1888 / 199 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 04 Aug 1888 18:00:01 GMT) scan diff

In einer Katasterstreitsache hat sich das Reichs⸗ öv. unter dem 6. Juli 1888 (Nr. 539) dahin ausgesprochen, daß das Frisch⸗ Haff als ein „Haff der See“ in Gemäßheit des §. 2 Absatz 2 des Seeunfallversiche⸗ rungsgesetzes vom 13. Juli 1887 anzusehen sei. Wie die Motive zum §. 2 Absatz 2 a. a. O. ausführen, lehnt sich diese Bestimmung an ältere gesetzliche Definitionen des Begriffes „Seefahrt“ und „Seefahrzeug“ an. §. 3 der Verordnung über das Verhalten der Schiffer nach einem Zusammenstoß von Schiffen auf See vom 15. August 1876 (Reichs⸗Gesetzblatt Seite 189) hatte die Fahrt auf anderen mit der See in Verbindung stehenden, von Seeschiffen befahrenen Gewässern der Fahrt auf dem offenen Meere gleichgestellt, rechnete demnach die Fahrt auf allen von Seeschiffen befahrenen Küstengewässern, insbesondere auch die Fahrt auf den Mündungen der großen Ströme zur Seefahrt. Dem entgegen sieht §. 1 der Vorschriften über die Registrirung und die Bezeichnung der Kauffahrteischiffe vom 13. November 1873 (Reichs⸗Gesetzblatt Seite 367) die Fahrt auf einem Theile der mit der See in Ver⸗ bindung stehenden Nebengewässer, insbesondere auch die Fahrt auf den Haffen der Ostsee, nicht als Seefahrt an. Die egistrirungsvorschriften befanden sich hierbei in Ueberein⸗ stimmung mit der bisher herrschend gewesenen Anschauung der Betheiligten, insbesondere der seemännischen Kreise, welche auch in dem Erkenntniß des Reichsgerichts vom 8. De⸗ zember 1883 (Entscheidungen des Reichsgerichts in Civil⸗ sachen Band 13 Seiten 68 ff.) zum Ausdruck gebracht ist. Das Seeunfallversicherungsgesetz hat gegenüber den oben gedachten Bestimmungen über den Begriff „See⸗ fahrt“ einen mittleren Standpunkt eingenommen. Im All⸗ gemeinen sind die in §. 1 der Vorschriften über die Registri⸗ rung ꝛc. festgesetzten Grenzen auch für das räumliche An⸗ wendungsgebiet des Seeunfallversicherungsgesetzes beibehalten; aber auch innerhalb dieser Grenzlinien sollen die Bestimmungen des Seeunfallversicherungsgesetzes Anwendung finden, soweit sich die mit der See in Verbindung stehenden Nebengewässer als Buchten, Haffe und Watten der See darstellen. Das Seeunfallversicherungsgesetz lehnt sich hierbei wie in den Motiven ausdrücklich erwähnt ist an §. 1 der Schiffs⸗ vermessungsordnung vom 5. g 1872 (Reichs⸗Gesetzblatt Seite 270) an, wonach dem Vermessungszwang unterliegen „alle Schiffe, Fahrzeuge und Boote, welche nach ihrer Bauart ausschließlich oder vorzugsweise zum Verkehr auf See oder auf den Buchten, Haffen und Watten derselben bestimmt sind“. Die Fahrten auf den Nebengewässern sollen im Uebrigen als Binnenfahrten gelten; insbesondere bleibt hiernach die Fahrt auf den offenen Mündungen der großen Ströme für das Seeunfallversicherungsgesetz außer Betracht Die der Schiffsvermessungsordnung entlehnte Fassung in §. 2 Absatz 2 des Seeunfallversicherungsgesetzes: „Buͤchten, Haffen und Watten der See“ ist aber lediglich eine redaktionelle und ist insbesondere durch dieselbe nicht beabsichtigt worden, entgegen der bisher herrschenden Bedeutung des Begriffs Haff den neuen Begriff eines „Haffs der See“ im Gegensatz u einem „Binnenhaff“ aufzustellen. Das Wort „Haff ndet sich im deutschen Küstengebiet als Sonderbezeichnung der drei der Ostseeküste eigenthümlichen Strommündungen, des pommerschen oder Stettiner, des Frischen und des Kurischen Haffs Diese theils durch benachbarte Inseln, theils durch schmale Landzungen oder Nehrungen vom Meer geschiedenen Mündungsgolse bieten durch ihre geringe Tiefe und die bei heftigem Winde eintretenden Wellenbewegungen den auf ihnen verkehrenden Schiffen erhebliche Gefahren, welche auf den offenen Strommündungen im Allgemeinen nicht vorhanden sind, so daß der Gesetzgeber diese Wasser⸗ gebiete dem Seeunfallversicherungsgesetz unterwerfen zu müssen eglaubt hat. Wenn der Gesetzgeber das Wort „Haff“ in . 1 der Schiffsvermessungsordnung und in §. 2 Absatz 2 des Seeunfallverficherungsgesetzes in einem anderen als dem bisher allgemein üblichen Sinne verstanden wissen wollte, so würde er jedenfalls zur Vermeidung eines alsdann nahe liegenden Mißverständnisses den Begriff näher erläutert haben. Hiernach hat die Fahrt auf dem Frischen Haff, soweit die Be⸗ stimmungen des Seeunfallversicherungsgesetzes in Frage kom⸗ men, als Seefahrt zu gelten.

Der Präsident des Ober⸗Landeskulturgerichts, Glatzel, ist nach Kissingen abgereist. Der General⸗Inspecteur der Fuß⸗Artillerie, General⸗ Lieutenant von Roerdansz, hat sich mit Urlaub nach Osterode i. P. begeben.

Der Dampfer „Habsburg“ mit dem Ablösungs⸗ transport für S. M. Kreuzer „Adler“ ist am 22. Juli cr. in Apia eingetroffen. 8

der Dampfer „Lübeck“ mit der abgelösten Besatzung S. M. Kreuzers „Adler“ ist am 2. August cr. in Sydney eingetroffen; von hier aus wird mit dem Dampfer „Salier“ am 15. August cr. die Heimreise angetreten.

Bayern. München, 4. August. (W. T. B.) Die Kronprinzessin Stephanie von Oesterrreich, welche vor einigen Tagen hier eingetroffen war, ist zum Besuch der

rinzessin Ludwig nach Lindau weitergereist und kehrt von dort, nach einem Besuch in Schaffhausen, über Bregenz nach Wien zurück. . Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Coburg, 2. August. (Goth. Ztg.) Der Herzog ist gestern Nacht von seinen Besitzungen in Tirol hier wieder eingetroffen.

Anhalt. Dessau, 2. August. (Anh. St.⸗A.) Die Herzogin sowie die Prinzessin Alexandra und der Prinz Aribert sind heute mit Gefolge von hier nach

erchtes gaden abgereist.

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Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 3. August. (W. T. B.) Der Kaiser hat an den Reichs⸗Finanz⸗Minister, Ge⸗ res von Kallay, welchem die Civilverwaltung

osniens und der Herzegowina unterstellt ist, ein vom 22. Juli cr. datirtes Han dschr eiben gesandt, in welchem er ihm die lebhafte Genugthuung über die aus den Berichten des Kronprinzen entnommene Förderung der friedlichen, geistigen und materiellen Entwickelung Bosniens und der Herzegowina ausdrückt und ihm auf das Wärmste dankt für Alles, was bereits zur dauernden Sicherung der Pahlfahrt und Sefsgeehh der Bevölkerung geschehen sei. Ferner spricht der Kaiser seinen Dank den hierbei redlich mit⸗ wirkenden Militär⸗ und Civilbehörden sowie der den

namentlich dazu beigetragen habe, daß dem Kronprinzen sein dortiger Aufenthalt 5 besten Andenken bleiben werde.

Das „Fremdenblatt“ schreibt betreffs der Jurisdiktions⸗ frage in Massovah: Italien habe dort eine regelmäßige Verwaltung und Justizpflege eingeführt, welche für alle frem⸗ den Staatsangehörigen daselbst gleich funktionire. Dadurch seien die Kapitulationen, auf welche sich ein Theil der Fremden bei der Verweigerung der Zahlung der jüngst ausgeschriebenen Kommunalsteuern berufen habe, feisfehas en gegenstandslos eworden. Das „Fremdenblatt“ führt dann zahlreiche eispiele für einen in der Hauptsache analogen Vorgang in Bosnien und der Herzegowina, Tunis und Cypern an und schließt mit den Worten: „Ohne somit auf die Vorfragen, die zur Massovahs geführt haben, einzugehen, entschied die österreichische Regierung, daß, in Anbetracht der durch die italienische Okkupation in Massovah geschaffenen Einrichtungen, die Kapitulationen auf unsere ö“ daselbst nicht anwendbar sind und sich die letzteren daher den italienischen Gesetzen zu unterwerfen haben. 8

Großbritannien und Irland. London, 2. August. (A. C.) Der Erbgroßherzog und die Prinzessin Alix von Hessen trafen gestern in Osborne ein. 3. August. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Oberhauses erklärte der Premier Lord Salisbury, daß Italien, wenn auch nicht mit Englands, so doch mit dessen Wissen, von Massovah Besitz ergriffen und England dadurch auch die bezüglichen Ver⸗ trags⸗Verpflichtungen mit übernommen habe. Er hoffe, daß ein Konflikt Italiens mit Abessinien vermieden werden würde, England könne jedoch, nachdem seine Vermitte⸗ lung mißlungen sei, Italien keine neue Vermittelung anbieten, sei indeß gern bereit, jede passende Gelegenheit zur Herstellung des Friedens zu ergreifen. Das Oberhaus nahm den Antrag Dunraven's an, die Untersuchung des Aussaugesystems (Sweating⸗System) auf das vereinigte Königreich auszudehnen. Im Unterhause erklärte Fergusson: Der Sklaven⸗ andel in Mittel⸗ und Ost⸗Afrika werde besser begrenzt

ham sobald die englische sowie die deutsche Ostafrikanische Gesellschaft die Küsten verwalteten. England wirke mit an⸗ deren civilisirten Mächten zwecks Unterdrückung und Bestra⸗ fung des Sklavenhandels gemeinsam, ebenso wie der jetzige Sultan von Zanzibar solches nach besten Kräften fördere.

(A. C.) Aus Capetown vom 1. August meldet ein Telegramm des „Reuter'schen Bureaus“: ““

Beide Häuser des Parlaments bhaben einstimmig eine Resolution zu Gunsten der Vereinigung der Aemter des Ober⸗Kommissars und des Gouverneurs der Kap⸗ Kolonie angenommen. Die Presse betonte die Nothwendigkeit dieser Vereinigung im gegenwärtigen Zeitpunkte.

Aus Indien und Birma liegen folgende Reuter'sche

Depeschen vor: ve enr2 1. August. Vier Geschütze der in Darjeeling

stationirten Bergbatterie sind nach Gnatong beordert worden, wo sie am 10. d. eintreffen dürften. Die Ghurkas werden am 15. d. daselbst erwartet. Eine Compagnie des Derbyshire⸗Regiments mit den zwei übrigen Geschützen soll die Operationsbasis in Padong halten. Nach der Ankunft der Verstärkungen wird Oberst Graham die im Jelapla⸗Paß stationirten Thibetaner an⸗

sreiffunndalav, 4. Agust Die Mandalav⸗Eisenbahn wird Ende dieses Monats für den Güterverkehr und vor Ablauf

dieses Jahres für den Passagierverkehr eröffnet werden.

rankreich. Paris, 2. August. (Journal des vdect Der Präsident der Republik wird sich am 5. d. M. nach Montargis begeben, wo derselbe der Enthüllung des Denkmals Mirabeau's beiwohnen wird. Die Rückkehr nach Fontainebleau erfolgt am nämlichen Tage.

n dem heute abgehaltenen Ministerrath machte der Minister des Auswärtigen, Goblet, Mittheilungen über die Unterhandlungen mit der italienischen Regierung betreffs der Massovah⸗Angelegenheit. Der nächste Ministerrath, welcher sich mit dem Strike der Pariser Erdarbeiter beschäftigen wird, findet am Sonnabend statt.

Bulgarien. Sofia, 3. August. (W. T. B.) Einer Meldung der „Agence Havas“ zufolge sandte der italienische Kapitän Cuggia, beneffs der Verhandlungenmit den Briganten in der Bellowa⸗Affaire seine von der italie⸗ nischen Regierung erhaltenen Instruktionen, wonach die bulgarische Regierung Emissäre an die Briganten senden solle, durch den italienischen Konsu, an den Präfekten in Basardjik. Der Präfekt betrachtete diesen Schritt als eine Einmischung in seine Gerechtsame und verweigerte jedes Eingreifen ohne Befehl seiner Regierung. In Plge dessen wurde eine von den Kon⸗ suln von Oesterreih, Griechenland und Italien unterschriebene Note ar die bulgarische Regierung ge⸗ schickt, worin die offizielle Mission des Kapitän Cuggia nochmals ausdrücklich betont wird. Die bulgarische Regierung be⸗ antwortete diese zweir Note boehin. daß sie, in Folge des Verlangens verschiedener diplomatischer Agenten, ihre Truppen aus den Gebirgsregioren zurückgezogen habe. Da die Waldungen in Folge dessm nicht mehr uͤberwacht seien, würde die Regierung keinerleiweitere Verantwortung für die geplanten Unternehmungm des Kapitäns Cuggia übernehmen.

Amerika. Washington, 2. August. (R. B.) Die republikanischen Mitglieer des Finanzausschusses be⸗ riethen gestern die repullikanische Tarifbill. Die Bill ist im Kesentlichen fertiggestellt, wird jedoch vor Ablauf einer Woche nicht im Hen eiigebracht werden.

Zeiungsstimmen. v“

Zu dem Besuch Sr. Majestät des Kaisers in Friedrichsruh bemerkt die „Times“”:

„Kein Monarch könntt einem Minister ein höheres Zeichen des Vertrauens geben als Laiser Wilhelm, als er nach Be⸗ endigung seiner Besuche n St. Petersburg, Stockholm und Kopenhagen in Friedrichsub bei dem greisen Kanzler vor⸗ sprach. Dieser Besuch wid weder in Deutschland noch im Aus⸗ lande mißverstanden werden. Es bedarf keines weiteren Beweises für das unbegrenzte Vertraun und die Zuneigung, welche der neue Kaiser für den Mann hegt, dssen Weitsicht, nimmer rastende Wach⸗ samkeit und unbezwinglicher Wille es den Hohenzollern ermöglicht haben, über das geeinte Datschland zu herrschen. Wenn über die Tendenz der neuen Ke ierung :twas bekannt ist, ist es, daß die Politik Preußens und Deutschlands fortan eine Bismarck'sche Politik sein wird. Wir werden wahrscheilich niemals zu hören bekommen, was bei der Begegnung in Friedrisruh passirt ist; aber man kann wohl

„Die Wahlprüfungen und die

Unter der Ueberschrif 8 2 „Deutsche

parlamentarischen Körpe Tageblatt“:

Der diesjährige deutsche Juristentag wird sich u. A. mit der rage zu weetlihtüen haben, ob es wünschenswerth erscheine, die Ent⸗ sheshen über die Gültigkeit der Mandate ihrer Mitglieder den parlamentarischen Körperschaften abzunehmen und sie einem besonderen Gerichtshofe zu üßertragen. Zwei zu dieser Frage von den Professoren Seydel in München und Jellinek in Wien erstattete Gutachten haben sich bereits in bejahendem Sinne ausgesprochen; wie die beiden Referenten des Juristentages, Dr. Jaques (Wien) und der Abgeordnete Amtsrichter Francke (Berlin) zu der Angelegenheit sich stellen werden, ist einstweilen noch unbekannt. Mit großem Eifer ist jedoch ein Theil der deutschen brbfse namentlich der linksliberalen und klerikalen, bereits in die Erörterung dieser zunächst rein akademischen Frage ein⸗ etreten, obwohl dieselbe unsere 1eeean also die in letzter Fnfltanz zuständigen Faktoren bisher noch nicht beschäftigt hat und voraussichtlich auch so bald nicht beschäftigen wird. In ruhiger und sachlicher Weise spricht das parteioffiziöse Organ der National⸗ liberalen, die Nationalliberale Correspondenz“, über die Angelegenheit sich aus, wenn sie auch von vornherein betont, daß ihres Erachtens ein dringendes Bedürfniß für eine so grundlegende Aende⸗ rung des bestehenden Zustandes, wie die Ueberweisung der Wabl⸗ prüfungen an einen ad boc zu ernennenden Gerichtshof es sein würde, durchaus nicht zu Tage getreten sei. Sie bemerkt u. A.:

„An und für sich sind die Wahlprüfungen für die Parlamente ohne Zweifel ein lästiges und undankbares Geschäft, und die Gefahr, daß sich dabei Parteirücksichten und Parteiinteressen geltend machen, liegt nahe genug. Aus diesem Grunde hat man neuerdings in ein⸗ zelnen Ländern, namentlich in England, die Wahlprüfungen der gericht⸗ lichen Entscheidung übergeben, und dies Verfahren soll sich wohl bewährt haben. Auf der anderen Seite kann man es auch als eine Rechtsverkürzung der Parlamente betrachten, wenn ihnen die Wahlprüfungen entzogen werden, und auch die Gefahr ist nicht abzuweisen, daß ein Gerichtshof durch die Entscheidung poli⸗ tischer Fragen, die dabei in Betracht kommen können, z. B. inwieweit unzulässige Beeinflussungen stattgefunden haben, leicht in bedenk⸗ licher Weise in das Parteigetriebe hineingezogen werden könnte.“

Auf einem entschieden verneinenden Standpunkte steht die „Na⸗ tional⸗Zeitung“, das Hauptoragan des linken Flügels der Na⸗ tionalliberalen. In einer ihrer letzten Nummern erklärte sie:

„Als nach der Verhandlung des Abgeordnetenhauses über die Elbing⸗Marienburger Wahl in der Presse der schon früher wiederbolt laut gewordene Vorschlag wieder auftauchte, die Wahlprüfungen, welche jetzt den parla mentarischen Körperschaften zustehen, einem Ge⸗ richtshofe zu übertragen, haben wir uns entschieden gegen diesen Ge⸗ danken erklärt. Wir zeigten an dem Verlauf der Elbing⸗Marienburger Wahlprüfung, daß die Verschleppung derselben bis zum Schluß der Legislaturperiode wie es sich ähnlich in früheren, minder krassen Fällen verhalten hatte auf Mängeln des parlamentarischen Wahlprüfungsver⸗ fahrens beruhte, welche sich abstellen lassen. Die Ueberweisung der Wahlprüfungen an einen Gerichtshbof aber bezeichneten wir als unzulässig, weil das Parlament nicht das Recht der Kassirung von Wahlen wegen dabei etwa vorgekommener politischer Mißbräuche aufgeben könne. Diese Ansicht müssen wir auch gegenüber dem Gut⸗ achten aufrecht erhalten, welches Professor Jellinek in Wien für den bevorstehenden Juristentag erstatter hat, und das dhie Uebertragung der Wahlprüfungen an einen Gerichtshof befür⸗ wortet. Der offenbare Fehler der IJellinek'schen Argumenta⸗ tion liegt darin, daß sie die Frage ohne Rücksicht auf die Verschiedenheit der Verhältnisse in den verschiedenen Ländern be⸗ handelt. Hr. Jellinek versicht den theoretischen Satz, daß die Wahl⸗ prüfung eine Funktion der Rechtsprechung sei; er findet denselben da⸗ durch bestätigt, b man in England durch Gesetze von 1868 und 1879 die Wahlprüfungen einem Gerichtshofe übertragen hat, und daß in neuerer Zeit dasselbe in Schweden geschehen ist. Man kann aus den letzterwähnten Thatsachen aber nur folgern, daß in den genannten Ländern die Wahlprüfung eine ausschließlich richterliche Funktion sei, nicht, daß sie es überall und daß sie es insbesondere bei uns sei. Ein Gerichtshof kann darüber entscheiden, ob die gesetzlichen urd sonstigen formalen Vorschriften über die Wahlen beobachtet werden; in England handelt es sich allein darum, in Schweden vermuthlich ebenfalls. Eine unzulässige politische Einwirlung der Regierung auf die Wahlen kam in England schon längst nicht mehr vor als die Ueber⸗ tragung der Wahlprüfungen an einen Gerichtshof beschlossen wurde; da⸗ gegen veranlaßte hierzu der Umstand, daß sich im Unterhaus der Einfluß der Parteigegensätze auf die Entscheidung über Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften geltend machte. Aehnliches ist bei uns zwar zuweilen behauptet worden, aber unseres Erachtens mit Unrecht; dagegen ist auch anderer Mißbrauch der Regierungsmacht, als durch Verstöße gegen formale Vorschriften, bei den Reichstags⸗ und Landtagswablen nicht ausgeschlossen, und deshalb müssen die parlamentarischen Ver⸗ sammlungen bei uns die Entscheidung über die Gültigkeit der Wahlen nach wie vor in der Hand behalten.“

Denjenigen linksliberalen Blättern, welche den Gedanken der Ueberweisung aller Wahlprüfungen an einen Gerichtshof im Hinblick auf die „Würde“ und das „Ansehen“ der gesetzgebenden Körperschaften rundweg von der Hand weisen zu müssen erklärten, erwiderte die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ dieser Tage ohne sich übrigens ihrerseits für das Jellinek⸗Seydel sche Gutachten unbedingt zu engagiren —: „daß mit solchen Redensarten eine wissenschaftliche Frage nicht gefördert werden könne. Ueber die Dringlichkeit oder auch über die Zgweck⸗ mäßigkeit der erörterten Neuerung könnten die Ansichten wohl aus⸗ einandergehen, dagegen erscheine es doch wunderbar, wern hier und da behauptet werde, daß durch die Berufung der unparteischen ordent⸗ lichen Gerichte zur Entscheidung der Wahlprüfungen hie Autorität und Bedeutung einer so hochgestellten Versammlung, nie ein parla⸗ mentarischer Körper es sei, überhaupt leiden würde.“

In einer längeren Replik auf die bezüglichen Aufführungen des gouvernementalen Organs äußert nun das Leibblat’ des Herrn E. Richter, die „Freisinnige Zeitung“: 1

„Wenn es sich um die Rechte des Monarchen zandelt und um die Frage, ob ein durch die eHbb gegebenes Recht desselben modifizirt werden soll, so ist die „Norddeutsche“ sehr weit davon ent⸗ fernt, dies als eine rein wissenschaftliche Frage zu btrachten, sondern sie betrachtet es als eine Frage der politischen Madt, und mit vollem R 8 8 in der letzten Thronrede wuse ausgeführt, so

echte

aften“ schreibt das

seien zwischen Kone und Volks⸗ vertretung, zwischen Reich und Einzelstaatn, so seien sie gerade richtig vertheilt, und so müsse es auch oleiben, und jedem Versuche, das durch die Verfassung hergestelte Gleichgewicht zu verschieben, würde Widerstand geleistet werden. Nun wohlan, wir halten es für unsere Aufgabe, b Recht der Volksvertretung zu vertheidigen, jedes Recht, das sie hat, darum zu vertheidigen, weil sie es hat, und uns auf eine Erörterung darüber, was wissenschaftlich geboten sei, gar nicht einzulassen. So gut wie die Regierungen den Einspruch der Wissenschaft abweisen, vo es sich um die Aufrechterhaltung der Machtfülle der Krone lndelt, so gut weisen wir eine Einmischung der Wissenschaft in die Frage ab, ob die Beßen. wärtig der Volksvertretung zugemessenen und nach unserem Dafür⸗ halten recht schmal zugemessenen Rechte erbelten bleiben sollen oder nicht. Wir stehen auf dem Boden des verhssungsmäßigen Rechtes, und wir vertheidigen dasselbe. Und nug den zweiten Punkt. Es kann garnicht bezweifelt werden, daß die 75* der Volksvertretung darunter leidet, wenn sie in Beziehung auf Fragen, welche sie früher selbständig entschied, sich in Zukunft dem Ausßruch eines Gerichts unter⸗ werfen soll, auf dessen Besetzung sie nicht den Feringsten hat. Der König ist der wichtigste staatsrechtliche Faktorim Lande, und wir gedenken nicht, das in Frage zu stellen. Aber gencn mit demselben Nachdruck vertheidigen wir den Satz, daß nächst den Monarchen die Volksver⸗ tretung der wichtigste Faktor im Reich urd Staat ist, und daß die

vertheilt

annehmen, daß dort Alles widerholt wurde, was in St. Petersburg

letzteren entgegenkommenden Bevöl k erung aus, welche

gesprochen worden ist

Volksvertretung in Beziehung auf diejengen Fragen, über die sie zu entscheiden hat, nicht dem Ausspruch sss andern Gremiums unter⸗ 8 86 u

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worfen werden kann. Es wäre für die Volksvertretung ein höchst bedrückender Zustand, wenn sie ein Mitglied als zu Recht gewählt in ihrer Mitte dulden müßte, von dem sie selber die Ueberzeugung hat, daß es zu Unrecht gewählt ist. Bei Wahlprüfungsfragen handelt es sich ja sehr häufig um die Frage, ob eine unerlaubte Wahlbeein⸗ flussung stattgefunden bat oder nicht. Es kommen daneben andere Wahlanfechtungsgründe „vor, in Beziehung auf die wir zugeben, daß darüber auch ein unabhängiger Gerichtshof ebenso gut urtheilen könnte, als die Volksvertretung selbst. „Ebenso gut“ sagen wir, „besser“ nicht, und da die Volksvertretung ebenso * urtheilt wie er, und da sie bisber das Recht hat, zu urtheilen, so möge es auch in Zukunft dabei bleiben, daß sie auch in diesen Fällen urtheilt. Bei Wahl⸗ beeinflussungen aber kann nur die Volksvertretung urtheilen, und jedem Urtheil eines außerhalb derselben stehenden Gerichtshofes würden wir von vornherein mit dem größten Mißtrauen gegenüberstehen.“

Daß übrigens auch auf linksliberaler, freisinniger Seite der Gedanke einer Ueberweisung der Wahlprüfungen an die Gerichte nicht ganz ohne Anhänger und Befürworter ist, zeigt eine Berliner Correspondenz der „Dresdener Zeitung', welche das jetzige Wahl⸗ prüfungsverfahren für ein so mangelhaftes hält, daß die Substituirung der gerichtlichen Entscheidung ihres Erachtens als ein bedeutender Fortschritt sich darstellen würde.

Gegen die Aenderung des status quo tritt sehr nachdrücklich nur die Kreuzzeitung“ ein. Das hochkonservative Blatt begründet seinen Widerspruch in folgender Weise:

„Bewährte Anordnungen und Bräuche oder Gesetze ohne Noth durch andere ersetzen zu wollen, ist oft gefährlich, niemals weise. Ueberdies bestimmen die preußische wie die deutsche Reichsverfassung, daß das Abgeordnetenhaus sowohl als der Reichstag selbständig die Geschäfte der Wahlprüfung betreiben, und weder dort noch hier würde sich nach so vieljähriger Praxis eine Majorität für eine Ab⸗ änderung finden. Es ist daher auch gar nicht von irgend welchem Belang, daß der nationalliberale Abg. Francke (Tondern) auf dem nächsten Juristentage über jene Frage als Referent auftreten wird. Alle Parteien würden ihr das Schicksal der Verwerfung bereiten, wenn es möglich wäre, daß die deutsche oder preußische Re⸗ gierung sie einer Berücksichtigung vor unseren gesetzgebenden Körper⸗ schaften unterzögen. Selbst von einem anders als nach französischen Schablonen gegliederten oder richtiger zusammengesetzten Reichstage egden⸗ wir die Integrität eines unbedingten Wahlprüfungsrechts ordern.

Bei alledem handelt es sich, wie schon bemerkt, einstweilen noch um rein theoretische und akademische Erörterungen. Davon ü61 die Regierung die Absicht habe, in näherer Zeit eine Reform des Wahl⸗ prüfungsverfahrens in der bezeichneten Richtung in Anregung zu bringen, hat bisher nicht das Mindeste verlautet, und noch weit weniger dürfte aus der Mitte des Abgeordnetenhauses oder des Reichs⸗ tages ein bezüglicher Initiativantrag gestellt werden.

Dem Jahresbericht der Handels⸗ und Gewerbekammer u Zittau auf das Jahr 1887 entnimmt die „Leipziger

eitung“ folgendes zur allgemeinen Lage:

Das Jahr 1887 kann im Allgemeinen als ein für das Geschäfts⸗ leben im Kammerbezirk günstiges bezeichnet werden. Es hat in mehreren Zweigen das Vorjahr übertroffen und für einzelne noth⸗ leidende ranchen den Beginn einer Besserung, für andere begründete Aussicht auf solche gebracht. Einige Artikel gingen den Fabrikanten der Lausitz verloren; mit anerkennenswerthem Geschick und mit befriedigendem Erfolge wurden andere dafür aufgenommen. Einzelne Branchen litten auch im Berichts⸗ jahre Noth; der Muth wurde jedoch nirgends verloren. Die Lage unserer Arbeiterbevölkerung kann im Allgemeinen als eine be⸗ b bezeichnet werden. Es hat, man darf sagen, aller Orten rege Thätigkeit geherrscht und es haben vielfach gute Löhne gezahlt werden können. In manchen Industriezweigen war Mangel an Arbeitern vorhanden, der auch durch Angebot höherer Löhne nicht be⸗ seitigt werden konnte. In denjenigen Fällen, wo bei vollkommen aus⸗ reichender Beschäftigung und großem Umsatz nur gedrückte Preise zu erzielen waren, deren, wie sich aus nachstehender Einzeldarstellung ergiebt, eine nicht geringe Zahl vorhanden ist, trug der Unternehmer selbst den Ausfall des Verdienstes in richtiger Erkenntniß der That⸗ sache, daß nur auf der Grundlage des Wohlbefindens seiner Arbeiter der Unternehmer zu prosperiren vermag. In mehr und mehr an den Tag tretendem Maße machten sich auch die wohlthätigen Folgen der sozialpolitischen Gesetzgebung bemerkbar. Das Krankenversicherungs⸗ gesetz und das Unfallversicherungsgesetz haben dazu beigetragen, die Arbeiterverhältnisse zu gesunden. Möge es dem Vermächtniß, das der greise dahingeschiedene Kaiser in den Grundzügen für das Alters⸗ und Invalidenversicherungsgesetz seinem Volke hinterlassen hat, be⸗ 8 sein, das so glücklich begonnene Werk glücklich weiter zu ördern.

Amtsblatt des Reichs⸗Postamts. Nr. 35. Inhalt: Verfügungen: vom 1. August 1888. Anschluß der Insel Hati (San Domingo) an das internationale Telegraphennetz.

Post⸗Dampfschiffverbindungen nach päischen Ländern. August 1888.

Archiv für Post und Telegraphie. Nr. 14. Inhalt: I. Aktenstücke und Aufsätze: Postbauten des Deutschen Reichs. Die Rohrpost⸗Anlage in Berlin und Charlottenburg (Fortsetzung). Der Check⸗ und Clearingverkehr bei der österreichischen Post⸗ Sparkasse. Verkehrseindrücke aus Italien (Schluß). II. Kleine Mittheilungen: Telegrammverkehr aus Anlaß der Eröffnung des Deutschen Reichstages. Ein französischer Brief vom Jahre 1763 im Reichs⸗Postmuseum. Die Insel Sumatra. III. Literatur des Verkehrswesens: Anleitung zu wissenschaftlichen Beobachtungen auf Reisen. Herausgegeben von Dr. G. Neumayer, Direktor der Deutschen Seewarte. Zweite, völlig umgearbeitete und vermehrte Auf⸗ lage in zwei Bänden. Mit zahlreichen Holzschnitten und zwei lithogr. Tafeln. Berlin 1888, Verlag von Rob. Oppenheim. In Oktav, XVI und 655 bez. 627 Seiten. IV. Zeitschriften⸗Ueberschau.

außereuro⸗

Statistische Nachrichten.

Die überseeische Auswanderung aus dem Deutschen Reich über deutsche Häfen, Antwerpen, Rotterdam und Amsterdam betrug im Monat Juni 1888 8453 und im ersten Halbjahr 1888 56 732 Köpfe. Im gleichen Zeitraum der Vorjahre wanderten aus: 1887 im Juni 8644 und im ersten Halbjahr 57 181, 1886: 5907 bezw. 40 597, 1885: 9622 bezw. 66 941; von den letzten 10 Jahren hatte das Jahr 1881 im ersten Halbjahr die größte Aus⸗ wandererziffer, nämlich 126 139, 1878 die kleinste mit 13 661 Köpfen.

Nach den vom handelsstatistischen Bureau in Hamburg zu⸗ sammengestellten „Tabellarischen Uebersichten des Hamburgischen Handels im Jahre 1887“ wird der Flusschiffahrtes⸗Verkehr mit der Ober⸗Elbe durch folgende Zahlenangaben gekennzeichnet: Es betrug die Gesammtzahl der angekommenen Fahrzeuge 11 055, (1886 10 144, 1885 11 225); davon waren 4117 (1886 4101, 1885 4571) Segelschiffe, 3021 (1886 2545, 1885 2907) Dampf⸗ schiffe, 3805 (1886 3394, 1885 3621) Schleppschiffe und 112 (1886 104, 1885 126) Holzflöße. Von den angekommenen Fahrzeugen waren ferner 9408 mit einer Tragfähigkeit von 1 774 312 t (1886 8442 Fahrzeuge von 1 589 382 t, 1885 9199 Fahrzeuge von 1 649 724 t) beladen, während 1447 Fahrzeuge mit 264 554 t Tragfähig⸗ keit (1886 1702 Schiffe mit 266 185 k, 1885 2026 Schiffe mit 309 777 t) leer ankamen. Das Quantum der von den angekommenen Fahrzeugen aus⸗ geladenen Güter betrug 12 638 450 (1886 12 529 340, 1885 12 340 639) D⸗Ctr. Die Gesammtzahl der abgegangenen Fluß⸗ schiffe betrug 10 989 (1886 10 014, 1885 11 217); davon waren 4190 (1886 4148, 1885 4719) Segelschiffe, 3005 (1886 2543, 1885 2883) Dampfschiffe und 3794 (1886 3323, 1885 3615) Schleppschiffe;

Butter, Käse und Schmalz.

fähigkeit (1886 7769 Schiffe mit 1 440 974 t, 1885 8958 mit 1 619 533 t Tragfähigkeit) beladen, während 2315 (1886 2245, 1885 2259) Flußschiffe mit 364 883 (1886 385 862, 1885 349 687) t Tragfähigkeit leer abgingen. Das Quantum der eingeladenen Güter belief sich 1887 auf 11 055 655 (1886 10 737 735, 1885 11 806 532) D.⸗Ctr. Der Waaren⸗ Verkehr Hamburgs in 1887 wird durch M⸗ summarischen Daten dargestellt: Es betrug das Gewicht der Einfuhr (exklusive Contanten) überhaupt im Jahre 1887 76 865 044 (1886 71 148 772, 1885 67 813 145) D.⸗Ctr. netto; und zwar kamen seewärts an von außereuropäischen Ländern 9 736 318 (1886 8 815 270, 1885 9 228 675) D.⸗Ctr. netto, aus Großbritannien und Irland 17 657 738 (1886 17 003 334, 1885 16 509 211) D⸗Ctr., aus dem übrigen Europa 7 130 514 (1886 6 662 971, 1885 5 898 561) D.⸗Ctr., also insgesammt direkt seewärts 34 524 570 (1886 32 481 575, 1885 31 636 447) D.⸗Ctr.; ferner kamen von und über Altona 1 845 852 (1886 1 615 167, 1885 1 867 563) D⸗Ctr, mit den Eisenbahnen 15 837 992 (1886 14 431 824, 1885 13 544 769) D⸗Ctr., von der Ober⸗Elbe 12 976 695 (1886 12 838 376, 1885 12 608 262) D.⸗Ctr.; der Rest entfällt auf die übrige Einfuhr land⸗ und flußwärts. Außerdem sind an Contanten eingegangen 1587 (1886 1167,“ 1885 1276) D.⸗Ctr. Was den Werth der Einfuhr anbetrifft, so belief sich derselbe überhaupt (exkl. Contanten) auf 2 285 756 050 (1886 2080 715 960, 1885 2,045 906 820) ℳ; und zwar hatte die Einfuhr von außereuropäischen Ländern einen Werth von 416 588 520 (1886 344 800 270, 1885 356 395 170) ℳ, aus Großbritannien und Irland 417 145 140 (1886 394 594 220, 1885 394 176 400) ℳ, aus dem übrigen Europa 215 349 600 (1886 197 427 650, 1885 182 460 560) ℳ, also über⸗ haupt direkt seewärts 1 049 083 260 (1886 936 822 140, 1885 933 032 130) ℳ; ferner kamen von und über Altona für 59 523 980 (1886 53 109 360, 1885 58 505 910) ℳ, mit den Eisenbahnen für 789 732 090 (1886 734 005 220, 1885 689 073 170) ℳ, von der Ober⸗ Elbe für 241 742 950 (1886 228 169 330, 1885 240 960 210) ℳ; für die übrige Einfuhr land⸗ und flußwärts verbleibt demnach ein Werth von 145 673 770 (1886 128 609 910, 1885 124 335 400) Außer⸗ dem hatten die angekommenen Contanten einen Werth von 93 511 780 (1886 49 635 180, 1885 101 053 330) Das Gewicht der Ausfuhr ist im Ganzen nicht ermittelt; angegeben wird das Gewicht der Ausfuhr direkt seewärts überhaupt auf 21 090 811 (1886 19 842 793) D.⸗Ctr.; davon gingen nach außereuropäischen Ländern 7 349 947 (1886 7 626 489), nach Großbritannien und Irland 8 736 494 (1886 7 385 763), nach dem übrigen Europa 5 004 370 (1883 4 830 541) D.⸗Ctr.; ferner wird die Ausfuhr mit der Berlin⸗Hamburger Bahn auf 2 917 539 (1886 2 846 130), mit der Lübeck⸗Hamburger auf 2 365 909 (1886 1 992 766), mit der Venlo⸗Hamburger Bahn auf 2 842 403 (1886 2 622 366) D.⸗Ctr. und die Ausfuhr nach der Ober⸗Elbe auf 11 055 655 (1886 10 737 735) D.⸗Ctr. beziffert. Der Werth der Ausfuhr direkt seewärts betrug nach Schätzung 968 561 000 (1886 876 319 000) ℳ; ferner ist die Ausfuhr mit der Berlin⸗Hamburger, der Lübeck⸗Hamburger, der Venlo⸗Hamburger Eisenbahn und nach der Ober⸗Elbe auf 875 978 000 (1886 793 568 000) geschätzt. Außerdem hatte die Contanten⸗Ausfuhr seewärts einen Werth von 15 655 000 (1886 10 025 000) und mit den Eisenbahnen und der Post 22 916 000 (1886 66 100 000)

Die Nr. 416 (August 1888) der „Mittheilungen der Großherzoglich Hessischen Centralstelle für die Lan⸗ desstatistik“ hat folgenden Inhalt: Von den Landarmenverbänden des Großherzogthums in Folge gesetzlicher Verpflichtung 1886/87 unterstützte Personen und für dieselben aufgewendete Beträge. Erwerbung und Verlust der Staatsangehörigkeit im Großherzogthum durch Aufnahme, Wiederaufnahme, Naturalisation und Entlassung 1887. Einnahmen aus Stempelmarken 1886/87.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Als Nr. 8 der „Literarischen Volkshefte“ (Gemein⸗ verständliche Aufsätze über literarische Fragen der Gegenwart, heraus⸗ gegeben von Dr. Eugen Wolff und Leo Berg; Berlin, Richard Eckstein's Nachfolger Hammer u. Runge; Pr. d. H. 50 Z) er⸗ schien soeben: „Was kann das deutsche Volk von Richard Wagner lernen?“ von Max Koch. Die Ausführungen des Verfassers gipfeln darin, daß er es als eine Ehrenpflicht der deutschen Nation bezeichnet, die Bayreuther Festspiel⸗Aufführungen als künstlerisches Vermächtniß des Meisters zu pflegen und zu erhalten.

Von den „Zeitfragen des christlichen Volkslebens“ (begründet von Ober⸗Kirchen⸗Rath Dr. Mühlhäußer und Professor Dr. Geffcken, fortgeführt von E. Freiherrn von Ungern⸗Sternberg und Pfarrer G. Schlosser; Verlag von Gebr. Henninger in Heilbronn) liegt uns Heft 7/8 XIII. Bandes vor, enthaltend eine Darstellung des „Deutschen Zeitungswesens der Gegenwart“. (Pr. 80 ₰.)

Ueber das Jubiläum der Universität Bologna hat stud. phil. Alexander Tille, Vertreter der Studentenschaft der Universität Leipzig bei der Feier, einen anregend geschriebenen Bericht verfaßt, welcher unter dem Titel „Aus den Ehrentagen der Uni⸗ versität Bologna im Juni 1888“ im Verlage der 181 schen Buchhandlung in Leipzig erschienen ist und den Theilnehmern eine angenehme Erinnerung bieten dürfte.

„— Das soeben erschienene 9. Heft IV. Bandes der Halbmonats⸗ schrift „Deutsche Dichtung“ (Herausgeber: Carl Emil Franzos; Verlag von Adolf Bonz u. Co. in Stuttgart; Pr. des Bandes 7 50 ₰) hat folgenden Inhalt: A. Fitger. Nach einem Gemälde ge⸗ zeichnet. A. Fitger in Bremen. Reineke's Brautfahrt. Ein Thier⸗ abenteuer: Der Frraͤmng. Liebesglück. Die Werbung. Waldnacht. Wilhelm Berger in Bremen. Einsame Leute. Novelle (Forts.) August Graf von Platen. (Ungedruckter Nachlaß.) Kleine Schriften zur Literatur (Schluß): Polemisches Promemoria an die Feinde der Ghaselen. Ueber einen Rezensenten. Das Wiener Burgtheater und das deutsche Drama. Beiträge zur Geschichte der dramatischen roduktion 1814—1867. Nach ungedruckten Quellen VI. Zedlitz, lsholtz, Immermann (Schluß). ** in Lübeck. Olaf. Josef Bayer in Wien. Vom historischen Drama. III. Zur Charakteristik Anastasius Grün's. Nach ungedruckten Quellen. II. Detlev Frei⸗ herr von Liliencron in Kellinghusen. Die Schwertlilie. A. Fitger in Bremen. Gedichte: Drei alte Lieder. Ewige Wahrheit. par⸗ taner (Autograpbh). Die Erwartung. Schüler und Lehrer. Der. Klügste. Georg Brandes in Kopenhagen. A Fitger. August Gra von Platen. (Ungedruckter Nachlaß.) Aphorismen. Kleine Aufsätze und Rezensionen: Lyrisches. Besprochen von Otto Hartung

in Wien.

Sanitäts⸗, Veterinär⸗ und Quarantänewesen.

Oesterreich⸗Ungarn. Die Königlich ungarische Seebehörde in Fiume hat das Verbot

der Ein⸗ und Durchfuhr von Wiederkäuern aus Malta (,Reichs⸗ Anzeiger“ Nr. 176 vom 9. Juli 1888) wieder aufgehoben

Gewerbe und Handel. 8 Ein in der „Gazzetta ufficiale“ vom 27. Juli d. J. veröffent⸗

lichtes it alienisches Hheha vom 12. desselben Monats bestätigt in Art. 1 die durch Königli . 3 provisorisch erfolgte Erhöhung der italienischen Einfu Getreide. Die Art. 2—4 desselben Gesetzes bringen Erhoͤhungen der EEEEEEEETTEb der Geschäftstaxe auf Schuld⸗ eine, sowie der 1 ergebühren für die Uebertragung durch Schen⸗ kungen unter Lebe 1 Art. 6 modifizirt den Preistarif für den Ver Art. 7 führt eine Taxe auf den Verkauf von Spiritus und spirituösen Getränken ein.

e Verordnung vom 10. e d. J.

rzölle auf

Certifikate, Obligationen, Aktien und andere Titel, inden und für die he von Todeswegen.

auf von Salz, und

Berlin, 3. August. Amtliche Preisfeststellung für

Butter. Hof⸗ und Genossen⸗

von den abgegangenen Flußschiffen waren 8674 mit 1 678 581 t Trag⸗

s

do. abfallende 75 80 ℳ, Land⸗, Preußische 72 75 ℳ. Netzbrücher 72 75 ℳ, Pommersche 68 73 ℳ, Polnische 72 75 ℳ, Bavyerische Sennbutter ℳ, do. Landbutter ℳ, Schlesische 72 75 ℳ, Galizische 40 65 Käse: Schweizer, Emmenthaler 85 90 ℳ, Bayerischer 60 70 ℳ, do. Ost⸗ und West⸗ preußischer I1a. 60 70 ℳ, do. IIa. 45 55 ℳ, Holländer, neue Waare 80 90 ℳ, Limburger 32 38 ℳ, Quadratmagerkäse 15 20 Schmalz, Prima Western 17 % Ta. 51,50 ℳ, Berliner Braten⸗ schmalz 55,00 56,00 Fett, in Amerika raffinirtes 47 ℳ, in Deutschland raffinirtes: a. Hamburger 51 54 ℳ., b. Berliner 52,50 per 50 kg Tendenz: Butter. Preise unverändert; Stimmung etwas besser. Schmalz. Bei lebhaftem Geschäft erfolgte eine weitere Preissteigerung.

Das Augustheft (26. Jahrgangs 1888) der „Gewerbe⸗ halle“ (Organ für den Fortschritt in allen Zweigen der Kunst⸗ industrie, unter Mitwirkung bewährter Fachmänner redigirt von Ludwig Eisenlohr und Carl Weigle, Architekten in Stuttgart; Verlag von J. Engelhorn ebendaselbst) bietet u. a. Auf⸗ nahmen musterhafter älterer Arbeiten des Kunstgewerbes eine Tafel mit Details von den Stukkaturen aus dem berühmten Badezimmer des Fuggerhauses in Augsburg (vom Jahre 1570), einer der schönsten Schöpfungen italienischer Spätrenaissance auf deutschem Boden. Diese Stukkaturen zeichnen sich gleich den Malereien durch künstlerischen Werth und muster⸗ gültige Behandlungsweise aus. Man bewundert an ihnen, bei dem feinen Gefühl für das plastisch Wirkungsvolle und Dekorative, die flotte und naturalistische Modellirung, die einem geistreich wieder⸗ gegebenen anatomischen Formenverständniß entspringt. Bei aller Phantasie und Mannigfaltigkeit verfällt die Form doch nicht in jenen Schwulst und in jene Uebertreibungen, zu denen die Nachahmer dieser Stukkaturen aus dem 16. und 17. Jahrhundert häufig genug ge⸗ langen. Eine theilweise und mit feinem Verständniß angebrachte Vergoldung (bei den Masken Augen, Ohren, Zunge und Blattkranz) trägt sehr dazu bei, die schöne Wirkung zu vollenden. Auf demselben Blatt sehen wir (wie die Stukkaturen vom Architekten Th. Rogge in Rostock auf⸗ genommen) einen Griff von einer Thür der Fuggerkapelle in der St. Ulrichskirche zu Augsburg, der sich durch phantastische, elegante Gestaltung auszeichnet. Seltene, eigenartig schöne Arbeiten sind ferner die auf der letzten (Farbendruck⸗) Tafel abgebildeten beiden geätzten Messing⸗Epitaphien aus Lübecker Kirchen (auf⸗ enommen vom Regierungs⸗Baumeister U. Wendt in Eisenach). Ein auf einem anderen Blatt mitgetheiltes Gitter aus Schmiede eisen (aus der Sammlung des Grafen Lanckoronsky in Wien, auf⸗ genommen von A. Vaclavik daselbst) zeichnet sich durch schwungvolle Erfindung und feine, reiche Arbeit aus; dasselbe ist italienischer Herkunft und gehört dem Stil nach der Spätrenaissance des 17. Jahr⸗ hunderts an. Auch eine prächtige alte Buchbinderarbeit bietet die Lieferung in dem reich ornamentirten Einband zu der Genfer fran⸗ zösischen Bibel von 1563 (in der Breslauer Stadtbibliothek, auf⸗ genommen vom Regierungs⸗Baumeister O. Poetsch in Berlin). An neueren Entwürfen und kunstgewerblichen Arbeiten zeigt das Heft: den mit feinem stilistischen Verständniß erfundenen Ent⸗ wurf zu einem spätgothischem Speisezimmer, vom Architekten G. Bolten, Lehrer an der gewerblichen Fachschule in Köln a. Rh., dann ein Schränkchen in englischem (japanisirendem) Geschmack, ent⸗ worfen vom Möbelzeichner C. Cario in Eisleben, und eine reich ver⸗ zierte Uhr (Barockstil) in ciselirtem Gold und Silber mit Email⸗ ornamenten, von Bapst und Falize in Paris Berichtigend ist zu der vorigen Lieferung (7) zu bemerken, daß darin die Hof⸗Pianoforte⸗ fabrik von Schiedmaver und Söhne in Stuttgart irrthuͤmlich als Hof⸗Möbelfabrik bezeichnet worden ist.

Dem Geschäftsbericht des Vorstandes der Berliner Lam⸗ pen⸗ und Bronzewaarenfabrik vormals C. H. Stobwasser u. Co. pro 1887/88 entnehmen wir Folgendes: Durch besonders un⸗ günstige Konjunkturen im Exportgeschäft unserer Branche ist der Waarenumsatz im vergangenen Geschäftsjahre nicht unwesentlich gegen das Vorjahr zurückgegangen und hat in Folge dessen, da auch die erzielten Preise sehr gedrückte blieben, der Abschluß ein wenig befriedigendes Resultat ergeben. Der erzielte Nutzen im Petroleumgeschäft befriedigte. Da aus dem Gewinn nur die Ver⸗ theilung einer geringfügigen Dividende bhätte vorgeschlagen werden können, so hielt die Verwaltung es für richtiger, den größeren Theil desselben, 7500 ℳ, als Extra⸗Abschreibung vom General⸗ Waaren⸗Conto zu benutzen und den Rest vorzutragen. Die sonstigen Abschreibungen sind in ausreichender Weise vorgenommen und betragen 21 056 ℳ, welche aus dem Betriebe gedeckt wurden. Die Debitoren belaufen sich inkl. Banquierguthaben auf 279 635 gegen 37 208 Kreditoren. Kassa und Wechselportefeuille weisen einen Bestand von 36 576 auf. Was die Aussichten der Gesell⸗ schaft für das jetzige Geschäftsjahr anbelangt, so berechtigen dieselben zu günstigeren Hoffnungen. Zur Hebung des Geschäfts und Ver⸗ größerung des Umsatzes sind verschiedene Maßregeln getroffen.

Die Schles. Ztg.“ berichtet vom oberschlesischen Eisen⸗ und Metallmarkt: Neben der intensiven Fortführung des Hoh⸗ ofenbetriebes war die verflossene Woche in Folge der beständigeren und trockeneren Witterung dem Ausbau der Neuanlagen förderlich. An dem neuen Hohofen der Falvahütte war man bereits mit dem Anheizen desselben vorgegangen als plötzlich eine Gasexplosion in den Kanälen einen Theil derselben zerstörte. Der Hohofen auf der Friedenshütte geht seiner Vervollständigung in den Nebenanlagen ent⸗ gegen. Die Anfuhr von Erzen war vielfa h durch die Erntearbeiten gehemmt. In der Entnahme von Roheisen zeigten die Gießereien nach wie vor Bedarf für weiches, zu geeignetes Qualitätseisen; der Absatz zu den Puddel⸗ und Stahlwerken ließ ein Anwachsen von Beständen nicht aufkommen. Die Preise erhielten sich, und wurden bessere Marken gegen früher ein wenig höher bezahlt. In den Eisengießereien fehlt es nicht an reichlicher Arbeit; die Lee für Gußwaaren verfolgen eine feste, aufwärts neigende Tendenz. In den Walzwerken werden in Folge der baulichen Erweiterungen Ar⸗ beiter zur Ergänzung des Puddler⸗ und Schweißerpersonals gesucht. Mit der Erledigung schlußmäßiger Lieferungen sind die Werke noch reichlich besetzt, und griff daneben der gewerbliche Bedarf in wahr⸗ nehmbarer Weise in den Markt ein. Grobe und poofilirte Eisen⸗ sorten gewannen einen umfassenden Vertrieb, weniger die Fabrikate schwächeren Kalibers. Nach dem Auslande waren Qualitäts⸗ fabrikate in gutem Verkehr. Der Verbrauch an Kesselblechen hat sich zusehends gehoben und gehen solche auch stark über die Grenze. Die Marktlage erhielt sich daher in ihrer Festigkeit: Stabeisen, Grundpreis 14 14,20 im näheren Bezirk, Profileisen 15 16 ℳ, Eisenblech 16 16,50 % Der Metallmarkt verharrte mit Rücksicht auf die Verkäufe des vorigen Monats in festerer Haltung, wiewohl die Versendungen in der letzten Zeit sich matter anließen. Ia. raff. Zink galt 34 und darüber, gewöhnliche Sorten zwischen 31,50 32 Blei beobachtete ebenfalls feste Tendenz.

In der ordentlichen Generalversammlung der Aktien⸗ Zuckerfabrik Linden⸗Hannover wurde die vorgelegte Bilanz genehmigt; nach Berechnung der Aktienrüben mit 1 und 1,10 pro Centner ausschließlich der Fracht⸗ und Fuhrvergütungen und Abschreibungen mit zusammen 78 361 und Abstoßung des Knochenkohlen⸗Contos von 24 978 verbleibt ein Gewinn von 114 198 ℳ, von welchem bereits 46 440 = 10 % des Aktienkapitals im Februar d. J. zur Vertheilung gelangten, so daß noch 67 759 zur Verfügung sind. Der Vorschlag des Auf⸗ sichtsraths, hiervon 5709 dem gesetzlichen Reservefonds zu über⸗ weisen, 23 220 = 5 % noch als Dividende zu vertheilen, 5000 dem Aufsichtsrath und Vorstand zu bewilligen und den Rest von 33 829 zur Bildung eines Spezial⸗Reserpefonds zu verwenden, fand Seitens der Generalversammlung einmüthige Zustimmung.

In der ordentlichen Generalversammlung der Nobel Dynamite Trust Company vom 3. August wurde eine Dividende von 7 ¼ % für das mit dem 30. Juni 1888 beendigte Geschäftsjahr deklarirt. In der außerordentlichen Generalversammlung wurden mehrere Statutenänderungen beschlossen, zu deren nochmaliger Be⸗

chaftsbutter Ia. 92 97 ℳ, IIa, 87 91 ℳ, IIIa. 82 86 ℳ,

stätigung eine weitere außerordentliche Generalversammlung auf den 27. d. M einberufen gi

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