1888 / 299 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 29 Dec 1888 18:00:01 GMT) scan diff

denken, dessen ganzer Stolz das Bewußtsein ist, daß er Alles sich selbst verdankt. Die Zaghaftigkeit, welche dieser Mann aus dem Volke gegenüber seiner hochgeborenen Gattin bewahrt, die heiße Liebe zu ihr, der verzweifelnde Schmerz über den Verlust der angebeteten Frau, all diese Momente wußte er mit außerordentlicher Feindeit 2v die treffliche Maske, das absichtlich unbeholfene Spiel erhöhten den Eindruck. Fr. Niemann⸗ Raabe bot gleichfalls ihre ganze Meisterschaft auf, um der Titelrolle einen durchschlagenden Erfolg zu sichern. Im ersten Akt hbatte sie keine leichte Aufgabe: eine jugendliche Braut darzustellen wird ihr schon aus äußeren Gründen gewiß nicht leicht, aber sie wußte sich auch hier mit Geschick aus der Sache zu ziehen. Besser gelang ihr die Darstellung der jungen Hausfrau, am großartigsten aber war sie im vierten Akt im Hause des Grafen, als die empörte Weiblichkeit sich aufbäumt gegen die Ilffamie des früheren Geliebten. Der fünfte Akt bietet ihr wieder weniger Gelegenheit zu hervorragenden Leistungen. Fr. Nuscha⸗Butze lernten wir als tüchtige Charakterspielerin kennen, welche eine episodische Rolle mit großem Geschick gab. Der Elimar des Hrn. Stahl hielt sich in den richtigen Grenzen. Recht brav wurde die alte Mutter des Fabrikanten Hartwig von Fr. Baumeister gespielt. Auch die übrigen Mitwirkenden waren Jeder tüchtig am Platz. Das Publikum gab sich den Eindrücken der interessanten Aufführung voll und ganz hin und zeichnete die Darsteller durch lebhaften Beifall aus.

Berliner Theater. Das Wochen⸗Repertoire ist folgender⸗ maßen festgestellt: Montag, d. 26.: „Eva“ (Anfang 7 Uhr); Dienstag, d. 27.: „Demetrius“ (7 Uhr); Mittwoch, d. 28.: „Eva“ (7 Uhr); Donnerstag, d. 29.: „Der Probepfeil“ (7 Uhr); Freitag, d. 30. 1u““] „Medea“ (7 Uhr); Sonnabend, d. 1./12.: „Eva“

r).

Im Lessing⸗Theater kam gestern Abend Henrik Ibsen'’s „Nera“, ein Schauspiel in 3 Aufzügen, zur ersten Aufführung und fand bei dem vollbesetzten Hause in den beiden ersten Akten eine ziemlich freundliche Aarahree während der Schlußakt erkennbare, wenn auch nicht laute, gegen das Dichtwerk gerichtete Opposition fand. Die naturalistische Charakteristik, welche Ibsen pflegt, läßt bei den Zuschauern immer ein leicht erklärliches Mißbehagen entstehen; denn das abstoßend Widerliche, was in der Gesammtheit der gesellschaftlichen Erscheinungen glücklicherweise nur eine unter⸗ geordnete Bedeutung hat, auf der Bühne als das bedeutsamere und das Edle überwuchernde Element erscheinen zu sehen, kann die Aufgabe der Bühne, Seele und Gemüth zu erheben, unmöglich erfüllen. Wie Ibsen die Gesellschaft zeichnet, ist sie ein moralisches Krankenhaus, mit fatalistischer Ueber⸗ tragung des Krankheitsstoffes von einem Individuum auf das andere. Bei folcher Grundlage der Handlung entschwindet dem Zuschauer die Kraft des Mitleids selbst mit dem unverschuldeten Unglück, und bei der Vorliebe des Dichters, die Handlung sich scenisch in krassen Gegensätzen fortbewegen zu lassen, tritt ein Gefühl tiefen Unbehagens an seine Stelle, welches der eigenen Seelenqual entspringt. Von den Personen, die in dem Stück eine Rolle von Bedeutung spielen, ist die eine, Günther, eine bodenlos schlechte Natur; er scheut aus Selbstsucht vor keiner Infamie zurück und soll doch ursprünglich kein böser Charakter gewesen, sondern erst durch hartes Schicksal ge⸗ worden sein; ein anderer, der Advokat Helmer, erscheint als ein ein⸗ seitiger, selbstgefälliger Mann, der seine Frau gerade so lange liebt und vergöttert, als seine Selbstsucht nicht darunter leidet, dann aber beim 8 Anprall des Unglücks schmählich und schwächlich unterliegt; Nora, die Titelheldin, ist eine in vieler Bezieh 1S. - Figur, aber als Schlußresultat ihres Charakters bietet der Dichter dem Zuschauer nur ein ungelöstes Räthsel; verhältnißmäßig am klarsten und unge⸗ trübtesten treten die Gestalten der Frau Linden und des todtkranken Dr. Rank aus der Haupthandlung, in der sie eigentlich nur Neben⸗ rollen spielen, hervor. Der Inhalt der Handlung darf, von früheren Aufführungen im Residenz⸗Theater her, wohl als bekannt vorausgesetzt werden; es mag daher nur kurz noch auf die Darstellung hingewiesen werden, welche im Ganzen eine vortreffliche war. Frl. Lilli Petri gab die Titelrolle sehr sympathisch, mit natürlicher Lustigkeit,

das Unglück über sie kommt; allerdings wollte die Heldenbaftigkeit des letzten Akts zu der unbefangenen Fröhlichkeit des ersten Akts und den, einen beinahe kindlichen Charakter tragenden Angstausbrüchen der späteren Scenen nicht recht passen. Nora's Gatte, der Advokat elmer, wurde von Hrn. Stägemann in den ersten Akten recht ge⸗ chickt und einheitlich gegeben, doch stand ihm der Ausdruck wahrhafter Leidenschaft im letzten Akt nicht zu Gebote, so daß die Abschiedsscene zwischen ihm und Nora den Erfolg des Abends in beängstigender Weise beeinträchtigte. Die sehr unerfreuliche Rolle des Guͤnther gab Hr. Possart in maßvollen, feinen und scharfen Zügen; daß man die plötzliche Umkehr des herzlosen Schurken am chluß nicht recht begreift, ist nicht Schuld des Darstellers, sondern des Dichters. Frau Linden wurde von Fr. Ida Stägemann gewinnend und in Ton und Wesen verständig dargestellt und Hr. Vischer arbeitete die me⸗ lancholische Gestalt des Dr. Rank nicht nur in der Maske und in den Bewegungen äußerlich, sondern auch seinem innern Wesen nach vor⸗ trefflich heraus, so daß sie neben der Nora des Frl. Petri als die angenehmste Erinverung des Abends zurückbleibt. Die Inscenirung und dekorative Ausstattung waren wie gewöhnlich tadellos. Das Publikum lohnte übrigens die erfreulichen Leistungen der Darsteller mit lebhaftem Beifall. 4 8 Friedrich⸗Wilhelmstädtisches Theater. Die gestrige Auffüͤhrung des Offenbach'schen „Kakadu“ hatte dem Theater ein zahlreiches Publikum zugeführt. Morgen, Dienstag, geht wieder „Pariser Leben“ in Szene. Das Personal des Direktors Julius Fritzsche wird gegenwärtig durch die täglich statt⸗ findenden ausgedehnten Proben zu der bevorstehenden deutschen Auf⸗ führung des „Mikado“ außerordentlich in Anspruch genommen. Mit der musikalischen Einübung der Sullivan'schen Operette verbindet sich auch eine pantomimische für Solisten und Chor. Die charakteristischen Burlesk⸗Bewegungen, die Tanzschritte und das phantastische japanische gücherfpie aller Mitwirkenden werden vollständig balletmäßig ein⸗ tudirt. Die erste Aufführung ist zum 6. Dezember angezeigt. Belle⸗Alliance⸗Theater. Lange vor Beginn der Vor⸗ stellung des „Rattenfänger von Hameln“ mußte am Sonnabend Nach⸗ mittag die Kasse geschlossen werden, da das Theater total ausverkauft war und Hunderte im strömenden Regen wieder nach Hause zurückkehren mußten, ohne ihre und ihrer Kleinen Wünsche erfüllt zu sehen. In Folge dieses kolossalen Andranges findet daher auch am Mittwoch, den 28., achmittags 3 ½ Uhr, noch eine Kinder⸗Vorstellung des „Ratten⸗ fänger von Hameln“ zu bedeutend ermäßigten Preisen Sperrsitz und Parquet 1 ℳ, Eintritt 50 statt, und sind Billets zu dieser Vorstellung bereits jetzt an der Kasse zu haben. Morgen sindet die 300. Aufführung des beliebten Stücks statt. 1 Central⸗Theater. Die gestrige Sonntags⸗Aufführung der „Schmetterlinge“ brachte wieder ein bis auf den letzten Platz aus⸗ verkauftes Haus. Die beliebten „Wiener Schrammel'im“ treten am Mittwoch zum letzten Male auf. 1 8 Adolph⸗Ernst⸗Theater. „Die drei Grazien“ üben noch immer ihre Anziehungskraft aus; auch bei der gestrigen 106. Auf⸗ führung war das geräumige Theater bereits lange vor Beginn der Vorstellung ausverkauft. Direktor Ernst ist durch diesen anhaltenden Erfolg vorläufig aller Repertoiresorgen enthoben.

Mannigfaltiges.

Die Gesammtstrecke 7 Stück Rothwild, 189 Schaufler, 160 Sauen.

Hiervon entfallen auf die Sonderstrecken:

Sr. Majestät des Kaisers und Königs: 1 Rothhirsch, 1 Stück Rothwild, 34 Schaufler, 7 Stück Damwild und 56 Sauen;

Sr. Kaiserlichen Hoheit des Erzherzogs Franz Ferdinand von Oesterreich⸗Este: 2 Stück Rothwild, 11 Schaufler, 53 Stück Damwild und 41 Sauen; 8

Sr. Königlichen Hoheit des Herzogs von Aosta: 1 Rothhirsch, 16 Schaufler, 4 Stück Damwild und 14 Sauen;,

Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Frierich von Preußen: 8 Schaufler, 21 Stück Damwild und

Sauen; 8

Sr. Hoheit des Herzogs von Anhalt: 10 Schaufler, 17 Stück Damwild und 5 Sauen;

Sr. Hoheit des Herzogs Ernst Günther zu Schles⸗ wig⸗Holstein: 14 Schaufler, 18 Stück Damwild und 11 Sauen.

Geleitet ward die Jagd von dem Oberst⸗Jägermeister Fürsten von vleß dem Vize⸗Ober⸗Jägermeister Freiberrn von Heinze, dem Ober⸗ Forstmeister von Kalitsch und dem Forstmeister Hauschild.

beider Jagdtage ergab: 7 Rothhirsche, 4 4 8 Snüch Damwild und

Im Seminar für die orientalischen Sprachen werden im Laufe des Winters folgende Vorträge gehalten werden: 1) Die Stellung der Frauen in China im Hause und in der Gesellschaft von Hrn. Professor C. Arendt, Lehrer des Chinesischen am Seminar, am 1. Dezember. 2) Der Wald in Pegu, von Hrn. D. Brandis, Bonn, am 8. Dezember. 3) Ueber chinesisches Porzellan, von Hrn. Dr. F. Hirth, Shanghai, am 15. Dezember. 4) Ueber die Landwirthschaft in Japan und ihre Bedeutung für die Entwickelung des Landes, von Hrn. Dr. G. Liebscher, Pro⸗ fessor an der Universität in Jena, am 5. Januar 1889. 5) Ueber das Mutterrecht, von Hrn. Dr. J. Kohler, Professor an der Universität in Berlin, am 19. Januar. 6) Der egyptische Fellah unter europäischer Kultur, von Hrn. M. Eyth, Vorsitzenden der deutschen Landwirthschafts⸗Gesellschaft in Berlin, am 16. Februar. 7) Kultus und Hierarchie der Lamas, von Hrn. Dr. E. Pander, Professor an der Universität in Peking, am 23. Februar. 8) Die andelsbeziehungen zwischen Deutschland und Ostindien, von rn. H. A. Bueck, Generalsekretär des Centralverbandes der deutschen Industriellen in Berlin, am 2. März. Diese Vorträge werden an Sonnabend⸗Abenden von 7—8 Uhr in der Aula des Seminars für Orientalische Sprachen (Am Luft⸗ garten 6, Alte Börse) gehalten werden. Eintrittskarten zu den einzelnen Vorträgen werden, soweit solche nach Maßgabe des Raumes zur Verfügung stehen, vom Morgen des dem Vortragsabende vor⸗ angehenden Donnerstags im Seminargebäude von dem Seminardiener W. Heyde gratis ausgegeben. Auch ist derselbe beauftragt, Vor⸗ notirungen füͤr einzelne Vorlesungen entgegenzunehmen.

Am 28. und 29. November, von 10 Uhr an, wird der 19. Stadtmissionsverein, wie alljährlich, einen Bazar im Saale des Herrenhauses, Leipzigerstraße 3, Portal Nr. 3, ver⸗ anstalten, woselbst die im Laufe des Jahres gefertigten Arbeiten sowie

wo der Frohsinn am Platze ist, und mit ergreifender Haltung, als

Parforce⸗Jagd statt.

grammmäßig abgeh der während beider Tage,

Störungen erlitten.

n, Dienstag, den 27. d. M., findet Königliche Rendezvous Mittags 12 ¾ Uhr zu Jagdschloß Grunewald, 1 ½¼ Uhr an der Saubucht.

Die Hofjagden in der Colbitz⸗Letzlinger Heide sind am Freitag und Sonnabend, den 23. und 24. November cr., pro⸗ alten worden, haben aber durch den heftigen Wind, von Regenschauern begleitet, steif aus Westen stand und sich Sonnabend Mittag zum Sturm steigerte, mannigfache Die für die Allerhöchsten und Höchsten Herr⸗ schaften mit festerem Zeuge verwahrten Läufe wurden durch die Unbill des Wetters weniger empfindlich berührt, in allen nur mit Lappen abgestellten Orten aber ward das erhoffte Resultat wesentlich ver⸗ mindert, weil das Wild sie absolut nicht halten wollte.

bedeutend.

Bremen, 26. November. station Büsum telegraphirt: Am 25. November Abends von einer gestrandeten Bark die aus 13 Personen bestehende Be⸗ satzung durch das Rettungsboot der Station Büsum gerettet.

New⸗York, 26. November. an der ganzen atlantischen Küste ein verheerender wie er heftiger seit dem schrecklichen Schneesturm im letzten März nicht wieder gewesen war. Schnee unterbrochen, die Telegraphenlinien vielfach gestört; zahlreiche Schiffbrüche werden gemeldet;

die zugewiesenen Geschenke zum Verkauf gelangen werden.

(W. T. B.) Die Rettungs⸗

Gestern wüthete Orkan,

(W. T B.)

Die Eisenbahnverbindung ist durch

der Schaden ist sehr

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m 25. November 1888,

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Wetterbericht 8 U

=

An den ganzen deutschen Küsten fanden gestern Stürme statt, die vielfach sehr heftig auftraten.

Deutsche Seewarte.

om 26. November 1888, r

Morgens.

in o Celsius

Temperatur 50 C. = 40 R.

Bar. auf 0 Gr u. d. Meeressp. red. in Millim

Stationen.

22

Mullaghmore Aberdeen.. Christiansund

,,—

Bar. auf 0 Gr. u. d. Meeressp

red. in Millim.

Wind. Wetter.

Temperatur in 0Celsius

Kopenhagen. Stockholm. Haparanda.

Mullaghmore Aberdeen.. Christiansund Kopenhagen. Stockholm. aparanda. oskau..

2 wolkenlos 2 bedeckt

7 bedeckt 7 heiter

4 wolkig 4 Nebel

.

748

W 6 wolkig SW 5 bedeckt SO 4 wolkig 4 Regen 2 Nebel 4 bedeckt 2 bedeckt

1“ C. 88 40 R.

Cork, Queens⸗ towmw..

Cherbourg

Helder..

burg.. 6 Regen Sowinemünde 3 bedeckt Neufahrwasser 4 bedeckt Memel... 6 wolkig Paris.. 6 wolkig Münster.. 7 bedeckt Karlsruhe 769 3 bedeckt

Wiesbaden 768 5 bedeckt 770 5 halb bed.

amburg.. Swinemünde Neufahrwasser Memel

752 755 749 748 752 754 754 751

heiter

bedeckt Regen Regen bedeckt bedeckt bedeckt bedeckt

—,— 00E: O O00o SOtbo 0 2So 00

Münster.. Karlsruhe.. Wiesbaden. München.. Chemnitz. Berlinü.. Wien.. Breslau..

763 6 bedeckt 757 6 Regen 766 8 bedeckt 757 8 bedeckt

fe d-Airx.. 772 bedeci izza 769 halb bed.

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755 763 765 764 761 757 765 751

bedeckt wolkenlos wolkig wolkenlos wolkig wolkig

wolkenlos wolkenlos

Uebersicht der Witterung.

Während das barometrische Minimum, welches gestern an der mittleren norwegischen Küste lag, sich ostwärts nach Rußland entfernt hat und die westliche Luftströmung an deutscher Küste schwächer geworden ist, ist auf dem Ocean nordwestlich von Schottland ein neues Minimum erschienen, welches über Irland unndd Umgebung stürmische Südwestwinde verursacht. UMeber Central⸗Europa ist das Wetter warm und trübe. In Nord⸗ und Mittel⸗Deutschland ist überall Regen gefallen, am meisten, 18 mm, in Hamburg.

Triest...

verursachend.

vielfach etwas

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C. £œ☛⸗—0de —20d 00, sbh200200 00 0᷑8 0⸗

wolkig

Uebersicht der Witterung.

Ein tiefes Minimum liegt über dem norwegischen Meere, über dem Nord⸗ und Ostseegebiete und im deutschen Binnenlande, lebhafte südwestliche Luft⸗ bewegung bei warmer, vorwiegend trüber Witterung r Das karometrische Maximum liegt über der Alpengegend. An der deutschen Küste ist

egen gefallen.

Deutsche Seewarte.

Theater⸗Anzeigen.

Königliche Fchauspiele. Dienstag: Opern⸗ haus. 226. Vorstellung. Der Waffenschmied. Komische Oper in 3 Akten von Albert Lortzing. Dirigent: Hr. Kahl. Regisseur: Hr. Salomon. (Marie: Frl. Herzog, vom Kgl. Hof⸗ und National⸗ Theater in München, als Gast.) Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. Keine Vorstellung. Mittwoch: Opernhaus. 227. Vorstellung. Narziß. Trauerspiel in 5 Akten von A. E. Brachvogel.

g

Anfang 7 ½ Uhr.

Leonoren.

(Narziß: Hr. Friedrich Mitterwurzer, als Gast.) Schauspielhaus. Keine Vorstellung.

Heutsches Theater. Dienstag: Die beiden

Mittwoch: Romeo und Inlia.

Donnerstag: Der Pfarrer von Kirchfeld.

Die nächste Aufführung von Götz von Ber⸗ lichingen findet am Freitag, den 30. November, statt.

Verliner Theater. Dienstag: Demetrius.

Anfang 7 Uhr. Mittwoch: Eva. (Eva: Fr. Hedwig Niemann.) Anfang 7 Uhr. Donnerstag: Der Probepfeil. Anfang 7 Uhr.

Wallner-Theater. Dienstag: Zum 49. Male: Madame Bonivard. Schwank in 3 Akten von Alex Bisson und Antonie Mars. Deutsch von Emil Neumann. Vorher: Zum 49. Male: Der dritte Kopf. Posse in 1 Akt. Mit theilweiser Benutzung 18 englischen Idee von Franz Wallner. Anfang

r. Mittwoch und die folgenden Tage: Mada ne Bonivard. Der dritte Kopf.

Victoria-Theater. Dienstag: Mit neuer Ausstattung, zum 12. Male: Die Reise in die Pyrenäen. Ausstattungsposse mit Gesang und Ballet in 5 Akten und 9 Bildern von Paul Ferrier. Musik von Louis Varney. Im 8. Bilde: Großes Ballet. 1) Bolero. 2) Habanera. 3) Stiergefecht. Anfang 7 Uhr.

Friedrich-Wilhelmstädtisches Theater.

Dienstag: Pariser Leben. Komische Operette in 4 Akten nach dem Französischen des Meilhac und Seunr. von Treumann. Musik von Jacques

ffenbach. Anfang 7 Uhr.

Mittwoch: Pariser Leben. Operette von J. Offenbach.

Residenz-Theater. Dienstag und Mittwoch: Papa Gustave. Schwank in 3 Akten von Alfred Duru. Vorher: Das Blanbuch. Lustspiel in 2. Att von Labiche. Deutsch von F. Zell. Anfang

r. 3

Belle-Alliance-Theater. Dienstag: Z. 300. M.: Der Rattenfänger von Hameln. Phantastisches Volksstück mit Gesang in 12 Bildern. Nach Sprenger's Geschichte und Ehrich's Chronik der Stadt Hameln, frei bearbeitet von C. A. Görner. Ferf von E. Catenhusen. Parquet 2 Anfang 2

Mittwoch, Nachmittags 3 ½ Uhr: Kinder⸗Vor⸗ stellung zu bedeutend ermäßigten Preisen. Der Rattenfänger von Hameln.

Voranzeige.

Sonnabend: Gastspiel des Königlich Württemb. Hofschauspielers Hrn. Karl Wiene. Zum 1. Male: Narrheit oder Heiligkeit. Drama in 3 Akten 89 88 Echegaray. (Lorenzo Alvendano: Hr. Karl

iene).

Central-Theater. Dienstag: Vorletzte Woche. Zum 104. Male: Schmetterlinge.

Gesangeposse in 4 Akten von W. Mannstädt. Musik

von G. Steffens. Vorletztes Auftreten der Concert⸗ virtuosen Herren Gebrüder Schrammel, Dänzer, Strohmeyer, Baron, Jean und Bradi, genannt „Wiener Schrammel'n“. Anfang 7 ½ Uhr. Mittwoch: Letztes Auftreten der „Wiener Schrammel'’'n. Vorletzte Woche. Schmetterlinge.

Adolph Ernst-Theater. Dresdenerstraße 72.

Dienstag: Zum 108. Male: Die drei Grazien. Gesangsposse in 4 Akten von Leon Treptow. Couplets von Görß. Musik von Franz Roth. Im 2. Akt: Landpartie⸗Duett. Anfang 7 ½ Uhr.

Familien⸗Nachrichten.

Verlobt: Frl. Ida Urbach mit Hrn. Henri Richard (Gera Berlin). Frl. Emma Kesselkaul mit Hrn. Reg.⸗Assessor Max Wallraf (Aachen —Köln). Frl. Editha Schultz mit Hrn. Lieut. Mackeldey (Berlin—Glatz). Frl. Olga von Loeper mit Hrn. Prem.⸗Lieut. Gustav von Loeper (Berlin). Fer Maria Weiß mit Hrn. Brauereibesitzer Max

üller (Wölfelsgrund Glatz). Frl. Minna Burgdorf mit Hrn. Willy Rose (Wehrstedt Kemme).

Verehelicht: Hr. Ludwig Macke mit Frl. Jose⸗ phine Enger . Hr. Dr. med. Jos. Liebelt mit Frl. Adelheid Esch (Rothsürben). Hr. Major von Wagenhoff mit Frl. Helene Dickerhoff (Osnabrück).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Ernst Waegen (Friedrichshagen). Hrn. Apotheker K. Waßmus (Rodewald). Hrn. Dr. Hager (Wandsbeck). n. Dr. med. Fingerling (Barsinghausen).

rn. Wilhelm Schloske (Jauer). Hrn. J. von Nathusius (Sommerschenburg). Eine Tochter: Hrn. Hauptmann v. RFapmer (Han⸗ nover). Hrn. Bahnmeister Röhm (Ehingen). Hrn. Heinrich Lammering (Schüttorf).

Gestorben: Frau Karoline Hornung, geb. Schkuhr (Berlin). Hr. Guido Hermann Stoewer (Berlin). Freifrau Else von Bohlen, geb. von Burgsdorff (Bohlendorf). Frau Seminar⸗ lehrer Bertha Pieper, geb. Halfpaap (Köslin). Hr. Dr. med. Wilhelm Cruppi (Bockener Frl. Elise Drogand (Steinau a. O.).

Redacteur: Riedel.

Verlag der Expedition (Scholz).

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.

Vier Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage).

Berlin:

(1609 ¼)

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e Beilage

Berlin, Montag, den 26. November

1888.

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No. 299. B

Nichtamtliches.

Preußen. Berlin, 26. November. In dem Etat für das Königlich preußische Reichs⸗Militär⸗ kontingent und die in die Verwaltung übernom⸗ menen Kontingente anderer Bundesstaaten pro 1889/90 betragen die fortdauernden Ausgaben 285 055 518 + 6 988 668 ℳ). Sie setzen sich wie folgt zusammen:

riegs⸗Ministerium 1 736 200 (+ 7560 ℳ), Militär⸗ Kassenwesen 233 928 (+ 450 ℳ), Militär⸗Intendanturen 1 524 445 (— 360 ℳ), Militär⸗Geistlichkeit 634 300 + 27 800 ℳ), Militär⸗Justizverwaltung 570 054 820 ℳ), höhere Truppenbefehlshaber 2 261 862 (— 55 980 ℳ), Gouverneure, Kommandanten und Platz⸗ ajore 588 629 (— 10 116 ℳ), Adjutantur⸗Offiziere und ziere in besonderen Stellungen 913 572 (+ 60 000 ℳ), Generalstab und Landesvermessungswesen 1 769 411 + 87 080 ℳ), Ingenieur⸗ und Pionier⸗Corps 1 673 044 ℳ, Geldverpflegung der Truppen 95 364 937 (+ 730 119 ℳ), Naturalverpflegung 73 318 178 (+ 4829 269 ℳ), Beklei⸗

g und Ausrüstung der Truppen 20 001 325 (— 303 655 ℳ), Garnisonverwaltungs⸗ und Serviswesen 32 839 609 (+ 501 362 ℳ), Garnison⸗Bauwesen 453 606 ℳ, Militär⸗Medizinalwesen 5 729 620 (+ 5570 ℳ), Verwaltung der Traindepots und Instandhaltung der Feld⸗ geräthe 747 515 (+ 8009 ℳ), Verpflegung der Ersatz⸗ und Reservemannschaften ꝛc. 2 329 726 (— 72 000 ℳ), Ankauf der Remontepferde 4 849 908 (— 492 ℳ), Ver⸗ waltung der Remontedepots 1 598 347 (— 90 ℳ), Reise⸗ kosten⸗- und Tagegelder, Vorspann⸗ und Transportkosten 5316 177 ℳ, Militär⸗Erziehungs⸗ und Bildungswesen 5 031 2652 (+ 105 151 ℳ), Militär⸗Gefängnißwesen 692 247 (+ 553 ℳ.), Artillerie⸗- und Waffenwesen 12 716 738 (+ 98 798 ℳ), technische Institute der Artillerie 601 946 (— 9553 ℳ), Bau und Unterhaltung der Festungen 2 575 885 (+ 31 070 ℳ), Wohnungsgeld⸗ zuschüsse 7 200 335 (+ 208 047 ℳ), Unterstützungen für aktive Militärs und Beamten, für welche an anderen Stellen Unterstützungsfonds nicht ausgeworfen sind, 107 500 ℳ, Zuschuß zur Militär⸗Wittwenkasse 1 561 812 (+ 740 896 ℳ), verschiedene Ausgaben 113 400

Fast die Hälfte des Mehrbedarfs fällt auf das Kapitel „Naturalverpflegung“ in Folge der erhöhten Preise. Im Ein⸗ zelnen ist noch zu bemerken:

Die General⸗Inspektion der Feld⸗Artillerie, sowie die vier Feld⸗Artillerie⸗Inspektionen kommen in Wegfall, da die Feld⸗ Artillerie⸗Brigaden in Zukunft den Generalkommandos un⸗ mittelbar unterstellt werden. 1

Bereits seit längerer Zeit liegt das Bedürfniß vor, die Friedens⸗Organisation des Großen Generalstabes dahin zu ändern, daß die einzelnen Abtheilungen desselben, welche bisher dem Chef des Generalstabes der Armee unmittelbar unterstellt sind, in größere Verbände unter Leitung von Generalen zu⸗ sammengefaßt werden, welche zugleich in den Stellungen als Ober⸗Quartiermeister Gelegenheit haben, sich mit den ihnen im Kriege zufallenden besonders wichtigen Aufgaben bereits im Frieden vertraut zu machen. Die Stelle des General⸗ Quartiermeisters kommt in Wegfall. Für das Regiment der Gardes du Corps soll demnächst der Etat der übrigen Kavallerie⸗Regimenter Anwendung finden. Nach §. 11 des Gesetzes, betreffend Aenderungen der Wehr⸗ pflicht vom 11. Februar 1888, gehören die Ersatzreservisten zu den Mannschaften des Beurlaubtenstandes. Dementsprechend ist der besondere Etatsansatz für Ersatzreservisten fortgefallen und hier der Geldbetrag an Löhnung für alle übenden Mann⸗ schasten des Beurlaubtenstandes angebracht. Die Zahlen⸗ angabe der zur ersten Uebung einzuziehenden Ersatzreservisten entspricht dem §. 13 dieses Gesetzes. Der Ansatz für Uebungs⸗ mannschaften berechnet sich für 1300 Unteroffiziere auf 56 Tage, 12 915 Gemeine auf 49 Tage, 665 Unteroffiziere und 80 Ge⸗ meine auf 42 Tage, 20 Unteroffiziere auf 28 Tage, 9200 Unteroffiziere auf 13 Tage, 91 300 Gemeine auf 12 Tage, sowie an Ersatzreservisten 12 500 Mann auf 10 Wochen, 10 500 Mann auf 6 Wochen, 9500 Mann auf 4 Wochen.

Abweichend von den Angaben in der Reichstagsdrucksache Nr. 92 für 1887/88 (II. Session) ist die Zahl der einzu⸗

22

ziehenden Ersatzreservisten 28

Wochen von 12 000 auf 12 500 erhöht, 8 10 500 und 4 8 9800 9500 ermäßigt.

In ersterer Zahl sind Mannschaften für den Train ent⸗ halten, die nur zu einer Uebung herangezogen werden. Der verbleibende Rest deckte nicht den Bedarf für die Infanterie und sind daher die Uebungsraten, zugleich zwecks entsprechender Abstufung in Rücksicht auf den entstehenden Ausfall derartig vashelege daß durch die Gesammtänderung Mehrkosten nicht entstehen.

Die große Ausdehnung Berlins und der von Jahr zu Fahr gesteigerte Geschäftsverkehr hat zur Verminderung des

rdonnanzdienstes die Einrichtung einer Militär⸗Poststation nothwendig gemacht, da die kostenfreie Benutzung der Reichs⸗ post innerhalb des Stadtgebiets ausgeschlossen ist. Der Brief⸗ verkehr ist ein so erheblicher, daß dauernd 4 Mann bei dieser Poststation zur Verwendung kommen. Zur Beförderung der geheimen Sachen wird noch ein Einschreibeverkehr eingerichtet.

Die Erhaltung eines geordneten Geschäftsverkehrs erfor⸗ dert die dauernde Beaufsichtigung durch einen Offizier, wel⸗ chem die Zulage neben der Pension bezw. Einkommen gewährt werden soll. Von den Mannschaften sollen die mit den wichtigsten Dienstleistungen Betrauten wegen des anstren⸗ genden Dienstes eine Zulage erhalten. 8

In Folge der 1887 stattgehabten Heeresverstärkung und der stetig zunehmenden Zahl der Abiturienten des Kadetten⸗ Corps hat sich der Zudrang zu den Kriegsschulen derart ge⸗ steigert, daß die 3 Kriegsschulen, welche ihren Kursus alljähr⸗ lich am 1. März beginnen, mit 42 Aspiranten über ihre äußerste Belegungsfähigkeit hinaus für den Unterrichtskursus 1888 haben belegt werden müssen. Es ist zunächst der Ver⸗ such gemacht worden, diese Maßregel lediglich durch gleich⸗

auf 10 6

mäßige Mehrbelegung der betreffenden 3 Kriegsschulen durch⸗ suführene s haben sich hieraus indeß für die räumlich sehr e e Schule zu Potsdam Unzuträglichkeiten ergeben, welche auf die Dauer mit den dienstlichen Interessen dieser Anstalt nicht vereinbar sind und namentlich auch in gesundheit⸗ licher Beziehung zu Bedenken gegen die Wiederholung einer solchen Maßregel Veranlassung geben. Es wird daher beabsichtigt, die Belegungsfähigkeit der Kriegsschule Hannover zunächst unter Zuhülfenahme von Dienstwohnungen ꝛc. derart zu steigern, daß künftighin bis zu 128 Kriegsschüler, statt deren 93, daselbst untergebracht werden können, das dann noch ver⸗ bleibende Mehr an Zöglingen aber in der Kriegsschule zu Kassel unterzubringen. Die Steigerung der Belegungsfähigkeit der Kriegsschule in Hannover bedingt indeß die Errichtung von 2 neuen Hörsälen zu den vorhandenen 4, sowie in Folge dessen die Anstellung von 4 Offizieren als Lehrer zu den vor⸗ handenen 8 Lehrern, ferner die Erhöhung der Zahl der im Etat ihrer Truvpentheile verbleibenden und nur mit ihrer ulage auf dem Etat der Kriegsschule stehenden Inspektions⸗

ffiziere von 8 auf 10 und endlich die Vermehrung der zur Kriegsschule zu kommandirenden Mannschaften und Pferde um 12 Ordonnanzen, 6 Pferdepfleger und 12 Pferde.

Die 6 Unteroffizierschulen sind im Ganzen in 22 Compagnien formirt. Der Dienst bei denselben stellt an den Unteroffizier ungleich höhere Anforderungen wie in der Truppe. Er be⸗ dingt einen weit eingehenderen Betrieb aller Dienstzweige, vor allen des Korporalschaftsdienstes, in welchem der Unteroffizier der Unteroffizierschulen stets und unaufhörlich wirksam sein muß, da gerade der innere Dienst die Gelegenheit bietet, die Schüler gründlich kennen zu lernen und sie je nach ihrer Beanlagung zu erziehen. In dieser Hinsicht erschwerend wirkt auch der häufige Wechsel aus Anlaß der zahlreichen Abgänge von Unteroffizieren behufs Verwendung als Feldwebel ꝛc. bei den Truppen. Es ist dringend nothwendig, daß die gegen⸗ wärtige Durchschnittsstärke der Korporalschaften (12 Schüler) vermindert wird. Durch die Vermehrung um 1 Sergeanten für jede Compagnie würde das Verhältniß der korporalschafts⸗ führenden Unteroffiziere zu den Schülern auf 1 zu 11 gebracht werden. Bei den Unteroffizier⸗Vorschulen (einschließlich der zu Annabura) mit je 2, im Ganzen 6 Compagnien, gestaltet sich das Verhältniß zwischen Korporalschaftsführern und Schülern wie 1 zu 18. Wenn nun auch auf diesen Anstalten die Aufgaben der Unteroffiziere mit Bezug auf die praktische Ausbildung der Schüler hinter den Anforderungen zurückstehen, welche an das Unteroffizier⸗Personal der Unteroffizierschulen gestellt werden, so bleibt doch auf der anderen Seite zu berücksichtigen, daß das jugendliche Alter der Zöglinge die Thätigkeit der Unteroffiziere in ihrer Eigenschaft als Korporalschaftsführer hier in erhöhtem Grade in Anspruch nimmt. Es ist daher auch bei den Unteroffizier⸗Vorschulen die Etatisirung je eines weiteren Sergeanten für die Compagnie dringend nothwendig.

Eine Denkschrift verbreitet sich über Maßregeln in Bezug auf das Unteroffiziercorps, welche durch den Etat für 1889/90 vorgesehen sind.

„Bei dem vorhandenen Manquement an Infanterie⸗Offizieren ge⸗ winnt die Füllung der Unteroffizier⸗Etats besondere Bedeutung. Für die Friedensausbildung müssen bei der Infanterie ältere Unteroffizlere theilweise die Aufgaben der Offiziere übernehmen; im mobilen Ver⸗ haülgniß werden sie in großer Zahl als Offizier⸗Stellvertreter Verwendung

nden.

Aus den erhöhten Anforderungen, welche an die kriegsmäßige Ausbildung und Erziehung des einzelnen Mannes gestellt werden müssen, erwachsen dauernd gesteigerte Anforderungen an das Lehr⸗ personal. Nicht minder ist auch durch die neuere Kampfesweise die Rolle der Unterführer im Gefecht eine schwierigere und verant⸗ wortungsvollere geworden. Es ist daher nicht nur die Vollzähligkeit des Unteroffiziercorps, sondern auch die Heranziehung und Er⸗ haltung möglichst guter Elemente in der Unteroffizierlaufbahn von der größten Bedeutung. Hierzu erscheint es aber unumgänglich, die Avancements⸗ und damit die Versorgungsaussichten der Unter⸗ offiziere zu verbessern.

„In diesem Sinne und zugleich in dem Bestreben, mit möglichst geringem Geldaufwand dem erstrebten Ziel näher zu kommen, ist durch den vorliegenden Etat Folgendes vorgesehen:

1) In das Depositiv des Titels 1 Kapitel 24 ist der Vermerk aufgenommen:

„Die Gebührnisse von zwei Dritteln der manquirenden Se⸗ cond⸗Lieutenants bei den Infanterie⸗Regimentern und den Jäger⸗ Bataillonen können verwendet werden, um daraus außeretatsmäßige Vize⸗Feldwebel als Offizier⸗Stellvertreter zu verpflegen, welche auf den Etat der Gemeinen in Anrechnung kommen.“

Etatsrechtlich dürften Bedenken gegen eine derartige Verwendung von Ersparnissen zu Stellvertretungskosten umsoweniger zu erheben sein, als sich, von dem Marine⸗Etat abgesehen, ein Vorgang in dem Dispositivvermerk zu Titel 2 Kapitel 24 findet, wonach Unterärzte in offenen Assistenzarzt⸗Stellen für Rechnung des ersparten Gehalts Löhnung, Servis und Naturalverpflegung erhalten können,

Die Ausnutzung von nur zwei Dritteln der ersparten Gebührnisse giebt die Möglichkeit, Etatsüberschreitungen vorzubeugen; die außeretatsmäßi⸗ gen EEö“ sollen allmählich nach Maßgabe des abnehmenden Offizier⸗Manquements in freiwerdende etatsmäßige Stellen über⸗ treten, eine Regelung, welche innerhalb der Armee⸗Corps ohne Schwierigkeit zu bewirken sein wird.

In dem vorliegenden Etat sind an „Ersparnissen in Folge Manquements“ ꝛc. zusammen 826 586 weniger abgesetzt.

2) In das Dispositiv des Kapitels 24 Titel 7 bezw. Kapitel 35 Titel 26 ist der Vermerk aufgenommen:

„Die zur Probedienstleistung aus der Truppe (bezw. von den Unteroffizierschulen) abkommandirten etatsmäßigen Feldwebel (Wacht⸗ meister) und Vize⸗Feldwebel (Vize⸗Wachtmeister) kommen auf den Gesammt⸗Unteroffizier⸗Etat in Anrechnung, können aber in ihrer Charge ersetzt werden. Im Falle des Rücktritts vom Probedienst⸗ leistungs⸗Kommando erhalten sie den Mehrbetrag ihrer Chargen⸗ gebührnisse gegen diejenigen eines Unteroffiziers über den Etat.“

„Die Stellen zur Probedienstleistung abkommandirter Unteroffiziere bei allen Waffen dürfen zur Zeit erst nach deren Ausscheiden aus den

Etats ihrer Truppentheile, d. h. bei ihrer Uebernahme in den Civil⸗

dienst, besetzt werden. Da nun die Dauer der Probedienstleistung bis zu einem Jahre betragen kann und eine Wiederholung derselben nicht ausgeschlossen ist, so treten, insbesondere bezüglich der Feldwebel und Vize⸗Feldwebel, sowohl für den Truppentheil, als auch für die Stell⸗ vertreter der Abkommandirten Unzuträglichkeiten ein: für den Truppentheil eine erhebliche Erschwerniß des Dienstes und eine gewisse Gefahr für die Disziplin dadurch, daß die Funktionen der Ab⸗ kommandirten von Unteroffizieren niederer Chargen wahrgenommen

9 38 werden müssen, für die Stellvertreter eine fühlbare Härte insofern, als sie unter Umständen lange Zeit die Funktionen einer höheren Stelle wahrnehmen, ohne in den Bezug entsprechender Gebührnisse eintreten zu können. Nach beiden Richtungen hin wird durch die be⸗ absichtigte Regelung Abhülfe geschaffen und im besonderen eine Be⸗ schleunigung des Aufrückens zum Feldwebel bezw. Vize⸗Feldwebel im Interesse der Unteroffiziere erreicht werden.

. Der Fall, daß zur Probedienstleistung abkommandirte Feldwebel und Vize⸗Feldwebel von diesem Kommando zurücktreten, gehört zu den seltenen Ausnahmen. Die Betreffenden suchen dann meist möglichst bald zu einer anderen Probedienstleistung kommandirt zu werden. Für die Zwischenzeit, welche sie auf solche Weise bei der Truppe ver⸗ weilen, nimmt der beabsichtigte Dispositivvermerk in Aussicht, ihnen den Mehrbetrag der Gebübhrnisfe ihrer Charge gegen diejenigen eines Unteroffiziers über den Etat zu gewähren, da ihre Einrangirung in zunächst freiwerdende etatsmäßige Stellen dem dienstlichen Interesse nicht entsprechen würde. Der finanzielle Effekt dieser Maßregel ist ohne erhebliche Bedeutung: während des Jahres 1887 würde die über⸗ etatsmäßige Verpflegung vom Kommando zur Probedienstleistung zurückgetretener Feldwebel ꝛc. nach den angestellten Erhebungen rund 7500 gekostet haben.

Im Uebrigen hat die Beschränkung der beabsichtigten Maßnahme auf die Truppe bezw. die Unteroffizierschulen) und innerhalb dieser auf die etatsmäßigen Feldwebel und Vize⸗Feldwebel (bezw. Wacht⸗ meister und Vize⸗Wachtmeister), sowie die Belassung der Abkomman⸗ dirten auf den Etat der Unteroffiziere zum Zweck, die Mehrkosten in Grenzen des dringendsten dienstlichen Bedürfnisses zu halten. Ein⸗ schließlich der vorerwähnten 7500 würden im Jahre 1887 in Folge des gedachten Etatsvermerks Kosten im Betrage von rund 105 000 entstanden sein. Ein entsprechender Ansatz an jährlicher Ausgabe ist nicht als eine Neuforderung, sondern nur als eine Se eg der durch den Etat gewährten Mittel anzusehen, da bisher die Ge der zur Probedienstleistung Abkommandirten als erspart zurückgerechnet worden sind. Im vorliegenden Etat ist eine Verminderung der Er⸗ sparnißabsetzung um 105 000 vorgenommen.

.3) Um die Aussicht auf Beförderung für die Unteroffiziere noch weiter zu verbessern, erscheint es erforderlich, auch die Ungleichheit zu beseitigen, daß bei den 71 Infanterie⸗Bataillonen mit hobem Etat je 16 Sergeanten und 42 Unteroffiziere, bei denen mit niedrigem Etat (325) je 16 Sergeanten und 30 Unteroffiziere etatsmäßig sind. Bei ersteren Bataillonen werden dadurch die Unteroffiziere bezüglich des Einrückens in die Sergeantengebührnisse benachtheiligt. Es sind daher im Titel 7 Kapitel 24 an Stelle von 284 Unteroffizieren ebensoviele Sergeanten angesetzt. Die jährlichen Mehrkosten dieser Maßregel be⸗ tragen 35 784 ℳ“

An einmaligen Ausgaben sind im ordentlichen Etat 14 045 314 (+ 2 401 556 ℳ) und im außerordentlichen 38 390 565 (ß— 215 346 391 ℳ), aus der Anleihe zu decken, angesetzt. Sie sind zu Bauten von Kasernen, Lazarethen, zur Fehcichtung von Schieß⸗ und Exerzierplätzen u. dergl. be⸗ stimmt.

Die Einnahmen belaufen sich auf 1 117860 (+ 941 970 ℳ), darunter 894 000 (+ 894 000 ℳ) von der Stadt Köln zu zahlende 6. Kaufgelderrate für die ehe⸗ maligen Festungsgrundstücke daselbst.

Der Etat für das Königlich sächsische Reichs⸗ Militär⸗Kontingent pro 1889/90 weist an fortdauernden Ausgaben 24 104 525 (+ 802 728 ℳ) und an einmaligen Ausgaben im ordentlichen Etat 2 158 640 (+ 1 227 140 ℳ), im außerordentlichen 320 000 (— 19 620 475 ℳ) auf. Die Einnahmen belaufen sich auf 194 932 wie im laufenden Etat.

„Der Etat für das Königlich württembergische Reichs⸗Militär⸗Kontingent pro 1889/90 zeigt 117 547 (s— 40 000 ℳ) Einnahmen, 15 301 974 (+ 239 297 ℳ) fort⸗ dauernde und 396 156 (+ 151 000 ℳ) einmalige Aus⸗ gaben im ordentlichen sowie 357 000 (— 3 701 400 ℳ) desgl. im außerordentlichen Etat.

Die Etatsstärke des deutschen Heers stellt sich pro 1889/90 auf 19 404 Offiziere, 55 518 Unteroffiziere, 862 Zahlmeister⸗Aspiranten, 5521 Spielleute⸗Unteroffiziere und 13 758 ⸗Gemeine, 378 217 Gefreite und Gemeine, 3705 Lazarethgehülfen, 10 828 Oekonomie⸗Handwerker, zusammen 468 409 Unteroffiziere ꝛc.; 1711 Militärärzte, 841 Zahl⸗ meister, Militärmusik⸗Inspizienten und Luftschiffer, 519 Roß⸗ ärzte, 803 Büchsenmacher und Waffenmeister, 93 Sattler, 84 093 Dienstpferde.

Der Etat über die Verwaltung der Kaiser⸗ lichen Marine weist pro 1889/90 378 350 Einnahmen (— 35 300 ℳ) auf. Die ordentlichen Ausgaben betragen 34 512 781 (— 1 387 970 ℳ) und zwar: Admiralität 624 450 (+ 10 050 ℳ), Hydrographisches Amt 172 770 (+ 3700 ℳ), Deutsche Seewarte 235 735 (+ 9400 ℳ), Stations⸗Intendanturen 197 995 (+ 3000 ℳ), Rechtspflege 29 550 (+ 1800 ℳ), Seelsorge 46 855 (+ 750 ℳ). Militärpersonal 8 864 270 (+ 755 568 ℳ), Indienst⸗ haltung der Schiffe und Fahrzeuge 5 483 000 . 182 400 ℳ), Naturalverpflegung 2312 780 (— 808 100 ℳ),

ekleidung 113 834 (+ 13 250 ℳ), Servis⸗ und Gar⸗ nisonverwaltungswesen 927 654 (+ 52 247 ℳ), Wohnungs⸗ geldzuschuß 704 700 (+ 31 900 ℳ), Krankenpflege 607 501 (+ 26 310 ℳ), Reise⸗, Marsch⸗ und Frachtkosten 477 750 (+ 47750 ℳ), Unterricht 151 802

+ 22 739 ℳ), Werftbetrieb 10 034 558 (— 1 413 200 ℳ),

rtillerie und Fortifikation 2 150 425 (+ 7050 ℳ.), Torpedo⸗ und Minenwesen 1 003 022 (+ 14 696 29, Lootsen⸗, Betonnungs⸗ und Leuchtfeuerwesen 203 930 (+ 3600 ℳ), Verschiedene Ausgaben 170 200 (+ 1920 ℳ).

Die seit dem Etatsjahre 1886/87 vorhandene Zahl von 2 Vize⸗Admiralen und 5 Contre⸗Admiralen genügt nicht mehr den Ansprüchen, welche gegenwärtig der Marinedienst stellt.

Für denselben werden in Anspruch genommen: 2 Vize⸗ Admiralstellen für die Stations⸗Chefs, 1 Vize⸗Admiralstelle für den Direktor des Marine⸗Departements in der Admiralität, 2 Contre⸗Admiralstellen für die Marine⸗Inspecteure, 3 Contre⸗ Admiralstellen für die Geschwader⸗Chefs bezw. lshaber aus⸗ wärtiger Flottenstationen, 2 Contre⸗Admiralstellen für die Ober⸗Werftdirektoren zu Kiel und Wilhelmshaven, 1 Contre⸗ Admiralstelle für den Chef des Stabes der Admiralität, 1 Contre⸗Admiralstelle für den Vorstand des Hydrographischen Amts der Admiralität, 1 Contre⸗Admiralstelle für den Direktor des Bildungswesens der Marine, zusammen 13 Stellen. b

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