1888 / 264 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 16 Nov 1888 18:00:01 GMT) scan diff

umgeben von den Mitgliedern und den Sekretären der Handels⸗ kammer, an der Brüstung der Galerie des Hauptsaales und hielt eine Ansprache an das Börsenpublikum, in welcher er an die Vollendung der wirthschaftlichen Einheit des Deutschen Reichs durch den Zollanschluß Hamburgs und Bremens er⸗ innerte. Die anfänglichen Besorgnisse seien zerstreut worden durch die Art und Weise, in der der Zollanschluß statt⸗ gefunden habe. Der geschaffene Freihafen und die herrlichen Anlagen bildeten den Stolz Hamburgs und gereichten dem Deutschen Reich zur Ehre. Der Dank für die Erreichung dieses Zieles gebühre in erster Linie der Reichsregierung, dem Bundesrath und dem Reichstage für den Zuschuß des Reiches, alsdann aber dem Senat, der Bürgerschaft, den Mitgliedern der Vollzugs⸗ und Anschlußkommissionen, den Technikern u. s. w. Der Präsident schloß mit dem Ausdruck der Hoff⸗ nung und Ueberzeugung, daß Hamburgs Handel und In⸗ dustrie auch unter den neuen Verhältnissen fortfahren würden zu blühen und zu gedeihen, und daß Hamburg im Stande sein werde, seine Stellung im Welthandel zu behaupten zum eigenen Segen, zum Nutzen und Frommen des Deutschen Reichs: „Hamburgs Handel lebe hoch!“ Mit einem drei⸗ maligen brausenden Hoch antwortete das Börsenpublikum. Die „Hamburgische Börsenhalle“ füst diesem Bericht hinzu: der Präsident Mestern habe in seiner Rede einer Körperschaft nicht gedenken können, nämlich der Handelskammer selbst: zweifellos werde dieser für ihre sachverständige, bestimmende Mitwirkung allseitig Dank gezollt werden.

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SPDesterreich⸗Ungarn. Pest, 15. Oktober. (W. T. B.) Im Abgeordnetenhause wurden heute vom Minister⸗ Präsidenten von Tisza die Gesetzentwürfe über die S chank⸗ gefälle und die Ablösung des Regalrechts ein⸗ gebracht.

Frankreich. Paris, 15. Oktober. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer hat in ihrer heutigen Sitzung auf Antrag des Minister⸗Präsidenten Floquet die Diskussion über das Budget auf nächsten Montag fest⸗ gesetzt. Floquet brachte sodann das Verfassungs⸗ Revisions⸗Projekt unter großem Beifall der Linken ein. Der Minister⸗Präsident erklärte: er halte es für nothwendig, durch die Vorlage den berechtigten Wünschen des Landes zu genügen. Die Republik werde außer⸗ halb der Diskussion bleiben, denn diese sei selbst eine Form des allgemeinen Stimmrechts, während bei der Monarchie an und für sich von demselben keine Rede sein könne. (Widerspruch auf der Rechten.) Es handle sich darum, die republikanischen Einrichtungen nicht zu zerstören, sondern zu verbessern; man müsse der Republik Waffen verleihen gegen alle Versuche einer royalistischen oder diktatorischen Restauration. Nachdem der Minister⸗Präsident darauf unter dem Beifall der Linken den Gesetzentwurf verlesen hatte, beantragte er die Verweisung desselben an die Kommission, welche zerets mit der Prüfung ähnlicher Entwürfe betraut gewesen sei. Andrieux verlangte die Einsetzung einer Spezial⸗ kommission. Floquet erklärte sich damit einverstanden, ver⸗ langte jedoch, 88 die Vorlage für dringlich erklärt werde. Ein Antrag des Deputirten Andrieux, wonach die Revisions⸗ kommission aufgefordert werden sollte, den Bericht über die Revisionsvorlage binnen 14 Tagen vorzulegen, wurde abgelehnt. Nach längerer Berathung nahm demnächst der Minister⸗ Präsident Floquet seinen Antrag wieder auf, daß die Revi⸗ sionsvorlage an die bereits bestehende Kommission zur Vorberathung überwiesen werde, und stellte gleichzeitig die Vertrauensfrage. Andrieux zog nunmehr seinen Antrag auf Verweisung der Vorlage an eine Spezialkommission zurück. Der Deputirte Delmas erklärte Namens der gemäßigten Re⸗ publikaner, daß diese aus Patriotismus für das Kabinet stimmen würden. Der Antrag Floquet's wurde darauf mit 307 gegen 181 Stimmen angenommen. Im Laufe der Berathung hatte Ribot vom linken Centrum sich gegen die Revision der Verfassung überhaupt ausgesprochen, da das Land eine solche in keiner Weise verlange, wodurch Floquet, wie gemeldet, ver⸗ anlaßt wurde, die Vertrauensfrage zu stellen. Die Inter⸗ pellation des Deputirten für Cochinchina, Ternisien, über die Lage in Cochinchina, wurde auf vier Wochen vertagt. Der Sitzung wohnte auch Boulanger bei.

Auch die Sitzung des Senats verlief ohne Zwischenfall.

Die wesentlichsten Bestimmungen der Floquet'⸗ schen Revisionsvorlage sind die folgenden: Alle 2 Jahre soll ein Drittel des Senats und der Kammer erneuer⸗ werden. Der Senat verliert das ihm bisher zugestan⸗ dene Recht, über die Auflösung der Kammer zu be⸗ schließen, und es verbleibt ihm bis zu seiner par⸗ tiellen Erneuerung nur das Recht der Kontrole und des Vetos, in Finanz⸗Angelegenheiten aber nur das ein⸗ fache Recht der Vorstellung. Um der Unbeständigkeit der Ministerien vorzubeugen, soll die Ernennung der Minister künftig für einen fest bestimmten Zeitraum erfolgen, und die Kammer soll das Recht behalten, dieselben in Anklagezustand zu versetzen. Endlich soll auf Präsentation Seitens der Re⸗ gierung von der Kammer ein Staatsrath gewählt werden, der die Gesetze vorbereitet.

16. Oktober. (W. T. B.) Die Majoriät der Kammer, welche dem Kabinet gestern das Vertrauens⸗ votum gab, bestand aus 299 Republikanern. Unter der Minorität befanden sich 152 Mitglieder der Rechten, 7 Boulangisten, 8 Republikaner. Die Minister, die Unter⸗Staatssekretäre und 67 Republikaner, in der Mehrzahl Ferryisten, ent⸗ hielten sich der Abstimmung. Die radikalen Blätter erblicken in dem gestrigen Votum eine Befestigung des Ministeriums, das nunmehr wahrscheinlich bis zu den Wahlen am Ruder bleiben werde. Die monarchistischen Blätter sind im Allgemeinen der nämlichen Anschauung. Die gemäßigt republikanischen Zeitungen beklagen die Schwäche des parlamentarischen Centrums und die Blindheit des Kabinets, welches in die Republik eine Bresche lege.

Griechenland. Athen, 14. Oktober. (Prag. Abdbl.) Die Kaiserin Elisabeth fand in Westgriechenland einen herzlichen Empfang. In Kawassara wurde die Ankunft Ihrer Majestät mit einer Illumination gefeiert. Des regnerischen Wetters halber hat die Kaiserin die Abreise nach Missolunghi, woselbst sie vor der Rückkehr nach Korfu zwei Tage verweilen wird, verschoben.

Asien. Afghanistan. (W. T. B.) Den „Daily News“ wird aus Simla gemeldet, daß, zuverlässigen Nachrichten aus Heratzufolge, Ishak Khan nach Kerki in Bokhara ge⸗ flüchtet sei, und die Truppen des Emirs Mazar be⸗

setzt hätten, wo die Ueberbleibsel der Armee Ishak⸗Khan’s die Waffen streckten. Die Rebellion sei nun beendet und die Autorität des Emirs in ganz Afghanisch⸗Turkestan wieder hergestellt.

Zeitungsstimmen. Die in Rom erscheinende „Riforma“ empfängt den

gaiser Wilhelm mit einem Begrüßungs⸗Artikel, in welchem

sie sagt:

Der Willkommensgruß des italienischen Volks empfing Wilhelm II., schon bevor er die Grenze überschritt. 1

In dem Schmerz, welchen das Dahinscheiden der Kaiser Wilhelm und Friedrich in uns erregte, hat Keiner auch nur einen Augenblick an den Gefühlen gezweifelt, welche unser theures Vaterland dem jungen Monarchen entgegenbringen würde, und wenn die Politik geschwiegen hätte, so würde das Herz gesprochen haben. In ihm ver⸗ einigen sich die Achtung, welche wir voe seinem Großvater hegten, und die Sympathie, welche sein Vater seit Jahren uns eingeflößt hat; der Glanz der Macht aber, verhüllt wie sie erscheint von der Trauer des häuslichen Unglücks, giebt dem Höflichkeits⸗Akt, welchen er unter den ersten seiner Regierung erfüllt, gleichsam einen intimen Charakter und bringt ihn unserem Gemüth noch weit näher.

Er kommt und findet ein unter seinem König ganz geeintes Volk, treu gegen seine Freunde, loyal gegen seine Feinde; ein Volk, das sich nicht an der Erinnerung seinex antiken Größe berauscht, sondern sich unter den neuerlichen Schicksalsschlägen mäßigt; ein Volk, das sich einen ehrlichen und ruhigen Lebensgang vorgezeichnet hat, und welches sich an der Anerkennung der eigenen Rechte, der Achtung vor der eigenen Würde genügen läßt, weil es den Frieden wünscht. 8

Er kommt und findet, daß das italienisch⸗deutsche Bündniß, welches als eine Forderung der Vernunft entstanden, heute durch die hqeußte Zustimmung des Gefühls in den Gemüthern Wurzel ge⸗ fa at.

Niemand denkt mehr an die alten Kämpfe zurück, ohne sich mit dankbarer Bewunderung dieses von der Vorsehung geleiteten Ausgangs der Ereignisse bewußt zu werden, welche dieselben zum gemeinsamen Vortheil und durch gemeinsamen Willen in das innigste und wirksamste Einvernehmen verwandelt haben. Jeder hat die Ueberzeugung, daß in diesem Einvernehmen die Garantie für das Gleichgewicht Europas liegt und mit dem Gleichgewicht die Anwen⸗ dung der internationalen Gerechtigkeit und damit die Befriedigung jeden billigen Interesses. Und als dritter, materiell wichtiger Faktor tritt die Nationalökonomie mit ihrem Austausch von Arbeit und Erzeugnissen hinzu, welche den Austausch der Ideen ergänzen

Die historische Mission dieses Bündnisses, welches heute in so beredter Weise seine Bestätigung erhält, und welches vom Norden bis zum Süden Europas die Geister zweier Völker vereinigt, giebt der Verbindung im Volksbewußtsein jenen Charakter der Sta⸗ bilität, welchen weder Tod noch internationale Ereignisse zu erschüttern vermögen. Indem wir die Eegenwart feiern, fühlen wir alle, daß wir die Zukunft vorbereiten, eine Zukunft, mit der Deutschland und Italien in gleicher Weise werden zufrieden sein können, welche Keinen bedroht, der geneigt ist, beide in der friedlichen Entfaltung ihrer Thätigkeit zu achten, und welche, während die Starken sie mit Seelenruhe betrachten werden, von allen Schwachen, die noch Gerechtigkeit von der Zeit erwarten und sie zu verdienen suchen, wie die Deutschen und Italiener sie zu verdienen gewußt haben, indem sie ihrer politischen Wiederherstellung den Charakter der Dauer und Lebensfähigkeit gaben, mit Vertrauen angerufen werden kann.

Die „Italie“ theilt Auszüge aus den Begrüßungs⸗ artikeln italienischer Propinzblätter bei Gelegenheit des Besuchs Kaiser Wilhelm's in Rom mit, von welchen wir folgende anführen: 1 1

Der in Genua erscheinende „Caffaro“ schreibt:

Das Land begrüßt das Ereigniß mit um so größerer Genug⸗ thuung, als der Besuch des Kaisers Wilhelm in Rom und in der feier⸗ lichsten Form stattfindet. Italien braucht nicht feierliche Besuche zu erwarten als besondere Weihe seiner politischen Einheit mit der Hauptstadt Rom, welche ja von der civilisirten Welt anerkannt ist. Niemand denkt daran, dieselbe zu bestreiten. Jedenfalls ist der Be⸗ such sehr bedeutsam, insofern er Bresche legt in die Gewohnheit und trotz des Lärms und des Widerspruchs einer internationalen Reaktions⸗ partei stattfindet. Vom Gesichtspunkte der europäischen Politik aus trägt der Besuch einen eigenartigen Charakter

Kaiser Wilhelm kommt nach Rom, um seine Verehrung und Freundschaft dem verbündeten Souverän und dem befreundeten Volke zu bezeugen. Dieser Akt krönt das mit unserer Regierung zur gegen⸗ seitigen Bürgschaft ihrer Rechte und zur Erhaltung des europäischen Friedens geschlossene Bündniß. Kaiser Wilhelm ist, wie sein Vater war, der treue und aufrichtige Freund Italiens. Sein Besuch wird nicht ohne Einfluß auf die zukünftigen politischen Ereignisse bleiben.

Die „Gazzetta di Torino“ richtet einen ehrfurchts⸗ vollen Gruß an den erhabenen Gast und Verbündeten des Königs bei Gelegenheit seines feierlichen Einzugs in die Hauptstadt Italiens, und sagt:

Der herzliche Kuß, welchen in jenem Augenblick König Humbert und Kaiser Wilhelm sich gaben, sei die brüderliche Umarmung zweier Völker, welche nach langem Sehnen, hochsinnigen Mühen und heldenmüthigen Opfern die beiden höchsten Güter errungen haben: die Unabhängigkeit und die Einheit.

Der „Amico del Popolo“ hebt hervorf,,f in wie hohem Grade die Idee des deutsch⸗italienischen Bündnisses volksthümlich und wie ungeheuer groß das Vertrauen ist, welches das ruhmreiche Herrscherhaus der Hohenzollern Italien einflößt. Das Blatt sagt, der einem Triumphzuge gleichende Empfang in Rom sei eine großartige Manifestation, welche das ganze Land zu Ehren des Sohnes Friedrich's III., des treuen und uneigennützigen Freundes Italiens darbringen will, und entbietet einen Gruß dem Kaiser und dem deutschen Volk.

Der „Commercio“, eine Genueser Zeitung, begrüßt das glückliche Ereigniß:

„Das Haupl des mächtigsten Reichs der Welt kommt, um dem König Humbert die Bedeutung des Bündnisses zu bestätigen, welches den Frieden und die Ruhe Italiens und Europas sichert. Man rede nicht von Anerkennung des nationalen Rechts auf Rom! Das Recht Italiens auf Rom ist unumschränkt und unbedingt.

Der „Pungolo“ beglückwünscht sich zu dem einem Triumphzuge gleichenden Empfang des Kaisers, dessen Reise nicht nur ein Ergebniß der inneren Politik ist, sondern dazu dient, arfs Neue die Bedeutung des Bündnisses hervorzuheben, welches über die Bewegung und Entwicklung der europäischen Politik, in deren Mitte Italien eine der hervorragendsten Rollen zusteht, entscheidet.

Einem Briefe des römischen Korrespondenten des „Daily Telegraph“ entnehmen wir folgende Stellen: Die deutsche Presse hat eine ungewöhnlich große Zahl von Be⸗ richterstattern hierher gesandt, um den Empfang des jungen Kaisers, welcher demselben, genau gesagt, von den Händen des italienischen Volks zu Theil wurde, zu beschreiben; denn bei freudigen Gemüths⸗ bewegungen brechen die Italiener selten in laute Hochrufe aus, sondern geben ihrer inneren Befriedigung durch ein kräftiges „battemani“ oder Händeklatschen Ausdruck. Italienischen Ge⸗ müthern erscheint der Kefterdce Besuch vom nationalen Standpunkt aus so wichtig, daß beinabe jede große Provinzialstadt der Halbinsel während der Anwesenheit Wilhelm's II. in der Haupt⸗ stadt durch Spezialberichterstatter vertreten ist... . Ich habe ge⸗

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8 funden, daß unter Italienern von Rang und Bildung rvon Anhängern, und Widersachern des Ministeriums die üöbereinstimmende Ansicht vorherrscht, daß des Kaisers Besuch bei König Humbert von der italienischen Nation als ein Ereigniß angesehen wird, auf welches diefelbe mit unglaublicher Genngthuung hinblickt als auf ein Kaiserliches Siegel, welches auf das Einverständniß zwischen diesem Lande und den mitteleuropäischen Verbündeten gedrückt ist, ein Ereigniß, welches von Europa im Allgemeinen mit Uieser Befriedigung betrachtet wird als eine deutliche Zusicherung, daß der Friede während der nächsten Jahre nicht gestört werden wird 1 . 1

Meine italienischen Freunde, besonders die regierungsfreundlichen, sagen: „Wir haben die weisen Rathschläge, mit welchen wir begünstigt waren. buchstäblich befolgt und sind für unsere verständige Will⸗ fährigkeit durch eine schätzbare Kräftigung der Bande belohnt worden, welche bis jetzt, vom militärischen wie vom poli⸗ tischen Standpunkt aus, Italien mit Deutschland ver⸗ knüpft haben. Für uns ist des Kaisers Besuch eine offene, rückhaltlose Anerkennung unseres Rechtes, auf das deutsche Bündniß wie auf eine feste Burg zu zählen. Wir erstreben die Er⸗ haltung des Friedens eben so sehr wie der Deutsche Kaiser und die deutsche Nation, aber wir empfinden eine große Erleichterung in dem Bewußtsein, daß, sollten die Franzosen mit uns einen Streit vom Zaun brechen, wir positiv auf einen Rückhalt von solcher Stärke rechnen können, daß Frankreich es sich mindestens dreimal überlegen wird, ehe es sic entschließt, demselben Trotz zu bieten. Des Kaisers Besuch in unserer Hauptstadt, so bald nach seines Vaters Tode, bedeutet mehr als einen bloßen Akt der Höf⸗ lichkeit gegen unsern erhabenen König, welcher die italienische Nation so überaus würdig und maßvoll vertritt. Der Besuch soll dem übrigen Europa klar machen, daß unter der Regie⸗ rung des neuen Hohenzollern Deutschland und Italien durch Wohl und Wehe Hand in Hand gehen wollen. Wir werden Sorge tragen, daß Deutschland in vermeidliche Schwierigkeiten nicht verwickelt werde; aber sollten wir in ungerechter und unvernünftiger Weise angegriffen werden, so haben wir das feste Zutrauen, daß es „durch Dick und Dünn“ mit uns gehen wird; wir begrüßen des Kaisers Besuch mit herzlicher Freude als einen endgültigen Beweis, daß unser Vertrauen in ihn und sein Volk auf festem Grunde ruht.“. 8

Ueber den nunmehr eingetretenen Anschluß Hamburgs und Bremens an das deutsche Zollgebiet schreiben die „Ham⸗ burger Nachrichten“: 8

„Daß der Zollanschluß Hamburgs, wie der später auf ähnlicher Basis beschlossene Bremens, den Interessen der Hansestädte wie ganz Deutschlands entspricht, wird jetzt auch in Hamburg allseitig anerkannt. Anfänglich jedoch stand dem aus der Initiative des Senats und der Handelskammer hervorgegangenen Zollanschlußprojekt die Mehrheit der bei dem fraglichen Wechsel in erster Linie betheiligten Kaufmannschaft sehr zweifelnd, ja vielfach direkt feindlich gegenüber.. Mit wohlberechtigter Genugtbuung mögen Bürgermeister Versmann und seine Mitarbeiter jetzt ihren Blick über diesen neuen Freihafen schwei⸗ fen lassen, von dessen Anlage die einst ihn so fkeptisch betrachtende Kaufmannschaft, Dank der Vortrefflichkeit der neuen Hafen⸗ und Waarenlagerbauten, nicht nur keine Benachtheiligung, sondern einen neuen Aufschwung des Hamburgischen Handels erhofft. Mögen diese Hoffnungen in vollem Maße in Erfüllung gehen, und möge das neue wirthschaftliche Band, das jetzt zwischen den Hansestädten und dem übrigen Deutschland geknüpft wird, dem Auslande ein neuer Beweis sein, daß das Reich und die Einzelstaaten nicht vor irgendwelchen Schwierigkeiten, Mühen und Kosten zurückschrecken, wenn es sich um große nationale Zwecke handelt.“

Die „Weser⸗Zeitung“ führt in einem besonderen, dem Zollanschluß gewidmeten Beiblatt u. A. aus:

„Es ist zu hoffen, daß der Wegfall der Zollschranken zwischen Bremen und dem gemeinsamen Vaterlande, insbesondere der näheren Umgegend, belebend auf den Verkehr wirken möge, und daß die Gewerbtreibenden und Ladenbesitzer den vollen Vortheil finden, den sie von dem Zollanschluß erhofften. Mit Sicherheit darf man darauf rechnen, daß die Großindustrie hier fortan eine Stätte für erfolg⸗ reiche Unternehmungen finden wird, denn sie trifft hier die in unserem Vaterlande so seltene unmittelbare Verbindung mit dem Seeschiff an. Einige bereits entstehende Fabriken verbürgen, daß diese Aussicht begründet ist. Ungleich freundlicher würde sich die Zukunft Bremens noch gestalten, wenn sich endlich die Hoffnungen auf Kanalverbindungen, auf Anschluß an die wichtigen Binnenwasser⸗ straßen des Rheins und der Elbe verwirklichen wollten. Der Zoll⸗ anschluß fällt zusammen mit der Weserkorrektion, dem Hafenbau und der im neuen Freibezirk vor sich gehenden gründlichen und zeit⸗ gemäßen Umgestaltung des städtischen Waarentransport⸗ und Lager⸗ wesens. Begrifflich kann man diese Folgen wohl auseinanderhalten. In der Wirklichkeit werden sie aber derart ineinanderfließen, daß man sie nur schwierig wird trennen können, und namentlich ist zu berücksichtigen, daß der so wichtige Freihafenverkehr in den Frei⸗ bezirken Bremens und der Unterweserhäfen uns verblieben ist. Ueber unsere Freihafenstellung hat man im Binnenlande in letzterer Zeit andere Ansichten gehegt, als wir Hansestädter selber. So verschwinder denn nunmehr eine Quelle von Meinungsverschiedenheiten, und wir hoffen, daß neue Herzlichkeit zwischen dem übrigen Deutschland und uns Platz greife. So sprechen wir denn am Schlusse unsere Hoff⸗ nung, unser Vertrauen aus, daß der Zollanschluß Deutschland und Bremen zum Segen gereiche. Möge er dazu beitragen, unserem theueren Vaterlande Nutzen zu schaffen und die Zukunft unserer lieben Vaterstadt freundlich zu gestalten.“

Das „Deutsche Tageblatt“ schreibt:

Gegenüber den tendenziösen Entstellungen unserer freisinnigen Manchesterpresse über die „Brotvertheurer“ verweist der Nürnberger „Korrespondent“ auf ein Londoner Telegramm der „Frankfurter Zei⸗ tung“, welches unter dem 10. Oktober folgendes meldete: „Eine Ver⸗ sammlung der Müller⸗Association beschloß, den Preis des Mehls um 1 Sh. 6 P. für 18 Stein (= 114 kg) zu erhöhen, was eine Steigerung von 8 Sh. 6 P. seit acht Wochen (oder nach unserem Gelde von 7 60 pro 100 kg) ausmacht.⸗

Bei uns kostete in der ersten Woche des August Weizenmehl Nr. 1: 16 50 ₰, Nr. 4: 13 50 ₰; Anfangs Oktober Nr. 1: 17 50 ₰, Nr. 4: 14 50 pro 50 kg. Die Preissteigerung in England ist also 7 60 pro 100 kg, in Nürnberg 2 pro 100 kg in der gleichen Zeit. Die zollfreien Länder sind, wie man auch hieraus sieht, nicht nur gleichfalls von einem Aufschlag der Getreidepreise betroffen, sondern zum Theil von einem weit höheren, als Deutschland. Der Zoll schützt eben vor allzu niederen, aber auch vor allzu hohen Preisen, weil die internationalen Spekulanten den Einfluß auf die mit Zoll geschützten Länder zum Theil verlieren.

Statistische Nachrichten.

Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund⸗ heitsamts sind in der Zeit vom 30. September bis 6. Oktober cr. von je 1000 Bewohnern, auf den Jahresdurchschnitt berechnet, als gestorben He in Berlin 21,4, in Breslau 28,4, in Königsberg 30,2, in Köln 6,3, in Frankfurt a. M. 20,0, in Wiesbaden 21,5, in Hannover 23,5, in Kafsel 20,9, in Magdeburg 28,0, in Stettin 26,1, in Altona 22 , in Straßburg 27,4, in Metz 21,9, in München 31,4, in Nürnberg 33,9, in Augsburg 18,3, in Dresden 21,1, in Leipzig 16,6, in Stuttgart 18,1, in Karlsruhe 14,7, in Braunschweig 27,0, in 1-u. 21,7, in Wien 19,0, in Pest 26,0, in Prag 24,7, in Triest 20,7, in Krakau 24,, in Amsterdam —, in Brüssel 17,8, in Paris 19,5, in Basel —, in London 16,5, in Glasgow 18,0, in Liverpool 19,7, in Dublin 23,3, in Edinburg 15,1, in Kopenhagen 21,5, in Stockholm 13,6, Christiania 14,6, in St. Petersburg 23,8, in Warschau 35,1, Odessa —, in Rom 21,8, in Turin 17,3, in Venedig 15,2, Alexandria 45,1. Ferner in der Zeit vom 9. bis 15. September cr. in New⸗York 25,7, in Philadelphia 18,4, in Baltimore 18,4, in Kalkutta 19,8, in Bombay 25,9, in Madras 43,0.

zu den

Die Sterblichkeit blieb auch in dieser Berichtswoche in den meisten Großstädten Europas eine günstige, wenn auch in einer größeren Zahl derselben die Sterblichkeitsziffern eiwas höher als in der Vor⸗ woche waren. Einer sehr geringen Sterblichkeit (bis 15,0 pr M. u. J.) erfreuten sich Barmen. Karlsruhe, Bremen, Lübeck, Stockholm, Christiania. Günstig (bis 20,0 pr. M. u. J.) war sie in Leipzig, Augsburg, Frankfurt a. M., Stuttgart, Elberfeld, Wien, Brüssel,

aris, London, Glasgow, Liverpool, Edinburg, Turin, Venedig u. a. Auch in Berlin, Dresden, Hamburg, Kassel, Wiesbaden, Metz, Kopenhagen, Triest u. a. war die Sterblichkeit eine mäßig hobe. Hohe Sterblichkeitsziffern (über 35,0 pr. M.) werden aus keiner deutschen Stadt gemeldet. Ziemlich allgemein erfuhren Todesfälle an Darmkatarrhen und Brechdurchfällen der Kinder eine weitere Ab⸗ nahme, obwohl in Berlin, Hamburg, Breslau, Dresden, Köln, Danzig, Nürnberg, Altona, Düsseldorf, Elberfeld, Braunschweig, Wien, Paris, London, Kopenhagen, Warschau die Zahl der durch diese Krankheitsformen veranlaßten Sterbefälle noch immer eine höhere als gewöhnlich, in München, Königsberg, Straßburg, Magdeburg, Pest, St. Petersburg sogar eine größere als in der Vorwoche war. Der Antheil des Säuglingsalters an der Sterblichkeit war im Allgemeinen ein kleinerer, in München ein größerer als in der Vorwoche. Von 10 000 Lebenden starben aufs Jahr berechnet in Berlin 92, in München 147 Säuglinge. Das Vorkommen von akuten Entzündungen der Athmungsorgane war im Allgemeinen ein etwas häufigeres als in der vorangegangenen Woche. Von den Infektionskrankheiten haben Todesfälle an Masern, Diphtherie und Pocken zugenommen, während von Scharlach und von tvphösen Fiebern weniger Sterbefälle mitgetheilt wurden. So waren Todesfälle an Masern in Berlin und London etwas häufiger, in Paris, St. Petersburg seltener. Neue Erkrankungen kamen jedoch aus den meisten Orten, aus denen Berichte vorliegen, häufiger zur Mel⸗ dung, namentlich haben Masern in den Regierungsbezirken Hildes heim und Schleswig größere Verbreitung gefunden. Das Scharlach⸗ fieber verlief in Berlin, Paris, St. Petersburg und Warschau milder, in Danzig blieb die Zahl der Todesfälle die gleich hohe wie in der Vorwoche (10), in London hat sie abgenommen. Neue Erkrankungen wurden nur aus Berlin und Kopenhagen etwas seltener als in der Vorwoche zur Anzeige gebracht. Die Sterblichkeit an Diphtherie und Croup war viel⸗ sach gesteigert, wie in Berlin, Hamburg, Breslau, München, Dresden, Königsberg, Stettin, Braunschweig, Wien und seinen Vor⸗ orten, Pest, Prag, Paris, London, St. Petersburg, Warschau u. a. O. Auch neue Erkrankungen wurden aus Berlin, Breslau, Hamburg und St. Petersburg in grözerer Zahl mitgetheilt. Dagegen waren Todes⸗ fzlle an typhösen Fiebern in Berlin, London, Paris, St. Peters⸗ burg seltener, in Pest und Warschau ein wenig häufiger. Neue Er⸗ krankungen kamen aus Hamburg, Pest und St. Prtersburg in ge⸗ steigerter Zabl zur Anzeige. An Flecktyphus wurde aus London 1 Todes⸗ fall, an epidemischer Genickstarre aus Berlin und Nürnberg je 1 Erkrankung zur Meldung gebracht. Rosenartige Ent⸗ zündungen des Zellgewebes der Haut kamen in keiner größeren Stadt in nennenswerther Zahl als Todesursachen zum Vorschein. Der Keuchhusten hat in Berlin und London weniger, in Dublin etwas mehr Todesfälle hervorgerufen; neue Erkrankungen wurden in

mburg und Kopenhagen seltener beobachtet. Todesfälle an Pocken

amen aus Paris 2, aus Lemberg und Warschau je 3, aus Triest 18 aus Prag 9 zur Berichterstattung; neue Erkrankungen aus Wien 4, aus St. Petersburg 2. 3

Der Gesundheitszustand in Berlin war auch in dieser Woche ein günstiger und die Sterblichkeit eine geringere als in der vorher⸗ gegangenen Woche. Insbesondere erfuohren Darmkatarrbe und Brech⸗ durchfälle der Kinder einen weiteren Rückgang; die Zahl der Todes⸗ zäͤlle sank auf 103 (von 132 der Vorwoche), war jedoch noch immer erheblich höher als sonst um diese Jahreszeit. Auch die Theilnahme des Säuglingsalters an der Sterblichkeit war eine etwas kleinere als in der Vorwoche. Häufiger als in der Vorwoche kamen jedoch akute Entzündungen der Atbmungsorgane zum Vorschein, bis jetzt jedoch mit überwiegend mildem Verlauf. Von den Infektionskrankheiten wurden Erkrankungen an Mafern (besonders in der Schöneberger Vorstadt) und an Diphtherie (im Schöneberger und jenseitigen Louisenstädtischen Bezirk am zahlreichsten) zur Anzeige gebracht, während Erkrankungen an wwphösen Fiebern und Scharlach (letztere in der Friedrichstadt am häufigsten) gegen die Vorwoche in verminderter Zahl zur Meldung kamen. Erkrankungen im Wochenbett, sowie an rosenartigen Ent⸗ zündungen des Zellgewebes der Haut zeigten keine wesentliche Ver⸗ änderung in ihrem Vorkommen. Erkrankungen und Sterbefälle an Keuchhusten wurden seltener, während rheumatische Beschwerden aller Art käufiger zur ärztlichen Bcobachtung gelangten.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

In München ist, der „Allg. Ztg.“ zufolge, am 11. d. M. der bekannte Historien⸗ und Landschaftsmaler Professor Wilhelm Riefstahl nach schwerem Leiden gestorben. Seine künstlerische Eigenart bestand in der Verbindung landschaftlicher Szenerie mit Figurenkompositionen. Auf diesem Gebiet hat er ganz Hervorragendes geleistet. Für sein von der National⸗Galerie angekauftes Gemälde „Feldandacht Passeverer Hirten“ erhielt er die goldene Medaille und die Mitgliedschaft der Berliner Akademie.

Land⸗ und Forstwirthschaft. Nachtrag

Nittheilungen über den Ausfall der dies⸗ jährigen Ernte in der preußischen Monarchie“.

(S. Nr. 259 des „Reichs⸗Anz.“)

Provinz Westpreußen. Reg.⸗Bez. Danzig: Die Getreideernte hat in Folge der

steten Nässe, welche das Reifen hinderte, erst spät begonnen

werden können. Beim Roggen entspricht der Körnerertrag nicht den gehegten Erwartungen, der Strohertrag ist gering. Bezüglich des Weizens hofft man auf einen besseren Erdrusch. Der Hafer stand gut, hat jedoch ungleichmäßig gereift und hat zum Theil grün gemäht werden müssen. Heu und Klee sind in Folge der ununterbrochenen Regengüsse zum größten Theile unbrauchbar geworden. Der zweite Schnitt hat theil⸗ weise gut eingebracht werden können. Die Kartoffeln haben sich meist sehr schlecht entwickelt und hat vielfach ein Faulen derselben stattgefunden. Die Ernte der Zuckerrüben ist gering. Die vorstehend dargestellten ungünstigen Verhältnisse treten in den überschwemmten Theilen der Kreise Marienburg und Elbing doppelt hervor, weil eine eigentliche Frühjahrsbestellung, die in vielen Ortschaften der Niederung vorwiegt, in den meisten Ortschaften am rechtsseitigen Nogatufer hat unter⸗ bleiben müssen, so daß dort die Getreideernte entweder ganz ausgefallen ist, oder nur verschwindend kleine Erträge geliefert hat. Die Herbstbestellung ist in Folge der verspäteten Ernte noch sehr im Rückstande. Provinz Pommern. 1ö1“

Reg.⸗Bez. Köslin: Der Roggen hat hinsichtlich des Körnerertrages eine Mittelernte geliefert, während der Stroh⸗ ertrag fast durchweg hinter einer solchen wesentlich zurück⸗ eblieben ist. Die Weizenernte ist befriedigend ausgefallen. afer und Gerste haben sich gut entwickelt und geben einen reichlichen Ertrag. Erbsen, Wicken und Mengkorn sind fast überall nicht zur vollen Reife gelangt, geben aber reiches Futter. Der erste Klee⸗ und Heuschnitt hat in Folge der ungünstigen Witterung gelitten, wogegen der Nachschnitt gut eingekommen

ist, und quantitativ und qualitativ einen guten Ertrag geliefert hat. Der Stand der Kartoffeln ist, je nach der Beschaffenheit des Bodens, verschieden, läßt indeß im Allgemeinen eine Hoffnung auf eine befriedigende Ernte nicht zu. Futterrüben versprechen nur geringen Ertrag. Obst giebt es nur stellen⸗ weise und auch da nur in kaum mittlerem Ertrage. Die Winterbestellung hat sich sehr verzögert. Provinz Schlesien.

1) Reg.⸗Bez. Breslau: Die Quantität des Roggens ist gering und bleibt hinter einer Mittelernte erheblich zurück, die Qualität der Körner dagegen ist gut. Der Ausfall der Weizen⸗ ernte ist gut; Gerste und Hafer haben nur mittelmäßige Er⸗ träge geliefert. Raps muß als mißrathen bezeichnet wer⸗ den. Bezüglich der Aussicht der Kartoffelernte läßt sich für jetzt im Allgemeinen ein Urtheil noch nicht abgeben. Zuckerrüben sind fast durchweg reichlich bestanden. Die Heu⸗ und Klee⸗ ernte ist je nach 85 Lage der Ländereien sehr verschieden aus⸗ gefallen. Der Ertrag der Hülsenfrüchte war ein sehr mäßiger. Vom Obst sind Aepfel und Pflaumen wenig, Birnen reichlich vorhanden.

2) Reg⸗Bez. Liegnitz: Sämmtliche Halmfrüchte haben eine geringe Menge von Stroh und einen weit hinter einer Mittelernte zurückgebliebenen, zumeist auch qualitativ geringen Körner⸗Ertrag geliefert. Am schlechtesten fiel überall die Roggenernte aus, Gerste und Hafer brachten an Körnern stellenweise einen mittleren Ertrag, verhältniß⸗ mäßig am Günstigsten sind die Resultate der Weizenernte, sowohl im Stroh wie im Korn. Die Kartoffeln haben durch die anhaltende nasse Witterung sehr gelitten, die Frühkartoffeln wurden vielfach durch Fäulniß vernichtet. Die Zuckerrüben zeigen zwar durchschnittlich eine sehr reiche Blattentwickelung, doch steht mit derselben die Größe der Wurzel in keinem Verhältniß. Die Verspätung der Ernte und die große Nässe der Felder wirkt auf die Herbstbestellung überall verzögernd und erschwerend ein.

Rheinprovinz. .

Reg.⸗Bez. Trier: Der Ertrag an Stroh, wie an Körnern bei Roggen und Weizen kann nur als mäßig bezeichnet werden, etwa einer halben Mittelernte gleichkommend. Besser war der Stand des Sommergetreides, von welchem Gerste durchgängig gut gerathen ist, während Hafer, mit dessen Ab⸗ erntung stellenweise erst kürzlich hat begonnen werden können, eine Mittelernte in Aussicht stellt. Das Re⸗ sultat der Kartoffelernte scheint wenig befriedigend zu werden. Flachs und Hanf sind gut gerathen, während Taback unter der Ungunst der Witterung gelitten hat. Der Stand aller Gemüsearten ist ein vorzüglicher zu nennen. Der Ertrag der Heuernte ist höchst mäßig ausgefallen, wogegen die Grummeternte sowie der zweite Schnitt bei Klee und Futter⸗ gewächsen als vorzüglich zu bezeichnen sind. Birnen sind allenthalben gut gerathen, Aepfel giebt es nur wenig. Be⸗ zuüͤglich des Weines kann auf einen einigermaßen guten Herbst nicht mehr gerechnet werden. Die Arbeiten der Herbstbestellung haben zwar erst später als gewöhnlich begonnen werden können, gehen aber gut von statten.

Provinz Hannover.

Reg.⸗Bez. Stade: Die Ernte ist in diesem Jahre durch anhaltende und unzeitige Niederschläge stark beeinträchtigt worden. Die Roggenernte ist im Stroh wie im Körner⸗ ertrage eine recht geringe, auch kann die Qualität des Roggens nur als sehr mangelhaft bezeichnet werden. Der Weizen ist gleichfalls von schlechter Qualität, die Ernte bleibt unter Mittel. Der Hafer, welcher im Frühjahr theilweise durch Frost gelitten, hat sich später sehr erholt, und ist im Stroh recht gut geworden, wogegen das Korn die zur Ent⸗ wickelung erforderliche Wärme nicht erhalten hat und größten⸗ theils nur leicht ist. Erbsen haben eine gute Ernte ergeben, Bohnen dagegen werden nur sehr geringen Körnerertrag liefern. Buchweizen wird durchschnittlich eine Mittelernte, Raps und Rübsen etwa ⁄⅞ einer Mittelernte ergeben. Die Kartoffeln bleiben im Ertrage gegen die letzten Jahre um reichlich die Hälfte zurück. Besonders mangelhaft ist die Heu⸗ ernte ausgefallen. Der erste Schnitt hat durch Regen derart S. daß das Heu zum großen Theil zum Füͤttern un⸗

rauchbar geworden ist. Der zweite Schnitt hat wegen Ver⸗ spätung der ersten Ernte nur geringen Ertrag ergeben. Der Ertrag der Obsternte ist ein sehr geringer.

Der Minister für Landwirthschaft ꝛc. hat den Regierungen ein Exemplar der von dem Forst⸗Assessor Schumacher verfaßten Schrift: „Die Buchennutzholz⸗Verwerthung in Preußen mit besonderer Berücksichtigung des eigentlichen Buchengebiets im Westen der Monarchie“ mit dem Auftrag übergeben, dasselbe bei den Forstmeistern und Oberförstern des dortigen Bezirks circuliren zu lassen und demnächst der Bibliothek einzuverleiben.

Sanitäts⸗, Veterinär⸗ und Quarantänewesen. 8

Spanien. Laut einer von dem Königlich spanischen General⸗Direktor des Gesundheitswesens in der „Gaceta de Madrid“ vom 7. Oktober 1888 veröffentlichten Verfügung sind die Provenienzen von den Philippi⸗ nischen Inseln einer Quarantäne zu unterwerfen.

Gewerbe und Handel

Berlin, 14. Oktober. (Wollbericht des „Centralbl. f. d. Text.⸗Ind.“) Das Geschäft verlief in den letzten acht Tagen ohne Anregung. An Fabrikanten wurden mehrere hundert Centner und für den Kamm mehrere Partien feine preußische und pommersche Wollen abgesetzt. Der günstige Verlauf der Londoner Auktion hat nicht ver⸗ mocht, die Preise für deutsche Wollen nach oben zu beeinflussen; ernst⸗ hafte Käufer können vom hiesigen Platz so billig kaufen, wie vor der Auktion, und finden bei den Eignern großes Entgegenkommen.

„— Der Einlösungscours für die hier zahlbaren Oester⸗ reichischen Silber⸗Coupons ist auf 168,25 für 100 Fl. Oesterreichisch Silber erhöht worden. 1

In der ordentlichen Generalversammlung der Görlitzer Maschinenbau⸗Anstalt und Eisengießerei zu Görlitz wurde die vorgeschlagene Dividende von 8 % genehmigt. Auf das frühere Fabrikgrundstuͤck wurden neuerdings 29 500 abgeschrieben, wodurch die Dividende des vergangenen Jahres beeinträchtigt worden ist. Ferner wurde beschlossen, das Aktienkapital durch Neuausgabe von 285 000 Aktien zu erhöhen und die hierfür vorliegende Offerte eines Dresdner Bankhauses zur Uebernahme derselben à 120 % ge⸗ nehmigt. Die Aktien werden demnächst den Aktionären zum Course von 125 % derart zur Verfügung gestellt, daß auf je 3000 alte Aktien 1000 neue Aktien kommen.

Köln, 15. Oktober. (W. T. B.) Die „Köln. Ztg.“ meldet aus dem Geschäftsbericht des Hörder Hüttenvereins, daß 427 000 Kosten für Neubauten dem Betriebe unmittelbar belastet sind, dagegen weitere Bauten noch ganz bedeutende Kapitalaufwen⸗ dungen erfordert haben. Die gegenwärtigen Aufträge betragen 60 000 To. gegenüber 48 000 To. im Vorjahre, der Reingewinn beträgt 700 000 gegen 475 000 im Vorjahre.

Die Nr. 42 (1888) des „Gewerbeblatts aus Württem⸗ berg“, herausgegeben von der Königlichen Centralstelle für Gewerbe und Handel, hat folgenden Inhalt: Deutsch⸗nationale Kunstgewerbe⸗Aus⸗ stellung München 1888. Waarenverkehr nach Italien. Das Kunstgewerbe im Orient. Verschiedene Mittheilungen. Ent⸗ scheidung des Reichsgerichts. Thätigkeit des chemischen Laboratoriums. Frequenz der Sammlungen der K. Centralstelle. Reichs⸗Patente von Erfindern aus Württemberg. Für Zinngießer.

Wien, 16. Oktober. (W. T. B.) Gestern fand hier, wie die „Presse“ meldet, eine mehrstündige Sitzung der Rothschild⸗ gruppe statt, welcher außer dem Präsidenten der Kreditanstalt, Weiß, und den Direktoren derselben, auch der Baron Albert von Rothschild, Herr von Hansemann und der Direktor Tauszig von der Bodenkreditanstalt, sowie Markgraf Pallavicini von der ungarischen Kreditbank beiwohnten. Die Berathungen, welche dem ungari⸗ schen Konversionsprojekt und der Regalienanleihe gewidmet waren, dürften heute zum Abschluß kommen. 8

London, 15. Okrober. (W. T. B.) An der Küste 3 Weizen⸗ ladungen angeboten. Das Kupfersyndikat verkauft Chili⸗ kupfer zu 78 ½ ohne Vorbehalt und kauft zu 78.

Glasgow, 15. Oktober. (W. T. B.) Die Verschiffungen von Roheisen betrugen in der vorigen Woche 8600 gegen 9400 Tons in derselben Woche des vorigen Jahres.

Bradford, 15. Oktober. (W. T. B.) Wolle fest, na⸗ mentlich feine Botanywolle, Garne fest, ruhig, Stoffe unver⸗ ändert.

New⸗York, 5. Oktober. (New⸗Yorker Hdls.⸗Ztg.) Das legitime Geschäft hat in dieser Berichtswoche einen durchaus befrie⸗ digenden Verlauf genommen; mit besonderem Vergnügen haben wir eine Zunahme im Export zu konstatiren. Zu befürchten ist nur, daß die Weizenschwänze in Chicago, deren Dimensionen geradezu ungeheuerlich, und welche selbstverständlich auch unseren Platz in Mitleidenschaft gezogen hat, sich leicht von verderblichem Einfluß auf die Weiterentwicklung des bisher durchaus gesunden und normalen Verkehrs erweisen kann. Sind doch die Preise für Weizen, und in Verbindung damit auch die der meisten anderen Cerealien, Seitens einer den Markt dominirenden Spekulations⸗

Clique derartig in die Höhe gesetzt worden daß Europa, bisher auf

unser Land angewiesen, seinen Bedari an Getreide aus anderen Län⸗ dern, wie beispielsweise Rußland und Indien, wo es billiger an⸗ kommen kann, zu befriedigen suchen wird. Ein Beweis übrigens, wie gesund heutzutage der legitime Handel hier zu Lande liegt, ist darin zu finden, daß, bei den kolossalen Preis⸗ schwankungen in Getreide, hauptsächlich des Weizens, die Zahl der bisher vorgekommenen Fallimente sowoll am Chicago'er als auch am hiesigen Platz eine ganz unbedeutende ist. Am Waaren⸗ und Produktenmarkt war, ganz abgesehen von den enormen Umsätzen in Weizen, das Volumen des Geschäfts ein recht befriedigendes, und weist wieder eine erhebliche Zunahme des Exvports auf. Was nun die Transaktionen in Weizen betrifft, so er⸗ reichten dieselben während der letzten 6 Tage die außerordentliche Höhe rvon 106 Millionen Bushels, wovon auf Mittwoch allein 40 Millionen kommen. Alle übrigen Brotstoffe, hauptsächlich natürlich Weizenmehl, wurden in den wilden Strudel hineingezogen. Der Schluß war etwas ruhiger; Preise zeigen, obwohl etwas niedriger, ziemliche Festigkeit. Von den anderen Artikeln erfreute sich Baum⸗ wolle wiederum eines recht guten Bedarfsgeschäfts, Preise gehen in⸗ dessen langsam herunter, da der Ausfall der Ernte wärtigen hohen Stand nicht zu rechtfertigen scheint.

hatten Brasilsorten bei lebhaftem Geschäft den vorwöchentlichen Rück⸗- gang eingeholt, während milde Sorten ziemlich begehrt und sehr fest im Preise waren. Am Metallmarkt war Blei zwar höher, aber still, Eisen unverändert und fest, Kupfer weichend, Zinn in loko ziemlich unverändert, in Terminen dagegen niedriger und Zink, bei mäßigem Geschäft, sehr fest im Preis. Provisionen verfolgten, in Sympathie mit der Bewegung in Weizen, durchweg eine steigend Richtung, nur Rindfleisch, obwohl lebhaft gehandelt, zeig keine wesentliche Veränderung im Preis. Raffinirtes Petroleum ruhig und fest; Pipe line Certificates stetig, jedoch schwächer am Schluß, 93 8 C. In Wolle fanden recht hübsche Umsätze statt; Preise sehr fest und zum Höhergehen geneigt. Am Zuckermarkt war die Stimmung sowohl für Rohzucker als auch für raff. Wzare eine sehr gedrückte; ersterer konnte sich ziemlich halten, letzterer verlo jedoch von ½— ½ C. per Pfund. In einheimischen und fremden Manufakturwaaren ist es zwar diese Woche still gewesen, doch wird die allgemeine Geschäftslage als eine zufriedenstellende betrachtet. Der Import fremder Webstoffe betrug für die am 29. Sep tember beendete Woche 2 792 104 Doll. gegen 2 464 110 Doll. in der Parallelwoche des Vorjahres.

Submissionen im Auslande.

Rumänien.

31. Oktober: Permanentes Comité des Distriktes Putna. Ba von Kasernen mit Zubehör. Voranschlag: 600 000 Fr. Kautio vorl. 5, endg. 10 %.

Näheres an Ort und Stelle.

Verkehrs⸗Anstalten.

London, 15. Oktober. (W. T. B.) Der Castle⸗Dampfe „Drummond Castle“ hat heute auf der Ausreise Lissabon passir

Theater und Musik.

Vietoria⸗Theater. „Münchhausen“, die schon seit einem Jahre in Dekorationen, Kostümen und Requisiten vorbereitete große burleske Ausstattungsposse mit Gesang und Ballet geht nun am Sonntag, den 20. Oktober, in Scene. Die Operette „Die Dragoner der mit Fr. Ziemaier wird daher nur noch an 4 Abenden gegeben.

Friedrich⸗Wilbelmstädtisches Theater. Die ner Auffuͤhrung von Offenbach's „Prinzessin von Trapezunt“ ist auf nächsten Freitag angesetzt. Da dieses übermüthig lustige und musikalisch reizende Werk vor nahezu zwei Dezennien hier zuerst in Scene ging, so darf es heute fast die Bedeutung einer Novität be⸗ anspruchen.

Adolph⸗Ernst⸗Theater Hr. Direktor Adolph Ernst hat den wohlbekannten Komiker Hrn. Carl Weiß, der ihm schon in früheren Jahren eine Stütze des Repertoires gewesen, neuerdings für sein Theaker auf die Dauer von sechs Jahren verpflichtet. Die flott eingespielte Posse „Die drei Grazien“ erzielt inzwischen fortgesetzt volle Häuser. 1

Das erste diesjährige philharmonische Concert unter Dr. Hans von Bülow's Leitung hatte gestern den neu und prächtig ausgestatteten Saal der Philharmonie bis auf den l.tzten Platz gefüllt, und wie schen am Sonntag in der Generalprobe, so wurde auch gestern der verehrte Dirigent bei seinem Erscheinen aufs Wärmste vom Publikum begrüßt. Wagner’s „Kaisermarsch“ eröffnete den Abend; hieran reihte sich Mozart's Duvertüre zur „Zauberflöte“. Im darauf folgenden G-dur-Concert von Beethoven hatte Hr. Eugen d'Albert das Klaviersolo übernommen. Gleicher Meister in der Technik wie in der Vortragsweise, bot der Künstler durch die Wiedergabe dieses geistvollen Tonstückes viel Fesselndes. Die brillanten Passagen und Cadenzen des Allegro moderato und des Rondo gelangen ausdrucksvoll und klar. Das Forte hielt die Grenzen des Schönen inne, und beim Melodiespiel brachte der Künstler mit festem Druck auf die Tasten auf dem Bech⸗ stein'schen Flügel herrliche, sanfte, gesangreiche Töne hervor. Thalberg verlangt in seinem „L’Art du Chant“ für Cantabile⸗ stellen eine „main desossée“; diese bringt Hr. d'Albert zur Anwen⸗ dung, und rauschender Beifall lohnte seinem Spiel. Es folgten noch zwei orchestrale Vorträge:; Variationen von Brahms über eine Hymne an den heiligen Antonius von Haydn und Schubert’'s große C⸗-dur- Sinfonie, zwei interessante Werke voller Leben. Das Thema der Variati