eisenbahnen und auf die Verwaltungsbezirke der Könizlichen Eisenbahn⸗Direktionen zu Breslau und — 11 Ver⸗ etzungen auf die Königlich württembergischen taatseisenbahnen, e 4 Verletzungen auf den Verwaltungsbezirk der Königlichen Eisenbahn⸗Direktion (linksrheinische) zu Köln und auf die Königlich sächsischen Staatseisenbahnen, 3 Verletzungen auf den Verwaltungsbezirk der Königlichen Eisenbahn⸗Direktion zu Erfurt, 2 Verletzungen auf den Verwaltungsbezirk der Königlichen Eisenbahn⸗Direktion zu Hannover und je 1 Ver⸗ letzung auf die Reichs⸗Eisenbahnen in Elsaß⸗Lothringen, auf die Verwaltungsbezirke der Königlichen “ zu Elberfeld, zu Frankfurt a. M. und zu Berlin. Von Bahnbeamten und Arbeitern im Dienst wurden beim eigentlichen Eisenbahnbetriebe 31 getödtet und 69 verletzt, von Steuer⸗ u. s. w. Beamten 5. verletzt, von fremden Personen (einschließlich der nicht im Dienst befindlichen Bahnbeamten und Arbeiter) 19 getödtet und 9 verletzt. Außerdem wurde bei Nebenbeschäftigungen 1 Beamter verletzt. Von den sämmtlichen Unfällen beim Eisenbahnbetriebe entfallen auf A. Staatsbahnen und unter Staatsverwaltung stehende Bahnen (bei zusammen 30 366,71 km Betriebs⸗ länge und 857 414 686 geförderten Achskilometern) 160 Fälle, darunter die größte Anzahl auf die Verwaltungsbezirke der Königlichen Eisenbahn⸗Direktionen zu Köln (rechtsrheinische) (28), zu Köln (linksrheinische) (14) und zu Breslau (14); ver⸗ hältnißmäßig, d. h. unter Berücksichtigung der geför⸗ derten Achskilometer und der im Betriebe gewesenen Längen, sind auf der Main⸗Neckar⸗Eisenbahn und in den Verwaltungs⸗ bezirken der Königlichen Eisenbahn⸗Direktionen (rechtsrheinische) zu Köln und (linksrheinische) zu Köln die meisten Unfälle vor⸗ gekommen. B. Größere Privatbahnen — mit je über 150 km Betriebslänge — (bei zusammen 1782,45 km Be⸗ triebslänge und 26 521 863 geförderten Achskilometern) 5 Fälle, und zwar auf die Hessische Ludwigsbahn 4 Fälle und auf die Mecklenburgische Friedrich⸗Franz⸗Eisenbahn 1 Fall. C. Kleinere Privatbahnen — mit je unter 150 km Betriebslänge — (bei zusammen 1658,82 km Betriebslänge und 11 766 626 geförderten Achskilometern) 2 Fälle, und zwar auf die Marienburg⸗Mlawkaer und die Lübeck⸗Büchener Eisen⸗ bahn je 1 Fall.
— Nach §. 321 des Strafgesetzbuchs wird Derjenige, welcher vorsätzlich in schiffbaren Strömen, Flüssen oder Kanälen das Fahrwasser stört und dadurch Gefahr für das Leben oder die Gesundheit Anderer herbeiführt, mit Ge⸗ fängniß bestraft, und nach §. 326 ist auch die fahrlässige Störung des Fahrwassers, wenn durch die Handlung ein Schaden verursacht worden, ebenfalls zu bestrafen. In Bezug auf diese Bestimmungen hat das Reichsgericht, II. Straf⸗ senat, durch Urtheil vom 18. September d. J., ausgesprochen: „Unter Fahrwasser ist derjenige Theil der bezeichneten Gewässer zu verstehen, welcher mit Schiffen befahren werden kann. Eine „Störung des Fahrwassers“ im Sinne des §. 321 tritt ein, sobald das Fahrwasser der schiffbaren Ströme, Flüsse und Kanäle durch Handlungen Unbefugter in den⸗ jenigen Beziehungen eine Aenderung erleidet, welche für die Benutzung des Fahrwassers für die Schiffahrt von Bedeutung sind, beispielsweise in der Ausdehnung, der Tiefe, der Rich⸗ tung des Stromlaufes. Dahin würde auch eine Behinderung der Schiffahrt durch Bauwerke, Pfähle, sonstige Vorrichtungen oder Hineinwerfen explodirender Stoffe zu rechnen sein. Da⸗ gegen enthält das bloße Befahren eines Flusses mit einem Schiffe, selbst wenn in Folge unrichtiger Lenkung des Schiffes ein anderes Schiff an der Benutzung des Fahrwassers zeit⸗ weise gehindert wird, noch keine Störung des Fahrwassers.“
— Der General⸗Lieutenant von Fassong, Commandeur der 9. Division, ist gestern hierselbst im Hotel „Kurfürst“ an einem Herzleiden verstorben.
Sigmaringen, 12. November. (Schwäb. Merkur.) Der Fürst von Hohenzollern begab sich heute nach Ohlau, woselbst er auf Einladung Sr. Majestät des Kaisers und Königs an der dortigen Hofjagd theilnehmen wird. Nachher gedenkt Se. Hoheit seine Besitzungen in Posen zu besuchen. — Die Gräfin von Flandern, welche seit mehreren Wochen hier weilte, wird heute mit den Prinzessinnen⸗Töchtern wieder nach Brüssel abreisen.
Bayern. München, 13. November. (Allg. Ztg.)
Heute Vormittag ist über das Befinden des Herzogs NKaximilian folgendes Bulletin erschienen:
Die Nacht zum großen Theil durch heftige Athmungsbeschwerden gestört, welche gegen Morgen nachgelassen haben. Bewußllosigkeit und Lahmung hält an. Der Zustand Sr Königlichen Hoheit ist noch gleich bedenklich. Dr. von Lotzbeck. Dr. Mayper.
Der Herzog Karl Theodor wird aus Wien hier er⸗ wartet.
Württemberg. Stuttgart, 12. November. (St.⸗A. f. W.) Die Prinzessin Wilhelm von Baden ist mit ihrer Tochter, der Prinzessin Marie, zum Besuch der Königin hier ein⸗ getroffen.
— 13. November. (W. T. B.) Der Präsident des Staats⸗Ministeriums, Staats⸗Minister Dr. Freiherr von Mitt⸗ nacht, ist gestern aus Nizza hierher zurückgekehrt. ch 1 Der „Staats⸗Anzeiger für Württemberg“ schreibt:
Eine in der letzten Zeit vielgenannte Persönlichkeit, Freiherr von Woodcock⸗Savage, hat, wie wir zuverlässig vernehmen, aus eigener Entschließung mit seinem Begleiter aus der Umgebung Sr. Ma⸗ jestät des Königs sich zurückgezogen.
Der König, Höchstwelcher Sich ihm insbesondere aus der Zeit Seiner Erkrankung im Herbst 1884 zum Dank verpflichtet fühlt, wird ihm ein gnädiges Andenken bewahren.
Zugleich wollen Se. Majestät ausgesprochen wissen, daß der B Herr an spiritistischen Experimenten niemals sich bethei⸗ igt habe.
Die Minister baben, da sie über schädliche Einflußnahme Dritter auf den Gang der Regierungsgeschäfte sich nicht zu beklagen hatten, ihre Entlassung zu dem Zweck, die Entfernung irgendwelcher Per⸗ sonen aus der Umgebung des Staatsoberhauptes herbeizuführen, weder eingereicht noch in Aussicht gestellt. Sie haben jene Entfer⸗ nung auch nicht ohne ein gleichzeitiges Entlassungsgesuch verlangt.
Sie haben nach einer unter dem Vorsitz Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Wilhelm, der mit der Stellvertretung Sr. Königlichen Majestät betraut ist, stattgehabten Berathung in einem Anbringen vom 24,25. Oktober d. J. zur Kenntniß des Königs gebracht, daß zur Beschlagnahme des bekannten Artikels der „Münchener Neuesten Nachrichten“ sofortige Einleitung getroffen worden sei und um Eröffnung der Höchsten Willersmeinung Sr. Königlichen Majestät darüber gebeten, ob das gegen zwei Personen, welche der Verbreitung des Blattes beschuldigt waren, eingeleitete Ver⸗ fahren wegen Majestätsbeleidigung im Sinne des §. 95 des Strafgesetzbuchs seinen Fortgang nehmen solle, oder ob Höchstdie⸗
schlagung dieses Verfahrens befehlen wollen. Hin⸗
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sichtlich des etwaigen strafrechtlichen Vorgehens gegen das Blatt in München wegen Beleidigung eines ũ
Bundesfürsten im Sinne des 5 99 des Strafgesetzbuchs, wozu die Ermächtigung des betreffenden
undesfürsten erforderlich ist, war besonderer Antrag vorbebalten. Das gleichzeitig Sr. Königlichen Majestät vorgelegte Protokoll über die Sitzung des Staats⸗Ministeriums enthält am Schluß fol⸗ gende Stelle: „Weiterhin ergab sich bei der Erörterung der Sach⸗ lage auch das Einverständniß aller Anwesenden darüber, daß diese Vorgänge vielfach ein erhebliches Aufsehen erregt haben und daß die Beforgniß nahe liege, es könnte hieraus im Falle fortdauernder auf⸗ regender Preßkundgebungen eine Beunruhigung selbst in weiteren Kreisen des Landes entstehen. Man erachtete es für eine Gewissens⸗ pflicht, Se. Majestät den König hiervon ehrfurchtsvollst in Kenntniß zu setzen“. In dem hierauf ergangenen Köniaglichen Dekret vom 29. Oktober ist dem Staats⸗Ministerium „für die bei diesem Anlaß lundgegebenen guten Absichten und treuen Gesinnungen“ der gnädigste Dank des Königs ausgesprochen.
Am 31. Okrober erhielt der am 26. Oktober von Stuttgart nach Berlin und Hamburg abgereiste Minister⸗Präsident, der zugleich Minister des Königlichen Hauses ist, ein Telegramm Sr. Königlichen Majestät, wonach Höchstdieselben seine Anwesenheit in Nizza wünschten. Vor seiner Abreise nach Nizza wurde im Staats⸗Ministerium fest⸗ gestellt, daß ein Anlaß, die bisherige Haltung des Ministeriums zu ändern, nicht vorliege. Der Minister traf die mehrgenannten Herren nicht mehr in Nizza; während seines Dortseins traf die Nachricht ein, daß sie aus der Umgebung des Königs sich zurückzuziehen ent⸗ schlossen seien. 8 8
Neuestens haben Se. Majestät der König zu befehlen geruht, daß von einem ferneren strafrechtlichen Vorgehen wegen des Vor⸗ gekommenen Umgang genommen werde in der Erwartung, daß nach vorstehender Darlegung der Sachlage eine ruhige und unbefangene Beurtheilung derselben Seitens der Gutgesinnten Platz greifen werde.
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 13. November. (W. T. B.)
In dem gestrigen Wehrausschuß hob der Minister für
andesvertheidigung, Graf Welsersheimb. hervor, auch die Regierung betrachte die Wehrvorlage als keine partei⸗ politische und theile die Anschauung, daß dieselbe nur der allgemeinen Weltlage Rechnung trage. Der Gesetzentwurf habe nur die hiervon abhängigen und unerläßlichen Verschärfungen erfahren; alle unnützen Härten seien sorglich vermieden; die ein⸗ zelnen Bestimmungen desselben seien daher durchwegs absolut noth⸗ wendige und solche, an welchen die Regierung ganz ent⸗ schieden festhalten müsse. Auf die Ausführung des Vorredners übergehend, rechtfertigte der Minister den Uebergang auf das 21. Lebensjahr als den Beginn der Stellungspflicht aus vor⸗ wiegend volkswirthschaftlichen Gründen und betonte alsdann die Nothwendigkeit der Gerechtigkeit der Bestimmungen über die Einjährig⸗Freiwilligen. Angesichts der schweren, durch das neue Gesetz in mancher Beziehung noch verschärften Lasten, welche die Wehrpflicht der großen Masse der Be⸗ völkerung auferlege, müsse die Forderung, welche an die An⸗ gehörigen der gebildeten und bevorzugten Klassen gestellt wird, als eine minimale und noch immer als sehr be⸗ günstigende anerkannt werden. Die Verlängerung der ein⸗ jährigen Pr sei nur als Ausnahme, aber auch als Triebfeder zu betrachten, um die möglichst vollkommene Erreichung des Zieles im ersten Jahre zu fördern. Dadurch, daß das erste Jahr fast ausschließlich der militärischen Ausbildung gewidmet werde, sei eine erhöhte Garanties⸗ für die Erreichung dieses Zieles gewonnen. Was die von dem Vorredner geforderte Feststellung des zehnjährigen Friedensstandes anlange, bemerkt der Minister, diese Bestimmung bestehe nur in Deutschland, erscheine ihm aber nicht praktisch, da jede kleine Standesänderung zur Durch⸗ führung eine Gesetzesvorlage erfordere. Die Annahme des zehn⸗ jährigen Friedensstandes sei ohnehin durch das Budgetbewilli⸗ gungsrecht des Reichsrathes gewährleistet. Die Erhöhung des Rekrutenkontingents und der Ersatzreserve nebst den Kosten der Waffenübungen würden beim Heere 370 000 Fl. bis später 500 000 Fl., bei der Landwehr 400 000 Fl. erfordern. Weiterhin bemerkte der Minister, daß es nicht beabsichtigt sei, ein neues Landwehrgesetz einzubringen.
Triest, 13. November. (W. T. B.) Der Seebezirks⸗ Kommandant Vize⸗Admiral von Wiplinger unternahm gestern mit den deutschen Seeoffizieren, hiesigen Nota⸗ bilitäten, Offizieren der See⸗ und der Landmacht und dem deutschen Vize⸗Konsul Müller, insgesammt 146 Personen, einen Ausflug nach Adelsberg. Das Wetter war ausgezeichnet. Der Eingang der Grotte war mit deutschen und österreichischen Fahnen reich geschmückt, im Ballsaale strahlte der Namenszug des Deutschen Kaisers. Vize⸗Admiral von Wiplinger brachte ein dreifaches, begeistert aufgenommenes Hoch auf den Deutschen Kaiser aus; die Militärkapelle spielte die deutsche Nationalhymne. In dem sogenannten Belvedere fand eine ebenso begeisterte Ovation für den Kaiser Franz Joseph statt. Einer dreistündigen eingehenden Besichtigung der Grotte folgte ein Diner in den mit Flaggen Deutschlands und Oesterreichs dekorirten Sälen des Gasthofes „Krone“, wobei Vize⸗Admiral von Wiplinger sein Glas auf das Wohl der deutschen Marine, insbesondere auf deren anwesende würdige Vertreter erhob und die Hoffnung aussprach, es möge nicht bei diesem ersten Besuche sein Bewenden haben und sich noch oft die Gelegenheit bieten, die nordischen Freunde und Waffengefährten in den heimischen Gewässern zu begrüßen. „Möge schon der erste Besuch unsere deutschen Kameraden überzeugen, daß wir von ganzem Herzen bieten, was wir zu
bieten vermögen. Verbinden uns doch so mannigfache gemein⸗
same Interessen, sind wir doch so stolz darauf, einen Sproß des Deutschen Kaiserhauses als Seeoffizier in unseren Reihen zählen zu dürfen; mit regem kameradschaftlichem Interesse verfolgen wir die stolze rasche Entwickelung der Kaiserlich deutschen Flotte. Das Glück geleite sie!“ — Der Trinkspruch wurde mit wiederholten Hochrufen aufgenommen, während die Kapelle die deutsche Nationalhymne intonirte. Contre⸗ Admiral Hollmann vom deutschen Schulgeschwader dankte zunächst für den herzlichen Empfang und die überwältigend schönen Eindrücke des Grottenfestes, er wünsche eine baldige Gelegenheit herbei, all' die dargebotenen Liebenswürdigkeiten vergelten zu können. Contre⸗Admiral Hollmann schloß mit einem dreifachen begeistert aufgenommenen Hoch auf die österreichische Marine, während die Klänge der öster⸗ reichischen Nationalhymne ertönten. — Contre⸗Admiral Czodik von Bründelsberg brachte einen stürmisch auf⸗ genommenen Toast auf den Prinzen Heinrich von Preußen aus, durch dessen Ernennung zum österreichischen Korvetten⸗ Kapitän sich die Marine hochgeehrt fühle; denn sie erblicke darin die Allerhöchste Bekräftigung lange bestehender, auf hoher Achtung beruhender Bande, welche sie stets mit den verehrten Kameraden von der deutschen Kriegsmarine vereinigt hätten.
— Noch einmal erhob hierauf Contre⸗Admiral Hollmann sein
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Glas auf Oesterreichs Land⸗ und Seemacht, während der österreichische General⸗Major Probst einen Trinkspruch auf die Waffenbrüderschaft ausbrachte.
Heute statteten der Statthalter Pretis, Vize⸗Admiral Wiplinger und Bürgermeister Bazzoni dem Contre⸗Admiral Hollmann auf dem Flaggenschif „Stosch“ Gegenbesuche ab. Nachmittags fand auf Befehl des Kaisers das zu Ehren der deutschen Seeoffiziere gegebene Galadiner im Schloß Miramare zu 62 Gedecken statt. An demselben nahmen auch der deutsche General⸗Konsul und Vize⸗Konsul Theil. Der Statthalter brachte einen Toast aus, in welchem er die deutschen Seeoffiziere im Auftrage des Kaisers herzlich will⸗ kommen hieß und auf den Herrn derselben, Se. Majestät den Kaiser Wilhelm, auf Ihre Majestät die Kaiserin, sowie auf das gesammte Kaiserliche Haus ein dreifaches Hoch aus⸗ brachte. Contre⸗Admiral Hollmann bat den Statthalter, Sr. Majestät dem Kaiser Franz Joseph seinen und seiner Kame⸗ raden tiefgefühltesten Dank für die wahrhaft auszeichnende herzliche Aufnahme zu unterbreiten und schloß mit einem dreimaligen Hoch auf den Kaiser von Oesterreich und das gesammte Kaiserliche Haus.
— 14. November. (W. T. B.) Gestern Abend fand bei dem Statthalter Baron Pretis zu Ehren der Offiziere des deutschen Geschwaders ein glänzendes Ballfest statt, zu welchem insgesammt 400 Einladungen ergangen waren.
Pest, 13. November. (W. T. B.) Das Abgeordneten⸗ haus nahm mit großer Majorität die Konversion an. Im Laufe der Debatte erklärte der Staatssekretär Weckerle, die Operation sei ein mächtiger Hebel zur gründlichen Rege⸗ lung der Finanzen Ungarns, die Vorbedingung zu einer späteren günstigeren Konversion. Unter den heutigen Ver⸗ hältnissen sei eine effektive Zinsenersparniß von 1 ½ Millionen Gulden ein annehmbarer Erfolg.
Nach dem Ausweis des Finanz⸗Ministeriums be⸗ trugen die gesammten Staatseinnahmen im 3. Quartal d. J. 89 495 075 Fl. oder 8 021 933 Fl. mehr als im 3. Quartal 1887, die Ausgaben 86 983 675 Fl. oder 3 483 214 Fl. weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Die Bilanz des 3. Quartals ist somit um 11 505 147 Fl. und die Bilanz der 3 ersten Quartale d. J. um 23 710 156 Fl. günstiger als in dem gleichen Zeitraum des Vorjahres. Mehreinnahmen wurden erzielt: bei den direkten Steuern um 1 524 595 Fl., bei der Verzehrungssteuer um 3 065 285 Fl. (darunter 2 800 000 Fl. Nachsteuer in Folge der Branntweinsteuer), bei den Staals⸗ bahnen um 2 330 000 Fl., bei den Staatsfabriken um 894 365 Fl., ferner bei der Tabacksteuer, dem Salzgefäll, dem Momtanwesen und den Gestüten.
Großbritannien und Irland. London, 13. November. (W. T. B.) Das Oberhaus nahm die zweite Lesung der Eidesbill in kurzer Debatte ohne Abstimmung an. Kalkutta, 11. November. (A. C.) Der Zug nach den schwarzen Bergen ist noch nicht ganz zu Ende. Die Cha⸗ garzais haben sich nämlich geweigert, sich förmlich zu unter⸗ werfen, und man hält es deshalb nicht für klug, die Truppen zu eilig zurückzuziehen. General Channer steht gegenwärtig in Maida. Am 3. d. M. griff er Pokal an und zerstörte es nach heftigem Widerstand. Der Feind verlor 60 Mann an Todten.
Ottawa, 10. November. (A. C.) Die canadische Regierung beabsichtigt, die Regierungen der austra⸗ lischen Kolonien einzuladen, Bevollmächtigte nach Ottawa zu entsenden behufs Anknüpfung von Unterhandlungen für engere Handelsbeziehungen mit Canada und Er⸗ wägung der Räthlichkeit einer Kooperation mit Canada für die Legung des Pacific⸗Kabels.
Frankreich. Paris, 12. November. (Köln. Ztg.) Die Deputirtenkammer hat in ihrer heutigen Sitzung de Mahy mit 147 Stimmen gegen Bizarelli (112) zum Vize⸗ Präsidenten und in zweiter Abstimmung mit 208 Stimmen Royer zum zweiten Quästor gewählt.
— 13. November. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer erklärte bei der Berathung des auswärtigen Budgets Ferronays (Rechte), er sehe in der Politik Goblet's seit 6 Monaten nichts zu kritisiren. Bei der Schilderung der allgemeinen Lage betonte Goblet, man könne derselben getrost entgegensehen. Frankreich bedrohe Niemanden und sei stark genug, um keine Provokation zu fürchten. Da es keine Eroberung beabsichtige, so könne es auch die Empfindlichkeit Niemandes wachrufen. Die Regierung müsse die Würde Frankreichs vertheidigen, ohne zu vergessen, daß die des Friedens das höhere Interesse des Landes sei. oblet verwirft das Amendement, wonach die Botschaft beim Vatikan aufgehoben werden solle, und erklärt: „So lange wir unter dem Regime des Konkordats leben werden, ist es nothwendig, Beziehungen zum Vatikan wegen der Disziplin des Klerus und der Ernennung der Kardinäle und Bischösfe zu erhalten. Die Bedeutung unseres Protektorats in den Ländern des Orients erfordert ebenfalls, daß wir diplomatische Beziehungen mit dem Vatikan unterhalten. Das Protektorat ist uns von den rivalisirenden Mächten streitig gemacht; die Freund⸗ schaft des Papstes ist uns daher werthvoll.“ Er werde selbst die Ersetzung der Botschaft durch eine Gesandtschaft nicht genehmigen und fügt alsdann hinzu: „der Papst hat ja seine Kümmernisse, es liegt uns also ob, ihm keine neuen hinzuzufügen. Man hat jüngst gesagt, daß der Papst nur auf Frankreich zählen könne. Das will nicht sagen, daß Frank⸗ reich einschreiten könnte, um die weltliche Macht des Papstes wieder herzustellen, sondern, daß je mehr der Papst aus der weltlichen Macht verdrängt sei, desto mehr Frankreich sich selbst ehren müsse, indem es Nichts von seiner Achtung für die hohe Autorität, die der Papst repräsentire, schmälert.“ — Das Amendement wird hierauf mit 307 gegen 217 St. abgelehnt und sodann das Budget für das Aus⸗ wärtige ebenso wie das Budget für das Innere ge⸗ nehmigt.
Die heute zur Prüfung des provisorischen Handels⸗ gesetz⸗Entwurfs mit Griechenland gewählte Kom⸗ mission besteht fast durchweg aus Gegnern der Vorlage.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 14. November. (W. T. B.) Laut Kaiserlichem Tagesbefehl von gestern sollen zum Bestand der nachbenannten Armee⸗Corps folgende Infanterie⸗Divisionen gehören: Zum 2. Armee⸗Corps (Wilna) die 26. und 27. Infanterie⸗ Division; zum 3. Armee⸗Corps (Riga) die 28. und 29. In⸗ fanterie⸗Division; zum 4. Armee Corps (Minsk) die 16. und
30. Infanterie⸗Division; zum 6. Armee⸗Corps (Warschau) die 4. und 6. Infanterie⸗Division; zum 9. Armee⸗Corps (Orel) die 5. und
L
efach „Kaukasisches Armee⸗Corps“ genannt, während die Ver⸗
33. Infanterie⸗Division; zum 12. Armee⸗Corps (Kiew) die 12. und 19. Infanterie⸗Division; zum 13. Armee⸗Corps (Moskau) die 1. und 36. Infanterie⸗Division; zum 15. Armee⸗Corps (Kasan) die 2. und 8. Infanterie⸗Division; zum 16. Armee⸗ Corps die 25. und 41. Infanterie⸗Division; zum 17. Armee⸗ Corps die 3. und 35. Infanterie⸗Division. — Die übrigen Armee⸗Corps verbleiben in ihrem bisherigen Bestande, des⸗ gleichen bleiben die Kavallerie⸗Divisionen in ihren bis⸗ herigen Corps⸗Verbänden, ausgenommen die 13. Kavallerie⸗ Division, welche in den Bestand des 15. Armee⸗Corps kommt. Das erste kaukasische Armee⸗Corps (Tiflis) wird hinfort ein⸗
waltung des zweiten kaukasischen Armee⸗Cerps aufgelöst wird. Der Commandeur desselben, General⸗Lieutenant von Man⸗ teuffel, ist zum Commandeur des 16. Armee⸗Corps ernannt
worden.
Rumänien. Bukarest, 13. November. (W. T. B.) Die Kammern sind heute vom König in Gegenwart der Minister, des diplomatischen Corps und der hohen Würden⸗ träger eröffnet worden. Die Thronrede konstatirt die völlig befriedigenden und guten Beziehungen Rumäniens zu allen Mächten, Dank der klugen Politik, welche ein erleuch⸗ teter Patriotismus allen Parteien einflöße. Dieselbe beweise, daß Rumänien ein starkes Element des Friedens und der Sicherheit sei. Diese korrekte Haltung sei ein sicheres Pfand dafür, daß Rumänien auch fernerhin das Vertrauen der Großmächte und die sichere Freundschaft der benachbarten Balkanstaaten genießen werde. Ferner kündigt die Thronrede verschiedene Gesetzentwürfe, darunter einen betreffs der Sequestration der Czernowitz⸗Jassy⸗Eisenbahn an und legt dar, daß die Regierung, indem sie den Betrieb der Linie Itzkany — Jassy in die Hand genommen habe, durch eine weniger kostspielige Verwaltung beträchtliche Ersparnisse gegenüber früher erzielen werde.
Dänemark. Kopenhagen, 13. November. (W. T. B.) Der Großfürst⸗Thronfolger, sowie der Erzherzog Wilhelm trafen Abends hier ein und wurden vom König und der ganzen Königlichen Familie am Bahnhof empfangen.
— 14. November. (W. T. B.) Se. Königliche Hoheit der Prinz Heinrich traf Mittags 12 ¾ Uhr auf S. M. S. „Kaiser“ im Hafen ein, wo zu Seinem Empfange der König, in der Uniform seines Thüringischen Ulanen⸗Regiments Nr. 6, der Kronprinz, der Großfürst⸗Thronfolger und die übrigen Fürstlichen Herrschaften, sowie die Deputation des preußischen Ulanen⸗Regiments Nr. 6 und die Spitzen der Militär⸗ und Civilbehörden erschienen waren. Der König empfing Vormittags um 10 Uhr die Deputation des Thürin⸗ gischen Ulanen⸗Regiments und später den bayerischen Abge⸗ sandten Grafen von Lerchenfeld, welcher dem König den St. Hubertus⸗Orden überreichte. Alsdann fand großer Empfang der übrigen ausländischen Abgesandten und anderer Glückwünschenden statt.
Zeitungsstimmen.
Im „Schwäbischen Merkur“ lesen wir: Es gehört immer wieder zum Merkwürdigsten, was man im gegenwärtigen politischen Leben beobachten kann: das Verhältniß zwischen Ultramontanen und Demokraten. Es ist, wie bekannt, neulich den Fortschrittlern bei den preußischen Landtazswahlen schlecht ge⸗ gangen. Die Folge ist nun, daß das Centrum von der Demokratie beschuldigt wird, sie nicht genügend unterstützt zu haben. Die Bischöf hbaben nach E. Richter's Ansicht, trotzdem einige derselben bekanntlich eigene Wahlerlasse von sich gegeben haben, ihre Schuldigkeit nicht hinreichend getban. Wunderbares Schauspiel, E. Richter den Fürstbischof Kopp in Breslau anfahren zu sehen, weil er den Demokraten in Breslau nicht zum Sieg verholfen habe! Er macht ihm den Vorwurf, die Centrumspartei in Schlesien in konservative Bahnen hinüberzuleiten. Hiezu bemerkt die „National⸗ Liberale Correspondenz“”: „Es ist wahr, daß die Wahlmänner der Centrumspartei in Breslau sich zum größten Theile bei der ent⸗ scheidenden Abstimmung der Stimme enthalten haben, und wenn sie Mann für Mann für die fortschrittlichen Kandidaten eingetreten wären, so wäre deren Wahl wohl wahrscheinlich gewesen. Sie hatten dies auch der Fortschrittspartei angeboten und dafür die Ueberlassung eines Mandats verlangt, allerdings bei einem 8b von 60 Wahl⸗ männerstimmen unter mehr als 1000 eine starke Zumuthung. Die Deutschfreisinnigen lehnten diese Forderung ab, einmal weil sie boffen mochten, trotzdem die Unterstützung des Centrums zu finden, sodann aber, weil die Breslauer Parteigenossen denn doch von etwas anderem Schlag sind, als die leitenden Politiker der Partei in Berlin, welche aus Gier nach ein paar Mandaten dem Centrum jeden Gefallen thun, und auch jetzt darüber schmähen, daß die Breslauer Gesinnungs⸗ genossen das Abkommen mit dem Centrum zurückgewiesen haben. Ob wirklich eine konservative Strömung in der Centrumspartei sich anzubahnen beginnt, wollen wir abwarten. Zu verwundern wäre es gerade nicht, wenn die innerlich konservativen, oder vielmehr reaktio⸗ nären Theile, aus denen die ultramontane Partei zum großen Theil besteht, nachgerade müde würden, immer und überall den bedrängten Demokraten zu Hülfe zu kommen, und das Doppel⸗ spiel zu spielen, welches Windthorst ihnen zumuthet, indem er sie bald in hbochkonservative, bald in extremliberale Uniform steckt. Uebrigens sind die Deutschfreisinnigen recht undankbar, wenn sie dem Centrum wegen der Breslauer Wahl grollen. Bei allen Reichstags⸗ nachwahlen der jüngsten Fit aus denen die Deutschfreisinnigen neuen Muth schöpfen, hat das Centrum wacker auf Seiten der „Entschieden⸗ liberalen“ gefochten, und wenn die Letzteren bei den Landtagswahlen so schlechte Geschäfte gemacht haben, so kann in den allermeisten ällen das Centrum nichts dafür. Nicht nur in Hagen, wo die Ültramontanen von vornherein für Richter stimmten, sondern auch in einer langen Reihe anderer Wahlkreise ist das Centrum mit größtem Eifer für die deutschfreisinnige Partei eingetreten. Wenn dieselbe trotzdem unterlag, so zeugt dies eben von ihrem gänzlich hoffnungs⸗ und
ettungslosen Zustand.“
— Das „Deutsche Tageblatt“ schreibt: “ Freiherr von Friesen⸗Rötha, der Vorsitzende des Konservativen Landesvereins im Königreich Sachsen, hat an die dortigen Partei⸗ genossen eine Ansprache gerichtet, in der wieder das rechte Wort zur rechten Zeit gesagt wird, das auch nicht bloß für die sächsischen Ver⸗ ältnisse zutrifft, sondern allenthalben von der konservativen Partei beachtet werden sollte. 8 1 1“ In dieser Ansprache weist Freiherr von Friesen, wie wir der „Sächsischen Landeszeitung“ entnehmen, auf die besonders hohe Bedeutung der Wahlen zu dem nächsten auf 5 Jahre zu wählenden Reichstage hin und auf die fieberhafte Thätigkeit der 1887 unterlegenen Parteien, welche darauf brennen, die Scharte auszuwetzen. „Für uns gilt es nun, die Ehrenkrone. die die staatserhaltenden Parteien im heißen Kampfe erstritten haben, auch im nächsten Wahlkampf zu bewahren und uns nicht wieder rauben zu lassen.“ 1 8 — Zwei Umständen schreibt Freiherr von Friesen diesen Erfolg zu. Zunächst dem, daß das patriotische Nationalgefühl in den Herzen der Wähler den Indifferentismus überwand, sodann dem Abschluß des
nationale Gedanke in unserem sächsischen Volk mächtiger ist, als kleinliche Parteirücksichten; hierin lag seine mächtige Kraft und der durchschlagende Erfolg. Konservative, Na⸗ tionalliberale, sächsische ortschrittsleute und — es soll ihnen dies unvergessen bleiben, — sächsische Katholiken, die in ihrem Herzen vielleicht der Centrumspartei volle Sympathien be⸗ wahrten, schaarten sich um das nationale Banner, und unter dem⸗ selben wurde der Sieg im gemeinsamen Kampfe errungen. Halten wir dieses Banner auch ferner hoch, fragen wir nicht ängstlich, ob der, welcher mit uns Schulter an Schulter kämpft, in seinem Herzen der nationalliberalen, der sächsischen Fortschritts⸗ oder der Centrumspartei zugethan ist, oder ob er sich äußerlich dieser oder jener Vereinigung angeschlossen hat, wenn er nur mit uns gegen die zersetzenden Elemente im Staat kämpft, mit uns die Besiegung derselben ermöglicht, mit uns den staatserhaltenden, nationalen Gedanken hoch hält. Der Name thut nichts zur Sache. Auf den positiven Erfolg kommt es an, der errungen werden soll. Wenn wir Konservative aus diesem Grunde aber auch das Fortbestehen des Kartells mit aufrichtigem Herzen wünschen und Alles vermeiden werden, was eine Störung desselben herbeiführen könnte, wenn wir die loyale Haltung unserer sächsischen Bundesgenossen unumwunden anerkennen, so dürfen wir deshalb doch nicht die Organisation der eigenen Partei vernachlässigen, wir müssen vielmehr an dieser rüstig und emsig fort⸗ arbeiten. Es liegt dies im Interesse des Kartells selbst. g Ist doch der Abschluß des Kartells überhaupt erst ermöglicht worden dadurch, daß eine feste Organisation der konservativen Partei in Sachsen vorkanden war, welche Garantien für die eingegangene Bundesgenossenschaft und deren Aufrechterhaltung bot und bieten konnte. — Wäre eine solche Bundesgenossenschaft wohl mit ver⸗ einzelten und verschiedene Richtungen verfolgenden Elementen möglich gewesen? — Wäre dieselbe nicht wenigstens bedeutend erschwert worden? 3 “ “ Wohl aber ist auch zu berücksichtigen, daß eine jede Partei, wie alles Menschliche, Wandlungen unterworfen ist, daß in jeder Partei Elemente zur Führung gelangen können, welche dieselbe von ihren ursprünglichen Zielen ablenken und veränderte Richtungen einschlagen. Keine Partei ist davor sicher, und wenn wir auch von dem aufrichtigsten Wunsche beseelt sind, die bei den letzten Reichstagswahlen geschlossene Bundesgenossenschaft noch recht lange aufrecht zu halten, so können wir unmöglich eine Bürg⸗ schaft dafür übernehmen, daß unsere Verbürdeten nicht einmal zeit⸗ weilig wieder in Wege gedrängt werden, auf denen zu folgen uns un⸗ möglich sein würde. Wir würden es dann schwer zu bereuen haben, die Organisation der eigenen Partei vernachlässigt zu haben. b
Nur eine tüchtig organisirte, ihrer Kraft sich bewußte Partei wird als Bundesgenossin willkkommen und allen möglichen politischen Wandlungen gegenüber gerüstet sein. Sie braucht nicht den geringsten Theil ihrer Eigenart preiszugeben, sondern vereint sich nur unter gemeinsamer Fahne zu gemeinsamem Kampfe. Der segensvolle Fort⸗ bestand des Kartells hat eine tüchtige Organisation der Partei zur Voraussetzung. Bei aller Gemeinsamkeit unserer staatserhaltenden nationalen Ziele lassen sich Verschiedenheiten in den einzelnen Partei⸗ anschauungen nicht verleugnen. 1 8 8
Darin liegt aber eben der große Werth des Kartells. daß es einmal die in speziellen Fragen auf verschiedenem Boden Stehenden in den großen nationalen Gedanken fest einigt, andererseits den Ver⸗ bündeten völlige Freiheit im inneren Parteileben gewährt. Und daß sich beides wohl vereinigt, das hat die Erfabrung der letzten Zeit be⸗ wiesen. Darum wollen wir auch daran festhalten und den Segen, den uns das Kartell in Sachsen bisher gebracht hat, auch für die Zukunft zu sichern suchen.“
— Die „Deutsche volkswirthschaftliche respondenz“ bemerkt:
Es ist bekannt, daß unsere Reichsregierung allen berechtigten An⸗ forderungen, welche an sie gestellt werden, um die wirthschaftlichen Interessen der Deutschen im Auslande, namentlich jenseits der Meere, zu schützen und zu fördern, mit einer Bereitwilligkeit entgegen zu kommen pflegt, welche im Inlande, und zwar selbst auf Seiten unserer wirthschaftlichen und politischen Gegner, allgemein anerkannt und gewürdigt, im Auslande aber zum Theil mit Neid betrachtet wird. Demgegenüber nun lassen es manche Unternehmer in Deutschland aber noch immer zu sehr an den gehörigen Anstrengungen feblen, welche man von ihnen erwarten sollte, und zwar nicht allein nach Maßgabe ihres Kapitals, ihrer In⸗ telligenz und geschäftlichen Verbindungen, sondern auch nach Masgabe desjenigen Standpunktes, auf welchen sie sich mit ihren Anforderungen an die Thätigkeit der Reichsregierung stellen. Vieles ist ja allerdings seit einigen Jahren besser geworden und es ist in der That erfreulich, zu beobachten, wie der kleinliche Krämerstandpunkt immer mehr auf⸗ gegeben wird, um den großartigeren Gesichtspunkten des Welthandels
Cor⸗
übrig.
Wir kranken vor Allem in Deutschland immer noch an einem gewissen Mangel an Selbständigkeit. Man erwartet nämlich, wenn auch nicht mehr Alles, so doch zu Vieles noch von der Regierung, und verlangt namentlich von ihr, daß sie den ersten Schritt thue. Ge⸗ schieht dies — und in allen für wichtig und nützlich befundenen An⸗ gelegenheiten hat die Regierung noch niemals gezaudert — so verlegt man sich leider sowobl in den Interessenten⸗ wie auch in parlamentari⸗ schen Kreisen zunächst auf das sogenannte Prüfen der Handlungen bezw. der Vorschläge der Regierung, das beißt auf nichts Anderes als auf das Mäͤkeln und Tadeln. Hierbei erschöpfen geübte Redner und geschickte Zei⸗ tungsschreiber jedesmal die Schätze aller ihrer Kenntnisse und Hülksmittel, sie beantragen und berathen, besinnen sich aber nur in den seltensten Fällen schließlich darauf, daß alles Bessere stets der Feind des Guten ist. 1b
Selten, ja fast niemals vernimmt man, daß der eine oder der andere unserer begabten Redner oder Schriftsteller seine kostbare Zeit einmal dazu verwendete, die Initiative der Interessenten zu wecken und anzuspornen, oder daß er einmal den Mangel an Unternehmungs⸗ geist, welcher leider noch so oft zu Tage tritt, in gebührender Weise zur Sprache bringt. Dagegen erleben wir es fast täglich, daß von der Regierung Leistungen erwartet werden, welche doch billigerweise der Privatinitiative zufallen — und das geschieht von denselben Männern und denselben Organen, deren sonstiges Streben vornehmlich darauf gerichtet ist, zwischen Regierung und Volk eine möglichst tiefe Kluft zu schaffen und zu erhalten. Eine Reihe der glänzendsten Leistungen dieser Art von Verkebrtheit enthält die Behandlung der Frage der deutschen Kolonien; lassen wir dieselbe jedoch heute bei Seite und schweigen wir auch von der Samoafrage, von den Verhandlungen bezüglich der Postdampfersubvention und anderen würdigen Denkmalen verkehrter Parlamentspolitik; wenden wir uns dagegen nur noch kurz dem Schicksal der Handelskammer⸗ berichte zu. 1 1
Als der Erfolg der schützenden Zölle noch bestritten und bemäkelt werden konnte, als noch kein Material, noch keine Erfahrung über deren Wirkungen vorlag, wühlte man nach Herzenslust in einer Zahl von Berichten gegen diese Zölle, man suchte Zeugnisse gegen die Regierung zu entdecken und tischte dieselben laut dem erstaunten Publikum auf. Heute, wo die Erfolge immer klarer zu Tage treten, wo die Handelskammerberichte von Jahr zu Jahr immer mehr diese und jene günstige Errungenschaft, sei es verschämt oder deutlich zugeben, wo man unsere großen Fortschritte auf den ausländischen Märkten nicht mehr leugnen kann, fondern anerkennen muß — heute ist die Werth⸗ schätzung der Handelskammerberichte Seitens der Freihändler und Mißvergnügten wieder erheblich im Abnehmen, ja wenn das so fort⸗ geht, wird man bald wieder ebenso wenig auf jener Seite von ihnen hören wie zu Anfang der siebziger Jahre. Unter diesen Umständen halten wir es aber gerade an der Zeit, die öffentliche Aufmerksamkeit von Neuem auf diese Berichte zu lenken und dabei vornehmlich auf solche Stellen, wo der Privatinitiative Winke gegeben werden, wie sie das Streben der Reichsregierung, die deutschen Interessen im Auslande
höchst beachtenswerthe
Winke; wir finden darin außerdem vielfach eine Sachlichkeit in der Behandlung und ein Verständniß für die öffentlichen Fragen, welche die wirthschaftliche Thätigkeit des
dertschen Volkes gegenwärtig bewegen, wie man sie ehemals vergebens
suchen mußte. Desbalb aber fordern wir unsere wirthschaftlichen Gegner auf, jene Berichte daraufhin einmal aufmerksam durch⸗ zustudiren, vielleicht bekommen wir dann endlich nicht mehr jene längst widerlegten Trugschlüsse zu hören, welche auch heute leider noch einen großen Theil ihrer Organe ausfüllen.
Platz zu machen; aber es bleibt doch immer noch Manches zu wünschen
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
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Das Reichs⸗Ihpfgesetz nebst Ausführungsbestim⸗ mungen Zum Gebrauch für Verwaltungsbehörden, Medizinal⸗ beamte, Aerzte und Impfärzte zusammengestellt und erläutert von O. Ravmund,. Regierungs⸗ und Medizinal⸗Rath in Aurich. Berlin 1889, Fischer's Medizinische Buchhandlung (H. Kornfeld). Pr. 2 ℳ 50 ₰. — Der vorliegende Kommentar zu dem Reichs⸗ Impfgesetz ist nicht nur für Aerzte und Impfärzte, sondern vor Allem für den Gebrauch der mit der Leitung und Ueberwachung des Impf⸗ wesens betrauten Verwaltungsbehörden und Medizinalbeamten bestimmt. Sämmtliche für das Deutsche Reich und für Preußen betreffs des Impfwesens erlassenen und zur Zeit noch geltenden gesetzlichen Bestimmungen, Verordnungen und Verfügungen ꝛc. sind ebenso wie die einschlägigen oberstgerichtlichen Entscheidungen aufgenommen und besonders die wichtigeren vollständig wiedergegeben, um das zeitraubende und lästige Nachschlagen und Auf⸗ suchen derselben an anderen Stellen entbehrlich zu machen. — Illustrirte Hausbibel. Nach der deutschen Uebersetzung von Dr. Martin Luther. Mit 35 Vollbildern, über 1000 Text⸗Ab⸗ bildungen, Karten, Erläuterungen und einer Familienchronik. Verlag von Friedrich Pfeilstücker in Berlin W. (Preis für die Lieferung 50 ₰, im Ganzen, je nach dem Einband 22,50 ℳ bis 32 ℳ) — Von diesem Werke liegt bereits die 31. Lieferung (bis Apostelgeschichte 21) vor, und die Verlagsbhandlung stellt die Bewältigung des eigenartigen Werks noch für den Weihnachtstisch in Aussicht. Bekanntlich hat sie es sich zur Aufgabe gestellt, in ihrer Bilderbibel nicht geschichtliche Scenen und Ereignisse zur Darstellung zu bringen, sondern Gegenstände, welche zur Erläuterung des Textes dienen und dem Leser eine der Wirklich⸗ keit entsprechende Kenntniß der in der heiligen Schrift vorkommenden Dinge und Schauplätze gewähren sollen: Gegenden, Gebäude, Thiere, Pflanzen, Geräthschaften ꝛc mit sorgfältiger Auswahl und unter Berück⸗ sichtigung der neuesten Forschungen. Die unter dem Tert und den Bildern angebrachten kurzen Erläuterungen beschränken sich auf die zum Verständniß nothwendigsten sachlichen Bemerkungen. — Im elften Heft der Monatsschrift „Unsere Zeit“, beraus⸗ gegeben von Friedrich Bienemann (Leipzig, F. A. Brockhaus), macht zunächst Wilhelm Rudow auf „Aufzeichnungen aus Rumäniens Vor⸗ geschichte“ aufmerksam, indem er Jon Ghika's Einleitung zu dessen in rumänischer Sprache geführtem Briefwechsel mit Alecsandri mit⸗ theilt; in drastischer Lebhaftigkeit werden die Zustände des Landes vor der Vereinigung der beiden Fürstenthümer veranschaulicht. Th. Achelis legt die an W. Wundt's Wirksamkeit geknüpfte Geistes⸗ bewegung „Zur Reform der Ethik“ klar. Eine praktische Frage be⸗ handelt Dr. Joh. Matern: „Die Regelung der städtischen Brot⸗ versorgung“, die durch den Antrag Lohren in der jüngsten Reichstagssession gesetzgeberischer Behandlung unterzogen, in Folge des jähen Reichstagsschlusses aber abgebrochen wurde. In der Hoffnung, daß die gegebene Anregung wieder aufgenommen werde, klritisirt der Verfasser das einge⸗ schlagene Verfahren und stellt dem seine eigenen Vorschläge gegenüber. Einem anderen vielerörterten Gegenstande wendet sich der Aufsatz von Dr. J. H. Baas „Der Bildungsgang der Mediziner“ zu. In die große Politik leiten die beiden folgenden Aufsätze. Der Verfasser von „Politik und Verwaltung in Oesterreich“ hat seinen sehr be⸗ merkenswerthen Artikel vor der Verstärkung des Ministeriums Taaffe geschrieben. Es folgen „Livländische Zustände“, von Karl Seefeld: „Frankreich unter der Präsidentschaft Sadi Carnot's“ und an der Hand des Buchs von P. Regnard „Les maladies épiques de l'esprit“ von Dr. Léon Wespy: „Der Hexenglaube und seine Nachfolger“. „Der drehbare Riesenkran zu Wernambool in Australien“ wird mit einer Abbildung von W. H. Uhland dargestellt; Franz Bendt theilt „Fortschritte in der Phvsik“ mit und eine reichhaltige Todtenschar schließt das interessante Heft. —— Ein „Tagebuch für die Rekrutenausbildung im Reitdienst biseinschließlich des Escadrons⸗Exerzierens“ bietet den Vortheil, in strenger Stufenfolge die Aufgaben jeder Woche abzugrenzen und um so sicherer das Ziel einer gleichmäßigen und zu⸗ gleich vollkommenen Rekrutenausbildung zu erreichen. Ein solches Tagebuch veröffentlicht nach bester Erfahrung Rittmeister von Koblinski in einer soeben bei E. S. Mittler und Sohn, König⸗ liche Hofbuchhandlung, Berlin, Kochstraße 68—70, zum Preise von 1 ℳ erschienenen kleinen Schrift. Seine Methode ist um so dankens⸗ werther, da der Escadron⸗Chef in Verrichtung dieses Dienstes auch die Mitwirkung von jüngeren Offizieren und Unteroffizieren zu be⸗ anspruchen hat, denen daher sein Buch eine sichere Handhabe bieten wird. — 1
— Im Verlage von M. Heinsius in Bremen erschien in 11. Auf⸗ lage „Der Nußknacker“, ein illustrirtes Räthselbuch in 2 Samm⸗ lungen, enthaltend 1350 Kinder⸗ und Volksräthsel u. s. w., heraus⸗ gegeben von Ernst Lausch, reich illustrirt von Karl Gehrts, erste Sammlung. Dieses kleine Buch, welches vor 12 Jahren unter dem Titel „200 Kinderräthsel“ zum ersten Male erschien, hat bei den Kleinen so viele Freunde gefunden daß es sich allmählich zu dem jetzigen Umfange erweitert hat. Einen besonderen Schmuck hat das Buch auch durch zahlreiche treffliche Illustrationen erhalten. So läßt sich erwarten, daß das kleine Buch zu den alten noch viele neue Freunde gewinnen wird. Dasselbe kostet bei solider eleganter Aus⸗
4
stattung gebunden 4 ℳ
Sanitäts⸗, Veterinär⸗ und Quarantänewesen.
Dänemark. .
Durch Bekanntmachung des Königlich dänischen Justiz⸗Ministeriums
vom 2. November 1888 sind mit Rücksicht auf den Ausbruch der
Blattern in Marseille und in verschiedenen Städten Siziliens die aus
dem Hafen von Marseille und aus sizilianischen Häfen
kommenden Schiffe den gesetzlichen Bestimmungen über gesundheits⸗
polizeiliche Untersuchung unterworfen, gleichzeitig ist die Einfuhr von
gebrauchter Leinewand, gebrauchten Kleidern, Betten, Lumpen u. s. w. aus den bezeichneten Häfen verboten worden.
Gewerbe und Handel.
Die Rhein.⸗Westf. Ztg.“ berichtet vom rheinisch⸗ westfälischen Metallmarkt: Der Geschäftsgang auf dem rheinisch⸗westfälischen Eisenmarkt hat auch in der vergangenen Woche seinen zwar ruhigen, doch stetigen Charakter beibehalten. In Rbeinland⸗Westfalen ist die Erzförderung noch immer eine sehr leb⸗ hafte und die Nachfrage nimmt Angesichts der augenblicklich durch die Seefrachten vertheuerten spanischen Erze noch stetig zu und die Eisenerze haben eine steigende Tendenz. Das Roheisen⸗ geschäft scheint sich im Allgemeinen etwas zu beleben. Die Pro⸗ duktion ist zwar im vorigen Monat etwas gestiegen nichts desto weniger zeigt sich die erfreuliche Thatsache, daß die Lagervorräthe um rund 4400 t akgenommen hbaben. In Spiegeleisen beginnt die Nachfrage pro erstes Quartal des nächsten Jahres sich zu beleben; im Uebrigen hat das Geschäft seinen ruhigen Verlauf beibehalten. Auch in Puddelroheisen macht sich augenblick⸗- lich eine rege Nachfrage für die beiden ersten Quartale des folgenden Jahres bemerkbar; es liegen bereits Aufträge bis Mitte Januar vor. Es scheint unter diesen Umständen, zumal die Koks⸗ und Eisenstein⸗
zu fördern, wirksam zu unterstützen vermag. In dieser Beziehung
Kartells. Ueber das letztere äußert sich Freiherr von Friesen wie folgt: „Das Kartell hat bewiesen, daß der große staatserhaltende
enthalten die Handelskammerberichte über das letzte Jahr
preise fortwährend steigen, sehr wahrscheinlich, daß auch Puddel⸗ roheisen in hster Zeit 8 die Höhe gehen wird. Die
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