Um 11 Uhr begaben Sich Se. Majestät der Kaiser sodann nach Potsdam und sahen um 2 Uhr den Botschafter, Grafen Solms, zum Frühstück bei Sich.
1 mittags 5 Uhr empfingen Se. Majestät den Fürsten u Wied.
Heute Vormittag nahmen Se. Majestät die Vorträge des Unter⸗Staatssekretärs Grafen Berchem und des Wirklichen Geheimen Raths Dr. von Lucanus entgegen, empfingen den Besuch Sr. Königlichen Hoheit des Kronprinzen von Griechenland, ertheilten dem diesseitigen Gesandten in Athen, Le Maistre, und dem Bildhauer Professor Siemering Audienzen und empfingen sodann den diesseitigen Gesandten im Haag, Freiherrn von Saurma, welcher zur Mittagstafel befohlen war.
— Ihre Majestät die Kaiserin und Königin Augusta wohnte gestern dem Gottesdienst in der Friedens⸗ kirche bei und ertheilte einige Audienzen.
1 Die Feier des Sedantages in der Hauptstadt fand gestern in der herkömmlichen Weise statt. Flaggenschmuck an öffentlichen und privaten Gebäuden gab Kunde von der Theilnahme an der Wiederkehr des ruhmreichen Gedenktages. Eine frohbewegte Menschenmenge erfüllte vom Morgen an die Straßen. Mittags 12 Uhr fand vom Rathhausthurm Festmusik statt, welche eine zahlreiche Zuhörermenge herbei⸗ lockte; auch der Erleuchtung des Rathhauses am Abend wohnten viele Hunderte von Söeheue bei, während das Abbrennen eines Holzstoßes auf dem Kreuzberge diesmal unterblieb. In den Lehranstalten war das Gedächtniß an das große historische Ereigniß bereits am Sonnabend durch einen Festakt gefeiert worden, desgleichen hatten die Krieger⸗ und patriotischen Vereine Festlichkeiten veranstaltet.
Von auswärts liegen über die Feier des Tages folgende Telegramme des „W. T. B.“ vor:
Königsberg i. Pr., September. Der Sedantag wurde hier so festlich wie in allen Vorjahren begangen. Alle öffentlichen und viele Privatgebäude trugen Flaggenschmuck. Am Abend fand eine glänzende Beleuchtung des Schloßthurms statt. In den Schulen war die vaterländische Feier bereits gestern mit Festakten begangen worden.
Breslau, 2. September. Zur Feier des Sedantages prangt die Stadt in reichem Flaggenschmuck; die öffentlichen Denkmäler sind mit Laubgewinden festlich dekorirt und mit
lluminationskörpern versehen; an vielen Schaufenstern befinden sich die Büsten des Kaisers und der Kaiserin, der Mitglieder d 8 Kaiserlichen Hauses sowie der beiden verewigten Kaiser Wilhelm I. und Friedrich. Von 12 bis 1 Uhr erklang vom Rathhausthurm Festmusir. Die hiesigen Turnvereine hatten zur Vorfeier des Sedantages bereits gestern Abend einen imposanten Fackelzug durch die Stadt nach dem Oderthore veranstaltet, welcher mit der Absingung der „Wacht am Rhein“ und einer⸗patriotischen Ansprache schloß.
München, 1. September. Zur Feier des Sedantages waren die städtischen Gebäude heute festlich beflaggt; vom Balkon des Rathhauses ertönte Morgens Festmußtl Zahl⸗ reiche Vereine begingen den Tag durch Vorträge und Musikaufführungen. Die Hauptfeier fand in dem
roßen Saale des Bürgerbräukellers statt, wo nach em Vortrage patriotischer Musik⸗ und Gesangstücke eine Festrede gehalten wurde, die mit Hochs auf den Kaiser und den Prinz⸗Regenten schloß. Insbesondere wurde auch des Feldmarschalls Grafen Moltke gedacht und an denselben ein Telegramm mit dem Ausdruck der Dankbarkeit und Ver⸗ ehrung abgesandt. Mit dem Absingen der Nationalhymne und der „Wacht am Rhein“ schloß die Feier.
Dresden, 2. September. Der Sedantag wurde hier aufs Festlichste begangen. Die Stadt ist reich mit Flaggen geschmückt. Mittags fand auf dem Altmarkt, vor dem festlich Ffheteg Germania⸗Denkmal, eine Musikaufführung statt.
m Nachmittage bewegte sich ein Festzug, an dem sämmtliche Vereine, Korporationen und Schulen theilnahmen, vom Fer⸗ dinandsplatz an dem Königlichen Schlosse vorüber nach dem großen Gehege, woselbst der Landtags⸗Abgeordnete Dr. Mehnert eine Ansprache hielt.
Leipzig, 2. September. Anläßlich der Sedanfeier er⸗ tönten heute früh um 6 Uhr in den Straßen der Stadt Weckrufe durch vier Militärmusikcorps. Um 61 ½ Uhr erfolgte die Bekränzung der Gedenktafel an der Friedenseiche im Gosen⸗ thale, unter Gesang des Thomanerchors; dann folgte eine Ansprache des Diakonus Schuch. In sämmtlichen Kirchen der Stadt wurden abgehalten, an welchen die Spitzen aller
ehörden theilnahmen. In den Vormittagsstunden von 10 ½ bis 12 Uhr fanden auf öffentlichen Plätzen Musik⸗ aufführungen statt. Gegen 2 Uhr bewegte sich der Festzug, an welchem sämmtliche Vereine und Korporationen theilnahmen, vom Augustusplatz nach dem Markt, wo am Kriegerdenkmal Seitens des Haupt⸗Festausschusses sowie durch Korporationen und Vereine Kränze niedergelegt wurden, und von hier durch die von zahlreichen Menschenmassen dicht besetzten Straßen nach dem neuen Schützenhause. Des Abends wurden die öffentlichen Plätze festlich beleuchtet. Die Stadt ist aufs Reichste geschmückt.
Braunschweig, 2. September. Zur Sedanfeier fand heute Mittag ein Festakt auf dem Altstadtmarkt statt, bei welchem der Reichstags⸗Abgeordnete Retemeyer die Festrede hielt, die mit einem begeistert aufgenommenen Hoch auf Se. Majestät den Kaiser schloß. In geordnetem Festzuge begaben sich darauf sämmtliche Schulen sowie viele Korpo⸗ rationen und Vereine durch die Stadt nach dem Festplatz, wo allgemeine Volksbelustigungen stattfanden. Die Stadt ist reich geflaggt.
— Auf Veranlassung des Staatssekretärs des Innern ist im Kaiserlichen Gesundheitsamt eine An⸗ leitung zur Gesundheitspflege an Bord von Kauf⸗ fahrteischiffen bearbeitet, welche künftighin von dem Führer jedes deutschen Kauffahrteischiffes auf allen Seereisen mit⸗ beführt werden und in den Navigationsschulen als Leitfaden eim Unterricht in der Gesundheitspflege dienen soll.
Dieselbe hat in der nunmehr vorliegenden Fassung die Zustimmung sämmtlicher betheiligten Bundesregierungen ge⸗ funden und legt somit in bemerkenswerther Weise Zeugiis dafür ab, wie sehr die Bundesregierungen bemüht sind, der
1“
Der erste Theil der Anleitung behandelt insbesondere die Gesunsbelrs. an Bord (Verhütung von Krank⸗ heiten und deren Weiterverbreitung). Hier 5 en auch die Vorschläge für einheitliche Regelung der Schiffskost ihren Platz gefunden. Für größere Seereisen wird eine bereits als zweck⸗ mäßig wohlbewährte — im Wesentlichen die neue Hamburger — Speiserolle zur Einführung empfohlen, die einzelnen Nahrungsmittel, auch die zum Ersatz heimischer Lebensmittel im Auslande in Frage kommenden werden eingehend besprochen. Es folgen Rathschläge zur Erhaltung der Schiffsmannschaft im gesunden Zustande und Vorschriften zur Abwehr der dem See⸗ mann gefährlichen seuchenartig auftretenden Krankheiten, wie Skorbut, Gelbfieber, bösartiges Sumpffieber u. s. w. Hervor⸗ zuheben ist, daß die Mitführung und Verausgabung von Citronensaft auf längeren Seereisen obligatorisch werden soll.
Im zweiten Theil werden für solche Fälle, in denen ärztliche Hülfe nicht zu erlangen ist, Vorschriften zur Pflege und Behandlung etwaiger an Bord erkrankter oder verletzter Personen ertheilt. Diesem Abschnitt ist ein genaues Verzeichniß des Inhalts der von den Kauffahrtei⸗ schiffen mitzuführenden Medizinkiste beigefügt. Außer gewissen Arzneimitteln, deren mitzunehmende Mengen nach der Größe des Schiffes wechseln, sind Desinfektionsmittel, Ver⸗ bandgegenstände und zur Krankenpflege geeignete Lebensmittel aufgesührt. In besonderen Anlagen werden die Bestimmungen, betreffend die gesundheitspolizeiliche Kontrole der einen deutschen Hafen anlaufenden Seeschiffe und die im Deutschen Reich erlassenen Instruktionen zur Desinfektion von Seeschiffen wortgetreu mitgetheilt.
Das im Verlage von Julius Springer hierselbst erschienene Werk (199 Seiten mit mehreren Abbildungen 8 °) ist im Buchhandel zu dem Preise von 1 ℳ 10 ₰ käuflich.
— Hat bei dem Verkauf und der Auflassung eines Grundstücks der Verkäufer dem Käufer die unwahre Thatsache vorgespiegelt, daß sämmtliche Zinsen der auf dem Grundstück eingetragenen Hypotheken bis zu dem Quartal der Auflassung gezahlt seien, während thatsächlich noch aus den vorhergegangenen Quartalen Zinsrückstände bestanden, für welche das Grundstück haftete, so ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, II. Strafsenats, vom 20. April d. J., der Verkäufer wegen Betruges zu bestrafen, selbst wenn er später die Zinsrückstände bezahlt oder der Käufer durch Zurückhaltung oder Verrechnung der von ihm noch nicht ge⸗ zahlten Kaufgelder sich gegen die Zinsrückstände decken kann; die zur Strafbarkeit des Betruges erforderliche Vermögens⸗ schädigung würde auch dann vorhanden sein, wenn der Käufer das Grundstück unter dem Werth gekauft hat.
— In der Ersten Beilage zur heutigen Nummer des „R. u. St.⸗A.“ ist eine Bekanntmachung des Ministers für Landw. ꝛc., Dr. Freiherrn von Lucius, vom 28. August d. J., veröffentlicht, in welcher die Veränderungen, welche in Bezug auf die Namen und Wohnorte der Vor⸗ sitzenden, stellvertretenden Vorsitzenden, Bei⸗ sitzer und stellvertretenden Beisitzer der für die landwirthschaftlichen Berufsgenossenschaften in Preußen errichteten Schiedsgerichte seit Erlaß der Bekanntmachung vom 17. April 1888 (Extra⸗Beilage zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger vom 30. April 1888 Nr. 115) ein⸗ getreten sind, mitgetheilt werden.
— Der Kaiserliche Botschafter in London, Staats Minister Graf von Hatzfeldt⸗Wildenburg, hat einen ihm Aller⸗ höchst bewilligten Urlaub angetreten. Während der Dauer der Abwesenheit desselben von seinem Posten fungirt der Legations⸗Rath Graf von Leyden als interimistischer Ge⸗ schäftsträger.
— Der Kaiserliche Botschafter am österreichisch⸗ungarischen Hofe, Prinz Reuß, ist vom Urlaub nach Wien zurückgekehrt und hat die Geschäfte der dortigen Botschaft wieder über⸗ nommen.
— Der Kaiserliche Gesandte am Königlich niederländischen Hofe, Freiherr von Saurma⸗Jeltsch, hat einen ihm Aller⸗ höchst bewilligten Urlaub angetreten. Wahrend der Abwesen⸗ heit desselben vom Haag fungirt der Legations⸗Sekretär Graf VS von Donnersmarck als interimistischer Geschäfts⸗ räger.
— Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Großherzoglich sächsische Geheime Staatsrath Dr. Heerwart, ist von seinem Urlaub nach Berlin zurückgekehrt.
— Der Inspecteur der Kriegsschulen, General⸗Lieutenant von Mischke, General⸗Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs, hat sich zur Inspizirung der Kriegsschule zu Kassel dorthin begeben.
— Der General⸗Lieutenant von Hellfeld, Inspecteur der 4. Fuß⸗Artillerie⸗Inspektion, hat Berlin nach Abstattung persönlicher Meldungen wieder verlassen.
„Kiel, 3. September. (W. T. B.) Die Manöver⸗ flotte unter dem Contre⸗Admiral Knorrf hat heute den
hiesigen Hafen verlassen, um sich in die Nordsee zu begeben.
Homburg, 2. September. (W. T. B.) Ihre Majestät die Kaiserin Friedrich traf mit Ihrer König⸗ lichen Hoheit der Prinzessin Victoria gestern Mittag um 12 ½ Uhr im hiesigen Königlichen Schlosse ein und empfing kurz darauf die Besuche Ihrer Königlichen Hoheiten des Prinzen von Wales und der Prinzessin Christian zu Schleswig⸗Holstein, mit denen Allerhöchstdieselbe um 1 ½ Uhr einen Ausflug unternahm. Abends kurz nach 6 Uhr trat die Kaiserin Friedrich mit der Prinzessin Victoria über Frankfurt a. M. die Rückreise nach Berlin an. — Die Fürstin Bismarck ist nach längerem Aufenthalt heute Nachmittag abgereist.
Bayern. Nürnberg, 2. September. (W. T. B.) Der General⸗Feldmarschall Graf Blumenthal ist heute Nach⸗ mittag nach Würzburg abgereist.
8 Hessen. Darmstadt, 1. September. (Darmst. Ztg.) Der Erbgroßherzog hat sich heute mit den Truppen hie⸗ siger Garnison zu den Detachementsübungen und den Divi⸗ sionsmanövern nach Rheinhessen begeben.
Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 29. August. Die „Landes⸗Zeitung für Elsaß⸗Lothringen“ veröffentlicht nach⸗ stehende Bekanntmachung:
„Nachdem mit der Einführung des Reichsgesetzes vom 24. Juni 1887,
und der im Großberzogthum Luxemburg bestehenden Branntweinsteuer sich erheblich vergrößert hat, liegt die Gefahr einer Schädigung der Interessen der erstgedachten Staaten durch heimliche Einführung von Branntwein aus Luxemburg mit Umgehung der nach den bestehenden Bestimmungen zu entrichtenden Uebergangs⸗ bezw. Ausgleichungsabgabe nahe, und wird deshalb eine eingehende Kontrole darüber nöthig, daß der Ueberganga von Branntwein aus Luxemburg in das Gebiet der Branntweinsteuergemeinschaft den vertragsmäßigen Vereinbarungen entsprechend nur auf den hierfür bestimmten Straßen und unter Be⸗ obachtung der für den Verkehr mit übergangsabgabepflichtigen Gegen⸗ ständen bestehenden Vorschriften erfolgt.
Zu diesem Behufe wird bestimmt, daß vom 1. September 1888 ab unter vollständiger Besetzung der Grenze gegen Luxemburg ein Branntweinsteuer⸗Grenzbezirk gebildet wird, innerhalb dessen alle aus Luxemburg eingehenden oder in der Richtung von der luxemburgischen Grenze nach Orten im Gebiete der Branntweinsteuergemeinschaft sich be⸗ wegenden Waarentransporte behufs der Feststellung ob dieselben etwa Branntwein enthalten, der Revision unterworfen werden können, und in welchem auch für Branntweinmengen von mehr als 2 1, welche in anderer Richtung befördert werden, der Nachweis der Abstammung aus dem freien Verkehr der Branntweinsteuergemeinschaft beizubringen ist. Dieser Nachweis kann durch amtliche Bezettelungen geführt wer⸗ den, deren Ausfertigung bei den von dem Generaldirektor der Zölle und indirekten Steuern zu veröffentlichenden Stellen kostenfrei er⸗ folgen wird.
Gegen Waarenführer, welche Branntwein aus Luxemburg auf anderen als den vorgeschriebenen Straßen oder mit Umgehung der an denselben errichteten lebergangssteuerstellen einbringen, findet Einleitung des Strafverfahrens nach den Bestimmungen des Gesetzes, betreffend die Zuwiderhandlungen gegen die gesetzlichen Vorschriften über den Uebergangsverkehr mit steuerpflichtigen Gegenständen vom 30. Juni 1873 (G.⸗Bl. S. 129), statt.
EFStrraßburg, den 26. August 1888.
Ministerium für Elsaß⸗Lothringen. Abtheilung für Finanzen, Landwirthschaft und Domänen. Der Unter⸗Staatssekretär: von Schraut.“
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 1. September. (W. T. B.) Der Kaiser von Oesterreich traf heute Mittags 12 ½ Uhr zum Besuch der Kaiserin von Rußland in Gmunden ein und wurde am Bahnhof von dem Großfürsten⸗Thronfolger und dem Herzog von Cumberland, welche Beide österreichische Uniform trugen, empfangen. Der Kaiser trug russische Uni⸗ form. Bei der Ankunft auf Schloß Cumberland empfing die Herzogin von Cumberland den Kaiser im Hauseingange, wäh⸗ rend die Kaiserin von Rußland demselben auf der Treppe ent⸗ gegen ging. Der Kaiser besuchte auch die Prinzessin von Wales. Um 1 Uhr vereinte die Fürstlichkeiten ein Diner, an welchem der Kaiser Franz Josef, die Kaiserin von Rußland, die ver⸗ wittwete Königin Maria von Hannover, der Großfürst Thron⸗ folger, die Großfürstin Tenia, die Prinzessin von Wales mit ihren drei Töchtern und das Herzogliche Paar von Cumberland mit ihren beiden ältesten Kindern theilnahmen. Der Kaiser kehrte um 3 Uhr Nachmittags wieder zurück, während die Kaiserin von Riußland um 11 Uhr Nachts abzureisen gedenkt. Kaiser Franz osef wurde von der Bevölkerung überall enthusiastisch begrütt.
Der Erzherzog Karl Ludwig nebst Gemahlin, welche Nachmitt aus Berlin zurückkehrten, reisten Abends nach Prerau, üm daselbst mit der aus Gmunden eintreffenden Kaiserin von Rußland, dem Großfürsten⸗Thronfolger und der Großfürstin Tenia zusammenzutreffen. Nach halbstündigem Verweilen in Prerau werden die russischen Herrschaften die Reise nach Rußland fortsetzen und der Erzherzog sowie die Erzherzogin nach Wien zurückkehren.
Gmunden, 2. September. (W. T. B.) Die Kaiserin von Rußland ist mit dem Großfürsten⸗Thronfolger, der Großfürstin Xenia, sowie dem Gefolge in letzter Nacht von hier abgereist. Die Prinzessin von Wales mit ihren Töchtern, sowie der Herzog und die Herzogin von Cumberland und Don Alfonso mit Gemahlin gaben der Kaiserin das Geleit nach dem Bahnhofe.
Wien, 2. September. (W. T. W.) Die Kaiserin von Rußland ist mit dem Großfürsten⸗Thronfolger und der Großfürstin Xenia heute früh hier durchgereist und am Bahnhofe von mehreren Mitgliedern der russischen Botschaft begrüßt worden. In Prerau, wo der Hofzug gegen 10 Uhr Vormittags eintraf, war Erzherzog Karl Ludwig zur Be⸗ grüßung erschienen. Derselbe verweilte bis zum Abgange des Zuges im Salonwagen der Kaiserin.
„Der Kaiser von Oesterreich ist heute früh in Protivin eingetroffen, von dem Statthalter und dem Bürgermeister empfangen und von der Bevölkerung mit stürmischen Slava⸗ rufen begrüßt worden. Auch in Pisek wurde dem Kaiser Seitens der Bevölkerung ein sehr warmer Empfang zu Theil. Das aus Anlaß des Regierungsjubiläums des Kaisers veranstaltete Festschießen begann heute Vormittag mit einem Festzuge, an welchem sich die inländischen und ausländischen Schützen mit ihren Musikkapellen und Fahnen, der hiesige Bürgermeister sowie Deputationen des Gemeinde⸗ raths und des Centralcomités betheiligten. Der Zug bewegte sich vom Rathhause über den Ring in die Hofburg, woselbst de Kronprinz Rudolf in Vertretung des Kaisers die Huldigung des Schützencorps entgegennahm. Nach dem Festbanket im Prater, bei dem der Bürgermeister den ersten Toast auf da Kaiserliche Haus ausbrachte, begann das Schießen auf der Militärschießstätte.
Toblach, 2. September. (W. T. B.) Der König von Serbien hat heute früh gegen 7 Uhr Toblach verlassen und begiebt sich über Adelsberg, wo derselbe die Grotten be⸗ sichtigen wird, nach Abbazia, um daselbst einen mehrwöchent⸗ lichen Aufenthalt zu nehmen.
Frankreich. Paris, 31. August. (Köln. Ztg.) De räsident der Republik tritt am nächsten Montag von Fontainebleau seine Reise nach Cherbourg, Havre, Rouen und Elboeuf an und wird am 15. September in Fontaine⸗ bleau zurück sein. Ihn begleiten der General Brugéère, der Oberst Lichtenstein, der Fregatten⸗Kapitän Cordier, der Majo Chamoin und Hr. Arrivieére, sein Privatsekretär.
Die Königin von Serbien ist gestern Abend nach Bukarest abgereist. — 1. September. (W. T. B.) Bei einer gestern von dem Gemeinderath zu Toulon zu Ehren des Minister⸗Präsidenten Floquet veranstalteten Festlichkeit hielt derselbe eine Rede, in welcher er an die Einig keit der Republikaner gegenüber den Bestrebungen der mon archischen Restauration und einer abenteuerlichen Diktatur
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betreffend die Besteuerung des Branntweins (R.⸗G.⸗Bl. S 253),
“ Gesundheitspflege ihre Fürsorge angedeihen zu
der Unterschied zwischen der innerhalb der Staaten der Branntwein⸗ steuergemeinschaft zur Erhebung gelangenden Abgabe von Branntwein
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appellirte. — Floquet wird morgen früh nach Paris zurück kehren; er sowie der Marine⸗Minister Kranz statteten Vor mittags dem spanischen Geschwader einen Besuch ab,
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b 8 1““ — 8
welches die Gäste mit einem Salut von 19 Kanonenschüssen begrüßte.
Rußland und “ St. Petersburg, 1. September. (W. T. B.) Das Gesetz, nach welchem in den Kreis Tschere⸗ powitz (Gouvernement Nowgorod) eine Regierungs⸗ kommission abzudelegiren ist, welche für die Maximal⸗ dauer von 3 Jahren unter temporärer Außerkraftsetzung der dortigen Kreislandschafts⸗Institutionen die Pflichten und Vollmachten derselben übernimmt, ist veröffentlicht.
— 3. September. (W. T. B.) Der Kaiser hat gestern Abend Iljinskoje bei Moskau verlassen, um hierher zurück⸗ zukehren.
Italien. Rom, 2. September. (W. T. B.) Der König und der Kronprinz wohnten gestern in Ravenna der Enthüllung des sogenannten Märtyrer⸗Denkmals bei; der Bürgermeister und der Deputirte Baccarini hielten An⸗ sprachen. Ueberall wurden dem König und dem Kronprinzen enthusiastische Ovationen dargebracht. Die Munizipalität von Ravenna gab der Bevölkerung den Dank des Königs für den ihm zu Theil gewordenen Empfang kund.
Türkei. Konstantinopel, 2. September. (W. T. B.) Der Prinz Mahmud Djelaleddin, ein Vetter des Sultans, ist gestorben.
Rumänien. Bukarest, 2. September. (W. T. B.) Die Königin Natalie von Serbien traf in der letzten Nacht hier ein und nahm bei ihrem Schwager, dem Fürsten Ghika, Wohnung.
Bulgarien. Sofia, 1. September. (W. T. B.) Bei Dubnitza wurden neuerdings drei Personen von Räubern gefangen und fortgeschleppt.
Schweden und Norwegen. Malmö, 2. September. (W. T. B.) Der König wurde, als er auf der Rückreise aus Berlin heute hier eintraf, von der Bevölkerung, die sich zu vielen Tausenden auf den Quais eingefunden hatte, äußerst enthusiastisch begrüßt. Bei dem von den Notabilitäten der Stadt zu Ehren des Königs veranstalteten Dejeuner hieß der Bürgermeister Ahlström den König Namens aller Anwesenden in beredten Worten willkommen und brachte ein Hoch auf den König aus. Der König erhob sich darauf und brachte einen mit lebhaftem Enthusiasmus aufgenommenen Toast auf den Deutschen Kaiser aus, in welchem er etwa Folgendes sagte: Im Schwedenlande, wo die Gastfreundschaft von jeher in jeder Heimstätte Sitte gewesen, könne man am besten die Gefühle würdigen, von denen er bei der Heimkehr in sein Land beseelt sei, nachdem er im Schlosse des Deutschen Kaisers und in der Hauptstadt Deutschlands die herzlichste Gastfreundschaft genossen. Alle hier Anwesenden seien sicherlich im Stande, die Dankbarkeit zu verstehen und mitzufühlen, die r für den ihm gewordenen so überaus herzlichen Empfang mpfinde und dem er in einem Toast auf den Deutschen Kaiser recht warm Ausdruck geben möchte. Der Kaiser habe dadurch, daß er dem neugeborenen Prinzen nicht nur seinen (des Königs) Namen beigelegt, sondern demselben auch ausschließlich schwedische Namen verliehe habe, nicht bloß ihm, sondern auch dem vereinigten König reich einen theueren und hochschatzbaren Beweis seiner freund⸗ lichen Gesinnungen gegeben. Er sei überzeugt, daß alle An⸗ wesenden seinem Toast auf den mächtigen Herrscher des Deutschen Reichs, der jetzt auch dem Verbande der schwedischen Streitmacht angehöre, in solcher Weise zustimmen würden, daß der Toast auf der anderen Seite der Ostsee lebhaften Widerhall finde. Alle Anwesenden stimmten jubelnd in das Hoch des Königs ein.
“ Zeitungsstimmen. Anläßlich der Veröffentlichung der
8 letztwilligen Auf⸗ zeichnungen Kaiser Wilhelm's I. äußert die „Kölnische Zeitung“:
An dem Tage der Taufe seines fünften Sohnes hat Kaiser Wil⸗ helm II. durch seinen Haus⸗Minister die letztwilligen Aufzeichnungen
seines Großvaters, des unvergeßlichen und unvergänglichen Kaisers Wilhelm I., veröffentlichen lassen. Dieselben sind sonach zu einem Vermächtniß des Kaisers Wilhelm J. an sein gesammtes Volk geworden. Die Aufzeichnungen lassen uns einen Einblick in das vor den Menschen ebenso feste wie vor Gott tiefdemüthige und fromme Gemüth des entschlafenen Kaisers thun, der ergreift und rührt. Kaiser Wilhelm I. blieb sich gleich in seinem Gemüth zu guten und zu bösen Stunden und er war ergeben gegen Gott und dankbar gegen alle Menschen, die ihm wohlgethan und wohl⸗ gewollt, selbst unter dem frischen Eindruck von Ereignissen, die ein minder starkes Gemüth von den Menschen abgekehrt und mit Er⸗ bitterung erfüllt haben würden. In dem frommen Gottvertrauen und selbst in den Formen, ihm Ausdruck zu geben, ist Kaiser Wilhelm II. wie in so vielen andern Beziehungen der echte Erbe seines Groß⸗ vaters; ganz unverkennbar ist die Verwandtschaft des Geistes, der sich durch die bisherigen Kundgebungen Wilhelm's II. zieht, mit dem, der in den bedeutungsvollen Aufzeichnungen Wilhelm's I. weht. Aus derselben Veranlassung schreibt die „Weimarische Zeitung“: 1 8 Der Enkel Kaiser Wilhelm's I., Kaiser Wilhelm II., hat in dank⸗ barer Erinnerung an seinen heimgegangenen Großvater die letzt⸗ willigen Aufzeichnungen desselben veröffentlichen lassen, als in „Denkmal zur Ehre des Entschlafenen, ein Vorbild für in Haus und Mein Volk.“ In der That die schlichte öße Wilhelm's I. tritt uns in diesen Aufzeichnungen h Weise entgegen. Jene herrlichen Eigenschaften des Gemüths, die auch der dem Throne fernstehende Bürger des Reichs an dem Kaiserlichen Herrn bewundern mußte, die ihm die iebe und Verehrung Aller gewonnen und in denen der seines Wesens, die ö seines Wirkens die warme Vaterlandsliebe, die tiefe Wahrhaftigkeit, edle einfach⸗natürliche Frömmigkeit des gläubigen Christen, . feste Gottvertrauen, die dankbare Gesinnung für Alle, denen er sich verpflichtet erachtete, für seine Vorgänger auf dem Throne, wie für die Mitarbeiter an seinen Werken, sein Pflichtgefühl, die unendliche Liebe für das Volk — alle diese Züge eines Fürstlichen Charakters von unvergleichlicher Schöne, Würde und Größe finden in den nachfolgenden Aufzeichnungen einen ebenso rührenden wie er⸗ hebenden Ausdruck 1 Niemand wird ohne tiefe Bewegung diese Niederschriften gelesen haben, in denen der Kaiser sein Herz vor Gott ausbreitet. Es giebt nichts Schöneres als den Einblick in eine reine, edle Menschenseele, die sich faltenlos, fleckenlos vor uns ausbreitet, wie er uns hier ge⸗ währt ist. Am Sterbebette Kaiser Wilhelm's sind wir alle tief⸗ trauernde Zeugen gewesen, wie der Gerechte stirbt; hier aus diesen Aufzeichnungen entrollt sich vor uns in voller Klarheit das Geheimniß des Lebens des Gerechten. 1 „Die letztwilligen Aufzeichnungen Sr. Majestät des Kaisers und Königs Wilhelm I., Meines in Gott ruhenden Herrn Großvaters,
enthalten ein herrliches Zeugniß erhabener Seelengröße und edlen
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frommen Sinnes, dessen Kenntniß Ich Meinem Volke nicht vorent⸗ halten will. Ich habe deshalb an dem heutigen, für Mein Haus be⸗ deutungsvollen Tage beschlossen, den beikommenden Auszug aus diesen Aufzeichnungen bekannt zu geben, als ein Denkmal zur Ehre des Entschlafenen, als ein Vorbild für Mein Haus und für Mein. Volk.“ So lautet die Kabinetsordre, in der Kaiser Wilhelm II. die Veröffentlichung dieser Aufzeichnungen angeordnet hat. Das deutsche Volk schuldet dem jungen Kaiser unendlichen Dank für diese Veröffentlichung: ein herrlicheres Denkmal als dieses kann dem heimgegangenen Kaiser nicht errichtet werden. Und auch dafür dürfen wir dankbar sein, daß es am Tage einer nationalen Feier von so großer Bedeutung, wie es der Sedantag für uns ist, enthüllt ward. Denn in der Wesenheit Wilhelm's I., wie sie uns hier in seinen Aufzeichnungen in bedeutsamsten Stunden stiller Einkehr in sich selbst und der Demüthigung vor Gott Sghe verkörpern sich jene Eigenschaften, deren das deutsche Volk bedarf, um sich zu erhalten, was es unter der Herrschaft dieses Patriarchen⸗Kaisers errungen hat.
— Die „Neue Preußische Zeitung“ schreibt zum 2. September:
Die Feier unseres nationalen Festtages gewinnt in diesem Jahre eine besonders ernste und hohe Bedeutung. Mit tiefer Trauer denkt Deutschland heute aufs Lebhafteste an den Heimgang des edlen, ehrwürdigen Kaisers Wilhelm, des Siegers von Sedan, des Helden, dem es Gott gegeben, das Deutsche Reich in nie geschauter Herrlichkeit aufzurichten, und des so bald darnach erfolgten Heimgangs des tapferen Kaisers Friedrich, der an den Kämpfen und Siegen der großen Kriegsjahre einen so hervorragenden Antheil gehabt hat, der insbesondere auch bei Sedan seine Feldherrentüchtigkeit so herrlich bezeugte.
Die große friedliche Frucht jener Kriegszeiten des Deutschen Reichs hat in diesem Jahre eine ernste Probe zu besteben gehabt. Zweimal mußte unser deutsches Volk und Land trauernd an dem Grabe eines geliebten Kaisers stehen, — und siehe, diese schwere Heimsuchung hat in keiner Weise, ja nicht im Allergeringsten den festen Bestand des jungen Kaiserreichs zu erschüttern vermocht. In wunderbarer Ruhe sind jene ernsten Krisen vorübergegangen. Wir glauben nicht, daß etwas Aehnliches in irgend einem anderen Lande möglich gewesen wäre, und ohne Zweifel dürfen wir auf diese Erfahrung die Hoffnung gründen, das das Deutsche Reich feste Wurzeln geschlagen hat und auf eine gedeihliche Entwickelung rechnen darf. Auf dem Schlachtfelde von Sedan ist Deutschlands Einigung und des Kaiserreichs Aufrichtung gewonnen worden — aber im Frieden wird dasselbe sich weiter entwickeln, das dürfen wir nach der ernsten Probe dieses Jahres hoffen. 8 8 1
Den größten Dank schuldet Deutschland seinen Fürsten, die sich einmüthig um den jungen Kaiser geschaart haben und durch ihr per⸗ sönliches Erscheinen bei der Eröffnung des Reichstages und bei dem feierlichen Regierungsantritt des jugendlichen Kaisers bekundet haben, daß sie treu und fest zum Reiche stehen wollen. 8 3
Das deutsche Volk darf dies Verhalten der deutschen Fürsten nie vergessen und soll denselben von Herzen danken und sie darum desto mehr ehren und lieben. 1b G
Treue um Treue, — das soll gelten. Ganz besonders von Bayern und Sachsen war dies reichstreue Auftreten tröstlich und höchsten Dankes werth. 1
Und wie viel hat Kaiser Wilhelm's Meerfahrt zur Hebung des Nationalgefühls beigetragen! Welches deutsche Herz schlug nicht lauter bei den Berichten von jener majestätischen, wahrhaft Kaiser⸗ lichen Fahrt nach den nordischen Höfen.
Der Sieg von Sedan mit seinen großen Folgen soll uns nicht hochmüthig machen, wohl aber das Nationalgefühl beleben und heben und das Vertrauen auf des Reichs Bestand stärken. Als einen be⸗ sonderen Segen der politischen Entwickelung unserer Zeit betrachten wir es, daß die monarchische Gesinnung unseres Volkes eine sehr be⸗ deutende Förderung erfahren hat. Bei Sedan hat der revolutionäre Cäsarismus die Waffen gestreckt vor der legitimen Monarchie, das Cäsarenthum von Volkes Gnaden vor dem Königthum von Gottes Gnaden, und die nachfolgende Entwickelung entspricht dem vollkom⸗ men: In Deutschland ein mächtiges Wachsen der monarchischen Gesinnung durch die treue, von Gott gesegnete, weil nach Gottes Willen geführte Regierung unseres theueren Kaisers Wilhelm I., in dessen Fußtapfen der erhabene Enkel tritt, — in Frankreich wachsende Zerrüttung und ein bedenklicher Niedergang in jeder Beziehung. Es ist höchst lehrreich für die Völker, hier neben einander zu sehen den Segen eines festen Königlichen Regiments und den Fluch einer revolutionären Republik. Wir meinen, solche Lehre könnte nicht unbeachtet bleiben, und vor allem sollten die, welche noch immer ein parlamentarisches Regiment erstreben, doch etwas aus diesen wahrlich deutlichen Zuständen lernen. Aber freilich giebt es Leute, die nie etwas lernen aus der Geschichte, sondern in ihren verkehrten Gedanken sich einspinnen und in ihren alten Doktrinen sich so festfahren, daß sie nicht wieder herauskönnen.
Ein unberechenbarer Segen für unser Volk und Land ist es, daß die großen Helden von 1870 und 71, der große Kanzler und der geistvolle Schlachtendenker noch immer auf dem Plane sind; ihrer soll das deutsche Volk am heutigen Tage mit besonderem Danke gedenken und Gott loben, der uns diese Männer so lange erhalten hat. Es ist wohl unerhört in der Weltgeschichte, daß drei Königs⸗Generationen die großen Rathgeber in Krieg und Frieden gleicherweise ehren und in ihrem vollen Wirken lassen und ihres erleuchteten Rathes sich mit vollem Vertrauen bedienen. Das ehrt die Könige und ehrt die Männer ihres Vertrauens. Ohne Zweifel gelten die begeisterten Reden dieses Tages darum dem Kaiser und den deutschen Fürsten, wie auch diesen treubewährten Helden im Rathe und im Streite.
Möchte dieser Tag uns Allen eine Mahnung sein, alles Partei⸗ gezänke fahren zu lassen und des Vaterlandes Wohl in Ein⸗ müthigkeit zu fördern, der Führung unseres mannhaften, theuren Kaisers folgend. Dann dürfen wir getrost den kommenden Tagen entgegensehen. „Wir Deutsche fürchten Gort und sonst Niemand in der Welt“ — dies schöne Kanzlerwort soll unsere Losung sein. Wir dürfen auf Frieden hoffen, jedoch nur, wenn wir allezeit gerüstet sind zum Kampf. Das wird uns unsere Stellung unter den Völkern Europas erhalten und zugleich auch die Mannhaftigkeit und Tüchtigkeit bewahren, ohne die ein Volk nicht lange bestehen kann. Man schelte doch nicht über die Lasten, die uns solche Rüstung auferlegt; sie werden reich und überreich belohnt und aufgewogen durch die sittlichen und materiellen Vortheile, die uns die volle Wehrhafrigkeit giebt. Unserem tapferen Heere, unserer guten Wehrhaftigkeit verdanken wir nächst Gott den Sieg von Sedan mit all seinen großen und segensreichen Folgen; dieselben Kräfte werden uns auch den theuer erworbenen Segen er⸗ halten. Nur ein mannhaftes und wehrhaftes Volk kann Be⸗ stand haben; wo diese erhaltenden Kräfte fehlen, tritt innere Fäulniß und Zerrüttung ein. Der frische, frohe Glauben, die fröhliche Gottesfurcht, sie gedeihen besser unter einem männlich starken Volke, als unter einem verweichlichten, nur dem materiellen Gewinn und Genuß zugewandten. — Es sei der Gott, unser Herr, mit dem Deutschen Volk und Reich und mit seinem theuren Kaiser und seinen Fürsten allezeit und erhalte uns noch lange die Früchte des blutigen Saatfeldes von Sedan!
— An die zwischen Sr. Maäjestät dem Kaiser und dem General⸗Feldmarschall Grafen Moltke gewechselten Schriftstücke anknüpfend, bemerkt die „‚Times“:
Der neueste Posten, welchen der Kaiser dem großen Feldmarschall übertragen hat, wird Letzteren in ziemlich enger Verbindung mit der militärischen Politik des Reichs halten. Es wird anscheinend keine Sinecure sein, denn der Kaiser sagt ausdrücklich, daß der National⸗Vertheidigungs⸗Ausschuß gegenwärtig der Initiative ermangele, die der Marschall hineinbringen solle. Es kann aber kaum angenommen werden, daß die deutschen Pläne der nationalen Vertheidigung überhaupt unvollständig sind, und wir müssen die Worte des jungen Kaisers eher als einen neuen Ausdruck seines Entschlusses
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auffassen, die Wirksamkeit der Armee unter allen Umständen aufrecht
zu erhalten, was es auch kosten möge. Inzwischen hat Se. Majestät soeben einen merkwürdigen Beweis seines Wunsches gegeben, die Ein⸗ heit der Gesinnungen innerhalb des Reichs zu fördern, denn er hat den wichtigen Posten als Gouverneur der Provinz Hannover Herrn von Bennigsen, dem Führer der Nationalliberalen, übertragen. Wenn dies ein dem Liberalismus gewährtes Zugeständniß bedeutet, dann muß zugegeben werden, daß der junge Souverän die Erwartungen der ganzen Welt widerlegt. Im Ganzen genommen scheint Kaiser Wilhelm II. ein ausgezeichneter Herrscher werden zu wollen, energisch und unparteiisch und zur Aufrechterhaltung des Friedens entschlossen, indem er sich beständig für einen Krieg bereit hält.
Gewerbe und Handel.
Bei den Abrechnungsstellen der Reichsbank sind im August 1888 1 307 161 000 ℳ abgerechnet worden gegen 18” 122 500 ℳ im Juli d. J. und 1 127 203 300 ℳ im August 1887.
— Vom oberschlesischen Eisen⸗ und Metallmarkt berichtet die „Schles. Ztg.“”: Die Roheisenerzeugung schließt den Monat mit dem Betrieb von 27 Koks⸗Hochöfen, welche sich auf die Einzelwerke wie folgt vertheilen: Königshütte 6, Laurahütte 4, Julienhütte 3, Borsigwerk, Bethlen⸗Falva⸗, Donnersmarck⸗, Friedens⸗, Hubertushütte je 2, Antonienhütte, Kgl. Hüttenamt Gleiwitz, Reden⸗ und Tarnowitzerhütte je 1. Die Reparatur der beschädigten Gas⸗ kanäle des neuen Hochofens der Falvahütte ist beendet und die Aufstellung einer Dampfpumpe für beide Oefen im Gange. Mit der eesteigerten Roheisenproduktion hat auch die Unternehmungslust für stärkere Erzförderung sich gehoben, und erfolgt dementsprechend auch die Zufuhr von Eisenerz und Eisensteinen, zum Theil auch aus Niederschlesien, in erweitertem Maße. Die Ab⸗ fuhr von Roheisen nach den heimischen Verbrauchsstätten entsprach vollkommen dem stärkeren Ausbringen desselben, und die Preise be⸗ hielten ihre Festigkeit. Hochwerthige Schmelzprodukte galten 6— 6,30 ℳ. — Die Eisengießereien sind hinreichend beschäftigt und sehen einer baldigen Herabminderung ihrer Thätigkeit umsoweniger entgegen, als noch weitere Bestellungen in Aussicht stehen. Größere Maschinentheile, Schwungräder, Riemenscheiben, Signal⸗ ständer ꝛc. sind in Arbeit, und die Appreturwerkstätten sind mit der Ablieferung kleinerer Objekte reichlich in Anspruch genommen. — Der Walzeisenmarkt bekundet andauernd eine vortheilhafte Tendenz. Der Puddelöfenbetrieb überschritt zeitweise das normale Maß, die Robschienenstrecken vermochten schlank ihre Auf⸗ träge zu erledigen. Stab⸗ und Sorteneisen, namentlich stärkerer Kalibrirung, behielten guten Markt; auch der Vertrieb über die Ost⸗ grenze ließ sich gegen den Vormonat besser an. Die gesteigerte Bau⸗ thätigkeit bedingte einen ansehnlichen Abzug von Schmiedeeisen, einfachen wie doppelten Trägern ꝛc. Auch die Blechwalzwerke waren in bohem Grade in E1111 um mit den zum Theil dringlichen Aufträgen nicht rückständig zu werden. Ein Heraufsetzen der Preise konnte dementsprechend durchdringen. Im Bereich des nächsten Absatzgebiets bewerthele sich gewöhnliches Stabeisen mit 14 — 14,25 ℳ Qualitätseisen 15,50 — 16,50 ℳ Koksbleche 16,50 — 17,50 ℳ — Der Metallmarkt beobachtete eine feste Haltung. In der regen Ablieferung von Zink und Blei, zum Theil noch alte Aufträge, fand die Produktion guten Abzug. Beste W. H. Marke bedang 35,80 — 36 ℳ, andere gute Marken 33,80 — 34 ℳ, und dem Bezugsquantum entsprechend mehr.
— Zuckerbericht der Magdeburger Börse, den 31. August, Mittags. Rohzucker. In der allgemeinen Lage des Marktes hat sich im Laufe der letzten acht Tage nichts geändert. Von daseiender Waare I. Produkts wurden nur wenige Pöstchen angeboten und zu unveränderten Preisen — 24 ℳ für 92er und 23 ℳ für 88er — verkauft, letztere fast ausschließlich zum Export. Die Läger in erster Hand sind bis auf einzelne kleine Partien geräumt, so daß das Ge⸗ schäft in Zucker alter Campagne thatsächlich als abgeschlossen zu betrachten ist. Der Umsatz in effektiver Waare beläuft sich auf ca. 39 000 Ctr., größtentheils aus Nachprodukten bestehend. Auf Lieferung per neue Campagne wurden im Laufe der letzten Monate iheils zu festen, mehr aber noch zu laufenden Preisen ca. 582 000 Ctr. abgeschlossen. Raffinirte Zucker. Das Geschäft in raffinirtem Zucker erfuhr während der verflossenen Woche keine Veränderung; die Tendenz unseres Marktes blieb eine ruhige, aber feste und fanden die offerirten Brode, sowie gemahlene Zucker zu sehr gut behaupteten, vorwöchentlichen Preisen Nehmer. Ab Stationen: Granulated⸗ zucker, inkl. —,— ℳ, Krvstallzucker, I., über 98 % —,— ℳ, do. II., über 98 % —,— ℳ, Kornzucker, exkl., 92 Gd. Rendem. —,— ℳ do. excl. 88 Gd. Rendem. —,— ℳ, Nachprodukte, excl. 75 Gd. Rendem. 15,20 — 18,70 ℳ für 50 kg. Bei Posten aus erster Hand: Raffinade, ffein, ohne Faß 29,25 ℳ, do. fein, ohne Faß 29,00 ℳ, Melis, ffein, ohne Faß 28,75 ℳ, Würfelzucker, I., mit Kiste —,— ℳ, do. II., mit Kiste 30,00 ℳ, Gem. Raffinade, IJ., mit Sack —,— ℳ, do. II., mit Sack 28,25 ℳ, Gem. Melis, I., mit Sack 27,25— 27,50 ℳ, do. II., mit Sack —X,— ℳ, Farin mit Sack —,— ℳ für 50 kg. — Melasse: bessere Sorte, zur Entzuckerung geeignet, 42 — 43 Grad Béö. (alte Grade) ohne Tonne 2,80 — 3,25 ℳ, 80— 82 Brix, ohne Tonne 2,80 — 3,25 ℳ, geringere Sorte, nur u Brennzwecken passend, 42 — 43 Grad Be. (alte Grade) ohne Tonne 2,20 — 2,60 ℳ Unsere Melasse⸗Notirungen verstehen sich auf alte Grade (42 Gr. = 1.4118 spec. Gewicht). Die Aeltesten der Kauf⸗ mannschaft. “
Augsburg, 1. September. (W. T. B.) Gewinnziehung der Augsburger 7⸗Fl.⸗Loose. 3000 Fl. Ser. 1548 Nr. 53, 600 Fl. Ser. 718 Nr. 88, je 100 Fl. Ser. 837 Nr. 6, Ser. 837 Nr. 95, Ser. 100 Nr. 42, Ser. 100 Nr. 74, Ser. 1293 Nr. 80, Ser. 1417 Nr. 73, Ser. 1519 Nr. 52, Ser. 1519 Nr. 88, Ser. 1548 Nr. 30, Ser. 1548 Nr. 91, Ser. 1601 Nr. 39, Ser. 1601 Nr. 51, Ser. 1633 Nr. 22, Ser. 2030 Nr. 9, Ser. 2030 Nr. 68, je 50 Fl. Ser. 100 Nr. 5, Ser. 117 Nr. 84, Ser. 504 Nr. 35, Ser. 504 Nr. 36,
Ser. 1519 Nr. 15, Ser. 1519 Nr. 73, Ser. 1601 Nr. 93, je 40 Fl. Ser. 100 Nr. 76, Ser. 117 Nr. 52, Ser. 117 Nr. 57, Ser. 718 Nr. 57, Ser. 1293 Nr. 10, Ser. 1548 Nr. 60, Ser. 1601 Nr. 21, Ser. 1633 Nr. 97, je 30 Fl. Ser. 100 Nr. 29, Ser. 100 Nr. 66, Ser. 117 Nr. 50, Ser 504 Nr. 29, Ser. 718 Nr. 98, Ser. 728 Nr. 4, Ser. 728 Nr. 67, Ser. 1293 Nr. 29, Ser. 1293 Nr. 53, Ser. 1417 Nr. 39, Ser. 1519 Nr. 7, Ser. 1519 Nr. 26, Ser. 1548 Nr. 33, Ser. 1548 Nr. 46, Ser. 2030 Nr. 51. b
Hamburg, 1. September. (W. T. B.) Gewinnziehung der Hamburger Prämienanleihe von 1846. 100 000 Mk.⸗Bco. Nr. 63230, 10 000 Mk.⸗Beoo. Nr. 20117, 5000 Mk.⸗Bco. Nr. 27361, je 3000 Mk.⸗Bco. Nr. 3657 83449, je 2000 Mk.⸗Bco. Nr. 75771 57615, je 1500 Mk.⸗Beoo. Nr. 39721 47298, je 1000 Mk.⸗Beco. Nr. 50833 91733, je 600 Mk.⸗Beo. Nr. 62833 36792 23428, je 300 Mk.⸗Beo. Nr. 81834 63149 66687 47912 26571 62812 17208 17231. 8
Wien, 1. September. (W. T. B.) Ziehung der öster⸗ reichischen Kreditloose. 150 000 Fl. fielen auf Nr. 46 Ser. 2318, 30 000 Fl. auf Nr. 90 Ser. 2318, 15 000 Fl. auf Nr. 41 Ser. 1097, 5000 Fl. auf Nr. 39 Ser. 1012 und Nr. 21 Ser. 1266. Ferner sind folgende Serien gezogen worden: 10, 336, 494, 690, 1224, 1228, 1607, 2074, 2107, 2120, 2136, 2857, 2977, 3218, 3803.
London, 3. September. (W. T. B.) Die Getreidezu⸗ fuhren betrugen in der Woche vom 25. bis zum 31. August: Eng⸗ lischer Weizen 645, fremder 42 373, englische Gerste 1, fremde 7186, englische Malzgerste 18 015, fremde —, englischer Hafer 79, fremder 55 972 Orts. Englisches Mebl 10 743, fremdes 60 515 Sack, 105 Faß.
Glasgow, 1. September. (W. T. B.) Die Vorräthe von Roheisen in den Stores belaufen sich auf 1 009 215 Tons gegen 916 206 Tons im vorigen Jahre. Die Zahl der im Betrieb befindlichen Hochöfen 86 gegen 85 im vorigen Jahre.
Washington, 1. September. (W. T. B.) Die Schuld
der Vereinigten Staaten hat im Monat August um .“ . 6
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Ser. 728 Nr. 69, Ser. 837 Nr. 48, Ser. 1293 Nr. 100,-