wie auf den Arbeiter Anwendung.
bei nicht kontraktlicher Leistung Seitens des Gegen⸗ es enten auf seine Gefahr sofort vom Vertrage zurück⸗ treten.
— Der Staatssekretär Dr. von Stephan begiebt sich in den nächsten Tagen zur Brunnenkur nach Bad Fusch.
— Der General⸗Lieutenant Graf von Roon, Kom⸗ mandant von Posen, bisher Inspecteur der 1. Landwehr⸗ Inspektion, ist behufs Abstattung persönlicher Meldungen hier eingetroffen.
— S. M. Kreuzer⸗Fregatte „Leipzig“ ist am 11. Juli cr. in Aden eingetroffen und beabsichtigt am 18. dess. Mts. wieder in die See zu gehen.
Württemberg. Stuttgart, 12. Juli. Dem St.⸗A. f. W.“ wird aus Friedrichshafen, unter dem 10. d. M. gemeldet: Heute hatten die Königlich preußischen Staats⸗ Minister von Boetticher und Dr. von Goßler, sowie der Königlich bayerische Gesandte in Berlin, Graf Lerchenfeld, die Ehre, von Sr. Königlichen Majestät empfangen und mit dem Präsidenten des Königlichen Staats⸗Ministeriums, Staats⸗Minister Dr. Freiherrn von Mittnacht, zur Tafel geladen zu werden.
Hessen. Darmstadt, 11. Juli. (Darmst. Ztg.) Der Erbgroßherzog ist gestern Abend zu einem Besuch des Prinzen und der Prinzessin Heinrich von Preußen nach Kiel abgereist.
Hamburg, 9. Juli. (Hann. C.) In der letzten Bürger⸗ schaftssitzung erörterte der Senatskommissar, Senator Dr. Mönckeberg, in eingehender Weise die künftige Finanz⸗ lage Hamburgs und wies darauf hin, daß das Jahr 1889 — nach dem Zollanschluß das erste Jahr — jeden⸗ falls mit einem Defizit von 2 ½ Millionen Mark, bei einer Einnahme von ca. 40 Millionen Mark, fähsc s.h werde. Die Bürgerschaft ließ sich dadurch nicht sehr einschüchtern und meinte, daß nach dem Zollanschluß dem Staat auch ganz erhebliche neue Einnahmequellen erwachsen würden, und daß, wenn schließlich sich einmal gegen alle Erwartung ein Defizit heraus⸗ stellen sollte, auch dieses ohne große Gewissensskrupel würde getragen werden können, da künstige Jahre . wieder Ueberschüsse bringen würden. Senator
r. Mönckeberg führte bei dieser Gelegenheit über die künftige Geschäftslage Hamburgs aus: Hamburg lebe schon seit langer Zeit in einem Uebergangsstadium, das weit älter sei als die Frage des Zollanschlusses. Schon seit einigen Jahrzenten bereite sich der sehr bedeutsame, aber finanziell mit vielen Schwierig⸗ keiten verbundene Uebergang aus den engen Verhältnissen einer mittelgroßen Handelsstadt, deren Verkehrseinrichtungen der Form nach altmodische und eingeengte, der älteren Zeit entsprechende gewesen, zu einer modernen Großstadt vor. Damit sei auch die ganz⸗ Finanzlage, seien auch die Bedürfnisse andere geworden. Während man 1861 noch mit einem Budget von
13 Millionen Mark rechnete, sei die Summe des Bedarfs im Jahre 18 8 auf 39 Millionen Mark gewachsen.
16 Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 10. Juli. (Prag. Abdbl.) Wie das ,Fremdenblatt“ vernimmt, ist das Wehrgesetz, welches dem Reichsrath bald nach seinem Wiederzusammen⸗ tritt vorgelegt werden soll, durch die beiderseitigen Ministerien festgestellt. Als wesentliche Neuerung desselben ist zunächst der Wegfall der Bestimmung über die Kriegsstärke der Armee, welche bisher auf 800 000 Mann bemessen wurde, S betrachten. Dagegen soll die Ziffer des jährlichen Rekrutenkantingents um mehr als 10 000 Mann erhöht werden. Die Assentirung soll sowohl für das stehende Heer als auch für die Ersatzreserve und die Landwehr erfolgen. Die Assentirten aller drei Kategorien werden zur Abrichtung einberufen, die Ersatzreservisten haben, wie Landwehrmänner, jährlich einer Waffenübung von drei Wochen beizuwohnen. Die Bestimmungen über die Einzährig⸗Freiwilligen haben ebenfalls mehrfache Aenderungen erfahren, welche geeignet sind, dem militärischen Bedürfniß besser zu entsprechen.
Großbritannien und Irland. London, 10. Juli. (A. C.) Der irische Ober⸗Sekretär Balfour hat an den liberal⸗unionistischen Verein Irlands, welcher vor Kurzem die
Politik der Regierung billigende Beschlüsse annahm, ein Schreiben gerichtet, worin das Gerücht: er beabsichtige, sein Amt niederzulegen, nochmals dementirt wird. Der Ober⸗ Sekretär verspricht zugleich, die industrielle Entwickelung auf alle mogsiche Weise zu fördern. Dies sei ein Gebiet, auf welchem sich ehrliche Gegner wohl die Hand zu gemeinsamer Wirksamkeit reichen könnten.
Frankreich. Paris, 11. Juli. (W. T. B.) Der Deputirte g hat darauf verzichtet, in der Kammer wegen der Beschlagnahme des vom Grafen von Paris an die Maires gerichteten Briefes eine Interpellation ein⸗ ubringen.
In der Budgetkommission erklärte der Finanz⸗Minister Peytral bezüglich des Kredits von 67 Millionen für die Befestigung der Häfen, daß er augenblicklich noch keine besondere Vorlage für diese Ausgabe machen könne, und schlug vor, dieselbe provisorisch auf die schwebende Schuld zu übertragen. Die Kommission beschloß, ihre Ansicht vorzu⸗ ehalten, bis die Regierung sich über den finanziellen Plan zur Herbeischaffung dieses neuen außerordentlichen Budgets sür die Marine schlüssig gemacht haben würde.
Italien. Rom, 11. Juli. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer wurde die von Bonacci (Linke) beantragte und von dem Minister⸗Präsidenten Crispi
cceptirte Tagesordnung, nach welcher die Kammer von
er Erklärung der Regierung über die Provinzial⸗ und Kommunal⸗Reform Kenntniß nimmt und zur Berathung der einzelnen Artikel der Vorlage übergeht, fast einstimmig
ngenommen.
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Schweiz. Solothurn, 11. Juli. Das Domkapitel wählte den bisherigen Regens des Priester⸗ Seminars in Luzern, Haas, zum Bischof von Basel.
Niiederlande. Haag, 11. Juli. (W. T. B.) Nach einem Telegramm des hiesigen „Dagblad“ aus Batavia ist in der Provinz Bantam ein Aufstand ausgebrochen; die plünderten Tjelegon und tödteten die euro⸗ päischen Einwohner sowie mehrere Häuptlinge der Eingebo⸗ enen. Von Batavia sind Truppen zur
81 ekämpfung der Aufständischen abgesendet worden.
der von beiden kann
.“ Juli. (W. T. B.) Ueber den in der Provinz
Bantam ausgebrochenen Aufstand wird amtlich weiter gemeldet, daß die Aufständischen sich nach der Plünderung von Tjelegon gegen Serang, den Hauptort von Bantam, wandten, aber etwa 12 km vor Serang auf eine Patrouille trafen. Bei dem Gefecht mit derselben wurden 9 der Auf⸗ ständischen getödtet. Die Garnison von Serang hat aus Batavia Verstärkungen erhalten. Die telegraphische Ver⸗ bindung ist unterbrochen.
Amerika. Washington, 10. Juli. (A. C.) In der heutigen Sitzung des Senats sprach Mr. Hoar gegen die Ratifikation des Fischereivertrags. — Das Repräsen⸗ tantenhaus hat die Zuckerposten in der Tarifvor⸗ lage des Mr. Mills nach dreitägiger Debatte unver⸗ ändert gelassen. Der Zoll auf Melassen von nicht über 56 Grad wurde auf 2 ༠Cents per Gallon festgesetzt. — Präsident Cleveland hat die Vorlage, betr. die Ein⸗ berufung einer internationalen Seekonferenz, gebilligt.
Mittel⸗Amerika. Mexiko. (A. C.) Nachrichten aus Mexiko über New⸗York, vom 10. Juli zufolge, sind im ganzen Lande die Wahlkollegien zur Wahl des Präsidenten der Republik und der Mitglieder des Kongresses zu⸗ sammengetreten. Bislang ist dem Präsidenten Diaz keine Opposition bereitet worden, und es wurden viele neue Kongreß⸗ mitglieder gewählt, welche, soweit deren politische Anschauungen bekannt, seine Anhänger sind. Hunderte von Personen haben den Präsidenten bereits zu seiner Wiedererwählung beglückwünscht, da dieselbe als sicher gilt.
Afrika. Pietermaritzburg, 10. Juli. (R. B.) Ab⸗ gesandte Dinizulu's an Sir Arthur Havelock, den Gouverneur von Natal, sind hier angekommen. Die Lage in Zululand hat sich nicht verändert. Es wurden Vor⸗ kehrungen getroffen, um Truppen zum Entsatz des Richters im Distrikt Nkandhla, Mr. Pretorius, zu entsenden.
Der am 10. d. in Liverpool angekommene Postdampfer „Teneriffe“ überbringt die Nachricht, daß von Lagos eine Expedition, bestehend aus Houssa⸗Soldaten unter dem Befehl des Hauptmanns Power, zur Unterdrückung von Unruhen im Distrikt der Goldküste entsandt wurde. Dieser Distrikt ist unmittelbar hinter Accra gelegen und also nicht weit vom Aschanti⸗Lande entfernt.
8 Zeitungsstimmen.
Der „Hannoversche Courier“ schreibt:
8 Es war unseres unvergeßlichen Kaisers Wilhelm I. Herzens⸗
wunsch, das von ihm begonnene segensreiche Werk der Sozial⸗ reform durch die Einführung der Alters⸗ und Invalidenversicherung für die Arbeiter noch bei seinen Lebzeiten gekrönt und vollendet zu sehen. Den Grundsätzen der hohenzollernschen Herrscher getreu, be⸗ trachtete er eine umfassende Fürsorge für das Wohl der arbeitenden Klassen, der wirthschaftlich Schwachen, für seine heilige Königspelicht und erwartete von der Durchführung des in diesem Sinn in Angriff ge⸗ nommenen und allerSchwierigkeiten ungeachtet glücklich fortgesetzten Werks eine Ausgleichung und Versöhnung der erbitterten Gegensätze, die den inneren Frieden seines Volks bedrohten und untergruben. Und wenn es auch heutzutage noch zu früh ist, die Wirkung der sozialen Gesetz⸗ gebung sowohl in wirthschaftlicher wie in moralischer und politischer aegegas richtig abzuschätzen, so darf man doch schon heute sagen, daß die beiden ersten großen, vielfach angefochtenen und gering ge⸗ schätzten Stadien der Sozialreform, das Krankenkassengesetz und das Unfallversicherungsgesetz, sich überraschend schnell eingelebt, auch unter den früheren Gegnern zahlreiche Freunde erlangt und ihre segensreichen Wirkungen überall fühlbar gemacht haben.
Am bezeichnendsten dafür ist, daß die deutsche Sozialgesetzgebung anderen Staaten zum Vorbild diente oder ihnen doch wenigstens werthvolle Anregung gab, einer fruchtbareren Behandlung des sozialen Prohblems näher zu treten. Aber nicht minder beachtenswerth ist es auch, daß man anderwärts zumeist über die ersten Anläufe nicht hin⸗ ausgekommen ist, während in Deutschland in verhältnißmäßig eurzer Zeit die ersten beiden großen Gesetze fertiggestellt worden sind und ohne Zeitverlust auch an die Lösung der schwierigsten Aufgabe, die staatliche Alters⸗ und Invalidenversicherung, herangetreten wurde. Es ist dies unstreitig ein Verdienst Kaiser Wilhelm's I, der diese soziale Gesetzgebung als eine Hauptaufgabe seines Lebens betrachtete und deshalb darauf drängte, daß dieselbe rüstig weiterbetrieben und zum Abschluß gebracht würde. So wurden denn auch nach mancherlei Vorarbeiten und nachdem schon im Frühling des vorigen Jahres im Reichstage eine Vorlage des betreffenden Gesetzentwurfs für die nächste Tagung durch den Staatssekretär des Innern mit Bestimmtheit an⸗ gekündigt war, im vorigen Jahre die im Reichsamt des Innern aus⸗ gearbeiteten Grundzüge für die Alters⸗ und Invaliditätsgesetzgebung veröffentlicht.
Durch diese sehr verdienstvolle Arbeit wurden vor Allem die⸗ jenigen Gegner der Sozialreform, welche den Gedanken einer allgemeinen Alters⸗ und Invalidenversicherung höchstens für ein Erzeugniß der aus⸗ schweifenden Einbildungskraft, für ein nicht einlösbares Versprechen er⸗ klärt hatten, vom Gegentheil überführt und ihnen der unumstößliche Beweis geliefert, daß innerhalb gewisser Grenzen der Gedanke sehr wohl zu verwirklichen sei, und daß dazu keineswegs jene unabsehbaren Sum⸗ men erfordert würden, die nach der Behauptung jener Gegner für eine solche Einrichtung nöthig wären. Kurz, die Grundzüge zeigten in dankenswerther Weise die Ausführung der Idee, und damit war ein sicherer Boden für eine fruchtbare Weiterarbeit geschaffen. Aber trotz der im Allgemeinen beifälligen Aufnahme, welche die Grundzüge wenigstens in allen der Sozialreform freundlich gesinnten Kreisen fanden, folgte doch bald eine Fluth von Kritiken und Verbesserungs⸗ vorschlägen, deren Prüfung der zur weiteren Berathung der An⸗ gelegenheit eingesetzte Ausschuß des Bundesraths sich nicht entziehen konnte, jedenfalls aber verlangte das großartig geplante, aber wegen seiner Neuheit und Ausdehnung an Schwierigkeiten reiche Wert die sorgfältigsten und eingehendsten Untersuchungen und Ueber⸗ legungen. So kam es, daß in der letzren Tagung des Reichstages das Versprechen wegen Vorlegung des auf die 1“ bezüglichen Gesetzentwurfs sich nicht erfüllen ließ, und daß Kaiser Wilhelm I. die Augen schloß und zur ewigen Ruhe einging, ohne den Abschluß des von ihm begonnenen großen Werks gesehen zu haben; aber er konnte scheiden in der Ueberzeugung, daß dasselbe seiner Voll⸗ endung entgegengehe und in seinem Geiste durchgeführt werden würde. Als ein heiliges Vermächtniß ging die Lösung dieser großen Aufgabe an seinen Nachfolger über; wäͤhrend der kurzen Regierungszeit seines herrlichen Sohnes ruhten die Arbeiten an demselben nicht, und der jugendliche Enkel, der durch das schwere Geschick seines Vaters un⸗ erwartet früh zum Throne berufen ward, hat sich mit aller Bestimmt⸗ heit auch zu dem sozialpolitischen Programm seines Ahns bekannt und sich ausdruͤcklich auf jene Kaiserliche Botschaft Wilhelm's I. berufen, in welcher die Ferferehg der sozialen Reform als die dringendste Auf⸗ gabe für den Herrscher und die Vertreter des Volks bezeichnet wird. Es ist selbstverständlich, daß die Berufung auf jene Kaiserliche Botschaft keinen anderen Sinn haben kann, und rf alle anderweitigen Deutungen, als den Kern der Sache nicht treffend, zurückgewiesen werden müssen. Unter solchen Umständen darf es als ein glück⸗ verheißendes Zeichen betrachtet werden, daß gleich in den ersten Tagen der Regierung Wilhelm's II. der Gesetzentwurf für eine Alters⸗ und Invalidenversicherung, wie er nach langer und mühevoller Arbeit von
dem Ausschuß des Bundesraths festgestellt worden ist, an die Oeffent⸗ 4
lichkeit tritt.
Damit ist ein neuer und entscheidender Schritt auf dem natur⸗ gemäß langwierigen Wege dieses Gesetzgebungswerks gethan. Nicht mehr in „Grundzügen“, sondern in der C“ liegt das Projekt jetzt vor, und es kann kaum zweifelhaft sein, daß auch der Bundesrath ohne erhebliche Aenderungen den Entwurf sich ihn wesentlich in der bei seiner nächsten Tagung vorlegen wird. Bis dahin liegt der Entwurf der öffentlichen Kritik, der Beurtheilung aller Sachverständigen und Betheiligten vor; es ist, wie billig bei
einem so einschneidenden Gesetzgebungswerk, der öffentlichen Meinung Zeit genug gegeben, ihre Stimme geltend zu machen, Verbesserungs⸗
vorschläge anzubringen und sich über die grundlegenden Gedanken und die Einzelheiten des Entwurfs aufzuklären.
Mit den „Grundzügen“ verglichen, weist der vorliegende Entwurf große Veränderungen und unleugbare Verbesserungen auf. Wir werden diesen noch spezieller unsere Aufmerksamkeit zuwenden; der aufmerksame Leser des neuen Entwurfs wird aber gewiß erkennen, daß namentlich in der präziseren Fassung und der Ergänzung gewisser Einzelbestimmungen ein nicht geringes Verdienst der vorliegenden Arbeit liegt. Die wichtigste Abänderung, welche die Grundzüge gefunden haben, bezieht sich be⸗ kanntlich auf die Frage der Organisation. Während nach den Grund⸗ zügen die Berufsgenossenschaften die Träger der Versicherung waren, sollen jetzt an Stelle der Berufsgenossenschaften kommunale oder landschaftliche Verbände treten. Damit wird vielen von sachkundiger Seite geäußerten Wünschen entsprochen, eine fernere Belastung der Berufsgenossenschaften, ohne deren weitere Entwickelung zu hemmen, vermieden, die Organisation wesentlich vereinfacht und die Einbeziehung aller nicht der Unfallversicherungspflicht unterworfenen Arbeiter in das System der Altersversicherung erleichtert. Wir wenigstens sind geneigt, in dieser grundlegenden Veränderung eine entschiedene Verbesserung zu erblicken. In den übrigen grundlegenden Bestim⸗ mungen schließt sich der Entwurf den ursprünglichen Grundzügen an, wenn auch, wie gesagt, im Einzelnen viele neue beachtenswerthe Be⸗ stimmungen getroffen sind. Im Ganzen genommen erscheint auch dieser Entwurf als ein tüchtig Stück Arbeit und berechtigt zu der Hoffnung, daß er das Werk der Einigung und Verständigung über diese schwierige Materie fördern werde; daß aber eine solche bei aller Gründlichkeit der Berathung recht bald erzielt werde und das große Werk zum glücklichen Abschluß gelange, das wünschen und hoffen Alee 8* das Andenken des gulen und großen Kaisers Wilhelm
ochhalten.
— In einem Artikel der „Kölnischen Zeitung“ über die ostastatischen Handelsgebiete heißt es:
Was die Betheiligung des deutschen Handels in den südchinesischen Handelsgebieten angeht, so verhält sich dieselbe etwa gleichbedeutend wie im Norden. Für das gesammte chinesische Reich ergiebt sich ein werthvoller Anhalt nur, wenn man die deutschen Handelsfirmen daselbst ins Auge faßt. Die Gesammtzahl der europäischen und amerikanischen Firmen in den Vertragshäfen beträgt 421 mit 7695 europäischen Angestellteu. Die Deutschen stehen dabei an zweiter Stelle, und zwar beträgt die Zahl der deutschen Firmen 57 mit 629 deutschen Kaufleuten. Die Ausdehnung ihrer Handelsverbindungen jedoch kann nur dann richtig beurtheilt werden, wenn man ermißt, daß die bei weitem größte Anzahl dieser Häuser an mindestens zwei Plätzen, nämlich Hongkong und Shanghai, meist aber in noch mehr Vertragshäfen Niederlassungen unterhält.
Eine ganze Reihe deutscher Häuser ist den größten englischen und amerikanischen vollkommen ebenbürtig, theilweise sogar überlegen. Der deutsche Handel hat die Ausbreitung seiner Erzeugnisse vornehm⸗ lich der Thätigkeit dieser Häuser zu danken. Auf der anderen Seite beweist die fortwährend wachsende Ausdehnung der Geschäftsbeziehungen der deutschen Firmen, die Neuanlage von Tochtergeschäften oder die Ernennung von Agenten in den anderen Vertragshäfen, daß die deutsche Waare Fuß gefaßt hat und in vielen Beziehungen der englischen Einfuhr einen höchst gefährlichen Wettbewerb macht. Zu diesen deutschen Handelsfirmen kommen dann als Vertreter der deutschen Industrie die hauptsächlich in Tientsin beim Vize⸗König Li Hung Chang sich aufhaltenden Vertreter großer deutscher Häuser, deren Thätigkeit sich auf den Verkehr mit der chinesischen Regierung erstreckt, so von Krupp in Essen, Gruson in Magdeburg, dem Vulkan in Stettin und anderer mehr.
Wir haben endli:, um einen Einblick in die wahrscheinliche Weiterentwickelung des chinesischen Einfuhrhandels zu gewinnen, einige allgemeine Punkte zu berühren, welche für Deutschland von erheblicher Wichtigkeit sind. Dahin gehört zunächst die Weiterbildung der Regierungsströmung, welche für europäische Kultur sich geneigt zeigt, die Regierungslieferungen überhaupt. Es ist zu beachten, daß gerade auf diesem Gebiete der Kampf der Nationen ein besonders hitziger ist, daß alle Mittel Seitens unserer Wettbewerber angewandt werden, um Deutschland aus dem Sattel zu heben oder gar nicht hinein zu lassen. In der Lieferung für Kriegsmaterial für Armee und Marine hat Deutschland bisher den Vorrang behauptet. Ebenso ist die Pulverfabrik in der Nähe von Tientsin durch Deutsche erbaut worden. Dagegen ist die Be⸗
festigung von Port Arthur, nachdem die gesammten Pläne dazu von
Deutschen hergestellt, auch bereits ein Vertrag wegen der Ausführung Chssgqlgen war, später einer französischen Gesellschaft übertragen worden.
Bei der Ausführung der Regierungs⸗Telegraphen ist Deutschland nicht betheiligt gewesen. Was den Eisenbahnbau angeht, welcher längere Zeit hindurch und noch jetzt Hoffnungen erweckt hat, so ist von vornherein zu bemerken, daß es sich in keinem Falle um die An⸗ legung großer Schienenstrecken oder gar, wie neuerdings behauptet wurde, um eine Verbindung des Nordens mit dem Süden handeln kann. Die bisher bestehende sogenannte Bahn ist eine Art Dampfstraßenbahn von einigen englischen Meilen Länge. Sollte überhaupt ein Eisenbahn⸗ bau sich verwirklichen, so wird es sich lediglich um eine strategische Bahn handeln, welche Tientsin, Peking und Paotingfoo im Dreieck miteinander verbindet. Bei Tientsin und Paotingfoo befinden sich nämlich die Lager der europäisch disziplinirten Armee des Vize⸗Königs Li Hung Chang. Der Anlegung größerer Bahnstrecken stehen, wie dies ja nicht unbekannt, aber gewöhnlich unterschätzt wird, die gewich⸗ tigsten Bedenken entgegen. Dies ist einmal nach der technischen Seite hin das außerordentlich verzweigte Kanalnetz, nach der ethischen Seite der durch keine Nützlichkeitsrücksicht zu besiegende Widerstand der Chinesen gegen die Aufgabe ihrer Gräber, welche das ganze Land be⸗ decken, endlich nach der politischen Seite der Widerstand der Manda⸗ rinen, welche aus den Kanalzöllen bedeutende Einnahmen schöpfen. Im Allgemeinen darf behauptet werden, daß die deutschen industriellen Ver⸗ treter in Tientsin zu geringe Vollmachten haben, um gegen die andern Nationen erfolgreich aufzutreten, und 8 für deutsche Privatthätigkeit zu wenig deutsche Kapitalien in China selbst in Folge des Mangels einer deutschen Bank vorhanden sind. Nach beiden Richtungen hin muß unbedingt eine Abhülfe geschaffen werden. Des weitern möchten wir die Bestrebungen, in den Vertragshäfen selbst Industrien herzustellen, welche das im Lande befindliche Rohmaterial verarbeiten, wenigstens erwähnen. Fabriken sind geschaffen worden in Shanghai, nämlich eine größere Baumwollen⸗ spinnerei und eine Papierfabrik. Beide sind wieder einge⸗
angen, da die erwartete Billigkeit der Löhne ausgeblieben ist. Der chinesische Kuli arbeitet für den Europäer unter keinen Umständen zu dem gewöhnlichen billigen Lohnsatze. Ferner ist eine mechanische Seidenspinnerei, und zwar Seitens einer deutschen Ge⸗ sellschaft in der Nähe von Tschifoo eingerichtet; dieselbe hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die sogenannte Tussaseide (Seide des Eichen⸗ spinners), welche in der Provinz Petschili in großen Mengen gezogen, aber durch die Hinschleppung durch unzählige Märkte sehr vertheuert wurde, an Ort und Stelle aufzukaufen und zu verarbeiten. Es wurden der Fabrik jedoch Seitens der Chinesen so viele Schwierigkeiten in den Weg gelegt, daß dieselbe endlich Ende 1886 an die Chinesen selbst verkauft wurde.
Form eines völlig aus
urf zu eigen machen und gegenwärtigen Form dem Reichstage⸗
Wir möchten endlich die Forderungen, welche sich für den deutschen Handel nach China ergeben, dahin zusammenfassen, daß zu allererst die alten Klagen über mangelhafte Verpackung und Auf⸗ machung, mangelhaftes Maß und Gewicht auf das sorgfältigste be⸗ rücksichtigt werden, daß ferner der Anfuhrhändler sich ganz genau an die Bestellungen seiner Abnehmer hält, und in keiner Weise die ein⸗ mal eingeführte Waare durch andere, sei dieselbe auch mehrwerthig,
setzen sucht. Es würde sicch endlich sicherlich empfehlen, wenn
„ leistungsfähige Fabriken oder aber ganze Industriebezirke ihre
digen Vertreter und Musterlager wenigstens in Hongkong und Shanghai dauernd unterhielten, um in der Schnelligkeit der Markt⸗ füllung den Wettbewerb mit den anderen Nationen aufnehmen zu
können.
Statistische Nachrichten.
Ueber die Bestrafungen des Bettels und der Landstreicherei im Jahre 1887 im Großherzogthum Baden giebt die Nr. 2 des VI Bandes der Statistischen Mitthei⸗ lungen über das Großherzogthum Baden folgenden Aufschluß: Die Bestrafungen haben gegen das Vorjahr der Zahl nach eine geringe Abnahme erfahren, während im Jahre 1886 eine Zunahme, in den weiter vorhergehenden Jahren gleichfalls und zwar erhebliche Ab⸗ nahmen stattgefunden hatten. Den 6311 Bestrafungen im Jahre 1887 stehen nämlich 12 015 im Jahre 1882, 9890 im Jahre 1883, 6952 im Jahre 1884, 5735 im Jahre 1885 und 6464 im Jahre 1886 gegenüber. Da die im Jahre 1887 eingetretene Abnahme der Straffälle nur gering ist (sie beträgt 163 oder 2,5 %), so lassen sich bestimmte Schlüsse auf Veränderungen in den allgemeinen wirthschaftlichen ugg⸗ Frwerbsverhältnissen oder in der Handhabung der gegen den Bettel un ere Landstreicherei vom Staat, von den Gemeinden und von Vereinen getroffenen Anordnungen und Einrichtungen nicht wohl ziehen. Nach dem Geschlecht betrafen die Bestrafungen in 5749 Fällen (91,1 %) Männer, in 562 Fällen Frauen (8,9 %), während im Jahre 1886 die Frauen 7,8 %, im Jahre 1885 8,9 %, im Jahre 1884 ,9,5 % ausmachten. Das Ueberwiegen der Männer findet in allen Kreisen statt; der An⸗ theil der Frauen bewegte sich in denselben zwischen 4,5 und 14,2 %; verhältnißmäßig am stärksten waren dieselben in den Kreisen Baden (14,2), Mosbach (12,3), Karlsruhe (10,7) und Mannheim (10,5) ver⸗ treten, am schwächsten in Lörrach (4,5), Villingen (5,9) und Konstanz (53,4). Nach der Jahreszeit fielen, wie in den Vorjahren, die meisten Bestrafungen in den Winter, die wenigsten in den Sommer. Dem Geburtsland nach trafen die Bestrafungen 2468 Badener, 923 Preußen, 909 Bayern, 847 Württemberger, 246 Hessen, 129 Elsaß⸗Lothringer, 264 sonstige Reichsangehörige, 177 Schweizer, 197 Oesterreich⸗Ungarn und 151 sonstige Ausländer, somit nur zu einem starken Drittel (39,1 %) Inländer (gleichfalls wie zuvor), zu fast zwei Dritteln Ausländer und zwar vornehmlich Angehörige der östlichen Nachbarländer (zu denen wegen Hohenzollern auch Preußen gehört). Was das Alter der Bestraften betrifft, so nehmen dieselben im Ganzen, abgesehen von den unter 20 jährigen, mit dem Alter an Zahl ab, und zwar nach der absoluten, wie nach der relativen Zahl, d. h. nach dem Verhältniß zu der Zahl der gleichaltrigen Bevölkerung.
in Prozent zu⸗ der gleich⸗ Männer Frauen sammen alterigen “ Einwohner 9 13 0,002 790 . 862 0,46 846 94 940 0,72 675 727 0,65 959 2 0,53 829 921 0,50 369 47 416 0,32 180 3 0,24 43 0,12 1 “ 1 11u“ , Familienstand waren (in ähnlichem Verhältniß wie in den Vorjahren) von den bestraften Männern 4153 (88,4 %) ledig, 339 (1,2 %) verheirathet, 198 (4,2 %) verwittwet, 8 (0,2 %) geschieden; von den Frauen 312 ledig (63,2 %), 125 verheirathet (25,3 %), 53 verwittwet (10,7 %), 4 geschieden (0,8 %). Dem Berufs⸗ und Erwerbsstande nach gehörten die bestraften Bettler und Stromer, gleichfalls wie zuvor, überwiegend dem Gewerbestande an. Die folgende Uebersicht (F) giebt eine bezügliche Darstellung, unter Angabe der Verheiratheten und Verheirathetgewesenen. Tie einzelnen Gewerbsarten sind angegeben, sofern die Zahl der betreffenden Personen mehr als 5 beträgt; die weniger vertretenen Gewerbsarten sind als sonstige Gewerbetreibende zusammengefaßt. Am zahlreichsten sind unter den Männern die Tag⸗ löhner vertreten (598, mit landwirthsch. Taglöhnern 735), sodann folgen mit mehr als 100 die Bäcker (288), Schuhmacher (278), Maurer und Steinhauer (241), Schneider (194), Schlosser (193), Schreiner (135), Metzger (134), Maler und Anstreicher (122), Kauf⸗ leute und Händler (119), Weber und Tuchmacher (113), Müller (108), ferner Knechte (175). Beim weiblichen Geschlecht erscheinen mit mehr als 100 die Taalöhnerinnen (123, einschl. landw. 156), die Dienstboten (121), und die Personen ohne Beruf (100), sodann mit mehr als 10 noch Fabrikarbeiterinnen (36), Kellnerinnen (21), Näherinnen (13), Händlerinnen (12).
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
„Von den „Meisterwerken der Holzschneidekunst“ (Leipzig, J. J. Weber'’s Verlagsbuchhandlung) liegen uns des
X. Bandes 3. bis 7. Lieferung (der ganzen Serie 111. bis 115. Liefe⸗
rung, vr je 1 ℳ) vor. Auch diese Hefte bieten eine Fülle vortreff⸗ licher Holzschnittreproduktionen, theils nach Gemälden oder Statuen, theils nach Original⸗Zeichnungen. Sämmtliche Blätter, welche vor⸗ her in der „Illustrirten Zeitung“ erschienen sind, zeigen eine hohe Vollendung der xylographischen Wiedergabe.
— Reisenden, welche ihre Schritte nach dem Thüringer Walde lenken, wird es willkommen sein, zu hören, daß von dem bewährten Meyer'schen „Wegweiser durch Thüringen“ (Verlag des Bibliographischen Instituts in Leipzig, roth kartonirt 2 ℳ) soeben eine neue, die neunte Auflage erschienen ist, in der wir den text⸗ lichen wie den kartographischen Theil wiederum gründlich durchgesehen und wesentlich verbessert finden; ersteren unter Mitwirkung des Thüringerwald⸗Vereins, der das Buch zu seinem „Vereinsbuch“ cr⸗ koren hat, letzteren namentlich durch Hinzufügung einer Karte des oberen Schwarzathals, Erweiterung vorhandener Karten und Beigabe mehrerer neuer Stadtpläne. In der neuen Auflage ist auch dem durch die neuen Eisenbahnlinien erschlossenen östlichen und südwestlichen Theil des Thüringer Waldes eingehendere Würdigung zu theil geworden.
— Die am 14. Juni d. J. erscheinende Nr. 2350 der „Illustrirten Zeitung“ enthält u. A. folgende Abbildungen: Erste Rose. Originalzeichnung von F. Lpps. — Die neue Eisenbahn nach Salonik. 8 Abbildungen. — Kaiser Franz Joseph in der Jubiläums⸗Gewerbeausstellung zu Wien. — Ernst Ludwig Herrfurth, der neue preußische Minister des Innern. — Die Reise des Kron⸗ prinzen und der Kronprinzessin von Oesterreich⸗Ungarn in das Okku⸗ pationsgebiet. 2 Abbildungen. — Aus der Internationalen Jubiläums⸗ Kunstausstellung in München: Eine Vision im Kolosseum. Gemälde von Joss Benliure. (Zweiseitig.) — Prof. Dr. Emil Naumann, † am 23. Juni. — Das Fünf⸗Centimes⸗Stück des Congostaats. — Frauenzeitung: Erzherzogin Margarethe Sophie von Oesterreich als Aebtissin des K. K. adeligen Damenstiftes am Hradschin zu Prag. —— Stoll u, Bader's Antiquariat und Buchhandlung in Freiburgi. Baden versendet eea seinen Katalog Nr. 61: Ausländische Literatur: Englisch, Französisch, Italienisch, Holländisch, Dänisch, Isländisch, Spanisch, Portugiesisch, mit einem
nhang, enthaltend eine Auswahl von Werken aus verschiedenen Fäücen chaften in tadelloser Beschaffenheit und in meist sehr schönen
Nachtrag zu den „Mittheilungen über den gegenwärtigen Stand der Saaten in der preußischen Monarchie“. Provinz Ostpreußen.
Reg.⸗Bez. Königsberg: Der Weizen steht fast durchweg dicht und kräftig und verspricht eine gute Mittelernte. Der Roggen ist im Halme kurz geblieben, der Strohertrag wird daher voraussichtlich nur ein mäßiger sein, dagegen kann auf einen guten Körnerertrag gerechnet werden, da während der Blüthe⸗ zeit günstiges Wetter vorherrschte. Der Rübsen ist in der Staude gleichfalls niedrig, zeigt jedoch guten Schotenansatz. Das Sommergetreide war anfänglich in Folge der andauernden kalten Witterung in der Entwickelung zurückgeblieben; das von Regenfällen begleitete wärmere Wetter der letzten Wochen hat dasselbe jedoch im Wachsthum erheblich gefördert. Vom Klee ist eine befriedigende, von den Wiesen aber kaum eine Mittelernte zu erwarten. Die Viehweiden sind verhältniß⸗ mäßig gut bestanden und gewähren den Thieren ausreichende Nahrung.
Reg. Bez. Gumbinnen: Wenn die Wintersaaten auch in Folge des verhältnißmäßig spät eingetretenen, stellenweise kalten Frühjahrs in Ansehung des zu erwartenden Stroh⸗ ertrags in ihrem Ernteergebniß einigermaßen hinter denen der Vorjahre zurückstehen werden, so muß doch andererseits be⸗ tont werden, daß der Körneransatz allenthalben recht befriedigt. Es kann daher, falls nicht ungünstige Witterungsverhältnisse während der Ernte, oder sonstige, unvorherzusehende Zufälle eintreten, in diesem Jahre mit ziem⸗ licher Sicherheit auf eine annähernde Mittelernte gerechnet werden. Das Gleichegilt rvon den Sommerfrüchten, die trotz der in diesem Jahre ziemlich spät erfolgten Bestellung gegenwärtig leidlich kräftig entwickelt sind, und namentlich in letzter Zeit durch warme Regengüsse in ihrem Wachsthum erheblich gefördert worden sind. Der Stand der Kartoffeen ist bisher ein absolut günstiger. Die Entwickelung des Klees und der übrigen Futterkräuter ist in Folge des späten und kalten Frühjahrs einigermaßen hinter den allgemeinen Erwartungen zurückgeblieben, und es ist ebenso der erste Schnitt der Wiesen verhältnißmäßig wenig ergiebig gewesen; es scheint, als ob der Entwickelung der Grasnarbe stellenweise die nöthige Wärme gefehlt habe. Da⸗ gegen verspricht der zweite Schnitt der Wiesen und Futter⸗ kräuter einen reicheren Ertrag.
Provinz Pommern.
Reg.⸗Bez. Köslin: Der Roggen hat fast überall, nament⸗ lich aber auf schwerem Boden, sehr stark gelitten. Ver⸗ schiedene der angesäeten Flächen haben, weil zu wenig Pflanzen übrig geblieben waren, sogar umgeackert und mit Sommerkorn bestellt werden müssen. Die Blüthe des Roggens hat sich Dank der in den letzten Wochen eingetretenen günstigen Witterung recht gut vollzogen und berechtigt zu der Hoffnung, daß der Körnerertrag doch noch ein verhältnißmäßig befrie⸗ digender sein wird. Der Strohertrag wird dagegen kaum die Hälfte einer Durchschnittsernte erreichen. Der Weizen hat die Unbilden des harten Winters fast überall ohne besonderen Nachtheil überstanden und auch der unfruchtbaren Frühjahrs⸗ witterung Trotz geboten. Der Stand desselben kann im All⸗ gemeinen als günstig bezeichnet werden und läßt eine gute Durchschnittsernte erhoffen. Rübsen und Raps sind namentlich im Schlawer und Stolper Kreise durch Auswinterung fast gänzlich zu Grunde gegangen und haben umgeackert werden müssen. Das Sommergetreide, mit dessen Bestellung erst spät hat vorgegangen werden können, hat die schlechte Frühjahrs⸗ witterung wider Erwarten gut überstanden. Dasselbe ist zwar in der Entwickelung hinter der Jahreszeit zurückgeblieben, kann aber unter den jetzt günstigen Witterungsverhältnissen das Versäumte sehr gut nachholen und verspricht, nach dem gegen⸗ wärtigen Stande zu urtheilen, eine gute Mittelernte. Der Klee steht fast durcqhweg gut und wird eine reichliche Ernte liefern. Die Wiesen, von denen namentlich die tiefer gelegenen durch das ungünstige Wetter ziemlich mit⸗ genommen worden sind, haben sich bei der günstigen Witte⸗ rung der letzten Wochen sehr erholt. Die Heuernte, mit der bereits begonnen ist, wird daher im Vorschnitt zum Theil noch befriedigen. Kartoffeln sind gleichmäßig und kräftig auf⸗ gegangen und schreiten gegenwärtig höchst erfreulich vor. So⸗ weit sich über den zu erwartenden Ertrag schon jetzt urtheilen läßt, muß dies in günstiger, hoffnungsvoller Weise geschehen. Die Obstblüthen haben durch Nachtfröste mehrfach gelitten, so daß hier die Aussichten bezüglich der Eente als ungünstige zu
bezeichnen sind. Provinz Schlesien.
Reg.⸗Bez. Breslau: Durch die anhaltende große Dürre im Frühjahr sind die Sommersaaten in ihrer Entwickelung stellenweise sehr zurückgeblieben, haben sich aber durch das seit einigen Wochen andauernde fruchtbare Wetter rasch wieder er⸗ holt und stehen zur Zeit im Allgemeinen mittelmäßig. Roggen, der schon wegen Mangel an Wärme nicht gut in den Winter gekommen ist, hat durch die andauernde und strenge Kälte des letzteren, wie auch durch den Nachwinter im April überall stark gelitten, so daß eine Mittelernte, namentlich in Stroh, fast nirgends zu erwarten ist. Raps ist ebenfalls durch die ungünstigen Witterungseinflüsse, sowie durch den in einzelnen Kreisen massenhaft auftretenden Glanzkäfer stark beschädigt, und steht durchweg wenig genügend und ungenügend. Ver⸗ hältnißmäßig gut aus dem Winter gekommen ist der Weizen, welcher auch nach seinem gegenwärtigen Stand zu den schönsten Hoffnungen berechtigt und im Allgemeinen eine gute Mittelernte verspricht. Die Hackfrüchte stehen, je nach der Qualität des Bodens und der Sorgfältigkeit der Bestellung, sehr verschieden, in den meisten Fällen jedoch nicht unbe⸗ friedigend, stellenweise sogar vorzüglich. Die Rüben haben durch Drahtwürmer und Wurzelbrand gelitten. Die Heuernte hat sich wegen der unbeständigen Witterung in letzter Zeit etwas verzögert, die Qualität des Heues hat jedoch nicht gelitten. Hafer und Gerste stehen mittelmäßig, Hülsenfrüchte und Flachs gut. Die Obsternte verspricht nur eine seht mäßige zu werden, der Fruchtansatz namentlich bei Aepfeln und Pflaumen war gering, und die Bäume haben durch Raupenfraß gelitten.
Rheinprovinz.
Reg.⸗Bez. Koblenz: Das Wintergetreide blieb wegen der rauhen und trockenen Witterung im Frühjahr durchgängig dünn und unbestockt, und konnte bei den später in reichlichem Maße eingetretenen Niederschlägen nur noch der Weizen sich einigermaßen erholen. Roggen wird an Körnerertrag im Allgemeinen, und abgesehen von einigen besseren Bodenlagen voraussichtlich ½ Ernte nicht übersteigen, Weizen dagegen etwas
über ½ bis ⅛¼ Ernte liefern. Der Strohertrag für beide Frucht⸗ gattungen wird jedenfalls unter einer Mittelernte erheblich zurückbleiben. Gerste und Hafer, welche durch die Trockenheit ebenfalls litten, haben sich gut erholt und versprechen durch⸗ gängig eine bessere Ernte. Der erste Klee⸗ und Gras⸗ schnitt fiel spärlich aus. Dementsprechend ist auch die Heuernte, welche zudem durch die anhaltenden Regengüsse der letzten Zeit recht nachtheilig beeinflußt wird, eine sehr geringe. Knollen⸗ und sonstige Futtergewächse stehen durchgängig gut; auch läßt der gute Stand der Kartoffeln eine volle Ernte erwarten. Steinobst und Birnen werden durchgängig einen mittleren Ertrag liefern, Apfelbäume zeigen dagegen nur spärlichen Fruchtansatz. Der augenblickliche Stand der Weinberge berechtigt zu guten Hoffnungen.
Für den Umfang der Monarchie ergiebt sich sonach fol⸗ gendes Bild:
Der Stand des Getreides kann im Ganzen als befrie⸗ digend nicht bezeichnet werden. Der Roggen läßt meistens nur einen geringen Körnerertrag und allgemein nur einen mäßigen Strohertrag erwarten. Durch die rauhe und trockene Witterung im Frühjahre ist die Wintersaat sehr zurückgeblieben, in den Ueber⸗ schwemmungsgebieten, namentlich in der Provinz Westpreußen und dem Reg.⸗Bez. Frankfurt a. O., ist dieselbe großentheils ausgewässert, mindestens nicht unerheblich geschädigt worden. Der Weizen zeigt durchschnittlich einen befriedigenderen Stand; doch hat die Sommerung erst spät gesäet werden können und ist dieselbe in Folge ungünstiger Witterungsverhältnisse vielfach in der Entwickelung zurück⸗ geblieben. Gerste und Hafer stehen leidlich, in einigen Bezirken, z. B. Stralsund und Stettin, ist eine günstige Entwickelung derselben zu beobachten. Der erste Heuschnitt war meistens nur gering, die Entwickelung des Klees und der übrigen Futterkräuter ist hinter den allgemeinen Erwartungen zurückgeblieben. Die Oelfrüchte haben viel⸗ fach umgeackert werden müssen und wird sich der Erdrusch im Allgemeinen unter Mittel bewegen. Die Aussichten für die Rüben und die Kartoffeln erscheinen bis jetzt nicht un⸗ günstig.
— Ueber den Ernteausfall im Großherzogthum Baden im Jahre 1887 giebt Nr. 1 des 11. Bandes der „Statistischen Mit⸗ theilungen über das Großherzogthum Baden“ folgende Auskunft: Mit Ausnahme des Heues, mehrerer Getreidearten, des Rapses und der Kartoffeln standen sämmtliche Erntegewächse auf der vierten bis siebenten Stufe des Erntewerths oder der Ausfallsgüte; die Ge⸗ sammternte ist deshalb trotz der den Durchschnitt erheblich über⸗ steigenden Getreideernte, des ziemlich guten Ertrags der Kartoffeln und des guten Ergebnisses der Heuernte nur als Durch⸗ schnittsernte zu bezeichnen. Wie im vorhergehenden Jahre hat auch im Jahre 1887 die Qualität des Weins den Duvrch⸗ schnitt früherer Jahre übertroffen; dagegen blieb das quantitative Erträgniß noch hinter dem ungünstigen Erträgniß des vorhergehenden Jahres zurück und muß ebenso wie die Obsternte als ziemlich schlecht bezeichnet werden. Die näheren Werthziffern der hauptsächlichen Kultur⸗ und Ertragsarten (in den 9 Werthstufen mit Dezimalbruch ausgedrückt) stellen sich unter Vergleichung mit denjenigen der Durch⸗ schnittsziffern für die 23 jährige Beobachtungszeit (1865 — 1887) und des letzten Vorjahres 1886 wie folgt: für 1887 für 1865 — 87 fü
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Getreide (Körner und Stroh) ““ Kartoffeln. “ Futterhackfrüchte... Handelsgewächse... Wein (Menge und Güte). “
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Gesammternte. 1 V 11“” F68 Die Vergleichung mit den einzelnen früheren Jahrgängen der
23jährigen Beobachtungsperiode ergiebt, daß die Gesammternte 15 Mal besser, 6 Mal schlechter und 1 Mal im Ganzen ebenso ausgefallen ist wie im Jahre 1887. Dagegen nimmt die Ernte von 1887 ins⸗ besondere bezüglich des Getreides den 8. Platz ein, während das Futter in 17 Jahren besser, in 5 Jahren schlechter, die Kartoffelernte in 7 Jahren besser in 14 Jahren schlechter und in einem Jahre gleich gut gerathen ist wie 1887. Obst und Handels⸗ gewächse sind nur in 2 Jahren noch schlechter gerathen als in dem vergangenen Jahre und das Erträgniß der Futterhackfrüchte war in dem vergangenen Jahre so gering wie in keinem der 22 voraus⸗ gehenden Jahre. Nach der geographischen Lage der Landesgegenden hatten die obere Rheinthalebene und das seitliche Gebirge sowie der Odenwald, die Neckar⸗ und Taubergegend die beste, die Bodensee⸗ und Donaugegend die schlechteste Gesammternte. Das gleiche Verhältniß erscheint im Wesentlichen auch in dem Ergebniß der einzelnen wich⸗ tigeren Kulturarten; nur bezüglich der Kartoffelernte kehrt sich das⸗ selbe insofern um, als hier die Bodenseegegend das beste Erträgniß aufweist.
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Gewerbe und Handel
Konkurrenz und Reklame in der deutschen Lebens⸗ versicherung. Eine Schrift pro domo von Dr. jur. Gottlob Schneider, Direktor der Lebensversicherungsbank für Deutschland zu Gotha. Gotha, Friedr. Andr. Perthes, 1888. (Pr. 4 ℳ) — Als eine Schrift „pro domo“ bezeichnet sich das vorliegende Buch. Es ist ein seit langer Zeit festgegründetes Haus: die Lebensversicherung für Deutschland zu Gotha, welche zunächst gegen die unablässigen Anfein⸗ dungen der Konkurrenz und der Retlame vertheidigt werden soll, nicht sowohl aus dem Grunde, weil das bewährte Gefüge dieser Anstalt durch die gegnerischen Umtriebe erschüttert werden könnte, als deshalb, damit die fortgesetzte Verdächtigung, wenn sie ohne Widerspruch bliebe, nicht den täuschenden Schein der Wahrheit annehmen könne. In systematischem Aufbau seines reichen Beweismaterials stellt der Verfasser das System der Unwahrheit, welches Konkurrenz und Reklame im Verein geschmiedet, ins helle Licht der That⸗ sache. Mit unwiderleglichen Nachweisen aus der Verfassung, der Geschichte und der Organisation der Gothaer Bank thut er den Un⸗ grund der Angriffe im Einzelnen dar. Damit aber wächst die Schrift weit über die Bedeutung einer bloßen Streitschrift für den eigenen Herd hinaus;: sie berührt Schäden, welche dem gesammten wirthschaft⸗ lichen Getriebe in der Gegenwart anhaften, wenn sie auch kaum auf einem anderen Felde so grell hervortreten, wie seltsamer Weise auf dem der selbstlosesten Fürsorge geweihten Gebiete der Lebensrersiche⸗ rung; sie führt andererseits, indem sie den ganzen Organismus einer großartigen gemeinnützigen Einrichtung rückhaltlos enthüllt und bis auf die idealen Kräfte, welche diesen Organismus beseelen, zurückgeht, den Leser zum Verständniß des Wesens und der Grundbedingungen der Lebensversicherung überhaupt.
— Der Aufsichtorath der Zuckerfabrik Glauzig hat be⸗ schlossen, in der bevorstehenden Generalversammlung der Aktionäre nach Abschreibung von 5 % auf Fabrikgebäude und 10 % auf Ma⸗ schinen die Vertheilung einer Dividende von 65 % für das am 31. Mai d. J. zurückgelegte Geschäftsjahr zu beantragen.
—— Vom oberschlesischen Steinkohlenmarkt be⸗ richtet die „Schles. Ztg.“: Seit Anfang dieses Monats hat an verschiedenen Förderpunkten ein belebterer Verkehr Raum gewonnen, und es scheint, daß die Ermäßigung der Frachtsätze nach den östlich und nordöstlich gelegenen Absaßgebieten, welche zur Bekämpfung des Vordringens ausländischer Kohlen im letzten Drittel des Vormonats verfügt worden ist, nicht ohne erfolgreiche Rückwirkung für den dies⸗