8““ 8 1“ 1“
Dem Rechtsanwalt und Notar Solisien in Luckenwalde ist die nachgesuchte Entlassung aus dem Amt als Notar ertheilt. 1 v Kammergerichts⸗Rath Weber, der 11““ von Khaynach in Münster, der Amtsgerichts⸗Rath Kra in Diez, der Amtsgerichts⸗Raͤth Fabian in Danzig und der Rechtsanwalt und Notar, Justiz⸗Rath Dr. Seestern⸗Pauly in Kiel sind gestorben. . ““ 2*
Ministerium für Handel und Gewerbe.
Dem Kupferschmiedemeister A. Grünke zu Neidenburg und dem Maschinenfabrikanten A. Fr anke zu Allenstein ist die Medaille für gewerbliche Leistungen in Silber, sowie dem Dampftischlereibesitzer F. Freitag, den Bau⸗
tischlerei⸗ und „ Orlowski & Co., dem Kunstschlosser Max Lion zu Allenstein und dem Photographen Schumacher zu Neidenburg dieselbe Medaille in Bronze verliehen worden. ——1—— 8
Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten.
Königliche Friedrich⸗Wilhelms⸗Universität.
Das amtliche Verzeichniß des Personals und der Stu⸗ direnden hiesiger Universität für das Winter⸗Semester 1888/89 ist im Druck erschienen und in unserem Bureau für 75 ₰ käuflich zu haben.
Berlin, den 7. Dezember 1888.
Der Rektor und der Richter Gerhardt. Daude.
Bekanntmachung.
Das laut Bekanntmachung vom 1. Juli d. J. aus⸗ geschriebene Stipendium der Dr. Adolf Menzel⸗Stif⸗ tung im Betrage von 800 ℳ ist durch Beschluß des Kura⸗ toriums der genannten Stiftung für das Jahr 1889 dem .““ der akademischen Hochschule für die bildenden
üÜnste, 8 Maler Oskar Frenzel aus Berlin verliehen worden. 1 Berlin, den 8. Dezember 1888. Der Vorsitzende 88 des Kuratoriums der Dr. Adolf Menzel⸗Stiftung. A. von Werner, 1 Direktor der Königlichen akademischen Hochschule für die bildenden Künste.
Finanz⸗Ministerium.
Die durch den Tod ihres bisherigen Inhabers erledigte Stelle des Königlichen Rentmeisters der Kreiskasse in Halber⸗ stadt ist dem Rentmeister Worbs zu Kalbe a. S. verliehen, und die Verwaltung der Kreiskasse zu Kalbe a. S. ist dem Regierungs⸗Sekretariats⸗Assistenten von Kurnatowski in Gumbinnen übertragen worden. 8 1
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8 2. Hauptverwaltung der Staatsschulden.
Bekanntmachung.
Die am 1. Mai k. J. zu tilgenden Kurmärkischen Schuldverschreibungen werden am Mittwoch, den 2. Januar 1889, Vormittags 11 Uhr, in unserem Sitzungszimmer, Oranienstraße Nr. 92/94, 1 Treppe, im Beisein eines Notars öffentlich durch das Loos
gezogen.
8 Die verloosten Schuldverschreibungen werden demnächst nach den Nummern und Beträgen durch Zeitungen und Amts⸗ blätter bekannt gemacht.
Berlin, den 1. Dezember 1888S.
FHauptverwaltung der Staatsschulden.
Sydov.
Bekanntmachung.
G Die am 1. Januar 1889 fälligen Zinsscheine der preußischen Staatsschulden werden bei der Staats⸗ schulden⸗Tilgungskasse — W. Taubenstraße 29 hierselbst —, bei der Reichsbank⸗Hauptkasse sowie bei den früher zur Ein⸗ lösung benutzten Königlichen Kassen und Reichsbank⸗Anstalten vom 24. d. M. ab eingelöst.
Die Zinsscheine sind, nach den einzelnen Schuldgattungen und Werthabschnitten geordnet, den Einlösungsstellen mit einem Verzeichniß vorzulegen, welches die Stückzahl und den Betrag für jeden Werthabschnitt angiebt, aufgerechnet ist vmnd des Einliefernden Namen und Wohnung ersichtlich
macht. 8 Wegen Zahlung der am 1. Januar fälligen Zinsen für die in das Staatsschuldbuch eingetragenen Forderungen bemerken wir, daß die Zusendung dieser Zensen mittels der Post sowie ihre Gutschrift auf den Reichsbank⸗Girokonten der Empfangsberechtigten zwischen dem 18. Dezember und 8. Januar erfolgt; die Baarzahlung aber bei der Staatsschulden⸗Tilgungskasse am 18. Dezember, bei den Regierungs⸗Hauptkassen am 24. Dezember und bei den mit der Annahme direkter Staatssteuern außerhalb Berlins betrauten Kassen am 2. Januar beginnt.
Die Staatsschulden⸗Tilgungskasse ist für die Zins⸗ zahlungen werktäglich von 9 bis 1 Uhr mit Ausschluß des vorletzten Tages in jedem Monat, am letzten Monatstage aber von 11 bis 1 Uhr geöffnet.
Die Inhaber preußischer 4prozentiger und 3 ½ prozentiger Konsols machen wir wiederholt auf die durch uns veröffentlichten „Amtlichen Nach⸗ richten über das Preußische Staatsschuldbuch, Dritte Ausgabe“, aufmerksam, welche durch jede Buchhandlung für 40 ₰ oder von dem Verleger J. Guttentag 8 Collin) in Berlin durch die Post für 45 ₰ franko zu beziehen sind. 8
Berlin, den 3. Dezember 1888.)
HSHauptverwaltung der Staatsschulden.
Sydow.
Bekanntmachung.
Die dem Schachtmeister Wilhelm Becker zu Westherbede unterm 8. v. M. diesseits ertheilte Erlaubniß zum Besitz und zur Verwendung von Sprengstoffen habe ich unter dem heutigen Tage zurückgenommen.
Hattingen, den 20. November 1888.
Der Königliche Landrath. Dr. Neuhaus.
Personalveränderungen.
Königlich Preußische Armee.
Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen. Im aktiven Heere. Berlin, 1. Dezember. v. Lettow⸗ Vorbeck, Gen. Lt. und Commandeur der 4. Inf. Brig., zum Kom⸗ mandanten von Thorn ernannt. b
Berlin, 4. Dezember. Golz, Gen. Major, beauftragt mit Wahrnehmung der Geschäfte der General⸗Inspektion des Ingen. und Pion. Corps und der Festungen, Graf v. Schlieffen, Gen. Major vom Generalstabe der Armee, zu Gen. Lts. befördert. Lenke, Oberst und Commandeur des Hus. Regts. Nr. 9, unter Stellung à la suite dieses Regts., mit der Führung der 14. Kav. Brig. beauftragt. v. Bülow, Major und etatsmäß. Stabsoffiz. des Hus. Regts. Nr. 9, zum Commandeur dieses Regts ernannt. Frhr. v. Röder, Major vom Königl. württ. Generalstabe, behufs Uebernahme der Funktionen des etatsmäß. Stabsoffiz., zum Hus. Regt. Nr. 9 kommandirt. von Schnackenberg, Oberst und Commandeur des Ulan. Regts. Nr. 5, unter Stellung à la suite dieses Regts., zum Commandeur der 17. Kav. Brig. ernannt. v. Bayer⸗Ehrenberg, Major und etatsmäß. Stabsoffiz. des Ulan. Regts. Nr. 19, behufs Uebernahme der Führung des Regts., zum Ulan. Regt. Nr. 5 kommandirt. Frhr. v. Oberst, beauftragt mit der Führung der 28. Kav. Brig., unter Belassung à la suite des Kür. Regts. Nr. 1, zum Com⸗ mandeur dieser Brig. ernannt. v. Krosigk, Major und etatsmäß. Stabsoffiz. des Husaren⸗Regiments Nr. 12, unter Stellung à la suite des Dragoner⸗Regiments Nr. 4, nach Württem⸗ berg, behufs Uebernahme des Kommandos des Dragoner⸗Regiments Nr. 26 kommandirt. v. Wenden, Major, beauftragt mit der Führung des Ulan. Regts. Nr. 6, Engelmann, Major, beauftragt mit der Führung des Drag. Regts. Nr. 14, zu Commandeuren der betreffenden Regimenter ernannt. Frhr. v. Richthofen, Major und Escadr. Chef vom Hus. Regt. Nr. 7, als etatsmäßig. Stabsoffiz. in das Hus. Regt. Nr. 12, Frhr. v. Tettau, Rittm. vom Drag. Regt. Nr. 7, als Escadr. Chef in das Hus. Regt. Nr. 7 versetzt. Baumann, Major à la suite des Drag. Regts. Nr. 25, von dem Kommando als Escadr. Chef bei dem Dragoner⸗Regiment Nr. 4 entbunden. Frhr. v. Puttkamer, Major und Escadr. Chef vom Hus. Regt. Nr. 1, dem Regt. agaregitt. Frhr. v. Röder, Rittm. u. Escadr. Chef vom Drag. Regt. Nr. 26, als Escadr. Chef zum Hus. Regt. Nr. 1 kommandirt v. Scheffer, Rittm. und Escadr. Chef vom Drag. Regt. Nr. 17, v. Wallenberg, Rittm. und Escadr. Chef vom Hus. Regt. Nr. 11, der Charakter als Major verliehen. Erbprinz Reuß j. L. Durchlaucht, Pr. Lt. vom Garde⸗Hus. Regt., unter Belassung à la suite des Inf. Regts. Nr. 96, in welchem Verhältniß er den Diensttitel „Hauptmann“ führt, zum Rittmeister und Escadr. Chbef, vorläufig ohne Patent, v. Arnim, Sec. Lt. von dems. Regt. zum Pr. Lt., vor⸗ läufig ohne Patent, befördert. Flist, Major vom Kriegs⸗Ministe⸗ rium, bis auf Weiteres zur Dienstleistung bei dem Garde⸗Pion. Bat., Mudra, Hauptm. und Comp. Chef vom Garde⸗Pion. Bat, vor⸗ läufig auf drei Monate zur Dienstleistung bei dem Kriegs⸗Ministe⸗ rium, kommandirt. v. Groß gen. v. Schwarzhoff, Major vom Großen Generalstabe, zum Generalstabe der 14. Div. versetzt. Wollenberg, Pr. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 43, von dem Kom⸗ mando zur Dienstleistung bei einer Militär⸗Intendantur entbunden.
Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. Berlin, 4. Dezember. v. Körber, Gen. Lt. und Inspecteur der 3. Feld⸗Art. Insp., in Genehmiaung seines Abschiedsgesuches mit Pension, v. Ostau, Gen. Major und Commandeur der 14. Kav. Brigade, Kuhlwein r. Rathenow, Gen. Major und Commandeur der 17. Kav. Brig., in Genehmigung ihrer Abschiedsgesuche, als Gen. Lts. mit Pension, zur Disp. gestellt. Graefe, Sec. Lt. vom Train⸗Bat Nr. 1, der Abschied bewilligt.
Richtamtliches. Deutsches Reich
Preußen. Berlin, 8. Dezember. Se. Majestät der Kaiser und König erledigten gestern in den Morgen⸗ stunden zunächst Regierungs⸗Angelegenheiten und begaben Sich gegen 11 ½ Uhr Vormittags, begleitet von dem Flügel⸗ Adjutanten vom Dienst, nach dem Opernhause, um daselbsi einer Probe des Musikdramas „Rheingold“ 1
Kurz vor 1 Uhr erfolgte die Rückkehr in das Schloß. Bald darauf empfingen Se. Majestät den Grafen Clemens zu Schönburg⸗Glauchau sowie den Hauptmann von Holstein und später den Amtsrichter von Normann, welche beide die Ehre hatten, die Orden ihres verstorbenen Vaters bezw. Onkels in die Hände Sr. Majestät zurücklegen zu dürfen.
Bald nach dem Frühstück, zu welchem der Kultus⸗ Minister Dr. von Goßler mit einer Einladung beehrt worden war, unternahmen Se. Majestät in offenem Wagen eine Spazierfahrt durch den Thiergarten nach dem Grunewald.
Gegen 3 ½ Uhr erfolgte die Rückkehr in das Schloß. Dort empfingen Se. Majestät noch den Geheimen Rath Mießner und verblieben dann bis zum Thee, zu welchem keine besonderen Einladungen ergangen waren, im Arbeitszimmer.
— Ihre Majestät die Kaiserin und Königin Augusta empfing am Donnerstag den Besuch Ihrer König⸗ lichen Sofha⸗ der Prinzen Georg, Alexander und Friedrich Leopold, sowie gestern den Fecbmarschen Grafen Moltke und
heute die Fürstlich Radziwill sche Familie.
— Der Ausschuß des Bundesraths für Zoll⸗ und Steuerwesen und die vereinigten Ausschüsse für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Handel und Verkehr, für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Rechnungswesen, sowie für Zoll⸗ und Steuerwesen, für Handel und Verkehr, für Justizwesen und für Rechnungswesen hielten heute Sitzungen.
— Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Reichstages befindet sich in der Ersten Beilage.
— Auf der Tagesordnung der am Montag, den 10. d. M., Mittags 12 Uhr, stattfindenden 11. Plenar⸗ sitzung des Reichstages stehen folgende Gegenstände: Fort⸗ setzung der ersten Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, be⸗ treffend die Alters⸗ und Invaliditätsversicherung. — Erste und event. zweite Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, be⸗ treffend die Vorarbeiten für das Nationaldenkmal Kaiser Wilhelm's I.
— Die Bestimmung des §. 2 des vveußiichen Gesetzes vom 26. März 1856, wonach Derjenige, welcher ohne Befugniß anstehende Mineralien, welche der Staat sich vorbehalten hat oder zu deren Gewinnung es einer Verleihung. bedarf, in der Absicht wegnimmt, dieselben sich zuzueignen, mit Geld⸗ buße bis zu 50 Thaler oder mit Gefängniß bis zu 6 Wochen bestraft wird, findet nach einem Urtheil des Reichsgerichts, IV. Strafsenats, vom 2. Oktober d. J., auf die unbefugte Aneignung von Mineralien aus den Halden keine Anwendung, vielmehr ist diese Aneignung als gemeiner Diebstahl aus §. 242 ff. des Strafgesetzbuchs zu bestrafen.
— Zwischen den Wahlen im Verbandedergrößeren Grundbesitzer und den vorher zu bewirkenden Wahlen im Verbande der Landgemeinden (§. 108 der Kreis⸗ ordnung vom 13. Dezember 1872) muß ein Zwischenraum von mindestens acht Tagen liegen. — Das Ober⸗Verwaltungs⸗ gericht hat in einem Falle, in welchem die Zwischenzeit nur 24 Stunden betrug, die Wahl im Verbande der größeren Grundbesitzer wegen Nichtbeachtung jenes, aus Art. 14 der Instruktion vom 10. März 1873 (M.⸗Bl. d. i. V. S. 81) hergeleiteten Grundsatzes für ungültig erklärt. — Endurtheil des II. Senats vom 6. November 1888. —
— Alle Ergänzungs⸗ oder Ersatzwahlen werden — so bestimmt 8 21 der Städteordnung vom 30. Mai 1853 in Füe; auf die Stadtverordnetenwahlen — von denselben Abtheilungen und Wahlbezirken (§. 14) vorge⸗ nommen, von denen der Ausgeschiedene gewählt war. — Der Magistrat der Stadt B. hielt gleichwohl eine — seines Er⸗ achtens unwesentliche — Aenderung in der Abgrenzung eines Wahlbezirks für nicht ausgeschlossen und ließ eine nöthig gewordene Ergänzungswahl von dem durch Zulegung und Abtrennung einiger Häuser insoweit umgestalteten Wahlbezirke vornehmen. Die Wahl wurde indeß durch Endurtheil des Ober⸗Verwaltungsgerichts (II. Senats) vom 2. No⸗ vember 1888 für ungültig erklärt, weil jede Abänderung des Wahlbezirks unzulässig und zwischen wesentlichen und unwesent⸗ lichen Aenderungen nicht zu unterscheiden sei.
— S. M. Aviso „Pfeil“, Kommandant Korvetten⸗Kapitän Herbing, ist am 6. Dezember cr. in Gibraltar eingetroffen und beabsichtigt, am 8. dess. Mts. wieder in See zu gehen.
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 8. Dezember. (W. T. B.) Der Landtag wurde heute durch den Staats⸗ Minister Dr. Stichling geschlossen.
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 7. Dezember. (W. T. B.) Im Abgeordnetenhause fand heute die Berathung des Wehrgesetzes statt. Der Abg. Plener erklärte, die Linke werde trotz des Widerspruchs der inneren und der äußeren Politik für das Wehrgesetz stimmen, um die Zweidrittelmajorität für dasselbe zu ermöglichen. Sie bewillige das Gesetz aber nicht diesem Ministerium, sondern nur der Armee und der Macht⸗ stelung des Reichs. Der Abg. Rieger erklärte, die Völker
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Oesterreichs würden den Monarchen bei der loyalen Einlösung
des deutschen Bündnißvertrages möglichst unterstützen. Das Bünd⸗ niß mit Deutschland, aus den Interessen beider Reiche hervor⸗ gegangen, sowie die Gleichberechtigung beider Theile müsse festgehalten, jeder Gedanke an ein staatsrechtliches Verhältniß aber abgelehnt werden. Panslavismus sei bei den Westslaven nicht vorhanden. Das böhmische Volk wolle weder russisch noch deutsch werden; es trete darum mit allen Kräften für Oesterreich und dessen Dynastie ein. Der Minister für Landesvertheidigung, Graf Welsersheimb, bemerkte dem Abgeordneten Plener gegenüber, daß nach dem Willen des obersten Kriegsherrn die deutsche Sprache das Mittel der Verständigung in der Armee, nicht ein Mittel der Parteiung sein solle. Für die Armee existire keine Sprachenfrage. Die Regierung gehe nicht von einseitig natio⸗ nalem, sondern von allgemein österreichischem Standpunkte aus. Die Vorlage entspreche nicht einem einzelnen nationalen Interesse, sondern dem gebieterischen Interesse des gesammten Vaterlandes. Der Abgeordnete Gregr (Jungczeche) sagte, das böhmische Volk hege kein Vertrauen in die Zukunft. Was nütze ein Frieden, der schließlich den Konkurs der Staaten, den Rin der Völker herbeiführen müsse. Die Böhmen würden aber für jedes Bündniß sein, das den Frieden sowie die Unabhängigkeit und die Größe Oesterreichs sichere. Sie bewilligten daher das Wehrgesetz, aber nur dem Kaiser von Oesterreich, König von Böhmen, und dem österreichischen Staat, sonst Niemandem. Hiernach wurde der Schluß der Generaldebatte mit 103 gegen 97 Stimmen angenommen. Die nächste Sitzung wurde auf Dienstag, den 11. d. M., an⸗ beraumt.
Pest, 7. Dezember. (W. T. B.) Der General⸗Inspektor der Honved⸗Kavallerie, FML. Henneberg, ist heute Nach⸗ mittag gestorben.
Großbritannien und Irland. London, 8. Dezember. (W. T. B.) Das Unterhaus hat den von Broadhurst eingebrachten und gegen die Erwägung des Berichts des stän⸗ digen Ausschusses über die Novelle zum Haftpflicht⸗ gesetz gerichteten Antrag mit 202 gegen 141 St. abgelehnt.
— (A. C.) Das Kriegs⸗Ministerium hegt vor der Hand nicht die Absicht, die britischen Streitkräfte in Egypten zu verstärken. Die wenigen Truppen, welche jetzt auf Kairo und Alexandria vertheilt sind — 2 Bataillone des wallisischen G und der irischen Scharfschützen, 1 Schwadron Husaren, die berittene Infanterie und eine einzige Batterie — werden von den Militärs allerdings für eine viel zu schwache Reserve gehalten, um darauf zurück⸗ greifen zu können, wenn die egyptische Armee in dem höchst wahrscheinlichen Gegenangriff der Araber auf Wady Halfa unterstützt werden müßte. Doch glaubt man, daß die egypti⸗ schen Truppen jetzt besser sind, setdem sie von den englischen Offizieren einexerziert werden. Unter dem General Grenfell dienen 50 englische Offiziere, welche dem Khedive einstweilen „geliehen“ worden sind.
Frankreich. Paris, 7. Dezember. (W. T. B.) Bei der Berathung des Budgets der Ehrenlegion lehnte heute die Deputirtenkammer den Antrag ab, die Aus⸗ ländern gewährten Dekorationen im „Journal officiel“ zu veröffentlichen.
— (Köln. Ztg.) Der Ertrag der indirekten Steuern in den elf Monaten des Jahres 1888 ist um 36 1 Millionen Franken höher als der Voranschlag und um 72 Millionen höher als der Ertrag in der gleichen Zeit des Vorjahres.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 8. Dezember.
(W. T. B.) Das „Journal de St. Pétersbourg“ macht auf die zahlreichen Erfindungen auswärtiger Blätter aufmerksam, welche den Zweck hätten, Un⸗ ruhe bezüglich Rußlands Absichten zu erregen, indem sie 1 machten, die Anleihe schließe kriegerische Ziele in sich. Derartig seien die “ des „Daily Telegraph“ über angebliche Maßnahmen zur Be⸗ festigung Warschaus, die der „Times“ bezüglich der Ponton⸗ brücee über die Donau, sowie die Artikel der deutschen Zeitungen, welche das Publikum zur Vorsichtnahme gegen⸗ über russischen Werthen warnen; man schütze nur die letzteren vor, um die Kassandra⸗Rufe zu motiviren. Man genire sich, noch weiter von einem wirthschaftlichen Ruin Rußlands zu sprechen Angesichts der Thatsachen, welche im Gegentheil be⸗ wiesen, daß der wirthschaftliche Aufschwung zunehme. Aber Rußland sehe gar keinen Grund, stolz zu werden und sich von den Werken des Friedens abzuwenden, denen sich der Kaiser seit seiner Thronbesteigung widme.
Italien. Rom, 7. Dezember. (W. T. B.) Die Kommission der Deputirtenkammer zur Berathung der von der Regierung vorgeschlagenen Finanzmaß⸗ nahmen wählte Giolitti zum Berichterstatter und beauftragte denselben, den ablehnenden Bericht am Sonntag der Kommission vorzulegen.
Der Papst empfing heute die Prinzessin Friedrich Karl von Preußen mit ihrem Gefolge, welchem sich auch der preußische Gesandte von Schlözer angeschlossen hatte.
Spanien. Madrid, 8. Dezember. (W. T. B.) Die 7 ern von den Abtheilungen der Kammer gewählte Budget⸗ ommission besteht aus 21 Anhängern der Regierung und 14 Mitgliedern der Opposition. Mehrere Blätter wollen
wissen: der Finanz⸗Minister hätte in Folge dieses Aus⸗
falls der Wahl demissionirt, und es hätte darauf auch der
Minister des Innern seine Entlassung eingereicht.
Zeitungsstimmen.
In der „Magdeburgischen Zeitung“ lesen wir:
Die Rede, mit welcher Hr. von Boetticher die Vorlage über die Alters⸗ und Invaliditätsversicherung einleitete, hat im Reichstage einen wohlthuenden Eindruck gemacht und wird im Lande den gleichen Empfindungen begegnen. Bis in die letzten Tage hinein war das Gerücht verbreitet, daß auch die verbündeten Regierungen die Hoffnung auf eine baldige Erledigung des esetzes auf⸗ gegeben hätten. Nach den jetzt von Hrn. von Beoetticher abgegebenen Versicherungen werden Ausstreuungen dieser Art kaum noch irgendwo Boden finden können. Für eine Verständigung über die Vorschläge der Regierungen ist die beste Aussicht eröffnet worden; dieselben sehen weder die Vorlage als Ganzes als ein noli me tangere an, noch wollen sie gegen etwaige Abänderungen der Einzelbestimmungen grundsätzlichen Widerspruch erheben. Die Haupt⸗ sache bleibt, daß das Ziel erreicht wird, auf welches mit dieser Vor⸗ lage hingestrebt wird.
Ausdrücklich ist hervorgehoben worden, daß gegen den Vorschlag, die Rente nicht nach Orts⸗, sondern nach Lohnklassen abzustufen, ein Bedenken an sich nicht vorliege. Es wird nur darauf hingewiesen, daß die Durchführung dieses Vorschlags bei dem Mangel einer zuver⸗ lässigen Lohnstatistik nicht ohne Schwierigkeiten sei, und daß dieselben sich noch häufen würden da, wo Akkordarbeit üblich, oder wo die Löhne in natura zur Auszahlung gelangten. Das sind Einwendungen, deren Berechtigung sich in ruhiger, sachlicher Prüfung feststellen lassen wird. Vor der Hand genügt die Zusicherung der Regierung, daß sie den Vorschlag für erwähnenswerth halte und sich freuen würde, wenn derselbe durchführbar sei. Denn in der That, es liegt auf der Hand, daß eine Abstufung der Rente nach Lohnklassen den Grundsätzen der Gerechtigkeit besser entsprechen würde, als die Bemessung der Rente nach dem ortsüblichen Tagelohn.
Auch bezüglich der so viel angegriffenen Marken und Quittungs⸗ bücher hat der Herr Staatssekretär das weiteste Entgegenkommen zugesichert. Es ist offen erklärt worden, daß die Absicht, durch das Quittungsbuch auf diesem Umwege zu dem den Arbeitern mit Recht verhaßten Arbeitsbuche zu kommen, der Regierung vollkommen fern liegt. Anstatt weiter gegen Windmühlen zu fechten, sollte man sich nach praktischen Vorschlägen umthun, wie jedem Mißbrauch mit dem Quittungsbuch vorzubeugen ist. Alle Besorgniß vor einem solchen Mißbrauch würde unseres Erachtens schwinden, wenn der §. 91 des Gesetzes dahin abgeändert würde, daß die Einklebung und Entwerthung der Marken von dem Arbeiter selbst in Gegenwart des Arbeitgebers nach einer vom Bundesrath festzusetzenden Vorschrift zu besorgen ist.
Von sozialdemokratischer Seite hat der Abg. Grillenberger die Vorlage einer eingehenden Kritik unterzogen. Ueber das Ergebniß ders elben ist wohl kaum ein Wort zu verlieren. Das Gesetz ist schlecht, unbrauchbar, für die Arbeiter noch weniger nütze, als die beiden anderen Versicherungs⸗ gesetze, das Krankenkassen⸗ und Unfallversicherungsgesetz. Freilich hat sich trotz alledem Hr. Grillenberger doch dazu verstanden, diesen ver⸗ fehlten Anlauf zu einem arbeiterfreundlichen Gesetz einer Besprechung zu unterziehen, die fast 2½ Stunden in Anspruch nahm: ein etwas langer Protest gegen einen so vollständig verfehlten Versuch; ein Protest, der immer und immer wieder den Gedanken aufdrängt, daß es bei diesen fortgesetzten verfehlten Unternehmungen den sozialistischen Agitatoren doch um ihre Selbstherrlichkeit etwas bange wird. Daher auch in der langen Rede dieser hastige und auffallende Wechsel zwischen sachlichen Einwänden und hohlen Phrasen aus der bekannten Küche des sozialistischen Demagogenthums.
Nur deshalb hält es die sozialdemokratische Partei für der Mühe werth, auf den Gesetzentwurf einzugehen, weil er die Möglichkeit bietet, die Arbeiterfreundlichkeit der Regierung und der bürgerlichen Parteien an praktischen Vorschlägen zu messen. Eine blutige Selbst⸗ ironie! Welches Schicksal würde 8 Grillenberger und seine Freunde wohl zu erfahren haben, wenn sich die Arbeiterwelt endlich einmal dazu entschließen wollte, die Arbeiterfreundlichkeit ihrer sogenannten Führer an den „praktischen“ Vorschlägen zu messen, die sie zu machen baben.
Darf eine solche Erkenntniß schon für die nächste Zeit erbofft werden? Wer wollte darauf eine sichere Antwort ertheilen? Die sozialdemokratischen Führer scheinen vor der Hand noch darauf zu rechnen, daß die allmächtige Phrase auch fernerhin die Arbeiterwelt im Banne hält. Wie dürften sie es sonst wagen, den Arbeitern vor⸗ zureden, daß der klagbare Rechtsanspruch, der ihnen durch die Ver⸗ sicherungsgesetze eingeräumt wird, nichts Anderes und jedenfalls nichts Besseres ist als die Almosen, auf die sie bisher im Falle von Krank⸗ heit, Unglück und Alter zu rechnen hatten. Es ist indessen zu boffen, daß der verständigere Theil der deutschen Arbeiter die Hohlheit und Nichtigkeit dieser Deklamationen bald durchschauen wird.
Um so mehr liegt Anlaß vor, den berechtigten Forderungen der Arbeiter so weit als möglich entgegenzukommen; dahin zählen wir die Sorge für Maßregeln, welche jeden Mißbrauch des Quittungs⸗ buchs unmöglich machen, und auch die Prüfung der Frage, ob nicht die Minimalrente etwas höher zu bemessen und ob nicht die Steige⸗ rung zu dem Maximum sich etwas rascher vollziehen kann. Daß hier die sorgsamste Prüfung am Platze ist, räumen wir ein. Mit vollem Recht hat Herr von Boetticher hervorgehoben, daß gerade bei der Neu⸗ heit des Versuchs Vorsicht doppelt geboten sei. Eine niedrige Rente zu erhöhen, wenn wir erst größere Erfahrungen gemacht, wird besser sein, als gleich von mer einin zu einer hohen Rente überzugehen,
deren Aufbringung dann uns und den Arbeitern die bittersten Ent⸗ täuschungen bereiten kann.
— Die „Schlesische Zeitung“ schreibt:
Die rührigere Entwickelung der Gewerbthätigkeit, welche sich bei dem herrschenden Kapitalüberfluß aller Voraussicht nach noch erbeblich steigern wird, mahnt uns, der Gefahren eingedenk zu sein, welche uns im eigenen Lande Angesichts dieses Umschwungs drohen. Wir dürfen uns nicht verhehlen, daß die Verhältnisse auf sozialem Gebiet heute schlimmer liegen als in jenen Jahren nach dem Kriege, während deren das Gründer⸗ und Jobberthum seine Orgien feierte. Da⸗ mals war die Sozialdemokratie noch ein Embryo, der bei dem Tanz um das goldene Kalb zwar gehörig auswuchs, aber doch erst nach dem Krach unter der Wirkung des wirthschaftlichen Noth⸗ standes als voll entwickelter Organismus auf den Plan trat. Von Anarchismus, dieser Ausgeburt der Sozialdemokratie, wußte man damals in Deutschland noch nichts. Mit ihm, der ja immer nur plötzlich in die Erscheinung tritt und ebenso plötzlich wieder ins Dunkel verschwindet, wollen wir auch heute nicht rechnen. Bezüglich der Sozialdemokratie aber haben wir uns klar zu machen, daß die⸗ selbe uns heute als eine große, wohlorganisirte Partei gegenübersteht, welche ihre Macht um so mehr fühlen lassen wird, je mehr sich die Nachfrage nach Arbeitskräften steigert, je leichter sich also Lohn⸗ steigerungen durch Strikes erpressen lassen.
„Schon unmittelbar nach den Gründerjahren machte sich das Be⸗ dürfniß fühlbar, unsere das Koalitionsrecht statuirende Gesetzgebung durch eine Bestimmung auszugestalten, welche den fraudulosen Bruch des Arbeitsvertrages, also die Nichteinhaltung der bedungenen Kün⸗ digungsfrist, unter Strafe stellt. Allseitig wurde anerkannt, daß damit einem der schwersten Uebelstände der Strikes begegnet werden würde, aber das Prinzip des Laisser faire galt damals in der nationalliberalen Partei, die in allen Fragen den Ausschlag gab, noch als ein so heiliges und unantastbares, daß alle Versuche scheiterten.é Lasker erklärte, durch ein solches Gesetz würde die Gleichberechtigung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer verletzt, und als diesem Einwande durch einen Gesetzesvorschlag begegnet wurde, der auch den Unternehmer bei Nichteinhaltung des Arbeitsvertrages mit angemessener Strafe bedrohte, erklärte er diese weitere Be⸗ stimmung für eine „rein ornamentale“. Ihm genügte es, daß der Unternehmer das Recht habe, gegen jeden einzelnen seiner vertrags⸗ brüchigen Arbeiter — und seien deren tausend und mehr — die Civilklage auf Schadenersatz anzustellen. So blieb eine Lücke in unserer Sozialgesetzgebung, die sich in nicht ferner Zeit schwer fühlbar machen kann.
Die Sozialdemokratie, welcher der Kamm sichtlich zu schwellen beginnt, hat keine klar vorgezeichneten, konkret zu sormulirenden Ziele. Das macht sie im Vergleich zu anderen politischen Parteien, auch den radikalsten, nur um so gefährlicher. Sie durch Zugeständnissꝛ zu versöhnen oder zu theilen, ist absolut unmöglich. Mit jeder Konzession, die ihr gemacht werden sollte, würoen ihre Ansprüche nur wachsen. Daraus folgt mit unerbittlicher Logik, daß ihr überhaupt kein Zugeständniß gemacht werden darf und daß, wenn es — was Gott verhüte — ihr gegenüber zum Kampf kommt, dieser Kampf auf Leben und Tod auxcgefochten werden muß. Es ist darum wesentliche Aufgabe der Staatskunst, dafür zu sorgen, daß ein solcher Kampf nicht ausbreche. Was in diesem Sinne durch die Krankenkassen, durch die Unfallversicherung und durch die Fürsorge für Arbeitsunfähige geschieht, wird erst in Zukunft seine Früchte tragen; im Augenblick ist die Stimmung im sozialdemokratischen Lager eine solche, daß an eine moralische Wirkung der arbeiterfreundlichen Politik nicht zu denken ist. Und mit dieser Stimmung, die sich noch steigern wird, sobald das Angebot von Arbeitskräften die Nachfrage nicht mehr überwiegt, haben wir ernstlich zu rechnen. 8
Als eine der bedenklichsten Erscheinungen erachten wir es, daß in der Sozialdemokratie die Neigung zu Demonstrationen wieder lebhaft bervortritt. Wir zählen dahin Vorgänge, wie sie unlängst in unseren Mauern bei der Beerdigung des Sozialdemokraten Kraͤcker und eben erst in Berlin anläßlich des Auftretens des Hrn. Singer in der Tonhalle in Scene gingen. Aehnliche Demonstrationen waren kurz vor den Attentaten von 1878 in Berlin wiederholt vorgekommen und bei der Berathung über den zuerst vorgelegten Entwurf eines Sozialistengesetzes machte dessen Hauptgegner, Hr. von Bennigsen, der Regierung mit Recht den Vorwurf, daß sie diesen Demonstrationen nicht energisch entgegen⸗ getreten sei. Wer mit der Geschichte der Revolutionen, wer nament⸗ lich mit den Vorgängen von 1848 näher vertraut ist, wird uns darin beipflichten, daß die blutigen Konflikte stets unmittelbar aus Demonstrationen erwachsen sind. Wo es zum Zwecke von Demonstrationen zu Massenansammlungen auf Straßen und öffentlichen
lätzen kommt, ist ein energisches Einschreiten von vornherein geboten.
iemand weiß, ob bei solchen Massenansammlungen nicht, wie 1848 vor dem Schlosse von Berlin, „zufällig“ oder „aus Mißverständniß“ ein Schuß fällt und welche weiteren Konsequenzen sich dann ergeben. Thatsache ist auch, daß derartige Demonstrationen, selbst wenn sie nicht zu blutigen Zusammenstößen führen, das sicherste Mittel sind, die Ge⸗ müther zu erbitzen. Eine Volksmasse, die sich in Demonstrationen ergeht, welche darauf hinauslaufen, ohne direkte Verletzung des Gesetzes das Gesetz zu verhöhnen und eine feindselige Haltung gegenüber der staatlichen Autorität ostentativ zu bekunden, steht schon auf dem Boden der Revolution, und darum darf die sozial⸗ demokratische Partei, soweit sie sich an solchen Demonstra⸗ tionen betheiligt, unbedingt eine revolutionäre genannt werden.
Im Interesse des inneren Friedens muß dringend gewünscht werden, daß die staatliche Exekutivgewalt allen derartigen Demon⸗ strationen von vornherein rücksichtslos entgegentrete, sie im Keim er⸗ sticke. Reichen trotz Muth und Entschlossenheit die gesetzlichen Mittel dazu nicht aus, so muß das Gesetz erweitert und verschärft werden. Bei der ungemeinen Gefahr, um deren Beschwörung es sich hier handelt, kann der Einwand nicht erhoben werden, daß eine solche Stärkung der ausübenden Gewalt einen Eingriff in die persönliche Freiheit bedeute. Die Rechte von Staat und Gesellschaft stehen hoch uͤber allen liberalen Doectrinen.
— Die „Wiesbadener Presse“ schreibt:
Seit dem Abschluß des deutsch⸗französischen Krieges ist von Deutschland planmäßig und zielbewußt die Erhaltung des Friedens als leitender Gesichtspunkt der auswärtigen Politik verfolgt. Wo immer die Gelegenheit sich bot, ist der praktische Beweis der fried⸗ fertigsten Gesinnung und völliger Uneigennützigkeit geliefert worden. Unsere Bündnisse haben, wie immer sie verschieden sich gestalteten, stets nur den Charakter eines Friedensbundes gehabt. Fragen, welche die Gefahr der Entzündung eines europäischen Brandes enthielten, wie die bulgarische, sind tro des scharfen Tadels eines großen Theils der einheimischen, einer gefährlichen Gefühlspolitik das Wort redenden Presse mit der kühlsten und umsichtigsten Zurückhaltung behandelt, selbst Frankreich gegenüber ist in dem Fall Schnäbele, wie bei an⸗ Se. Grenzvorfällen das weitgehendste Entgegenkommen bewiesen worden.
In dem gleichen Maße ist die innere Politik bedacht, die Ursachen zu Unfrieden und Hader zu beseitigen. Die in energischer Durchführung begriffene Sozialpolitik auf der Grundlage des praktischen Christen⸗ thnms bezweckt nichts weniger, als den schwerwiegenden Nachtheil der wirthschaftlichen Stellung des Arbeiters, welcher darin liegt, daß seine wirthschaftliche Existenz von der Beeinträchtigung der letzteren ge⸗ fährdet wird, in weiterem Umfang durch Versicherung gegen die Folgen des zeitweiligen oder dauernden, gänzlichen oder theilweisen Verlustes der Arbeitsfähigkeit auszugleichen und so den Stachel, welcher in der wirthschaftlichen Inferiorität gegenüber der bestehenden Staats⸗ und Gesellschaftsordnung liegt, zu beseitigen. Und wenn auf anderen Gebieten der Sozialgesetzgebung, insbesondere der sogenannten Arbeiterschutzgesetzgebung, die größte Vorsicht obwaltet, so liegt doch der Grund allein in der Besorgniß, durch wohlgemeinte, aber in ihren Folgen nicht sicher vorauszuberechnende Maßnahmen die wirth⸗ schaftliche Lage der Arbeiter und ihrer Familien zu vetschlechtern und, während man eine Quelle des Unfriedens zu verstopfen meint, in Wahr⸗ heit nur eine neue Quelle des Mißvergnügens zu eröffnen. Endlich
ist doch unsere gesammte Wirthschaftspolitik, welche darauf abjielt. die in ungünstigerer Lage arbeitenden veige der Nationalwirthschaft soweit zu schützen, daß sie nicht ernstlich erkranken. von dem Gedanken getragen, allen Deutschen unter dem Schutz des starken nationalen Gemeinwesens die gedeihlichste Entwickelung der eigenen Kraft in nützlicher Arbeit zu sichern. b b
Wenn demgegenüber der Sozialdemokrat Liebknecht im Reichs⸗ tage bei der Etatsdebatte versucht bat, die Politik des Reichs als eine nach innen und außen unfriedliche zu bezeichnen, so steht diese Behauptung mit den Thbatsachen in so direktem Widerspruch, daß es zur Widerlegung nur des Hinweises auf diese bedarf. Aber charakte⸗ ristischer noch für die Haltlosigkeit dieses Standpunkts ist die Art, wie Hr. Liebknecht ihn zu begründen versuchte. Denn er konnte hierfür nichts Anderes anführen, als die Energie, mit welcher die auf Seiten der Regierung stehende Presse sich sowohl gegen die französischen Revanchebestrebungen, wie gegen diejenigen Richtungen in Deutschland wendet, deren Politik wesentlich auf der Verhetzung der Gemütber beruht. Wer aber den inneren wie den äußeren Frieden will, dessen Aufgabe ist es in erster Linie, den friedenstörenden Elementen das Handwerk zu legen. Der sozialdemokratischen und der nur zu häufig mitwetteifernden demokratischen Agitation mag es sehr unerwünscht sein, wenn ihr Hindernisse in den Weg gelegt werden, allein der innere Frieden kann dadurch nur gewinnen, genau so wie der aus⸗ wärtige durch die stete Erinnerung an die Gefahr, welche in der in Frankreich vielfach noch vorhandenen Revanchetendenz liegt.
Statistische Nachrichten.
Nach Mittheilung des Statistischen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 25. No⸗ vember bis inkl. 1. Dezember cr. zur Anmeldung gekommen: 267 Ehe⸗ schließungen, 914 Lebendgeborene, 32 Todtgeborene, 576 Sterbefälle.
Knunst, Wissenschaft und Literatur.
Natur und Dichtung. Deutsche Lieder und Zeichnungen. Vierzig landschaftliche Kompositionen von Gustav Cloß. In Holz geschnitten von Ad. Cloß. Neue billige Ausgabe. Klein 40. Album⸗ Format. In Prachtband Pr. 10 ℳ (Stuttgart, Verlag von Paul Neff.) — Uniter den Landschaftsmalern der letzten Jahrzehnte leuchtet als einer der liebenswürdigsten und poetisch stimmungs⸗ vollsten der Schwabe Gust. Cloß hervor. Seine Schöpfungen sind original in jeder Beziehung und binterlassen dem Beschauer einen unvergänglichen Eindruck. Leider ist der talentvolle Freund und Kunstgenosse von Max und Makart zu früh dahingeschieden, und seine Werke sind überallhin zerstreut. Die rühmlich bekannte Verlagsbuchhandlung von P. Neff in Stuttgart hat nun in pietätvoller Weise in der neuen Ausgabe von „Natur und Dichtung“ eine Auswahl der schönsten Zeichnungen des dahingegangenen Meisters veranstaltet, die das höchste Lob ver⸗ dient. In Album-Format und in Prachtband mit Gold⸗ schnitt gebunden, ist dieses zu dem billigen Preise von 10 ℳ angebotene Buch ein Prachtwerk im vollsten Sinne des Worts. Dasselbe enthält über 40 wunderschöne große Zeichnungen von Cloß (dessen Bildnis am Schluß bei⸗ gefügt ist) zu Liedern deutscher Dichter, in glücklicher Aus⸗ wahl, mit Goethe beginnend, die bervorragendsten Lyriker Heine, Eichendorff, Uhland, Rückert, Geibel ꝛc. berücksichtigen und auch Proben der neueren Dichter Scheffel, Vischer, Hertz, Stieler, Engelmann, Paulus ꝛc. bringen. Jedes einzelne Blatt ist eine Meisterleistung in Zeichnung und Holzschnitt, denn der Zwillingsbruder des Verstor⸗ benen, der bekannte Xylograph Adolf Cloß, hat in liebevollem, ver⸗ ständigem Eingehen in die Eigenart des genialen Bruders im Holzschnitt das Vorzüglichste geschaffen, was in diesem so bedeutend fortgeschrittenen Kunstgewerbe geleistet werden kann. Das Buch ist die schönste Gabe sowohl für Kunstfreunde wie auch für Haus und Familie, da Bilder und Lieder in taktvoller Weise so ausgewählt sind, daß sie in Jedermanns Hände gegeben werden können. Eine edlere und poetischere Weihnachtsgabe für Söhne und Töchter gebildeter Stände, als diese neue billige Ausgabe von „Natur und Dichtung“ wird kaum geboten werden.
— „Verscholl'ne Mär“ von Frau Villamaria. Verlag von A. Haack, Berlin. — Die Verfasserin greift in den Sagenschatz längst entschwundener Tage und zwar mit der löblichen Absicht, jenen Theil des Volks mit den Heldengestalten der Vorzeit und mit deren Schicksalen bekannt zu machen. Sie nimmt als Grundlage für ihren Novellencyklus die Artus⸗ und Gralsage und weiß die einzelnen Erzählungsblüthen zu einem duftigen Kranz zu winden. So hat sie ein dankenswerthes Volksbuch geschaffen. Ein Zauber von Liebespoesie schwebt besonders über dem Schicksal der schönen Ginevra und des Ritters Lanzelot, und die duftige Erzählungsweise der Verfasserin macht selbst den wehmüthigen Ausklang des Novellenkranzes zu einem versöhnenden. Frau Villamaria, die auch ganz tüchtige Studien auf diesem entlegenen Gebiete gemacht hat, zeigt sich ihrer Aufgabe voll⸗ kommen gewachsen. Wir wünschen ihrem Werke recht weite Ver⸗ breitung. Die Verlagsbuchhandlung hat durch edle Ausstattung den künstlerischen Ansprüchen Rechnung getragen sowie durch das bei⸗ gegebene Bild der Verfasserin vielfachen Wuͤnschen ihrer Verehrerinnen Genüge gethan.
— Gedichte für das erste Kindesalter von Seele. Verlag von A. Haack in Berlin. — Wer für den Weihnachtstisch für die ganz kleine Welt mehr als ein gewöhnliches Bilderbuch sucht, dem sei diese bekannte und beliebte Sammlung von Kindergedichten aufs Wärmste empfohlen. Das ebenso anregende als lehrreiche Buch ist nicht allein verwendbar zum Gebrauch im Hause, sondern auch für den Kindergarten und Kleinkinderschulen, und bietet in geschickter und gewählter Zusammenstellung Wiegen⸗, Tanz⸗, Reiter⸗, Scherz⸗, Kose⸗ und Spielliedchen, Geburtstags⸗ und Neujahrswünsche, Räthsel, Denksprüche und Sittenlehren, Fabeln und Märchen, Gebete und Gleichnisse aus dem Naturleben. In der vorliegenden 3. Auflage hat das Buch auch 30 Zeichnungen von Louise Thalheim erhalten, die den Werth desselben noch erhöhen, so daß es wegen des gebotenen reichen Stoffs zur heiteren Plauderei und bildenden Unterhaltung mit den Kleinen ein wahrer Hausschatz für alle Mütter, Kindergärtnerinnen und Pflegerinnen ist. Circa 300 Seiten stark, kostet das Werk ge⸗ bunden 3 ℳ
— „Kleine Französische Sprachlebre besonders für Elementarklassen von Real⸗ und Töchterschulen, sowie für erweiterte Volks⸗, Fortbildungs⸗ und Handelsschulen“, von Dr. Emil Otto, Lehrer der neueren Sprachen an der Universität Heidelberg. Neu bearbeitet von H. Runge, Lehrer der neueren Sprachen in Keilhau b. Rudolstadt. Fünfte Auflage. Heidelberg, Julius Groos’ Verlag, 1888. (Pr. 1 ℳ 60 ₰). — Die Verbesserungen resp. Erweiterungen, welche die vorliegende neue Auflage zeigt, beziehen sich auf folgende Punkte. Zunächst hat das Kapitel über die Aussprache, besonders der Konsonanten, der Schleif⸗ und Nasenlaute und die Bindung im Fran⸗ zösischen eine Erweiterung erfahren. In der Formenlehre ist bei der Bildung des Fsminin der Eigenschaftswörter sowie bei der Stellung derselben mancherlei geändert worden, ferner bei dem Zeitwort hinsichtlich der Ableitungsregeln. Als Nachtrag wird das Wichtigste über das Geschlecht im Französischen gegeben.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Stockholm, 4. Dezember. Nach den eingegangenen Berichten Läns⸗Verwaltungen kann das Königliche Statistische Central⸗ Ganzen ge⸗ In 15 Län mit circa
der bureau die diesjährige Ernte Schwedens im
nommen als eine Durchschnittsernte bezeichnen. 1 76 % der ganzen Anbauflãche war die Ernte mittelmäßig und darüber,
in den übrigen 9 Län unter münelmäßig Es wurden im Ganzen geerntet: Winterweizen 4 699 600 Kubikfuß (1 Kubikfuß = 0,02617 cbm), Sommerweizen 400 500 Kbf., Winterroggen 26 551 600 Kbf., Sommer⸗ roggen 318 600 Kbf., Gerste 18 204 800 Kbf., Hafer 84 560 600 Kbf., Menggetreide 11 028 700 Kbf., Erbsen 1 706 100 Kbf, Bohnen