1888 / 302 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 29 Nov 1888 18:00:01 GMT) scan diff

Bayern. Aschaffenburg, 26. November. (Korr. v. u. f. D.) Gestern, kurz nach 4 Uhr, langte der Hofzug mit dem Prinz⸗Regenten, den Prinzen Ludwig und Arnulph auf hiesigem Bahnhof an. Se. Königliche Hoheit dinirte mit dem Gefolge am Bahnhof und fuhr nach etwa ein⸗ stündigem Aufenthalt nach Rohrbrunn weiter. In den Straßen der Stadt, die Se. Königliche Hoheit berührte, bildete die Feuerwehr mit Fackeln Spalier. Alle Orte, die der Prinz⸗Regent durchfuhr, waren festlich dekorirt, und die Be⸗ völkerung brachte lebhafte Huldigungen dar. Ihre Königlichen Hoheiten nahmen im Forsthaus Diana und das Gefolge und die Dienerschaft im Gasthaus Rohrbrunn Wohnung.

Württemberg. Stuttgart, 28. November. (St.⸗A. f. W.) In ihrer heutigen Sitzung nahm die Abgeordneten⸗ ammer in der Endabstimmung einstimmig das Gesetz, betreffend die Zwangsenteignung, an, womit Uebereinstimmung beider Kammern Festehe, genehmigte sodann einstimmig den von dem Staats⸗Minister von Schmid und dem Land⸗Ober⸗ Stallmeister von Hofacker empfohlenen Nachtrag zum Finanz⸗ Etat (Remontedepot) und nahm das Gesetz über das land⸗ wirthschaftliche Nachbarrecht in seiner jetzigen Fassung mit 65 gegen 14 Stimmen an, worauf zur Berathung von Petitionen üͤbergegangen wurde.

Oldenburg. Oldenburg, 28. November. Die Landes⸗ Synode stimmte in ihrer heutigen Sitzung den Gesetzentwürfen, betreffend die Mitwirkung des Ober⸗Kirchenraths und betreffend eine Novelle zum Gesetz über die Prediger⸗Wittwenkasse, in zweiter Lesung zu. Zu der Vorlage über die Frage, ob statt der Zweitheilung der kirchlichen Gemeindeverwaltung eine einheitliche Vertretung einzuführen sei, ging die Synode auf Antrag zur motivirten Tagesordnung über. Der Antrag, das Dienstalter der Pfarrer von dem Tage an zu berechnen, an welchem sie sich der kirchlichen Ober⸗Behörde zur Verfügung

gestellt haben, wurde abgelehnt.

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Wien, 27. November. (Wien.

Oesterreich⸗Ungarn. Reichsraths

Abdp.) Im Abgeordnetenhause des

beantwortete heute der Minister⸗Präsident Graf Taaffe zwei

Interpellationen. Sodann wurde die Spezialdebatte über den

esetzentwurf, betreffend die bäuerlichen Erbthei⸗ lungsvorschriften, fortgesetzt. einschließlich §. 14. Morgen dürfte die Verhandlung zu Ende geführt werden.

Pest, 27. November. (Prag. Ztg.) Das Abgeord⸗ netenhaus nahm bei der Berathung der Schankregal⸗ ablösung zu §. 2, welcher von den Regalrechten handelt, für welche eine Entschädigung gebührt, das Amendement des Abg. Ludwig Horwath an, in Punkt 4 nicht nur die mit dem Jurisdiktionsrecht bekleideten und mit einem geregelten Magistrat versehenen Städte, sondern auch sämmtliche Klein⸗ und Großgemeinden aufzunehmen. Zu §, 3 nahm das Haus das Amendement des Abg. Mohay an, die Fälle taxativ aufzuzählen, in welchen 10 Proz. von der Entschädigungsbasis abzuziehen sind. Das Amendement des Abg. Bokros, daß in dem nach Mohay's Antrag amendirten §. 3 auch auf die §§. 5 und 6 Berufung geschehe, wird angenommen, nachdem der Referent Lang sich im Namen des Ausschusses dafür erklärt hatte. Die Amendements Ludwig Horwath's: die Entschädigungsbasis für die Jurisdiktionen solle das in den Jahren 1884 bis 1888 besteuerte Erträgniß bilden, und: der Abzug für diese Städte solle nicht 10, sondern 5 Proz. betragen, wurden ab⸗

elehnt, nachdem der Minister⸗Präsident von Tisza gegen die⸗ elben gesprochen hatte. Die Abstimmung über die weiteren Amendements wird morgen stattfinden.

Frankreich. 27. November. (Fr. C.) Der Kriegs⸗Minister de Freycinet theilte dem Ministerrath heute mit, daß die Gewehrfabrikation in Chatellerault wieder aufgenommen worden ist, und daß die Produktion die Hälfte derjenigen vor dem Brand erreicht. Der Minister glaubt ver⸗ sichern zu dürfen, daß die normale Ziffer um den 15. Januar wieder erreicht werden könnte.

Die zuständige Kommission des Abgeordneten⸗ Sbs. beschloß heute mit 6 gegen 3 Stimmen, im Plenum

ie Ablehnung der freasitschegeteesshen a.. konvention zu beantragen.

28. November. (W. T. B.) In der Budget⸗

kommission gab Ribot heute eine Darlegung über die Arbeiten der welche mit der Vorprüfung des außerordentlichen Kriegsbudgets beauftragt ist. Die Subkommission hat erhebliche Herab⸗ setzungen an diesem Budget vorgenommen. Ribot lehnte es ab, als Berichterstatter zu fungiren. Die Budgetkommis⸗ sion beschloß, den Kriegs⸗Minister de Freyecinet über eine Frage technischer Natur und den Finanz⸗ Minister Peytral über die den Ausgabeforderungen entsprechenden Einnahmen zu hören und sodann weitere Beschlüsse zu fassen. „Die radikale Linke der Deputirtenkammer be⸗ schloß, sich Sonntag an der Kundgebung am Grabe Baudin's zu betheiligen. Der öffentliche Aufzug bei dieser Kundgebung wird nicht auf den Friedhof, sondern vor der Statue Baudin's, die am Eingang zum Friedhof aufgerichtet ist, u“ auch sollen Reden dabei nicht gehalten werden.

Boulanger beglückwünschte in einem Schreiben Dé⸗ roulède wegen der Disziplin und allgemeinen Organisation, welche er der Liga der Patrioten zu geben verstanden habe, und dankte den Mitgliedern der Liga für ihre der Sache der nationalen Partei ergebenen Gesinnungen, welche die⸗ jenigen Frankreichs und jedes aufrichtig republikanischen Pa⸗ trioten seien.

Italien. Rom, 28. November.

W. T. B. d Ftigen Sitzun G

tzung der Deputirtenkammer legte der

inanz⸗Minister das abgeschlossene Budget pro 1887/88, den Voranschlag pro 1888/89 sowie das Präliminare pro 1889/90 vor. (Anträge auf Be⸗ willigung außerordentlicher Kredite für das Kriegs⸗ Ministerium und die Marine sowie sonstige Finanzmaßregeln, von denen in den Zeitungen die Rede gewesen ist, wurden von dem Minister nicht vorgelcgt. Das Ergebniß dieser Budgets ist Folgendes: Der Rechenschaftsbericht pro 1887/88 hebt hervor, daß, Dank beträchtlicher Ersparnisse, eine Reduk⸗ tion des im Voranschlag angegebenen Defizits von 73 Millio⸗ nen auf 57 Millionen erzielt worden ist. Aus den Rückständen wurde ein Ueberschuß von nahezu 5 Millionen erbracht, sodaß das Desizit sich noch weiter auf 52 Millionen verminderte, welches von dem Staatsschatz getragen werden konnte mit

Die Diskussion gedieh bis

Hülfe der aus früheren Finanzjahren gebliebenen Bestände, die noch eine Reserve von 22 Millionen bilden. Nach dem richtig gestellten Budget von 1888 /89 tritt eine Herabsetzung der veranschlagten Einnahmen aus der Fabrikationsabgabe, den Zöllen sowie der Taback⸗ und der Salzsteuer, welche 26 Millionen betragen, um etwa 900 000 Lire ein. Auf Grund dieser Verminderung der Einnahmen und der Vermehrung der Ausgaben für öffentliche Arbeiten und der Erhöhung des Heeres⸗ fers; des Marine⸗Budgets steigert sich das Desizit des laufenden Finanzjahres von 37 Millionen, wie im Voranschlag angegeben, auf 48 Millionen. Nichtsdestoweniger bleibt der Dienst der Staatskasse gesichert durch Bestände aus den dem Finanzjahr 1887/88 vorausgegangenen Rechnungs⸗ jahren und durch bestimmt zu erwartende Eingänge. Der Voranschlag des Budgets pro 1889/90 nimmt eine Vermehrung der Einnahmen um 35 Millionen und eine Verminderung der außerordentlichen Ausgaben um 60 Millionen an. Die Lasten an Zinsen und Annuitäten, welche sich aus der Regelung des Eisenbahnbetriebs und den bereits bewilligten Neubauten ergeben, sind in dem ordentlichen Budget berücksichtigt, ebenso wie die Erhöhung von 19 Millionen in dem Heeres⸗ und Marine⸗Budget.

Portugal. Lissabon, 20. November. (Pol. Corr.) In den letzten Tagen hat wieder eine Veränderung inner⸗ halb des Kabinets stattgefunden, indem der Kriegs⸗ Minister Vicomte de San Januario seine Demission gab und durch den General Castro ersetzt wurde. Diesem Wechsel in der Leitung des Kriegsressorts liegen indeß durchaus keine politischen Motive zu Grunde, da es lediglich die Rücksicht auf seine Privatverhältnisse war, welche den demissionirten Kriegs⸗Minister veranlaßt hat, aus seiner Stellung zu scheiden. Der neue Kriegs⸗Minister, General Castro, bekleidete schon einmal, und zwar im Jahre 1880 unter der Regierung der jetzt am Ruder befindlichen Partei, diese Funktion. Was die Besetzung des Marine⸗Ministeriums betrifft, das gegen⸗ wärtig ad interim von dem Minister des Aeußern, Henriquez Barros⸗Gomez, verwaltet wird, so besteht nicht die Absicht, in dieser Beziehung in der nächsten Zeit ein Definitivum zu schaffen. Nach der bestehenden Geschäfts⸗ eintheilung fallen nämlich auch die Kolonialangelegen⸗ heiten in das Ressort des Marine⸗Ministeriums, und angesichts der gegenwärtig schwebenden Verhandlungen mit England und Deutschland, betreffend die Kooperation Portu⸗ gals an der maritimen Aktion an der ostafrikanischen Küste, ist es von großem Vortheil, daß der zur Führung der letzteren berufene Minister des Aeußern gleichzeitig das entscheidende Wort in den Kolonialfragen zu führen hat, abgesehen davon, daß Hr. Henriquez Barros⸗Gomez einer der ausgezeichnetsten Kenner der einschlägigen Verhältnisse ist, über die er seit Langem die gründlichsten Studien getrieben hat.

Schweiz. Bern, 28. November. (Bund.) Die Be⸗ erdigung des Bun des⸗Präsidenten Hertenstein findet am nächsten Freitag, Vormittags 10 ½ Uhr, in Bern statt, und zwar mit militärischen Ehren. Ein Infanterie⸗Regiment ist aufgeboten. Geistliche Ansprache und Reden werden in der Heiliggeistkirche gehalten.

.— Der „N. Zürch. Ztg.“ wird u. a. noch gemeldet: An⸗ feftchts des Hinscheidens des Bundes⸗Präsidenten Herten tein setzte der Bundesrath die auf gestern anberaumte dem Bundesrathhause ist die Flagge Halbmast gehißt. Die Krankheit Hertenstein's (gangraena senilis) war bis in den Unterleib vorgeschritten. Nach der Operation erlangte Hertenstein das Bewußtsein nicht wieder. Seit 1848 ist es das erste Mal, daß ein Bundes⸗Präsident während der Amtsdauer gestorben ist.

GHriechenland. Athen, 28. November. (W. T. B.) Tricupis legte der Kammer einen Konversions⸗ entwurf mehrerer Anleihen vor, deren Totalsumme 75 Mil⸗ lionen beträgt.

Serbien. Belgrad, 28. November. (W. T. B.) In Folge immerwährend auftauchender Beschwerden über Ein⸗ schränkung der Wahlfreiheit wurden mittelst Ukas des Königs sämmtliche bisherigen Urwahlen für nichtig erklärt und die Vornahme neuer Wahlen der Wahlmänner ange⸗ ordnet. In jeden Wahlbezirk sind drei, je einer der drei Parteien des Landes entnommenen Wahlmänner behufs Kontrolirung der Wahlfreiheit, entsendet. Die allgemeinen Wahlen sowie die Eröffnung der großen Skuptschtina sind dem⸗ gemäß vertagt; erstere findet am 4. Dezember a. St. statt; die Skupschtina ist auf den 11. Dezember a. St. einberufen.

Sitzung aus. Au

Zeitungsstimmen.

Die „Weser⸗Zeitung“ schreibt: „Schnell und einträchtig“ hat der Kaiser, wie das Reichstags⸗ Präsidium anzeigt, die Verhandlungen des hohen Hauses gewünscht, und in diesen Wunsch wird Jeder einstimmen. Etwas Anderes ist es, ob dem Wunsche die Hoffnung zur Seite treten kann. Wenn Alle derselben Meinung wären, so wäre die Eintracht von selbst ge⸗ geben, und an der Schnelligkeit würde es dann auch nicht feblen. Aber im Reichstage sind sechs oder sieben verschiedene Parteirich⸗ tungen vertreten, und von diesen verfügt keine auch nur annähernd über die Mehrheit der Stimmen. Alle Vorbedingungen sind für ein Aufeinanderplatzen der Geister gegeben; es wäre ein Wunder, wenn da die Geschäfte ohne ausgiebigen Redeaufwand von Statten gingen. Dürften wir einen Wunsch hinzufügen, so würden wir sagen: möchten die Ver⸗ handlungen sachlich geführt werden! Möchten, mit anderen Worten, nicht die Gesinnungen und Tugenden der Mitglieder, sondern die Eigenschaften der Gesetzentwürfe den Gegenstand der Unterhaltung bilden. Ob ein Paragraph gut oder schlecht, heilsam oder schädlich, geldkostend oder geldersparend ist, das interessirt uns, das heißt, die außenstehende Bevölkerung, weit mehr als die Frage, wie Herz und Nieren des einen und des anderen Parteiführers beschaffen sind. Wenn ein Reichstagsmitglied einen Antrag einbringt, so ist es für uns vielleicht von höchster Wichtigkeit, daß geprüft werde, ob seine Motive thatsächlich richtig und die muthmaßlichen Konsequenzen seines Antrags wünschenswerth sind; pb aber der Antragsteller ein liebenswürdiger oder ein unangenehmer Mensch sei, ob ein Katholik oder ein Pro⸗ testant, ob ein Branntweinbrenner oder ein Bankier, ob tiefsinnig byet vochfuna oder weitsinnig, daran liegt uns, offengestanden, nicht ehr viel.

An eine Erfüllung unseres Wunsches glauben wir freilich nicht; sie scheint der deutschen, wenn nicht der menschlichen Natur zu wider⸗ sprechen. Schon lange vor dem ersten Beginn parlamentarischen Lebens in deutschen Landen hat Schiller darüber geklagt, daß seine Landsleute die Neigung haben, Ebö1ö— auf das moralische Gebiet zu übertragen, einem Gegner sofort das, was widerlegt oder anerkannt werden sollte, „ins Gewissen zu schieben“. Seit Schiller's Tagen hat diese Neigung sich zu einer üppigen, man kann wohl sagen kolossalen Blüthe entfaltet, und darunter leiden denn vor allem unsere politischen Verhandlungen. Nicht allein, daß die persönlichen

Gehässigkeiten sehr wesentlich zu der Verlängerung der Verhandlungen beitragen, denn natürlich will der Angegriffene sich vertheidigen, und die Vertheidigung ruft wieder Angriff finden solche Wortduelle ergötzlicher als eine ernsthafte geschäftliche Erörterung, nicht allein dies, sondern das ganze öffentliche Leben awird in Hader, Haß und Wuth umgestimmt, wozu, wenn man die Sache kühl und bei Lichte betrachtet, nicht der mindeste Grund vor⸗ handen ist. In weitaus den meisten Fällen handelt es sich um Fragen der Zweckmäßigkeit, über welche Leute von derselben sittlichen Lauterkeit der eine so, der andere anders urtheilen, über die man also in aller Seelenruhe und mit gelassener Höflichkeit sich unterhalten und hernach abstimmen kann. Statt dessen gewähren unsere öffent⸗ lichen Diskussionen den Eindruck, als ob eine Schaar von Gerechten auf der einen Seite im Kampfe liege mit einer Schaar ruchloser Ge⸗ waltmenschen oder heimtückischer Intriguanten auf der anderen Seite. Und reineswegs beschränkt sich diese wilde Kriegführung auf die vier Wände des Parlamentssaals. Die Politiker sind nicht wie die Advokaten, die vor der Gerichtsbank einander im Namen ihrer I zer⸗ fleischen und in den Staub zerren, nach beendigter Sitzung aber freundschaftlich mit einander zum Frühstück gehen. Sondern der furor politicus fließt über und überfluthet die Umgebungen und er⸗ füllt mehr und mehr auch die Geleise des alltäglichen Lebens.

In einer Entgegnung auf einen Artikel der „Frei⸗ handels⸗Correspondenz“ über die Lage der Landwirthschaft sagt die „Deutsche volkswirthschaftliche Correspondenz“:

Wenn wir der „Freihandels⸗Correspondenz“ auch zugeben wollen, b der Preisstand der landwirthschaftlichen Erzeugnisse allein nicht vollkommen die Lage der Landwirthschaft kennzeichnet, so muß denn doch auf die eine Nothlage der Landwirthschaft negirenden Bemer⸗ kungen des betreffenden Organs erwidert werden, daß der Preis⸗ rückgang immerhin seine Grenze hat, daß bekanntlich die Reduktion des Preises für die Haupterzeugnisse der Landwirthschaft bis zu einem Punkt gedeihen kann, wo eben der Betrieb der landwirthschaftlichen Arbeit nicht mehr lohnend ist. Ist dies nun der Fall und es wurde gelegentlich der Debatte über die Getreidezölle in unanfechtbarer Weise konstatirt —, so sind offenbar Maßregeln erforderlich, welche ein weiteres Sinken der Preise unter allen Umständen verhindern. Die Preissteigerung, welche sich in Folge der Getreidezölle Bahn gebrochen hat, muß als eine mäßige angesehen werden; sie erscheint dies noch um so mehr, wenn erwogen wird, daß gerade von unseren Gegnern das Jahr 1888 als ein besonders für Preissteigerungen empfängliches erklärt wird. Bis zu welchem Punkt wäre nun wohl der Preis gesunken, wenn einerseits nicht die „rechtzeitige“ Fürsorge der Regierung eingegriffen hätte, anderer⸗ seits aber das Jahr 1888 für eine Preissteigerang gar nicht geeignet gewesen wäre! Derartige Fragen hat sich augenschein⸗ lich die „Freihandels⸗Correspondenz“ nicht vorgelegt; Zweck ihrer Nörgeleien ist offenbar die Aufwärmung des eingeschlafenen Themas der „Brotvertheuerung“, und auf dieses beliebte Thema koment sie denn auch am Schluß ihrer Bemerkungen in ausgiebiger Weise zurück, nachdem bekanntlich die „Freisinnige Zeitung“ die früher stän⸗ dige Rubrik der „Brotvertheuerugg“ wegen Mangels an Stoff be⸗ reits aufgelassen hat. Um hier klar zu sehen, ist es nöthig, auf die vorhergehenden Jahre zurückzugreifen und zu eruiren, ob denn seiner Zeit die nach abwärts sich bewegenden Getreidepreise eine erhebliche resp. entsprechende Ermäßigung der Brotpreise zur Folge gehabt haben. Das ist nun bekanntlich nicht der Fall gewesen, eine That⸗ sache, die uns zu der Behauptung berechtigt, daß, wenn that⸗ sächlich einige Bäcker die Brotpreise zu erhöhen sich ver⸗ anlaßt sahen, von einer „Nothlage“ des Bäckerstandes, welche zu einem solchen Vorgehen nöthigen würde, absolut nicht die Rede sein kann. Noch viel weniger aber vermögen wir eine „Nothlage“ der Getreidespekulation anzuerkennen, in welche dieselbe durch die Getreidezölle versetzt worden wäre, da eoßs der Zölle immer noch in genügender Weise dem Markt Material zugeführt wird. Merkwürdig ist und bleibt, daß die Herren vom Freihandel sofort bei der Hand sind, jede Erhöhung der Preise für landwirthschaftliche Er⸗ zeugnisse durch energischen Hinweis auf die Gefahren einer Brot⸗ vertheuerung zu bekämpfen, daß sie jedoch die Hände in den Schoß legen, wenn Auswüchse der Spekulation zum Vorschein kommen oder geplant werden, welche auf eine künstliche und verwerfliche Verwilde⸗ rung der Getreidepreise abzielen. Wir haben wenigstens nicht bemerkt, daß gelegentlich der geplanten „Weizenschwänze“ die Organe man⸗ chesterlicher Richtung sich zur Abwehr gerüstet hätten. Das Um und Auf ihrer Weisheit bestand, wie immer, in dem Schlachtruf: „Nieder mit den Getreidezöllen!“

In einem „Die Eisenbahngesetzgebung in Preußen“ näeßchecdee Artikel der Londoner „Railway News“ eißt es: Beinahe uneingeschränktes Lob gebührt der Art und Weise, in welcher die preußische Eisenbahnverwaltung in den letzten 25 Jahren, besonders seit 1871 geleitet ist. Diese bewunderungswürdige Leistung

mag, das Ergebniß der bureaukratischen, in dem ganzen Lande vor⸗ wiegenden Einrichtungen. Die Verwaltung hat dabei überdies militärische und unter Umständen selbst politische Fragen und Interessen mit den oft gebieterischen Anforderungen der Volks⸗ Fee gleichzeitig zu berücksichtigen. Die meisten der seit 1871 gebauten Hauptbahnen dienen in erster Linie militärischen Zwecken, aber Alles ist so geschickt eingerichtet, daß mit Hülfe einer großen Anzahl von Zweigbahnen guch die Interessen des Verkehrs und des reisenden Publikums in einem geradezu wunderbaren Grade gefördert sind. Es giebt kein Land, welches so zahlreiche Bequem⸗ lichkeiten und Erleichterungen im Eisenbahnyerkehr genießt, als Deutsch⸗ land. Gegenden, welche nicht bevölkert und reich genug sind füͤr Bahnen erster Klasse, haben wenigstens Nebenbahnen, „Klingelbahnen“, so genannt nach dem haͤufigen Gebrauch der Glocken zur Warnung des Publikums bei Wegeübergängen, und wo solche Bahnen noch nicht sind, da werden sie gebaut.

Statistische Nachrichten.

G Iniversitätsstatistik in Preußen. (Stat. Corr. Die Universitätsstatistik, wie sie bisher durch das (Sens ahgee für die gesammte Unterrichtsverwaltung in Preußen“ zur Veröffent⸗ lichung gelangte, hat neuerdings eine erhebliche Umgestaltung erfahren, indem auf Anordnung des Ministers der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten zum ersten Male für das Winter⸗Halbjahr 1886/87 vermittelst Zaͤhlkarten über jeden einzelnen Studirenden eine Reihe von Personalnachrichten gesammelt und im Königlichen Sta⸗ tistischen Bureau zu tabellarischen Uebersichten aufbereitet worden sind. Letztere schildern die Bevölkerung unserer Universitäten ungleich aus⸗ führlicher als die frühere Statistik. Für die betreffenden Nachweisungen fertig gestellt und zur Zeit im Druck be⸗

ausländer) unterschieden sind, nach folgenden kombinirten Gesichts⸗

Fakultät bezw. Universität, Benefiziengenuß und B Gebürtigkeit und Religionsbekenntniß der dung der verschiedenen Arten der Stipendien und ihrer Abstufun

in dieser Umfänglichkeit sonst nirgends besteht, erfolgt im 102. He des amtlichen Quellenwerks der „Preußischen Statistike. ,s

Aus dem reichen Material derselben entnehmen wir heute nach⸗ stehende Angaben. 1

ervor, und die Heüürer.

Abiturienten, und es standen davon im Alter

ist, so eigenthümlich, ja sonderbar es manchem unserer Leser erscheinen

Halbjahre Winter 1886/87 und Sommer 1887 sind die

riffen. In denselben werden die Studirenden, die durchweg nach akultäten und Staatsangehörigkeit (Preußen, andere Deutsche, Reichs⸗

punkten betrachtet: Lebensalter und Vorbildung, Studienalter und Vorbildung, Gebürtigkeit und Wohnsitz (der Studirenden bezw. deren Eltern), Religionsbekenntniß und Lebensalter, Religionsbekenntniß und Studienalter, Militärverhältniß, Hauptberuf und Berufsstellung der Väter (nach zwei verschiedenen Berufsgruppirungen), Wechsel der eruf der Väter, enefiziaten, bei Unterschei⸗

Die Veröffentlichung dieser Statistik, welche auch nur afnabecnd

Es studirten auf den 9 preußischen Landes⸗Universitäten, der theologisch⸗philosophischen Akademie zu Münster und dem Lyceum Hosianum zu Braunsberg

andere Reichs⸗

Preußen Deutsche ausländer zusammen

im Winter⸗Semester 1886/87 11 375 1387 809 13 571 im Sommer⸗Semester 1887 11 6883 1331 732 13 746 durchschnittlich. . 11 529 1359 771 13 659 oder in Prozent .äZ84,41 9,95 5,64 100. Hierunter befanden sich durchschnittlich 831 bzw. 144 und 394, zu⸗ sammen 1369 Studirende, welche ohne Zeugniß der Reife immatri⸗ kulirt waren, und von denen wohl der größere Theil durch Hören von Vorlesungen lediglich eine erweiterte allgemeine oder Spezialbildung zu erwerben, nicht aber in den Dienst der Kirche, des Staats u. s. w. zu treten beabsichtigt und für gewisse Seiten der Statistik der Uni⸗ versitätsbevölkerung daher außer Betracht gelassen werden kann. Betrachten wir an dieser Stelle Lebensalter und Vorbildung der reif immatrikulirten Studirenden, so waren von 11913 Reichs⸗ inländern (Preußen und andere Deutsche zusammengefaßt) 10 786 oder 90,54 % Gymnasial⸗Abiturienten und 1127 oder 9,46 % Realgymnasial⸗

Gymnasial⸗ Realgymnasial⸗ Abiturienten Abiturienten 420 = 3,89 % 27= 2,40 % 4542 = 42,11 368 =32,65 4453 = 41,29 480 =42,59 1901 = 17,62 199 =17,66 1030 = 9,55 197 =17,48 164 = 1,52 29= 2,57

von im Ganzen

unter bis 19 Jahr 447= 3,75 % über 19 bis 2 4910=41,22 HC 16G“ 4933 -41,41 dar. 22 23 2100 =17,63 über 25 28 1227 = 10,30 128 30 193= 1,62 30 Jahr 168= 1,41 145 = 1,34 23= 2,04 unbekannnnw. 35 = 0,29 32 = 0,30 3= 0,27

Das Alter unserer Studenten ist nach diesen Zahlen im Ganze höher, als man erwarten sollte. Erfolgte nämlich der Eintritt in die Universität durchweg in dem normalen Alter von etwa 19 Jahren (auch event. darunter) und der Abschluß der Universitätsstudien dem⸗ gemäß durchschnittlich etwa mit dem vollendeten 23. Jahre, so würden unsere Zahlen erkennen lassen, daß von sämmtlichen Reichsinländern, welche mit dem Zeugniß der Reife immatrikulirt sind, nur etwa 62,89 % in einem angemessenen Lebensalter stehen, die übrigen aber verhältnißmäßig zu alt sind, wobei die Studenten unbekannten Alters den ersteren zugerechnet wurden. Unter letzteren sind freilich Studirende, welche aus verschiedenen Gründen erst in höherem Lebens⸗ alter den Entschluß gefaßt haben, nachträglich noch die Universität zu besuchen und selbst von Neuem zu besuchen. Indessen auffäll ig groß ist deren Zahl kaum und reicht sicher nicht annähernd zu einer Er⸗ klärung der ühernormalaltrigen 37,11 % der Studirenden hin.

Es muß desbalb angenommen werden, daß unsere Studirenden entweder auf der Schule verhältnißmäßig zu alt werden, oder daß ein zu großer Theil derselben sich weit über die erforderliche Zeitdauer Studirens halber auf der Universität aufhält.

Beides ist thatsächlich der Fall. Während wir nämlich oben unter den Studirenden nur 447 oder 3,75 % im normalen Eintritts⸗ alter von 19 Jahren und darunter begegneten, ist die Zahl der noch im ersten Semester stehenden 1419 oder 11,91 %, also über dreimal so groß als jene; von letzteren sind also mindestens zwei Drittel auf der Schule zu alt geworden. Auf der anderen Seite ergiebt sich aus einer, später noch besonders zu betrachtenden Tabelle unserer Statistik über das Studienalter, daß nicht weniger als 1091 oder 9,16 % aller auf preußischen Universitäten studirenden Reichsinländer im 10. oder in einem höheren, bei 149 Studenten (1 ¼ %) sogar über das 19. hinausreichenden Semester stehen. 8

Zieht man die Vorbildung in der oben angewandten Gruppirung in Betracht, so ergiebt sich, daß die Gymnasial⸗Abiturienten bezüglich des Lebens⸗ und Studienalters etwas günstiger stehen als die Real⸗ gymnasial⸗Abiturienten. ““

In den einzelnen Fakultäten liegen die Verhältnisse nicht überall so, wie eben geschildert, und innerhalb derselben zeigen sich die be⸗ merkenswerthesten Gegensätze, wie wir in einem folgenden Artikel darlegen wollen.

Wie die „Gaceta de Madrid“ berichtet, hat der spanische Minister des Innern kürzlich die Aufmerksamkeit des Civil⸗Gouverneurs der Provinz auf die beträchtliche Sterblichkeit in Madrid im Vergleich zu anderen Großstädten gelenkt und eine Besserung der hygienischen Verhältnisse der Hauptstadt angeregt. Es starben nämlich

in Madrid: 3 88 auf 109 äes

im Jahre 1880 18881 1882 1883 1884 1885 1886 1887 3 Diz Verhältnißzahlen sind bis zum Jahre 1 eine mit Bevölkerung von 397 816, für die letzten beiden Jahre auf eine solche von 471 906 Köpfen bezogen.

überhaupt 15 909

““ . Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Soeben ist im Verlage von Paul Parey zu Berlin das „Handbuch der Staats⸗Forstverwaltung in Preußen“ von E. Schlieckmann, Königlich preußischem Forstmeister zu Frankfurt a. d. Oder, in zweiter neu bearbeiteter Auflage, welche dem Andenken des Hrn. Otto von Hagen, weil. Königlich preußischen Geheimen Raths und Ober⸗Landforstmeisters gewidmet ist, erschienen (Preis 20 ℳ). Die dem Verfasser zu Theil gewordene Zustimmung nach dem Erscheinen seines Handbuchs und dessen inzwischen erfolgte weitere Verbreitung gaben die Anregung zur zeitgemäßen Weiter⸗ führung desselben, sodaß die für jedes Verwaltungs⸗Handbuch in nicht zu langen Zeiträumen erforderliche Ueberarbeitung und Ergänzung hat stattfinden können. Der Verfasser ist somit bemüht gewesen, der fortschreitenden Gesetzgebung zu folgen und im Anschluß an dieselbe auch allen in der preußischen Forstverwaltung eingetretenen Veränderungen Rechnung zu tragen. Die vorliegende zweite Auflage bringt demgemäß alle auf die Staatsforstverwaltung be⸗ züglichen Gesetze, Kabinetsordres, Verordnungen, Entscheidungen höchster Gerichtshöfe, Regulative, Staats⸗Ministerialbeschlüsse und Ministe⸗ rialverfügungen mit Quellenangabe in geordneter Darstellung bis auf

ie neueste Zeit. Wesentliche sachliche Erweiterungen hat der Personaltheil und Abschnitt III des Verwaltungstheils (Etats⸗, Kassen⸗ und Rechnungswesen) erfahren. Die Uebersichtlichkeit des Werkes zum Handgebrauch hat der Verfasser durch 885 des Stoffes in Paragraphen und durch wesentliche Vervollständigung des alphabetischen Sachregisters erhöht.

Soeben ist im Verlage von Franz Vahlen in Berlin W., Mobrenstraße 13/14, das sechste Heft des zweiten Jahrganges der vierten Folge von den durch den Reichsgerichts⸗Rath Rassow und Geheimen Lustiz⸗Rath und vortragenden Rath im Königlich preußi⸗ schen Justiz⸗Ministerium, Küntzel, bherausgegebenen „Beiträgen zur Erläuterung des deutschen Rechts, in besonderer Beziehung auf das preußische Recht mit Einschluß des Handels⸗ und Wechselrechts' erschienen. Inhaltsverzeichniß des vorliegenden Heftes: Beiträge zur Erklärung und Würdigung des Entwurss eines bürgerlichen Gesetzbuchs: „Ueber die Vollziehung eines Arrestes vor erfolgter Zustellung des Arrestbefehls nach §. 809 Abs. 3 C.⸗P.⸗O. (Ges. v. 30. April 1886)“, von Dr. Wyszomirski, Landrichter in Essen; „Erörterung der Novelle vom 30. April 1886“, vom Amtsrichter Wachsmann in Grät; „Der Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs vor dem Juristentage’ von Dr. Klöppel, Rechtsanwalt bei Reichsgericht, und Literatur zum Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs fuͤr das Deutsche Reich. Aus der Praxis: Ein elne Rechtsfälle. Literatur: Besprechungen und Kritiken; kurze Anzeigen und Uebersicht rechtswissenschaftlicher Zeitschriften.

Die Schule in ihrem Verhältniß zu Staat und Kirche, von C. Neese. Verlag von Hermann Brieger, Berlin SW., Kochstr. 32. Derjenigen Anschauung, welche dem Staat auf dem Ge⸗ biet der Schule keine irgendwie nennenswerthe Rolle zuerkennt, tritt obige, soeben erschienene Schrift in dankenswerther Klarheit und Schärfe entgegen. Die Broschüre ist mehr als eine „Studie“, sie ist eine historisch⸗wissenschaftliche Untersuchung und Klarstellung einer Rechts⸗ frage zu Gunsten des Staats. 8

Die zweite Ehe. Stiefeltern und Stiefkinder.

Eine Beleuchtung vom sozialen und rechtlichen Standpunkte für Alle,

die es angeht, von Ottomar Beta, Verfasser von „Die Kunst

verheirathet und doch glücklich zu sein.“ Dieses soeben in R. von

Decker's Verlag (G. Schenck, Königlicher Hofbuchhändler) zu Berlin

erschienene Buch bildet gleichsam den zweiten Theil der auf der

Grundlage eines englischen Werkes verfaßten Abhandlung: „Die

Kunst verheirathet und doch Kücflich zu sein“, an deren Ton es sich

möglichst anschließt. Den Verfasser leiteten drei Gesichtspunkte:

Erstens die Nützlichkeit, die Unbefangenheit zu bekämpfen, mit welcher

Viele sich ohne auf die Garantien des Glücks für sich und die Ihren

zu achten, in die andere Ehe stürzen; zweitens: die Er⸗

wägung, daß die bestehende Gesetzgebung den durch das

Stiefverhältniß herbeigeführten Uebeln nicht Rechnung trägt,

und daß auch der Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs

für das Deutsche Reich sich lossagt von dem Boden der Wirk⸗

lichkeit und des germanischen Familiengefühls; drittens: der Wunsch,

den Verwaisten und Verstoßenen eine Hülfe in ihrem eigenen Herzen

zu erwecken. Dürften auch die Farben bei der Schilderung der aus

dem Stiefverhältniß sich ergebenden Uebelstände mitunter etwas zu

rell aufgetragen sein, so zeugen doch die Ausführungen von scharfer

eobachtungsgabe und reicher Lebenserfahrung, wie auch von einem

gemüthsinnigen Mitgefühl des Verfassers mit den Stiefkindern, ins⸗

besondere mit den unter stiefmütterlicher Zucht stehenden. Dem Buche,

welches nur zu geeignet ist, die Wittwen und hauptsächlich die Wittwer

vor Eingehung einer abermaligen Ehe zur Einkehr in sich zu ver⸗

anlassen, ist die weiteste Verbreitung zu wünschen.

Ein Spaziergang um die Welt (Amerika, Japan, China) vom Freiherrn Alexander von Hübner (ehemal. K. K. österreichischer Botschafter in Paris und am päpstlichen Hofe). Mit 324 Illustrationen. 2. unveränderte Auflage. 13.—15. Lieferung. 6 d. L. 50 ₰. Verlag von Schmidt und Günther in Leipzig. Mit Lieferung 13 beginnt der zweite Theil des prächtigen Reisewerks, nämlich die Schilderung Japans. Der Verfasser, welchem sich durch seine Stellung Thür und Thor mit Leichtigkeit öffneten, entwirft uns eine lebendige Schilderung des fernen Inselreichs. Von den vielen eigenartigen Illustrationen erwähnen wir folgende: Vokahama Straße zum Tempel, Inneres eines Hauses: Portier und Nachbarinnen, Straße von Yokohama nach Kanagawa, Straße von Benten⸗Tori in

okohama, Badende der Bürgerklasse in den Bädern von Mipanoshita,

ie Toilette eines Yakunin, Kaiserlicher Depeschenträger, Aerztlicher Besuch, Reise im Kangho, Wallfahrer im Strohmantel, Das Volk seinen Vorgesetzten huldigend, Nesan (Theemädchen), wie man in Japan schläft ꝛc. An Volbildern enthalten die Hefte u. A.: Thurm eines buddhistischen Tempels in Kawasaki, Toilette einer japanischen Dame, Ein Familiendiner, Im großen Tempel von Yoshida, Wie der Verfasser über die öffentlichen Sitten wacht, ꝛc.

Im Verlage von J. J. Weber in Leipzig ist von den „Meisterwerken der Holzschneidekunst” der elfte Band, 1889, (12 Lieferungen), der ganzen Sammlung Lieferung 121— 132, erschienen. Mit dem 12. Bande (Januar 1889) beginnt von diesem trefflichen Werke, welches sich durch die Auswahl und die künstlerische Ausstattung der Bilder sowie durch seinen erklärenden Text einen weiten Leser⸗ kreis erworben hat, ein neuer Jahrgang, der auf weitere Theilnahme des Publikums rechnen darf. Die „Meisterwerke der Holzschneidekunst“ erscheinen in monatlichen Lieferungen zu 8 Bilderseiten mit erklären⸗ dem Text, zum Preise von je 1 %. Zwölf Lieferungen nebst Titel und Inhaltsverzeichniß bilden einen Band, zu welchem eine künstlerisch ausgeführte Einbanddecke mit Brokat⸗Vorsatzpapier auf Verlangen zum Preise von je 4 nachgeliefert wird. (Eleg. Leinwandmappen zum Einlegen je eines Bandes, Pr. 4 Einfache Aufbewahrungs⸗ mappen für je 12 Lieferungen, Pr. 1 Band I. bis X. in Pracht⸗ band Pr. je 18 ℳ) .

Die am 1. Dezember d. J. erscheinende Nr. 2370 der „Illu⸗ strirten Zeitung“ enthält folgende Abbildungen: Franz Joseph I., Kaiser von Oesterreich und König von Ungarn. Albert Erdmann Karl Gerhard v. Levetzow, der neugewählte Präsident des Deutschen Reichstages. Das Königsmonument am Starnberger See. Originalzeichnung von G. A. Horst. Der Stephansplatz in Wien. Originalzeichnung von A. Kronstein. Für die Blockade der ost⸗ afrikanischen Küste bestimmte deutsche Kriegsschiffe. 4 Abbildungen. Rückkehr des neuvermählten Paars aus der Kirche. Nach einem Gemälde von Arthur Ricci. Bilder von Paul Reichard's Reise in Central⸗Afrika. 11 Abbildungen. Nach Skizzen des Reisenden. Der Reisende Dr. Friedhjof Nansen. Patent⸗Motorwagen mit Gasbetrieb. Originalzeichnung von G. Franz. Schmarotzerthum und Ernährungsgenossenschaften im Pflanzenreich. 6 Figuren. ꝛc.

Sanitäts⸗, Veterinär⸗ und Quarantänewesen. 8

Oesterreich⸗Ungarn.

ie Königlich ungarische Seebehörde zu Fiume hat aus Anlaß des Ausbruchs der Lungenseuche unter den Hausthieren des Dorfes Kessoul in der Provinz Galioubieh in Egypten Folgendes angeordnet: Die Ein⸗ und Durchfuhr von Hausthieren und deren Abfällen und Produkten ist nur aus nichtinfizirten Gegenden der Provinz Galioubieh und unter den Bedingungen des Gesetzes XX. vom Jahre 1874 gestattet. 8 Ueber die Herkunft der gedachten thierischen Abfälle und Produkte müssen Ursprungs⸗Atteste beigebracht werden; für die Thiere selbst ist außerdem der Nachweis zu führen, daß dieselben nicht durch infizirte Länder befördert worden sind. Andernfalls unterliegen die Thiere und Gegenstände den sanitären Vorschriften im See⸗Lazareth zu Martinschizza.

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Gewerbe und Handel.

Bericht über den Handel mit Stärke, zusammengestellt nach Mittheilungen der Vertrauensmänner des Vereins der Stärke⸗ Interessenten in Deutschland. (Woche vom 21. bis 27. November 1888.) Die Preise für Kartoffelmehl und trockene Ia Stärke erhielten sich auf der Höhe der vorwöchentlichen, zum Theil erhielten Abgeber auch etwas höhere Preise zugebilligt. In Prima Kartoffelmehl wurden uns folgende Verkäufe mitgetheilt: Es wurden verkauft 500 Sack zu 29 ab Station in der Altmark, lieferbar Januar⸗Februar 1889, 50 Sack ebenfalls zu 29 per Kassa ab Station der Berlin⸗Ham⸗ burger Bahn, 1000 Sack zu 28,50 frei Stettin, lieferbar Dezember⸗ Januar ab Station im Reg.⸗Bez. Stettin, 1000 Sack zu 29 ab Station in der Altmark, lieferbar Dezember⸗April, 100 Sack zu 28 per Kasse ab Station der Berlin⸗Lehrter Bahn, lieferbar November⸗ Dezember, 100 Sack zu 29,40 frei Stettin ab Station in der Neumark; heute wurden uns Verkäufe von 600 Sack Mehl Lieferung Dezember⸗Mai zu 29,85 und von weiteren 600 Sack Lieferung April⸗Mai zu 30 frei Hamburg mitgetheilt. Dagegen wurden Gebote von 28,50 frei Station in Nieederschlesien, lieferbar Januar⸗Februar 1889, für feine Prima abgelehnt. In trockener Kartoffelstärke wurde zu Anfang der Berichtswoche über Ver⸗ käufe von 3000 Sack 1a zu 29,50 und von 1500 Sack IIa zu 27,50 nach England ab Station in der Uckermark, lieferbar zum März nächsten Jahres, berichtet. Ferner wurden an trockener Prima⸗ stärke verkauft: 100 Sack zu 27,85 Parität Breslau, lieferbar Dezember ab Station im Reg.⸗Bez. Breslau, und endlich 100 Sack zu 26 (in Käufers Säcken) frei Station im Reg.⸗Bez. Frankfurt a. O., während andererseits Gebote von 30 frei Stettin ab

Station in Niederschlesien abgelehnt wurden. Was feuchte

Kartoffelstärke anbelangt, so sind die Preise dafür schwankende gewesen und zum Theil hinter den in der Vorwoche erzielten zurück⸗ geblieben. Es wurden in der Berichtswoche verkauft: ein Posten 14,50 Parität Berlin ab Station in Hinterpommern, ein Waggon zu 13,50 frei Station im Reg.⸗Bez. Frankfurt a. O 3 Waggons zu 13,80 frei Station in der U sermark, brutto für netto, inkl. Sack = 14,30 Parität Berlin, ferner ein Waggon zu 13,80 ℳ, einer desgleichen zu 13,40 frei Station im Regierungsbezirk Stettin, 1600 Sack zu 14 ab Station in Nieder⸗ barnim = 14,13 Parität Berlin, lieferbar Dezember⸗Januar ein Posten zu 13,70 frei Station in Niederschlesien = 14,47 Parität Berlin (kurz vorher hatte eine Fabrik in Frankfurt a. O. für diesen Posten zu gleichen Bedingungen nur 13,05 geboten); zum Schluß wurden uns Verkäufe von 13,75 ℳ, 13,30 frei Fabrik in Oberbarnim und von 13,75 (200 Sack) frei Station im Regierun bezirk Frankfurt a. O. gemeldet. In der heutigen ordentlichen Generalversammlung der Berliner Adler⸗Bier⸗Brauerei Actien⸗Gesellschaft wurde der Geschäftsbericht diskutirt und die Bilanz und das Gewinn⸗ und Verlust⸗Conto nach längerer Debatte genehmigt, die Dividende auf 5 % für die Stamm⸗Aktien und 7 % für die Stamm⸗Prioritäts⸗Aktien festgesetzt und der Direktion und dem Aufsichtsrath Decharge ertheilt. Die Auszahlung der Dividende erfolgt von heute ab bei der Dresdner Bank hier sowie bei der Gesellschaftskasse. 8 G

In der heutigen Generalversammlung der Victoria⸗ Brauerei, Aktiengesellschaft, wurden Geschäftsbericht und Bilanz für 1887/88, sowie das Gewinn⸗ und Verlust⸗Conto von der Verwaltung vorgelegt und von der Versamm⸗ lung widerspruchslos genehmigt, die Dividende, vom 3. Dezember d. J. ab zahlbar, auf 8 % festgesetzt und dem Aufsichtsrath und Vorstand die Entlastung für das verflossene Geschäftsjahr erthei Betreffs des Geschäftsganges im laufenden Jahre theilte der Direktor mit, daß derselbe ein befriedigender sei, da trotz des schlechten Wetters im Oktober und November d. J. der im Jahre 1887 in diesen Mo⸗ naten gegen das Vorjahr erzielte bedeutende Mehrabsatz an Bier noch überschritten sei. 3

Vom oberschlesischen Steinkohlenmarkt berichte die „Schles. Ztg.“: Ungeachtet zu Anfang der vorigen Woche ein Reihe wärmerer Tage auf die bisherige Frostperiode des Novembe folgte, hHat das Kohlengeschäft in dem Begehr nach Heizkohlen nu unmerklich nachgelassen. Man darf dies dem Umstand zuschreiben, daß der Bedarf bisher nicht in dem zu Tage getretenen Maße befriedigt werden konnte, da es mit dem Eisenbahnversandt in Ermangelung hinreichender Fahrzeuge noch, immer schlep⸗ pend ging. Es dürfte indessen nicht ausbleiben, daß eine längere Periode wärmerer Witterung die Abfuhr von den Vorräthslägern allmählich beeinträchtigt und ihre Rückwirkung auf den allgemeinen Bedarf äußert. Vor der Hand fanden die Gruben allerdings einige Ent⸗ schädigung in der fast andrängenden örtlichen Abfuhr für den ent gehenden Absatz zur Eisenbahn, da die nächste Umgebung der Gruben am ehesten in der Lage ist, bei Verschleppung der Eisenbahnversen dungen sich durch Achsfracht zu helfen; dieser Absaß kann jedoch au die Dauer nicht den Absatz nach den entfernteren Absatzregionen er setzen. Im Ganzen waren die aufbereiteten Sorten, Fettkohlen, stark begehrt, und werden von den Gruben für die freihändig verfüg⸗ baren Kohlen höhere Preise gefordert, wie auch im Markt allerseits

Aufschläge erfolgt sind.

Die „Rhein.⸗Westf. Ztg.“ berichtet vom rheinisch westfälischen Metallmarkt: Die Geschäftslage des rheinisch westfälischen Eisenmarkts hat wesentliche Aenderung nicht er⸗ litten. Dieselbe ist im Allgemeinen eine ruhige, aber sehr feste und nach den Einzelberichten der letzten Woche zu schließen, scheint sich sogar für manche Produkte eine Besserung anzubahnen. An sich betrachtet ist die Marktlage keineswegs eine so ungünstige, wie sie von einigen Seiten hingestellt wird, und es ist, wie gesagt, alle Aussicht vorbanden, daß das Geschäft in nächster Zeit noch an Lebhaftigkeit zunehmen werde, besonders scheint dies in der Roheisenbranche mit Sicherheit erwartet zu werden. Für Eisenerze hat sich das Geschäft sehr lebhaft er⸗ halten. Im Siegerlande sind die Gruben in angestrengter Förder⸗ thätigkeit, trotzdem sind dieselben kaum im Stande, den Bedarf der Hoch⸗ öfen vollständig zu decken. Die Preise sind daher, wie leicht verständlich, außerordentlich fest und in steigender Bewegung. Etwas lebhafter hat sich der Roheisenmarkt in der letzten Zeit gestaltet. Die Käufer scheinen aus ihrer Zurückhaltung herauszutreten, da auf einen Rück⸗ ang der jetzigen Notirungen gar nicht mehr zu hoffen ist. Der Fmduls scheint die von uns bereits mitgetheilte, vom rheinisch⸗ westfälischen Roheisenverband durchgeführte Erhöhung der Preise für Puddelroheisen zu sein. Wie dies gewöhnlich der Fall zu sein pflegt, schreckt ein solcher Aufschlag die Abnehmer aus ihrer Sicher⸗ heit heraus und ebenso folgerichtig wie bei einem Preis⸗ rückgang niemals regere Kauflust, sondern im Gegentheil größere Zurückhaltung einzutreten pflegt, tritt jetzt das Umgekehrte ein und die Nachfrage nimmt von Tag zu Tag zu. Das Vor⸗ gehen des rheinisch⸗westfälischen Roheisenverbandes hat seine Rück wirkung auch auf die demselben nicht angehörigen Siegerländer Werk ausgeübt, indem daselbst Puddelroheisen ebenfalls nicht mehr zu den Preisen der Vorwoche abgegeben wurde, sondern um 0,50 bis 1 per Tonne im Preise höher gehalten wurde. Bemerkenswerth für die zukünftige Gestaltung des Roheisengeschäfts ist, daß zehn rheinisch⸗westfälische Hochöfen vom 26. d. M. an ihre Erzeugnisse nicht mehr unmittelbar, sondern von einer gemeinsamen Ver⸗ kaufsstelle in Düsseldorf abgeben. Was Spiegeleisen an⸗ belangt, so kann auch für diese Sorte eine merkliche Belebung gemel⸗ det werden. Die Nachfrage für das 1. Quartal des folgenden Jahres ist eine sehr rege und dieser Umstand sowie die Vertheuerung der Roh⸗ materialien hat auch endlich die Preise heraufgebracht, sodaß für 10 bis 12 % Mangan haltende Marken jetzt 54 pro Tonne notirt werden. Bei der im Allgemeinen flotten Beschäftigung der Stahl⸗ werke wird die Nachfrage voraussichtlich noch längere Zeit anhalten. Für Gießerei⸗Roheisen hat sich der Absatz in dem seitherigen Ümfang erhalten. Das Walzeisen⸗Geschäft behielt auch in der letzten Woche seinen im Allgemeinen ruhigen und stetigen V lauf. Die Stabeisenwerke sind für das Inland im Ganzen ziemli gut beschäftigt, für das Ausland bleiben die früheren Klagen wege mangelnder Aufträge noch bestehen. Die Nachfrage nach Trägerei hat in der letzten Zeit, wie zu erwarten war, abgenommen. Für Bandeisen gilt unverändert das im letzten Bericht Mitgetheilte. Die Grobblechwalzwerke sind durchweg gut und zu lohnenden Preisen beschäftigt, was von den Feinblechwalzwerken nur vereinzel behauptet werden kann. Im Allgemeinen sind die Werke noch auf nahmefähig; die Preise für Feinbleche sind fest. Für Walzdraht sowie auch für gezogene Drähte und Drahtstifte ist die Geschäfts⸗ lage noch immer eine mißliche, und die Preise sind bis auf Aeußerste gedrückt. Die Eisengießereien und Maschinen fabriken sind zum größten Theil in Sesediea. Thätigkeit; erster namentlich auch mit der Herstellung von Winterartikeln. Auch der Betrieb der Bahnwagenfabriken ist ein regelmäßiger und sind durch die kürzlich erfolgten Verdingungen den Werken wieder neu Aufträge zugeflossen. 86

Von der von Theodor Martin in Leipzig herausgegebene „Leipziger Monatschrift für Textil⸗Industrie“ liegt di Nr. 10 vor. Auch in der neuen Nummer ist jedes Gebiet der we verzweigten Textil⸗Industrie vertreten und eine Fülle gehüegener fa männischer Artikel, welche zum Theil durch gut ausgeführte Abbi dungen erläutert Snd. hebt von der Sorgfalt der Redaktion Zeugniß Das Beiblatt „Der usterzeichner“ enthält zahlreiche Muster Kompositionen nebst Stoffproben (Nouveautés) und darf als werth volle Ergänzung der Monatschrift gelten. Aus dem reichen Inhal der letzten Nummer heben wir die folgenden Artikel hervor: Artike allgemeinen Inhalts: Die Kartelle. Nach einem Vortrage von Prof Dr. Lojo Brentano; Arbeiterschutz; Zur Errichtung von Lehr stühlen an den technischen Hochschulen für chemische Technologie de Textilgewerbe und Farbentechnik; Die Unfälle weiblicher Arbeite

in der Textil⸗Industrie; Fremde Fabrikanten in China; Indisches