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Toskana und Prinz Leopold von 2 eingetroffen, wo der Botschafter Prinz Nachdem Kaiser
erwartete. den
Wilhelm
folgte die Abfahrt. — Das große
Kaisers Wilhelm wird noch bis zum 10. d. M. in
aus Kaiser Wilhelm die Reise nach Rom antritt.
Wien, 5. Oktober, Abends. An dem heutigen Diner bei dem Minister des Auswärtigen, Grafen Kälnoky, nahmen
Theil: der Staats⸗Minister Graf Herbert Bismarck, der Bot
schafter Prinz Reuß, die Prinzen Khevenhüller und Croy, der Reichs⸗Kriegs-Minister Baron der Bot⸗ schafter Graf Széchényi, die General⸗Lieutenants von Hahnke Freiherr
Graf Julius Andrassy, 9 Bauer, der Reichs⸗Finanz⸗Minister von Kallay,
und von Wittich, der General der Kavallerie von Ramberg, der General⸗Major von Brauchitsch, der FML.
Graf Uexküll, der Hofmarschall Graf Pückler, der Geheime Sektionschefs von Szögyenyi und Freiherr von Pasetti, der Botschafts⸗Rath der Wirkliche Legations⸗Rath Raschdau, der
Kabinets⸗Rath Dr. von Lucanus, die Graf Monts, as d General⸗Konsul Freiherr von Plessen, der Militär⸗Attaché Major von Deines, die Gesandten Freiherr von Zwiedinek und Graf Welsersheimb, der Ministerial⸗Rath von Doczi und der Ministerial⸗Sekretär Graf Wydenbruck.
Mürzsteg, 6. Oktober. Ihre Majestäten der Kaiser Wilhelm und der Kaiser Franz Joseph sowie der König von Sachsen und die übrige hohe Jagdgesellschaft nahmen heute Vormittag an der Jagd auf Hochwild in der Umgebung von Schwarzenbach Theil. Die Jagd auf Gemsen ist bis zum Eintritt besserer Witterung, auf welche bereits morgen gerechnet wird, ausgesetzt, weil in Folge hohen Schnees in den Bergen für die Treiber Absturzgefahr vorhanden ist.
Wien, 6. Oktober. (W. T. B.) Staats⸗Minister Graf Bismarck ist mit dem Sektions⸗Chef von Szögyenyi heute Vor⸗ mittag nach Pest abgereist.
Mürzsteg, 6. Oktober. (Ausführlichere Meldung.) Heute früh 2 ½ Uhr brachen Kaiser Wilhelm, König Albert von Sachsen, Kronprinz Rudolph, der Großherzog von Toskana, Prinz Leopold von Bayern undder Graf von Meran zur Pürschjagd in der nächsten Umgebung des Jagdschlosses auf. Gegen 7 Uhr kehrten Kaiser Wilhelm und der Prinz Leopold in das Schloß zurück, um mit dem Kaiser Franz Joseph zu frühstücken, während die übrigen Herren sich mittelst Wagen direkt in das Schwarzenbacher Revier begaben. Während des Frühstücks brachte die Flügelhorn⸗Kapelle ein Ständchen. Um 8 Uhr begaben Sich sodann beide Kaiser, Prinz Leopold, Oberst⸗Hofmeister Prinz Hohenlohe, Graf Paar, Baron Beck, Prinz von Thurn und Taxis, Ober-⸗Hofmarschall von Liebenau, Flügel⸗Adjutant Major von Pfuel urkd Wirklicher Legations⸗ Rath Raschdau in offenen Wagen zur Treibjagd auf Hochwild nach Schwarzenbach. Zahlreiche angesehene Einwohner und Forstleute aus Neuberg und Umgegend waren als Jagdtheil⸗ nehmer geladen. Nach der Jagd findet Hoftafel statt.
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— Dem hiesigen Magistrat ist, dem „W. T. B.“ zufolge, auf das an Ihre Majestät die Kaiserin und Königin Augusta gerichtete Geburtstags⸗Glückwunsch⸗ schreiben folgende Allerhöchste Antwort zugegangen:
In herzbewegenden Worten hat der Magistrat Meines Geburts⸗ tages gedacht und Mir die Gesinnungen weiter Kreise übermittelt. Die Wehmuth des Tages ist durch die Mir von Nah und Fern bewiesene Liebe gelindert, der Dank für Alles, was Mir geblieben, hierdurch gesteigert worden. So habe Ich in ernstem Rückblick den Segen des Andenkens innig empfunden, der die Vergangenheit trost⸗ reich mit der vereinsamten Gegenwart verband. Ich bitte Gott, daß Seine Gnade Mir auch ferner die Erfüllung der stillen Pflichten ermöglichen wolle, mit denen Mein Leben unzertrennlich verbunden ist, und werde nach wie vor an der Wohlfahrt und dem Gedeihen der Hauptstadt wie des gesammten Vaterlandes aufrichtigen Antheil
Schloß Mainau, den 1. Oktober 1888.
— Die am 4. d. M. in Elberfeld versammelt ge⸗ wesenen Vertreter der nationalliberalen und freikonservativen Parteien aus den Kreis⸗ und Lokalcomitées des Wahl⸗ kreises Lennep⸗Remscheid⸗Solingen haben, wie die „Köln. Ztg.“ meldet, in Aufrechterhaltung des bisherigen Kartells einstimmig beschlossen, für die bevorstehenden Land⸗ tagswahlen wieder geschlossen zusammenzugehen.
— Verschweigt bei der Ertheilung einer Auskunft über einen Dritten, mit welchem der Anfragende in Geschäfts⸗ verbindung zu treten gedenkt, der Befragte auf die Be⸗ merkung des Anfragenden, daß der Dritte behauptet habe, keine Schulden zu haben, bewußt die Thatsache, daß der Dritte ihm resp. seiner Firma einen erheblichen Betrag schuldet, so haftet, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, I. Civilsenats, vom 11. Juli d. J., der Angefragte für den dadurch verursachten Schaden.
— Ein Eisenbahnbetriebsarbeiter hatte in dem letzten Jahre, von seinem Unfalle zurückgerechnet, innerhalb des Eisenbahn⸗Direktionsbezirks B zunächst als Schlosser, dann als Heizer Verwendung gefunden. Das Reichs⸗Versiche⸗ rungsamt hat dem Antrag desselben, seinen Jahresarbeits⸗ verdienst lediglich nach dem höheren Lohne eines Heizers gemäß §. 5 Absatz 4 des Unfallversicherungsgesetzes zu berechnen, durch Urtheil vom 25. Juni 1888 (Nr. 576) nicht stattgegeben aus folgender Erwägung: Unter welchen Voraussetzungen mehrere, innerhalb des Bezirks einer Eisenbahnverwaltung sich vollziehende Betriebe der letzteren als gesonderte Betriebe Eines Unternehmens aufzufassen sind, kann hier unerörtert bleiben. Im vorliegenden Falle, in welchem der Kläger inner⸗ halb eines und desselben Eisenbahn⸗Direktionsbezirks zunächst als Schlosser, dann als Heizer Verwendung gefunden hat, ist seine Beschäftigung in dem der Instandhaltung der Betriebsmaterialien dienenden Werkstätten⸗ betriebe und im Fahrbetriebe als in Einem Betriebsunter⸗
Bayern vor dem Bahnhof Reuß mit den Mitglie⸗ dern der deutschen Botschaft Se. Majestät den Kaiser Wilhelm Botschafter grinzen Reuß und die übrigen Mitglieder der Botschaft huld⸗ vollst begrüßt und Sich von denselben verabschiedet hatte, er⸗ Sr. Majestät des ien ver⸗ bleiben und sich sodann nach Mürzzuschlag begeben, von wo
Weise v zu können.
Heizer bezogen hat.
und Fuhrwerksbetrieben
Inkrafttreten des landwirthschaftlichen gesetzes und zwischen derjenigen nach dem Inkrafttreten desselben unterschieden werden. Vor dem Inkrafttreten des genannten Gesetzes mußten alle selbständigen gewerbsmäßigen Fuhrwerks⸗ betriebe der Fuhrwerks⸗Berufsgenossenschaft angehören. In Auslegung des §. 1 Ziffer 3 des Ausdehnungsgesetzes vom 28. Mai 1885 hat das Neichs⸗Versicherungsamt in feststehender Praxis das Vorhandensein eines gewerbsmäßigen Fuhrwerks⸗ betriebes nur dann angenommen, wenn das Fuhrwerk zu Zwecken des Erwerbs als unmittelbare Einnahmequelle und zugleich für einige Dauer betrieben wird (vergleiche die Anleitung, „Amt⸗ liche Nachrichten des R.⸗V.⸗A.“ von 1885 Seite 160 Nr. 2). Hiernach liegt insbesondere ein gewerbsmäßiger Fuhrmerksbetrieb nicht vor, wenn ein Landwirth seine der Landwirthschaft dienenden Gespanne nur gelegentlich an vereinzelten Tagen Lohnsuhren verrichten läßt, es sei denn, daß aus besonderen Einrichtungen auf einen gewerbsmäßigen Fuhrwerksbetrieb zu schließen wäre. Nach dem Inkrafttreten des landwirthschaftlichen Un⸗ fallversicherungsgesezes aber sind auch die bereits früher nach dem Ausdehnungsgesetz versicherungspflichtigen gewerbsmäßigen Fuhrwerksbetriebe zum Theil als zu den land⸗ wirthschaftlichen Berufsgenossenschaften gehörig zu crachten. In dieser Beziehung muß bemerkt werden, daß zwar gewerbliche
triebe, welche unter §. 1 des Unfallversicherungsgesetzes vom 6. Juli 1884 fallen, im Hinblick auf §. 1 Absatz 2 des landwirthschaft⸗ lichen Unfallversicherungsgesetzes in die landwirthschastlichen Berufsgenossenschaften nicht aufgenommen werden können, auch wenn sie den thatsächlichen Verhältnissen nach als Neben⸗ betriebe landwirthschaftlicher Betriebe aufzufassen sein würden („Amtliche Nachrichten“ 1888 Seite 220 Ziffer 520). Dagegen bezieht sich die zuletzt bezeichnete Gesetzesstelle nicht auf die unter das Ausdehnungsgesetz fallenden Betriebe, insbesondere auch nicht auf die gewerbsmäßigen ““ Die letzteren werden daher, sofern sie thatsächlich wegen ihres Zusammenhanges mit landwirthschaftlichen Betrieben und ihrer Abhängigkeit von denselben als Nebenbetriebe von land⸗ wirthschaftlichen Betrieben betrachtet werden müssen, zugleich mit den Hauptbetrieben in der landwirthschaftlichen Berufs⸗ genossenschaft zu vereinigen sein. Mit dem vollen Inkraft⸗ treten des landwirthschaftlichen Unfallversicherungsgesetzes waren demnach solche gewerbsmäßigen CCCCC“ welche bisher in das Kataster der wee erufsgenossenschaft auf⸗ genommen waren, aus letzterer Berufsgenossenschaft aus⸗ zuscheiden und der betreffenden landwirthschaflichen Berufs⸗ genossenschaft zu überweisen, wobei selbstverständlich auch die etwa vorhandenen Entschädigungsansprüche, welche gegen die erstere Berufsgenossenschaft aus den in den ausscheidenden Betrieben eingetretenen Unfällen erwachsen sind, auf die land⸗ wirthschaftliche Berufsgenossenschaft mit übergehen mußten.
Bayern. München, 4. Oktober. (Allg. Ztg.) Ueber das Befinden der Prinzessin Ludwig ist, datirt vom 4. Oktober, nachstehendes Bulletin ausgegeben worden: „Gestriger Tag ganz fieberfrei. Appetit gut. Zunehmende Kräf⸗ tigung. Erquickender Schlaf dauerte die ganze Nacht.
Dr. Bever.“
Hamburg, 4. Oktober. (Hann. C.) Der Senat hat die Bürgerschaft zu einer am Sonnabend stattfindenden offiziellen Rundfahrt durch die neuen Hafen⸗ anlagen und die Zollanschlußbauten eingeladen. Es wird dies die letzte amtliche Besichtigung vor dem Zoll⸗ anschluß sein; dieselbe soll gleichzeitig zur Feststellung für die Kaiserfahrt durch die hec Ba Häfen dienen. — Der Senat hat nunmehr bestimmt, daß für Hamburg gegenüber dem Freihafengebiet fünf Haupt⸗Zollämter eingerichtet werden, deren Bezirk nach Straßen und Orten genau fest⸗ gestellt ist. Damit sich das Publikum genau zurechtfinden kann, wird der Senat ein alphabetisches Verzeichniß mit An⸗ gabe der betreffenden Straßen, Stadttheile ꝛc. erscheinen lassen.
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Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 5. Oktober. (W. T. B.) Das „Armee⸗Verordnungsblatt“ veröffentlicht di Ernennung des Prinzen Heinrich von Preußen zum Korvetten⸗ Kapitän à la suite der öbsterreichischen Marine.
Großbritannien und Irland. London, 5. Oktober. (W. T. B.) Das „Reuter'sche Bureau“ meldet aus Simla, von heute: Die vierte Kolonne der Expedition gegen die Stämme im Schwarzen Gebirge besetzte heute nach leb⸗ haftem Kampfe Katkoi, wobei ein englischer Hauptmann getödtet und zwei Lieutenants verwundet wurden.
— 6. Oktober. (W. T. B.) Nach weiterer Meldung des „Reuter'schen Bureaus“ aus Simla wurde der Befehls⸗ haber der vierten Colonne der Expedition in das Schwarze Gebirge, Oberst Crookshank, während einer Rekognoszirung schwer verwundet. Die dritte Colonne besetzte den Rücken des Schwarzen Gebirges.
Frankreich. Paris, 5. Oktober. (W. T. B.) Im Laufe des heutigen Tages haben sich gegen Tausend hier ansässige Ausländer auf der Polizeipräfektur ein⸗ gefunden, um die durch das jüngste Dekret vorgeschriebene Erklärung abzugeben.
Dem „Tempe“ zufolge hätte bei einem gestern von dem Minister⸗Präsidenten Floquet gegebenen Diner die Mehrzahl der Eingeladenen die Ansicht geäußert, daß es un⸗ politisch sein würde, den Verfassungs⸗Revisionsentwurf den Kammern sofort bei dem Beginn der Session und vor der Berathung des Budgets vorzulegen.
— 6. Oktober. (W. T. B.) Präsident Carnot hat
heute Morgen um 7 ½ Uhr die Reise nach Lyon und Annecy angetreten.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 5. Oktober. (W. T. B.) Heute ist das Gesetz, betreffend die Er⸗
nehmen erfolgt anzusehen, da er als Heizer naturgemͤß auf
eine vorhergegangene Beschäftigung in der Werkstätte an ewiesen war, um die maschinelle Einrichtung der Lokomotive ennen zu lernen und seinen Dienst in zweckentsprechender (Vergleiche Entscheidung 459, „Amtliche Nachrichten des R.⸗V.⸗A.“ 1888 Seite 70.) Der Berechnung der Rente ist demnach der Arbeitsverdienst zu Grunde zu legen, welchen der Kläger in dem letzten Jahre vor dem Unfalle thatsächlich als Werkstättenschlosser und als
— Ueber das Verhältniß zwischen landwirthschaftlichen
at sich das Reichs⸗Versicherungs⸗ amt in einem Bescheide vom 6. Juli 1888 (Nr. 577) wie folgt ausgesprochen: Es muß vor Allem zwischen der Rechts⸗ lage vor dem — in Preußen am 1. April 1888 erfolgten — Unfallversicherungs⸗
-] aus den Häfen des Baltischen, des Schwarzen und des Asowschen Meeres durch zollfreie Zulassung dazu erforder⸗ licher ausländischer Säcke, veröffentlicht worden. Ein weiteres Gesetz gestattet ausländischen Aktiengesellschaften, wenn sie in Rußland nur ausländische Fabrikate verkaufen, und ausländischen Schiffahrts⸗Compagnien, welche in Verkehr mit Rußland stehen, den Geschäftsbetrieb in Rußland ohne eine besondere kaiserliche Genehmigung.
Italien. Rom, 5. Oktober. (W. T. B.) Der Köni von Griechenland und der Kronprinz von Dänemart besuchten heute in Bologna die Ausstellung und setzten Abends die Reise nach Brindisi fort.
Schweiz. Bern, 5. Oktober. (W. T. B.) Da das Gesetz, betreffend die Erfindungspatente, innerhalb der gesetzlichen Einspruchsfrist unbeanstandet geblieben ist, so tritt dasselbe laut Erklärung des Bundesraths mit dem 15. No⸗ vember in Kraft.
Niederlande. Haag, 6. Oktober. (W. T. B.) Die auswärts verbreiteten Nachrichten über eine Verschlimmerung im Befinden des Königs sind unbegründet; dasselbe war vielmehr in den letzten Tagen ein im Allgemeinen befriedigendes.
Dänemark. Kopenhagen, 4. Oktober. Nach dem Finanzgesetzentwurf für 1889,/90 setzen sich die Ein⸗ nahmen wie folgt zusammen: Ueberschuß aus den Domänen 745 730 Kr., Zinsen von den Staatsaktiven 3 800 939 Kr., direkte Steuern 9 632 000 Kr., indirekte Steuern 35 895 000 Kr., Post⸗ und Telegraphenwesen (Fehlbeträge), Klassenlotterie 900 000 Kr., Ueberschuß der Faröer⸗Inseln 63 709 Kr., ver⸗ schiedene Einnahmen 2 155 250 Kr., Vermögensverbrauch und Schuldenvermehrung 1 349 403 Kr., oder zu⸗ sammen 54 542 043 Kr. Die Ausgaben vertheilen sich auf folgende Hauptposten: Civilliste des Königs 1 000 000 Kr. Apanagen des Königlichen Hauses 223 240 Kr., Reichstag 200 000 Kr., Staatsrath 106 616 Kr., Verzinsung der Staatsschulden 7 050 640 Kr., Pensionswesen und Invalidenversorgung 3 408 375 Kr., Ministerium des Aeußern 386 456 Kr., Ministerium des Innern 3 309 871 Kr., Justiz⸗ Ministerium 3 426 204 Kr., Kultus Ministerium 2 215 033 Kr., Kriegs⸗Ministerium 10 283 657 Kr., Marine⸗Ministerium 6 637 366 Kr., Finanz⸗Ministerium 3 187 213 Kr., Island 96 664 Kr. Dazu kommen folgende außerordentliche Aus⸗ gaben: Ministerium des Innern 1 140 795 Kr., Justiz⸗ Ministerium 184 257 Kr., Kultus⸗Ministerium 1 083 470 Kr., Kriegs⸗Ministerium 4 654 770 Kr., Marine⸗Ministerium 1 969 700 Kr., Finanz⸗Ministerium 678 000 Kr., Staats⸗ schuldentilgung 2 713 600 Kr., öffentliche Arbeiten zur Hebung des Verkehrs 3 774 857 Kr., verschiedene andere Arbeiten ꝛc. 153 500 Kr. Nach dem Finanzgesetzentwurf betragen die Ausgaben 57 884 287 Kr., wahrend die Einnahmen auf 54542 043 Kr. veranschlagt sind; es bleibt also ein Fehlbetrag von 3 342 244 Kr. aus den Beständen der Staatskasse zu decken. Letztere betrugen am 4. August d. J. 45 177 114 Kr. Die Staatsschulden Dbänemarks werden am 1. April 1889 190 295 271 Kr. betragen, wovon nur 11 677 700 Kr. ausländische Schulden sind.
Zeitungsstimmen.
Ueber die bei dem vorgestrigen Gala⸗Diner gehaltenen Toast⸗Reden Kaiser Franz Joseph's und Kaiser Wilhelm's äußern sich die Wiener Blätter folgendermaßen: Das „Wiener Fremdenblatt“ schreibt: Selten sind Trinksprüche gehalten worden, die an Kraft und an Bedeutung jenen gleichkommen könnten, welche bei dem heutigen Festmahle in der Wiener Hofburg gewechselt wurden. Das Ver⸗ hältniß zweier mächtiger Fürsten und zweier Großstaaten kommt in ihnen zu einem Ausdruck, der an Treue und Klarheit nicht übertroffen werden kann. Jedes einzelne Wort wiegt einen Kommentar auf. Aus jedem einzelnen tritt die ganze, auf die innersten Empfindungen aufgebaute Festigkeit des Bundes hervor. So sind denn die Trinksprüche eine Kundgebung von einer über⸗ wältigenden Macht. Sie beleuchten den Quaderbau, auf dem der Friede beider Reiche und jener Europas ruht. Die beiden Monarchen haben mündlich und von dem Glanze ihres Hofstaates umgeben, das Bündniß erneuert, welches sie vor neun Jahren geschlossen haben. Sie haben ihm neuerlich eine feierliche Weihe verliehen und jedes einzelne Wort der Monarchen flößt der großen Schöpfung neue Kraft ein. Kaiser Franz Joseph I. Worte sind von jenem edlen Schwunge beseelt, welcher der Eigenart des Bundes entstammt. Der zum Herzen dringende Ton des von Sr. Majestät unserem Kaiser gesprochenen Toastes ist der Geist des Bündnisses. So wie dieses dem freien Willen, aber auch zugleich der durch die Verhältnisse geschaffenen Noth⸗ wendigkeit entsprungen, so wie es einem gemeinsamen Gefühle und gemeinsamen Interessen entsprossen, so athmet auch der Trinkspruch des Monarchen ritterliche Freundschaft und unwandelbare Bundes⸗ genossenschaft. Das sind nicht Worte, wie sie nur die Staatskunst eingiebt. Sie sind von dem Gefühle des Monarchen durchströmt. Man vernimmt in ihnen das Pochen des hohen Herzens, das ganz und gar bei einem Werk ist und für dasselbe schlägt, welches der Völker Heil sichert und sie aus den Fluthen der steten Ungewißheit endlich in den Hafen der Friedensruhe gebracht. „Mit den Gefühlen jener herzlichen, treuen und unauflöslichen Freundschaft und Bundesgenossenschaft, welche uns zum Besten unserer Völker vereint, trinke ich auf das Wohl unseres Kaiserlichen Gastes“ — das sind die Worte, die unser Kaiser seinem hohen Gast gewidmet. Herzlich, treu und unauflöslich erklärt der Monarch die Freundschaft und die Bundesgenossenschaft mit dem Deutschen Reich. Kann es ein Band geben, das stärker wäre, als Herzlichkeit und Treue? Kann eine feierlichere Erneuerung und Bekräftigung des Allianzvertrages gedacht werden, der nunmehr in Deulschland vom dritten Herrscher mit derselben Innigkeit und in demselben Geiste gewahrt wird, wie von den Begründern?. Kaiser Wilhelm II. beantwortete, von den Worten seines erlauchten Gastfreundes ergriffen, den Trinkspruch desselben in einer ebenso innigen als feierlichen Erwiderung. Er gedachte der früheren Zeit, da er als Gast unseres Kaisers in Oesterreich verweilt hat, und berief sich auf das von seinem Großvater ihm übertragene Vermächtniß. Kaiser Wilhelm I. politische Ziele sind von dessen Enkel als geweihte Rechtslehen zum Heile Deutschlands angenommen worden. Unter dem Sckutze dieser heiligen Ueberlieferung steht auch das Bündniß mit unserer Monarchie. „In dem Gefühle bewährter und unver⸗ brüchlicher Freundschaft erhebe ich mein Glas und trinke auf das Wohl meines hochverehrten Bundesgenossen, Sr. Majestät des Kaisers von Oesterreich’ — das waren die weiteren Sätze des Trinkspruches Kaiser Wilhelm II. Es hat das Verhältniß Deutschlands zu uns weder durch den Tod Kaiser Wilhelm I., noch durch den Heim⸗ gang Friedrich III. eine Aenderung erlitten. Der neue Kaiser über⸗ nimmt das Erbe der Politik seiner Vorgänger und was deren Weis⸗ heit gestiftet, an dem hält er fest, mit jener „deutschen Treue“, als deren Bürge er bereits in seiner ersten Thronrede vor den Reichstag getreten ist. Und wie die Fürsten Treue und unwandelbare Bundes⸗ genossenschaft als die unverrückbare Grundlage der gegenseitigen Be⸗
leichterung der Ausfuhr von Getreide und Mehl
ziehungen proklamiren, so thun es auch die Völker, glücklich, daß ihre Beherrscher eins sind mit den Empfindungen und den Wünschen ihrer
Nationen, daß die Fürstliche Politik zugleich eine volksthümliche in des Wortes bestem Sinne ist. 88
*0ꝙ Man hat vielfach über die Bedeutung der Reise des Deutschen Kaisers nach Wien gestritten, ihr bald die eine, bald die andere Trag⸗ weite beigemessen. Konnte ihr aber überhaupt eine größere Bedeu⸗ tung, eine mächtigere Kraft der Wirkung und der Einwirkung zu⸗ geschrieben werden, als sie nunmehr durch das gestrige Festmahl in der Hofburg thatsächlich erlangt hat? Wir glauben kaum. Die Worte der beiden Kaiser werden durch ihre Innigkeit und durch die Festigkeit des Einverständnisses zwischen den beiden Regenten, sie werden durch ihre Wärme und ihre Feierlichkeit von dem tiefsten Eindruck bleiben und die Welt über die wahre Natur des Verhält⸗ nisses aufklären, eines Verhältnisses, das es nicht gleich anderen Allianzen auf momentanen Vortheil absieht, noch einer momentanen Konstellation seine Entstehung dankt. Es entspricht vielmehr dem tiefernsten Auffassen der Regentenpflichten durch die beiderseitigen Kaiser, welche ihre Reiche dauernd dem gemeinsamen Ziel dienstbar machen, jenem Ziel, das mit den wahren Aufgaben der Staatskunst, mit der Beschirmung des Friedens und des Rechts zusammenfällt. Es ist die Gleichartigkeit der Ideen, die Gleichartigkeit der sittlichen Zwecke und der Ansichten über die wahren Ziele der Fürstenweisheit, welche eine Verbindung zweier Großstaaten ermöglicht hat, die schwer⸗ lich ein Gleichniß in der Geschichte aufweist, und welche gerade wegen ibres Verzichts auf jeden Eigennutz den unschätzbaren Segen besitzt, fortdauernd und unter allen Verhältnissen ihre Kraft und ihren Werth
haupten zu können.
Die „Wiener Allgemeine Zeitung“ sagt:
Mit diesen herzlichen Worten feierten die beiden Monarchen die Waffenbrüderschaft, welche die Bünkdnißverträge für die Heere der beiden Reiche geschaffen haben. Ein dreifaches Hoch brachten sie auf die „Kameradschaft“ aus, die fürder allein zwischen dem deutschen und dem österreichischen Soldaten herrschen soll. Die Kameradschaft hat noch nicht die Feuertaufe empfangen, und es begegnen sich wohl alle Wünsche, wenn wir sagen, es möge den beiden Armeen noch lange erspart bleiben, auf die blutige Wahlstatt zu ziehen. Wenn es sich aber fügen sollte, daß sie die Fahnen entrollen müßten, um gegen den gemeinsamen Feind zu ziehen, welcher den Frieden be⸗ drohen will, dann werden sie wirklich als gute Kameraden Seite an Seite stehen, als gute Kameraden zu kämpfen und zu siegen wissen. Die Worte der verbündeten Monarchen haben heute diese unlösliche Waffenbrüderschaft scharf markirt. Sie bilden eine bedeutungsvolle Enunciation für Alle, die es angeht.
Außerdem liegen aus „W. T. B.“ noch folgende Mel⸗
dungen vor: — —
Die „Neue Freie Presse“ hebt hervor:—
Daß die Monarchen in esprochene die ganze Empfindung des historischen Moments gelegt, sei der Höhepunkt im Verlaufe der denkwürdigen Tage, welche Se. Mojestät der Kaiser als Gast in der Hofburg verlebt habe.
Die „Deutsche Zeitung?-⸗ 8
giebt dem Gedanken Ausdruck, daß, wiewohl der vor 9 Jahren aufgerichtete Bund vor Allem ein Friedensbund sei, der Betonung der Waffengemeinschaft doch eine schwerwiegende Bedeutung inne⸗ wohne; diese
das
Waffengemeinschaft erhebe sich zu einer Waffenbrüder⸗ schaft in des Wortes schönstem und vollstem Sinne. Das „Wiener Tageblatt“ sagt: das Freundschafts⸗ und Bundesverbältniß sei das vollkommenste geworden welches zwischen zwei unabhängigen Staaten überhaupt denkbar sei Die Uebereinstimmung der Interessen und Anschauungen habe bier in die Wirklichkeit hineingetragen, was man sonst für ein
unerreichbares Ideal halten mußte.
— Die Londoner „Morningpast sreicinet. ö“ ie Begegnung der beiden Kaiser in Wien als ein Ereigniß e 1“ weil dieselbe offen bekunde, daß der Bund zwischen Deutschland, Oesterreich⸗-Ungarn und Italien keine Schwächung erlitten habe. Der Bund der drei Mächte, zu welchem England herzliche Sympathie hege, werde mit Recht als die sicherste Bürgschaft für die Anfrechterbaltung des Friedens in Europa betrachtet. Solange die Politik der Fgiedensliga bleibe, was sie list, sei sie in jedem Falle der Unterstützung Englands sicher. “ 1 — Die EET 111“ schreibt unter dem Titel: Die Kaisertoaste in der Hofburg“: 1 9 Eine L als die Festberichte von Peterhof, tragen die Meldungen über die Kaisertage aus der Donaustadt. Anders als die gemessenen Worte bei den Festmählern im Norden klingen die Trink⸗ sprüche, welche gestern in der Wiener Hofburg ausgebracht wurden. Man vergißt das höfische Ceremoniell, man fühlt den Zug der Weltgeschichte, und man empfindet, daß in diesem Verhältniß zweier Fürsten, zweier Reiche zu einander kein Schatten des Mäiͤßtrauens waltet. Nicht eigentlich die Aeußerlichkeiten des Empfanges, welchen Kaiser Wilhelm in Wien gefunden bat, sind für den Werth dieser Kaiserbegegnung kennzeichnend. Es ist vielmehr der berzliche, aufrichtige und rückhaltlose Ton, welcher den ganten Verkehr zwischen Kaiser Wilhelm und seinem Gastgeber durchweht und zu hoher politischer Bedeutung erhebt. Selten baben die Großen der Erde sich so warmherzig gegeben, wie in diesen Wiener Festtagen, und man wird, wenn man die persönliche und sachliche Innigkeit dieser Herrscher betrachtet, unwillkürlich an die Worte erinnert, welche einst Burke gesprochen hat: „Raffinirte Politik war immer die Mutter der Verwirrung und wird es immer sein, so lange die Welt steht. Schlichte gute Absicht, welche eben so schnell beim ersten Blick er⸗ kannt wird wie der Betrug sicher am Ende zu entdecken ist, besitzt keine geringe Segeh 1 der G 88 1.“ Echte Herzens⸗ eit ist ein heilendes und einigendes Prinzigp.. . 8 Herzenseinfachheit, mit welcher sich die beiden Kaiser begegnen, ist die Einigung beider Reiche neu bestätigt worden. Kaiser Franz Joseph hat seinen Gefühlen „der herzlichen Treue und „un⸗ auflöslichen“ Freundschaft und Bundesgenossenschaft“, welche die Kaiser wie die Völker vereine, Ausdruck gegeben, und Kaiser Wilhelm hat geantwortet in dem Gefühle „bewährter unverbrüchlicher Freund⸗ schaft“ für seinen Bundesgenossen. Der Kaiserliche Gastgeber hat des Deutschen Kaisers jugendliche Kraft, männliche Weisheit und Ent⸗ schi denheit gepriesen und die deutsche Armee als „das leuchtendste Muster aller militärischen Tugenden’ gefeiert, und der deutsche Herrscher hat mit einem dreifachen Hoch auf die tapferen Fh in der österreichisch⸗ungarischen Armee geantwortet. Das ist mehr als hergebrachte Höflichkeit, das ist die Besiegelung eines vaterPüün Bündnisses, die Verkündigung einer sicheren Waffenbrüderschaft, fa 3 einst die Völker genöthigt sein sollten, ihre Freiheit mit dem Schwerte u vertheidigen. Diese Annahme wird auch durch die Auszeichnungen bestatiat, welche Kaiser Wilhelm in Wien vollzogen hat. 1 Jene Staatsmänner sind besonders bevorzugt worden, welche das deutsche Bündniß gefördert haben.... 1 . — Die „Rheinisch⸗Westfälische Zeitung“ führt unter der Ueberschrift: „Auch ein Vertreter Frankreichs im Deutschen Reichstage“ Folgendes aus:
Was unser deutsches Vaterland von den Vertretern der sozial⸗ demokratischen Partei zu erwarten hat, das kann man so 155 aus den Artikeln entnehmen, welche die sozialdemokratischen 2 “ Brüssel über die jüngst vellzogene Wahl Liebknecht,s im sechf h Berliner Wahlkreise gebracht. Dieselben, welche bekanntlich 5 Anderes als Ableger der Pariser revolutionären Presse sind, erheben aus Anlaß der Entsendung dieses hervoeragendent egh. demokratischen Führers in den deutschen Reichstag ein wahres geschrei: die „Reforme erblickt in der Wahl die Antwort lan Volkes auf die Rede Kaiser Wilhelm's in Frankfurt a. O, 8 Bevölkerung Berlins den Vertreter derjenigen Partei in den; eich tag entsendet habe, welche allein seiner Zeit gegen die Annexion nes Elsaß⸗L thringen zu protestiren gewagt habe, und ] n den Muth besitze, gegen die Unterdrückung Seitens der Säbelschlepper und Buͤreaumenschen Front zu machen. 8 8 Berliner Wahl“, fährt das Blatt fort, ist ein Akt des Friedens,
ie di nkfurter Rede eine Brandfackel des Krieges war. Die veendinSee sich sagen, daß das deutsche Volk nicht ihr Feind, sondern vielmehr ihr Genosse im Unglück ist, der mit ihnen auf den Schlachtfeldern im Jahre 1870 besiegt worden ist. Das deutsche Volk hat mit der Wahl Liebknecht's aufs Neue bezeugt, daß es die französische Nation als eine Schwester ansteht, mit der es gern einen dauerhaften Frieden schlösse. Die einzigen Schuldigen sind die Regierungen, welche die beiden zum friedlichen Wetteifer bestimm⸗ ten Völker getrennt haben, täglich den gegenseitigen Haß schüren und Mißverständnisse und Uebelwollen großziehen, wir meinen die gegen⸗ wärtige Kaiserliche Regierung in Deutschland und die verflossene Kaiserliche Regierung Frankreichs. Frankreich muß sich wahrlich sagen, daß es jenseits der Vogesen keinen anderen Feind hat, als die Regierung in Berlin und die von derselben zur Ausbeutung des Volks auf gemeinschaftliche Rechnung unterstützten privilegirten Klassen. Frankreich dürfte deshalb Deutschland gegenüber nur noch Worte der Solidarität und der Ermunterung haben, denn der Tag der Befreiung Elsaß⸗Lothringens wird nichts Anderes als der Tag der friedlichen aber gewaltsamen Befreiung des ganzen deutschen Volks sein. Und sollte ein neuer Krieg zwischen beiden Staaten ausbrechen, so wird das französische Volk nicht gegen das deutsche Volk, sondern für dasselbe gegen seine Unterdrücker zu Felde zu ziehen haben. Der glückliche Ausgang dieses Kampfes kann keinem Zweifel unterliegen, da ihn die Gefüdle der großen Massen des deutschen Volks im voraus garan⸗ tiren.L“ Das sozialistische „Peuple“ erblickt in der Liebknecht’schen Wahl einen wahren Triumph der internationalen Sozialdemokratie. „Liebknecht“, schreibt das Blatt, „ist ein ausgesprochener Atheist, Republikaner und Kommunist. Von diesem Gesichtspuntt aus kann es nichts Bezeichnenderes als seine Wahl geben. Die Hauptstadt des von aller Welt gefürchteten Kaiserreichs in der Mitte Europas, welches die universelle Reaktion in sich zu verkörpern. schien, von Millionen Bajonnetten starrt und die Geschicke der Welt leiten will, schickt in das deutsche Parlament als den würdigsten Vertreter der öffentlichen Wünsche und des Volks⸗ willens einen Mann, der vor versammeltem Reichstage die Politik der Eroberungen verdammt und die Annexion von Elsaß⸗Lothringen verurtheilt hat, einen derjenigen Männer, welche die Verbrüderung der Völker mittels der Zertrümmerung aller Throne erstreben., Von diesem Gerichtspunkte aus muß man der Wahl Liebknecht’s die höchste politische und soziale Bedeutung beimessen. Sie bedeutet. die Verurtheilung der ganzen Bismarck'schen Politik und des Kaiser⸗ thums der Hohenzollern. Und das ist noch nicht Alles. Wie Paris und London, so will auch die Hauptstadt des dritten unter den drei europaischen Reichen, die an der Spitze der Civilisation marschiren, den Sozialismus; was diese Städte wollen, das werden nach nur natürlichem Gesetze früher oder später auch die betreffenden Länder vpollen 1* ““ angeführten Artikel werden auch dem barmlosesten Leser die Augen über die internationale Bedeutung einer Persönlichkeit wie Liebknecht öffnen, so sehr die Partei, der er angehört, bisher. auch be⸗ strebt gewesen ist, ihre vaterlandslosen Tendenzen zu verschleiern. Die Stellen, welche sich auf Elsaß⸗Lothringen beziehen und darin gipfeln, daß die Wahl Liebknecht's geradezu als eine Bürgschaft für die Erfüllung der fran⸗ zösischen Wünsche auf Rückgewinnung der Reichsländer zu betrachten sein, bezeugen es unverblümt, daß die Wahl den vollen Beifall der Fran⸗ zosen findet, weil diese fest darauf rechnen, bei einem Kriege zwischen Frankreich und Deutschland hülfsbereite Landesverräther unter den deutschen Sozialdemokraten und deren sonstigem Anbang zu finden. Ein besserer Kommentar zu der Wahl der deutschen Reichshauptstadt wird kaum geschrieben werden können. Die Wahl des Abg. Liebknech bleibt eine französische.
— Der „National⸗Zeitung“ wird geschrieben:
Die antikoloniale Presse ist in freudiger Erregung. Die letzten Nachrichten aus Ost⸗Afrika brachten angenehme Meldungen für sie. Die Stationen der Deutsch⸗ostafrikanischen Gesellschaft an der Küste sind angegriffen. Bis auf zwei Plätze haben die Beamten sich nach Zanzibar zurückziehen müssen; in Kilwa Kivindje sind sogar zwei Offiziere der Gesellschaft nach heldenhafter Gegenwehr bvom fanati⸗ sirten Mob getödtet worden. Die Sklavenhändler von Afrika haben durch einen Akt der Ueberrumpelung die deutsche Verwaltung an den Küsten für einen Augenblick beseitigt. Da ist große Genugthuung auf der antikolonialen Seite in Deutschland. Das hatten, die Herren ja Alles vorausgesehen, ja vorauscesagt! Nun ist Alles einge⸗ troffen, was sie stets gedacht hatten! Es wäre interessant, wenn diese Propheten uns nun auch einige Auskünfte über die jetzt bevorstehende weitere Entwickelung der Dinge geben wollten. Oder glauben sie in der That, daß die Ueberrumpelung einiger deutscher Stationen in Ostafrika der Abschluß der deutschen Kolonialbestre⸗ bungen am Indischen Ocean sein wird? — Besonders originell nimmt sich wieder die „Vossische Zeitung“ in diesen Genugthuungs⸗ ergüssen aus. Sie, die unsern Kolonic lbestrebungen von Anbeginn an auf dem Standpunkt des Weißbierphilisters gegenübergestanden hat, zeigt jetzt mit einem Mal lebhaftestes Interesse an den Vorgängen gegenüber Zanzibar. Sie empfindet Unruhe, daß sie nichts „Genaueres“ über die Ereignisse in Ost⸗Afrika hört. Sie ist anscheinend sogar besorgt wegen der Gefährdung der deutschen Interessen, welche daselbst auf dem Spiel stehen. Lebhaft polemisirt sie auch gegen Herrn Dr. Fetere, weil derselbe 88 am letzten Sonnabend für unzweckmäßig erkfärt hat, in einer Zeit, wo von Stunde zu Stunde neue und unberechenbare Nachrichten von Zanzibar eintreffen können, in einer öffentlichen Versammlung über die ostafrikanischen Dinge sich auszulassen. Aber in dieser Versamm⸗ lung waren doch auch Leute von der Gesinnung der „Vossischen Zeitung“ vertreten. Wer mag es da den Herren, welche für etwaige Schädigung deutsch⸗kolonialer Interessen durch gehässige Indiskretionen verantwortlich wären, verdenken, wenn sie da doppelt vorsichtig waren. Die deutsch⸗freisinnige Presse und ihres Gleichen haben gerade die Berech⸗ tigung, Aufklärung von den Leitern der deutsch⸗ostafrikanischen Gesellschaft zu verlangen! Aus dem Schweigen des Dr Peters am letzten Sonn⸗ abend über die Emin Pascha⸗Expedition und die ostafrikanischen Ver⸗ hältnisse überhaupt wird man folgern dürfen, daß gegenüber den Nachrichten von Zanzibar Endgültiges über die Ausführung der Expedition noch nicht hat beschlossen werden können. Aber wir sind in der Lage, mitzutheilen, daß von denselben Verhältnissen alle anderen ostafrikanischen Unternehmungen, insbesondere auch die englische Emin Hascha⸗Expedition gleichmäßig betroffen sind, daß man indeß in den Lascha⸗ der deutschen Emin Pascha⸗Bewegung gar nicht daran denkt, vor plötzlichen und theilweise unberechenbaren Hemmungen die Flinte ins Korn zu werfen.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Der Ornamentenschatz. Ein Musterbuch stilvoller Or⸗ namente aus allen Kunstepochen. 85 Tafeln mit über 1000 meist farbigen Abbildungen und erläuterndem Text von H. Dolmetsch, Bauinspektor, Vorstand der Kunstbibliothek der Königlichen Central⸗ stelle für Gewerbe und Handel in 1. Zweite Auf⸗ lage. 20 Lieferungen mit je 4 bis 6 Tafeln und erläuterndem Text à 1 ℳ. Stuttgart, Verlag von Julius Hoffmann. — Bei dem großen Außschwung⸗ welchen deutsches Gewerbe und deutscher Funflüinn in so erfreulicher Weise genommen haben, macht sich üverall das Interesse für tüchtige Geschmacksbildung geltend. Das Bedürfniß gründlicher Vorkenntnisse wird auf allen Gebieten der Kunstindustrie immer lebhafter empfunden. Ihm entgegenzukommen hat es zwar an der Produktion guter literarischer Hülfsmittel nicht gefehlt, denn neben vorzüglichen eistungen des Auslandes ist auch deutscher Kunstfleiß bemüht gewesen, durch eine Reihe ge⸗ diegener Werke den Anfänger zu belehren und den praktischen Gewer 8. mann zu unterstützen. Die kostspielige Herstellung solcher Prachtwerke bedingte jedoch einen so hohen Verkaufspreis, daß meist nur Staats⸗ bibliotheken, öffentliche Lehranstalten und sehr bemittelte Privatleute so theures Material anschaffen konnten. Das Ornament und spezi ell das farbige Ornament spielt aber heutigen Tags eine so wichtige
olle und steht in so vielfachen Beziehungen zu allen kunstgewerb⸗
Fen⸗ . daß ein reichhaltiges, schön ausgestattetes und zugleich äußerst billiges Sammelwerk über Ornamentik, dessen 52 schaffung auch dem wenig Bemittelten kein großes Opfer “ 8 ein dringendes Zeitbedürfniß erscheinen mußte; der rasche Absatz, 8 en die erste Auflage des Werkes gefunden hat — dieselbe war kurze Zeit nach dem vollständigen Erscheinen auch schon nahezu vergriffen — dat diese Annahme bestätigt. Architekten, Dekorationsmaler, Tapeten⸗ fabrikanten, Dessinateure, Lehrer und Schüler an gewerblichen Schulen, Lithographen, Graveure, Bijoutiers u. s. f. sind tagtäglich auf ornamentale Studien und WI“ solcher hin⸗ gewiesen, während die Zahl derjenigen, welche durch Kunstliebhaberei und Schönheitssinn zu ornamentalen Bildwerken hingezogen werden, eine ganz unbegrenzte ist. Diesen allen bietet der „Ornamenten⸗ schatz“ eine reiche Auswahl der schönsten Motive aus der Orna⸗ mentik aller Zeiten und Stilarten. Die Verlagshandlung hat sich die Aufgabe gestellt, dem gediegenen Werke eine möglichst vollendete Ausstattung zu geben und keine Kosten gescheut, die zahlreichen, farbenprächtigen Tafeln in musterhaftem Buntdruck herzustellen. Die in stattlichem Format vor uns liegenden ersten sechs Lieferungen der neuen Auflage enthalten eine große Anzahl meist in reichem Farbendruck ausgeführter Tafeln, auf welchen mannigfache Muster in egyptischem, assprischem, griechischem, vompe⸗ janischem, indischem, persischem, arabischem, japanischem, chinesischem Stil und treffliche Motive im Geschmack der deutschen, italienischen und französischen Renaissance sowie des Barockstils zur Darstellung gebracht sind. Das schöne Werk giebt zugleich einen Beweis von der erfreulichen Hebung des deutschen Kunstdrucks: vor zwanzig Jahren wäre es wohl kaum möglich gewesen, in Deutschland ein derartiges Prachtwerk erscheinen zu lassen; die Technik des Farben⸗ krucks war eben damals noch nicht so hoch entwickelt wie heute. Die Fülle und die sachverständige Auswahl des auf den Tafeln ge⸗ botenen Materials kommt den heutigen Bedürfnissen des Kunst⸗ gewerbes in dankenswerther Weise entgegen. Gewerbetreibende, deren Beruf mit der Ornamentik in Beziehung steht, finden hier bei über⸗ raschend mäßigem Preise (das Heft mit 4 Farbendrucktafeln kostet 1 ℳ) einen unerschöpflichen Schatz von Motiven aus allen Stilarten, welche nicht nur lehrreich, fondern auch praktisch verwendbar sind. Jeder Tafel ist ein kurzer und klarer Text beigegeben; derselbe dient zur Erläute⸗ rung der Abbildungen und trägt wesentlich zum Verständniß der ver⸗ schiedenen Kunstepochen bei, so daß auch der Kunstliebhaber Genuß und Belebrung in dem schönen Werke finden wid. 8
— Die Herausgeber der „Wiener Mode“' dürfen auf das soeben erschienene Heft (das erste des neuen Jahrgangs) wirklich stolz sein, da die Kronprinzessin von Oesterreich⸗Ungarn gestattet hat, daß die Titelseite mit ihrem Porträt und dem ihres lieblichen Töchterchens, der Erzherzogin Elisabeth geschmückt wurde. Die in Farben trefflich ausgeführten Porträts, die auch als Modebilder von hohem Interesse sind, werden ohne Zweifel überall der lebhaftesten Sympathie begegnen. Für den steigenden Erfolg des rasch beliebt ge⸗ wordenen Unternehmens spricht die Thatsache, daß die Her⸗ ausgeber in der Lage sind, fortan jedem Heft zwei farbige Modebilder beizugeben. — Die literarische Beilage vereinigt diesmal Namen von bestem Klange: Otto KRoquette, Ossip Schubin, Rudolf Baum⸗ bach haben sich mit trefflichen literarischen Beiträgen eingefunden, während Alfred Grünfeld ein reizendes Klavierstück geliefert hat. — Bei unseren Hausfrauen dürfte die von der „Wiener Mode aus⸗ geschriebene Preiskonkurrenz besonders lebhaftes Interesse erwecken. Dieselbe zerfällt in sieben Gruppen, in welchen 24 Geldpreise von 25 bis 500 Fl., zusammen 2500 Fl. (resp. 4000 ℳ Gold) zur Vertheilung gelangen. „Die Gruppen sind: 1) Damen⸗ kleider, 2) einzelne Toilette⸗Gegenstände, 3) Kinderkleider, 4) Damen⸗ hüte, 5) Kinderhüte u. dgl, 6) Wäsche, 7) Handarbeiten. Als Preis⸗ richter werden funktioniren: Hr. Hofrath Jakob von Falke, Direktor des Oesterreichischen Museums und der K. K. Kunstgewerbeschule, Frau Therese Mirani, K. K. Hofstickerin. und Schriftstellerin, Hr. Angelo Trentin, akad. Maler. — Die näheren Bedingungen sind im neuesten Heft der „Wiener Mode“ (Heft 1 des Jahrgangs 1888/89) und der „Wiener Mode⸗Zeitung“ enthalten, welches in allen Buch⸗ handlungen für 40 ₰ zu haben ist.
Gewerbe und Handel.
Berlin, 5. Oktober. 14“ “ Pe
ter, Käse und Schmalz. Butter. Hof⸗ und Genoffen⸗ Zutttänter 88 113 — 118 ℳ, IIa. 108 — 112 ℳ, IIIa. 102 — 107. ℳ, do. abfallende 90 — 100 ℳ, Land⸗, Preußische 90 — 100 ℳ. Netzbrücher 90 — 95 ℳ, Pommersche 80 — 85 ℳ, Polnische 80 — 85 ℳ, Bayer ische Sennbutter — ℳ, do. Landbutter — ℳ, Schlesische 85 — 95 ℳ, Galizische — ℳ%ℳ — Margarine 45 — 70 ℳ — Käse: Schweizer, Emmenthaler 85 — 90 ℳ, Bayerischer 60 — 70 ℳ, do. Ost⸗ und West⸗ preußischer Ia. 60 — 70 ℳ, do. IIa. 45 — 55 ℳ, Holländer 80 — 90 ℳ, Limburger 32 — 38 ℳ, Quadratmagerkäse 15 — 22 ℳ — Schmalz: Prima Western 17 % Ta. 62,00 ℳ, reines, in Deutsch⸗ land raffinirt 644 ℳ, Berliner Bratenschmalz 65,00 — 67,00 ℳ — Fett, in Amerika raffinirt 57,00 ℳ, in Deutschland raffinirt 60— 63 ℳ Tendenz: Butter. Bei stark zurückgegangener Produktion haben Preise ferner angezogen. Schmalz. Preise behaupteten sich in steigender Tendenz bei kleinen Vorräthen. 1 1
— Den Vorlesungen für junge Kaufleute, welche auf Veranlassung der Aeltesten der Kaufmannschaft von Berlin gehalten werden, liegen im Winter⸗Semester 1888/89 folgende Themata zu Grunde: I. Der Grundbegriff der Volkswirthschaft. Dozent: Hr. Dr. Alexander Meyer. — II. Handels⸗ ꝛc. Recht. Dozent: Hr. Kammergerichts⸗Rath Keyßner. — III. Handelsgeographie. Dozent: Hr. Oberlehrer Dr. Paul Lehmann. — Die Vorträge finden statt vom 15. d. M. ab ad I an jedem Montag, ad II an jedem Dienstag, ad III an jedem Mittwoch, Abends nach 8 Uhr, im General⸗ versammlungs⸗Saale der Börse. Meldungen zu den Vorlesungen werden in der Börsenregistratur, Neue Friedrichstr. Nr. 51, 1 Treppe, werktäglich von 9—3 Uhr angenommen. Das Honorar, welches bei der Anmeldung zu entrichten ist, beträagt pro Semester für jeden Vortragscyclus 2 ℳ 1 L der Magdeburger Börse, den 5. Okto⸗ ber, Mitkags. Rohzucker. Der Markt bewahrte während der ersten Tage der verflossenen Woche eine feste Haltung, welche bei der regen Kauflust einiger großen Inlandsraffinerien für schöne 92er Qualitäten vorübergehend sogar zu einer Werthbesserung derselben von 5 — 10 ₰ der Centner führte. Nachdem aber der nächste Bedarf jener Raffi⸗ nerien gedeckt war und andererseits das Angebot der Produzenten sich täglich mehrte, so machte sich in den letzten Tagen eine flaue Tendenz geltend, welche namentlich gestern einen starken Preisrückgang zur Folge hatte; es wurden davon gleichmäßig alle Qualitäten betroffen, denn auch die Exporteure kauften zufolge der gewichenen Auslands⸗ notizen nur zu entsprechend billigeren Preisen. Die heutigen Notirungen ergeben gegen die Vorwoche einen Rückgang von durchschnitlich ca. 50 ₰ für den Centner. Umgesetzt wurden ca. 248 000 Ctr. in effektiver Waare und ca. 72 000 Ctr. auf spätere Lieferung. — Raffinirte Zucker. Das Angebot von daseiender Waare blieb auch während der verflossenen Woche noch klein und waren daher die Umsätze in prompt lieferbaren Broden und gemahlenem Zucker nur wenig belangreich. Ab Stationen: Granulatedzucker, inkl. —,— ℳ, Krvstallzucker, I., über 98 % —,— ℳ, do. II., über 98 % —,— ℳ, Kornzucker, exkl., 92 Gd. Rendem. 17,30 — 17,60 ℳ, do. exkl. 88 Gd. Rendem. 16,30 — 16,65 ℳ, Nachprodukte, exkl. 75 Gd. Rendem. —,— ℳ fur 50 kg. Die Preise für Rolzucker ver⸗ stehen sich einschließlich Materialsteuer und ausschließlich Ver⸗ brauchssteuer. Bei Posten aus erster Hand: Raffinade, ffein, ohne Faß 29,00 ℳ, do. fein, ohne Faß —,— ℳ, Melis, ffein, ohne Faß —,— ℳ, Würfelzucker, I., mit Kiste —,— ℳ, do. II., mit Kiste 29,50 ℳ, Gem. Raffinade, I., mit Sack —,— ℳ., do. II., mit Sack 28,00 ℳ, Gemahlener Melis, I., mit Sack 26,75 ℳ, do. HI., mit Sack —,— ℳ, Farin mit Sack —,— ℳ für 50 kg. — Melasse: bessere Sorte, zur Entzuckerung geeignet, 42 — 43 Grad Be. (alte Grade) ohne Tonne 2,80 — 3,25 ℳ, 80 —
82 Brix., ohne To ne 2,80 — 3,25 ℳ, geringere Sorte nur zu