1888 / 182 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 16 Jul 1888 18:00:01 GMT) scan diff

einer vom 10. Juli d. J. datirten Zuschrift des ge⸗ nannten Herrn inisters erfahre, geruhten Se. Ma⸗ jesttt der Deutsche Kaiser, auf welchen die heilnahme der Hauptstadt an dem das Allerhöchste errscherlaus und das ganze Deutsche Reich be⸗ rührenden schweren Verlust den besten Eindruck machte, den . Bismarck zu beauftragen, daß für diese Trauer⸗ kundgebung der Hauptstadt Pest der Dank Sr. Majestät ausgedruüͤckt werde, wovon ich das haupt⸗ ädtische Municipium hiermit in Kenntniß setze. Gezeichnet: isza.“

Pest, 14. Juli. (W. T. B.) Der König von Serbien traf mit dem Kronprinzen, welchem er entgegengefahren war, in Bieske zusammen, worauf er sich mit demselben und dem Gefolge hierher zurückbegab und nach kurzem Aufenthalt seine Reise weiter nach Belgrad fortsetzte.

Czernowitz, 12. Juli. (Czern. Ztg.) Am 7. d. M. fand unter dem Vorsitz des Landes⸗Präsidenten Freiherrn von Pino eine Enquete⸗Berathung über den in der nächsten Landtagssession einzubringenden Gesetzentwurf, betreffend den Ersatz von Wild⸗ und Jagdschäden, statt. Allseitig wurde die Nothwendigkeit und Nützlichkeit der Erlassung eines Gesetzes zur Normirung des Ersatzes für Jagd⸗ und Wildschäden anerkannt und der vom Ackerbau⸗Ministerium herabgelangte Gesetzentwurf zur Grundlage der Berathung genommen; bei der Berathung fanden auch die weiteren Bestimmungen meist un⸗ verändert Annahme.

Großbritannien und Irland. London, 15. Zuli. (W. T. B.) Wie das „Reuter'sche Bureau“ meldet, ist unter den Indianern in Hazelton (Victoria, Britisch Columbia) eine Erhebung ausgebrochen. Da ernste Unruhen befürchtet werden, geht eine Batterie Artillerie fach dem Schauplatz, wo bereits mehrere Weiße getödtet ein sollen.

16. Juli. (W. T. B.) Einer Meldung aus Capetown zufolge ist Präsident Brand gestern Abend gestorben.

Dublin, 16. Juli. (W. T. B.) In den katholischen Kirchen wurde gestern eine päpstliche Encyklika an die irischen Bischöfe, datirt vom 24. Juni d. J., verlesen, worin nochmals das Boycott⸗System auf das Entschiedenste verdammt wird. Ferner wird die unüberlegte Haltung gegen⸗ über dem päpstlichen Stuhl sehr beklagt und ersucht, allen Katholiken mitzutheilen, daß die Handlungen, welche untersagt wurden, als vollständig ungesetzliche untersagt worden seien.

Frankreich. Paris, 14. Juli. (W. T. B.) An⸗ läßlich der Nationalfeier zogen heute Vormittag zahlreiche patriotische Gesellschaften vor der Statue Straßburgs auf der Place de la Concorde vorüber und legten daselbst Kränze nieder. Die Patriotenliga, an deren Spitze sich Dérouloͤde und die boulangistischen Deputirten Laguerre, Laisant und Susini befanden, traf um 10 Uhr daselbst ein; vereinzelte Hochrufe auf Boulanger wurden aus der herumstehenden Menge mit dem Rufe: „Es lebe Frankreich! Es lebe die Republik!“ beantwortet. Eine Rede wurde nicht gehalten. Die Manifestirenden gingen alsdann zu den Denkmälern Gambetta's und der Jeanne d'Arc und legten daselbst gleichfalls Kränze nieder. Bei dem Besuche des ersteren hielt Déroulède eine demonstrative Ansprache, welche mit den Worten schloß: „Für die Republik! Für Elsaß⸗ Lothringen! Es lebe Boulanger!“ Vor dem Defiliren der Gesellschaften wurden auf der Place de la Concorde zwei Per⸗ sonen verhaftet, weil sie Zettel trugen, auf denen sich das Bildniß Boulanger's und folgende Worte befanden: „Alle Patrioten sind heute Abend auf der Place de la Concorde“.

Zu der in Longchamps stattsindenden Truppenrevue erschienen der Präsident der Republik, Carnot, und die Minister um 3 Uhr. Dieselben wurden mit den Rufen: Es lebe Carnot! Es lebe Floquet! Es lebe die Republik! begrüßt. Als das Gefolge des Präsidenten bei den Kaskaden vor⸗ überzog, wurden Carnot, Meline, Leroyer und Saussier mit den Rufen begrüßt: Es lebe Boulanger! worauf mit Rufen: Nieder mit Boulanger! geantwortet wurde. Mehrere Verhaftungen wurden vorgenommen. Nach der Revue fanden dieselben Kundgebungen bei der Rückkehr des Gefolges des Präsidenten statt. Auch diesmal wurde zu mehreren Verhaftungen geschritten.

15. Juli. (W. T. B.) Bei dem gestern auf dem Marsfelde sefäget iten Banket hielt der Präsident Carnot folgende Ansprache an die Maires:

Sie sind gekommen, um die nationale Einheit zu bekräftigen, ich danke Ihnen im Namen der Regierung. Das heutige Fest krönt zwei schöne Tage; der gestrige galt der Verherrlichung des großen Bürgers, welcher in seiner Person den Boden uud die nationale Ehre vertheidigte; heute haben Sie die tapfere und geschulte Armee gesehen, die Vertrauen zu ihren Führern hat und die durchdrungen ist von ihrer hohen Mission, welche dem Lande Sicherheit und Zuversicht einflößen und nach außen eine Bürgschaft für den Frieden sein soll. Heute Abend haben Sie die Bauwerke gesehen, welche das Rendezvous sein sollen, das Frankreich der Kunst und der Industrie des Weltalls giebt. Bei den Wektkämpfen und Preisgerichten der Arbeit, welche Eintracht unter Bürgern und gute Beziehungen unter den Völkern erheischen, werden Sie die Erinnerung an den brüderlichen Empfang bewahren, welchen diese edle republikanische Stadt bereitet. Sie werden Ihren Mitbürgern sagen, daß Sie Herzen gefunden haben, die entschlossen sind, die Einrichtungen des Landes zu vertheidigen und die sich nicht verführen lassen durch trügerische und lärmende Unter⸗ nehmungen. Sie werden das Gefühl mit sich nehmen, daß die Ge⸗ schicke Frankreichs unlöslich mit denjenigen der Republik verbunden sind. Vor einem Jahrhundert war Frankreich ebenfalls geeinigt in brüderlicher Umarmung, um die nationale Solidarität zu verkünden. Mögen dieselben Gefühle Sie auch jetzt beherrschen! Nichts könnte desalransssische Bevölkerung mehr erfreuen und das Vaterland

äftigen.

Präsident Carnot kehrte um 11 Uhr nach dem Elysée zu⸗ rück. Die Straßen waren am Abend sehr belebt, nament⸗ lich die Place de la Concorde war von einer großen Menschenmenge angefüllt, doch fand, trotz der Straßenanschläge, durch welche die Boulangisten aufge⸗ fordert waren, sich gestern Abend auf der Place de la Concorde einzufinden, keine größere Kundgebung statt. Die Manifestationen beschränkten sich auf das Absingen einiger boulangistischer Lieder, mit welchen einzelne Trupps die Straßen durchzogen. Nur im Quartier Latin kam es mit Studenten zu einem thätlichen Zusammenstoß, wo⸗ bei ein Student verwundet wurde.

‚Der Präsident Carnot hat ein Schreiben an den Kriegs⸗Minister gerichtet, in welchem er seine Aner⸗ kennung über die Haltung der Truppen bei der gestrigen Revue ausspricht und den Minister ersucht, das Gouvernement von Paris und die Truppen, welche dasselbe befehligt, zu dem Ausfall der Revue zu beglückwünschen

1“ .

Heute Vormittag empfing der Präsident die Maires, welche dem gestrigen Banket auf dem Marsfelde beigewohnt hatten, und richtete an jeden einzelnen derselben einige Worte. Morgen wird der Präsident Carnot den Fürsten von Montenegro empfangen, welcher heute hier eingetroffen ist.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 15. Juli. (W. T. B.) Für den Aufenthalt des Kaisers Wilhelm werden die Räume des Schlosses Neu⸗Peterhof in Stand gesetzt. Es heißt, Kaiser Alexander werde auf dem Kriegsschiffe „General Admiral“, auf welchem er seine Reise nach den finnischen Scheeren angetreten, dem Kaiser Wilhelm auf offener See entgegengefahren. Dem Ver⸗ nehmen nach kehren das Uebungs⸗Geschwader und das Scheeren⸗Geschwader morgen nach Kronstadt zu⸗ rück, um an der Fahrt dem Kaiser Wilhelm entgegen Theil zu nehmen. Während der Anwesenheit des Kaisers Wilhelm in Rußland werden zu Sr. Majestät kommandirt der General⸗ Adjutant Glinka⸗Mawrie, der General⸗Major à la suite I und der Obrist, Flügel⸗Adjutant Graf Schou⸗ waloff.

16. Juli. (W. T. B.) Se. Majestät der Kaiser Wilhelm wird am Donnerstag Mittag in Kronstadt er⸗ wartet und dürfte vier Tage in Peterhof verweilen. Ein Besuch in St. Petersburg sowie im Lager von Kraßnoje⸗Selo ist beabsichtigt. Die Botschafter von Schweinitz und Graf Schouwaloff sind gestern Abend hier eingetroffen; Minister von Giers wird spät Abends erwartet.

Serbien. Belgrad, 14. Juli. (W. T. B.) Der König ist mit dem Kronprinzen heute Abend 7 Uhr 42 Minuten hier eingetroffen und am Bahnhofe von sämmtlichen Ministern, der Generalität, dem Episkopat, den Spitzen der Behörden und von den Vertretern Deutschlands und Oester⸗ reichs empfangen worden. Auf den Straßen war eine zahl⸗ reiche Menschenmenge angesammelt, die den König sowie den Kronprinzen enthusiastisch begrüßte. Die Stadt ist beflaggt, die meisten Häuser sind festlich erleuchtet. Um 9 Uhr fand ein Fackelzug statt, an den sich eine Serenade schloß.

15. Juli. (W. T. B.) Die serbisch⸗bulgari⸗ schen Delegirten zur Regulirung der Bregova⸗Frage unterzeichneten in Negotin ein Schriftstück, nach welchem die Balejer⸗Wiesen für Bregova abgetreten werden.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 14. Juli. (W. T. B.) Die sächsischen Majestäten machten heute mittelst Extrazuges einen Ausflug nach Upsala. Die Rück⸗ fahrt von dort erfolgt zu Dampfer durch den Mälarsee. Für morgen ist eine Fahrt nach Schloß Tullgarn projektirt, woselbst ein längerer Aufenthalt bei dem Kronprinzlichen Paare in Aussicht genommen ist.

1 Zeitungsstimmen.

Zur Reise Sr. Majestät des Kaisers und Königs schreibt der „Schwäbische Merkur“:

Das deutsche Volk vertraut heute, da die Kaiserfahrt auf der Ostsee ihren Anfang nimmt, ein kostbares Gut den Wogen an: das Fürstliche Brüderpaar, an das es die stolzesten Hoffnungen knüpft. Sie sind, da man im Prinzen Heinrich den künftigen Admiral er⸗ warten darß, in besonderem Sinne die Vertreter von Deutschlands Macht zu Haͤnde und zu Wasser. Da ziehen sie hin, die frischen, jugendlichen Gestalten, vor denen noch die Zukunft liegt: ihre und des Deutschen Reiches Zukunft. Der jüngere Bruder lenkt selbst das Schiff, das den älteren, den Träger der Krone, zu wichtiger Sen⸗ dung an den Hof des großen nordischen Reichs tragen soll. Ein Bild, das an alte, von der Phantasie verklärte Heldenzeiten zurückdenken läßt. Da zieben sie hin, die Söhne Friedrich's, die Enkel Wilhelm's, der Gründer unseres Reichs Mögen die Geister der Ahnen Wache halten über dem neuen Geschlecht! Ganz Deutschland sieht mit freudiger, erwartungsvoller Theilnahme nach den Wimpeln, welche heute ausflattern in die wogende See; nicht am mindesten herzlich das Volk im Süden, das Volk der Hügel und Berge, das stolz ist, daß von einem seiner Felsennester der Adler den Flug nach der Nord⸗ und Ostsee genommen hat; das ackerbauende und gewerbtreibende Volk, das recht gut die Bedeutung der völkerverbindenden Meere kennt; das an der Entwicklung der deutschen Seemacht von den ersten, fast kindlichen Anfängen bis zur heutigen Höhe den wärmsten Antheil genommen hat. Von Kiel geht die Kaiserfahrt aus. Bei uns im Süden hat man stets im Auge gehabt, daß das meerumschlungene Land das deutsche Schicksalsland sei, daß sein Erwerb zu bleibendem deutschen Besitz das Emporkommen Deutschlands aus Schwäche und Zerrissenheit zur Einheit und Macht bedeute. In diesem Jahre noch vollendet sich das Vierteljahrhundert, an dessen Beginn die große Stunde schlug mit der inhaltsswweren Entscheidung: Schleswig Holstein deutsch oder dänisch, Preußen Deutschlands Führer oder von der großen Rolle abtretend, Deutschland eine künftige Seemacht oder in aller Zukunft keine Großmacht. Der Lauf der Geschicke hat sich seitdem glücklich und glänzend erfüllt. Heute schifft der Deutsche Kaiser und König von Preußen aus dem deutschen Hafen Kiel, und mit allen deutschen Gauen stimmt Süd⸗ deutschland begeistert ein in das herzliche Glückauf! Seine richten sich mit freudigem Stolz vom Fels zum Meer!

Die „Weimarische Zeitung“ bemerkt:

Der Kieler Hafen hat heute einen glanzvollen Tag gehabt: der junge Kaiser hat sich dort eingeschifft und ist, geleitet von einem mächtigen deutschen Geschwader, wie es in gleicher Stärke noch nicht versammelt gewesen ist, nach Norden gefahren, um dem Czaren einen Besuchz abzustatten. Dies erste Erscheinen Wilhelm's II. auf der großen Bühne der internationalen ist schon als solches geeignet, die Blicke der Welt auf diese Meerfahrt richten zu lassen. Aber nicht blos die persönlichen Umstände, auch die politischen Zwecke, denen die Reise gilt, verleihen derselben die Bedeutung eines großen Ereignisses. Wilhelm II. hat die Worte, die er in den feierlichsten Augenblicken seines Lebens gesprochen, bekunden es voll und ganz das Programm angenommen, zu dem sein Großvater und Vater sich bekannt haben und das seinen kraftvollen und bezeichnenden Ausdruck findet in der Kaiseransprache von Ver⸗ sailles am 18. Januar 1871, in der das neue Deutsche Reich bestimmt ward, ein Hort des Friedens zu sein. Dies Wort ist seither eine Wahrheit geblieben und soll es auch fürderhin bleiben das ist der Grundgedanke, aus dem heraus Kaiser Wilhelm's Meerfahrt zu beurtheilen ist. Die Bege nung der beiden mächtigsten Herrscher der Erde, zu der der deutsche Kaiser die Anregung gegeben hat, soll dazu dienen, den Frieden zu festigen. Wenn heute in Konstantinopel, London, Paris mit einigem Mißmuth das sich vollziehende Ereigniß betrachtet wird, so ist ein ernsthafter Grund dafür nicht vorhanden und die ehrlichen Politiker dort, die wirklich den Frieden wollen, werden sich bald überzeugen, daß Besorgnisse nicht gerechtfertigt sind, die andern aber, die ihre Pläne durch die Begegnung gefährdet sehen, werden sich mit der Befestigung des Friedens, die wir von dieser Be⸗ gegnung erhoffen, gut oder übel abfinden müssen. In Wien und Rom aber begleitet man wie in Deutschland den jungen Kaiser mit den herzlichsten Wünschen auf seiner Meerfahrt, deren Ergebniß in nichts die innigen und freundschaftlichen Beziehungen der drei ver⸗ bündeten Reiche trüben kann. In welcher Weise die Aufgabe, um die es sich handelt und die darin besteht, zwischen den mitteleuro⸗

Blicke

päischen Mächten und dem Ostreich einen Ausgleich der Interessen zu

finden, der die Erhaltung des Friedens für längere Zeit sichert, ihre—

konkrete Lösung finden soll, auf diese Frage kann außerhalb des kleinen Kreises der Eingeweihten eine Antwort nicht gegeben werden. Zunächst genügt ja auch, daß das Ziel als solches feststeht und daß die Hoffnungen, es werde erreicht werden, auf dem guten Grund beruhen, den deutsche Friedensliebe und deutsche Stärke schaffen. Denn darüber besteht kein Zweifel: Deutschlands Macht ist die Sicherung des europäischen Friedens, und es ist darum von großer Bedeutung, daß Kaiser Wilhelm zum Ausgangspunkt für seine erste Handlung auf internationalem Gebiet den Kieler Hafen gewählt hat, ist diese Stätte doch der Ausgangspunkt geworden für die Wieder⸗ gewinnung der Machtstellung des neuen Deutschlands. Wie leicht schreibt sich heute hin: der Deutsche Kaiser hat, geleitet von einem mächtigen deutschen Geschwader, den Kieler Hafen verlassen, aber wie viel Staatsklugheit, Tapferkeit und rastlose Arbeit hat dazu gehört, um uns den Kieler Hafen und die deutsche Flotte zu schaffen, zur Thatsache zu machen, was Generationen ein schöner Traum er⸗ schien. Das heutige Geschlecht freut sich dieses Besitzes, in dessen Genuß der größte Theil herangewachsen ist, auch Kaiser Wilhelm selbst. Er ist kein Theilnehmer gewesen an der Arbeit und an den Kämpfen, die uns den Besitz gegeben haben, aber wenn er mit hohem Sinn und stolz geschwelltem Herzen heute an der Spitze der Flotte durch den Hafen von Keel gefahren ist, sich wohl bewußt der großen Macht und der hohen Aufgaben, die die deutsche Kaiserkrone symbolisch darstellt, so wird ihm das glänzende Schauspiel eine Mahnung sein, zu wirken wie seine Vorgänger in energischer selbstloser Hingebung an den nationalen Gedanken und in der tüchtigen Arbeit, die in dem Wohl des Vaterlandes das höchste Ziel erkennt, die Aufgabe seines Lebens zu sehen. Nur wie sie gewonnen, kann die Kraft des Reichs erhalten und damit der Frieden gesichert bleiben.

In der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ lesen wir:

Ein amtlicher Bericht beschäftigt sich mit den Beziehungen, welche in neuerer Zeit der deutsche Handel mit Süd⸗Australien ange⸗ knüpft, und bezeichnet es als bemerkenswerth, daß während der drei letzten besonders schlechten Jahre, wo der Handel mit Großbritannien einen großen Rückgang zeigte, derjenige mit Deutschland von Jahr zu Jahr zunahm. Die Haupteinfuhrartikel aus Deutschland waren: Pulver, Bier, Bücher, Cement, Möbel, Glaswaaren, Leim, Hopfen, Pianos, Roheisen, Drabt, Präserven, Zündhölzer, Milch, Mineral⸗ wasser, Nägel, Cognac, Nähmaschinen, Spirituosen, Stärke, Zucker, Taback, Cigarren. Große Beliebtheit hat sich deutsches Roheisen und Cement auf den südaustralischen Märkten gewonnen, auch sei zu be⸗ merken, daß die Weltausstellung des Jahres 1887 dazu beigetragen habe, den Handel mit Deutschland zu beleben und zu heben, da die deutschen Ausstellungsgegenstände Anerkennung und gute Aufnahme gefunden hätten.

Der Bericht hebt am Schluß hervor, daß die direkte Ausfuhr von Süd⸗Australien nach Deutschland noch nicht über das Anfangs⸗ stadium hinaus wäre. Die australischen Verschiffer und Rheder wären zu sehr an den Londoner Weltmarkt gewöhnt, und es läge nicht in ihrem Interesse, neue Absatzgebiete aufzusuchen, da dies an⸗ fänglich stets mit Verlusten verknüpft ist. Größere Ankäufe austra⸗ lischer Produkte deutscherseits und der Beweis, daß gute Preise auf deutschen Märkten zu erlangen sind, könnten allein dahin wirken, daß die Aufmerksamkeit der Exporteure auf diese Märkte gelenkt wird, und sie veranlassen, nach dort konsignationsweise zu verladen. Pro⸗ dukte dieses Landes sind: alle Metalle, wie Kupfer, Silber, Gold ꝛc. und deren Erze, Rinde⸗ und Schafstalg, Schafwolle, Weizen, Mehl, Korke, Känguruh⸗, Schaf⸗, Opossum⸗ und Kaninchenfelle, Wein u. s. w. Wolle und Weizen sind von vorzüglicher Qualität.

„Der Schiffahrtsverkehr war im letzten Jahre äußerst schwach. Er wird jedoch Angesichts der Aussicht auf großen Export sich bald be⸗ leben. Bei Weitem der größere Theil der Ausfuhr und Einfuhr wird jetzt durch Dampfer bewirkt. Vier bedeutende Dampferlinien unter⸗ halten einen regelmäßigen Verkehr mit Europa. Unter diesen be⸗ hauptet der Norddeutsche Lloyd eine angesehene Stellung, obgleich seine Schiffe an Größe denen der anderen Linien nachstehen. Viele Frachtdampfer besuchen außerdem Süd⸗Australiens Küsten, und es fehlt somit nicht an Gelegenheit, günstig zu verladen. Zwischen den verschiedenen Häfen der australischen Küste wird ein leb⸗ hafter Dampferverkehr unterhalten. Segelschiffe werden in australischen Gewässern seltener, doch dürfte in diesem Jahre der großen Ausfuhr halber wieder eine größere Anzahl derselben nach dort kommen. Nahe an 100 derselben sind während der ersten drei Monate d. J. bereits mit Ladung nach Europa abgegangen oder für Ladung nach dort ge⸗ chartert. Für Weizenfracht nach Europa würden eiserne Schiffe von der Größe von 800 bis 1100 Reg.⸗Tonnen vorgezogen. Frachtsatz für Weizen nach Europa ist augenblicklich 30 Schill. bis 32 Schill. 6 Pence für die Tonne.“

In einem Artikel der „Staatsbürger⸗Zeitung“, .“ „Der Aufschwung der deutschen Industrie“,

eißt es:

Die von der englischen Regierung eingesetzte Kommission zur Er⸗ gründung des angeblichen Niedergangs der heimischen Industrie (depression of trade“) kam zu dem Ergebniß, daß ein solcher Niedergang, besonders wenn man die bezügliche Handelsbilanz ins Auge fasse, allerdings als drohend erscheine und daß die Schuld an dieser unliebsamen, das stolze England beleidigenden Erscheinung vor Allem die überall aufstrebende Industrie Deutschlands trage.

Die Thatsache dieses Aufstrebens und dessen für uns erfreuliche Erfolge, insoweit sie wirklich vorhanden sind, gestehen wir gern zu, obwohl wir uns ein abschließendes Urtheil über die Thatsache und vollends über Maß und Grenzen jenes „Niedergangs“ auf britischer Seite nach den uns vorliegenden Feststellungen noch nicht gestatten.

Für das Jahr 1885, in welchem die englische Enqguste ins Werk gesetzt wurde, berechneten wir zwar nach den tabellarischen reichs⸗ statistischen Uebersichten, daß im Austausch industrieller Fabrikate (in Einfuhr und Ausfuhr) bei einem Gesammtverkehr von 288 078 t 1000 kg) Deutschland gegenüber Großbritannien sich bereits einer Mehrausfuhr von 6722 t erfreute

Günstiger hatte sich allerdings das Verhältniß Deutschlands zu den westlichen Industrieländern gestaltet. So hatte Deutschland gegenüber Belgien, bei einem Gesammtverkehr von 202 449 t, eine Mehrausfuhr von 95 493 t, gegenüber der Schweiz, bei 127 577 t, von 82 333 t und gegenüber Frankreich bei 126 637 t, gar von 120 636 t an fertigen industriellen Fabrikaten. Ferner wurde berechnet, daß die deutsche Ausfuhr an Wollenwaaren um 5 %, von Maschinen um 11 %, von Baumwollen⸗ waaren um 15 %, dagegen die englische Ausfuhr an gleichen Fabri⸗ katen nur um 4, 10, resp. 4 % vom Jahre 1886 auf 1887 ge⸗ stiegen sei. 8 b

Auch angesichts dieser statistischen Thatsachen wollen wir uns nicht dem Vorwurf einer leichtfertigen oder gar gehässigen Beleuchtung der Industrie Englands aussetzen, indem wir darauf hin schon den wirklichen Niedergang seiner Industrie konstatirten; allein soviel ist auf Grund dieser und anderer Argumente unbestreitbar, daß England auf dem ihm sonst eigensten Gebiet, dem industriellen, den Ruf seiner Ueberlegenheit, den Ruhm seiner Weltherrschaft eingebüßt hat, und zwar trotz aller Verschleierungen des Manchesterthums von jenseit wie des vaterlandelosen „Freisinns“ von diesserts, vornehmlich Deutsch land gegenüber

Amtsblatt des Reichs⸗Postamts. Nr. 33. Inhalt: Verfügungen: vom 5. Juli 1888. Wirksamkeit der für die Angehöri der Reichs⸗Post⸗ und Telegraphenverwaltung bestehenden Wohlthäti fetteanstalten ür das Etatsjahr 1887/88 bez. für das Kalend jahr 31“ 8 8 1u11“““

Statistische Nachrichten.

Ueber die Ergebnisse der Volkszählung in Bavyern am 1. Dezember 1885 bringt die Nr. 1 des 20. Jahrgangs der Zeitschrift des Königlich bayerischen Statistischen Bureaus“ folgende Mittheilungen: Bevölkerungszunahme: Am 1. Dezember 1885 zählte das Königreich 5 420 199 Seelen gegen 5 284 778 im Jahre 1880. Die Mehrung beträgt demnach 135 421 oder 2,56 %. Zahlenverhältnisse der Geschlechter: Auf 100 männliche Personen treffen weibliche:

1871 1875

101,6 100,4

104,9 104,1

106,4 104,3

108,3 108,4

106,6 105,6

106,6 106,0

106,8 106,8

107,7 105,8

Königreich . . . . . 105,3 1049 104,9 105,4 Civilstandsverhältnisse: Die Civilstandsverhältnisse der

bayerischen Bevölkerung nach dem Stande vom 1. Dezember 1885

sind aus nachstehender Uebersicht zu ersehen:

Von der Gesammtbevölkerung des Königreichs waren: Regierungsbezirke ledig verheirathet verwittwet geschieden Oberbayern. 61,6 32,7 5,6 0,1 Niederbayern.

b 32,9

. Oberfranken.. 11 Mittelfranken Unterfranken Schwaben. Königreich 61,3 Die Zahl der Verheiratheten zeigt den höchsten Prozentsatz in

den Lebensjahren:

Oberbayern 1 Niederbayern

oSddo de o

SCSSSUÁgCS

51 55 46 50741 45

mit Prozenten

41 45 36—40

mit Prozenten

2) Weiber: Oberbayern. Niederbayern. 3 Niederbayern. Mittelfranken Schwaben.. ““ Pfalz berpfalz 86, Oberpfalz.. Oberfranken. Oberfranken. Unterfranken. 85, Mittelfranken 81,13 Schwaben.. 84,05 Unterfranken. V 77,57 Höchstes Lebensalter: Nachstehende Uebersicht zeigt, welches höchste Lebensalter, dann die Fälle, in welchen ein Alter von wenig⸗ stens 100 Jahren und von wie vielen Personen dasselbe erreicht worden ist, sowie u.“ und den Civilstand dieser Personen: G ver⸗ ver⸗ ge⸗ Regierungs⸗ UIans⸗ männ⸗ weib⸗ heira⸗ witt⸗ schie⸗Summe bezirke jahr lich lich thet wet den

Oberbayern N789 Niederbayern..

1) Männer:

Oberbayern 74,90

76,07 78,09 82,76 78,63 79,51

1784 Pfal⸗ 1784

berpfalz 1775 1788

Oberfranken 1782

Mittelfranken.. Unterfranken. 1787 Schwaben 1786 1

Am 1. Dezember 1885 lebten danach in Bayern 7 hundert, bezw. über hundert Jahre alte Personen. Das weibliche Geschlecht und die verwittweten Personen sind unter diesen ältesten Personen besonders stark vertreten. Gebürtigkeit. Von der am 1. Dezember 1885 ermittelten Gesammtbevölkerung sind geboren:

5 228 260 in Bayern, 1230 789 in anderen Staaten des Deutschen Reichs, 59 162 in anderen europäischen Staaten,

1 988 in außereuropäischen Staaten,

5 420 199 im Ganzen.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Greifswald, 14. Juli. (W. T. B.) Der Professor der ineg Dr. Ludwig Julius Budge ist heute Vormittag ge⸗ torben.

Im Verlage von Ferdinand Hirt u. Sohn in Leipzig, erschien: „Friedrich der Dritte, Deutscher Kaiser und König von Preußen. Ein Lebensbild, Jung und Alt gewidmet von B. Rogge, Dr. theol. und Königlicher Hofprediger. Mit zwei Bildnissen des Kaisers und vielen anderen Abbildungen.“ Das vorliegende Buch war nahezu vollendet und druckfertig, um unter dem Titel: „Der Kronprinz des Deutschen Reichs und von Preußen“ zu erscheinen, als im vorigen Frübjahr die schwere Erkrankung des Kronprinzen alle Herzen mit angster Sorge erfüllte. In den darauf folgenden Monaten banger Erwartung erschien es weder dem Verfasser noch dem Ver⸗ leger angemessen, mit dem Werke an die Oeffentlichkeit zu treten. Die freudige Stimmung, die im Rückblick auf das reichgesegnete Leben des Thronfolgers den Grundton der kleinen Schrift bildete, schien zu sehr mit den getheilten Empfindungen in Widerspruch zu stehen, von denen monatelang alle deutschen Herzen in Gedanken an den kranken Thronerben bewegt wurden, Mit der Tronbesteigung Kaiser Friedrich's fiel die eben angedeutete Rücksicht weg, und das Werk sollte heraus⸗ gegeben werden. Eben war der letzte Druckbogen der Presse über⸗ eben, als die erschütternde Kunde durch die Lande flog, daß Kaiser Friedrich seinen Leiden erlegen. Die vorliegende Schrift wird nun, wider die ursprüngliche Absicht des Verfassers wie der Verlags⸗ bandlung zu einem, dem Gedächtniß des Verstorbenen geweihten Zeugniß dankbarer Liebe und Verehrung. Die vorliegende Darstellung des Lebens Kaiser Friedrich's durch einen kurzen Nachtrag über seinen Heimgang zu ergänzen, bleibt einer hoffentlich bald folgenden zweiten Auflage vorbehalten. Das vorliegende Werk bildet einen dankenswerthen Beitrag zu der Literatur über Kaiser Friedrich und wird in allen patriotischen Kreisen Leser finden. Die Ausstattung ist eine hochelegante, die Illustrationen sind künstlerisch ausgeführt.

Die Revolutionen der Jahre 1848 und 1849 in Europa, geschichtlich dargestellt von Rudolph Stratz. Erster Theil; Die Februar⸗Revolution undihrenächsten Folgen. Heidelberg, Carl Winter's Universitäts⸗Buchhandlung, 1888. 8. S. XII. u. 378. Der Verfasser dieser Geschichte der Revolutionen während der Jahre 1848/49 in Curopa beabsichtigt, die geschichtlichen und kriegerischen Ereignisse dieses Zeitraums in eingehender und sachlicher Weise zu schildern. Weil die folgenschweren egebenheiten jener Zeit noch nicht die ihnen zukommende Würdigung Seitens der Geschichts⸗

reibung gefunden haben, so hofft er mit der Lösung seines allerdings schwierigen Vorhabens eine Lücke in der deutschen Geschichtsliteratur auszufullen. Anerkannt muß werden, daß der Verfasser eine umfassende, überaus gründliche Kenntniß des so verschiedenartig gestalteten und zersplitterten Geschichtsstoffs nicht nur besitzt, sondern denselben auch vollständig beherrscht. Die Auffassung ist streng historisch und thunlichst objektiv. Das mit unermuüdlichem Fleiß zusammengetragene, massenhafte, theilweise urkundliche Material ist ebenso einsichtsvoll verwerthet, wie die neueren Forschungsergebnisse geschickt benutzt sind. Den Leser wird die klare, 88 verständ⸗ liche Form der Darstellung fesseln; namentlich wird die ebenso treue wie lichtvolle Schilderung der so vielfach verschlungenen äußeren Politik, wie der politischen Parteikämpfe in den damaligen deutschen Bundes⸗ staaten befriedigen. Der Inhalt dieses ersten Bandes vertheilt sich

auf folgende zehn Abschnitte: Die Februar⸗Revolution, Der deutsche Bundestag, Die Märzbewegung in den deutschen Mittel⸗ und Klein⸗ staaten, Der Sturz des Fürsten Metternich, Der 18. März in Berlin, Das Vorparlament, Die Wirren im Großherzogthum Posen, Die Erhebung Schleswig⸗Holsteins, Die Erhebung Italiens gegen Oester⸗ reich, Die Ereignisse in den übrigen europäi chen Staaten. Die am Schluß gegebene Uebersicht der Literatur erweist schon äußerlich, daß dem Verfasser auch mehrere nur im Manuskript vorhandene Schriften vorgelegen haben, welche im Text gewissenhaft verwendet sind.

Im Verlage von Ernst Siegfried Mittler und Sohn, Königliche Hofbuchhandlung hierselbst (Kochstraße 68 70), erschien soeben: „Schießwolle in ihrer militärischen Verwen⸗ deüng Unter besonderer Berücksichtigung der neuesten Erfahrungen mit Schießwollgranaten.“ Herausgegeben von Max von Förster, Premier⸗Lieutenant a. D., technischer Leiter der Schießwollfabrik Wolff u. Co., Walsrode. Mit 3 Figurentafeln.

„Zur Thronbesteigung Kaiser Wilhelm's II.“ Unter diesem Titel erschien in demselben Verlage ein von Karl Bötttcher, Professor, Museums⸗Direktor a. D., verfaßtes Gedicht.

Die „Deutsche Dichtung“, herausgegeben von Karl Emil Franzos (Stuttgart, Adolf Banz u. Comp.), erweist sich mit jeder neuen Nummer mehr und mehr als eins der vornehmsten belletristisch⸗literarischen Organe, welches sowohl durch Inhalt, Reich⸗ haltigkeit des Stoffs und elegante Ausstattung in jeder Hinsicht allen Anforderungen gerecht wird. Sie erscheint am 1. und 15 jedes Monats. Preis pro Band 7 50 ₰. Das uns vorliegende Heft 8 hat folgenden Inhalt: August Graf von Platen. Nach einem Kupferstich. Kaiser Friedrich †. Berthold Pfeiffer in Stuttgart. Ecce vir! Friedrich van Hoffs in Trier. 15. Juni 1888. Richard Leander (Richard von Volkmann) in Halle a. S. An Kaiser Wilhelm den Zweiten. August Graf von Platen. (Ungedruckter Nachlaß.) Kleine Schriften zur Literatur: Vorbemerkung. 1. Ueber Epos und Epiker. II. Bemerkungen über den Verfall der deutschen Literatur. III. Etwas über die neuere deutsche Poesie. Hermann Lingg in München. Der Stern Byron's. Helene Freiin von Thüngen in Stuttgart. Erinnerung. Wolfgang Kirchbach in Dres⸗ den. Frühlingslockruf. Wilhelm Berger in Bremen. Einsame Leute. Novelle (Fortsetzung). August Graf von Platen. (Unge⸗ druckter Nachlaß.) Die Grotten von Arcy. Ballade. Mitgetheilt von Heinrich Meisner in Berlin. August Graf von Platen: Liedchen. (Autograph). August Graf von Platen. (Ungedruckter Nachlaß). Aphorismen. Josef Bayer in Wien. Vom historischen Drama II. Das Wirner Burgtheater und das deutsche Drama. Beiträge zur Geschichte der dramatischen Produktion 1814—1867. Nach ungedruckten Quellen. VI. Zedlitz, Elsholtz, Immermann. Kleine und Rezensionen; Kulturströmungen im Osten. „Auserlesene Gemälde der Galerie Schack.“ Besprochen von G. Weiß in Wien. Lyrisches. Besprochen von Otto Hartung in Wien.

Zeitschrift für Missionskunde und Religions⸗ wissenschaft. Organ des Allg. ev.⸗prot. Missionsvereins, heraus⸗ gegeben von Prediger Dr. Th. Arndt in Berlin, eb Dr. Buß in Glarus, Pfarrer J. Happel in Heubach. Berlin, A. Haack. Jährlich 4 Hefte. (Pr. 3 ℳ) 3. Jahrgang. 3. Heft. Das soeben er⸗ schienene 3. Heft des laufenden Jahrgangs der neuen Missions⸗ zeitschrift des Allg. ev⸗prot. Missionsvereins zeichnet sich wieder durch ungemeine Reichhaltigkeit aus. Es wird in diesem Organ die Mission in die vielseitigste Beziehung zu den verwandten Wissenschaften gesetzt; die Völkerkunde, die Geographie, die Religionswissenschaft, alle diese Disziplinen werden eingehend berücksichtigt. „Beiträge zur japanischen Mission“ von Pastor W. Gerber wenden die klaren, unanfechtbaren Missionsgrundsätze, welche Prof. Lipsius auf der Braunschweiger Versammlung 1887 ausgesprochen hatte, auf Japan an. „Ein psycho⸗ logisches Problem des chinesischen Volkslebens“, von Prof. J. Happel, liefert eine Erklärung der entsetzlichen Unsitte des Mädchenmordes in China. Rud. Hotz beginnt eine Reihe höchst instruktiver Artikel über die deutschen Kolonien in der Südsee, in welchen Land und Leute auf Grund uverlässiger Nachrichten ausführlich besprochen werden. Die Ge⸗ schichte des Urchristenthums, mit welcher jede Missionsgeschichte be⸗ ginnen muß, wird nach Pfleiderer's, Weizsäcker's und Ed. Reuß' ein⸗ schlägigen Werken vom Pred. Lic. Jülicher beleuchtet. „Auch die Rubriken: Literatur, Missionsrundschau und Vereinsnachrichten sind reichlich ausgestattet. Namentlich finden wir in der Abtheilung: „Aus der Mission der Gegenwart“ höchst interessante Mittheilungen, z. B. über die Londoner Missionskonferenz und über die Amerikanische Missionsleistung (mit Illustr.). Die ökonomische Leistungsfähigkeit des rasch aufblüͤhenden jungen Missionsvereins wird ausführlich mit Zahlen belegt u. s. w.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Auf der 17. Versammlung deutscher Forstmänner zu München, vom 9. bis 12. September, werden, wie die „Zeit⸗ schrift für Forst⸗ und Jagdwesen“ mittheilt, folgende Gegenstände zur Berathung kommen: Thema I.: Welche Erfahrungen wurden gemacht bezüglich der Herstellung, des Verschleißes und der Ver⸗ wendung von Torfstreu und welche Maßnahmen empfehlen sich in Absicht der Steigerung des Verbrauchs dieses Streusurrogats für die Forstverwaltung in den zur Torfstreu tauglichen Mooren? Wie wird hierbei die Rücksicht auf künftige Verwendung der benutzten Flächen mit maßgebend sein, und welche Erfahrungen hat man mit der Aufforstung benutzter und nicht benutzter Torfmoore gemacht?“ Referent: Königlich württembergischer Oberförster Frank zu Schußenried. Korreferent: Direktor des Torfwerks Feilen⸗ bach, Franz Hirschbold. Thema II: „In welcher Lage befindet sich die heutige Buchennutzholzerzie huncg, und was kann für die weitere n derselben, beziehungsweise für Verwerthung, Verarbeitung und Export des Buchennutzholzes ge⸗ schehen?“ Referent: Königlich preußischer Forstmeister Sprengel in Bonn. Korreferent: K. o. u. ö. Professor an der Universität München, Dr. Rudolf Weber. Thema III: „Welche Erfahrungen wurden bezüglich der Umwandlung von reinen Buchenbeständen, deren Ueber⸗ führung in gemischte Laubholzbestände aus irgend welchen Ursachen aus⸗ eschlossen erscheint, in gemischte Nadelholzbestände mit möglichster Beibe⸗ der Buche als Grund⸗ und Füllbestand gemacht? Wie ist bei derartigen Umwandlungen je nach den 1b Standorts⸗ verhältnissen zu verfahren, und welche Holzarten sind in Rücksicht auf die Mischung zu wählen?“ Referent: Königlich bayerischer Forst⸗ meister Eßlinger in Aschaffenburg. Thema IV. Mittheilungen über Versuche, Beobachtungen, Erfahrungen und beachtenswerthe Vorkomm⸗ nisse im Gebiele des Forst⸗, Jagd⸗ und Fischereweisens.

Sanitäts⸗, Veterinär⸗ und Quarantänewesen.

Oesterreich⸗Ungarn.

Die K. und K. Seebehörde in Triest hat die ihr untergebenen Sanitätsorgane angewiesen, Provenienzen aus dem neapolita⸗ nischen Meerbusen bei gesunder Ueberfahrt bis auf Wei⸗ teres strenger ärztlicher Untersuchung zu unterziehen. (Vergl. „R.⸗A.“ Nr. 178 vom 11. Juli 1888.) 8

Die Königlich ungarische Seebehörde zu Fiume hat neuerdings egen die Provenienzen aus Neapel, unter Aufhebung der sonstigen Pügran a ebectie gene ger⸗ nur eine strenge ärztliche Untersuchung an⸗

See nachdem die in Neapel vorgekommenen verdächtigen Krank⸗

eitsfälle als Cholera nicht anerkannt worden sind. (Vergl. „R.⸗A.“ Nr. 178 vom 11. Juli 1888.) 1 Gewerbe und Handel.

„Saling's Börsen⸗Jahrbuch“ welches als Fort⸗ setzung des zweiten (finanziellen) Theils von „Saling's Börsen⸗Papiere seit langen Jahren in der Bearbeitung von W. L. Hertslet erscheint, ist für den Jahrgang 1888/89 soeben im Verlage der Haude⸗ und Spener'schen Buchhandlung (F. Weidling) erschienen. Das bewährte und in jeder Beziehung vortreffliche Nachschlagebuch, welches sich in allen Börsen⸗ und den weitesten Kapitalistenkreisen längst ein⸗

gebürgert hat, bedarf einer neuen Empfehlung nicht. Es ist be⸗ annt, daß man im „vHertslet“ jede erwünschte Auskunft übe die an deutschen Börsenplätzen marktgängigen Werthpapiere findet und man weiß, daß der Verfasser nicht nur die peinlichste Sorgfalt auf die Genauigkeit und Sicherheit seiner Angaben verwendet, sondern daß er auch als Fachmann das Wichtige von dem weniger Bedeut samen oder gar Ueberflüssigen derart zu sondern weiß, daß der dar gebotene Stoff, ohne durch ein Uebermaß zu belästigen, doch alle Wesentliche klar und übersichtlich aufweist. So hat der Bearbeiter es ermöglicht, daß „Saling's Börsen⸗Jahrbuch“ nicht nur die an der Berliner Börse gehandelten, sondern auch die wichtigeren Papiere welche an anderen deutschen Plätzen, besonders in Hamburg un Frankfurt a. M. gehandelt werden, berücksichtigen kann; hier durch, wie ferner durch das alljährlich im Herbst erschei⸗ nende Ergänzungsheft, welches alle inzwischen etwa eingetretenen Veränderungen und Zusätze enthält und unentgeltlich nachgeliefert wird, unterscheidet sich der „Saling“ vortheilhaft von allen ähnlichen Arbeiten. Die äußere Anordnung des Stoffes ist unverändert geblieben, aber dankenswerth ist es, daß eine Besprechung der amerikanischen Eisenbahnen, wenigstens soweit Aktien oder Obli gationen derselben in Berlin gehandelt werden, wieder an entsprechen der Stelle eingefügt ist; auch ist es erfreulich, daß die neu an di Börse gekommenen Papiere, namentlich auch die in jüngster Zei emittirten Industriepapiere noch im „Nachtrage“ behandelt worden sind. Sicherlich wird der in gewohnter eleganter Ausstattung er scheinende neue Jahrgang des „Saling“, wie er es verdient, die alten Freunde sich erhalten und neue erwerben. 8

Die „Verhandlungen, Mittheilungen und Be richte des Centralverbandes Deutscher Industrieller“⸗ welche vom Geschäftsführer H. A. Bueck herausgegeben werden, bringen in ihrer Nr. 41 vom Juli 1888 folgende Artikel: Nachruf für Kaiser Friedrich III., Bekanntmachung des Staats⸗Ministeriums, betreffend den Tod Kaiser Friedrich's III., An Mein Volk, Reichs⸗ tags⸗Thronrede. Landtags⸗Thronrede, Gesetzentwurf, betreffend die Alters⸗ und Invalidenversicherung der Arbeiter, Vergleichung der wesentlicheren Bestimmungen des Gesetzentwurfs mit den Grund⸗ zügen, Inkrafttreten des neuen schweizerischen Zolltarifs, Mittheilungen 8 aus dem Deutschen Handelsarchiv, Kleinere Mittheilungen: a. Ent⸗ sendung eines Reichskommissars behufs Berichterstattung über die Ausstellung in Barcelona, b. Erhebung, betreffend die Aufwendungen zu Gunsten der Arbeiter, c. Aenderung der Satzungen des Ver⸗ bandes der deutschen Berufsgenossenschaften, Literatisches.

Die „Frkft. Oder⸗Ztg.“ bringt folgenden Bericht über die Tuchmesse in Frankfurt a. O.: Die Anfuhr von Waaren war im Allgemeinen nicht groß, nur Forst hatte seine Fabrikate in größerer Menge auf den Platz gebracht. Der Zufuhr gegenüber war jedoch die Zahl der Käufer gering; Süddeutschland, welches stets große Posten vom Markt nahm, fehlte ganz, und kleine Ein⸗ käufer waren in solcher Anzahl, wie sie sonst die Julimesse zu sehen gewohnt ist, auch nicht da. Infolge dessen nahm das Geschäft einen schleppenden Verlauf. Trotz alledem hielten sich die Preise aber auf normaler Höͤhe. Was die einzelnen Fabrikate betrifft, so hatte Krimmitschau nicht viel Waare auf den Platz ge⸗ bracht; die Waaren fanden guten und schlanken Absatz, und Fabrikanten nahmen sogar Aufträge mit nach Hause. Forst verkaufte trotz der starken Anfuhr Alles, was gute Qualität hatte und in neuen Dessins hergestellt war und zwar gut; an dem Fabrikplatz übrig gebliebene und in Qualität schlechtere Waare mußtte sich jedoch Preisreduktion gefallen lassen oder vom Platz genommen werden. Kottbus hatte wenig Waare am Platze und verkaufte nur mäßig. Peitz hatte vorwiegend von voriger Saison zurückgebliebene Fabrikate zu Markte gebracht und machte darum ein schlechtes Geschäft. Lucken⸗ walde hatte ziemlich starke Anfuhr bewirkt, erzielte aber nur ein . mittelmäßiges Geschäft. Kirchberg dagegen hatte wenig Waare am Platze und verkaufte gut, nahm auch Aufträge entgegen, welche die Fa⸗ briken für längere Zeit beschäftigen dürften. Spremberg, das ziemlich ganz von der Messe verschwunden, weil es für Damenkonfektion haupt⸗ sächlich beschäftigt ist, eine Waare also produzirt, die eigentlich nicht Meßartikel ist, war nur wenig vertreten und machte kein lohnendes Geschäft mit Ausnahme einiger Fabrikanten, die Herrenkonfektions⸗ artikel fabriziren, welche vom Platz genommen wurden. In schwarzer Waare, wie sie Sagan, Görlitz, Finsterwalde, Grünberg und Schwiebus produziren, war das Geschäft nicht belangreich. In Futterstoffen, wie sie Brandenburg, Drossen, Zielenzig ꝛc. herstellen, flaute das Geschäft. Auch in Decken und Friesen von Kalbe und Aschersleben war das Geschäft nicht lebhaft.

Der Gemeinderath von Weimar hat beschlossen, die beiden älteren 4 % Anleihen der Stadt im Gesammtbetrage von 967 000 zu kündigen, dagegen aber eine neue 3 ½ % Anleihe im Betrage von 1 500 000 aufzunehmen, da ca. 500 000 zu nothwendigen und zweckmäßigen baulichen Herstellungen erforderlich sind. 8

Elberfeld, 14. Juli. (W. T. B.) Die Generalversammlung der Bergisch⸗Märkischen Bank genehmigte die Erhöhung des Aktienkapitals um 5 000 000

London, 14. Juli. (W. T. B.) 5 Weizenladungen 8

London, 16. Juli. (W. T. B.) Die Getreidezufuhren be⸗ trugen in der Woche vom 7. bis 13. Juli: Englischer Weizen 2312, fremder 46 115, englische Gerste 48, fremde 13 623, englische Malz⸗ gerste 19 496, fremde —, englischer Hafer 465, fremder 51 214 Orts., englisches Mebl 16 764, fremdes 54 774 Sack.

New⸗York, 14. Juli. (W. T. B.) Der Werth der in der vergangenen Woche eingeführten Produkte betrug 5 720 649 Doll., davon für Stoffe 2 501 023 Doll. Der Werth der Einfuhr in der Vorwoche betrug 7 429 570 Doll., davon für Stoffe 2 565 807 Doll.

An der Küste angeboten

Submissionen im Auslande.

I. Italien.

1) 18. Juli, Mittags. Neapel. Direz. Art. 8 Torp. 20 Dip. Maritt. (Comm. L. Baia.): Lieferung verschiedener Kurzwaaren. Voranschlag 27 713,76 Lire.

2) 26. Juli. Neapel. anschlag 29 354 Lire.

II. Oesterreich⸗Ungarn.

10. August, Mittags 12 Uhr. Budapest. Direktion der Königl. ungar. Staatsbahnen: 1

Lieferung folgender, zum Bau der Neugradiska⸗Brooder Eisen⸗ bahnlinie erforderlicher Materialien: 63 200 Stück Eichen⸗Mittel⸗ schwellen ersten Ranges, 22 Garnituren (circa 130 cbm) Eichen⸗Extra⸗ hölzer, circa 3900 t Stahlschienen (K. System) und der zu diesen

ehörigen Bindemittel im Gewichte von circa 450 t, 22 Garnituren Weichen und 22 Garnituren Kreuzungen. Kaution 5 % des Mate⸗ rialienwerths. Näheres an Ort und Stelle.

Verkehrs⸗Anstalten.

Norddeutscher Lloyd in Bremen.

(Letzte Nachrichten über die Bewegungen der Dampfer.) New⸗York⸗ und Baltimore⸗Linien:

estimmung b

Bremen 13. Juli in Bremerhaven.

Bremen 7. Juli von New⸗York.

Bremen 11. Juli von New⸗York. New⸗York 10. Juli in New⸗York. 8 New⸗York 13. Juli in New⸗York NeweHorf ü8. Juli von Southampton. New⸗York 12. Juli von Southampton. New⸗York 14. Juli von Bremerhaven.

Bremen 13. Juli in Bremerhaven.

Bremen 10. Juli von Baltimore. Baltimore 11. Juli in Baltimore. Baltimore 13. Juli Lizard passirt.

Dir. Armam. R. Marina: Stoffe. Vor⸗

„Lahn“ „Werra Aller“ „Eider“ „Ems“ „Fulda“. „Saale“. „Elbe“ „America“ „Weser“ „Main“ „Donau“.