1888 / 315 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 14 Dec 1888 18:00:01 GMT) scan diff

8 1““ Preußen. Berlin, 14. Dezember. Im weiteren Ver⸗ laufe der gestrigen (14.) Sitzung des Reichstages er⸗ klärte bei der ersten Berathung des Gesetzentwurfs, be⸗ treffend die Erwerbs⸗ und Wirthschafts⸗Genossen⸗ schaften, der Abg. Schenck in fortgesetzter Rede: Der Ent⸗ wurf biete nicht die Garantie, daß die Revision in einer dem weck genügenden Weise geübt werde, da es leicht geschehen önne, daß die zu Revisoren bestellten Personen vom Ge⸗ nossenschaftswesen nichts verständen, wie z. B: der Sekretär des Gerichts als Revisor bestellt werde. Eine bessere Verwaltung der Genoffenschaften werde auf diese Weise nicht herbeigeführt wer⸗ den. Eine solche Einwirkung Seitens der Behörde, wie sich hier die Genossenschaft in der Gestalt der Revision gefallen lassen solle, sei noch nicht dagewesen und greife tief in die Entwicke⸗ lung des Genossenschaftswesens ein. Die Revisionsbestim⸗ mungen seien kein integrirender Theil der Vorlage und könnten wohl entbehrt werden. Auch die Bestimmung des Entwurfs, welche den Kreditvereinen Geschäfte mit Nichtmitgliedern ver⸗ biete, würde von dem nachtheiligsten Einfluß sein. Was da⸗ durch für die Sicherheit der Genossenschaft erreicht würde, werde durch die Nachtheile, die diese Beschränkung mit sich bringe, aufgewogen. Derartige Fragen zu regeln, gehöre in die Statuten, nicht in das Gesetz. Dasselbe gelte noch von einer großen Reihe anderer Bestimmungen des Entwurfs. Die Vorlage enthalte also zahlreiche Verbesserungen, andererseits aber auch Forderungen, welche den wahren Bedürfnissen der Genossen⸗ schaft nicht entsprächen. Ob die Voraussetzung, die man mit dem Gesetz verbinde, daß ein neuer Aufschwung des Genossen⸗ schaftswesens damit erfolgen werde, sich verwirkliche, werde davon abhängen, welche definitive Gestalt dasselbe erhalte, insbesondere auch davon, ob es der Stellung der Genossenschaft als freier Gesellschaft genügend Rechnung trage. Er beantrage, es einer Kommission von 28 Mitgliedern zu überweisen.

Staatssekretär des Reichs⸗Justizamts, Dr. von Schelling:

Meine Herren! Auf dem Gebiete des Genossenschaftswesens hat sich in den letzten 10 Jahren eine sehr erfreuliche Wandlung und Vereinigung der Ansichten vollzogen. Ueber die Zweckmäßigkeit der Genossenschaften mit beschränkter Haft waren die Ansichten im Reichstage früher sehr getheilt. Gerade diejenige Seite des Reichs⸗ tages, welche der Genossenschaftsbewegung vermöge der Entstehungs⸗ geschichte derselben am nächsten steht, hat sich, von vereinzelten Stimmen abgeseben, durchaus ablehnend gegen diese Form der Genossen⸗ schaft verhalten. Um so erfreulicher ist es mir nun, daß der Herr Vorredner, wenngleich er in seinem Vortrage diesen Reformen einen verhältniß⸗ mäßig nur geringen Raum gestattet hat, doch unumwunden das An⸗ erkenntniß abgegeben hat, daß der Entwurf durch die Aufnahme jener Genossenschaftsformen eine unabweisbare Forderung der wirthschaft⸗ lichen Entwickelung vollziehe. Ich bin um so mehr erfreut über dieses Anerkenntniß, als Sie ja aus dem Inbalt des Entwurfs,

eine Herren, entnehmen können, welchen Werth die verbündeten Regierungen auf das Urtheil der in der Genossenschaftsbewegung stehenden Männer legen, denn viele andere Verbesserungen, darunter sehr wichtige, sind gerade aus den An⸗ regungen und Vorschlägen derjenigen Männer entnommen worden, welche in der Genossenschaftsbewegung früher gestanden haben, und, wie der Herr Vorredner, noch jetzt stehen.

Zu den wichtigsten Verbesserungen dieser Art rechne ich die Einrichtung einer ständigen und periodischen Revision der ge⸗ sammten Geschäftsführung der Genossenschaft. Diese Einrichtung ist zuerst von Schulze⸗Delitzsch angeregt, dann auf sein Be⸗ treiben bei dem Verbandstage der unter seiner Leitung stehenden Genossenschaften in Kassel im Jahre 1881 zu einer obligatorischen erhoben worden, und hat sich nach allfeitigem Urtbeil als eine höchst nützliche Einrichtung bewährt. Nun ist aber, meine Herren, die bemerkenswerthe Erscheinung hervorgetreten, daß seit dem Bekanntwerden des gegenwärtigen Entwurfs gerade die⸗ jenigen Seiten, welchen die Entstehung und die praktische Bewährung dieser Revisionen zu verdanken ist, die schärfste Oppo⸗ sition gegen die Aufnahme dieser Einrichtung in den Gesetzentwurf erhoben haben. Ich muß sagen, es ist mir schlechterdings unbegreif⸗ lich, wie eine Einrichtung, welche nach allgemeinem Anerkenntniß segensreich gewirkt hat, nun auf einmal in ihr Gegentheil umschlagen soll, weil eine gesetzliche Sanktionirung derselben in Aussicht genommen ist. Es ist doch kein Vorwurf für den Gesetzgeber, wenn er seine Satzungen aus den Gewohnheiten der betheiligten Schichten, entnimmt; im Gegentheil, die Gesetzgeber werden sich vor Fehlgriffen dann am meisten geschützt wissen, wenn sie in der günstigen Lage sich befinden, an bestehende Gewohnheiten anknüpfen zu können. Und es ist kein Geringerer gewesen, als Schulze⸗Delitzsch selbst, welcher diese Ueberleitung empfohlen und in seiner 1883 erschienenen Schrift „Vorschläge über die gesetzliche Feststellung der Revisions⸗ pflicht“ gemacht bat, welchen Vorschlägen sich der Entwurf in wesentlichen Beziehungen angeschlossen hat. Nun sagen freilich die Gegner des Entwurfs und diese Ausführung ist auch aus den Aeußerungen des Herrn Vorredners uns entgegen⸗ getreten —: die Revisionseinrichtungen, die der Entwurf vorschlägt, sind ganz etwas Anderes als diejenigen Einrichtungen, die bisher in der Praxis bestanden haben. Nur auf dem freien Boden der Selbst⸗ bestimmung koönne die gedeihliche Entwickelung der Revisionseinrich⸗ tung sich vollziehen; bestelle man dagegen einen Staatsrevisor, wie der vorliegende Gesetzentwurf es thue, so übertrage man dem Staat eine Einwirkung auf die Genossenschaften, man bürde dem Staat eine Verantwortlichkeit für die vorschrifts⸗ mäßige Vornahme der Revision auf, welcher Verantwortlichkeit der Staat nicht genügen könne. Meine Herren, dieser Auffassung liegt eine durchgängige Verkennung der von den Regierungen gehegten Zwecke zu Grunde, und ich bedauere, daß der Herr Vorredner die⸗ jenigen Theile der Motive, aus welchen die Absicht der Regierungen erhellt, nicht seinerseits zur Auslegung des Gesetzentwurfs benutzt hat, während er sie vielmehr in einen Widerspruch mit den Bestimmungen des Gesetzentwurss zu setzen gesucht hat. Die Regierungen sind weit davon entfernt, sich irgendwie in die wirthschaftliche Gebahrung der Genossenschaften einzumischen. Steht in dem Entwurf irgend ein Wort darüber, daß die Revisions⸗ berichte irgend einer Staatsbehörde zur Einsicht einzureichen sind? Die Revisionsberichte sind vorzulegen lediglich der Generalversammlung und dem Genossenschaftsverbande. Diese beiden Organe haben über Dasjenige zu bestimmen, was in Folge der Revisionsberichte abzustellen oder weiter zu veranlassen ist. Auch die Auswahl und Bestellung des Revisors wird von den Regierungen durchaus nicht als ein solches Geschäft angesehen, zu dessen Uebernahme sie eine besondere Neigung empfänden. Aber, meine Herren, die Regierungen können sich doch nicht der That⸗ sache verschließen, daß die bestehenden Verbände der Genossenschaft nicht viel mehr als ein Drittel aller Genossenschaften um⸗ fassen. Wie soll nun für die übrigen 2 3000 Genossenschaften die Revisionseinrichtung zugängig gemacht werden? Ein Gesetzes⸗ befehl, sich zu Revisionsverbänden zusammenzuschließen, würde doch praktisch nicht vollstreckbar sein. Es bleibt also nur übrig, diesen

weck durch eine indirekte Einwirkung zu erreichen, und zu diesem Zweck schlägt der Entwurf vor, daß, wenn die Genossenschaften nicht in einen geeigneten Revisionsverband eintreten, dann die Bestellung des Revisors erfolgen soll durch dasjenige Gericht, welches die formale Kontrole über die Genossenschaft zu führen hat.

„Nun hat der Herr Vorredner hervorgehoben, diese Einrichtung würde die Folge haben, daß ganz ungeeignete Männer zu Revisoren bestellt würden, daß etwa der Amtsrichder seinen Sekretär als ge⸗ eignet zum Revisor ansehen würde. Ich muß bestreiten, daß irgend

ein Amtsrichter eine so geringe Einsicht von den ihm obliegenden

von vielen seiner politischen

reiche, träten mehrere erfolgreich zusammen.

Haftp Haftung auch bei der beschränkten Haftpflicht festgehalten. Im anderen Falle komme man in die

Pflichten haben sollte, daß er seinen Sekretar für geeignet hielte, ge⸗ nossenschaftliche Bücher zu revidiren, und ich kann im Interesse des Richterstandes diese Unterstellung des Herrn Vorredners gegen den Richterstand nur entschieden zurückweisen.

Das erkenne ich aber an, daß es dem Richter vielleicht oft an Kenntniß der geeigneten Persönlichkeiten fehlen wird. Diesem Mangel ist aber vorgesehen. Der Amtsrichter soll sich erst mit der höberen Verwaltungsbehörde in Verbindung setzen, ja noch weiter, es ist sogar der einzelnen Genossenschaft ein Vorschlagsrecht des Revisors ein⸗ geräumt, und dieses Vorschlagsrecht soll entscheidend sein, wenn die Verwaltungsbehörde gegen den Vorschlag kein Bedenken hat.

Nun wird uber auch im Ganzen der Fall, daß der Revisor durch das Gericht bestellt wird, nur ein ausnahmsweiser sein. Die Natur der Dinge wird dahin führen, daß die bisber ver⸗ bandlosen Genossenschaften entweder in die schon vorhandenen Revi⸗ sionsverbände eintreten oder sich zu besonderen Revisionsverbänden verbinden werden. Allerdings hat für den letzteren Fall der Entwurf auch nicht auf jede Kontrole zu verzichten geglaubt. Es könnte ja leicht vorkommen, daß Genossenschaften zu einem Revisionsverband zusammentreten, ohne die nöthigen Mittel, vielleicht sogar, ohne den Wil⸗ len zu besitzen, eine energische Revision durchzuführen. Nun darf die Revi⸗ sionseinrichtung nicht dazu benutzt werden, nur nominell zu fungiren und die Genossenschaft thatsächlich der gerichtlichen Revision zu entzieben. Die Regierungen haben es daher für nöthig befunden, den zustehenden Reichs⸗ und Staatsorganen die Befugniß vorzubehalten, Revisions⸗ verbänden, welche sie nicht für geeignet halten, die Pflicht der Revision zu erfüllen, die Revisorenstellung zu versagen oder wieder zu entziehen.

Meine Herren! Den Regierungen ist aber das Bewußtsein durchaus nicht fremd, daß sie sich bei der Einführung der Revisions⸗ einrichtung auf einem Felde bewegen, welches bisher von der Gesetz⸗ gebung noch nicht angepflügt worden ist. Sie hegen deshalb auch keineswegs die Meinung, daß sie in dem Entwurf etwas absolut Voll⸗ kommenes aufgestellt haben; sie werden vielmehr, wenn die von mir angedeuteten Zielpunkte, wie ich hoffe, auf die Zustimmung der Mehrbeit dieses Hauses rechnen können, sich durchaus nicht unzugänglich er⸗ vweisen etwaigen Vorschlägen in Bezug auf eine verbesserte Aus⸗ gestaltung des Einzelnen, und ich hoffe, daß sich in der Kommission, welche der Herr Vorredner beantragt hat, und welche das Haus zweifelsohne beschließen wird, eine Verständigung wird erzielen lassen. Ich hege dieselbe Hoffnung in Bezug auf andere Meinungsverschieden⸗ heiten, welche der Herr Vorredner hervorgehoben hat, und welche vielleicht von Seiten anderer Redner des hohen Hauses werden geltend gemacht werden.

Ich gehe deshalb, um alle diese Fragen der Kommission vor⸗ zubehalten, auf jene anderen Fragen hier nicht ein; ebenso wie ich

uch, um mich kurz auszudrücken, die politischen Bestimmungen der Vorlage für heute unberührt lasse, die, wie ich bemerken will, aus dem bestehenden Recht im Wesentlichen entnommen sind, oder sich doch als Konsequenzen des bestebenden Rechts darstellen. Meine Absicht war nur, in der Revisorenfrage die Stellung der verbündeten Regierungen zu kennzeichnen und zwar darum, weil gerade die Revisorenfrage zu Angriffen gegen die verbündeten Regierungen in einem Theil der Presse den Stoff hat liefern müssen.

Man hat behauptet, die Revisionseinrichtungen gingen nur darauf aus, überhaupt eine Einflußnahme auf die Genossenschaften zu erlangen und den Lebensnerv der Genossenschaften zu unterbinden. Meine Herren, diese Unterstellung muß ich auf das Entschiedenste zurückweisen. Die verbündeten Regierungen sind aufrichtig bestrebt, das Genossenschafts⸗ wesen zu einer seiner wirthschaftlichen Bedeutung entsprechenden Ent⸗ wicklung unter Berücksichtigung der allgemeinen Interessen zu führen; aber sie glauben, daß dieser Zweck dann am sichersten erreicht wird, wenn für eine solide Geschäftsführung der einzelnen Genossenschaft Sorge getragen wird, und wenn diejenigen Schädigungen möͤglichst vermieden werden, welche in einzelnen eklatant bervortretenden Fällen durch nachlässige oder gar gewissenlose Führung der Vorstandsgeschäfte in weiten Kreisen des Volkes herbeigeführt worden sind.

Abg. Graf von Mirbach: Wenn jemals das Sprichwort: „Was lange währt, wird gut“, Anwendung finden könne, so sei es bei dieser Vorlage der Fall, deren ausgezeichnete Eigen⸗ schaften in weitesten Kreisen zur Anerkennung gekommen seien. Auch in dem engeren Kreise von Herren, der durch das Reichs⸗ Zustzamt aus allen Parteien zur Begutachtung zusammen⸗

erufen gewesen, sei einstimmig hervorgetreten, daß diese Arbeit dem Reichs⸗Justizamt und speziell dem Verfasser zur höchsten Ehre gereiche. Die Eigenschaften der Vorlage trösteten gewissermassen über das lange Warten seit 1881 auf Einführung von Genossenschaften mit beschränkter Haftung. Welcher politischen Partei man diese Verzögerung zu danken oder besser nicht zu danken habe, sei bekannt. Im Jahre 1881 bereits sei von seinen Freunden und ihm speziell eine Novelle zum Genossenschaftsgesetz eingereicht worden. Schulze⸗Delitzsch habe sich nach Eliminirung einiger Bedenken bald auf die Seite seines Antrages Lasker und Rickert sich ihm widersetzt, und leider mit Erfolg. Die treibende Kraft in seiner mehr auf den Grund⸗ besitz hingewiesenen Partei habe keine große sein können und nur die Centrumsfraktion habe in höchst anerkennens⸗ werther Weise seinen Antrag unterstützt. Der Ein⸗ fluß jener anderen en aber und ihrer politischen Freunde sei gegenüber den Wenigen die mit ihm Genossenschaften mit beschränkter Haftpflicht hätten einführen wollen, stark genug gewesen, die Angelegenheit nicht über die Kommissionsberathung hinaus sedeihen zu lassen. Man hätte damals sehr viele

h. nur die Abgg.

wirthschaftliche Existenzen retten helfen können, wenn man

die neue Form der Genossenschaft der alten hätte, und die objektive Haltung des Abg. Schulze⸗Delitzsch verdiene die höchste

hinzugefügt damaligen Anerkennung.

Der Abg. Lasker habe aber vollständig die die Konservativen

leitenden Absichten mißverstanden. Die Bedeutung der ge⸗ nossenschaftlichen Gesetzgebung werde in manchen Kreisen, auch in 1 Feesht⸗ unterschätzt: sie sei ein Pichtiges Stück der sozialen Gesetzgebung. Wo die Kraft des Einzelnen zur Erreichung wirthschaftlicher Ziele nicht aus⸗ . Zwar habe diese Vorlage nicht die Bedeutung der Alters⸗ und In⸗ validenversicherung. Die gigantische Aufgabe, 13 Millionen

Deutsche sicher zu stellen, überrage bei Weitem den Zweck

dieses Entwurfs, der freie Vereinbarungen zu wirthschaft⸗ lichen Zwecken wolle. Auch der wärmste und entschiedenste Verehrer der Alters⸗ und Invalidenversicherung aber werde sich des Satzes bewußt sein müssen: beneficia non obtruduntur.

Der Gedanke des Reichszuschusses berge auch gewisse Gefahren

der vorliegenden Gesetzentwürfe, erweitere die bisherige Gesetz⸗ 1“ Einführung von Genossenschaften mit beschränkter licht. Mit Recht sei das Prinzip der Solidarität der

deren koꝛ Kategorie der Aktien⸗ gesellschaften hinein. Die Bestimmung der Haftung mit dem Fanßen Vermögen habe Wohlhabende mit ihrer Arbeitskraft und ihrem Vermögen von den Ge⸗ nossenschaften ferngehalten. Dem solle abgeholfen werden. Der Entwurf verbessere die bestehende Gesetzgebung durch die Einführung der Revision. Das Maximum der Angriffe gegen diese Bestimmung stelle Hr. Schenck vermöge seiner Stellung als Anwalt des Genossenschaftsverbandes dar. Sollte das

Wort: „Die Genossenschaften sind begründet zu wirthschaft⸗ lichen Zwecken“ nicht anfechtbar sein? Die Vohlihaten chaft

in der Erweiterung der bestehenden Genossenschaften nach drei Richtungen: Neubildung einer großen Anzahl von Genossenschaften mit Haftpflicht, Verwandlung der Genossenschaften mit un⸗ beschränkter Haftpflicht in solche mit beschränkter, und Vermehrung der Genossenschaften mit Solidarhaft, ie Vortheile überwögen also bei Weitem die Nachtheile diese Bestimmung. Wenn die Genossenschaften sich vermehrten, hätten auch die Regierungen die Pflicht, darüber zu wachen, daß sie ihren Zweck erreichten und Bestand hätten. Auch be⸗ züglich des Umlageverfahrens biete das neue Gesetz wesentlich Vortheile. Nach dem bestehenden Gesetz hafte ein Genoss⸗ dem anderen solidarisch, aber nicht der Genossenschaft das neue Gesetz setze die Haftung der Genossen⸗ schaft gegenüber fest. Der Einzelangriff biete den noch nicht ausgeschiedenen Genossen keine Gefahr, weil doch schon eine erhebliche Zeit bei dem eigent⸗ lichen Konkursverfahren vorübergegangen sei.

Vorschrift 1

sie überhaupt erst nach dem Konkursverfahren eintreten könne. Der Einzelangriff der Gläubiger müsse deshalb aufrecht er⸗ halten werden, denn sonst würde das ganze System der Solidarhaft nicht durchführbar sein. Nach einer Richtung hätten die bestehenden Genossenschaften ihre Aufgabe nicht er⸗ füllt und nicht erfüllen können: einen ausgiebigen Kredit für beschränkter Haftpflicht thun, deren steis klar und übersichtlich sein vürde, wenn auch vermögende Genossen sich reichlich bethei ligten. Die Geschäftsantheile könnten verloren gehen, aber die

mit

bessere Basis, als die bestehenden Genossenschaften. Er hoffe, daß auch die Reichsbank die Kreditwürdigkeit der neuen Form anerkennen werde. In kurzer Zeit werde man ja auch über die Frage der Umwandlung der Reichsbank zu beschließen haben, deren gegenwärtige Gestalt nur bis zum 1. Januar 1891 feststehe. Hoffentlich werde noch in dieser Session ein bezüglicher Entwurf dem Reichstage unterbreitet werden. Viel rauche hier ja nicht zu geschehen; Staatsinstitut sei die Bank, und es frage sich nur, ob die Bankantheilseigner beibehalten würden oder nicht. Er bitte gleichfalls um Verweisung des Entwurfs an eine Kommission von 28 Mitgliedern. Abg. Dr. Enneccerus: Seine Freunde begrüßten die Vorlage auch mit Anerkennung, sie beruhe auf einer sorg⸗ fältigen Ausarbeitung aller Vorschläge und Wünsche, die auf diesem Gebiet laut geworden seien. Alle die Ideen von Schulze⸗Delitzsch seien nicht nur berücksichtigt, sondern auch weiter entwickelt worden. Bu weit gegangen sei aber der Ent⸗ wurf in der alles regelnden, ordnenden und strafenden Fürsorge des Staats. Die Hauptvortheile des Gesetz⸗ entwurfs seien die Zulassung von Genossenschaften mit be⸗ Haftung, die bessere Regelung des Umlageverfahrens, jsie Stellung der Mitgliedschaft auf eine sicherere Grund⸗ lage und die Anerkennung der allgemeinen Revisionspflicht. vetich des ersten Punktes stehe er ganz auf dem Boden der Vorlage, es könnte höchstens zweifelhaft sein, ob nicht be⸗ üglich der Kreditgenossenschaften eine Ausnahme zu machen fer Die vorsichtige Bestimmung des Entwurfs, daß bei Ge⸗ nossenschaften mit beschränkter Haftpflicht der Konkurs schon im Falle der Ueberschuldung, nicht erst im Falle der Zahlungs⸗ unfähigkeit eintrete, sei auch nicht zu verwerfen. Diese Frage könne aber in der Kommission noch näher geprüft werden. Schon Schulze⸗Delitzsch habe mit seinem praklischen Blick erkannt, daß das Umlageverfahren zum Nutzen der Gläubiger stattfinden müsse. Nach dem Entwurf leite der Konkursverwalter das Umlageverfahren und treibe im Interesse der Gläubiger die Garantieverpflichtungen der Genossenschafter ein. Auch das sei eine Verbesserung, daß das Umlageverfahren nicht erst nach Feststellung des Schluß⸗ vertheilungsplans, sondern schon während des Konkurs⸗ verfahrens, und zwar zuerst in Gestalt der Vorschußberechnung, dann der Zuschuß⸗ und eventuell der Nachschußberechnung stattfinden könne,. Dadurch könnten die Gläubiger ihren Anspruch durch den Konkursverwalter in bequemster Weise geltend machen. Trotzdem sei aber die Einzelhaft der Ge⸗ nossen festgehalten worden. Umlageverfahren im Interesse der Gläubiger und Einzelangriff seien aber nicht nöthig und, wenn nicht nöthig, sogar schädlich. In der Frage des Einzel⸗ angriffs ständen allerdings nicht alle seine Freunde auf seinem Standpunkt, die Minderheit derselben sei für die Beibehaltun des Einzelangriffs. Es sei nicht richtig, daß der Kredit dur Beseitigung des Einzelangriffs leiden würde, denn der Gläubiger kreditire nicht in Rücksicht auf die Einzelhaftung, sondern auf die Solidarhaftung Aller. Es handle sich hier nicht um eine Minderung der Solidarhaft, sondern um eine Milderung in der Art und Weise der Geltendmachung der Solidarhaft. Der Einzelangriff leiste nicht mehr als die fortgesetzten Umlagen, bei denen der letzte Pfennig vom Schuldner eingezogen werde. Wenn er noch ein argumentum ad hominem hinzufügen solle, so sei Schulze⸗ Delitzsch ein lebhafter Vertreter der Aufhebung des Einzel⸗ angriffs gewesen, und er (Redner) glaube auch, daß, wenn jener dies Gesetz gekannt hätte, er dafür gewesen wäre. Schulze habe im Interesse der Gläubiger den Vorstand die For⸗ derungen umlegen lassen und dann den Einzelangriff beseitigen wollen. Er würde die Aufhebung des Einzelangriffs umsomehr für nothwendig gehalten haben, wenn er dieses verbesserte Umlageverfahren gekannt hätte. Es habe sich unter den Ge⸗ nossenschaften eine Bewegung für Beseitigung des 5 angriffs gebildet. In Kassel und Plauen sei dieser Beschluß einstimmig gefaßt worden. Allerdings habe in Erfurt der Anwalt des Allgemeinen Genossenschaftsverbandes durch seine ausführlichen Erörterungen die Majorität von 78 gegen 71 Stimmen für seine Ansichten gewonnen, aber die Be⸗ wegung gehe trotzdem weiter. Hr. Schenck habe allerdings in einem Schreiben an die Genossenschaften vor einer Betheili⸗ gung an dieser Agitation für Beseitigung des Einzelangriffs gewarnt. Aber trotzdem hätten sich von den 820 Vorschuß⸗ vereinen, welche sich im Allgemeinen deutschen Genossenschafts⸗ verbande befänden, bereits 427 mit ihrer Unterschrift für die Aufhebung des Einzelangriffs erklärt oder doch ihre Unter⸗ schrift zugesagt. Die Wohlhabenden in der Genossenschaft sollten nun mehr Interesse bekommen, wenn ihnen der Einzel⸗ angriff bevorstehe. Er glaube, wenn man solidarisch hafte, sei das Interesse gerade groß genug, das man an der Genossenschaft nehme. Das Interesse der Wohlhabenden be⸗ ruhe auch nicht darauf, sondern auf dem lebhaften Interesse, welches sie für die Vortheile der kleinen und geringelt Leute, der Bauern und dergleichen hätten. Im Gegentheil würden Wohlhabende schwerer sich zum Eintritt in eine Ge⸗

nossenschaft entschließen, wenn ihnen die Einzelhaft bevorstehe,

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beschränkter

den ausgeschiedenen Genossen sei die Gefahr sehr gering, weil

kleine Leute zu gewähren. Dieses würden die Genossenschaften Vermögenslage besonders

Garantie und Bürgschaft der einzelnen Personen schafften eine

sie fürchteten den Einzelangriff und mit dieser Furcht sei zu rechnen, selbst wenn sie ungerechtfertigt sei. Man habe große Schäden durch den Einzelangriff gehabt. In einem Briefe des Vorstandes eines Kreditvereins an dessen Verbandsdirektor heiße es, bei einem fallirten Vorschußverein hätten die best⸗ situirten Mitglieder traurige Tage von der Konkurseröffnung his zur Beendigung des Konkurses durchgemacht, da sie von den ungestümen Gläubigern bedroht worden seien, daß dieselben sie zuerst angreifen würden. Und so käme schon während des Konkurses die Solvenz der Anzugreifenden in Frage, wenn es auch garnicht zum Angriff komme. Der Einzelangriff sei, wenn die Gläubiger so energisch seien, wie sie fein müßten, unnöthig. Sie hätten es in der Macht, aber nicht die Genossenschaft, selbst den letzten Pfennig von einem solventen Genossenschafter herauszuquetschen. Wenn es auch nur selten und nur bei geringen Summen zum Einzelangriff komme, werde der Konkursverwalter ebendasselbe leisten können. Daß der Einzelangriff wegen der Regreßpflicht unschädlich sein solle, verstehe er absolut nicht. Bei einem Einzelangriff könne der Angegriffene Haus und Hof verlieren, den dann ein späterer ö nicht mehr retten würde. Ein Kollege habe ihm erzählt, daß er und einige Andere die einzigen Wohlhabenden im Bezirk ihrer Genossenschaft seien. Wenn sie durch einen Einzelangriff in Anspruch genommen würden, könnten sie daher unmöglich von den armen Leuten etwas eintreiben bei ihrer Stellung und ihrem Ansehen. Das sei ein schönes Regreßrecht, dessen Geltendmachung erst er⸗ solge, wenn man bereits animirt sei, oder wenn man keinen Gebrauch mehr davon machen könne. Er glaube auch nicht, daß die Schuldner leichter zahlten, wenn sie einem Einzelangriff ausgesetzt seien. Ein solventer Schuldner zahle so wie so gleich und andere zahlten überhaupt nicht, sondern warteten den Angriff gegen die solventen ab. Man halte es sodann für eigenthümlich, daß die Genossenschaften, welche 6 Monate vor dem Konkurse autgeschieden seien, nicht mehr zum Umlageverfahren heran⸗ gezogen werden sollten, da sie einmal abgerechnet hätten. Sie hätten allerdings abgerechnet, aber auf Grund einer vielleicht vollsäändig falschen Bilanz und auf Grund der Solvenz aller Mitglieder. Beides könne sich nachher als unrichtig heraus⸗ stelen. Wenn es hart sei, Einen, der bereits abgerechnet habe, noch zur Deckung des Defizits heranzuziehen, so sorulle man ihn doch nicht dem viel härteren Einzel⸗ angriff aussetzen. eder werde lieber das Umlage⸗ verfahren mit Regreßpflicht als den Einzelangriff wählen. Die Schädlichkeit des Einzelangriffs bestehe zum größten Theil in dem Bestehen des Einzelangriffs, denn er wirke als Schreck⸗ gespenst. Der Direktor des schlesischen Genossenschaftsverbandes, Hr. Morgenstern, habe bei den Verhandlungen in Erfurt ge⸗ schildert, wie durch den Einzelangriff ganze Gegenden in genossenschaftlicher Beziehung verödet seien. Seit Einführung des Einzelangriffs hätten die Genossenschaften keinen Fortschritt mehr gezeigt. Beseitige man den Einzelangriff nicht, so dränge man die Genossenschaften mit unbeschränkter Haftung in die beschränkte Haftung hinein. Bezüglich der Entstehung und des Verlustes der Mitgliedschaft gtell er sich im Wesent⸗ lichen auf den Boden der Vorlage. Dasselbe gelte bezüglich der Revision. Das Recht, den Revisor zu bestellen, dürfe aber nicht erst den Revisionsverbänden staatlich verliehen werden, denn es handele sich um rein private Gesellschaften. Wo aber Schaden eintrete, müsse der Staat das Recht haben, den Verbänden die Befähigung zur Bestallung der Revisoren zu entziehen. Ganz fremd in dieser Vorlage erschienen die Be⸗ stimmungen über die staatliche Aufsicht der Revisionsverbände,

wenn sie nur Versammlungen und dergleichen abhielten. Diese Revisionsverbände trieben doch nicht sozialdemo⸗ kratische Agitation. Der Hinweis der Motive auf die Analogie mit den Innungsverbänden passe nicht, denn diese seien öffentliche, allermindestens halböffentliche Korpo⸗ rationen mit wichtigen Rechten über den Kreis ihrer Mit⸗ glieder hinaus. Die Zwecke der Genossenschaft gingen über diesen Kreis nicht hinaus. Bezüglich der Beschränkung des Geschäftsbetriebs auf die Mitglieder stehe seine Partei eben⸗ falls im Allgemeinen auf dem Boden der Vorlage. Den Mit⸗ gliedern mehrere Geschäftsantheile zu gestatten, könne in ein⸗ zelnen Fällen wünschenswerth sein, aber nicht ungemessen, sondern höchstens zwei oder drei Antheile. Aber er sei damit einverstanden, daß jeder Genosse, auch wenn er mehrere Antheile habe, in der Generalversammlung nur eine Stimme habe. Was die ländlichen Genossenschaften betreffe, so werde von den Raiff⸗ eisen'schen Genossenschaften vielleicht mit Recht gewünscht, daß

die Geschäftsantheile nicht obligatorisch sein sollten. Bei den⸗

kleinen ländlichen Genossenschaften könne man diese Ausnahme vielleicht zulassen. Er hoffe, daß die wirklich vorhandenen Mängel des Gesetzes in der Kommission beseitigt, und ein Gesetz geschaffen werde, welches dem Genossenschaftswesen zum Vortheil gereichen und das wirthschaftliche Wohl des kleinen öö“ und vor Allem des kleinen Bauern fördern werde. Abg. von Buol: Auch er habe diesen Gesetzentwurf mit Freude begrüßt. England besitze seit den 60er Jahren die beschränkte Haftbarkeit; andere Staaten, wie Frankreich, Belgien, die Schweiz, Italien haben das gemischte System. Die Einwendungen gegen dieses Gesetz bezögen sich im Wesent⸗ lichen auf die Strafbestimmungen, die Revisionsbestimmungen und den Einzelangriff. Hinsichtlich der Strafbestimmungen habe der genossenschaftliche Vereinstag die Meinung geäußert, man 58 es gescheiter beim Alten lassen sollen. Er glaube nun, daß das isherige geringe Strafmaß nicht mehr ausreiche, und daß man Recht gethan habe, dies Gesetz in Uebereinstimmung mit dem neueren Strafgesetzbuch und vor Allem mit dem Aktiengesetz zu bringen. Was die Revisionsbestimmungen betreffe, so habe

der Staatssekretär erfreulicher Weise die Hand geboten zu

etwaigen Verständigung über die Abmilderung der⸗ Selbst der Vereinstag

einer selben. durch verständigen für angängig erklärt. wissen, als er nicht gegen diejenigen erfolgen welche nach dem Nachschußverfahren pünktlich liegenheiten nachgekommen seien.

und unsittlich sei.

Dieses würde nur Genossenschaftsgesetzgebung gegen diesen Entwurf

fallen werde. der bisherigen Seine Bedenken ge vermisse in demselben

Revision Gange

sprechen.

diese: er Natur zu ziehen seien. lichen Gewinnen.

zweck. o sei nun die Grenze zwischen beiden?

Wichtigkeit dieser Unterscheidung wäre besonders evident bei

habe eine periodische Revision einen außerhalb der Genossenschaft stehenden Sach⸗ Den Einzelangriff wollten die Gegner des Entwurfs wenigstens insofern abgeschafft dürfe, ihren Ob⸗ Es werde als das geistige Testament Schulze's bezeichnet, daß der Einzelangriff beseitigt werde. Es werde sogar behauptet, daß er unwirthschaftlich Auch er neige dahin, den Einzelangriff lieber gleich jetzt abzuschaffen. Er glaube aber, daß, wenn auch der Einzelangriff diesmal nicht falle, er bei der nächsten dem

ent⸗ seien klare Bestimmungen über die rechtliche Natur der Genossenschaften und über die Grenzen des Geschäftsbetriebes, welche ihnen nach ihrer Es sei allerdings schwer, die Grenze u ziehen zwischen wirthschaftlichen Vortheilen und gewerb⸗ Man sage, einen Gewinn zu erzielen, sei nicht der E der Gesellschaften, sondern nur ie

der Frage der Besteuerung der Genossenschaften. In Baden habe man die juristischen Personen zur Einkommen⸗ steuer herangezogen. Man, habe dabei gestritten, ob auch die Genossenschaften, z. B. Konsumvereine mit offenen Läden, Kreditvereine mit bankähnlichem Betriebe, unter dieselbe Kategorie zu subsumiren seien. Es wäre nun Aufgabe dieses Gesetzes, sich über die rechtliche Natur der Genossenschaften klar auszusprechen. Nach dem jetzigen Ent⸗ wurf würden alle Genossenschaften steuerfrei ihre Geschäfte erledigen können, und nur diejenigen Kreditvereine, welche mit Nichtmitgliedern Geschäfte machten, als Bankinstitute behan⸗ delt werden. Die Motive meinten, es sei durchaus unbedenk⸗ lich, daß Konsumvereine mit Nichtmitgliedern Geschäfte machen. Wenn man aber Nichtmitgliedern die Vortheile der Vereine zukommen lasse, so würden sie den Genossenschaften nicht beitreten, und es sei fraglich, ob man diese Art von Konkurrenz gestatten dürfe. In einer Petition zu der Vorlage werde ausgeführt, daß ein Konsumverein allein an Brot einen Umsatz von 55 000 in einem Jahre und einen Reingewinn von 17 Proz. erzielt habe. Ein Konsumverein in der Provinz Sachsen mit 1700 Mitgliedern habe einen Jahres⸗ umsatz von 84 000 1 Branntwein. Und eine derartige Ge⸗ nossenschaft arbeite steuerfrei und solle auch in Zukunft durch⸗ aus steuerfrei arbeiten! Die Frage, ob derartige Konkurrenz geduldet werden dürfe, müsse in der Kommission wohl erörtert werden. Er schließe mit dem Wunsch, daß der Gesetzentwurf segens⸗ reich werde für die Institute, die auf der Grundlage beruhten viribus unitis.

Abg. Nobbe: Daß Betriebe, die einen so großen Brannt weinumsatz hätten, von der Verwaltungsbehörde zu konz⸗ssioniren seien, halte er für selbstverständlich. Die Genossenschaft sei natürlich eine juristische Person; es werde dies vielleicht noch exakter zum Ausdruck gebracht werden können. Im All⸗ gemeinen aber sei die Fassung des Gesetzes eine ganz aus⸗ gezeichnete; er möchte es eine elegante Arbeit nennen. Die Vorlage verdiene auch insofern volle Sympathie, als darin alle Gesichtspunkte, die von sachkundiger und interessirter Seite geltend gemacht vorden seien, Berücksichtigung gefunden hätten. Mit der Zulassung der Genossen⸗ schaften mit beschränkter Haftpflicht sei seine Partei durchaus einverstanden; sie sehe darin sogar eine wesentliche Erweiterung des genossenschaftlichen Gedankens, und sie hoffe, daß viele Kreise, die sich bisher den Genossen⸗ schaften fern gehalten hätten, nicht mehr zögern würden, die Initiative zu ergreifen. Von der Beibehaltung des Einzel⸗ angriffs mache seine Partei ihre Zustimmung zu dem Gesetz nicht abhängig. Die jetzt stipulirte Form sei ein sehr wesent⸗ licher Fortschritt gegenüber dem Gesetz von 1868; aber er gebe zu bedenken, ob es nicht möglich wäre, den Einzelangriff, wie in dem preußischen Wassergenossenschaftsgesetz von 1879, ganz zu beseitigen. Die Haftbarmachung des Einzelnen werde auch dadurch herabgesetzt, daß das Umlageverfahren nicht mehr am Ende, sondern bereits am Anfang des Konkursver⸗ fahrens stattfinde. Bei den Genossenschaften selbst seien übrigens die Ansichten über den Einzelangriff schwankend. Zu weit zu gehen scheine es ihm, daß dem Staat die Befug⸗ niß beigemessen werde, zu urtheilen, ob ein Verband die Re⸗ vision auszuüben in der Lage sei oder nicht. Der Staat sollte nur eingreifen dürfen, wenn thatsächlich die Revision unge⸗ nügend geübt werde.

Hiernach wird die erste Berathung geschlossen und der Gesetzentwurf einer Kommission von 28 Mitgliedern über⸗

wiesen. Schluß 5 Uhr. Nächste Sitzung Freitag 12 Uhr

1. Steckbriefe und Untersuchungs⸗Sachen.

2. Zwangsvollstreckungen, Aufgebote, Vorladungen u. dergl. 3. Verkäufe, Verpachtungen, Verdingungen ꝛc.

4 Verloosung, Zinszahlung ꝛc. von öffentlichen Papieren.

Oeffentlicher

Anzeiger.

5. Kommandit⸗Gesellschaften auf Aktien u. Aktien⸗Gesellsch. 6. Berufs⸗Genossenschaften. 1 7. Wochen⸗Ausweise der deutschen Zettelbanken.

8. Verschiedene Bekanntmachungen.

1) Steckbriefe und Untersuchungs⸗Tachen.

[47713] Steckbrief.

Gegen den unten beschriebenen Koppelknecht Johannes Friedrich Rudolf Namm⸗Pampel, auch Storjohann genannt, ist die Untersuchungshaft wegen Unterschlagung verbängt. Es wird ersucht, denselben zu verhbaften und in das nächste Gerichts⸗ gefängniß abzuliefern, und hierher Mittheilung zu machen. J. II. 2278/88. v

Altona, den 11. Dezember 1888. 8

Königliche Staatsanwaltschaft.

Beschreibung: Alter: 30 Jahre. Statur: und untersetzt. Haare: blondes gekräuseltes Haar. Bart: kleiner Schnurrhart. Augen: grau. Gesicht: voll und rund. Gesichtsfarbe: gesund. Kleidung: graubrauner Tuch⸗Jaquet⸗Anzug (Hose sehr eng), Stiefeletten, bräunliche Jockeymützze.

Nachstehend verzeichnete Personen werden beschuldigt, als Wehrpflichtige in der Absicht, sich dem Eintritte in den Dienst des stehenden Heeres oder der Flotte zu entziehen, ohne Erlaubniß das Bundesgebiet ver⸗ lassen oder nach erreichtem militärpflichtigen Alter ich außerhalb des Bundesgebiets aufgehalten zu aben. Vergehen gegen §. 140 Abs. 1 Nr. 1 St.⸗G⸗B. Dieselben werden auf Freitag, den 18. Januar 1889, Bormittags 9 Uhr, vor die Strafkammer des Kaiserlichen Landgerichts zu Saargemünd zur Hauptverhandlung geladen. Bei unentschuldigtem Ausbleiben werden dieselben auf Grund der nach §. 472 der Strafprozeßordnung von der Kaiserlichen Kreisdirektion Bolchen am 6. Oktober 1888 über die der Anklage zu Grunde liegenden Thatsachen ausgestellten Erklärung ver⸗ urtheilt werden, nämlich:

1) Bitsch, Julius. geb. den 12. Januar 1866 zu Falkenberg, zuletzt daselbst.

2) Zingraff, Isidor, geb. den 15. Juni 1866 zu Falkenberg, zuletzt daselbst.

‚Vermeister, Johann, geb. den 19. September 866 zu Lubeln, zuletzt daselbst. 88

4) Kremetter, Johann Baptist, geb. den 12. April 1866 zu Steinbiedersdorf, zuletzt daselbst.

5) Hoppe, Johann Nikolaus geb. den 2. April 1866 zu Wallersberg, zuletzt zu Oberfüllen.

6) Briot, Eugen, geb. den 16. März 1867 zu Kriechingen, zuletzt daselbst. 1

7) Hieronimus, Johann, geb. den 5. Mai 1867 zu Kriechingen, zuletzt daselbst, 8.

8) Schmitt, Nitolaus, geb. den 2. August 1867

zu Kriechingen, zuletzt daselbst.

1“

9) Bardot, Josepb, geb. den 24. September 1867 zu Lubeln, zuletzt daselbst. 10) Losson, Emil Nikolaus, geb. den 11. Mai 1867 zu Lubeln, zuletzt daselbst. 11) Nichard, Johann, geb. den 17. Mai 1867 zu Lubeln, zuletzt daselbst. 8 12) Seune, Nikolaus, geb. den 28. Juni 1867 zu Lubeln, zuletzt daselbst. 13) Decker, Peter Josef, geb. den 26. März 1867 zu Niederfüllen, zuletzt daselbst. 14) Bügott, Johann Peter, geb. den 9 Januar 1867 zu Redlach, zuletzt daselbst. 15) Taitingen, Nikolaus, geb. den 9. April 1867 zu Gem. Trittelingen Woimhaut, zuletzt daselbst 16) Grausem, Dominic Adolf, geb. den 25. Fe⸗ bruar 1867 zu Wallersberg, zuletzt daselbst. 17) Ney, Georg Franz, geb. den 28. Juli 1868 zu Baumbiedersdorf, zuletzt daselbst. 18) Dosdat, Georg, geb. den 1. September 1868 zu Falkenberg, zuletzt daselbst. 19) Grandjean, Franz Xaver, geb. den 31. August 1868 zu Falkenberg, muleß daselbst. 20) Kletzel, Karl, geb. den 6. August 1868 zu Falkenberg, zuletzt daselbst. 21) Noiré, Viktor Eugen, geb. den 9. August 1868 zu Falkenberg, zuletzt daselbst. 22) Bare, Johann Peter, geb. den 15. Oktober 1868 zu Kriechingen, zuletzt daselbst. 23) Joly, Franz, geb. den 20. September 1868. zu Kriechingen, zuletzt daselbst. 24) Briestiel, Johann Louis, geb. den 2. Juli 1868 zu Lubeln, zuletzt daselbst. 25) Losson, Johann Peter, geb. den 18. Januar 1868 zu Lubeln, zuletzt daselbst. 8 Müller, Karl Anton Arthur, geb. den 22. November 1868 zu Lubeln, zuletzt daseldst. 27) Munchina, Franz Ludwig, geb. den 15. Juli 1868 zu Baumbiedersdorf, zuletzt dasebst. 28) Senne, Ludwig Nikolaus, geb. den 9. De⸗ zember 1868 zu Lubeln, zuletzt daselbst. 29) Guittienne, Jakob August, geb. den 4. Juni 1868 zu Wöhningen, zuletzt daselbst. 30) Becker, Johann Nikolaus August, geb. den 9. Juli 1868 zu Tetingen, zuletzt daselbst. Sämmtlich jetzt ohne bekannten Wohn⸗ und Aufenthaltsort. 3 Durch Beschluß der Strafkammer des Kaiserlichen Landgerichts zu Saargemünd vom 21. November 1888 ist das im Deutschen Reiche befindliche Ver⸗ mögen der vorgenannten Wehrpflichtigen zur Deckung der sie möglicherweise treffenden höchsten Geldstrafen und der Kosten des Verfahrens mit Beschlag belegt. Saargemünd, den 8. Dezember 1888. eer Kaiserliche Erste Staatsanwalt.

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[47711]

Nachstebend verzeichnete Personen werden beschul⸗ digt. als Wehrpflichtige in der Absicht, sich dem Eintritte in den Dienst des stehenden Heeres oder der Flotte zu ent⸗ ziehen, ohne Erlaubniß das Bundesgebiet verlassen oder nach erreichtem militärpflichtigen Alter sich außer⸗ halb des Bundesgebietes aufgehalten zu haben, Ver⸗ gehen gegen §. 140 Abs. 1 Nr. 1 Str. G. B. Dieselben werden auf Freitag, den 18. Jannar 1889, Vormittags 9 Uhr, vor die Strafkammer des Kaiserlichen Landgerichts zu Saargemünd zur geladen. Bei unentschuldigtem

usbleiben werden dieselben auf Grund der nach §. 472 der Strafprozeßordnung von der Kaiserlichen Kreis⸗ direktion Chateau Salins am 30. Oktober 1888 über die der Anklage zu Grunde liegenden That⸗ sanene ausgestellten Erklärung verurtheilt werden, nämlich:

1) Torlotin, Victor, geb. den 27. Oktober 1865 zu Altdorf, zuletzt daselbst.

2) Betting, Maire Steph. Prosper, geb. den 2. Juli 1865 zu Dorsweiler, zuletzt daselbst.

3) Schmitt, Victor, geb den 16. August 1865 zu Givrycourt, zuletzt daselbst.

4) Tholé, Jacob, geb. den 10. März 1885 zu Insweiler, zuletzt daselbst. b

5) Heitz, Joh. Denis, geb. den 18. Juli 1865 zu Lauterfingen, zuletzt daselbst. 18

6) Jacoby, Joh. Emil, geb. den 17. Jannar 1865 zu Lauterfingen, zuletzt daselbst.

2 Sporn, Christoph, geb, den 21. Januar 1865 zu Lauterfingen, zuletzt daselbst.

8) Houpert, Joseph, geb. den 22. 1865 zu Reiningen, zuletzt daselbst.

9) Qnirin, Basile, geb. den 2. Januar 1865 zu Wittersburg, zuletzt daselbst.

Sämmtlich jetzt ohne bekannten Wohn⸗ Aufenthaltsort. 1

Durch Beschluß der Strafkammer des Kaiserlichen Landgerichts zu Saargemünd, vom 21. November 1888 ist das im Deutschen Reiche befindliche Ver⸗ mögen der vorgenannten Wehrpflichtigen zur Deckung der sie möglicherweise treffenden höchsten Geldstrafen und der Kosten des Verfahrens mit Beschlag belegt.

Saargemünd, den 8. Dezember 1888.

er Kaiserliche Erste Staatsanwalt.

September

und

2) Zwangsvollstreckungen, Aufgebote, Vorladungen u. dgl.

[47722] Zwangsversteigerung.

vund Band 4 Fol. 32 auf den Namen der Wittwe Lübke Weerts Rabenberg, geb. Luitjens, bezw. der⸗ felben und der Hillena Rabenberg zu Völlen ein⸗ zu Völlenerfehn bezw. Völlen belegenen

rundstücke am 14. Februar 1889, Vor⸗ mittags 11 Uhr, vor dem unterzeichneten Gericht im Breske'schen Wirthsbause zu Völlenerfehn ver⸗ steigert werden. Die Grundstücke sind mit bezw. 15,48 und 25,035 Reinertrag und einer Fläche von bezw. 2,87,18 und 2 23,00 ha zur Grundsteuer, mit bezw. 240 und 36 Nutzungswerth zur Gebäudesteuer veranlagt. Auszug aus der Steuer⸗ rolle, beglaubigte Abschrift des Grundbuchblatts können in der Gerichtsschreiberei, Abth. I., hierselbst eingesehen werden. Alle Realberechtigten werden aufgefordert, die nicht von selbst auf den Ersteher übergehenden An⸗ sprüche, deren Vorhandensein oder Betrag aus dem Grundbuche zur Zeit der Eintragung des Versteigerungs⸗ vermerks nicht hervorging, insbesondere derartige von Kapital, Zinsen, wiederkehrenden

ebungen oder Kosten, spätestens im Versteigerungs⸗ termin vor der Aufforderung zur Abgabe von Ge⸗ boten anzumelden, und, falls der betreibende Gläubiger widerspricht, dem Gericht glaubhaft zu machen, widrigenfalls dieselben bei Feststellung des geringsten Gebots nicht berücksichtigt werden und bei Ver⸗ theilung des Kaufgeldes gegen die berücksichtigten Ansprüche im Range zurücktreten. Diejenigen, welche das Eigenthum der Grundstücke beanspruchen, werden anfgefordert, vor Schluß des Versteigerungstermins die Einstellung des Verfahrens herbeizuführen, widri⸗ Peralls nach erfolgtem Zuschlag das Kaufgeld in Bezug auf den Anspruch an die Stelle des Grund⸗ stücks tritt. Das Urtheil über die Ertheilung des Zuschlags wird am 22. Februar 1889, Vor:· mittags 11 Uhr, an Gerichtsstelle verkündet werden.

Leer, den 8. Dezember 1888.

Königliches Amtsgericht. I.

[47727

In Sachen des Kaufmanns Eduard Oppermann hier, Klägers, wider den Kaufmann Friedrich Benecke hier, Beklagten, wegen Zinsen. wird, nachdem auf Antrag des Klägers die Beschlagnahme der dem Beklagten gehörigen nachbezeichneten hiesigen Grund⸗ stücke, als:

1) der Nr. 215 VII., VIII. und IX, Blatt I.

27 qm sammt Wohnhause Nr. 5309 cf. Sit.⸗ Plan de 1886 Nr. 1430 B.

2) des Nr. 215 IV. Blatt I. des Feldrisses Hagen an der Husarenstraße belegenen Grundstücks zu 5 a 10 qm cf. Sit.⸗Plan de 1886 Nr. 1430 B.

Grundbuche von Völlen Vol. V. Band 2 Fol. 71

Im Wege der E“ sollen die im

“XX“

zum Zwecke der Zwangsversteigerung durch Be-

1“ 8 8 1“

des Feldrisses Hagen an der Husarenstraße belegenen Grundstücke zu 3 a 95 qm, 5 à 78 qam und 7 a