthält theils vollständige

Verke, theils (bei zu ausführlichem oder nicht allgemein werthvollem Inhalt) Auszüge oder ausgewählte Bruchstücke. Was d e Erscheinungs⸗ weise der „Berliner Neudrucke“ anbelangt, so soll vorerst alljährlich eine Serie von 6 Bändchen (jedes von ca. 6 Druckbogen) in trefflicher typographischer Ausstattung edirt werden. Bei Abnahme einer ganzen Serie tritt eine Preisermäßigung ein. Die erste Sammlung wird voraussichtlich nachstehende weitere Werke, die im Buchhandel über⸗ haupt nicht mehr oder doch nur zu hohem Preise zu haben sind, ent⸗ halten: Lessing's gelehrte Artikel aus der „Vossischen Zeitung“, 1748 1755; Nik. Peucker’'s „wohlklingende Pauke“ (1701) nebst 3 Singspielen Christ. Reuter’'s (1703 und 1710); Musen und Grazien in der Mark (Gedichte F. W. A. Schmidt’'s); Christl. Mylius' Zeit⸗ schrift „Der Wahrsager“, 1749. M

„Ueber Proberelationen. Eine Mittheilung aus der Justizprüfungskommission.“ Berlin 1888. Verlag von Franz Vahlen, W., Mohrenstraße 13/14. (Preis 1 ℳ) Die vorliegende amtliche Kundgebung bezweckt, ähnlich dem von der Justizprüfungskommission unter dem 12 Mai 1836 auf Veranlassung des Justiz⸗Ministers aus⸗ gearbeiteten Aufsatz, welcher in v. Kamptz. Jahrbüchern Bd. 47 ver⸗ öͤffentlicht und in der Schrift des Präsidenten der Kommission, Simon, „Geschichtliches über die Königlich preußische Immediat⸗ Justiz⸗Examinations⸗Kommission“ im Jahre 1855 wiederholt zum Abdruck gebracht ist, die bei der Anfertigung der Proberelationen für die zweite juristische Staatsprüfung gegenwärtig am häufigsten vor⸗ kommenden Fehler theils vom allgemeinen Gesichtspunkten aus, theils durch Heranziehung praktischer Beispiele, welche zur Kenntniß der Prüfungskommission gekommen sind, in der Erwägung darzulegen, daß eine solche Darlegung als das geeignetste Mittel erscheint, dar⸗ über zu belehren, während der Abdruck von Musterarbeiten, welche zu keinerlei Tadel Anlaß geben, diesen Zweck nicht erfüllen würde.

Im Verlage von M. Heinsius (Bremen) erschien soeben wieder eine neue Gedichts⸗Sammlung „Neue Rhein⸗ Lieder“ von Julius Thikötter. Wir hatten bereits wiederholt Gelegenheit, die dichterischen Erzeugnisse Thikötter's kennen zu lernen und in ihnen ein hocherfreuliches Talent anzuerkennen. Frei von unseren modernen Zeitkrankheiten, dem Pessimismus und dem Materialismus, welche nur zu oft dem künstlerischen Schaffen unserer gegenwärtigen Poeten den Stempel aufdrücken und ihre Werke für ein größeres Publikum zum Theil ungenießbar machen, weht uns aus den Thiköͤtter'schen Dichtungen der Hauch eines lebensfrohen Gemüths entgegen Eine frohe Zuversicht auf die besseren Elemente in der Menschenbrust, welche immer wieder den Sieg davon tragen werden über all' die Anfechtungen und Zweifel des Lebens, spricht aus ihnen und berührt wohlthuend denjenigen Leser, welcher ein Gedichtbuch als ein Erbauungsbuch ansieht und Sinn für das Schöne hat. Frisch und gewandt geschrieben werden diese Lieder ihren Leserkreis zu finden wissen, der hoffentlich noch ein viel weiterer als derjenige der Bonner Burschenschaft Alemannia sein wird, welcher das Bändchen gewidmet ist. Der Preis für das brochirte Buch beträgt 2,25 ℳ, elegant mit Goldschnitt 3

Chronik der Freiherrlichen Familie von Roggen⸗ bach. Nach Urkunden und Druckwerken bearbeitet und mit Beilagen versehen durch Max Freiherrn von Roggenbach. Freiburg im Breisgau. Herder'sche Verlagshandlung. 1888. gr. 80. S. VI u. 127. Der Verfasser dieser Chronik, als Großberzoglich badenscher Kammerherr zu Heidelberg lebend, giebt uns eine Familiengeschichte der Freiherren von unter gewissenbafter Verwerthung der urkundlichen Familienquellen, owie einer sehr sorgfältigen Benutzung der neueren Literatur. Die Arbeit wird am Schluß (S. 104) als eine nicht mühelose bezeichnet, sind doch (S. 33 ff.) 42 Werke auf⸗ geführt, aus welchen die zusammengestellten Nachrichten entnommen wurden. Die Chronik gliedert sich in fünf Abschnitte, denen als Bei⸗ lage nun (S. 107 127) der Abdruck einiger Urkunden und Ahnen⸗

boten worden

proben verschiedener Mitglieder der Familie folgen. Als deren Stamm⸗ sitz wird im Einverständniß mit dem verstorbenen Archiv⸗Rath Bader die Ruine gleichen Namens bei Bonndorf im Schwarzwalde an⸗ genommen (S. 4). Diese Ruine wird im zweiten Abschnitt nach Ab⸗ lauf eines Zeitraums von 33 Jahren seit der dreimaligen Be⸗ sichtigung von dem Verfasser eingehend und anschaulich be⸗ schrieben; eine Vergleichung des damaligen Lebens und der früheren Einrichtungen mit den jetzigen Zuständen, theilweise mit Humor gemischt, ist angeschlossen. Mitglieder der Familie von Roggenbach erscheinen in zahlreichen Urkunden bereits um 1132 als adlige, bedeutendes Grundeigenthum besitzende Ministerialen der Herzoge von Zähringen (S. 19); doch läßt der Verfasser (S. 35) dahin⸗ gestellt, ob die Familie dem Dvnastenstand angehört habe. Die Familie hat sich in verschiedenen Linien verzweigt, welche ihre Wohnsitze zum Theil in Schopfbeim, Breisach, Umkirch, Freiburg, zum Theil im Fürstbisthum Basel, in Schwaben und dem Elsaß gehabt haben. Sie sind sämmtlich ausgestorben bis auf die noch heute blühende ältere Schopfheimer Linie. Außer dem Verfasser hat noch neuerdings Ruhm und Ehre erworben der frühere Großherzoglich badensche Minister der auswärtigen Angelegenheiten Franz Freiherr von Roggenbach, ge⸗ boren am 23. März 1825, welcher 1871 als Kurator die Kaiser Wil⸗ helms⸗Universität zu Straßburg organisirte.

In Carl Heymann's Verlag in Berlin erschien soeben: Die Handelsgebräuche über Lade⸗ und Löschzeit, Ueber⸗ liegezeit und die Liegegelder bei dem Transport von Gütern auf Flüssen und Binnengewässern im preußischen Staat. Von Dr. Ullmann, Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath und vortragender Rath im Ministerium für Handel und Gewerbe. Preis 1,50 ℳ, geb. 2 Ueber die Rechtsverhältnisse der Stromschiffer haben sich zahlreiche Handelsgebräuche gebildet. Die Gewinnung einer zuverlässigen Ueber⸗ sicht über dieselben ist für die weiten Kreise von Interessenten, welche als Absender, Rheder, Befrachter, Spediteure, Transportunternehmer, Frachtführer und Adressaten (Destinatäre) in Betracht kommen, zu einem vielfach hervorgetretenen Bedürfniß geworden. Die vorliegende, mit Genehmigung des Ministers für Handel und Gewerbe aus dem vollständigen amtlichen Material gefertigte Zusammenstellung ist dazu bestimmt, auf ihrem Gebiet den vorbezeichneten Interessenten⸗ kreisen ein authentisches Handbuch zu bieten. Der Stoff ist darin nach Provinzen und innerhalb derselben entsprechend dem Geltungs⸗ gebiet der verschiedenen Handelsgebräuche nach den einzelnen in einer Anlage detaillirten Bezirken der Handelskammern und kauf⸗ männischen Korporationen geordnet. 8

„Die Nordseebäder auf Sylt“ 5. Aufl. (Verlag von Otto Meißner in Hamburg). Das vorliegende, illustrirte, mit Karten, Fluthtabelle, Fahrplänen und den genauesten Ausweisen über Land⸗ und Seeweg⸗Verbindungen reich ausgestattete Werkchen bietet in klarer, übersichtlicher Zusammenstellung auch dem gänzlich Fremden ein anschauliches Bild der Sylter Lebens⸗ und Wohnungsverhältnisse, der Preise, Kurbedingungen, Zerstreuungen, wie überhaupt von allem, bezüglich der Sylter Nordseebäder Wissenswerthen. Die diesjährige 5. Auflage ist noch wesentlich bereichert durch eine eingehende Be⸗ handlung sehenswerther Ausflugspunkte in ihrer verschiedenartigen Eigenthümlichkeit, einem Hinweis auf die neu erbaute Straßenbahn zwischen dem Landungsplatz Munkmarsch und dem Hauptbadeort Westerland und dergl. mehr und darf somit als ein durchaus zuver⸗ lässiger Wegweiser gelten. 1 8

Ernst Pasqus, der in einer fortlaufenden Reihe von Erzäh⸗ lungen und belehrenden Unterhaltungen die „Einführung in die Oper“ in der „Musikalischen Jugendpost“ bringt, erzählt in der neuesten Nummer eingehend vom „Trompeter von Säkkingen“, sowohl von Scheffel's Dichtung, als auch von Neßler's Oper, und Freunde der Dichtung erhalten da manche ihnen erwünschte Aufschlüsse über die bereits vor Neßler komponirten gleichnamigen Opern, über die außerordentliche Verbreitung und Beliebtheit der Dichtung u. dgl. mehr; im Bilde werden uns Werner Kirchhofer, Konradin, der Rektor u. A. vorgeführt. Zur Erinnerung an Friedrich Rückert, dessen hundertjähriger Gedenktag in diesen Tagen ge⸗ feiert wurde, betont L. Erbach in einer biographischen Skizze des Dichters inniges Verständniß für die Jugend, das sich in vielen seiner Dichtungen kundgegeben hat. Aus dem übrigen Inhalt erwähnen wir noch „Der Musikant und der Riese“, ein Märchen von Phil. Held; „Du bist liederlich“, Erzählung aus Spohr's Jugendleben von Claire Gerhard, sowie die Musikbeilage, dieselbe enthält ein melodiöses Stückchen für Klavier „Kleines Lied“ von K. Richards; „Aus den Alpen“ für Klavier zu 4 Händen von Ch. Morlexy, endlich ein frisch empfundenes Lied für eine Singstimme und Klavier „Pfingsten“ von R. Kügele.

„Schorer's Familienblatt“⸗ bringt in der letzten Nummer die 18. Fortsetzung von H. Schobert's Roman „Aschen⸗ brödel“, dann den Schluß einer im vorigen Heft begonnenen Er⸗ zählung „Im Banne der Berge“, von Alfred Ruhemann, mit Original⸗ zeichnungen von Myrbach; ferner: „Aus dem Munde der Unmün⸗ digen“, von R. Costa. Zum 16. Mai widmet Otto⸗Neumann⸗Hofer „Friedrich Rückert“ einen Aufsatz, dem das Bildniß des Dichters beigegeben ist, und an diesen schließt sich (zum erstenmal aus dem Nachlaß veröffent⸗ licht) Einiges aus dessen „Poetischem Tagebuch von 1850 bis 1866“. Eine Anmerkung macht darauf aufmerksam, daß dieses Tagebuch als Festgabe zu Rückert's hundertstem Geburtstage dem deutschen Volke von des Dichters Tochter, Frl. Marie Rückert, dargebracht werde (Frankfurt a. M., Sauerländer's Verlag) Die Holzschnitte in „Schorer's Familienblatt“ verdienen in hohem Maße Anerkennung, wie auch die Beilagen in Wort und Bild viel Interessantes und Cha⸗ rakteristisches bieten.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Seitens des Königlich italienischen Ackerbau⸗Ministeriums ist eine internationale Preisausstellung für Maschinen und Instrumente zur Verbesserung der Hanfkultur und Hanfzubereitung in Aussicht genommen. Die Ausstellung soll vom 20. bis 31. August d. J. in Ferrara stattfinden. Anmeldungen müssen und zwar für jede Maschine einzeln unter Beifügung von Zeichnungen und Beschreibungen, aus denen Volumen, Gewicht, Preis, Art, die zum Betriebe erforderliche Kraftmenge und die Arbeitsleistung pro Tag zu ersehen sind, bis zum 29. Juni inkl. an das Comité zu Ferrara erfolgen.

Sanitäts⸗, Veterinär⸗ und Quarantänewesen.

Großbritannien. Zufolge Verordnung des britischen Geheimen Raths vom 8. Mai ist die Vieheinfuhr aus Belgien nach Großbritannien ver⸗

Gewerbe und Handel.

„Bayerische Gewerbe⸗Zeitung“, (Organ des Bayerischen Gewerbe⸗Museums und des Verbandes Bavperischer Ge⸗ werbevereine, Ankündigungsblatt des Verbandes deutscher Kunst⸗ gewerbevereine, herausgegeben vom Bagyperischen Gewerbe⸗Museum in Nürnberg, Redaktion: Dr. J. Stockbauer; Nürnberg, Verlags⸗ anstalt des Bavyerischen Gewerbe⸗Museums, C. Schrag; jährlich 24 Nummern, Pr. halbjährlich 8 ℳ). Die beiden neuesten Num⸗ mern dieser Zeitschrift. 9 und 10 I. Jahrgangs 1888 (XXII. Jahr⸗ gang von „Kunst und Gewerbe“) bringen an größeren Beiträgen interessante, vorzüglich illustrirte Aufsätze über unsere Wohnung und ihre Einrichtung sowie über das mittelalterliche Draht⸗Email und seine Anwendung bei der Ausschmückung von Prunkgefäßen, Schmuckgegenständen ꝛc., deren mehrere im Text abgebildet sind. Im Feuilleton finden wir außerdem Artikel über Geräͤthe und Gefäße aus getränkter Pappe, über Recht und Moral in Handel und Wandel, die Edelstein⸗Industrie im Turnauer Bezirk, das Kunstgewerbe in der Wohnung des Handwerkers und die Industrie der bedruckten indischen Kattune. Ferner reihen sich Mittheilungen an aus dem Bayerischen Gewerbe⸗Museum, aus dem Verbande bayerischer Gewerbe⸗Vereine, aus dem Gewerbeleben überhaupt,

technische Rathschläge, literarische Besprechungen ꝛc. Von dem Katalog der Mustersammlung des B. Gew.⸗Mus. wird mit den bei⸗ gelegten Bogen die 4. Abtheilung „Schrift, Druck und graphische Künste nunmehr abgeschlossen. Die Extra⸗Beilage Nr. 5 zeigt eine Kollektion Druck⸗Verzierungen. In der am 22 d. M. in Nürnberg abgehal⸗ tenen Generalversammlung des Bayerischen Gewerbe⸗Museums wurde von dem Direktor von Kramer berichtet, daß auch im ver⸗ flossenen Jahre die Sammlungen schätzenswerthe Bereicherungen er⸗ fuhren: die Bibliothek zählt jetzt 10 423 Bände, wozu noch 4303 Patentschriften kommen. Das chemische Laboratorium war mit 479 Analysen betraut und führte ferner 1101 Versuche aus; außerdem konnten noch in 662 Fällen Auskünfte auf Grund bereits gewonnener Erfahrungen oder nach Angaben in der Literatur ohne Ausführung besonderer Versuche ertheilt werden. Nach Verlesung des Berichts, welcher ersehen ließ, daß überhaupt die vielfachen Veranstaltungen des Gewerbe⸗Museums starke Benutzung Seitens der Gewerbe⸗ treibenden fanden, wurde die Jahresrechnung pro 1887 bekannt ge⸗ geben. Hiernach betrugen die Einnahmen 114 041 ℳ, die Ausgaben 101 749 b

Nach dem in der ordentlichen Generalversammlung des All⸗ gemeinen Deutschen Versicherungs⸗Vereins in Stutt⸗ gart erstatteten Bericht für das Geschäftsjahr 1887 war dasselbe für den Verein ein vollständig günstiges. Die Prämieneinnahmen haben nunmehr eine Höhe erreicht, wie dies selbst vor der Verstaatlichung der Unfallversicherung nie der Fall war; es wurden im Jahre 1887 zusammen 17 306 Versicherungen über 71 707 Personen neu abge⸗ schlossen. Der Verlust, der dem Verein durch das Kranken⸗ und Un⸗ fallgesetz erwachsen ist, wurde durch die weitere Ausdehnung des Ge⸗ setzes fühlbarer. Der Bericht hebt als erfreulich hervor, daß es trotzdem gelungen ist, den Verein nicht nur lebensfähig zu er⸗ halten, sondern ihn in so kurzer Zeit auf die jetzige Höhe zu bringen. Allerdings hätten diese Errungenschaften besonders auf dem Gebiete der Haftpflichtversicherung große Kosten verursacht, allein dieser Auf⸗ wand für Organisation war unvermeidlich zur Sicherstellung der Existenz des Vereins und ist als ein einmaliger im Geschäftsberichte bereits zur Abschreibung gelangt. Die Uebergangszeit ist damit ab⸗ geschlossen und es tritt der Verein wieder in regelmäßige Verhältnisse mit normalem Kostenaufwande ein. Die Reserven des Vereins sind in allen Abtheilungen reichlich bemessen. Die Ergebnisse der Sterbe⸗ kasse und der Brautaussteuerversicherung seien günstige. Bei der Militär⸗ dienstversicherung jedoch seien die Prämien nicht hoch genug bemessen. Die Brautaussteuerversicherung nimmt einen guten Fortgang. Am Schlusse des Jahres 1887 betrug die Zahl der Versicherungen 38 872 mit 118 407 Versicherten. Die Gesammtreserven haben sich auf 1 157 120 erhöht; die Jahresprämie betrug Ende 1887 937 348 Der Reingewinn ergiebt nach einigen Abschreibungen 12 137 Im neuen Geschäftsjahre sind bis jetzt weitere 5414 Ver⸗ sicherungen üͤber 25 602 Personen abgeschlossen worden mit einem Zuwachs der jährlichen Prämie von 143 763 Die Anträge des Verwaltungsraths auf Auflösung der Krankenkasse (Abtheilung VII) und auf Erhöhung der Beiträge für die Millitärdienstversicherung wurden einstimmig angenommen.

Aachen, 26. Mai. (W. T. B.) In der heute stattgefundenen Generalversammlung der Aktiengesellschaft für Bergbau⸗, Blei⸗ und Zinkfabrikation zu Stolberg und in West⸗ falen waren 13 459 Stammaktien und 14 647 Vorzugsaktien mit 2678 Stimmen vertreten. Die Versammlung genehmigte die Bilanz und ertheilte Decharge. Der Justiz⸗Rath Maaß wurde zum Generaldirektor gewählt und den Erben des verstorbenen Generaldirektors Landsberg 30000 ausgesetzt. Ferner beschloß die Versammlung, die Dividende von 6 % für Vorzugsaktien und von 1 % für Stammaktien mit einem Abzug von 3 % Diskonto bis zum 1. Oktober c. am 1. Juni c. zu zahlen. Zum Schluß verlängerte die Versammlung die Ermächtigung für den Aufsichtsrath zum Rück⸗ kauf von Vorzugsaktien im Gesammtbetrage von 293 982 ℳ, aber nicht über pari, bis zur nächsten Generalversammlung.

New⸗York, 26. Mai. (W. T. B.) Der Werth der in der ver⸗ gangenen Woche eingeführten Waaren betrug 6 914 520 Doll., davon für Stoffe 2 222 082 Doll. Der Werth der Einfuhr in der Vorwoche betrug 7 074 838 Doll., davon für Stoffe 1 480 745 Doll.

Verkehrs⸗Anstalten.

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1 tritt der Sommer⸗Fahrplan der Pferde⸗Eisenbahn⸗Gesellschaft in Kraft, durch welchen neben verschiedenen Betriebsveränderungen auch

Großen Berliner

einige Tarifermäßigungen zur Einführung gelangen. Was die Betriebs⸗ veränderungen anbetrifft, so werden die Linien „Mariendorf— Blücher⸗ platz“ und „Tempelhof— Blücherplatz“ durch die Lindenstraße bis zum „Dönhoffplatz“ verlängert; ferner wird die Linie „Behrenstraße Brandenburgstraße“ nach dem „Moritzplatz“ und die Linie „Zoologischer Garten —Moritzplatz“ nach dem, Görlitzer Bahnhof“ geführt werden, wobei die letztere Linie nicht mehr durch die Floktwellstraße und Schönebergerstraße, sondern durch die Pots⸗ damerstraße und Königgrätzerstraße bis zum Askanischen Platz geleitet wird. Die Linie „Rixdorf (Hermannplatz) Spittelmarkt“ geht ein; dafür wird die durchgehende Linie „Rixdorf (Endpunkt) Spittelmarkt“ statt in 12 demnächst in 6 Minuten⸗Zwischenräumen betrieben werden; auf der Linie „Rirdorf (Hermannplatz) Schloß⸗ brücke“ wird statt des jetzigen 8 Minuten⸗Verkehrs ein 6 Minuten⸗ Verkehr eingeführt; ebenso wird die Linie „Kreuzberg Demminer⸗ straße“ ebenfalls in 6 Minuten⸗Zwischenräumen (jetzt 7) betrieben werden. Die Linie „Stromstraße (Moabit) Moritzplatz“ wird bis zum „Leipzigerplatz“ und die Linie „Schloßplatz Bülowstraße“ bis zur „Lützow⸗ und Potsdamerstraßen⸗Ecke“ verkürzt.

Nach der von dem eidgenössischen Post⸗ und Eisenbahn⸗Departe⸗ ment veröffentlichten Eisenbahnstatistik der Schweiz für 1886 betrug am Ende des Berichtsjahres die gesammte Baulänge der schweizerischen Eisenbahnen 2 865 245 m, die Betriebslänge 2 913 641 m. Davon kamen auf Normalbahnen 2 679 940 m Baulänge bezw. 2 722 371 m Betriebslänge, auf Spezialbahnen 101 371 m Baulänge bezw. 102 130 m Betriebslänge, auf Drahtseilbahnen 3901 m Bau⸗ länge bezw. 3229 m Betriebslänge, auf Tramways 22503 m Baulänge bezw. 22 434 m Betriebslänge, endlich auf Bahnstrecken ausländischer Unternehmungen 57,530 m Baulänge bezw. 63 478 m Betriebslänge. (Die im Auslande belegenen Strecken schweizerischer Unternehmunge sind in obigen Ziffern nicht inbegriffen). Neu eröffnet wurden im Jahre 1886 folgende Linien mit einer Gesammtlänge von 29 913 m von der Suisse⸗Occidentale⸗Simplon⸗Bahn die Strecke Bouveret⸗ St. Gingolph (Länge 3982 m), von der Appenzeller Bahn die Linie Urnäsch⸗Appenzell (10 772 m), von der Traversthalbahn die Zweig⸗ linie Fleurier⸗Buttes (3146 m), die Kriens⸗Luzern⸗Bahn (3058 m) die Linie Pont⸗Vallorbe (8707 m) und die Drahtseilbahn in Lugan (248 m). In den Normal⸗ und Spezialbahnen der Schweiz wa Ende 1886 (die im Auslande belegenen Strecken mit eingerechnet ein Gesammtkapital von 1 050 608 170 Fr. angelegt, und zwar be zifferte sich das einbezahlte Kapital wie folgt: Aktienkapita 358 574 602 Fr., konsolidirte Anleihen 568 506 475 Fr., Subventionern mit bedingtem Anrecht auf Dividenden oder Rückzahlung 121 268 937 Fr., Baufonds aus Betriebserträgen 2 258 156 Fr. Von dem verwendeten Kapital kamen 898 372 559 Fr. auf das Bau⸗ conto der im Betriebe befindlichen Linien, 1 379 426 Fr. auf Ver⸗ wendungen für die im Bau begriffenen Linien und Objekte, 20 865 612 Fr. auf Emissionsverluste an den Attien, 114 858 455 Fr auf zu amortisirende Verwendungen, 2 459 794 Fr. auf Verwendungen für Nebengeschäfte und 12 672 324 Fr. als Saldovortrag. Von den Baukosten der im Betriebe stehenden Linien entfallen auf Bahnanlage und feste Einrichtungen 802 461 562 Fr., auf rollendes Material 87 854 852 Fr., auf Mobiliar und Geräthschaften 8 056 145 Fr Durchschnittlich berechnen sich die Baukosten pro Kilometer auf 320 310 Fr. Ueberschritten wird dieser Durchschnittssatz von folgenden 6 Bahnen: der Gotthardbahn, welche pro Kilometer 901 482 Fr. erforderte, der Bötzbergbahn, welche 486 155 Fr., der Arth⸗Rigibahn, welche 458 598 Fr., der Rigibahn, welche 410 789 Fr., der Bahn Rorschach⸗Heiden, welche 377 564 Fr., und der Centralbahn, welche