1888 / 295 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 22 Dec 1888 18:00:01 GMT) scan diff

. nur für die Zukunft belasten und beim Vorkommen olcher der Betriebsunternehmer des nicht angemeldeten Be⸗ triebes nicht nur zur Tragung der durch seinen Betrieb ver⸗ anlaßten Lasten bei der Umlage des Jahres, son⸗ we. auch zu den Lasten des Vorjahres mit herangezogen wird.

Die Bervollmächtigten zum Bundesrath, Königlich sächsische Geheime Räthe Held und Böttcher, sind von hier wieder abgereist.

Die Bevollmächtigten zum Bundesrath, Fürstlich schaum⸗ burg⸗lippischer Spring und Bürgermeister der freien und Hansestad in Berlin angekommen.

Der hiesige französische Botschafter, Jules Herbette, ist nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Bot⸗ schaft wieder übernommen.

Sarß r seines Hohen Chefs, Sr. Kaiser⸗ lichen Hoheit des Großfürsten⸗Thronfolgers von Rußland, ist eine Deputation des 1. Westfälischen usaren⸗Regiments Nr. 8, bestehend aus dem Regiments⸗ ommandeur, Obersten von Szczytnicki, dem Rittmeister und Escadron⸗Chef, Edlen von Graeve und dem Premier⸗Lieutenant Becker von Paderborn hier angekommen.

Das Schulgeschwader, bestehend aus S. M. Kreuzer⸗Fregatten „Stosch“ (Flaggschiff), „Charlotte“, „Gneisenau“ und „Moltke“, Geschwader⸗Chef Contre⸗ Admiral Hollmann, ist am 19. November cr. in Fiume einge⸗ troffen und beabsichtigt, am 23. desselben Monats wieder in See zu gehen.

(Dr. J.)

Sachsen. Dresden, 22. November. Der König und die Königin sind heute früh von Schloß Sibyllenort in der Königlichen Villa zu Strehlen wieder eingetroffen.

Württemberg. Stuttgart, 20. November. (W. T. B.) Die Kammer der Abgeordneten ist heute von dem Prä⸗ sidenten von Hohl mit einer Rede eröffnet worden, in welcher er dem Wunsche Ausdruck gab, daß das deutsche Vater⸗ land auch unter der Regierung des Kaisers Wilhelm glücklichen Zeiten entgegengehen möge. „Die schönen Tage des Besuchs des Kaisers und die e Kunde von dem Wohl⸗ befinden des geliebten Königs führten“, so äußerte der Redner, „das Jahr, nach dessen Beginn das Geschick schwer auf uns gelastet, zu einem freundlichen und hoffnungsvollen Abschluß.“

(St.⸗A. f. W.) Die Kammer wird morgen mit der Berathung des Gesetzes über die Krankenpflege⸗Ver⸗ sicherung beginnen.

Mecklenburg⸗Schwerin. Schwerin, 21. November. Hns B.) Der Landtag ist heute in Malchin eröffnet worden.

Oldenburg. Oldenburg, 20. November. Die Landes⸗ synode ist heute durch den Minister Flor mit folgender Rede eröffnet worden: 4

„Meine Herren Synodalen!

Se. Königliche Hoheit der Großherzog haben mir den ehren⸗ vollen Auftrag zu ertheilen geruht, Sie, meine Herren Spnodalen, beim Beginn Ihrer Arbeit freundlichft willkommen zu heißen und die 16. Landessynode in Höchstihrem Namen zu eröffnen

Von den GEreignissen, welche unsere Landeskirche in der jetzt zu Ende gehenden Synodalperiode bewegt haben, ist vor Allem des schmerzlichen Verlustes zu gedenken, welchen der deutsche Protestan⸗ tismus durch den Tod zweier seiner erlauchtesten und mächtigsten Vertreter erlitten hat: Se. Majestät der Deutsche Kaiser Wilhelm ist nach einem Gottgesegneten Lebensabend von weltgeschichtlicher Bedeutung im hohen Alter abberufen worden, und schon wenige Monate später hat Se. Majestät der Deutsche Kaiser Friedrich nach langen, mit heldenhafter Geduld und christlicher Ergebung ertragenen schweren Leiden nach Gottes unerforschlichem Rathschluß seinem Hochseligen Vater im Tode folgen müssen. Die oldenburgische Landeskirche hat zusammen mit ganz Deutschland an dem Sarge dieser beiden so innig verehrten Kaiser getrauert und durch Anordnung von Trauer⸗ gottesdiensten in allen Gemeinden des Landes ihrer tiefen Theilnahme auch äußerlich Ausdruck gegeben.

Die Zahl der vakanten Pfarrstellen unseres Landes ist augen⸗ blicklich eine größere als vor drei Jahren: der Tod hat manche schmerzliche Lücke unter unserer Geistlichkeit verursacht, vorgerücktes Alter und körperliches Leiden haben mehrere Emeritirungen noth⸗ wendig erscheinen lassen und leider hat auch in zwei Fällen durch dienstgerichtliches Urtheil auf Entfernung aus dem Amte erkannt werden müssen. Der Zudrang zum Studium der Theologie ist erfreulicher Weise im stetigen Wachsen begriffen und läßt mit Sicherheit erwarten, daß in absehbarer Zeit das Bedürfniß nach geist⸗ lichen Kräften voll gedeckt werden kann, sodaß wir die große Zahl der vorhandenen Vakanzen ohne Sorge betrachten können.

Die Vorlagen, mit welchen Sie, meine Herren Synodalen, sich zu beschäftigen haben werden, enthalten zwar keine gesetzlichen Be⸗ stimmungen von tiefeingreifender Bedeutung; dieselben werden Ihnen aber Gelegenheit geben, nach verschiedenen Richtungen hin zum Wohle der Landeskirche thätig zu werden; insbesondere werden Sie Ihr Interesse dem kirchlichen Bauwesen zuzuwenden haben und be⸗ rufen sein, bedürftigen Gemeinden unserer Landeskirche die Einrichtung ihres Kirchenwesens mit opferfreudiger Hand zu erleichtern und mit Rücksicht auf den günstigen Stand der Central⸗Pfarrkasse das Ein⸗ kommen der älteren Geistlichen auf gering dotirten Pfarrstellen zu verbessern. 8

„Und so gehen Sie denn, meine Herren Synodalen, mit Gottes Hülfe an die Erledigung Ihrer Aufgabe! Möge Ihre Thätigkeit unserer theueren Landeskirche Heil und Segen bringen!

Im Namen und im Auftrage Sr. Königlichen Hoheit des Groß⸗ herzogs erkläre ich die 16. Landessynode für eröffnet.“

Lippe. Detmold, 19. November. (Köln. Ztg.) Der Landtag des Fürstenthums Lippe ist auf den 13. Dezember einberufen worden. Derselbe wird sich zunächst mit dem Etat und mehreren minder wichtigen Vorlagen zu beschäftigen haben. Der Kabinets⸗Minister, Freiherr von Richthofen hat einen längeren Urlaub genommen und ist nach Italien gereist, wird also den Verhandlungen des Landtages nicht bei⸗ wohnen können.

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 20. (W. T. B. Der Wehrausschuß des Abgeordnetenhauses nahm die auf die Einjährig⸗Freiwilligen bezüglichen Para⸗ graphen 24 und 25 des neuen Wehrgesetzes unverändert

mit allen gegen eine Stimme an.

Die Abreise des Erzherzogs Franz Feensar von Este nach Berlin zur Theilnahme an den Hofjagden in Lelingen ist auf morgen Abend festgesetzt.

est, 21. November. (W. T. B.) Das Oberhaus nahm die Konversionsvorlage ohne Debatte an.

t Hamburg, Dr. Versmann, sind

und Irland. London, 20. November. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Oberhauses gab Lord Salisbury die Verschiedenheit seiner Erklä⸗ rung und derjenigen des Hrn. Goblet hinsichtlich des Durchsuchungsrechts der Schiffe an der ostafrikanischen Küste zu. Die englische Regierung habe geglaubt, ein fran⸗ zösisches Schiff werde an der Operation theilnehmen. Goblet habe dies dahin berichtigt, daß Frankreich nur Schiffe, die unter franzbsischer Flagge segeln, über⸗ wachen werde; diese Ueberwachung werde die England bereitete Schwierigkeit betreffs der Sklavenschiffe beendigen, da England mit allen übrigen Mächten Verträge habe. Lord Dunraven scheine das Memorandum des deutschen Botschaftssekretärs Leyden als eine Erklärung der Politik. Englands anzusehen, während das einzige Schriftstück, welches England binde, die von ihm (Salisbury) selbst unter⸗ eichnete Mittheilung des Auswärtigen Amts an den Böt⸗ schcfter⸗ Grafen Hatzfeldt, sei. Lord Dunraven übertreibe den Effekt des deutschen Memorandums, in welchem die Drohung einer militärischen Aktion nur aus Vorsicht angeführt sei; England sei nur verpflichtet, sich gewissen Flotten⸗ operationen anzuschließen; es bestehe nicht die geringste Absicht, sich an den militärischen Operationen zu betheiligen. Er habe gegen eine Unterbrechung jeder Kommunikation mit der Küste Einwand erhoben und die Versicherung erhalten, daß eine solche Absicht nicht vorhanden sei. Die ausgetauschten Noten beträfen nur das Verbot der Waffeneinfuhr und Sklavenausfuhr. England handle in Bezug auf die Blokade als Bundesgenosse des Sultans von Zanzibar gegen die rebellischen Sklavenhändler. Er glaube nicht, daß Frankreich den geringsten Zweifel hege über die Legalität der von England eingenommenen Stellung. Eine Meinungsverschiedenheit mit Frankreich sei nicht zu erwarten. Zwischen Deutschland und Frankreich sei betreffs dieser peration kein Gefühl der Feindseligkeit und keine Gefahr von Reibungen vorhanden. Frankreichs Interessen verlangten, die unbillige Benutzung französischer Papiere zum Miß⸗ brauch der französischen Flagge zu verhindern. Die englische Regierung glaube, daß eine separate Aktion des deutschen und des englischen Admirals beibehalten werden solle. Wenn beide Admirale bei irgendwelcher Operation derselben Ansicht sein sollten, so zögere er, den britischen Admiral durch absolutes Verbot zu binden, welches den Entschluß, unter Umständen nach eigener Diskretion zu handeln, verhindern könnte. Er lege dem Gedanken, daß Deutschland und England von Eingeborenen verwechselt würden, wenig Gewicht bei, hoffe aber, daß die Operationen in Englands Interessensphäre von britischen Kriegsschiffen geführt werden würden. Lord Dunraven sehe zu schwarz. Die jetzigen Operationen seien nur ein wirksameres Mittel gegen den Sklavenhandel, als was schon jahrelang gegen den⸗ selben unternommen worden sei. Daß man die aktive Hilfe einer so großen Macht wie Deutschland zur Unterdrückung des Sklavenhandels erlangen konnte, sei nicht zu unterschätzen. England sei dadurch in die beste Lage gebracht, seinem Bundes⸗ genossen, dem Sultan von Zanzibar, in der Sicherung seiner Unabhängigkeit beizustehen. Er glaube, daß Portugal, den

erhe e erheang gemäß, kooperiren werde. Im Unzerhause 8 ärte der Staatssekretär des Krieges, Stanhope: es seien egyptische Truppen von der Grenze zurückgezogen worden, um die Garnison von Suakim zu verstärken; es könnten daher 500 englische Soldaten zeitweilig nach Assuan gehen, um im Nothfall bei der Ver⸗ theidigung der Grenze die früheren Truppen zu unterstützen. Es sei nicht beabsichtigt, britische Truppen nach Suakim zu senden. Ferner theilte Stanhope mit: es seien mehrere tüchtige deutsche Arbeiter aus Solingen herangezogen worden, um englische Arbeiter in der Schmiedung von Hieb⸗ und Stoßwaffen u unterrichten. Die Kenntniß dieses Faches sei in England fast ganz ausgestorben. Die deutschen Arbeiter würden bald in ihre Heimath zurückkehren. Im Fortgange der Sitzung lehnte das Unterhaus das Amendement Gladstone's, betreffend die Rückstände der irischen Pachtzinsen, mit 330 gegen 246 Stimmen ab und nahm sodann die irische Pachtankaufsbill in erster Lesung an. .

Bei Beginn der heutigen Sitzung der Kommission in der Parnell'schen Angelegenheit richtete der Staats⸗ anwalt die Aufmerksamkeit des Gerichtshofes auf einen Artikel Kerry's im „Sentinel“ dessen Eigenthümer, Edmond Harrington, einer der Angeklagten sei. Dieser Artikel beschuldigt den Gerichtshof der Parteilichkeit und be⸗ zeichnet denselben als gefügiges Werkzeug der Regierung und als einen Mitverschwörer der „Times“. Auf Ersuchen des Advokaten Harrington's vertagte der Gerichtshof die Berathung der Angelegenheit auf morgen.

Nach aus Aukland heute hier eingetroffenen Nachrichten hat das englische Kriegsschiff „Hyacinth“ auf den Hervey⸗Inseln die englische Flagge gehißt.

Frankreich. Paris, 20. November. (W. T. B.) Deputirtenkammer. Bei der Berathung des Budgets für die Kolonien besprach der frühere General⸗Gouverneur von Indo⸗China, Constans, den in Rede stehenden Kredit von 15 Millionen für Tongking und wies nach, daß der Effektivbestand an Besatzungstruppen, der gegenwärtig die Höhe von 14 000 Mann aufweise, vermindert werden könne. Die Besatzung von Cochinchina fei unnütz. Die Besetzung der offenen Häfen würde für Anam und für Tongking aus⸗ reichen. Viele Posten könnten aufgehoben werden; darum könnte auch der Kredit von 15 Millionen reduzirt werden. Die Weiterberathung wurde alsdann auf Donner ia vertagt.

Der ehemalige Finanz⸗Minister Raynal übersandte an Numa Gilly einen Brief, in welchem er denselben um Er⸗ klärungen ersucht über die Angabe, daß 14 Mill. Francs an Mitglieder des Parlaments anläßlich der Uebereinkunft mit den Eisenbahngesellschaften vertheilt worden seien, und forderte ihn auf zu erklären, ob auch er darunter gemeint sei; widrigen⸗ falls würde er Fencha hete durch Waffen fordern. Raynal bestimmte zu Zeugen Jules Roche und Martin Feuillée, welche sich Vormittags zu Gilly begaben, der jedoch erst Abends aus Nimes zurückerwartet wird. In einem Duell zwischen Andrieux und Guyot, wegen eines Artikels des Letzteren in der „Lanterne“, wurde Andrieux leicht verwundet.

21. November. (W. T. B.) Boulangistischen Blättern sufolge fand gestern Abend, als Boulanger das enaissance⸗Theater verließ, eine öffentliche Kund⸗ ebung statt, in Folge deren, wie der „Intransigeant“ honzefüg mehrere Verhaftungen vorgenommen wurden. as für gestern Abend projektirte Meeting, in welchem

Italien. Rom, 20. November. (W. T. B.) Der

König und die Königin sind heute aus Monza hier ein⸗

getroffen.

Belgien. Brüssel, 20. Norember. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Repräsentantenkammer gab der en eine Uebersicht über die finanzielle

age, deren Ergebniß für die Jahre 1887/88 ein Ueber⸗ schuß von 14 Millionen sein werde.

Dänemark. Kopenhagen, 21. November. (W. T. B.) Der Großfürst⸗Thronfolger von Rußland hat heute früh via Gjedser die Rückreis 2. Die gesammte e b Familie gab demselben das Geleit nach dem

ahnhof. X

Zeitungsstimmen. I1““

ie „Wiesbadener Presse“ schreibt:

Zwei Momente vornehmlich treten aus den Berichten über die Anwesenheit des Kaisers in Breslau plastisch hervor. Das eine ist der große Fackelzug, den 14 000 Arbeiter der schlesischen Hauptstadt als Huldigung dem Kaiser brachten und im Anschluß daran der Empfang der Deputation durch den Kaiser, der am Freitag Abend erfolgte. Das andere Moment sind die Worte, welche der Kaiser wiederholt an den Ober⸗Bürgermeister von Breslau richtete und worin er seine Freude über den Wahlsieg der Kartellparteien gelegent⸗ lich der letzten Landtagswahlen in Breslau aussprach. 14 000 Arbeiter, die dem Kaiser und Könige huldigen! Es ist gefragt worden: wo bleiben da die Sozialdemokraten? Man muß bei der Be⸗ urtheilung der Stärke der Sozialdemokratie die bewußten Sozial⸗ demokraten von denjenigen Arbeitern auseinanderhalten, welche, indem sie für den Arbeiterkandidaten stimmen, doch himmelweit davon ent⸗ fernt sind, damit auf die bestehende Staatsordnung attentaten zu wollen. Sie stimmen für den Kandidaten, der ihnen als aus ihrem eigenen Kreise hervorgegangen, präsentirt wird, in der Annahme, daß derselbe ihre Bedürfnisse kennen, für ihre Interessen eintreten und ihre allgemeine Lage mit bessern helfen werde. Dieser Irrthum ist er⸗ klärlich bei Leuten, die vom frühen Morgen bis zum Abend arbeiten müssen, um sich und die Ihrigen zu erhalten und die weder Zeit noch Gelegenheit haben, sich über Politik, die Absichten der Regie⸗ rung und die Stellung der Parteien aus solchen Quellen zu in⸗ formiren, die allein eine vorurtheilslose Information gewähren könnten. Leute in behaglicherer Lebensstellung thun dies nicht einmal und beschränken sich darauf, die Belehrung hinzunehmen, die ihnen ihr Parteiblatt zu theil werden zu lassen für gut befindet. Allmählich wird aber doch die Erkenntniß davon auch immer tiefer in die Arbeiter⸗ schichten dringen, von welcher Seite sie eine positive Förderung ibrer Interessen, eine thatsächliche Besserung ihrer Lage erwarten können. Die Huldigung, welche die Breslauer Arbeiterschaft dem Kaiser dar⸗ gebracht hat, berechtigt zu dieser Erwartung. Der Kaiser wollte Anfangs keine Deputationen mit Rücksicht auf seinen kurzen Ausenthalt in der schlesischen Hauptstadt empfangen, da es nicht wohl an⸗ gängig erschien, hierbei eine Auswahl zu treffen. Nun ist da⸗ von abgewichen worden, und zwar zu Gunsten der Arbeiter⸗ deputation; hoffentlich werden sich die übrigen Kreise, die sich um die Ehre bewarben, den Kaiser begrüßen zu dürfen, nicht verletzt fühlen und die hohe Bedeutung erkennen, die gerade dem Empfange der Arbeiterdeputation in Rücksicht auf den sozialen Frieden bei⸗ wohnte. Der Kaiser ist den Arbeitern, die ihn Namens ihrer Ge⸗ nossen begrüßten, persönlich gegenübergetreten und hat ihnen die Hände geschüttelt. Wohl der Arbeiter am Herzen liege. Die Arbeiter Breslaus seien die ersten gewesen, welche dies erkannt und ihrer Treue Ausdruck ge⸗ geben hätten. Er sei überzeugt, daß sie ihre Treue jederzeit bethä⸗ tigen würden. Er hoffe und wünsche, daß das Beispiel der Arbeiter Schlesiens bei den Arbeitern in allen Theilen der Monarchie Nach⸗ ahmung fände.

Der „Hamburgischen Börsen⸗Halle“ wird aus Berlin geschrieben:

Die Thätigkeit in den Fabriken nimmt augenblicklich fast überall regelmäßigen Verlauf ein Fortschritt gegen frühere Jahre, wo wir stets um diese Zeit eine Abschwächung zu verzeichnen hatten. Die Industrie ist für den laufenden Bedarf beschäftigt, die Fabrikanten besitzen umfangreiche Frübjahrsaufträge aus erster Hand. Der über⸗ seeische Export giebt vielen Betrieben Veranlassung, ohne Unter⸗ brechung weiter zu arbeiten. Unser überseeischer Export hat eine Ver⸗ schiebung erfahren; waren cs in früheren Jahren die nordamerika⸗ nischen Staaten, die uns vornehmlich mit Ordres belegten, so treten diese diesmal gegen andere Länder zurück. Die heimische Industrie hat in Folge großer südamerikanischer Bestellungen für Argentinien, Brasilien, Peru und Mexiko ziemlich viel zu thun. Die Beliebtheit unserer Fabrikate scheint auf den asiatischen Märkten wieder zuzu⸗ nehmen: für Shanghai und Yokohama erhielten einzelne Industrie⸗ distrikte erhebliche Bestellungen und sind auch für Australien mehr beschäftigt, als im Vorjahre. In Europa nehmen wir an der Ver⸗ sorgung der Levante, der Donau⸗Fürstenthümer jetzt wieder regeren Antheil als früher. Viele unserer Industriellen hatten es für gut befunden, in Folge der russischen Kreditverhältnisse sich von den dortigen Märkten zurückzuziehen; die letzteren haben sich zwar noch nicht erheblich gebessert, aber man hat einen anderen Absatzmodus für diese Länder eingeschlagen, der sich vortheilhafter, als die früheren erweist. Man verläßt sich nicht mehr auf die in den verschiedenen Donauländern anfässigen fremden Agenten, sondern hat an verschiedenen großen Plätzen selbst Waarenniederlagen errichtet, von denen sich die Kunden direkt versorgen, über die man dadurch eine bessere Kontrole ausüben kann, als dies von der Ferne aus möglich ist. Es sind ferner aus Spanien belangreiche Bestellungen eingegangen, und zwar theils durch Reisende, welche dorthin entsandt wurden, theils durch dortige Importeure, welche die deutschen Industrieplätze besuchten. Es war nie recht gelungen, den französischen industriellen Einfluß in Spanien zu verdrängen, derselbe war nur vor Jahren eingeengt worden. Wenn man nach den neueren Resultaten urtheilen soll, scheint es fast, als wenn wir wieder einen Vorsprung genommen hätten, denn es liegen gegen das Vorjahr vergrößerte spanische Auf⸗ träge vor. Die deutschen Reisenden, die aus Italien zurückgekehrt sind, und welche sich dort befanden, um Frühjahrsaufträge aufzuneh⸗ men, klagen über das Geschäft; die Bestellungen sind kleiner aus⸗ gefallen als sonst, manche Artikel konnten garnicht mehr abgesetzt werden, weil die Industrie in Italien in den letzten Jahren sehr erstarkt ist, namentlich verschiede e Textilwaare, Tuche, Buckoskins haben Einbuße im Absatz erlitten.

Das inländische Geschäft beschäftigt die Fabriken in ziemlich leb⸗ hafter Weise; es liegen allerdings nur wenig Aufträge vor, die sofort zu effektuiren wären, die Grossisten, unsere großen Konsumenten haben aber für das Frühjahr in größerem Umfange disponirt, als in den letzten Jahren. Das Wintergeschäft vollzog sich fast überall in nicht unbefrie⸗ digender Weise; aus diesem Grunde ist man mit größeren Neuanschaffun⸗ gen hervorgetreten, wie denn überhaupt noch ein anderer Faktor sehr viel zur Hebung der geschäftlichen Lage beiträgt: Die feste Tendenz, welche die meisten Rohmaterialien beherrscht, wirkt belebend auf das Geschäft und läßt die Zurückhaltung aufgeben, die viele große Käufer beobachtet haben. Der Detailhandel war in letzter Zeit ziemlich lebhaft, er scheint jetzt etwas nachgelassen zu haben, nachdem die Be⸗ dürfnisse, die Herbst und Winter erfordern, gedeckt worden sind. Von dem Einflusse des Weihnachtsverkehrs ist noch wenig zu merken. Die letzten Posten brachten einige größere Aufträge für Argentinien, Uruguay, Brasilien und Chile; ebenso sind japanische Aufträge ein⸗ gegangen. Hauptsächlich bestellt wurden: Metallwaaren, Eisen⸗ und

Gilly den Vorsitz führen sollte, wurde vertagt, weil Gilly noch nicht von Nimes zurückgekehrt waur. 3

Stahldraht, Konfektions⸗, Putzwaaren, Strumpfwaaren, Möbel,

Zahre.

mit Aufträgen

Er hat ihnen persönlich gesagt, daß ihm das

8 Sachen anhängig. 9 darunter 523 242 kontradikrorische. Endurtheile wurden 370 091 gefällt (in gewöhnlichen Prozessen 305 724, Urkunden⸗ und Wechselprozessen

Papierwaaren, Porzellanwaaren, Nähmaschinen, Pianit Kurzwaaren, Spielwaaren.

Nach vorliegenden Berichten aus dem Inlande haben die Eisen⸗ jeßereien vollauf zu thun, Lokomotiven⸗, Maschinen⸗ und Wagen⸗ uanstalten stellen überall neue Arbeiter ein, da sie große Aufträge . Man arbeitet in der Kupfer⸗, Messing⸗ und Lampenfabri⸗ kation schon seit Monaten ziemlich flott. Der Bedarf nach Bronze⸗ artikeln hat sich etwas gehoben. Die chemische Industrie bezeichnet Geschäftsgang als einen seit Monaten ununterbrochen lebhaften, der die allerdings immer noch herrschende 1 macht, als im vorigen 1 sich jetzt der Saisonübergang bemerkbar, der stets eine Ahschwächung des Ver⸗ kehrs bedingt, doch sind Tuch⸗, Kleiderstoff⸗, Möbelstofffabriken in ziemlich befriedigender Weise versehen. Die Strumpfwaarenfabrikation hat sich ganz bedeutend auch die Handschuhfabrikation scheint einer langsamen Aufbesserung entgegen⸗ zugehen; dagegen liegen Seiden⸗ und Sammetwaaren immer noch matt. Für Leinenwaaren besteht regelmäßige, gegen das Vorjahr ge⸗ besserte Nachfrage; die Baumwollwaarenfabriken baben jetzt sämmtlich langlaufende Kontrakte. Die Beschäftigung der Lederindustrie hat sich ebenso wie diejenige der Portefeuillewaaren⸗Fabrikation in letzter Zeit wieder gehoben. Dagegen geht das Geschäft in der Möbelfabrikation noch immer nicht lebhaft genug. Mechanische und optische Instru⸗ mente sind reichlich gefragt. Die elektrotechnische Fabrikation ist, wie das bei den Fortschritten, die dieselbe fast täglich macht, nicht anders zu erwarten, in lebhaftem Aufschwung begriffen. In den⸗ jenigen Geschäftszweigen, die hier nicht besonders aufgeführt sind, hat eine Bewegung, die sich von der normalen unterscheidet, nicht stattgefunden. Die Preise sind fast überall noch ziemlich ge⸗ drückte; trotz erhöhter Beschäftigung, trotz Steigerung der Roh⸗ materialienpreise bleibt es überaus schwierig, das fertige Fabrikat in die Höbe zu bringen; darüber herrscht nur eine Stimme. Wir lauben, daß der Widerstand, welcher dem Steigen der Industrie⸗ Frzengnisse entgegengesetzt wird, weniger von den Konsumenten oder den Grossisten ausgeht, als die Schuld der Fabrikanten ist, welche oft in kaum zu verstebender Weise sich gegenseitig in den Preisen unterbieten, um die Aufträge zu erhalten. In vielen Fabrikations⸗ branchen gebt man allerdings jetzt damit um, durch gemeinsame Preisfestsetzungen den steigenden Herstellungskosten Rechnung zu tragen.

Die „Leipziger Zeitung“ sagt:

Nach amtlicher Mittheilung aus Alexandria werden Seiden⸗ sammete hauptsächlich aus Frankreich bezogen, während Baumwoll⸗ sammete vorzugsweise Deutschland liefert. In diesem Artikel hat Deutschland den englischen Wettbewerb fast ganz verdrängt, da es in der Anfertigung desselben große Fortschritte gemacht hat. So sind namentlich Vorzüge der deutschen Waare der der Seide ähnliche Glanz und die Widerstandsfähigkeit gegen das Aueflocken durch längeres Lagern, Eigenschaften, die das englische Erzeugniß nicht besitzt, die sich indeß der böhmische Fabrikant heute auch schon zu eigen gemacht hat. Im Allgemeinen ist das Geschäft ein lohnendes; nur wäre es zu empfehlen, daß der Fabrikant die Einführung am Platze durch

kleine Verkaufslager bei seinem Vertreter unterstützte.

Statistische Nachrichten.

Nach der im „Just.⸗Min.⸗Blatt“ veröffentlichten Uebersicht über die Geschäftsthätigkeit der preußischen und wal⸗ deckschen Justizbehörden 1887 betrug die Zahl der Beamten in etatsmäßigen Stellen der Amtsgerichte: 2536 Richter, 97 Ren⸗ danten, 3075 Gerichtsschreiber (inkl. 220 Dolmetscher), 220 Gerichts⸗ schreibergehülfen (inkl. 115 Dolmetscher), desgl. 605 diätarische (inkl. 45 Dolmetscher), 14 Kalkulatoren, 18 Kanzlisten, 8 Kanzleidiätare, 1903 Kastellane und Gerichtsdiener, 77 ständige Hülfsgerichtsdiener. Im Amtsgerichtsbezirk wohnten 1561 Notare. Die Zahl der Gerichts⸗ vollzieher 8 Feaschla 8 Hülfsgerichtsvollzieher betrug 1527 darunter 34 kraft Auftrags).

8 An Civilsachen waren bei den Amtsgerichten 2 375 811 Mündliche Verhandlungen fanden 1 043 232 statt,

63 524, Arresten und einstweiligen Verfügungen 133, in anderen Ange⸗ legenbeiten 660). Sühnesachen mit Ausnahme der Ehesachen kamen 1094 vor, Vergleiche wurden 1074 aufgenommen. Mahngesuche wurden 33 091 zurückgewiesen, Zahlungsbefehle 1 260 794 erlassen. An Entmündigungssachen waren 3911 anhängig, unerledigt blieben 709. Konkurse waren 5436 anhängig, darunter 2491 überjährig, davon wurden 2920 beendet, davon 813 durch Zwangs⸗ vergleich. An Vormundschaften und Pflegschaften waren 1 426 522 anhängig, 130 344 wurden beendet. Handelsfirmen waren am Jahres⸗ schluß 1886 eingetragen 111 582. Im Jahre 1887 kamen hinzu 7269, wurden gelöscht 8269, blieben Bestand 110 616. Prokuren 17 447 (+ 1899 1857) = 17 489. Handelsgesellschaften 25 118 (+ 2575 2616) = 25 077. Genossenschaften 2296 (+ 275 79) = 2492. Waarenzeichen 5436 (+ 626 560) = 5502. Muster 41 463 (+ 12 285 10 149) = 43 599 8 8 In Grundbuchsachen nach der Grundbuchordnung vom 5. Mai 1872 wurden Einschreibungsverfügungen erlassen 1 076 628. Die Zahl der Blätter (Artikel), auf denen der Erwerb des Eigenthums an Grundstücken eingeschrieben ist, betrug 304 014, übertragene Grund⸗ stücke 432 782, übertragene Posten 198 662, sonstige Eintragungen und zwar: einmalige 512 415, mehrfache 129 378, Löschungen 619 455, Blätter (Artikel), auf denen Eintragungen behufs der Zurückführung auf die Steuerbuͤcher bewirkt sind, 200 069. 3 In Strafsachen waren anhängig 216 219 Strafbefehle in Forfidiebstahlssachen, 68 125 Privatklagesachen, 114 407 Strafbefehle (ohne Forstdiebstahlssachen), 205 995 Anklagesachen wegen Vergehen, 179 614 wegen Uebertretungen, 3929 Voruntersuchungen, 287 874 einzelne richterliche Anordnungen. Die Schöffengerichte hielten 38 272 Sitzungen und fällten 305 452 Urtheile, die Amtsgerichte 52 310 Urtheile. Verurtheilt wurden 359 915 Personen, davon 305 217 durch die Schöffengerichte. bcfe Rechtshülfesachen wurden 322 300 Gesuche an das Amtsgericht und 36 726 an die Gerichtsschreiberei gestellt. 1 Landgerichte. Abschnitt I. Zahl der Beamten, etatsmäßig gewährte Stellen: 1) Bei den Landgerichten: Präsidenten „92, Direktoren 183, Richter 860, Rechnungs⸗Revisoren 93, Gerichtsschreiber 400 (darunter Dolmetscher 36), etatsmäßige Gerichtsschreibergehülfen 140 (darunter Dolmetscher 15), diätarische Gerichtsschreibergehülfen 67 (darunter Dolmetscher 2), Kanzlisten 267, Kanzleidiäͤtare 127, Gerichtsdiener und Kastellane 428, ständige Hülfsgerichtsdiener 34; 2) bei den Staatsanwaltschaften: Erste Staatsanwälte 92, Staats⸗ anwälte 164, Sekretäre 204, etatsmäßige Alsistenten 86, diätarische Assistenten 43, Kanzlisten 8 Kanzleidiätare 39, Gerichtsdiener 36, tändige Hülfsgerichtsdiener 14. ““ 1 88 ern Rechtsstreitigkeiten waren anhängig in erster Instanz 56 437 gewöhnliche Prozesse, 9939 Urkundenprozesse, 18 700 Wechselprozesse, 5628 Ehescheidungen u. s. w., vor den Kammern für Handelssachen 9842 gewöhnliche Prozesse, 12 636 Urkunden⸗ (12 567 Wechsel⸗) Prozesse; in der Berufungsinstanz 24 674 ge⸗ wöhnliche, 166 Urkunden⸗ (154 Wechsel⸗) Prozesse. Mündliche Ver⸗ handlungen fanden statt in erster Instanz vor den Civilkammern 117 047, vor den Kammern für Handelssachen 26 784, in der Be⸗ rufungsinstanz 3869, in der Beschwerde⸗Instanz 145. An Beschwerden in Civilsachen wurden 16 110 anhängig. 3 In Strafsachen wurden 59 413 Anträge von der Staats⸗ anwaltschaft ohne Weiteres zurückgewiesen und 26 577 an die zustän⸗ digen Behörden abgegeben. Vorverfahren fanden 349 695 statt, dar⸗ unter 15 775 Vorunkersuchungen, Hauptverfahren erster Instanz vor den Schwurgerichten 3640, vor den Strafkammern 19 555 wegen Verbrechen und 26 864 wegen Vergehen. Die Schwurgerichte fällten 3178 Urtheile (3204 Personen verurtheilende, 1244 P. freisprechende), die Strafkammer in erster Instanz 39 627 (55 803 P.

9206 P. freisprechende, 17 347 wegen Verbrechen, 22 280 wegen Ver⸗ 8921 der Berufungsinstanz 30 836 (12 198 auf Aufhebung des ersten Urtheils, 18 638 auf Verwerfung der Berufung). Ober⸗Landesgerichte. Etatsmäßig gewährte Stellen: 1) bei den Ober⸗Landesgerichten: Präsidenten 13, Senats⸗Präsidenten 37, Ober⸗Landesgerichts⸗Räthe 235, Rechnungs⸗Revisoren und Justiz⸗ Hauptkassen⸗Rendanten 26, Gerichtsschreiber und Gerichtsschreiber⸗ gehülfen 245, Kanzlisten 56, ständige Hülfsarbeiter im Bureau⸗ und Kanzleidienst 29, Gerichtsdiener und Kastellane 77; 2) bei der Staatsanwaltschaft: Ober⸗Staatsanwälte 13, Staatsanwälte 11, Sekretäre 16, Assistenten 9, Kanzlisten 14, Kanzleidiätare 1, Ge⸗ richtsdiener 14. Zahl der Referendare bei den Ober⸗Landesgerichten und im Bezirk derselben 3426. 1““ Civilsachen. Bürgerliche Rechtsstreitigkeitenin der Berufungsinstanz: 10 491 Sachen (9821 gewöhnliche Prozesse, 159 Urkunden⸗ (132 Wechsel⸗) Prozesse, 511 Entmündigungen. Münd⸗ liche Verhandlungen fanden 17 627 statt. Strafsachen: Revisionen gegen Urtheile in erster Instanz 14, desgleichen in der Berufungsinstanz 2143, Beschwerden in Straf⸗ sachen 2275, Berufungen in Rheinschiffahrtssachen 2. Die Staats⸗ anwaltschaft wies 1118 Anträge und Anzeigen ohne Weiteres zurück und 1668 an die zuständige Behörde. 2 8 Sachen nichtstreitiger Gerichtsbarkeit erster Instanz waren anhängig: 344 Lehns⸗, 929 Fideicommiß⸗, 137 Stiftungs⸗ und 25 Vormundschafts⸗ und Pflegschaftssachen. Die Gesammtzahl der Beschwerden betrug 3894.

Statistische Mittheilungen über das Großherzog⸗ thum Baden. Jahrgang 1888. Band VI. Nr. Z enthält: Die landwirthschaftlichen Anbauflächen und die Ernte des Jahres 1887. Nr. 4 enthält: Die Viehzählung vom 3. Dezember 1887. Die Farrenhaltung im Jahre 1887. Die Viehseuchen im Jahre 1887. Die jugendlichen Fabrikarbeiter im Jahre 1887. Jagd“⸗ und Fischerkarten im Jahre 1887.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Von den „Annalen des Deutschen Reichs“, beraus⸗ gegeben von Dr. Georg Hirth und Dr. Max Seydel (München und Leipzig), sind die Hefte 10/12 (1888) erschienen und damit der Band abgeschlossen worden. Im Jahrgang 1887 der „Annalen⸗“ S 309 398 und S. 805 957 hat der Verfasser unter dem Titel „Deutsches Kolonialstaatsrecht mit Berücksichtigung des internatio⸗ nalen Kolonialrechts und des Kolonialstaatsrechts anderer europäischer Staaten“ eine Abhandlungs veröffentlicht, in welcher er zunächst den Begriff der Kolonien im Sinne des öffentlichen Rechts darlegte, die Erwerbung und Gründung von Kolonien überhaupt erörterte und einen Ueberblick über das Kolonialstaatsrecht von England, Frankreich und den Niederlanden gegeben hatte. Im Anschluß daran war sodann die Gründung und Erwerbung der deutschen Schutzgebiete unter recht⸗ licher Würdigung der auf die einzelnen Schutzgebiete bezüglichen Rechtsakte besprochen, ferner die Stellung der deutschen Schutzgebiete im Sinne des Staatsrechts und des Völkerrechts erörtert, endlich die Verfassung und die Verwaltung derselben dargestellt worden. Die ersten Hefte der in Kürze erscheinenden „Annalen des Deutschen Reichs“ pro 1889 werden eine durchaus neue Bearbeitung dieser großen Abhandlung bringen. 1 b 1

Im Verlage von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig erschien für den Weihnachtstisch: „Sang und Klang, ein Hausschatz deutscher Lyrik“. (Preis: broschirt 5 ½ ℳ; sehr elegant in Satin gebunden 7 ℳ). Diese Anthologie schließt sich an das bereits in zwei starken Auflagen erschienene „Altmodische Liederbuch-: „Als der Großvater die Großmutter nahm“ an und bildet die Fortsetzung zu einer seit Jahren vorbereiteten „Hausbibliothek der deutschen poetischen Literatur“. Während dort die Klange einer fast vergessenen Zeit, eines Gemüths⸗ lebens, von dem der moderne Geist sich nur zu sehr entfernt hat, wieder wachgerufen werden, soll diese Sammlung das Schönste der lvrischen Dichtung in klassischer Form darbieten. Hier wird eine Auswahl geboten, welche die Perlen der deutschen lvrischen Dichtung in solchem Umfange vereinigt, daß sie in der That als Muster⸗ fammlung gelten und als solche bleibenden Werth behalten kann. Es soll wieder ein Buch sein für Jung und Alt, zu edelster Ergötzung und Erhebung. Auch in der Ausstattung hat die Verlags⸗ handlung Hervorragendes geleistet. Die Einbände sind nicht aus dem üblichen, schlecht haltbaren Calico, sondern aus dauerhaftem Satin hergestellt und Vorderseite, Rücken sowie Rückseite gleich elegant verziert. „Sang und Klang“ ist jedenfalls eine recht passende, schöne Gabe für den Weihnachtstisch.

Im Verlage der Aschendorff'schen Buchhandlung in Münster i. Westf, ist erschienen: „Leitsterne auf dem Lebenspfad“. Zweitausend Aussprüche neuerer deutscher Dichter für Geist und Herz. Mit vielen Originalbeiträten lebender deutscher Dichter. Gesammelt und herausgegeben von Heinrich Keiter. Mit Widmungsblatt und 4 Vollbildern in Farbendruck. (Preis: ungebunden 5 ℳ, in hoch⸗ elegantem Originaleinband mit Goldschnitt 7 ℳ) Das Buch enthält einen außerordentlichen Reichthum gut ausgewählter Sentenzen deutscher Dichter über alle Gegenstände, welche des Menschen Geist und Gemüth zu berühren vermögzen. Was die Sammlung besonders auszeichnet, sind eine große Anzahl ungedruckter Originalbeiträge hervorragender lebender Dichter, sowie der Umstand, daß hier zum ersten Mal auch die katholischen Dichter in ausgiebiger Weise benutzt sind. Der umfang⸗ reiche Stoff ist in sehr übersichtlicher Weise mit Zugabe eines alpha⸗ betischen Inhaltsverzeichnisses geordnet. Die Ausstattung ist eine durchaus vornehme und des gediegenen Inhalts würdige. Somit können die „Leitsterne“ 8. eines der besten Weihnachtsgeschenke, auch für die reifere Jugend, bezeichnet werden. 8

8 6“ „Damenkalender“ (Berlin NW., A. Haack) bietet den Damen in seinem 15. Jahrgange einen zierlichen und zugleich praktischen Jahresbegleiter, für den Frau Villamaria einen spannenden novellistischen Beitrag, „Ohne Inschrift“ betitelt, geliefert hat. Der⸗ selbe giebt das ergreifende Seelengemälde einer überreich begabten rau, die in dem Bemühen, dieser Begabung auch äußerlich die

Fran. Stellung zu erringen, tragisch zu Grunde geht. Der Kalender bringt auch ein photographisches Titelbild zu dieser Erzählung und ist im Uebrigen so praktisch eingerichtet und so sauber ausgestattet wie in den früheren Jahrgängen. Ein praktischer Comptoirkalender mit Notizen, ein kleiner Wand⸗ und Taschenkalender sowie ein kleiner Portemonnaiekalender in sauberem Ledereinbande mit Goldschnitt und Messingecken sind in demselben Verlage erschienen.

Von der Buch⸗ und Antiquariatsbandlung von Karl Siegis⸗ mund in Berlin W., Mauerstr. 68, geht uns soeben ein illustrirter literarischer Jahresbericht und Weihnachtskatalog zu⸗ ein sehr willkommener Wegweiser für alle Literatur⸗Freunde. Der Jahresbericht bringt, außer einer Weihnachtserzählung von H. Seidel, nicht nur in praktischer Anordnung eine Uebersicht aller besseren literarischen Erscheinungen, sondern auch kurze treffende Besprechungen der einzelnen Werke von befähigten Kritikern, wie: Professor C. Gehlert, Dr. E. Lehmann, Dr. Reimann, Dr. Ad. Rosenberg, Professor O. Seemann und Dr. Karl Heinemann. Außerdem bietet der Jahresbericht eine Anzahl Probe⸗Illustrationen, welche die Durchsicht des Katalogs zu beiner recht unterhaltenden machen. Wir erwähnen schließlich noch, daß alle in diesem Jahres⸗ bericht angekündigten Werke in der oben genannten Buchhandlung zu aben sind.

neueste Unterhaltungs⸗Nummer (46, 15. Jahrgangs) der „Illustrirten Frauen⸗Zeitung“ (Verlag von Franz Lipper⸗ beide, Berlin W., Potsdamerstr. 38) bringt eine Novelle von Balduin Groller: „Die Last des Goldes“, sowie andere feuilletonistische Bei⸗ träge, wie „Rothhaar⸗Goldköpfchen“ von M. Busemann, „Frauen der Tropen“, eine Skizze aus dem gesellschaftlichen Leben Süd⸗Amerikas von Friedrich J. Pajeken, „Zur Todtenfeier“ von Margarete Henke, und „Aus Roms jüngsten Kaisertagen“ (mit großem Holzschnitt), Dann folgen die z. Th. ebenfalls illustrirten Rubriken: Verschiedenes, Kunst⸗ ewerbliches, Aus der Frauenwelt, Die Mode, Handarbeiten, Wirth⸗

verurtheilende,

chaftliches, Briefmappe. Außer dem mit künstlerischem Geschmack ausgeführten kolorirte

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das 231. Blatt der neuen Folge, dar⸗

„Blätt ür Kostümkunde“ Blättern für Kostümkunde Was die Modenummern

stellend ein Mädchen aus Regensburg. Was 8 1 der „Illustrirten Frauenzeitung“ betrifft, so bieten die farbigen Modenbilder, zusammen mit der reichen Fülle an Toiletten in dem Blatte selbst, dem Geschmack der weitesten Kreise eine reiche Auswahl; die zahlreichen exakten Schnittmuster im Verein mit leicht⸗ faßlichen Beschreibungen ermöglichen auch der weniger geübten Hand die Selbstanfertigung der Garderobe. Das weite Gebiet der Hand⸗ arbeiten findet in der „Illustrirten Frauenzeitung“ wie in den als Beilagen erscheinenden Extrablättern und in den farbigen Stickmuster⸗ vorlagen eine eingehende Würdigung, während der Unterhaltung und Belehrung, wie die obige Inhaltsangabe einer solchen Nummer beweist, in dem reich illusttirten belletristischen Theil ihr Recht wird.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Milchwirthschaftliches Taschenbuch⸗für 1889. Heraus⸗ gegeben von Benno Martiny. Dreizehnter Jahrgang. Bremen, Druck und Verlag von M. Heinsius. (In Leinwand gebunden. Pr. 2,50 ℳ, in Leder gebunden 3 ℳ) Das Milchwirthschaftliche Taschenbuch hat die Aufgabe, jedem milchwirthschaftlichen Fachmanne in der Form eines Taschen⸗ und Schreibkalenders in allen Verhält⸗ nissen des Molkereigewerbes ein sammelnder, berathender und helfender Begleiter zu sein. Von den neuen Beiträgen des in der Ausgabe begriffenen 13. Jahrganges sind besonders hervorzuheben: Die Be⸗ rechnung der Butterausbeute, Die Abrechnung bei Genossenschaften, Die Bezahlung der Milch nach Fettgehalt, Der Bedarf an Lab, Die Ausfuhr von Pflanzennährstoffen in Erzeugnissen der Milchwirthschaft; ferner die Ausdehnung der Angaben von Einrichtungen zur Förderung des Molkereiwesens auch auf Schweden, Norwegen, Esthland, Livland und Canada, bei Deutschland die Aufnahme der Molkereiverbände unter diese Einrichtungen; endlich ein Verzeichniß der milchwirth⸗ schaftlichen Zeitschriften aller Länder. Diese Angaben über milchwirth⸗ schaftliche und milchwissenschaftliche Einrichtungen sind immer nach dem neuesten Stande festgestellt. Der Stoff ist übersichtlich ge⸗ ordnet und die Einrichtung des Taschenbuchs praktisch.

Sanitäts⸗, Veterinär⸗ und Quarantänewesen.

Niederlande.

Nach einer im „Nederlandsche Staatscourant“ veröffentlichten Verfügung des Königlich niederländischen Ministers des Innern vom 10. November 1888 wird unter Aufrechterhaltung der Verfügung vom 14. September d. J. („Reichs⸗Anzeiger⸗Nr. 243), durch welche der Hafen von Jacksonville für vom gelben Fieber verseucht er⸗ klärt ist, die Verfügung vom 22. Oktober 1887 („Reichs⸗Anzeiger“ Nr. 256) aufgehoben, so daß die übrigen Häfen des Staats Florida nicht mehr als vom gelben Fieber verseucht anzusehen sind.

Gewerbe und Handel.

In der ordentlichen Generalversammlung der Berliner Aktien⸗Gesellschaft für Eisengießerei und Maschinen⸗ fabrikation wurde mitgetheilt, daß das Geschäft fortschreitend in guter Entwickelung sich befindet. Die Versammlung genehmigte hier⸗ auf die Bilanz und das Gewinn. und Verlust⸗Conto sowie die Ver⸗ theilung einer Dividende von 9 ½ % und ertheilte dem Aufsichtsrath und Vorstand für das verflossene Jahr Decharge.

Die Rhein.⸗Westf. Ztg.“ berichtet vom rheinisch⸗ westfälischen Metallmarkt: Die Haltung des rheinisch⸗west⸗ fälischen Eisenmarktes war im Verlaufe der letzten Woche eine feste, wenn auch im Ganzen das Geschäft noch als still bezeichnet werden muß. Im Allgemeinen betrachtet, haben sich die Preise gar nicht oder nur wenig geändert und die Nachfrage hat sich in den bisherigen d. b. für die meisten Produkte bescheidenen Grenzen gehalten. In Rheinland⸗Westfalen ist das Erzgeschäft ungemein lebhaft und die Gruben sind kaum im Stande, dem an sie tretenden Bedarf zu ent⸗ sprechen. Die Preise für Siegerländer Erze haben sich seit den im letzten Berichte mitgetheilten Ziffern nicht geändert, haben jedoch durchaus feste Tendenz, um so mehr, als auch die spanischen Erze eher theurer als billiger werden Für Lothringer Minette sind die Preise an⸗ dauernd fest. In Roheisen ist die Kauflust im Ganzen und Großen noch nicht bedeutend, scheint jedoch in letzter Zeit zugenommen zu haben. Die Käufer werden schon durch die letzte Statistik des rheinisch⸗westfälischen Roheisenverbandes zu der Einsicht gekommen sein, daß Produktion und Absatz in richtigem Verhältniß stehen und auf eine Abschwächung der jetzigen Marktpreise nicht zu boffen ist. Bei der Festigkeit der Rohmaterialienpreise ist dies noch unwahrscheinlicher und für Puddelroheisen ist bereits das Gegentheil eingetreten, indem der rheinisch⸗westfälische Roheisenverband die Notirungen für Roheisen um 1 beraufgesetzt hat. In Spiegeleisen ist seit dem letzten Bericht eine Veränderung der Geschäftslage nicht eingetreten und auch die Preise sind unverändert geblieben. Thomaseisen ist anhal⸗ tend lebhaft gefragt; Bessemereisen ziemlich vernachlässigt. Gießerei⸗ roheisen findet in befriedigender Weise stetigen Absa und behauptet sich fest auf den bisherigen Preisen. In Stabeisen ist das Ge⸗ schäft noch immer kein befriedigendes zu nennen, auch im Inlande macht sich bereits der Wettbewerb der außerhalb des Walzwerksverbandes stehenden Werke fühlbar. Die Ausfuhr, welche sich allerdings stellenweise in geringem Maße belebt hat, läßt noch so gut wie Alles zu wünschen übrig. Wenn bei verschiedenen Werken bei flott eingehenden Spezi⸗ fikationen die vorliegenden Aufträge einen annähernd regelmäßigen Betrieb ermöglichen, so macht sich doch im Allgemeinen ein, wenn auch durchaus nicht dringendes Arbeitsbedürfniß fühlbar. Die Preise werden vom Verbande durchaus fest behauptet und die Steigerung der Puddelroheisenpreise dürfte diese Festigkeit eher vermehren. Die Bandeisenindustrie bietet in der letzten Zeit kein erfreuliches Bild, da sich eine ganze Reihe von Werken wegen Mangels an anderweitigen Aufträgen auf diesen Artikel geworfen und dadurch eine Ueberproduktion hervorgerufen haben. Daß die Preise eine weitere Abschwächung erfahren haben, ist unter den obwaltenden Verhältnissen kaum zu verwundern; Nachfrage und Absatz sind im Inlande schwach und für das Ausland natürlich noch in höberem Maße. Die Grobblechwalzwerke sind anhaltend in befriedigender Thätigkeit und behaupten ihre Preise an⸗ standslos. In Feinblechen hält die in letzter Zeit gemeldete lebhaftere Beschäftigung an; wesentliche Preisveränderungen sind nicht zu ver⸗ zeichnen. Das Walidrahtgeschäft liegt noch immer im Argen und die Preise sind bereits auf einem Niveau angekommen, wo ein weiteres Zurückgehen kaum noch möglich ist; dasselbe gilt auch für gezogene Drähte und Drahtstifte. Die Eisengießereien und Maschinenfabriken sind meist auskömmlich beschäftigt und auch die Bahnwagenfabriken baben befriedigende Thätigkeit aufzu⸗ weisen und seben einem neuen Zuwachs derselben für die nächste Zeit entgegen. Die Gelbgießereien leiden augenblicklich sehr unter den gegenwärtigen hohen Kupferpreisen, da die Notirungen der fertigen Waare in keinem Verhältniß zu denen der Rohmaterialien mehr stehen. Die Fabriken machen sich, trotzdem fast alle sehr gut be⸗ schäftigt sind, gegenseitig so scharfe Konkurrenz, daß Bronzeguß zu 1,80 per Kilo angeboten wird, wo Kupfer nicht unter 153 pro 100 kg zu erhalten ist und für Zinn 210 bezahlt wird.

Der Bericht des Vorstandes des Westfälischen Draht⸗ Industrie⸗Vereins zu Hamm für das Geschäftsjahr 1887/88 giebt in seinem Eingang eine ausführliche Darlegung der Gründe, aus denen der Verein sich an der geplanten Konvention der Drahtstiftsfabrikanten nicht betheiligen konnte. Weiter⸗ bin wird berichtet: In Riga wurde der Betrieb in bisheriger Weise, das heißt im Winter mit ganz wesentlicher Einschränkung, geführt; die Verkaufspreise erlitten zeitweise gegen alles Erwarten und trotz der hohen Preise der Rohmaterialien wieder kleine Ab⸗ schwächungen, bis im Frühjahr 1888 in Folge der lebhaften Nach⸗ frage mäßige Preiserhöhungen durchzusetzen waren. Die Voraussetzung, daß die russische Regierung der Genehmigung des Geschäftgbetriebes des Westfälischen Draht ⸗Industrie⸗Vereins keine (Schwierig⸗ keiten entgegenstellen würde, ist in vollem Maße eingetroffen. Seit dem 1. Oktober 1887 ruht jeglicher Betrieb in Dalsbruk wegen der

Modebilde enthält die Nummer noch von den

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Zollverhältnisse zwischen Rußland und Finnland. Der Betriebsgewinn

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