1888 / 181 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 14 Jul 1888 18:00:01 GMT) scan diff

eines derselben verschuldet hat, hat das Reichsgericht, IV. 3 senat, durch Urtheil vom 5. 12 d. J., eine Entscheidung ge⸗ llt, welcher folgende Rechtssätze zu entnehmen sind:

1) Die Vorschriften im 2. Titel des II. Theils der Pr eußischen Allgemeinen Gerichtsordnung über das Verfahren der Gerichte bei den Verhandlungen der freiwilligen Gerichts⸗ ba rkeit sind nach jett ebenso für die Notare wie für die Gerichte maßgebend. Der Notar kann sich demzufolge in Ermangelung von Recognitionszeugen auch auf andere glaub⸗ würdige Art der Identität der Parteien versichern; auch Urkunden können dazu dienen, welche geeignet sind, die Identität des Vorzeigers derselben mit völliger Ueberzeugung für den Richter festzustellen.

Bei mäßigem Versehen des Notars hinsichtlich der Feststellung der Identität der Parteien befreit das Mit⸗ eintreten eines groben Versehens des Beschädigten selbst den Notar von der Schadenersatzpflicht.

Der Kaiserliche Gesandte in Athen, Wirkliche Geheime Rath Le Maistre, hat einen ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub angetreten. Während der Abwesenheit desselben von

seinem Posten fungirt der Legations⸗Sekretär von Below als interimistischer Geschäftsträger.

Der Graf von Monts, kommandirender

Admiral und stellvertretender Chef der Admiralität, hat sich nach Kiel begeben.

Wiesbaden, 14. Juli. (W. T. B.) Der Kronprinz von Serbien hat gestern Mittag 12 Uhr in Begleitung der Abgesandten des Königs Milan die Reise nach Belgrad angetreten. Die Königin von Serbien ist gestern Albend nach Wien abgereist.

Karlsruhe, 13. Juli. (W. T. B.) Die Erste Kammer hat heute das Beamtengesetz nach den

Beschlüssen der Kammer angenommen. i.

14. 8 (W. T. B.) Der Landtag wird am Mittwoch durch den Großherzog geschlossen werden.

Hessen. Darmstadt, 13. Juli. (Darmst. Ztg.) Mit Genehmigung des Großherzogs hat das Ministerium des nern und der ustiz beschlossen, eine Landes⸗ kommission zur egutachtung des Entwurfs ines bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich und der für die hessische daraus erwachsenden gesetzgeberischen Aufgaben einzusetzen un um Vorsitzenden derselben den vefennen Staatsrath Hall⸗ wachs berufen. Die Landeskommission wird zunächst in zwei esonderten Abtheilungen einer rechtsrheinischen unter dem orsitz des Ministerial⸗Raths Dr. Dittmar und einer links⸗ rheinischen unter dem Vorsitz des Ober⸗Landesgerichts⸗Raths Lippold arbeiten.

1 Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 12. Juli. (Wien. Ztg.) Mit Rücksicht auf den großen Bedarf an Offizieren für die zur Aufstellung gelangenden Landsturmköx per werden heuer wie im Vorjahre über Veranlassung des K. K. Landes⸗ vertheidigungs⸗Ministeriums praktische Kurse für solche Per⸗ sonen des Civilstandes activirt werden, welche im Sinne der Vorschriften, betreffend die Organisation des Pand⸗ sturmes, die Offizierscharge im Landsturme anstreben können und hierzu die Qualifikation in militärischer Hinsicht zu er⸗ werben wünschen. Diese praktischen Kurse werden eine Dauer von vier, höchstens sechs Wochen haben und gleichzeitig mit den Haupt⸗Waffenübungen der Landwehr⸗Bataillone statt⸗ finden. Die erwähnten Kurse bezwecken die Einübung des Nothwendigsten für die Heranbildung der Frequentanten zu brauchbaren Kommandanten kleinerer Abtheilungen im Land⸗ sturme unter der Voraussetzung, daß die Betreffenden sich die von ihnen im Sinne der obgedachten Landsturm⸗Organisations⸗ vorschriften zu fordernden theoretischen Kenntnisse selbst an⸗ eignen, wobei ihnen gelegentlich des praktischen Kurses wünschenswerthe Direktiven und Aufklärungen geboten werden. Da daran liegt, möglichst viele Kandidaten aus den Kreisen der Intelligenz für Offizlersstellen im Landsturm zu gewinnen, so werden Beamten, welche die Frequentirung der gedachten Kurse anstreben, alle thunlichen Begünstigungen in dieser Be⸗ ziehung gewährt werden.

Pest, 14. Juli. (W. T. B.) Der König von Serbien ist, von dem Minister⸗Präsidenten Cristic begleitet h ein⸗ eteoses und seinem von Wiesbaden kommenden Sohn, dem

ronprinzen, entgegengefahren.

Großbritannien und Irland. London, 12. Juli. (A. C.) Zur Feier des 50. Jahrestages der Krönung der Königin Victoria gab der Lordmayor, Polydore de Keyser, gestern im egyptischen Saale des Mansion House ein glänzendes 588“ welchem etwa 300 Gäste, darunter der inister für Indien, Lord Croß, und andere Mitglieder der Regierung sowie zahl⸗ reiche Vertreter der Diplomatie beiwohnten. Das Bankett font⸗ am eigentlichen Jahrestage der Krönung (dem 28. Juni)

attfinden, wurde aber wegen des Hinscheidens des Kaisers Friedrich bis gestern verschoben.

Auch der Premier⸗Minister, Lord Salisbury, hat dem liberal⸗unionistischen Verein Irlands seinen Dank für dessen 8 Vertrauensvotum zu Gunsten der Verwaltung des Ober⸗Sekretärs Balfour ausgesprochen. „Das Gerücht“, schreibt der Premier, „daß Herr Balfour abdanken würde, hatte nicht die geringste Begründung und stellt wahrschein⸗ lich mehr den Wunsch der disloyalen Partei, als ihre 5 Ueberzeugung dar. Dennoch freut mich die Erfindung, da sie Ihrem und anderen Vereinen Gelegenheit gab, ihre Zustim⸗ mung zu der Politik der Regierung auszudrücken und die Energie des Ober⸗Sekretärs dankbar anzuerkennen.“

er irische Abgeordnete für Monaghan, Peter O'Brien, wurde gestern aus dem Gefängniß von Tullamore nach Verbüßung einer dreimonatlichen Haft wegen eines Ver⸗ gehens gegen das Zwangsgesetz entlassen, aber gleich darauf wieder verhaftet und nach dem Gefängniß in Kilkenny abgeführt, wo er eine weitere Haft von drei Monaten zu ver⸗ boßgen hat.

Aus Durban vom 11. Juli wird telegraphirt:

Oberst Carrington, der sich in Bechuanaland befindet, hat sich erboten, ein Corps von 500 berittenen Mannschaften für Dienstleistungen im Zululande auf die Beine zu bringen. Die freiwilligen Hochländer in Cape Town. haben sich erboten, 300 Mann zu liefern, und aus Grahamstown haben 200 ihre Dienste angeboten. Am 7. d. war bei Mr. Pretorius Alles in Ordnung, und am 8. d. follten die zu seinem Beistande ent⸗ sandten Truppen eingetroffen sein. Sein Posten wird beibehalten und

verstärkt werden. Der Gouverneur wurde gestern amtlich benachrichtigt,

daß Dinizulu's Streitmacht auf 1500 Mann zusammengeschmolzen sei. Die Zulus in Natal bewegen sich in Heimwärtsrichtung, wie sie dies in solchen Zeiten zu thun pflegen. Das Gerücht, daß ein Konsingent Swazis entsandt worden sei, um Dinizulu beizustehen, ist offenbar unwahr⸗ scheinlich. Der Offizier, welcher die Polizei an dem Orte befehligt, wo Dinizulu Usibepu angriff, erklärt auf das Bestimmteste, daß er keine Europäer in dem Angriffscorps gesehen habe, während aus der neuen Republik eingegangene Berichte besagen, daß 15 zugegen

gewesen seien.

Frankreich. Paris, 13. Juli. (W. T. B.) Bei der heutigen Einweihung des Denkmals für Gam⸗ betta dem Carousselplatz, welcher eine zahlreiche Menschen⸗ ven. beiwohnte, hielt Floquet eine Rede, in welcher er die Verdienste Gambetta's pries und mit der Aufforderung schloß, man solle alle Kräfte dem Volk widmen, welchem Gambetta gedient habe, und der Armee, welche er geliebt, sowie dem Vaterland, welches er vertheidigt habe. Der Wunsch Aller könne nur auf eine Republik gerichtet sein, die Reformen zugeneigt und in Wahrung ihrer Rechte fried⸗ liebend, ugleich aber auch unveränderlich in ihrer Stärke sei. Der Präsident des Senats, Le Royer, wies in seiner Rede darauf hin, daß Gambetta in der Institution des Senats eine der festesten Stützen der Republik erblickt habe. Freycinet feierte Gambetta wegen seiner unerschütterlichen Standhastig⸗ keit während des Krieges von 1870/71 und wegen seiner Ver⸗ dienste um die Armee, in deren Namen er Gambetta seine Huldigung darbringe. Weitere Reden wurden von Meline und Spuller gehalten.

Die Berlsang Boulanger'’s besteht nach dem heute Nachmittag veröffentlichten ärztlichen Bericht in einer tiefen Wunde in der rechten Halsgegend, die dem Athmen erhebliche Schwierigkeiten bereitet.

14. Juli, süuͤh. (W. T. B.) Boulanger hat ein Schreiben an die Wähler des Departements der Ardsche gerichtet, in welchem er sagt, er habe damit, daß er die Auflösung der Kammer und die Revision der Verfassung beantragt habe, sein Mandat erfüllt, die Kammer habe sein Verlangen mit der Verhängung der Censur gegen ihn be⸗ antwortet. Er fordere die Wähler von Ardèche auf, bei der am 22. d. stattfindenden Deputirtenwahl den durch ihn aus⸗ gesprochenen Fördenigen des Volks die Bestätigung zu geben, er hoffe, selbst zu ihnen kommen zu können, die Wähler würden, wenn sie für ihn stimmten, ihr Votum nicht für eine Partei, sondern für die innere und äußere Unabhängig⸗ keit abgeben. Bei dem gestern Abend in der Avenue Daumesnil stattgehabten Festbanket führte Naquet anstatt Boulanger's den Vorsitz. Naquet theilte mit, das Sen Boulanger's sei ein befriedigendes. Vor dem Redaktions⸗ bureau der „Cocarde“ in der Rue Montmartre fanden während des Abends einige Ansammlungen und lärmende Kundgebungen statt, es kam jedoch zu keinem ernsteren

Zwischenfall.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 13. Juli. (W. T. B.) Durch einen heute veröffentlichten Kaiser⸗ lichen Ukas wird das t apris⸗ Rekruten⸗Kontin⸗ gent auf 250 000 Mann festgesetzt, gegen 235 000 Mann im vorigen Jahre. Durch ein weiteres zur Veröffent⸗ lichung gelangtes Gesetz wird die Dienstzeit im aktiven /Heere und in der 1“ verlängert. Die gesamnie Dienstzeit für die dem Loose gemäß eintreten⸗ den Mannschaften wird auf 18 Jahre festgesetzt, wovon fünf Jahre auf die Dienstzeit beim aktiven Heere kommen. Die Abiturienten höherer Lehranstalten und Freiwillige ge⸗ nießen Privilegien. Die Landwehr wird aus sämmtlichen nicht bereits aktiv dienenden wehrhaften Männern bis zum 43. Lebensjahre einschließlich gebildet und in zwei Klassen eingetheilt. Die erste Landwehrklasse giebt den Stamm der Landwehr ab, während die zweite nur durch Kaiserliches Manifest einberufen wird.

Italien. Rom, 13. Juli. (W. T. B.) In der heu⸗ tigen Stzung der Deputirtenkammer wurde bei Berathung der Kommunal⸗ und Provinzial⸗Reform der Antrag der Regierung, nach welchem allen politischen Wählern ein administratives Votum gewährt wird, mit 271 gegen 38 Stimmen angenommen. Der von der Regierung bekämpfte Antrag, wonach den Frauen das ad⸗ ministrative Stimmrecht gewährt werden sollte, wurde abgelehnt.

Schweiz. Bern, 13. Juli. (W. T. B.) Der Prä⸗ sident des Grütlivereins und des Arbeiter⸗ bundes hat vom Bundesrath Auskunft erbeten über das Kreisschreiben des Justiz⸗Departements an die kantonalen Regierungen, betreffend die poli⸗ tische Ueberwachung von sozialistischen Ver⸗ sammlungen. Der Bundesrath antwortete: das Kreis⸗ schreiben bezwecke lediglich, daß er (der Seve. über alle Vorkommnisse, welche die innere Sicherheit des Landes und die internationalen Beziehungen berührten, orientirt sein wolle; er werde bei eintretenden Mißbräuchen jeder begründeten Klage Gehör schenken. Sein Bestreben sei darauf gerichtet, soviel als möglich die Anforderungen, welche die Sicherheit des Landes an ihn stelle, mit der Achtung vor den individuellen Rechten zu vereinbaren.

Türkei. Konstantinopel, 10. Juli. (A. C.) Mar⸗ 1ae Nusret Pascha langte unter sicherer wohl⸗ behalten in Bag dad an, wo ihm eröffnet wurde, daß er seines Kommandos über die Truppen in Erzerum enthoben sei. Seitdem wird er Tag und Nacht sorgfältig bewacht.

Serbien. Belgrad, 13. Juli. (W. T. B.) Der Kronprinz wird morgen spät Abends hier zurückerwartet. n Bezug auf die Kompetenz in der Königlichen Ehe⸗ cheidungsangelegenheit wird offiziell darauf verwiesen, daß der Kompetenz eines Konsistoriums je ein Kirchensprengel untersteht. Für den Herrscher des Landes bestimme das ganze Staatsgebiet die Zuständigkeit, daher gehöre die Königliche Ehescheidungsangelegenhe it vor das die Vorsteher sämmtlicher w. resp. Episkopate in sich vereinigende Forum, jsie Synode.

Zeitungsstimmen.

Unter der Ueberschrift „Kaiser Wilhelm's Meer ah schreibt der „Hannoversche Courier“: .

Wenn nicht alle Anzeichen trügen, wird zu Ende dieser Woche in Kiel ein deutsches Geschwader die Anker lichten, um zum ersten Male in der deutschen Geschichte den Deutschen Kaiser an die russische Küste zu geleiten. Ueber die Wogen der Ostsee, welche die

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Kaiser⸗Bacht „Hohenzollern“ umspülen, gleitet ein Stück Welt⸗

geschichte. Fürstenbesuchs an sich, sondern auf dem Wege, den der

die Geschichte unserer Zeit ein.

Die Seereisen der russischen Czaren sind seit Peter dem Großen traditienell. Kaiser Nicolaus hat sie bevorzugt, Alexander III. sie wieder 35 Der erste Besuch, welchen er als Kaiser auf deutschem Seereisen nach Kopenhagen sind bekannt, fast hatte es im Lauf der Zeit den Anschein gewonnen, als ob die russische Flotte die Ostsee beherrsche, die deutsche auf die Küste von Kiel bis Memel beschränkt sei. Die Reise Kaiser Wilbelm's, von den freund⸗ schaftlichsten Empfindungen und den friedlichsten Absichten getragen, bringt nicht nur dem russischen Nachbar, sondern allen europäischen Nationen zum Bewußtsein, daß Deutschland auch zur See in die Reihen der großen Mächte eingetreten ist; und wenn die große russische Seefestung Kronstadt zum ersten Male die Standarte des Deutschen Kaisers begrüßt, so wird sie damit eine bedeutungsvolle Stunde be⸗ zeichnen, welche im Leben der europäischen Nationen noch lange nach⸗ hallen wird.

Gerade ein Jahr ist verflossen, seit aus den Fluthen der Nordsee eine Division unserer Torpedoschiffchen an der Küste von Groß⸗ britannien auftauchte, der solche Gäste bisher noch nie genaht waren. Aus dem engen Schiffsraum stieg der damalige Prinz Wilbelm, heute Deutscher Kaiser, an das britische Land, welches sich anschickte, das Jubelfest der Königin zu feiern. Es ist glaubhaft bezeugt, daß das Erscheinen der deutschen Torpedodivision vor einem britischen Hafen in England Staunen und peinliche Ueberraschung hervorgerufen hat. Man war dort an deutsche Kriegsschiffe und Geschwader⸗ Abtheilungen gewöhnt, aber wenngleich in den Augen der britischen Marine die hohe Qualität der deutschen Flotte nicht nur längft anerkannt, sondern sogar in vieler Hinsicht als mustergültig und nachahmungswerth angesehen war, die Engländer im Allgemeinen fahen in der deutschen Marine doch nur eine Art Luxus, den der wohlhabender gewordene Vetter da drüben sich jetzt gestatte. Jene kühne Torpedofahrt hat diese Meinung schnell berichtigt. Man er⸗ schrak über die völlig neue Erscheinung, die englische Presse schwieg sie unmuthig todt, aber wie wir bereits bei einem früheren An⸗ laß mitgetheilt haben einige ältere Seeoffiziere waren ehrlich genug, den deutschen Generalen im Gefolge des damaligen Kronprinzen ein⸗ zuräumen, daß die englische Marine mit einer solchen Leistung nicht aufwarten könne. 2

Wenn wir uns heute an die frommen Wünsche erinnern, die in der Bewegung von 1848 auch hinsichtlich der deutschen Flotte gehegt wurden sie figurirte in der Verheißung Friedrich Wilhelm's 1V. vom 18. März —, dann an die bescheidenen Anfänge, die in den Jahren 1848 bis 1850 gemacht wurden, wie Lord Palmerston der da⸗ maligen deutschen Flagge zur See die Anerkennung verweigerte, und wie jetzt, vierzig Jahre später, das stolze England über die Leistungen der deutschen Marine erschrickt, und einem stattlichen Geschwader die goldene Kaiserstandarte mit dem Eisernen Kreuz über die Fluthen der Ostsee zur russischen Küste voranleuchtet, dann erkennen wir auch

hierin dankbar jene wunderbare Entwickelung, welche sich im Lauf 8 1

eines halben Jahrhunderts an unserem Volk vollzogen hat.

Gemeingut der Nation im vollsten Sinne des Worts ist diese Flotte geworden, wie sie, eng verbunden mit dem Gedanken der deutschen Einheit, mit diesem zur That geworden ist. Nicht nur tragen stolze Panzerschiffe die Namen von Bayern, Sachsen, Württem⸗ berg und Baden, sondern es dienen auch gar viele Süddeutsche in den Reihen der Seemannschaft, und wir haben einen Prinzen des bayeri⸗ schen Königshauses im vorigen Jahre mit hohem Interesse an den großen Uebungen der Flotte theilnehmen sehen. Die ersichtlich warme Sympathie, welche der jetzt regierende Kaiser ihr zuwendet, wird sicherlich der gesammten Marine ein Sporn sein, ihre Leistungsfähig⸗ keit, wenn möglich, noch vollkommener zu gestalten.

Wenn wir bei dieser Seite der Kaiserreise mit einiger Vorliebe verweilen, so geschieht es, weil wir darin ein bedeutsames Moment in unserer geschichtlichen Entwickelung, sowie einen der ganzen Nation Peris sympathischen eigenartigen Charakterzug des Monarchen erkennen. Seit Jahr und Tag, bevor daran zu denken war, daß der jetzige Kaiser sobald den Thron seiner Väter besteigen würde galt von ihm und seinem Bruder Heinrich, daß sie sich mit stolzem Selbstbewußt⸗ sein als die dereinstigen Träger des nationalen Gedankens betrachteten. Eine Reihe von schweren hat den Prinzen Wilhelm ungleich schneller, als noch vor Jahresfrist angenommen werden konnte, auf den Thron seiner Väter berufen, und da der nunmehrige Kronprinz erst sechs Jahre zählt, ist Prinz Heinrich vorläufig der dem Throne Nächststehende. Die ersten Wochen dieser neuen Regierung glänzen über dem Lande wie ein thaufrischer Morgen nach anger, banger Gewitternacht, möge daraus ein langer heller Sommertag mit allem Segen eines solchen hervorgehen.

Die andere Seite der Kaiserreise, in ihrer aktuellen politischen Bedeutung. ist von uns bereits wiederbolt der Betrachtung unterzogen worden. Heute gilt als feststehend, daß Kaiser Wilhelm seine Fener unter vollster Zustimmung seiner beiden hohen Verbündeten, der Son⸗ veräne von Oesterreich⸗Ungarn und Italien, antritt. Es entspricht seinem eigenen Charakter ebenso wie der Offeaheit der deutschen Politik, daß jenen beiden Höfen gleichzeitig mit dem St. Petersburger die Mittheilung zuging, und es ist jeder Fweifel daran ausgeschlossen, daß der Kaiser Frans Josef und König Umberto dieselbe nicht sofort in ihrer ganzen Bedeutung gewürdigt und begrüßt haben....

Das b hat seine Schuldigkeit gethan. Indem Kaiser Wilbelm es vor allen deutschen Fürsten und den Vertretern der deutschen Nation feierlich bekräftigte und es als „ein von der öffentlichen Meinung des gesammten deutschen Volks getragenes Vermächtniß der deutschen Geschichte“ bezeichnete, an welchem er „in deutscher Treue festhalten werde“, hat er es für Gegenwart und Zu⸗ kunft als unantastbar und unauflöslich hingestellt. Die Presse von Oesterreich und Ungarn hat denn auch sehr bald begriffen, daß 1n Bismarck seinem neuem Herrn und Kaiser schwerlich gerathen

aben dürfte, das Werk, an welchem er ein Jahrzehnt mühsam ge⸗ arbeitet, das kostbare Vermächtniß Wilhelm's I., aufzulösen.

. Und so wird denn den Deutschen Kaiser bei seiner Fahrt über die Ostsee aus seinen deutschen, wie aus den verbündeten Landen der eine Wunsch geleiten: Meeresstille und glückliche Fahrt!

Die „Staatsbürger⸗Zeitung“ äußert sich zu der Reise Sr. Majestät des Kaisers und Königs nach St. Peters⸗ burg wie folgt:

Kaiser Wilhelm II. hat während der kurzen Zeit seit seinem Regierungsantritt bereits die unzweifelhaftesten Beweise dafür ge⸗ liefert, daß er in der Erhaltung des Weltfriedens seine vornehmste Aufgabe erblickt, daß er, wie er dies ja auch in seiner Thronrede vor dem Reichstage ausgesprochen, diese Aufgabe als ein Vermächtniß ansieht, welches ihm von seinem heldenhaften Großvater und seinem edelherzigen Vater übermacht worden. Wie der greise Heldenkaiser Wilhelm I., nachdem er das vorgesteckte Ziel: Deutschlands Einigung, auf blutigen Schlachtfeldern errungen, die letzten Jahre seines thatenreichen Lebens der Erhaltung des Welt⸗ friedens widmete, wie sein herrlicher Sobhn, Kaiser Friedrich, der Dulder auf dem Thron, als ein Friedensfürst begrüßt wurde, lo hat Kaiser Wilhelm II. die Erfüllung dieser Aufgabe sich ebenfalls zum Ziele gesteckt. Obwohl noch verhältnißmäßig jung berufen, den Kaiserlichen Purpur zu tragen, hat er in der kurzen Zeit seiner Regierung bereits bewiesen, wie ernst und heilig es ihm mit der Er⸗ füllung dieses Vorsatzes ist. Dem verheißenden Worte läßt er voll Energie und Thatkraft die erfüllende That folgen. Wie sich in seinen Worten der jugendfrische, der hohen Aufgabe, die ihm zugefallen, mit edler Begeisterung sich hingebende Sinn widerspiegelt. so zeigt sein Handeln, daß er auch die Kraft besitzt, diesen Worten die That folgen 7 lassen. Wahrlich, diese Reise unseres jungen Kaisers beweist am

esten, daß mit dem Uebergehen der Herschermacht an ihn nichts geändert ist in jenen Bestrebungen, welchen Deutschland sein Auf⸗ steigen zur ersten Macht der Welt verdankt.

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Nicht nur die Thatsache dieses vielleicht wählt, zieht zugleich das seemächtige Deutschland in die Polltik 1-4

oden, in Danzig, abstattete, vollzog sich zur See. Seine

Mit Stolz und froher Zuversicht sehen wir heute unseren jungen iebten Kaiser hinausziehen, um das Band der „Freundschaft zu igen, welches die Hohbenzollern mit dem mächtigen Czarenreiche

verbindet. Nicht als Bittender tritt er vor den Herrscher aller Reußen hin, sondern als Gebender; denn Deutschlands Freundschaft wiegt heute, Dank der Hohenzollernpolitik, nicht leichter im europäischen Staatenkongreß als die Rußlands.

So P ein freundliches Geschick über dieser seiner ersten Reise, die Kaiser Wilhelm II. als solcher zum Woble Deutschlands unter⸗ nimmt, walten! Möge er damit erreichen, was er zu erreichen hofft: die dauernde Befestigung des Friedens zum Heile unseres theuren Vaterlandes, zum Heile aller Völker! Unsere treuesten, innigsten Wünsche geleiten unseren geliebten Kaiser auf dieser Fahrt. Möge ihm auch das Wetter ein günstiges sein, damit nicht dieses bemmend in den Weg trete; möge ihm das Glück auch in dieser Beziehung tren bleiben und seine Reise begünstigt sein vom schönsten Hohen⸗ zollernwetter!“

Die „Hamburgische Börsen⸗Halle“ bemerkt:

Die allgemeine geschäftliche Lage unserer großen Handels⸗ und Industriemärkte ist fortgesetzt eine günstige. Die geschäftlichen Ver⸗ dältnisse haben sich langsam gebessert, steigender Bedarf war die Veranlassung dazu, deshalb glauben wir an die Beständigkeit dieser Besserung. Dort wo vorübergehende Spekulation, künst⸗ liche Anstrengung dieselbe hervorgerufen, wird sie sich nicht halten können, trotz der allgemeinen günstigen Geschäftslage. Wir möchten diese beiden Punkte genau unterscheiden, um vielleicht später vor unliebsamen Ueberraschungen zu schützen. Nur die Lage der⸗ jenigen Geschäftszweige ist als eine vollständig gesunde zu betrachten, welche für ihre Produktion Absatz finden, welche die Erzeugung nach dem wirklichen Bedarf einrichten. Schon hören wir, daß die verbesserten Geschäftsverhältnisse viele Fabritanten veranlassen, die Produktion zu forciren; wir können nicht genug davor warnen, Sobald Ueberfluß an Waare vorhanden ist, würden wir trotz des gestiegenen Bedarfs sofort wieder jenen Kalamitäten begegnen, über die hinlänglich geklagt worden ist. Vermehrter Exportbedarf war es bisher vornehmlich, welcher vielen unserer Industriebezirke Anlaß zu lebhafterer Thätigkeit bot. Dieser hat nicht nachgelassen, es kommt aber noch die Versorgung des Inlandes hinzu, welches jetzt für Herbst und Winter zu disponiren genöthigt ist. Die Preise vieler Roh⸗ materialien zeigen eine feste Tenden, und dieser wichtige Umstand trägt ebenfalls viel dazu bei, diejenige zuversichtliche Stimmung in den Kreisen des Waarenhandels zum A - der wir soeben berichtet haben

Centralblatt für das Deutsche Reich. Nr. 29. In⸗

halt: Zoll⸗ und Steuerwesen: Aufhebung der Transportkontrole für

Zucker und Salz im Grenzbezirk Nordhorn. Abgaabenfreie Verab⸗ folgung von Salz an Darmschleimereien. Bestellung eines Stations⸗ Controleurs. Bankwesen: Status der deutschen Notenbanken Ende Juni 1888. Konsulatwesen: Ernennungen. Verlegung eines Amtssitzes. Exequatur⸗Ertheilung. Marine und Schiffahrt: Erscheinen eines weiteren Heftes der Entscheidungen des Ober⸗See⸗ amts und der Seeämter. Kolonialwesen: Dienstanweisung, be⸗ treffend die Ausübung der Gerichtsbarkeit in den Schutzgebieten von Kamerun und Togo. Verfügung, betreffend die Führung der Grundbücher und das Verfahren in Grundbuchfachen in den Schutz⸗ gebieten von Kamerun und Togo. Ermächtigung zur Vornahme von Civilstands⸗Akten. Postwesen: Abänderung der Postordnung vom 8. März 1879. Polizeiwesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet. 8

Centralblatt der Abgaben⸗Gesetzgebung und Ver⸗ waltung in den Königlich Preußischen Staaten. Nr. 14. Inhalt: Anzeige der in der Gesetzsammlung und im Reichsgesetzblatt erschienenen Gesetze und Verordnungen. Allgemeine Verwaltungs⸗ gegenstände: Veränderungen in dem Stand und in den Befugnissen der Zoll⸗ und Steuerstellen. Indirekte Steuern: Ermittelung des zollpflichtigen Gewichts von Massengütern. Branntweinsteuernach⸗ lässe aus Gründen der Billigkeit. Verkehr mit Branntwein zwischen dem Gebiet der deutschen Branntweinsteuergemeinschaft und Luxem⸗ burg. Bestimmungen, betreffend die Denaturirung von Brannt⸗ wein. Erkenntniß des Reichsgerichts. Verwendung des Aktien⸗ stempels bei Umwandlung von Stammaktien in Prioritätsaktien durch Aufdrückung eines Vermerks. Erkenntniß des Reichsgerichts. Ver⸗ wendung des Anschaffungsstempels bei der Unterbetheiligung eines anderen Bankhauses an einem Konsortialgeschäft. Personal⸗ nachrichten.

Etatistische Nachrichten.

In dem neuesten Vierteljahrsheft (7 bis 9 38. Jahrgangs 1888) der „Zeitschrift für Bauwesen“ wird der erste Theil der „Statistischen Nachweisungen, betreffend die in den Jahren 1881 bis einschließlich 1885 vollendeten und abgerechneten vreußischen Staatsbauten aus dem Gebiet des Hochbaus“, veröffent⸗ licht, welche im Auftrage des Ministers der öffentlichen Arbeiten der Königliche Land⸗Bauinspektor Wiethoff aufgestellt bat. Wie eine dieselben einleitende Vorbemerkung mittheilt, liegt die Absicht vor, das statistische Material, welches auf Grund des Cirkular⸗Erlasses des Ministers von den Königlichen Regierungen über die voll⸗ endeten und abgerechneten preußischen Staatsbauten aus dem Gebiet des Hochbaus fortlaufend eingereicht wird, auch ferner in gleicher tabellarischer Weise wie früher zu publiziren, aber nicht in zehn⸗, sondern in fünfjährigen Zeitabschnitten. Wenn in der jetzt veröffentlichten Tabelle auch Bau⸗ werke erscheinen, deren Vollendung schon im Jahre 1880 oder noch früher erfolgt ist, so hat dies darin seinen Grund, daß bei ihnen die Abrechnungsarbeiten bis zum Schluß des Jahres 1880 noch nicht beendet waren, mithin diese Bauwerke in die frühere Statistik, welche mit dem Jahre 1880 abschließt, nicht mehr hatten aufgenommen werden können. Die Tabelle umfaßt zunächst 49 kirchliche Bau⸗ anlagen, deren Gesammtausführungskosten 3 345 300 betragen, und zwar 6 Kirchen ohne Thurm (die evangelische Kirche in Wyrow und die katholischen Kirchen in Lehna, Penchowo, Stendscherschin, Burgsteinfüurt und Neusalz a. O., letztere 3 Erweiterungsbauten), 39 Kirchen mit Thurm (die evangelischen Kirchen in Wedell, Resehl, Köpernitz, Kalenberge, Karith, Goßwitz, Döcklitz, Damelang, Daarz, Bückwitz, Ganserin, Arendsee, Gonna, Beschine, Hoff, Staats, Hertz⸗ berg, Warpuhnen, Hochkirch, Klaußen, Prieborn, Friedrich⸗ stadt ⸗Magdeburg, Grünheyde, Schönberg (Reg⸗Bez. Danzig), Neu ⸗Küstrinchen, Lebendorf, Schönwald (Reg.⸗Bez. Oppeln). Wieck und Steglitz (Baukosten letzterer Kirche 307 850 ℳ), die katholischen Kirchen zu Rokitsch, Gozdowo, Wudzyn, Schwarzau, Köppernig, Falkowitz, Walsum, Hfia Hoch⸗Stüblau und die St. Nicolai⸗Kirche zu Breslau (Baukosten letzterer Kirche 423 920 ℳ), und 4 Kirchthurmbauten (Thürme der evangelischen Kirchen in Gülzow und Bausenhagen, der katholischen Stadt⸗Pfarrkirche in Naumburg a. Q. und der St. Servatii⸗Schloßkirche in Quedlinburg). Von den verzeichneten 45 Kirchen dienen 30 dem evangelischen, 15 dem katho⸗ lischen Kultus. Auf die einzelnen Regierungsbezirke vertheilen sich die 49 Kirchenbauten wie folgt: Gumbinnen 3, Danzig 3, Pots⸗ dam 4, Frankfurt a. O. 2, Stettin 6, Stralsund 1, Posen 1, Bromberg 3, Breslau 4, Liegniz 3, Oppeln 4, Magdeburg 7, Merseburg 3, Erfurt 2, Münster 1, Arnsberg 1, Düsseldorf 1. Pfarrhäuser wurden in dem 5 jährigen Zeitraum 53 gebaut, und zwar 15 für katbolische, 38 für evangelische Gei tliche. Die derstellungskosten betrugen insgesammt 1 028 385 Die 15 katho⸗ lischen Pfarrhäuser sind errichtet in Friedrichsdorf (Minden), Hohen⸗ gandern, Ostrowitte, Kgl. Neudorf, Strellin Barendorf, Dalewo, Wenglewo, Fürstenwerder, Osche, Gorrentschin (sämmilich einge⸗

schossig), Düdinghausen, Giershagen, Helme dorf, Bischdorf (sämmtlich zweigeschofsig). Von den 38 evangelischen Pfarrhäusern sind ein⸗ geschossig die zu Friedrichsbrunn a. H., Lahna, Elkerhausen, Geyers⸗

d das Pfarrbaus zu St. Georg in Wollin, Mittel⸗

Krien. Medow, Fabrland, Reetz (Ober⸗Pfarrhaus), Klein⸗Quenstedt, Kerzlin, Hakenberg, Wansdorf, Born⸗ stedt, Groß⸗Santersleben, Pechau, Mallnow, Sülldorf. Schlalach, Loburg (Oberpfarrhaus), Koserow, Hussinetz, Löcknitz, Schippenbeil, Nowaweß, Pflugrade, Succow; mehrgeschossig die Pfarrhäuser in

reienwalde a. O. (Diakonatshaus), Giebichenstein, Döcklitz, Zielenzig, Oberpfarrhaus), Spremberg (Pfarrhaus und Diakonatshaus), Brau⸗ ach, Reppen (Oberpfarrkaus) und Dahlenwarsleben. Auf die einzelnen Regierungs⸗Bezirke vertheilen sich die Pfarrhausbauten folgendermaßen: 2, Danzig 3, Marienwerder 3, Pots⸗ dam 7, Frankfurt a. O. 6, Stettin 7, E5 2, Bromberg 1, Breslau 3, Liegnitz 2, Magdeburg 8, erseburg 2, Erfurt 2, Minden 1, Arnsberg 2, Wiesbaden 2.

Nach Mittheilung des Statiftischen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 1. Juli bis infl. 7. Juli cr. zur Anmeldung gekommen: 4 mimas. 923 Lebendgeborene, 36 Todtgeborene, 640

er e.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Wien, 14. Juli. (W. T. B) Der Kaiser hat die Wa l des Legations⸗Raths Dr. Brugsch in Berlin und des Geheimen Ober⸗Regierungs⸗Raths Dr. Bücheler in Bonn zu korrespondirenden Mitgliedern der Wiener Akademie der Wissenschaften bestätigt. 8 8

Von dem Werk: „Unser Fritz“, Deutscher Kaiser und König von Preußen. Ein Lebensbild von Hermann Müller⸗Bohn (Kottbus N.⸗L. Verlag von Paul Kittel) ist soeben die 2. Lieferung erschienen. Dieselbe enthält den Schluß des in der ersten Lieferun angefangenen Kapitels: „Die Jünglingsjahre unseres Kaisers“ un knüpft daran das Kapitel: „Die Studienzeit des Kaisers und die Jugendjahre seiner „Vicky“. Das darauf folgende Kapitel handelt von der „Gründung des Heims“. An Illustrationen sind dem Heft beigegeben zwei Doppelbilder, deren erstes die Wieder⸗ gabe eines Gemäldes von Sir Edwin Landseer (R. A.) bringt: „Zum fünfzigjährigen Regierungs⸗Jubiläum. Aus den Glückstagen der Königin Victoria von England.“ Man erblickt auf demselben den Albert, die junge Königin Victoria und die Prinzeß

oyal Victoria. Das zweite Doppelbild stellt dar die Trauung des Prinzen Friedrich Wilhelm mit der Prinzessin Victoria von England am 25. Januar 1858. An sonstigen Bildnissen enthält das Heft: Kaiserin Victoria als Kind nach einer Originalzeichnung von Max Loeckell, sowie de Porträts der Königin Victoria und des Prinzen Albert, ferner diejenigen des Prinzen Friedrich Wilhelm von Preußen und der Prinzeß Victoria von England. Das ganze Werk wird voll⸗ ständig sein in zehn Lieferungen, die Ausstattung ist eine sehr gefällige und trägt zur Empfehlung des Unternehmens bei. Der Preis für Lieferung beträgt 50 ₰, das fertige Buch wird sich also auf 5 stellen.

„Das amtsgerichtliche Dezernat. Beispiele und Verfügungsentwürfe für die gesammte amtsrichterliche Thätigkeit nach Reichs⸗ und Landrecht unter Anführung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen. Von E. Ebert, Amtsrichter. Breslau. Verlag von Wilhelm Koebner.“ (Preis 5 ℳ) Bis jetzt mangelte es an einer übersichtlichen Zusammenstellung der für jede einzelne Materie der amtsrichterlichen Thätigkeit maßgebenden rechtlichen Vorschriften. Diesem Mangel hat der Verfasser des vorliegenden Buches auf die anerkennenswerthe Weise abgeholfen, da er sich nicht mit der lediglichen Zusammenstellung begnügt hat, sondern auch durch Beispiele und Verfügungsentwürfe dem Referendar zeigt, sowohl wie er eine Rechtsangelegenheit zu behandeln hat, wie auch warum er sie in der gezeigten Weise zu behandeln hat. Zweifellos wird das Werk nicht allein bei den Referendaren, für welche es sich als ein Leitfaden, der beinahe den gesammten Stoff darbietet, den der Amtsrichter zu beherrschen hat, kennzeichnet, sondern auch von den Amtsrichtern, denen die praktische Ausbildung der Referendare obliegt, aufs wärmste begrüßt werden. Inhaltsübersicht: A. Civilprozeß. B. Konkursprozeß. C. Strasprozeß. D. Das Verfahren in Grund⸗ buchsachen. E. Die Landgüter⸗Ordnung. F. Das G. Die Vormundschafts⸗Ordnung. H. Die Er eslegitimation. K. Das Verfahren bei Annahme und Aufnahme eines Testaments. J. Einzelne Akte der freiwilligen Gerichtsbarkeit. .

In ernsten und heiteren Stunden.“ Dichtungen von August Ammann Heidelberg, Carl Winter's Universitaͤts⸗ Buchhandlung. 1888. kl. 8. S. XV u. 293. Diese Dichtungen verdienen Anerkennung und Aufmerksamkeit, weil sie von bedeutendem Geiste und wirklicher Eigenthümlichkeit erfüllt sind. Die Grundstimmung ist ein tiefreligiöser Sinn und heitere Daseinsfreude. Der Dichter, dessen Heimath in Rheines Wunderland liegt, läßt alle seine Dich⸗ tungen ausstrahlen aus derselben einheitlichen Lichtquelle : „Die Idee nur macht den Dichter, die Idee ist Gottes Wort“ (S. 178); an die ernsten und heiteren Begebenheiten des Lebens tritt er mit gleich besonnener Klarheit des Verstandes wie gemüthvoller Reinheit des Gemüthes heran. Feinsinnige kraftvolle Ge⸗ danken, frohe und wehmüthige Empfindungen werden uns dargeboten; von pietätsvoller Innigkeit wie kindlichem Danke zeugen die Gedichte auf die Mutter: „Schirmt mich auch in der Erinnrung deiner Worte edle Saat“; er preist „der Kindheit Glück, das ihm die größten 55 brachte“ (S. 139). Der eigenen unmittelbaren Erfahrung ind die treffenden Bemerkungen über Haus und Welt, Liebe und Natur, Leben und Streben entnommen. Man erkennt deutlich, daß in den Poesien viel Selbsterlebtes steckt. Die Besichtigung der Insel Mainau hat vor seinem Geiste das Bild des edlen Kaisers Wilhelm I. emporsteigen lassen, welcher hier alljährlich Erholung von edlen Thaten suchte und neue Kraft zum Herrscherberufe sammelte (S. 166). Den Ge⸗ burtstag des Fürsten Bismarck feierte er am 1. April 1885 in einer Ode, deren Schluß lautet: „Des deutschen Landes Größe sei Dir, Schöpfer des Reiches, ein ewig Denkmal!“ (S. 171.) Die Form der Sammlung ist durchweg ansprechend und 55 Die Verse in den verschiedenartigsten Formen, auch die nicht ehr gewöhnlichen suben Strophen des spanischen Volksliedes Seguidilla zeichnen ich durch schlichte Anmuth wie wodolklingende Natürlichkeit aus. Dem gediegenen Inhalt der Dichtungen entspricht die von dem Ver⸗ leger gebotene äußere Ausstattung in braunem Callico mit Golddruck.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Der Ernteertrag des Jahres 1887 in Preußen. (Stat. Corr.) In gleicher Weise wie in den Vorjahren hat in Preußen unter Beachtung der vom Bundesrathe erlassenen Bestimmungen in der zweiten Hälfte des Monats Februar des laufenden Jahres die Erhebung über den Ausfall der Ernte des verflossenen Jahres in den einzelnen Gemeinden und Gutsbezirken stattgefunden. Die auf Grund des solchergestalt gewonnenen Urmaterials nunmehr im Königlichen Statistischen Bureau festgestellten Ertragszahlen, welche in Folge des weit hinausgeschobenen Erhebungstermins bei der Mebrzahl der Früchte die wirklichen Erdruschresultate zum Ausdruck bringen, bestätigen für Winterweizen, Winterroggen und Erbsen im vollen Umfange die günstigen Aussichten, welche bezüglich dieser F bei der vorläufigen Ermittelung der Ernte des Jahres 1887

heeitens der landwirthschaftlichen Vereine gehegt wurden, ohne jedoch die damals erwarteten hohen Erträge bei den schon genannten wie bei den übrigen in Frage kommenden Früchten zu erreichen. Es wurde nämlich bei der sog. Oktoberermittelung der brtrag der 1887er Ernte bei Winterweizen, Winterroggen, Sommergerste und Hafer auf rund 17 354 600 bezw. 56 535 600, 13 512 300 und 32 507 200 Doppel⸗Ctr., bei Erbsen, Ackerbohnen, Wicken, Buchweizen und Lu⸗ pinen auf 3 671 400 bezw. 1 409 100, 1 242 100, 1 470 500 und 1 393 100 Doppel⸗Ctr., bei Kartoffeln auf 205 024 400, bei Winter⸗

raps und Rübsen auf 1 033 900, bei Hopfen auf 27 800, bei Klee⸗ und Wiesenheu auf 29 783 700 bezw. 77 801 700 Doppel⸗Ctr. ge⸗ schätzt, während nach der Februarerhebung, deren Ergebnissen wir in der nachstehenden Uebersicht dasjenige des Vorjahres voransetzen, nur

gewonnen eregg 18 88 ei gegen 2. dem Getreide und den .2 4 1 mehr(P)od. w. (—) Hülsenfrüͤchten: g g in 100 kg in %

dem Winterweizen . 13 730 640 14 854 277 + 1 123 637 + 8

Sommerweizen 984 420 903 619 80 801 8

Winterspelz⸗ u. ⸗Emer 177 164 162 057 15 107— 9

Sommerspelz u.⸗Emer 91 442 + 351 + 386

Wintereinkorn. 8 351 8 706 + 4 355 + 100

Sommereinkorn 3 138 86— 52 38

Winterreggen . 41 439 186 43 690 072 + 2 250 886 + 5

Sommerroggen 585 962 525 710 —- 60 252 10 der Wintergerste. . 367 794 336 384 31 410— Sommergerste. —. 11 083 219 10 741 059 342 160

8*

dem Hafer. 8 . 28 881 108 26 643 765 2 237 343 Buchweizen. 1159 577 910 475 249 102 21 den Erbsen 27422 132 2 672 579 + 250 447 + 10 Ackerbohnen (Saubohn.) 1 448 395 1 388 660,— 59 735 4 Wicken 902 593 910 659 + 8 066 + 1 b161X“ 1 001 850 1 003 364 + 1 514 + 0,15 g e 160768138,1598 1. 933 446 0,6 gesunde. 7 34 692— 0, den Kartoffeln] kranke. . 1683 294 1 811227 + 130 933 + 8 Futterrüben. . 27 311 866 25 665 462 1 646 404 6 öhren. . 2 792 477 2 708 611 —- 83 866 3 Weißrüben.. 6 647 637 4 881 276 1 766 361 27 Kohlrüben 8034 070 7 768 233 265 837 3 c. den Handelsfrüchten: V dem Winterraps u. s. w. 935 615 989 933 + 54 318 + 6 Sommerraps u. s. w. 21 396 13 100 8 296 39 20 679 18 926 1 753 8 d. den Futterpflanzen: I dem Klee als Futter . 24 448 353 23 648 265 800 088 3 Klee als Samen. 90 222 94 415 + 4193 + 5 der Luzerne. 2466 157 2 385 592 80 565 —- 3 Esparsette.. 965 421 962 192 3 561 0,4 den anderen Futterpflanzen 5 519 633 5 367 782 151 639 3 e. dem Wiesenheu . 66 471 633 62 335 691 4 135 942 6 f dem Wein 262 626 249 792 12 834 5 Wir haben bereits wiederholt darauf hingewiesen, daß nach den Er⸗ fahrungen des Königlichen Statistischen Bureaus die Ernteergebnisse der Februar⸗Ermittelung nur Mindestzahlen bieten. Hiernach sind auch die wirklichen Ernteerträge des Jahres 1887 höher zu veran⸗ schlagen, als die vorstehenden Ziffern ergeben.

Einen weitoerbreiteten, den Ernteausfall erheblich schädigenden Einfluß übte im verflossenen Jahre die Dürre aus, die nur in Pommern, Brandenburg und E“ in geringerem Maße auftrat Von derselben wurden 17 % sämmtlicher Erhebungs⸗ bezirke gegen 12,3 bezw. 11,3 % in den beiden Vorjahren und 5,9 bezw. 9,4 und 1,2 % in den Jahren 1884, 1883 und 1882 betroffen. Nach den eingegangenen Berichten wurde dadurch auf einer Fläche von 55 495 ha eine vollständige Mißernte herbeigeführt, unter der haupt⸗ sächlich Klee, Weißrüben und Buchweizen mit 20 070 bezw. 9564 und 8080 ha bei einer gesammten Anbaufläche von bezw. 1 111 766, 133 557 und 191 502 ha zu leiden hatten.

Stellen wir die in den letzten fünf Jahren gleichartig gewonnenen Ergebnisse der Februar⸗Ermittelung für die wichtigsten Früchte neben einander, so ergiebt sich Folgendes. Das endgültige Ernkeergebniß im preußischen Staat wurde geschätzt:

auf Tonnen zu 1000 kg

a. an Frucht: 1883 18è84 1885 1886 1887 bei dem Winter⸗ b

weizen 1 162 310,1 249 424 1 333 144 1 373 064 1 485 428 bei dem Winter⸗

roggen 3 839 903 3 758 421 3 968 433 4 143 919 4 369 007 bei der Sommer⸗

gerste 964 925 1 004 719 1 035 389 1 108 322 1 074 106 bei dem Hafer. 2 125 435 2 486 035 2 550 894 2 888 111 2 664 377 bei den Kartoffeln 14263211 14180011 16785754 16245143 16164892 bei den Runkel⸗

rüben 2 498 419 2 663 385 2 751 750 2 731 187 2 566 546 bei dem Winterraps 80 071 93 598 97 615 93 562 98 993

b. an Stroh und Grünfutter: bei dem Winter⸗ 1

weizen 1 897 458 2 181 641 2 164 755 2 059 525 2 297 117 bei dem Winter⸗ 1

roggen 7 116 557 8 041 072 7 836 187 7 145 868 8 320 124 bei der Sommer⸗ I

gerste 1 171 488 1 280 046 1 258 084 1 304 434 1 283 523 bei dem u .. 2 920 464 3 376 183 /3 362 593,3 705 042 3 424 16414

e an Heu: bei dem Kleebeu 2 310 720 2 773 657 2 654 823,2 444 835 2 364 82 bei dem Wiesenheu 6 101 124 6 960 569/6 811 183,6 647 163 6 233 56 Es ergiebt sich hieraus, daß bei dem Winterweizen und Winterroggen sowohl im Körner⸗ wie auch im Strohertrage und ferner beim Winterraps im Körnerertrage die im Jahre 1887 geborgene Ernte innerhalb des letzten Jahrfünfts die bei Weitem beste gewesen ist. Auch beim Hafer und bei der Gerste muß der Körner⸗ und Stroh⸗ ertrag als ein verhältnißmäßig günstiger bezeichnet werden; denn in der in Betracht gezogenen fünfjährigen Periode wird nur für 1886 eine bessere Ernte nachgewiesen, während bei Kartoffeln und Runkel⸗ rüben, sowie an Wiesenheu 1886 und 1885, an Kleeheu in denselben Jahren und ferner 1884 höhere Erträge gewonnen wurden. 1.

Bemerkenswerth erscheint, daß von den Kartoffeln 1887 nur ei sehr geringer Theil (1,1 %) erkrankt war. Stellt sich derselbe au auf ein Zehntel Prozent höher als im Jahre 1886, so wurde doch keinem der übrigen Vorjahre eine gleich niedrige Ziffer nachgewiesen; vielmehr stieg jener Antheil in den der Ausbreitung der Kartoffe 1 krankheit günstigen Jahren 1880 und 1885 auf 3 %, 1878 und 1879 auf 3,2 bezw. 3,3 % und 1882 sogar auf 3,8 %. 6

Werfen wir zum Schluß unserer heutigen Betrachtung noch einen Blick auf die Anbauflächen, deren Kenntniß für die richtige Ermitte⸗ lung des Ernteertrags der, einzelnen Früchte von wesentlichem Ein⸗ fluß ist, so werden durch die hierüber in Preußen gelegentlich der Ernteerhebung, über die Beschlüsse des Bundesraths hinaus, ge⸗ machten Ermittelungen zwar die jährlich vorkommenden Anbau⸗ verschiebungen nicht vollständig erfaßt, ein Uebelstand, der sich über⸗ haupt nur durch eine eingehendere jährliche Feststellung der für die einzelnen landwirthschaftlich benutzten Flächen würde be seitigen lassen; dennoch aber sind die nach dem derzeitigen Modus bei einzelnen Früchten erfaßten Flächenveränderungen nicht unerheblich, wie schon die sich nur auf die beiden letzten Jahre erstreckende Schluß⸗ übersicht erkennen läßt. Es wurden zur Gewinnung von Körnern bezw. Frucht und Heu angebaut: 8

a Getreide und Hülsenfrüchte:

Winterweizen. Sommerweizen

Roggen.. Gelhse hafer uchweizen. Erbsen Ackerbohnen Wick 1

weniger (—) ha

10 090

7 398

4 588

3 240

1 007 961 81 258 4431 724 934 575 2478 619 194 445 347 587 102 504 125 358 150 937

1112321n Rüben aller Art .439 925

4 436 312 931 335 2 485 966 191 502 344 208 102 124 125 315 150 531

1 995 118 439 825

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