1888 / 176 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 09 Jul 1888 18:00:01 GMT) scan diff

werden, daß die Entscheidung auf der Verletzung eines Ge⸗ etzes beruhe, und muß die Bezeichnung der angeblich ver⸗ etzten Rechtsnorm und, wenn die Revision darauf gestützt wird, daß das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt

ei, die Bezeichnung der Thatsachen enthalten, welche den Mangel ergeben. §. 65

. 8

Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder icht richtig angewendet worden ist.

Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen:

1) wenn das Schiedsgericht nicht vorschriftsmäßig besetzt ewesen ist, oder seine Zuständigkeit oder Unzuständigkeit mit Unrecht angenommen hat;

2) wenn bei dem Verfahren ein Mitglied des Schieds⸗ gerichts mitgewirkt hat, welches von der Mitwirkung kraft Gesetzes ausgeschlossen war;

3) wenn bei der Entscheidung ein Mitglied des Schieds⸗

erichts mitgewirkt hat, obgleich dasselbe wegen Besorgniß der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für be⸗ ründet erklärt war;

4) wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vor⸗ hrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht das Verfahren

drücklich oder stillschweigend genehmigt hat;

5) wenn die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist. Der Kaiserlichen Verordnung (§. 59) bleibt vorbehalten, diejenigen weiteren Fälle zu bezeichnen, in denen eine Ent⸗ scheidung stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend nzusehen ist §. 66.

Ist die Revision verspätet eingelegt, oder ergiebt sich aus der Prüfung der Akten, daß die Mängel, aus denen die Ver⸗ etzung eines Gesetzes gefolgert wird, nicht vorhanden sind, und daß auch die Verletzung eines anderen Rechtssatzes nicht orliegt, so kann das Reichs⸗Versicherungsamt das Rechts⸗ nittel ohne mündliche Verhandlung zurückweisen. Anderen⸗ alls hat das Reichs⸗Versicherungsamt nach mündlicher Ver⸗ andlung zu entscheiden. Wird das angefochtene Urtheil

aufgehoben, so kann das Reichs⸗Versicherungsamt zugleich in

der Sache selbst entscheiden oder dieselbe an das Schiedsgericht oder n den Vorstand der Versicherungsanstalt zurückverweisen. Im Falle der Zurückverweisung ist die rechtliche Beurtheilung, auf welche das Reichs⸗Versicherungsamt die Aufhebung gestützt

hat, der Entscheidung zu Grunde zu legen.

§. 67.

Auf die Anfechtung der rechtskräftigen Entscheidung über inen Anspruch auf Rente finden die Vorschriften der Civil⸗ prozeßordnung über die Wiederaufnahme des Verfahrens ntsprechende Anwendung, soweit nicht durch Kaiserliche Ver⸗ ordnung mit Zustimmung des Bundesrathes ein Anderes be⸗ stimmt wird.

§. 68.

Bescheide, durch welche der Anspruch auf Reute abgelehnt wird, sind, sobald dieselben die Rechtskraft beschritten haben, von dem Vorstande der Versicherungsanstalt der unteren Ver⸗ waltungsbehörde, in deren Bezirk der Antragsteller wohnt, ab⸗ schriftlich mitzutheilen. 8. 69

Die Wiederholung eines endgültig abgelehnten Antrages auf Bewilligung einer Invalidenrente ist vor Ablauf eines Jahres seit der Zustellung der endgültigen Entscheidung nur dann zulässig, wenn glaubhaft bescheinigt wird, daß inzwischen Umstände eingetreten sind, aus denen sich das Vorhandensein der dauernden Erwerbsunfähigkeit des Antragstellers ergiebt. Sofern eine solche Bescheinigung nicht beigebracht wird, hat die untere Verwaltungsbehörde den vorzeitig wiederholten

Antrag endgültig zurückzuweisen.

Berechtigungsausweis.

§. 70.

Nach erfolgter Feststellung der Rente ist dem Berechtigten von Seiten des Vorstandes der Versicherungsanstalt eine Bescheinigung über die ihm zustehenden Bezüge unter Angabe der mit der Zahlung beauftragten Postanstalt (§. 75) und der Zahlungstermine auszufertigen.

Wird in Folge des weiteren Verfahrens der Betrag der Rente geändert, so ist dem Entschädigungsberechtigten ein nderer Berechtigungsausweis zu ertheilen.

Rechnungsbureau. §. 11. Höhe der Rente endgültig feststeht, ist von derjenigen Stelle, welche den endgültigen Bescheid erlassen hat, eine mit der Bescheinigung der Rechtskraft zu versehende Aus⸗ fertigung desselben mit dem Quittungsbuch dem Rechnungs⸗ bureau des Reichs⸗Versicherungsamts vorzulegen. 72 Das Rechnungsbureau hat alle bei dem Reichs⸗Versiche⸗ rungsamt nach Maßgabe dieses Gesetzes vorkommenden rechnerischen Arbeiten auszuführen. Insbesondere liegt dem⸗ selben ob: 1) die Vertheilung der Renten, 2) die Mitwirkung bei den im Vollzuge des Gesetzes her⸗ zustellenden statistischen Arbeiten. 8 175. Das Rechnungsbureau berechnet, welcher Betrag der Rente dem Reich beziehungsweise den einzelnen Versicherungs⸗ anstalten, zu welchen der Empfangsberechtigte während der Dauer seiner Beschäftigung Beiträge entrichtet hatte, nach dem Versicherungswerth dieser Beiträge zur Last fällt. Das Rechnungsbureau ist befugt, die zu diesem Zweck ihm er⸗ forderlich erscheinenden Erhebungen herbeizuführen. .74.

Die Vertheilung ist der betheiligten Ver⸗ sicherungsanstalten mit den Unterlagen, auf Grund deren die auf die letzteren entfallenden Antheile an der Rente berechnet sind, mitzutheilen. Jeder betheiligte Vorstand ist befugt, binnen vierzehn Tagen nach der Zustellung gegen die Be⸗ lastung Einspruch zu erheben. Erfolgt binnen dieser Frist

kein Einspruch, so gilt die Vertheilung als endgültig; wird rechtzeitig Einspruch erhoben, so entscheidet über denselben nach Anhörung der Vorstände der anderen betheiligten Ver⸗ sicherungsanstalten das Reichs⸗Versicherungsamt. Von der Entscheidung werden die Vorstände in Kenntniß gesetzt.

Sobald die auf die betheiligten Versicherungsanstalten entfallenden Antheile an der Rente endgültig feststehen, hat das Rechnungsbureau eine Ausfertigung der Vertheilung dem Vorstande derjenigen Versicherungsanstalt, welche die Verhand⸗ lungen über Festsetzung de atte, zu über⸗

feanhen r Rente geführt h

Auszahlung durch die Post. 75

Die Auszahlung der Renten wird auf Anweisung des Vorstandes derjenigen Versicherungsanstalt, welche die Ver⸗ handlungen über die Festsetzung der Rente geführt hatte, vorschußweise durch die Postverwaltungen, und zwar in der Regel durch diejenige Postanstalt bewirkt, in deren Bezirk der Empfangsberechtigte zur Zeit des Antrags auf Bewilligung der Rente seinen Wohnsitz hatte.

Verlegt der Empfangsberechtigte seinen Wohnsitz, so ist er berechtigt, die Ueberweisung der Auszahlung der ihm zu⸗ stehenden Rente an die Postanstalt seines neuen Wohnorts bei dem Vorstande der Versicherungsanstalt, welcher die Rente angewiesen hat, zu beantragen.

Erstattung der Eee. der Postverwaltungen. . 76.

Die Central⸗Postbehörden haben dem Rechnungsbureau Nachweisungen über diejenigen Zahlungen, welche auf Grund der Anweisungen der Versicherungsanstalten geleistet worden sind, zuzustellen. Das Rechnungsbureau hat die vorgeschossenen Beträge nach Maßgabe des §. 73 zu vertheilen und den Ver⸗ sicherungsanstalten Nachweisungen über die ihnen zur Last fallenden Einzelbeträge zu übersenden. Eine Nachweisung über die dem Reich zur Last fallenden Beträge ist dem Reichs⸗ kanzler (Reichsamt des Innern) zuzustellen.

Den Central⸗Postbehörden hat das Rechnungsbureau nach Ablauf eines jeden Rechnungsjahres mitzutheilen, welche Be⸗ träge von dem Reich und von den einzelnen Versicherungs⸗ anstalten zu erstatten sind. b 18

Nach Ablauf eines Jahres von dem Inkrafttreten dieses Gesetzes an sind die Central⸗Postbehörden berechtigt, von jeder Versicherungsanstalt einen Betriebsfonds einzuziehen. Derselbe ist in vierteljährlichen Theilzahlungen an die den Versicherungs⸗ anstalten von der Central⸗Postbehörde zu bezeichnenden Kassen abzuführen und darf die für die Versicherungsanstalt im abge⸗ laufenen Rechnungsjahre vorgeschossenen Beträge nicht über⸗ steigen. b

Die Versicherungsanstalten haben die von den Post⸗ verwaltungen vorgeschossenen Beträge binnen zwei Wochen nach Empfang der Schlußnachweisung für das abgelaufene Rechnungsjahr zu erstatten. Die Erstattung erfolgt aus den bereiten Mitteln der Anstalt. Sind solche nicht vorhanden und bietet auch der Reservefonds solche nicht dar, so hat der weitere Kommunalverband beziehungsweise der Bundesstaat die erforderlichen Beträge vorzuschießen. Bei gemeinsamen Versicherungsanstalten erfolgt die Aufbringung dieses Vor⸗ schusses nach dem im §. 30 Absatz 2 festgesetzten Verhältniß.

Gegen Versicherungsanstalten, welche mit der Erstattung der Beträge im Rückstande bleiben, ist auf Antrag der Central⸗ Postbehörde von dem Reichs⸗Versicherungsamt das Zwangs⸗ beitreibungsverfahren einzuleiten.

4758.

Die Bestimmungen der §§. 71 bis 77 finden auf die vom Bundesrath anerkannten besonderen Einrichtungen entsprechende Anwendung. Gewähren diese besonderen Einrichtungen weiter⸗ gehende Bezüge, so ist bei der Vertheilung der Rente nur derjenige Theil der den ersteren zugeflossenen Beiträge in Betracht zu ziehen, welcher für die Gewährung von Renten in der durch dieses Gesetz festgesetzten Höhe für erforderlich zu erachten ist. -“

Soweit die Einrichtungen die von ihnen festgesetzten Renten ohne Vermittelung der Postanstalten selbst auszahlen, wird ihnen der Reichszuschuß am Schlusse eines jeden Rechnungs⸗ jahres auf jedesmalige Liquidation direkt überwiesen. Die Versicherungsanstalten, auf welche Theile der von jenen be⸗ sonderen Einrichtungen gezahlten Renten entfallen, haben diese Antheile nach deren Feststellung durch das Rechnungsbureau den Vorständen der betreffenden Einrichtung jährlich zu er⸗ 1

Die zur Gewährung des Reichszuschusses für erforderlich zu erachtenden Beträge werden in den Reichshaushalts⸗Etat alljährlich eingestellt. Höhe der Beiträge.

§. 80

Bis zur Inkraftsetzung eines anderen Beitrags sind in jeder Versicherungsanstalt für eine versicherte männliche Person einundzwanzig Pfennig, für eine versicherte weibliche Person vierzehn Pfennig an wöchentlichen Beiträgen zu erheben.

Innerhalb zehn Jahren nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes hat der Ausschuß jeder Versicherungsanstalt über die Höhe der in derselben für den Kopf und die Woche zu ent⸗ richtenden Beiträge zu beschließen. Der Ausschuß ist befugt, diese Beschlußfassung dem Vorstande zu übertragen.

Der Beschluß bedarf der Genehmigung des Reichs⸗Ver⸗ sicherungsamts. Kommt innerhalb zehn Jahren nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ein Beschluß, welcher die Geneh⸗ migung des Reichs⸗Versicherungsamts findet, nicht zu Stande, so hat das Reichs⸗Versicherungsamt die Höhe des Beitrags selbst festzusetzen.

Die Höhe des Beitrags sowie der Zeitpunkt, von welchem ab die Beiträge erhoben werden sollen, ist durch diejenigen Blätter, welche zu den Bekanntmachungen der Versicherungs⸗ anstalt dienen, zu veröffentlichen. Die Bekanntmachung muß mindestens zwei Wochen vor demjenigen Zeitpunkte erfolgt sein, von welchem ab der Beitrag in der festgestellten Höhe erhoben werden soll. 8

Die Festsetzung des Beitrags ist, sobald sich ein Bedürfniß herausstellt, längstens aber von zehn zu zehn Jahren einer Revision zu unterziehen. Bei der Revision sind Ausfälle oder Ueberzahlungen, welche sich aus der Erhebung der bisherigen Beiträge rechnungsmäßig herausgestellt haben, in der Weise zu berücksichtigen, daß durch die neuen Beiträge eine Aus⸗ gleichung dieser Ausfälle oder Ueberzahlungen eintritt. Im Uebrigen finden auf die Revision die Bestimmungen de §. 81 Anwendung. v“

1““ 8

. 83.

Zum Se der Entrichtung der Beiträge werden von jeder Versicherungsanstalt Marken ausgegeben, deren Größe, Farbe und Stückwerth vom Reichs⸗Versicherungsamt festgestellt werden. Auf der Marke muß die Versicherungsanstalt, sowie der Geldwerth, welchen die Marke darstellt, bezeichnet sein.

Die Versicherungsanstalt hat Vorsorge zu treffen, daß die von ihr ausgegebenen Marken in ausreichender Menge sowohl bei ihren Organen, wie bei anderen geeigneten Stellen gegen Erlegung des Geldwerthes käuflich erworben werde 3

Quittungsbuch. §. 84.

Die Erhebung der erfolgt durch Einkleben eines entsprechenden Betrages von Marken in Quittungsbücher der Versicherten. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, daß jede von ihm beschäftigte versicherte Person ein auf ihren Namen lautendes Quittungsbuch besitzt; er ist be⸗ rechtigt, fehlende Quittungsbücher für Rechnung der Be⸗ treffenden anzuschaffen und den verauslagten Betrag bei der nächsten Lohnzahlung einzubehalten.

Der Bundesrath bestimmt die Einrichtung des Quittungs⸗ buchs. Die Kosten desselben trägt der Versicherte.

Die Ausstellung des Quittungsbuchs erfolgt durch die Orts⸗Polizeibehörde des Beschäftigungsortes. Ueber den Ver⸗ trieb der Quittungsbücher wird durch die Landes⸗Centralbehörde Bestimmung getroffen.

„Die Eintragungen eines Urtheils über die Führung oder die Leistung des Inhabers, sowie sonstige durch dieses Gesetz nicht vorgesehene Eintragungen oder Vermerke in oder an dem Quittungsbuche sind unzulässig. Quittungsbücher, in welchen derartige Eintragungen oder Vermerke sich vorfinden, sind von jeder Behörde, welcher sie zugehen, einzubehalten. Die Be⸗ hörde hat die Ersetzung derselben durch neue Bücher, in welche der zulässige Inhalt der ersteren nach Maßgabe der Bestim⸗ mungen der §§. 91 und 92 zu übernehmen ist, zu ver⸗ anlassen.

Dem Arbeitgeber sowie Dritten ist untersagt, das Quittungsbuch wider den Willen des Inhabers zuruczubehal⸗ ten. Auf die Zurückbehaltung der Bücher zu Zwecken der Kontrole, Berichtigung oder Uebertragung Seitens der hier⸗ für zuständigen Behörden und Organe findet diese Bestimmung keine Anwendung.

Quittungsbücher, welche im Widerspruch mit dieser Vor⸗ schrift zurückbehalten werden, sind durch die Orts⸗Polizei⸗ behörde dem Zuwiderhandelnden abzunehmen und dem Be⸗ rechtigten auszuhändigen. Der erstere bleibt dem letzteren für alle Nachtheile, welche diesem aus der Zuwiderhandlung er⸗ wachsen, verantwortlich.

§. 86.

5 1“ 11“

In das Quittungsbuch hat der Arbeitgeber bei der Lohn⸗ zahlung den nach §. 15 zu berechnenden Betrag an Marken der Versicherungsanstalt des Beschäftigungsorts auf die dazu bestimmten Blätter einzukleben. Die Marken hat der Arbeit⸗ geber aus eigenen Mitteln zu erwerben.

Die Verwendung von Marken anderer Versicherungs⸗

anstalten ist unstatthaft. Die im Laufe der einzelnen Kalender⸗ jahre eingeklebten Marken müssen eine fortlaufende Reihe bilden. Die eingeklebten Marken sind zu entwerthen. Der Bundesrath ist befugt, über die Entwerthung der Marken zu erlassen und deren Nichtbefolgung mit Strafe zu bedrohen. Bei der Lohnzahlung haben die Arbeitgeber den von ihnen beschäftigten Personen die Hälfte der Beiträge in Abzug zu bringen. Die Abzüge dürfen sich nur auf die für die Lohnzahlungsperiode C“ erstrecken.

Durch die Landes⸗Centtalbehörde oder mit Genehmigung derselben durch statutarische Bestimmung eines weiteren Kommunalverbandes oder einer Gemeinde kann abweichend von den Vorschriften des §. 86 Absatz 1 angeordnet werden:

1) daß für diejenigen Versicherten, welche einer Orts⸗, Betriebs⸗ (Fabrik⸗), Bau⸗ oder Innungskrankenkasse oder einer Knappschaftskasse angehören, durch die Vorstände dieser Kassen, für die der Gemeinde⸗Krankenversicherung oder landesrecht⸗ lichen Einrichtungen ähnlicher Art angehörenden Versicherten

durch deren Verwaltung die Beiträge für Rechnung der Ver⸗

sicherungsanstalt von den Arbeitgebern erhoben und die den eingezogenen Beiträgen entsprechenden Marken in die Quit tungsbücher der Versicherten eingeklebt und entwerthet werden;

2) daß in der gleichen Weise die Beiträge für diejenigen Zersonen, welche keiner der im §. 1 bezeichneten Kassen an⸗ gehören, durch die Gemeindebehörde des Beschäftigungsorts von den Arbeitgebern einzuziehen sind. In diesem Falle können Bestimmungen über die Verpflichtung zur Anmeldung der Versicherten getroffen und Zuwiderhandlungen mit Geld strafe bis zu einhundert Mark bedroht werden.

Soweit die Einziehung der Beiträge in der vorstehenden

Weise geregelt wird, hat die Versicherungsanstalt den Ver⸗ waltungen der Krankenversicherung und den Gemeindebehörden die erforderlichen Marken gegen Abrechnung zur Verfügung zu stellen und eine von der Landes⸗Centralbehörde zu be⸗ stimmende Vergütung zu Desehee.

Personen, welche aus einer die Versicherungspflicht be⸗ gründenden Beschäftigung ausscheiden, oder welche in einzelnen Kalenderjahren nicht für volle 47 Beitragswochen entweder die Zahlung der Beiträge oder die im §. 18 vorgesehene Befreiung von der Beitragspflicht nachweisen können, sind berechtigt, sich den Anspruch auf volle Rente dadurch zu erhalten, daß sie einen den ausfallenden vollen Beiträgen entsprechenden Betrag derjenigen Marken freiwillig beibringen, welche vor dem Aus fall zuletzt zu verwenden waren. Diese Beibringung hat jedoch die bezeichnete Wirkung nur dann, wenn gleichzeitig zur Deckung des auf die Zeit des Ausfalls entfallenden Beitrags des Reichs die erforderlichen Zusatzmarken 8- 89) beigebracht werden. Freiwillige Beiträge dürfen höchstens für einen Zeitraum von je zwei Kalenderjahren, einschließlich desjenigen Kalen⸗ derjahres, in welchem der Ausfall entstanden ist, beigebracht werden.

Die Entwerthung dieser Marken erfolgt durch die Ge⸗ meindebehörde beziehungsweise die von der Landes⸗Central⸗

behörde für die Aufrechnung der Quittungsbücher bestimmte

anderweite Behörde (§. 91). Bei der Entwerthung hat dieselbe das Jahr zu bescheinigen, in welchem die Beibringung der Marken erfolgt ist.

Die Behörde darf die Entwerthung und Bescheinigung

nur dann vornehmen, wenn gleichzeitig ein entsprechender Be⸗ trag an Zusatzmarken (§. 89) beigebracht wird.

In gleicher Weise (Absatz 2) erfolgt die Entwerthang und Bescheinigung für diejenigen Personen, auf welche die

Versicherungspflicht durch Beschluß des Bundesraths erstreckt 11“ 88

worden ist (§. 1 Abs. 2 und 3).

(Schluß in der Zweiten Beilage.)

1“

* 12

zum

Zweite Beilage

8⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

Berlin, Montag, den 9. Juli

1“

11e“

(Schluß aus der Ersten Beilage.)

Für diejenigen Beitragswochen, für welche freiwillige Bei⸗ träge entrichtet werden (§. 88 Abs. 1), sind zur Deckung des auf diese Zeit entfallenden Beitrags des Reichs besondere 1“ im Werthe von zehnundeinhalb Pfennig für die

eitragswoche einer männlichen Person und von sieben Pfennig für die Beitragswoche einer weiblichen Person nach Maßgabe des §. 88 einzukleben und zu entwerthen. Der Bundesrath ist befugt, den Werth dieser Zusatzmarken nach Maßgabe der zu machenden Ees gcmen anderweit festzusetzen.

Die Zusatzmarken werden für Rechnung des Reichs her⸗ gestellt. Sie müssen in Farbe und Bezeichnung von den Bei⸗ tragsmarken der Versicherungsanstalten verschieden sein. Ihre Bezeichnung, sowie ihre Größe, Farbe und ihr Stückwerth werden vom Reichs⸗Versicherungsamt festgesetzt.

Der Vertrieb der Zusatzmarken erfolgt zum Nennwerth durch Vermittelung der Versicherungsanstalten an den zum Vertrieb ihrer eigenen MWas . eashen Stellen. 8

Quittungsbücher, welche zu den erforderlichen Eintragungen keinen Raum mehr gewähren, sind von der Gemeindebehörde des derzeitigen Arbeitsorts oder nach Bestimmung der Landes⸗ Centralbehörde von anderen Behörden oder den Organen der Krankenkassen derart aufzurechnen, daß ersichtlich wird, für wieviel Beitragswochen der Inhaber des Quittungsbuchs im Laufe der einzelnen Kalenderjahre zu jeder Versicherungsanstalt Beiträge entrichtet hat, und wieviel Zeit er in Folge beschei⸗ nigter Krankheit oder aus Anlaß des Militärdienstes (§. 18) unbeschäftigt gewesen ist. Dem Inhaber wird sodann ein neues Quittungsbuch gegen Erstattung der Kosten desselben ausgestellt, in welches für jedes Kalenderjahr die Endzahlen des früheren Quittungsbuchs in beglaubigter Form vorzutragen sind. Das bisherige Quittungsbuch ist von der betreffenden Behörde, nachdem sämmtliche Eintragungen durchstrichen sind, an der hierfür durch Vordruck bezeichneten Stelle durch den Vermerk: „Geschlossen und übertragen“ unter Beifügung von Datum und Unterschrift und unter Beidrückung des Dienstsiegels zu schließen. Die geschlossenen Quittungsbücher sind nach Ablauf der Einspruchsfrist (§. 93) an die Gemeinde⸗ behörde des Geburtsorts des Inhabers, sofern derselbe im Inlande belegen ist, zu übersenden. Diese Behörde oder, so⸗ fern der Geburtsort im Auslande belegen ist, die zur Auf⸗ rechnung der Quittungsbücher zuständige Behörde des Beschäf⸗ tigungsorts, hat das Quittungsbuch aufzubewahren und darf

dasselbe nicht vor Ablauf von fünfzehn Jahren vernichten.

8 3 Durch die Landes⸗Centralbehörde kann vorgeschrieben werden, daß die geschlossenen Quittungsbücher an andere Behörden

abzusenden oder von anderen aufzubewahren sind.

Verlorene, unbrauchbar gewordene oder zerstörte Quittungs⸗ bücher sind durch neue Quittungsbücher zu ersetzen. In das

neue Quittungsbuch sind die Endzahlen des bisherigen, soweit diese nachweisbar sind, in beglaubigter Form vorzutragen.

Hierfür ist zunächst der Inhalt des zu ersetzenden Buchs,

soweit derselbe erkennbar ist, sowie der Inhalt älterer ge⸗

schlossener Bücher maßgebend; im Uebrigen kann der Inhalt des zu ersetzenden Buchs durch Bescheinigungen des Arbeit⸗ gebers oder durch andere Urkunden dargethan werden.

Auf das Verfahren finden die Vorschriften des §. 91 ent⸗

sprechende Anwendung.

§. 93. Der Versicherte ist befugt, binnen zwei Wochen nach Aus⸗

händigung des neuen Quittungsbuchs gegen die Uebertragung

erheben.

des Inhalts des bisherigen Quittungsbuchs Einspruch zu Ueber den Einspruch sowie über etwaige andere

Beschwerden, welche gegen das bei Einziehung des Quittungs⸗ buchs und Aushändigung des neuen Buchs beobachtete Ver⸗ fahren erhoben werden, hat diejenige Behörde, welche der mit der Aufrechnung des Quittungsbuchs beauftragten Stelle un⸗

mittelbar vorgesetzt ist, endgültig zu entscheiden. Wird ein

solcher Einspruch nicht rechtzeitig erhoben, so gilt die Ueber⸗ tragung dem Inhaber des Quittungsbuchs gegenüber als

zutreffend.

Die Einziehung des Quittungsbuchs und die Aushändigung

des neuen Buchs hat Zug um Zug zu erfolgen. Kann die

Uebertragung des Inhalts des abgelieferten Quittungsbuchs nicht sofort erfolgen, so wird dem Versicherten über die Ab⸗ lieferung eine Bescheinigung ertheilt, welche zurückzugeben ist, sobald die Uebertragung stattgefunden ha⸗ G

Ere c

Streitigkeiten zwischen den Organen der Versicherungs⸗ anstalten einerseits und Arbeitgebern und Arbeitnehmern andererseits oder zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern über die Frage, ob oder zu welcher Versicherungsanstalt für bestimmte Personen Beiträge zu entrichten sind, werden von

der unteren Verwaltungsbehörde entschieden, in deren Bezirk

der Arbeitgeber seinen Wohnsitz hat. Gegen diese Entscheidung steht den Betheiligten die Beschwerde an die höhere Verwal⸗

tungsbehörde zu, welche entscheidet.

Die Vorschriften des 95 finden auf Streitigkeiten

v zwischen den Organen verschiedener Versicherungsanstalten über

die Frage, zu welcher derselben bestimmte Personen beizutragen haben, gleichfalls Anwendung.

Nach endgültiger Erledigung dieser Streitigkeiten hat die

untere Verwaltungsbehörde, sofern es sich um die Versiche⸗ rungspflicht handelt, von Amtswegen dafür zu sorgen, daß zu

wenig erhobene Beträge durch nachträgliches Einkleben von Marken eingebracht werden. Zuviel erhobene Beträge sind

auf Antrag von der Versicherungsanstalt wieder einzuziehen

5 und nach Vernichtung der in das Quittungsbuch eingetragenen betreffenden Marken und Berichtigung der Aufrechnungen an

die Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu gleichen Theilen zurück⸗ zuzahlen. 8 .

„Handelt es sich um die Verwendung von Marken einer nicht zuständigen Versicherungsanstalt, so ist nach Vernichtung derjenigen Marken, welche irrthümlich beigebracht sind, ein der Zahl der Beitragswochen entsprechender Betrag von Marken der zuständigen Versicherungsanstalt beizubringen. Der Betrag der vernichteten Marken ist von der Versicherungsanstalt, welche sie ausgestellt hatte, wieder einzuziehen und zu gleichen Theilen zwischen dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu theilen. An die Stelle der Vernichtung von Marken kann in den nach Ansicht der unteren Verwaltungsbehörde dazu geeigneten Fällen die Einziehung des Quittungsbuchs und nach Ueber⸗ tragung der gültigen Eintragungen desselben die Aushändi⸗ gung eines neuen 16“ treten. .

98.

Im Uebrigen werden Streitigkeiten zwischen dem Arbeit⸗ geber und den von ihm beschäftigten Personen über die Be⸗ rechnung und Anrechnung der von diesen zu leistenden Bei⸗ träge von der erwaltungsbehörde (§. 95) endgültig entschieden.

8 . Kontrole. 8 §. 99. Die Versicherungsanstalten sind befugt, mit Genehmigung des Reichs⸗Versicherungsamts zum Zweck der Kontrole Vor⸗ schriften zu erlassen. Sie sind ferner befugt, die Arbeitgeber zur rechtzeitigen Erfüllung dieser Vorschriften durch Geld⸗ strafen bis zum Betrage von je einhundert Mark anzuhalten.

Das Reichs⸗Versicherungsamt kann den Erlaß derartiger Vor⸗ schriften anordnen und dieselben, sofern solche Anordnung nicht befolgt wird, selbst erlassen.

Die Arbeitgeber sind verpflichtet, über die Zahl der von ihnen beschäftigten Personen und über die Dauer der Be⸗

schäftigung den Organen der Versicherungsanstalt und anderen

mit der Kontrole beauftragten Behörden oder Beamten auf

Verlangen Auskunft zu ertheilen und denselben diejenigen

Geschäftsbücher oder Listen, aus welchen jene Thatsachen her⸗ 1— 89 9 chhen j hatsachen her⸗ der Bestimmung des §. 107, von der unteren Verwaltungs⸗

vorgehen, zur Einsicht während der Betriebszeit an Ort und Stelle vorzulegen. Ebenso sind die Versicherten zur Ertheilung von Auskunft über Ort und Dauer ihrer Beschäftigung verpflichtet. Die Arbeitgeber und die Versicherten sind ferner verbunden, den bezeichneten Organen, Behörden und Beamten auf Erfordern die Quittungsbücher behuss Ausübung der Kontrole und Herbeiführung der etwa erforderlichen Berichtigungen aus⸗ zuhändigen. Sie können hierzu von der unteren Verwaltungs⸗ behörde durch Geldstrafen bis zum Betrage von je dreihundert Mark angehalten werden. 1

Etwaige Berichtigungen erfolgen, sofern die Betheiligten über dieselben einverstanden sind, auf dem im §. 97 ange⸗ gebenen Wege durch die die Kontrole ausübenden Organe, Be⸗ hörden oder Beamten, anderenfalls nach Erledigung des Streitverfahrens gemäß der fen Fet . 95 f.

Die durch die Kontrole den Versicherungsanstalten er⸗ wachsenden Kosten gehören zu den Verwaltungskosten. Soweit dieselben in baaren Auslagen bestehen, können sie durch den Vorstand der Versicherungsanstalt dem Arbeitgeber auferlegt werden, wenn derselbe durch Nichterfüllung der ihm ob⸗ liegenden Verpflichtungen zu ihrer Aufwendung Anlaß ge⸗ geben hat. Gegen die Auferlegung der Kosten findet binnen zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses die Beschwerde an die untere Verwaltungsbehörde (§. 95) statt. Diese ent⸗ scheidet endgültig. Die Beitreibung der auferlegten Kosten erfolgt in derselben Weise, wie die der Gemeinde⸗Abgaben.

8 Reservefonds. §. 101.

Durch das Statut kann die Ansammlung eines Reserve⸗ fonds angeordnet werden. über Bestimmung zu treffen, unter welchen Voraussetzungen die Zinsen des Reservefonds für die Deckung der der Ver⸗ sicherungsanstalt obliegenden Lasten zu verwenden sind und in welchen Fällen der Kapitalbestand des Reservefonds angegriffen werden darf Vermögensverwaltung.

Verfügbare Gelder der Versicherungsanstalten sind nach Maßgabe der Bestimmungen des §. 76 des Unfallversicherungs⸗ gesetzes verzinslich anzulegen.

Auf Antrag von Versicherungsanstalten kann der Bundes⸗ rath denselben widerruflich gestatten, einen Theil ihres Ver⸗ mögens in anderen zinstragenden Papieren, in Grundstücken oder Bergwerksantheilen anzulegen. Mehr als der vierte Theil des Vermögens der einzelnen Versicherungsanstalten darf jedoch in dieser Weise nicht angelegt werden.

Werthpapiere sind nach näherer Zestimmung der Central⸗

desjenigen Bundesstaates, in dessen Gebiet die Ver⸗ sicherungsanstalt ihren Sitz hat, bei einer zur Aufbewahrung von Geldern oder Werthpapieren befugten öffentlichen Behörde

oder Kasse niederzulegen. 8 103. 1“

Die Versicherungsanstalt ist verpflichtet, dem Reichs⸗Ver⸗ sicherungsamt nach näherer Anweisung desselben und in den von ihm vorzuschreibenden Fristen Uebersichten über ihre Ge⸗ schäfts⸗ und Rechnungsergebnisse einzureichen.

Die Art und Form der Rechnungsführung bei den Ver⸗ u. wird durch das Reichs⸗Versicherungsamt geregelt.

Das Rechnungsjahr ist das Kalenderjahr.

F. Schutzvorschriften.

Schutzvorschrftetn. 8 §. 104. Die Versicherungsanstalten sind befugt, für ihre Bezirke oder für bestimmte Berufszweige oder Betriebsarten ihrer Be⸗ zirke Vorschriften zu erlassen:

1) über die von den Arbeitgebern Versicherter zum Schutz der letzteren gegen gesundheitsschädliche Einflüsse zu treffenden Einrichtungen unter Bedrohung der Zuwiderhandelnden mit Geldstrafe bis zu dreihundert Mark;

Polizeibehörde.

Geschieht dies, so ist zugleich dar⸗ ihres Wohnorts zu beeidigen

2) über das von den Versicherten zur Verhütung von

Krankheiten zu beobachtende Verhalten unter Bedrohung der

Zuwiderhandelnden mit Geldstrafe bis zu sechs Mark. Diese Vorschriften bedürfen der Genehmigung der Landes⸗ Centralbehörde.

Die genehmigten Vorschriften sind durch diejenigen Blätter zu veröffen lichen, welche zu den amtlichen Bekannt⸗ machungen der Landes⸗Centralbehörde oder der höheren Ver⸗ waltungsbehörde, für deren Bezirk sie Geltung haben sollen, bestimmt sind.

§. 105.

Die Festsetzung der Strafen erfolgt im Falle des §. 104 Absatz 1 Ziffer 1 durch den Vorstand der Versicherungsanstalt, im Falle des §. 104 Absatz 1 Ziffer 2 durch den Vorstand der Betriebs⸗ (Fabrik⸗) Krankenkasse, oder wenn eine solche für den Betrieb nicht errichtet ist, durch die Orts⸗ - de. Die Strafe fließt im Falle des §. 104 Absatz 1 Ziffer 1 in die Kasse der Versicherungsanstalt, im Falle des §. 104 Absatz 1 Ziffer 2 in die Krankenkasse (Gemeindekrankenversicherung), welcher der zu ihrer Zahlung Verpfl chtete zur Zeit der Zuwiderhandlung angehört, und wenn der zur Zahlung Verpflichtete keiner Krankenkasse angehört, in die Kasse des Ortsarmenverbandes des Beschäftigungsorts. In beiden Fällen ist binnen zwei Wochen nach der Zustellung der bezüglichen Verfügung die Beschwerde zulässig; über die⸗ selbe entscheidet im ersteren Fall die für den Beschäftigungs⸗ ort zuständige höhere Verwaltungsbehörde, im letzteren Fall die der Betriebs⸗ (Fabrik⸗) Krankenkasse beziehungsweise Orts⸗

Polizeibehörde unmittelbar vorgesetzte Aufsichtsbehörde.

Ueberwachung. gsanstalten sind befugt, durch Beauftragte

Die N

Die Versicher

die Befolgung derartiger Schutzvorschriften zu überwachen.

Die Arbeitgeber sind verpflichtet, den Beauftragten der Ver⸗ sicherungsanstalt den Zutritt zu ihren Betriebsstätten während

der Betriebszeit zu gestatten und können hierzu, vorbehaltlich

behörde durch Geldstrafen bis zum Betrage von je dreihundert

Mark angehalten werden.

Auf die durch die Ueberwachung der Betriebe entstehenden Kosten finden die Bestimmungen des §. 100 Anwendung. §. 107 8. .

Befürchtet der Arbeitgeber die Verletzung eines Betriebs

geheimnisses oder die Schädigung seiner Geschäftsinteressen in Folge der Besichtigung des Betriebes durch den Beauf⸗ tragten (S§.

§. 106), so kann derselbe die Besichtigung durch andere Sachverständige beanspruchen. In diesem Falle hat er dem Vorstande, sobald er den Namen des Beauftragten erfährt, eine entsprechende Mittheilung zu machen und einige geeignete Personen zu bezeichnen, welche auf seine Kosten die erforderliche Einsicht in den Betrieb zu nehmen und dem Vorstande die für die Zwecke der Versicherungsanstalt noth⸗ wendige Auskunft über die Betriebseinrichtungen zu geben bereit sind. In Ermangelung einer Verständigung zwischen dem Arbeitgeber und dem Vorstand entscheidet auf Anrufen des letzteren das ö¹“

Die Mitglieder der Vorstände und sonstigen Organe der

Versicherungsanstalten, insbesondere deren Beauftragte (§. 106) und die nach §. 107 ernannten Sachverständigen haben über

die Thatsachen, welche durch die Ueberwachung und Kontrole

der Betriebe zu ihrer Kenntniß kommen, Verschwiegenheit zu beobachten und sich der Nachahmung der von den Arbeitgebern geheim gehaltenen, zu ihrer Kenntniß gelangten Betriebsein-

richtungen und Betriebsweisen, so lange, als diese Betriebs⸗ geheimnisse sind, zu enthalten. Die Beauftragten und Sach⸗ verständigen sind hierauf von der unteren Verwaltungsbehörde

§. 109.

Namen und Wohnsitz der Beauftragten sind von dem Vorstand der Versicherungsanstalt den höheren Verwaltungs behörden, auf deren Bezirke sich ihre Thätigkeit erstreckt, an zuzeigen. 8 1 1

Die Beauftragten sind verpflichtet, den nach Maßgabe

des §. 139 b der Gewerbeordnung bestellten staatlichen Auf

sichtsbeamten auf Erfordern über ihre Ueberwachungsthätigkeit

und deren Ergebnisse Mittheilung zu machen und können dazu von dem Reichs⸗Versicherungsamt durch Geldstrafen bis zu

einhundert Mark angehalten werden.

VI. Aufsicht.

1“

Die Versicherungsanstalten unterliegen in Bezug auf die Befolgung dieses Gesetzes der Beaufsichtigung durch das Reichs⸗ Versicherungsamt. Das Aufsichtsrecht des letzteren erstreckt sich auf die Beobachtung der gesetzlichen und statutarischen Vorschriften.

Alle Entscheidungen des Reichs⸗Versicherungsamts sind endgültig, soweit in diesem Gesetz nicht ein Anderes be⸗ stimmt ist.

Das Reichs⸗Versicherungsamt ist befugt, jederzeit eine Prüfung der Geschäfrsführung der Versicherungsanstalten vor⸗ Die Mitglieder der Vorstände und sonstigen

rgane der Versicherungsanstalten sind auf Erfordern des Reichs⸗Versicherungsamts zur Vorlegung ihrer Bücher, Beläge, Werthpapiere und Geldbestände, sowie ihrer auf den Inhalt der Bücher und die Festsetzung der Renten ꝛc. bezüglichen Schriftstücke verpflichtet. Das Reichs⸗Versicherungsamt kann dieselben hierzu sowie zur Befolgung der gesetzlichen und

statutarischen Vorschriften durch Geldstrafen bis zu eintau end

Mark anhalten. 1

Das Reichs⸗Versicherungsamt entscheidet, unbeschadet der Rechte Dritter, über Streitigkeiten, welche sich auf die Rechte und Pflichten der Organe der Versicherungsanstalten, sowie der Mitglieder dieser Organe, auf die Auslegung der Sta⸗ tuten und, unbeschadet der Vorschrift des §. 35 Absatz 4, auf die Gültigkeit der vollzogenen Wahlen beziehen.