1888 / 320 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 20 Dec 1888 18:00:01 GMT) scan diff

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Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und

Medizinal⸗Angelegenheiten.

Am Schullehrer⸗Seminar zu Homberg ist der räparanden⸗ lehrer S nder r daselbst als Hülfslehrer angeste! 1 Werden.

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Bekanntmachung.

in Gemäßheit des §. 4 des Gesetzes vom 27. Juli 1885,

betresfmnd Ergänzung und Abänderung einiger Bestimmungen über Erhebung der auf das Einkommen gelegten direkten Kommunalabgaben (Gesetz⸗Samml. S. 327), wird hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß das im laufenden Steuer⸗ jahr kommunalabgabepflichtige Reineinkommen aus dem Be⸗ triebsjahre 1887 8 b bei der Peine⸗Ilseder Eisenbahn auf 40 615,84

festgestellt worden ist.

Berlin, den 18. Dezember 1888.

Khöhnigliches Eisenbahn⸗Kommissariat.

Bensen. 8

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 20. Dezember. Se. Majestät der Kaiser und König arbeiteten gestern in den Morgen⸗ stunden allein und empfingen um 11 Uhr den Kaiserlichen Gesandten, Freiherrn von Rotenhan.

Um 3 Uhr begaben Se. Majestät Sich nach Potsdam, nahmen an der Mittagstafel bei dem Offizier⸗Corps des 1. Garde⸗ Regiments z. F Theil und wohnten darauf einem Kriegsspiel nebst daran sich schließendem kriegsgeschichtlichen Vortrag bei.

Die Rückkehr nach Berlin erfolgte um 10 ½ Uhr Abends.

Ihre Majestät die Kaiserin und Königin Augusta ertheilte gestern dem ehemaligen spanischen Bot⸗ schafter, Grafen Benomar nebst Gemahlin eine Abschieds⸗ Audienz und dem neu ernannten rumänischen Gesandten Ghika die erbetene Antritts⸗Audienz. 1

Gestern Abend sah Ihre Majestät Ihre Königliche Hoheit die Großherzogin⸗Mutter von Mecklenburg⸗Schwerin zum Thee bei Sich und stattete Ihrer Königlichen Hoheit heute im Schlosse einen Abschiedsbesuch ab.

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Die Mitglieder der Magistratsdeputationen in preußischen Städten, gleichviel, oh diese Deputationen bloß aus Mitgliedern des Magistrats oder aus beiden Gemeinde⸗ behörden oder aus letzteren und aus simmjahigen Bürgern gebildet sind, sind nach einem Urtheil des Reichsgerichts, IV. Strafsenats, vom 12. Oktober d. J., als dem Magistrat untergeordnete Beamte im Sinne des Strafgesetzbuchs zu erachten, und die Beleidigung gegen ein Deputations⸗ mitglied ist auf den Strafantrag des Magistrats zu verfolgen.

Aerztliche Rezepte sind nach einem Urtheil des Reichsgerichts, II. Strafsenats, vom 12. Oktober d. J., Privat⸗Urkunden, welche zum Beweise von Rechten und Rechtsverhältnissen von Erheblichkeit sind, und ihre Fälschung ist als Urkundenfälschung zu bestrafen.

Das einem Holzarbeiter von seinem Arbeitgeber für den häuslichen Bedarf gewährte freie Brennholz ist, nach einer Entscheidung des Reichs⸗Versicherungsamts vom 28. September d. J. (Nr. 633) als ein Naturalbezug im Sinne des §. 3 Abs. 1 des Unfallversicherungsgesetzes zu be⸗ trachten. Dafür, daß das Holz lediglich als Geschenk von Seiten des Arbeitgebers hingegeben worden wäre, wie be⸗ hauptet wurde, fehlt jeder Anhalt. Vielmehr ist anzunehmen, daß die Gewährung von freiem Brennholz, wenn au nicht ausdrücklich ausbedungen, stillschweigend beiderseits bei dem Arbeitsvertrage vorausgesetzt war, und der Kläger daher mit Grund darauf rechnen konnte, zumal in Holzgeschäften den Arbeitern der Holzabfall vielfach ohne Entgelt überlassen wird. Die Minderwerthigkeit des dem Kläger gewährten, aus Abfällen bestehenden Holzes ist bei der Ermittelung des an⸗ rechnungsfähigen Betrages zu berücksichtigen.

Dem Kreise Wehlau im Regierungsbezirk Königs⸗ berg, welcher den Bau einer Chaussee von der Königsberg⸗ Gumbinner Provinzialstraße bei Seehe bis zur Grenze des e Greiben hinter Neuendorf beschlossen 88 ist durch

llerhöchste Kabinets⸗Ordre vom 5. Dezember d. J. das Ent⸗ eignungsrecht für die zu dieser Chaussee erforderlichen Grundstücke, sowie gegen Uebernahme der tünftigen chaussee⸗ mäßigen Unterhaltung der Straße das Recht zur Er⸗ HG des Chausseegeldes auf derselben nach den

estimmungen des Chausseegeld⸗Tarifs vom 29. Februar 1840 (G.⸗S. S. 94 ff.) einschließlich der in demselben enthaltenen Bestimmungen über die Befreiungen, sowie der sonstigen, die Erhebung betreffenden zusätzlichen Vorschriften vorbehalt⸗ lich der Abänderung der sämmtlichen voraufgeführten Bestim⸗ mungen verliehen worden. Auch sollen die dem Chaussee⸗ geld⸗Tarif vom 29. Februar 1840 angehängten Bestimmun⸗ gen wegen der Chaussee⸗Polizeivergehen auf die gedachte Straße zur Anwendung kommen.

Durch Allerhöchste Kabinets⸗Ordre vom 5. Dezember d. J. ist genehmigt worden, daß die dem Chausseegeld⸗Tarif vom 29. Februar 1840 (EBeset Szantahe. S. 94 ff.) angehängten Bestimmungen wegen der Chaussee⸗Polizeivergehen auf die im Kreise Neuhaldensleben, Regierungsbezirk Magdeburg, belegene Chaussee von der WedringenNeuen⸗ hofer Chaussee uͤber Hillersleben bis zur Kreisgrenze in der Richtung auf Meseberg zur Anwendung kommen.

Der General⸗Lieutenant von Lettow⸗Vorbeck, bisher Commandeur der 4. Infanterie⸗Brigade, welcher zum Kommandanten von Thorn ernannt worden, ist zur Abstattung persönlicher Meldungen hier eingetroffen.

Der Regierungs⸗Assessor NKeumann zu Münster ist an die Königliche Regierung zu Schleswig und der Regierungs⸗ Assessor von Wehrs zu Schleswig an die Königliche Regie⸗ rung zu Münster versetzt worden.

Die Regierungs⸗Referendare Longard aus Köln, von Klitzing aus Merseburg, Bönisch aus Oppeln und von

Meer aus Minden, sowie der Landrath Dr. jur. von Zander

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aus Königsber t Pr. haben am 15. d. M. die zweite Staatsprüfung gar den höheren Verwaltungsdienst bestanden.

S. M. Fahrzeug „Loreley“, Kommandant Kapitän⸗ Lieutenant Freiherr von Lyncker, ist am 18. Dezember cr. in Konstantinopel eingetroffen.

Bayern. München, Fnee (Ang. Ztg.), rinz⸗Regent empfing heute den neuernannten belgi⸗ Befan dten, Baron Greindl, in Gegenwart des Staats⸗ Ministers des Königlichen Hauses und des Aeußern, Freiherrn von Crailsheim, im Thronsaale des Hofgartenbaues zur Ent⸗ gegennahme seines Beglaubigungsschreibens.

Württemberg. Stuttgart, 18. Dezember. (St.⸗A. f. W.) Der König empfing am Sonntag in Nizza den Besuch des Großherzogs und der Großherzogin von Mecklen⸗ burg⸗Schwerin, welche gegenwärtig in Cannes verweilen. Die Großherzoglichen Herrschaften nahmen mit dem Herzog Georg von Leuchtenberg das Frühstück bei Sr. Majestät ein und kehrten Nachmittags wieder nach Cannes zurück.

Hessen. Darmstadt, 18. Dezember. (Darmst. Ztg.) Der Großherzog empfing heute den österreichisch⸗ungarischen Gesandten, Freiherrn von Herbert⸗ Rathkeal, behufs Entgegennahme seines Beglaubigungsschreibens.

Die Ueberführung der Leiche des Prin en Alexander von dem Palais auf dem Louisenplatze nach der Stadtkirche fand heute Abend zwischen 7 und 8 Uhr unter dem vor⸗ gesehenen Ceremoniell statt. Eine dichtgedrängte Menschen⸗ menge hatte die Straßen und Plätze besetzt, durch welche sich

der Zug bewegte. Zug he vee (W. T. B.) Heute Nachmittag 3 Uhr fand die feierliche Beisetzung der Leiche des im Mausoleum auf der Rosen⸗

Prinzen Alexander 1 öhe, programmgemäß statt. Von fürstlichen Personen 1aeg 1n Großherzog und

wohnten der Trauerfeier bei: der 3

die nächsten Angehörigen des Verstorbenen, ferner Prinz Heinrich von Preußen, die Großfürsten Sergius und Paul von Rußland, Prinz Wilhelm von Baden, Prinz Hermann von Sachsen⸗Weimar, Landgraf Alexis von Hessen⸗Philippsthal, die Landgräfin von Hessen, die Erb⸗ prinzessin von Anhalt, Herzog Adolf und Prinz Nicolaus von Nassau und der Fuüͤrst von Hohenzollern.

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 18. Dezember. (Wien. Ztg.) Im Budgetausschuß erklärte der Unterrichts⸗Minister Dr. von Gautsch heute, er habe nicht das fortgesetzte Sinken der Frequenz der Wiener Hochschule für Boden⸗ kultur übersehen; auch die ausländischen Anstalten seien gering frequentirt. Gegenwärtig vermöge er über die Zukunft der Anstalt keine bestimmte Meinung abzugeben. Die vom Abg. Zeithammer beantragte Erneuerung der vorjährigen diesbezüglichen Resolution wurde mit 13 gegen 12 Stimmen abgelehnt. 4

19. Dezember. (W. T. B.) Die Verordnung des Gesammt „Ministeriums betrefks Suspendirung der Schwurgerichte in fünfzehn unter dem Anarchisten⸗ gesetz stehenden Gerichtssprengeln wurde im Abgeord⸗ netenhause genehmigt, nachdem der Minoritätsantrag auf sofortige Aufhebung der Verordnung mit 142 gegen 122 Stimmen abgelehnt worden war. Die nächste Sitzung ist un⸗ bestimmt.

Großbritannien und Irland. London, 19. Dezember. (A. C.) Die Königin trat gestern, begleitet von der Kaiserin Friedrich und deren drei Prinzessinen⸗ Töchtern, von Windsor die Reise nach Osborne auf der Insel Wight an, wo der Hof bis Ende Januar verweilen wird.

Dem Parlament wurde vorgestern der Wortlaut des dem General Grenfell von Osman Digma übersandten Schreibens sowie der beigefügte Bericht Osman Salih's im Wortlaut vorgelegt. Sir E. Baring hatte beide Schriftstücke telegraphisch an Lord Salisbury gesandt. Der vom 10. Safar 1306 datirte Bericht Osman Salih's lautet:

„Im Namen des großen Gottes ꝛc. Dieses ist vom geringsten Knechte Gottes an seinen Herrn und Ober⸗Khalifen ꝛc. Wir gingen mit den Dampfern und der Armee vor, erreichten die Stadt Lado, wo Emin, der Mudir des Aequators, weilt. Wir erreichten diesen Ort am 15. Safar 1306. Wir müssen den Offizieren und Mannschaften danken, welche diesen Sieg leicht vor unserer Ankunft machten. Sie nahmen Emin und einen bei ihm befindlichen Reisenden ge⸗ fangen und legten sie in Ketten. Die Offiziere und Mannschaften weigerten sich, nach Egypten mit den Türken zu gehen. Tewfik sandte Emin einen Reisenden, dessen Namen Stanley ist. Dieser Stanley brachte einen Brief von Tewfik an Emin, datirt 8. Jemal Awwal 1304 Nr. 81, worin er Emin aufforderte, mit Stanley zu gehen und den Uebrigen die Wahl zu lassen, nach Kairo zu ziehen oder dort zu bleiben. Die Soldaten weigerten sich, dem türkischen Befehl zu gehorchen, und empfingen uns mit Freuden. Ich habe viel Federn und Elfenbein gefunden. Ich schicke mit diesem Schreiben an Bord des „Bordain“ die Offiziere und den Oberschreiber. Ich schicke auch den Brief Tewfik's an Emin und die den Türken abgenommenen Fahnen. Ich höre, daß da noch ein anderer Reisender ist, welcher zu Emin gekommen ist, erfahre aber, daß er wieder fort ist. Ich schaue mich um nach ihm. Wenn er zurück⸗ kommt, werde ich ihn sicher abfassen. Alle Häuptlinge der Provinz urd die Einwohner haben uns begeistert empfangen. Ich habe alle Waffen und Munition konfiszirt. Schicke bitte die Offüiere und den Oberschreiber zurück, wenn Du sie gesehen und ihnen die nöthigen Anweisungen gegeben hast, weil sie mir sehr nützlich sein werden.“

20. Dezember, Vormittags. (W. T. B.) Nach einem Telegramm aus Suakim hat General Grenfell mit 4000 Mann englischer und egyptischer Truppen die feind⸗ lichen Verschanzungen am Morgen mit Sturm ge⸗ nommen. Die englisch⸗egyptischen Verluste sind gering. Der Feind hat mehr als 1000 Mann verloren. Der Sieg war ein vollständiger und binnen einer halben Stunde errungen. Ein Kavallerieangriff führte die völlige Niederlage der Feinde herbei. Dieselben zogen sich nach Hascheen und Tamai zurück; die Truppen Grenfell's halten die feind⸗ lichen Verschanzungen besetzt.

Frankreich. Paris, 19. Dezember. (W. T. B.) Der Senat begann heute die Budgetberathung. Challemel⸗ Lacour sagte, es handele sich heute nicht mehr um die Zu⸗ kunft der Finanzen, sondern um die Zukunft Frankreichs selber. Redner tadelte die Politik der Regierung in der Schulfrage, durch welche in das Leben der Familie verletzend eingegriffen werde; die Ursache des Uebels liege aber in dem Radikalismus selbst, der die alten Begründer der Republik mit sanene haß ver⸗ 8 e und unerfüllbare Versprechungen gemacht habe. Und nun

alle Frankreich, das mit der ruhmreichsten Monarchie gebrochen Das gegenwärtige

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habe, dem ersten besten Manne zu Füßen.

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Kabinet, welches die Bewegung nach dem Abgrunde hin auf⸗ .

stürze das Land im Gegentheil in denselben hinab. Es sei Zeit, zu einer Politik der gesunden Ver⸗ nunft zurückzukehren. Der Redner appellirte schließlich an die Rechte, sich mit den Männern der Ordnung und der Freiheit von der Linken zu vereinigen, um das Vaterland zu retten. Diese Rede wurde mit begeistertem Beifall aufgenommen; alle Senatoren erhoben sich. Léon Say beantragte, die Rede drucken und in allen Gemeinden öffentlich anschlagen zu lassen. Die Abstimmung über diesen Antrag wurde bis zur nächsten Sitzung verschoben und die gegenwärtige Sitzung sodann für kurze Zeit unterbrochen. Nach Wiederaufnahme der Sitzung ergriff der Minister⸗ Präsident Floquet das Wort, um zunächst verschiedene Ausführungen Challemel⸗Lacour's, namentlich aber dessen Appell an die Rechte zurückzuweisen. Der Minister, welcher vielfach unterbrochen wurde, erklärte sodann, er habe sich um die Gewalt nicht beworben, dieselbe sei ihm vielmehr aufgenöthigt worden; er habe versucht, innerhalb der Linken eine Konzentration herbeizuführen; die Politik der gegenwärtigen Regierung sei eine vorsichtige, in wirk⸗ lich republikanischem Sinne reformatorische. Er habe so⸗ eben erst den Entwurf wegen Wiederherstellung des Einzel⸗ skrutiniums eingebracht, um den Kampf für die Konsolidi⸗ rung der Republik fortzusetzen. Léon Say gab seiner Be⸗ wunderung für die Rede Challemel⸗Lacour's Ausdruck und bedauerte, daß Floquet's Rede nicht auf der gleichen Höhe sich bewegt habe. Tolain vertheidigte unter andauernder Unruhe die radikale Politik des Ministeriums; alles Uebel komme von der Weigerung der Konservativen, sich der Republik voll und ganz anzuschließen. Floquet erklärte, er werde, wenn nöthig, die Gesetzgebung zu Hülfe rufen, um gegen die Gefahr, von welcher Challemel gesprochen, zu kämpfen. Die Sitzung wurde sodann unter lebhafter Bewegung aufgehoben.

(Köln. Ztg.) Der Ausschuß der Deputirten⸗ kammer zur Fei des Antrags, Frauen das Wahlrecht für die Handelsgerichte zu verleihen, wird in seiner Mehrheit für diesen Vorschlag eintreten.

20. Dezember. (W. T. B.) Mehrere republi⸗ kanische Blätter machen dem Senator Challemel⸗ Lacour den Vorwurf, durch seine 6 Ausführungen gegen die radikale Partei die Republik selbst angegriffen zu haben. Das „Journal des Débats“ hebt dagegen lobend hervor, daß Challemel den Muth gehabt habe, die Fehler seiner eigenen Partei aufzudecken. 8

Die verschiedenen Gruppen des Senats werden sich heute vor der Sitzung versammeln, um sich über den An⸗ trag Léon Say's wegen Drucklegung und öffentlichen Anschlags der Challemel'schen Rede schlüssig zu machen.

Italien. Nom, 19. Dezember. (W. T. B.) In der Deputirtenkammer legte der Minister der öffent⸗ lichen Arbeiten heute einen Gesetzentwurf, betreffend Vorkehrungen zur Verpflegung des Militärs beim Transport auf den bereits im Betrieb befindlichen Eisen⸗ bahnen, vor, verlangte die Dringlichkeit für denselben und beantragte die Ueberweisung des Entwurfs an die mit der Vorberathung der außerordentlichen Militärkredite betraute Kommission. Die Kammer stimmte diesen Anträgen zu.

Schweiz. Bern, 19. Dezember. (W. T. B.) Der Nationalrath und der Ständerath beschlossen überein⸗ stimmend, die jetzige ordentliche Session im Frühling fortzusetzen und dem Bundesrath den Zeitpunkt der Einberufung zu uͤberlassen. Der Ständerath genehmigte mit 24 gegen 9 Stimmen den Handelsvertrag mit Oesterreich⸗ Ungarn und nahm den Zusatzvertrag zu dem Handels⸗ vertrage mit Deutschland einstimmig an.

Rumänien. Bukarest, 19. Dezember. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer berieth heute die Adresse an den König. Das Amendement von Nicolas Jonesco, welches eine absolute Neutralität und eine Union der Balkanstaaten verlangt, ferner die Bitte an den König enthält, nur eine von der ganzen Nation gebilligte Politik zu befolgen, wurde ab⸗ gelehnt, nachdem der Minister des Aeußern, Carp, wiederholt ausgeführt hatte, daß die äußere Politik den Kämpfen der Parteien entrückt bleiben müsse, damit nicht gesagt werden könne, daß die Uebernahme der Regierung durch diese oder jene Partei auch den Triumph der entsprechenden auswärtigen Politik bedeute. 8

Der ehemalige Kriegs⸗Minister Angelescu ist wegen Erpressung zu einer Gefängnißstrafe von 3 Monaten, 3000 Fr. Geldbuße und 30 000 Fr. Entschädigung an den Kriegs⸗Minister verurtheilt worden.

halten müßte,

8 8 Zeitungsstimmen. Die schreibt:

Auch das im Reichstage am vergangenen Donnerstag einer ersten Berathung unterzogene Gesetz, betreffend die Erwerbs⸗ und Wirthschafis⸗ genossenschaften, hat eine sozialreformatorische Bedeutung. Wie die Ver⸗ sicherungsgesetze die Existenz der Arbeiter im Falle von Krankheit, Unfällen, Invalidität und Alter sicherstellen, so ist das Genossen⸗ schaftsgesetz vornehmlich ein Gesetz für die Wahrung und Hebung der wirthschaftlichen Interessen des kleinen Mittelstandes. Auch in diesem Stande zeigt sich, wohin wir blicken, viel Noth und Elend. Der Einzelne, auf sich allein angewiesen, ist oft icht im Stande, sich vor den Widerwärtigkeiten des Lebens zu schützen; wenn ihm für die Bedürfnisse des täglichen Lebens zu hohe, mit seinen Einnahmen in Widerspruch stehende Preise abgenommen werden, wenn er, um sich zu heben und zu fördern, Geld braucht und dem Wucherer in die Hände fällt, vermehrt sich zusehends das soziale Elend. Die genossenschaftliche Vereinigung kann ihn retten und schützen. Aber es liegt auf der Hand, daß hierfür das Prinzip des Zwangs, welcher den Industriearbeitern und Arbeitgebern veeeegs werden muß, keine Anwen⸗ dung finden kann. Auf diesem Gebiet hat die Selbsthülfe noch ihre Berech⸗ tigung, freilich nicht die Selbsthülfe des Einzelnen, sondern die Selbsthülfe von Vereinigungen, welche sich durch gleiche Interessen und Zwecke verbun⸗ den fühlen. Der Staat aber kann und muß die Regeln vorschreiben, in welchen sich die genossenschaftliche Selbsthülfe bethätigen kann. Es geschah dies zuerst durch das preußische Genossenschaftsgesetz vom 27. März 1867, welches die Grundlage des Bundesgesetzes vom 4. Juli 1868 bildete. Dies Gesetz hat sich indeß für die Pflege des Gedankens der genossenschastlichen Selbsthülfe nicht als förderlich genug erwiesen, hauptsächlich weil es den Grundsatz der unbeschränkten Haftbarkeit aller Mitglieder gegenüber den lãu⸗ bigern der Genossenschaft hinstellte, wodurch viele wohlhabendere Elemente von der Betheiligung zurückgeschreckt wurden. Das neue Gesetz will hauptsächlich diesem Mangel abhelfen und neben der unbeschränkten Solidarhaft auch Genossenschaften mit beschränkter Haftpflicht zulassen. Klassen, welche nicht unbemittelt sind, verlangen

„Landes⸗Zeitung für Elsaß⸗Lothringen“

kraft in Deutschland:

ö“ ee“ 5* ibrerseits mit Recht, an den Vortheilen der genossenschaftlichen Associationen theilzunehmen, und können anderseits durch den Beitritt z einer solchen den weniger bemittelten Genossen durch Besitz und Einsicht von Nutzen sein. Aber gerade sie werden durch die unbe⸗ schränkte Haftpflicht, wobei sie mit ihrem ganzen Vermögen für die Schulden der Genossenschaft haften, von der Betheiligung akgeschreckt. Daß aber auch die Sicherheit der Gläubiger sich mit einer milderen Haftform erzielen läßt, wird durch die Lage der Genossenschaften im Fasgland bewiesen.

In früherer Zeit waren die Genossenschaften mit unbeschränkter Haftpflicht ein Dogma der Fortschrittler und des fortschrittlichen Vaters des Genossenschaftswesens Schulze⸗Delitzsch. Aber wie viele fortschrittliche Ideen, so hat auch diese jetzt ihre Macht verloren, und die Verhandlungen des Reichstages beweisen, daß der insbesondere von konservativer Seite vertretene Gedanke der be⸗ schränkten Haftbarkeit zu allgemeiner Anerkennung durchgedrungen ist. Erst hierdurch wird das Aufblühen des Genossenschaftswesens auf einer durch die weiteren Bestimmungen des Gesetzes sicher⸗ gestellten gesunden Grundlage möglich sein. Nach dem Jahres⸗ bericht des Allgemeinen Genossenschaftsverbandes für 1886 existiren außer den spezifisch ländlichen Genossenschaften im Ganzen 4438. Es sind aber wie es in einem Kapitel des kürzlich erschienenen „Katechismus der Sozialreform“ mit Recht heißt ihrer 30 000 bis 40 000 nöthig, wenn die wirthschaftlichen, sozialen und sittlichen Zwecke erfüllt werden sollen, denen sie dienen sollen. In jedem kleinen Dorfe haust ein Wucherer, um der Bevölkerung das Blut auszusaugen, aber es konnten, hauptsächlich wegen der abschreckenden Solidarhaft, seit etwa 30 Jahren erst in einigen hundert Ort⸗ schaften auf dem Genossenschaftsprinzip beruhende und so segens⸗ reich wirkende Raiffeisen'sche Darlehnskassen ins Leben gerufen werden. Wenn in jedem Orte Wirthschaftsgenossenschaften für die verschiedensten Zwecke bestehen, erst dann werden dem wirthschaftlichen und sozialen Flend seine Hauptquellen abgegraben sein. Ganz besonders ist bier⸗ von auch die Erhaltung und Stärkung des kleinen und mittleren Bauernstandes zu erhoffen. Das Genossenschaftswesen hat auf dem Lande schon einen hübschen Anfang genommen. Neben den erwähnten Darlehnskassen⸗Vereinen zur Befrie⸗ digung des Kreditbedürfnisses der bäuerlichen Bevölkerung existiren landwirthschaftliche Konsumvereine zum gemeinsamen Bezug der Bedürfnisse an Kunstdünger, Saatgut, Viehfutter und dergleichen, Genossenschaften zur Beschaffung landwirthschaftlicher Maschinen und Geräthe oder zum gemeinsamen Halten von Zuchtvieh, Produktiv⸗ und Magazinvereine, wie namentlich Molkerei⸗, Winzer⸗ und Hopfen⸗ bau⸗Genossenschaften. Die beabsichtigte Erleichterung der Be⸗ dingungen bei Gründung von Genossenschaften wird wesentlich zur Besserung der Lage der bäuerlichen Bevölkerung beitragen. Die große Masse der Nichtbesitzenden muß auf den rettenden Weg der genossenschaftlichen Selbsthülfe hingewiesen werden, damit sie der rettenden Hülfe der wohlhabenderen Klassen theilhaftig werden kann. Nur so wird dem wirthschaftlichen Nothstand in dem kleinen Mittel⸗ stande ein Hemmschuh angelegt werden können. Wir wollen hoffen und in dieser Hoffnung werden wir durch die bisherigen Reichs⸗ tagsverhandlungen über das in Rede stehende Gesetz bestärkt —, daß der Reichstag Verständniß genug für die Sozialreform auch auf diesem Gebiete hat, um jenen Weg ebnen zu helfen.

Das „Deutsche Tageblatt“ bringt folgende wirth⸗ schaftliche Betrachtung:

Am 15. Dezember waren es zehn Jahre, daß Fürst Bismarck durch seinen Weihnachtsbrief das Signal für den Uebergang zu der jetzigen Wirthschafts⸗ und Steuerpolitik gab. Jahr für Jahr hat sich Herr Eugen Richter bemüht, das vollständige Fiasko dieser Bismarck⸗ schen Politik vor versammeltem Kriegsvolk auszuschreien. Wenn er in neuerer Zeit darauf verzichtet, die bekannte Rede mit dem noch bekannteren Schlusse: Fort mit dem System Bismarck! immer wieder aufs Neue zu halten, so ist der Hauptgrund wohl der, daß er daran erinnert zu werden befürchtet, wie er selbst mit seinen Getreuen nach den Septennatswahlen für die Bewilligung von solchen Ausgaben im Interesse der Erhaltung der Wehrfähigkeit und der Sicherheit des Deutschen Reichs eingetreten ist, die gar nicht hätten gemacht werden können, wenn sich nicht in den letzten zehn Jahren die eigenen Einnahmen des Reichs in dem Maße vermehrt haben würden, in welchem dies vom Fürsten Bismarck im Jahre 1878 als unbedingt nothwendig vorausgesehen wurde.

Daß der leitende Staatsmann damals die einzig richtige Direktive für die Gesammtpolitik des Deutschen Reichs ausgab, wird aber auch dadurch in eklatantester Weise erhärtet, daß es im Laufe der letzten zehn Jahre gelungen ist, in sozialpolitischer Be⸗ ziehung diejenigen Schritte zu thun, welche den arbeitenden Klassen mit der Zeit das Bewußtsein ihres Zusammenhangs mit der Ent⸗ wickelung des Staatslebens zurückzugeben versprechen. Ebenso wenig wie es denkbar erscheint, daß das Deutsche Reich die Rüstung hätte bestreiten können, welche es zur Behauptung seiner Stellung inmitten des neidischen Europas anzulegen gezwungen war, ebenso wenig wäre es möglich gewesen, daß das Reich und die Industrie oder die Land⸗ wirthschaft alle die Lasten, welche die Sozialreform ihnen auferlegte, auf ihre Schultern zu nehmen sich hätten bereit finden lassen können, wenn nicht durch die Inaugurirung der neuen Wirthschafts⸗ und Steuerpolitik diejenigen Bürgschaften für den Schutz der nationalen Arbeit endlich gegeben worden wären, welche es der Industrie ge⸗ statteten, ihre Hochöfen unausgeblasen zu lassen und der Landwirth⸗ schaft den Konkurrenzkampf mit den unter glücklicheren Bedingungen wirthschaftenden Auslandsrivalen wenigstens zur Noth auszuhalten.

Ein weiteres Moment, welches hier nicht unbeachtet gelassen

werden kann, ist entschieden dies: daß durch den Uebergang zu der jetzigen Wirthschafts⸗ und Steuerpolitik ein sehr gewichtiger, um nicht zu sagen der größte Theil der deutschen Bundesstaaten ohne Frage in einem so hohen Grade an das Deutsche Reich gekettet und mit der Einigung Deutschlands durch Preußen versöhnt worden ist, in welchem dies auf anderem am wenigsten aber auf dem berühmten mora⸗ lischen Wege nimmer möglich gewesen sein würde. Die Beweisführung für das Gesagte könnte uns durchaus nicht schwer fallen. Wir beschränken uns darauf, an das Königreich Sachsen zu erinnern, in welchem der Partikularismus seit dem Jahre 1878 so gut wie ganz ausgerottet worden ist und in welchem die ebenso reichsfreundlichen wie von dem entschiedensten Staatsbewußt⸗ sein getragenen Bestrebungen der Ordnungsparteien zur Bekämpfung der sozialen Demokratie entschieden die größten Fortschritte aufzu⸗ weisen haben.

Die „Germania“ bemerkt:

„Der zehnjährige Jahrestag des Bismarck'schen Briefes vom 15. Dezember 1878 ist von verschiedenen Blättern zum Anlaß einer Betrachtung über die seitdem im Deutschen Reich eingehaltene Wirth⸗ schafts⸗ und Steuerpolitik genommen worden. Selbstverständlich gehen dabei die Urtheile in extremster Weise auseinander. Von der schärfsten und unbedingtesten Verurtheilung auf freisinniger Seite bis zur unbedingtesten Bewunderung jenes „Ergebnisses genialer Intuition“ des Fürsten Bismarck auf gouvernementaler Seite sind alle Nüancen des Ürtheils vertreten

Wir freuen uns auch heute noch des Werkes, das im folgenden Jahre 1879 dann begann und zu dessen Vollbringung das Centrum und auch die „Germania“ speziell so Vieles hat beitragen können und zu dessen Vertheidigung wir alle die Jahre auf der Schanze gestanden aben und noch weiter stehen werden. Unser Erwerbsleben ist vor dem Ruin bewahrt geblieben, die arbeitenden Klassen sind in Arbeit und Brot geblieben, die Zollverträge haben wesentlich mitgeholfen zur Besserung der Staatsfinanzen und hier und da auch zu Steuer⸗ düllastungen von den prophezeiten bösen Folgen der Umkehr der

irthschafts⸗ und Zollpolitik aber ist Manches gar nicht und Manches nur in nicht nen nenswerthem Grade eingetreten.

Die „Deutsche volkswirthschaftliche Cor⸗ respondenz“ bemerkt über die Entwickelung der Konsumtions⸗

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Daß die wirthschaftliche Krisis der siebꝛiger Jahre keines wegs nur eine Börsenkrisis, sondern in hohem Maße auch eine Gewerbe⸗ krisis gewesen und ebensosehr das legitime Waaren⸗ und Geldgeschäft, wie den mühelosen spekulativen Erwerb getroffen hat, ist Jedem klar,

der die gewerbliche Entwicklung Deutschlands in den Jahren der Grün⸗

dungen, in denen der folgenden Krisis und dann in denen des Auf⸗ schwungs verfolgt hat Was hierbei namentlich die Großindustrie be⸗ trifft, so wurde dieselbe kurz nach Beendigung des französischen Krieges, mitten in ihrer technischen Ausbildung begriffen, durch einen plötzlich großartig anschwellenden Waarenbedarf zu außerordentlicher Erweiterung ihrer Geschäftsthätigkeit verführt. Mit der Kohlen⸗ und Eisenindustrie beginnend, dehnte sich die Bedarfssteigerung im natür⸗ lichen Verlaufe der Dinge bald auch auf alle übrigen Gewerbszweige aus. Ueberall dachte man damals nur an schleunige Erweiterung der Werke, Vermehrung der Produktion, Gründung neuer Unternehmungen, weil der Absatz wirklich lohnend war und man der riesigen Nachfrage genügen wollte.

Als nun die goldene Zeit plötzlich ein Ende nahm, die Arbeits⸗ löhne wieder auf ein normales Maß, hin und wieder auch unter dasselbe zurückgingen und die große Masse der Arbeiter mit dem allgemeinen Rückgange der Löhne an Konsumtionsfähigkeit einbüßte, geriethen erst die erweiterten und neu gegründeten, dann alle 1 Werke in eine schwierige Lage. Vordem nicht im Stande, die fabel⸗ haften Anforderungen des Konsums zu erfüllen, blieb jetzt der Bedarf hinter ihrer Leistungsfähigkeit zurück; in kurzer Zeit sammelten sich bei dem allgemeinen Rückgange des Verbrauchs sehr beträchtliche Vorräthe an Waaren an, welche den Niedergang der Preise beschleunigten und die Unrentabilität der Produktion besiegelten, eine Bewegung, die noch unterstützt wurde durch die fast ungehinderte Freiheit der Bewegung, welche man der ausländischen Konkurrenz auf dem deutschen Markt gewäͤhrte.

Erst durch Beseitigung der letzteren, durch Wiedereroberung des inneren Marktes für die heimische Industrie, durch weise Ein⸗ schränkung der Produktion der letzteren, durch eine allmähliche Steige⸗ rung der Ausfuhr ist nach und nach eine Gesundung eingetreten, welche sich in einer erfreulichen Verbrauchssteigerung von allen Er⸗ zeugnissen unserer Großindustrie äußerte und endlich auch eine Besse⸗ rung der Preise dieser Erzeugnisse herbeizuführen vermocht hat.

Archiv für Post und Telegraphie. Nr. 22.— Inhalt: I. Aktenstücke und Aufsätze: Die Post⸗ und Telegraphenschule in Frankreich. Der telegraphische Verkehr zwischen Berlin und Rom während der Anwesenheit Sr. Majestät des Deutschen Kaisers in Italien. Das Weckerrelais. Betriebsergebnisse der preußischen Staats⸗Eisenbahnen für das Jahr 1886/87. Die Breslauer Post⸗ häuser und das neue Reichs⸗Post⸗ und Telegraphengebäude in Breslau. II. Kleine Mittheilungen: Die 10 000. Reichs⸗Telegraphenanstalt. Der Anschluß von Hamburg und Bremen an das deutsche Zoll⸗ gebiet. Der fünfzehnte Verwaltungsbericht der japanischen Post⸗ verwaltung. Das Feldtelegraphenwesen in Belgien. Nansen’'s Forschungsreise durch Grönland. III. Literatur des Verkehrswesens: Technisches Wörterbuch für Telegraphie und Post. Deutsch⸗englisch und englisch⸗deutsch. Von F. Hennicke. Zum 3. November 1888. Von Gleim, Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath. (Archiv für Eisen⸗ bahnwesen, Jahrgang 1885. Heft 6.) IV. Zeitschriften⸗Ueberschau. Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheits⸗ amts. Nr. 51. Inhalt: Gesundheitsstand. Volkskrankheiten in der Berichtswoche. Gesundheitsstand in Niederländisch⸗Indien. Der 18. Jahresbericht des Landes⸗Medizinal⸗Kollegiums über das Medizinalwesen im Königreich Sachsen 188é6. Sterbefälle in deutschen Städten von 40 000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Erkrankungen in Berliner Krankenhäusern. Desgl. in deutschen Stadt⸗ und Landbezirken. Der öffentliche Gesundheitszustand ꝛc. in Leipzig 188s6. Sanitäts⸗ bericht des K. K. Landes⸗Sanitätsrathes für Mähren 1886. Witterung. Veterinärpolizeiliche Maßregeln. Medizinal⸗Gesetz⸗ gebung ꝛc. (Preußen.) Schließung von Schulen bei ansteckenden rankheiten. Epidemische Genickstarre. Wöchnerinnen⸗Asyle. Vermischtes. (Preußen. Berlin.) Geheimmittel. (Bremen.) Untersuchungen des chemischen Laboratoriums 1884 bis 1886. (Louisiana.) Desinfektionsverfahren bei dem Quarantäne⸗System. Geschenkliste. Bevölkerungsvorgänge in deutschen Orten mit 15 000 und mehr Einwohnern im Jahre 1887 und im Durchschnitt der Jahre 1878/1887.

Statistische Nachrichten.

Im Anschluß an die bereits Ende Juli d. Js. erschienene I. Abtheilung von Band 35 neuer Folge der „Statistik des Deutschen Reichs“, enthaltend die „Schiffsunfälle an der deutschen Küste im Jahre 1887“*, den „Nachweis der im Jahre 1887 als ver⸗ unglückt angezeigten deutschen Seeschiffe“, den „Bestand der deutschen Kauffahrteischiffe am 1. Januar 1888 und die Bestandsveränderungen während des Jahres 1887“, hat das Kaiserliche Statistische Amt nun⸗ mehr die II. Abtheilung dieses Bandes veröffentlicht, welche ein⸗ gehende Angaben über den Seeverkehr in den deutschen Hafen⸗ plätzen und die Seereisen deutscher Schiffe im Jahre 1887 ent⸗ hält und die Statistik der deutschen Seeschiffahrt für das Jahr 1887 vervollständigt. Der gesammte Seeverkehr in den deutschen Hafenplätzen zu Handelszwecken stellte sich im Jahre 1887 auf 119 737 angekommene und abgegangene Schiffe mit 21 501 953 Reg.⸗T., gegenüber 114 042 Schiffen mit 20 122 348 Reg.⸗T. im Vorjahr. Es ergiebt dies für das Jahr 1887 eine Zu⸗ nahme des Schiffsverkehrs um 5695 Schiffe und 1 379 605 Reg.⸗T., und zwar hat zugenommen der Seglerverkehr in den deutschen Häfen gegen das Vorjahr um 2076 Schiffe und 154 276 Reg.⸗T., der Dampferverkehr um 3619 Schiffe und 1 225 329 Reg.⸗T. In Bezug auf die drei Hauptverkehrsrichtungen ergiebt die Vergleichung fol⸗ gende Resultate. Es vergrößerte sich im Jahre 1887 gegen das Vorjahr: 1) der Verkehr der deutschen Häfen unter sich um 2705 Schiffe und 391 349 Reg.⸗T., 2), der Verkehr mit außerdeutschen europäischen Häfen um 2919 Schiffe und 646 335 Reg.⸗T, 3) der Verkehr mit außereuropäischen Häfen um 71 Schiffe und 341 921 Reg.⸗T. Von der Gesammtzahl der ein⸗ und ausgegangenen Schiffe waren 60,4 % Segelschiffe und 39,6 % Dampfschiffe, und von je 100 Reg.⸗T. der verkehrenden Schiffe kommen auf Segelschiffe 22,0 %, auf Dampf⸗ schiffe 78,0 %. Der Flagge nach waren unter den sämmtlichen Schiffen 73,7 % deutsche und 26,3 % fremde, in Bezug auf den Tonnen⸗ heöhlt stellt sich das Verhältniß der deutschen Schiffe zu denen fremder Nationalität wie 52,2: 47,8. Den bei weitem bedeutendsten Seeverkehr unter den deutschen Häfen hat sowohl der Zahl wie auch dem Raum⸗ gehalt der ein⸗ und ausgegangenen Schiffe nach Hamburg, demnächst folgen nach der Gesammtzahl der verkehrenden Schiffe die Häfen Kiel, Stettin, Lübeck, Norderney (fast nur Watten⸗ und Fährverkehr) und Neufahrwasser (Danzig); nach dem Raumgehalt sämmtlicher verkehrender Schiffe dagegen Stettin, Bremerhaven, Neufahrwasser, Kiel und Lübeck. Die Gesammtzahl der von deutschen Schiffen gemachten Seereisen betrug im Jahre 1887 66 551 und der ent⸗ sprechende Tonnengehalt 20 302 566 Reg.⸗T.; dies ergiebt im Vergleich mit den im Jahre 1886 nachgewiesenen Reisen eine Zunahme in der Zahl der Seereisen um 3034 und eine Vergrößerung des Gesammt⸗ raumgehalts um 1 696 079 Reg.⸗T. Werden die im Ballast oder leer fahrenden Schiffe (zusammen 12 559) außer Betracht aaflen und nur die beladenen berücksichtigt, so belief sich im Jahre 1887 die Zahl der Reisen deutscher Schiffe zwischen deutschen Häfen auf 27 788 mit 1 537 119 Reg.⸗T. (26 943 Reisen mit 1 379 842 Reg.⸗T. im Vorjahre), vom Auslande nach deutschen Häfen auf 8439 mit 3 554 114 Reg.⸗T. (7708 Reisen mit 3 293 521 Reg.⸗T. im Vorjahre), von deutschen Häfen nach dem Auslande auf 7315 mit 3 077 872 Reg.⸗T. (6763 Reisen und 2 870 007 Reg⸗T. im Vorjahre) und zwischen außerdeutschen Häfen auf 10 450 Reisen mit 9 652 721 Reg⸗T. (9879 Reisen und 8 696 191 Reg.⸗T. im Vorjahre). Dabei

ist selbstverständlich jedes Schiff so oft gezählt, als es die betreffende Reise machte.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Kriegsgeschichtliche Einzelschriften. Herausgegeben vom Großen Generalstabe, Abtheilung für Kriegsgeschichte. Heft 10: von Clausewitz. „Nachrichten über Preußen in seiner großen Katastrophe“. Mit 2 Skizzen. E. S. Mittler u Sohn, Königliche Hofbuchhandlung, Berlin SW1I2, Kochstr. 68— 70. (Pr. 2,25 ℳ) Die Abtheilung für Kriegsgeschichte des Großen Generalstabes veröffentlicht in dem soeben erscheinenden zehnten Hefte ihrer „Kriegsgeschichtlichen Einzelschriften“ Aufsätze des Generals von Clausewitz von höchstem Werthe: „Nachrichten über Preußen in seiner großen Katastrophe.“ Eine erhebende Vaterlands⸗ liebe, Schärfe und Sicherheit des Urtheils und ein edler, gewaltiger Schwung der Darstellung vereinigen sich hier zu einem klassischen Werke, dessen Gegenstand uns dasselbe doppelt werthvoll macht. Die Ursachen der Niederlagen, welche das einstmals fridericianische Preußen im Kriege gegen Napoleon erlitt, werden in einer Cha⸗ rakteristik der einzelnen leitenden Personen, in einer Schilderung der Heereszustände und in einer Kritik des Feldzugs von 1806 mit über⸗ zeugender, bewundernswerther Klarheit dargelegt. Diese Sicherheit des Urtheils und die begeisterte Vaterlandsliebe, welche die Dar⸗ stellung durchdringt, bewirken, daß die Offenheit, mit welcher die Schwächen der Heeresorganisation und ⸗Ausrüstung, die Fehler der Politik und Kriegführung dargelegt werden, nicht im min⸗ desten verletzt. Wie das kürzlich erschienene „Kriegerleben des J. v. Borcke (1806 1815)“ durch die ergreifenden Erlebnisse eines einzelnen Offiziers, spricht auch dieses Werk, in einer Gesammt⸗ beurtheilung unseres damaligen Staates und Heeres mahnend und lehrend zu uns Nachkommen, unablässig unsere Kräfte zu üben und zu mehren, um kampfbereit für des Vaterlandes Bestand und Heil einzustehen. Für die Geschichtsforschung besitzt diese Publikation den Werth eines Quellenwerks ersten Ranges; die Kriegsgeschichte von 1806 insbesondere ist durch dasselbe endgültig klargestellt und ab⸗ schließend beurtheilt. 1

Der häusliche Beruf und wirthschaftliche Erfah⸗ rungen von Lina Morgenstern. Studien für Frauen und Mädchen, Handbuch für Haushaltungs⸗ und Fortbildungsschulen. Berlin, 1889. Verlag der „Deutschen Hausfrauenzeitung“, Lützow⸗ platz 14. (Eleg. gebunden 3 50 ₰.) „Dieses Werk wird sicher viel Segensreiches und Gutes in den weitesten Kreisen stiften“ so ließ Ihre Königliche Hoheit die Großherzogin von Baden der Ver⸗ fasserin schreiben, als die hohe Frau nach Kenntnißnahme des Inhalts die Widmung des Buches annahm. Die Verfasserin sagt: Die Frauen⸗ bestrebungen unserer Zeit haben keinen Werth, wenn sie sich nicht als höchstes Ziel stecken die Sittlichkeit und Reinheit des Familienlebens und die Erziehurnß zur Arbeit und Pflichttreue als Grundlage des Staatslebens. Sie will daher in vorliegender Schrift einen Weg⸗ weiser zum häuslichen Glück bieten durch Feststellung der Wirksam⸗ keitssphäre der Frau im Hause, welche in selbstloser Liebe, Kenntniß der Berufspflichten und Verständniß der wirthschaftlichen Verhältnisse zu bestehen habe. Aus dem überaus reichen Inhalt heben wir folgende Abschnitte hervor: Die Grundpfeiler wirthschaftlicher Wohlfahrt. Die Erleichterung häuslicher Arbeiten. Häusliche Erziehung, Gesundheits⸗ und Krankenpflege, ferner die ausführlichen praktischen Anleitungen zur Einrichtung der Wohnung, zu sämmtlichen häuslichen und Hand⸗ arbeiten, zur Erziehung der Dienstboten u. s. w.

Dem Jugend⸗Album von Julius Lohmeyer: „Deutsche Jugend“ (Neue Folge, in Bänden und Monatsheften, Verlag von Gebrüder Kröner in Stuttgart) gebührt gegenüber der andrängenden Fluth von minderwerthigen Erscheinungen auf dem hochzuhaltenden Gebiet der Jugendliteratur die Anerkennung eines altbewährten, ge⸗ diegenen Jugendwerks von künstlerisch edlem Gehalt in Wort und Bild, in Unterhaltung und Belehrung, das den besonders für die Gemüths⸗ und Geschmacksbildung ihrer Kinder besorgten Eltern wiederholt zu empfehlen ist. Das sehr unterhaltende, inhaltsreiche Dezemberheft enthält neben einer poetisch werthvollen Jugend⸗ Erzählung: „Die Heimkehr in der Christnacht“, von Julie Ludwig, mit sehr reizvollen Illustrationen von Hermann Vogel, ein anmuthiges Märchen von Frida Schanz: „Der Finkenfranzl“, mit prächtigem Farbendruck nach einer Agquarelle des⸗ selben Künstlers, eine Weihnachts⸗Humoreske von B. Renz mit allerliebster Illustration von C. W. Allers, Weihnachtsdichtungen von Julius Lohmeyer und Georg Lang, ferner vielfache Anregungen zu hübschen Weihnachtsarbeiten von A. Fränckel und M. Laudien, und eine Fülle von Verstandesaufgaben, Knackmandeln, Räthseln und dergleichen. (Das Abonnement auf dieses für Knaben und Mädchen 11. bis 15 Jahren bestimmte Jugend⸗Album beträgt halbjährlich 2,40.)

Die am 22. d. M. erscheinende Nr. 2373 der „Illustrirten Zeitung“ enthält u. A. folgende Abbildungen: Die Zuckerdüte. Nach einem Gemälde von Anton Dieffenbach. Durch Dick und Dünn. Nach einem Gemälde von Jaroslav Vésin. Transport der Kirchenglocken nach dem neuen St. Andreasthurm in Hildesbeim. Alte Weihnachts⸗Pfefferkuchenformen. In Nürnberg aufgefundenen Holzformen nachgebildet. 5 Abbildungen. Madonna. Nach einem Oelgemälde von Professor Theodor Grosse. Bilder aus Tirol: Schloß Taufers. Julius Köstlin. Die Krippendarstellung in der Pfarrkirche zu Plantlünne. Karl Zeiß. Studienkopf von Franz von Defregger. Zwei Vignetten zur Weihnachtsnovelle.

Gewerbe und Handel.

Die Berliner Dampfschiffahrts⸗Gesellschaft hat am 4. d. M. ihre Liquidation beschlossen.

„— Ueber die oberschlesische Zink⸗ und Bleiproduktion wird in der von Dr. Bernhard Koßmann verfaßten Festschrift für die XXIX. Hauptversammlung des Vereins deutscher Ingenieure zu Breslau: „Oberschlesien, sein Land und seine Industrie“ mitgetheilt: Der oberschlesische Rohzink empfängt zwar vom Londoner Markt seine Preise, nimmt aber gleichwohl daselbst und zugleich für den Welt⸗ markt eine maßgebende Stellung ein, derselbe geht in alle Welttheile, nach Amerika und Ost⸗Indien, wo besondere Marken ausschließlich gekannt und absatzfähig sind. Zinkbleche haben in den letzten Saßben eine weitgehende Verwendung und Versendung gefunden. as oberschlesische Kaufblei ist wegen seiner reinen Beschaffenheit berühmt und daher zur Verarbeitung auf andere Ganz⸗ erzeugnisse sehr gesucht, in Blechen, Röhren für Munition gelangt es in überseeischer Ausfuhr in alle Welttheile. Rußland bezog in 1887 an oberschlesischem Blei 4838 t, Oesterreich 2655 t, zusammen 7493 t, d. h. 33,6 % der gesammten Produktion. Ueber Roheisen, Gußwaaren und Walzwerkfabrikate meldet dieselbe Schrift: Der g von Puddelroheisen beschränkt sich nahezu auf den einheimischen Industriebezirk; nach Oesterreich ist neben der Roheinfuhr durch die Zollerhöhung auf 1 Fl. 20 Kr. pro 50 kg in 1881 der Weg verlegt und nach Rußland ist sie durch die mit dem 1. März 1885 in Kraft getretene Er⸗ höhung des Zolls auf Roheisen völlig unmöglich geworden. Die hohen russischen Eingangszölle auf Walzeisen hatten Anfangs dieses Jahrzehnts eine Anzahl diesseitiger Werke (Königshütte, Friedens⸗ hütte, Falvabütte) veranlaßt, auf russischem Gebiet Filialwerke anzu⸗ legen, welche mit diesseitigem Roheisen versorgt wurden. Auf diese Weise war eine Ausfuhr von etwa 60 000 t Roheisen jährlich angebahnt. Vor Einführung der letzten Zollerhöhung vermochte man zwar die Filial⸗ werke noch auf längere Zeit mit Roheisenvorräthen zu versehen, so daß das Jahr 1887 noch eine Ausfuhr von 25 700 t nachweist, auf die Rentabilität jener Filialwerke blieb aber die bezeichnete Maß⸗ regel nicht ohne Einfluß. Der Eingangszoll ist in 1887 auf 30 Kop. Gold pro Pud, also auf 2,80 pro Centner erhöht worden. Das oberschlesische Gießereiroheisen, welches man in sehr brauchbarer Qualität darzustellen gelernt hat, findet außer auf oberschlesischen Werken vorzugsweise nach Niederschlesien, in geringeren Mengen auch nach Oesterreich und Polen Absatz. In Niederschlesien würde es bei billigeren Frachtsätzen der Konkurrenz der leichtflüssigen englischen