1889 / 12 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 14 Jan 1889 18:00:01 GMT) scan diff

Pber und Arbeiter zu gemeinschaftlichem Arbeiten auf diesem ebiet durchzuführen. Es würde auf die Gemeindebehörden anregend wirken, wenn ihnen gewissermaßen ein Normal⸗ statut vorgeschrieben wür de, sodaß ihnen die Arbeit, ein solches aufzustellen, erspart bliebe. Eine Reihe anderer Fragen, „B. ob ein solches Schiedsgericht Zeugen vernehmen könne, 2g für ihn noch offen. Die Frage der Zeugenvernehmung durch ein Schieds gericht werde wohl gelegentlich geregelt werden müssen, denn es ergebe sich immer die Schwierigkeit bei den Verhandlungen vor den Schiedsgerichten, von den Zeugen die Wahrheit zu erfahren, wenn sie nicht vereidigt werden könnten. Ueber die Frage der Zusammensetzung der Schiedsgerichte könne man sich jegt noch nicht entscheiden, so lange man nicht wisse, wie die Schiedegerichte selbst gestaltet würden. In Leipzig habe man mit dem allgemeinen Wahlrecht zu den Schiedsgerichten gute Erfahrungen gemacht, anderswo könne aber die Sache leicht weniger günstig verlaufen. Seine Fraktion sei der Ansicht, daß sich diese Frage im Allgemeinen heute noch zu wenig übersehen lasse. Nur den allgemeinen Grundsatz könne man aufstellen, daß die Wahl der Bei⸗ sitzenden der Schiedsgerichte aus den Kreisen der Betheiligten zu gleichen Theilen hervorgehen müsse, und daß die Be⸗ theiligten selbst an der Wahl theilnehmen müßten. Er könne sich sehr wohl denken, daß die Schiedsgerichte auf Grund des Unfallgesetzes, des Krankenversicherungs⸗ und auch des Alters⸗ und Invalidenversorgungsgesetzes sich als eine wirkliche Ver⸗ tretung der betreffenden Kreise herausstellen würden. Seine Partei wolle nicht an einzelnen Worten der Resolution mäkeln, sondern nehme dieselbe in ihrer Gesammtheit an, denn die Hauptsache sei, gewerbliche Schiedsgerichte zu schaffen, und er bitte deshalb, für die Resolution zu stimmen, damit solche Schiedsgerichte geschaffen würden, welche ihrer Organisa⸗ tion nach geeignet seien, die Zwecke zu erreichen, die sie er⸗ reichen sollten. 8 Abg. Hitze: Das Centrum werde der Resolution des Abg. Baumbach zustimmen. Daß die Gewerbegerichte sich überall da, wo sie beständen, bewährt ha eh darüber sei nur eine Meinung. Die bisherige Grundlage für dieselben in der Gewerbeordnung genüge aber nicht; das sei auch von den verbündeten Regierungen früher wiederholt anerkannt worden. Gewisse Grundfragen müßten einheitlich geregelt werden. Das gelte namentlich bezüglich des Wahlrechts der Arbeiter; die Be⸗ stimmungen hierüber könne man der Autonomie der Gemeinde⸗ behörden nicht überlassen. Es sei zweifellos, daß eine geordnete Mitwirkung der Arbeiter nothwendig sei, wenn die Schiedsgerichte eine erfolgreiche Wirksamkeit ausüben sollten. Aehnlich verhalte es sich mit noch einigen anderen wesentlichen Punkten. Würde ein solches Gesetz erlassen, so würde damit arch im ganzen Lande für die Bewegung im Sinne der Schiedsgerichte Vorschub geleistet; auch die Gemeinden, welche sich bis jetzt dagegen sträubten, würden der Strömung Rechnung tragen müssen. Eine billige, sachkundige, von dem Vertrauen der Arbeiter getragene Rechtsprechung sei ein werthvolles Stück der Sozialreform, und es werde zum sozialen Frieden bei⸗ tragen, wenn man diese Rechtsprechung den Arbeitern sichere. . Im Laufe der Zeit könnten übrigens den Schiedsgerichten

noch weitere Aufgaben, z. B. der Erlaß von Fabrikordnungen,

von denen es heute zweifelhaft sei, welcher Instanz sie zu übertragen seien, überwiesen werden. Aus allen diesen Gründen bitte er, der Resolution zuzustimmen. Abg. Bebel: Er gebe zu, daß das Haus sehr bedeutende und wichtige soziale Aufgaben zu lösen habe, und es sei schwer zu sagen, welche nächst der Regelung der Frauen⸗ und Kinderarbeit zuerst in Angriff genommen zu werden verdiene. Aber unter allen Umständen sei auch die Frage der Gewerbe⸗ gerichte für eine ganz außerordentlich wichtige und dringliche zu erklären. Die Lösung derselben biete um so weniger Schwierigkeiten, als der Weg bereits vielfach begangen worden sei und praktische Erfahrungen vorlägen, und würde bereits erfolgt sein, wenn die verbündeten Re⸗ gierungen wollten, wie sie bisher nicht gewollt hätten, nicht bloß in der Schiedsgerichtsfrage, sondern in allen Fragen des Arbeiterschutzes überhaupt. Seit vollen zehn Jahren würden, wie Hr. Struckmann, der gewiß nicht in den Verdacht kommen könne, muthwillig Opposition zu machen, sich ausdrückte, alle Fragen des Arbeiterschutzes dilatorisch behandelt. Er (Redner) meine sogar, die verbündeten Regierungen behandelten sie geradezu ablehnend. Wenn Hr. Lohmann meinte, das Bedürfniß nach Schiedsgerichten habe sich in den siebziger Jahren mehr geltend gemacht als heute, so irre er. Es mache sich deswegen öffentlich weniger bemerkbar, weil der Arbeiter allmählich zu der Ueberzeugung komme, alles Streben und Befürworten sei doch nutzlos, die Regierung verhalte sich ja doch ablehnend. Er selbst habe in seiner Fraktion, als die Frage angeregt worden sei, ob sie nicht ihrerseits mit einem solchen Antrag vorgehen sollten, erklärt: nein! Nach der und der Behandlung der Anträge der Sozialdemokraten habe er keine Neigung, sich abermals der Ablehnung auszusetzen. Die bestehenden Schiedsgerichte lieferten den Beweis, daß sie ein tägliches Be⸗ dürfniß des Arbeiters zum Schutz seines Rechts und zur Sicherung seiner Interessen seien, weil sie die im Arbeiterleben vor⸗ kommenden Streitigkeiten zwischen den Arbeitern und Unter⸗ nehmern in rascher, billiger und sachverständiger Weise ent⸗ schieden. Wenn in weiten Kreisen keine Schiedsgerichte be⸗ ständen, so sei daraus kein Schluß auf das mangelnde Be⸗ dürfniß zu ziehen; das liege vielmehr daran, daß die Gemeindebehörden, die in den letzten Jahren ohne Aufhören mit Ansprüchen in Bezug auf Schaffung neuer Organi⸗ ee- und Organe Seitens des Staats überhäuft worden eien, einen Widerwillen gegen abermalige neue Organi⸗ sationen empfänden; gegenüber der großen Zahl von Füllen, die von dem Heipziger Schiedsgericht entschieden worden seien, könne kein verständiger Mensch das Bedürfniß nach obliga⸗ torischer Hetr von Schiedsgerichten fernerhin verneinen. Wie viele Tausende von Fällen möchten alljährlich unentschieden bleiben, weil dem Arbeiter und nicht selten wohl auch dem Arbeitgeber die Mittel und die Zeit fehlten, die Klage bei dem gewöhnlichen Gericht anhängig zu machen! Daß bei Ein⸗ fuͤhrung obligatorischer Schiedsgerichte in jedem Dorf eines errichtet werden müßte, davon sei keine Rede. Wie bei der Kranken⸗, Unfall⸗ und Invalidenversicherung könnten Bezirke gebildet und ein größerer Kreis von Orten in ein Schieds⸗ gericht einbezoggen werden. Gegen Hrn. Lohmann be⸗ merke er, daß nur die verbündeten Regierungen daran Schuld hätten, daß in der Kranken⸗, Unfall⸗ und Invaliden⸗ versicherung eine so ungeheuer komplizirte Organisation existire; 2 hätte einfacher und besser sein können; schon die General⸗ ebatte über die Invalidenversicherung habe gezeigt, daß diese Meinung in weiten Kreisen des Reichstages getheilt werde.

Die Rücksichtnehmerei auf alle möglichen Interessen, die dabei

in Frage kämen, und vor Allem auf den lieben Partikularis⸗ mus, den man glaube zu müssen, habe dahin geführt, daß der Grundgedanke der Gesetze nicht grundsätzlich und ganz um Ausdruck gekommen und die Arbeit Stückwerk geworden 8 Seine Partei sei also prinzipiell für den Antrag Baumbach, habe indessen doch mancherlei daran auszusetzen. Zunächst genüge nicht, daß darin wieder in das Be⸗ Ueben der einzelnen Gemeindebehörden gestellt werde, ob sie ein Schiedsgericht gründen wollten oder nicht. Nach den bisherigen Erfahrungen mit den fakultativen Schieds⸗ gerichten müsse man die obligatorische Einführung verlangen; der Reichstag habe sich ja auch früher in diesem Sinne ent⸗ schieden. Ob Schiedsgerichte überhaupt acceptabel seien, sei davon wesentlich abhängig, wie sie organisirt seien. Ihm scheine es widersinnig und unnatürlich, daß Organisationen, die demselben Zweck dienten, in ganz willkürlicher Weise nach dem Geschmack und Gutdünken der einzelnen Gemeindebehörden organisirt sein sollten. Er wünsche in dieser Beziehung eine strenge Einheit durch ganz Deutschland. Für selbstverständlich halte er, daß die Mitglieder der Schiedsgerichte zur Hälfte aus Arbeitern und zur Hälfte aus Unternehmern beständen, die ge⸗ trennt in geheimer Abstimmung gewählt würden. Die roße Mehrheit des Reichstages sei allerdings ein geschworener Feind des allgemeinen gleichen Wahlrechts und würde es gern be⸗ seitigen, wenn es sich nicht zu tief in die Volksgewohnheiten eingelebt hätte. Daß diese Herren einem solchen Wahlrechte nicht noch in anderen Organisationen Geltung verschaffen wollten, verstehe er. Es sei dies aber der einzige Weg, auf dem die Sache geordnet werden könne. Wo die Arbeiter frei wählen könnten, bestehe die größte Zufriedenheit mit den Schieds⸗ gerichten, während sie den Innungsgerichten durch ganz Deutschland feindlich gegenüberständen. Vor Allem würden es die Arbeiter nicht billigen können, daß, wenn auch die Schiedsgerichte zu gleichen Theilen aus Unternehmern und Arbeitern gewählt seien, der Vorsitzende den Innungsmeistern angehöre. Die Arbeiter würden nur Vertrauen haben, wenn der Vorsitzende uninteressirt sei. In Leipzig, Frankfurt, Nürnberg sei Seitens des Magistrats ein rechtskundiger Mann für den Vorsitz ausgewählt, der im Falle, daß beide Parteien sich in gleicher Zahl gegenüberstehen, den Ausschlag gebe. In zahlreichen Innungen dagegen sähen die Innungsmeister darauf, daß ihnen möglichst genehme Elemente aus dem Gesellenstande in den Gesellenausschuß kämen, aus dem wiederum die Personen gewählt würden, die als Bei⸗ sitzer in den Schiedsgerichten zu fungiren hätten. Eine solche Organisation könne nicht die Billigung der Arbeiter finden. Hrn. Lohmann bemerke er, daß, wenn es darauf ankäme, derselbe einen solchen Gesetzentwurf in dreimal 24 Stunden oder in noch kürzerer Zeit dem Bundesrath würde vorlegen können; es fehle nur der gute Wille. Das Leipziger Statut sei heute hier als mustergültig bezeichnet worden; es sei aber in seiner Gestalt nur zu Stande gekommen, indem die Wünsche der Arbeiter gehört und in weitestem Maße be⸗ rücksichtigt worden seien. Als in Leipzig das Gewerbegericht habe eingerichtet werden sollen, habe der betreffende Stadtrarh es für seine Pflicht gehalten, in den Arbeiterbildungsverein, dessen Vorsitzender er (Redner) damals gewesen, zu kommen, dort über die Schiedsgerichte einen Vortrag zu halten und die Wünsche und Bedenken der Sozialdemokraten entgegen⸗ zunehmen. Alle ihre Sgo schge bis auf einen seien angenommen worden, so daß alle Arbeiter über 21 Jahr in direkter Wahl wählen und daß auch die Frauen wahlberechtigt sein sollten; nur das passive Wahlrecht sei den Frauen nicht zugestanden worden. Man. wolle den Frauen das passive Wahlrecht absprechen, weil sie nach dem Gefühl und nicht nach dem Verstande urtheilten. Diese Anschauung habe für ihn doch etwas sehr Philister⸗ haftes. Ebenso wie man den Arbeitern eine Konzession nach der andern gemacht habe, so werde man schließlich auch den Frauen die Gleichberechtigung mit den Männern einräumen müssen, wie es in den Vereinigten Staaten bereits geschehen sei. Nun gebe es überdies eine große Zahl von Industrie⸗ zweigen, in denen nur Frauen beschäftigt seien. In diesen könnte doch nur die allein dachsehee hig. Frau die Entscheidung treffen. Was aber ihre Befähigung in anderer Beziehung betreffe, so hätte sich Hr. Baumbach auf

den Berliner Arbeiterinnenversammlungen überzeugen können,

daß dort Rednerinnen aufgetreten seien, die es in sozialpoli⸗ tischen Fragen mit manchem Reichstags⸗Abgeordneten aufnehmen könnten. Interessant sei es ihm zu hören, daß man das Ber⸗ liner Ortsstatut bisher nicht genehmigt habe, „weil sich allerlei Schwierigkeiten entgegengestellt hätten.“ Welches seien diese Schwierigkeiten? Die Berliner Vorlage unterscheide sich fast in nichts von dem Statut, welches in Frankfurt seit einigen . und in Leipzig seit 18 Jahren mit Erfolg bestehe.

s sei notorisch, daß in Frankfurt, Leipzig, Nürnberg das allgemeine Wahlrecht bestehe und daß die Arbeitervertreter durch die Bank rothe Sozialdemokraten seien. Gleichwohl habe seine Partei gehört, daß diese Gerichte ausgezeichnet sunktionirten. Die Ma⸗ jorität der Unternehmer in Nürnberg sei mit der sozialdemo⸗ kratischen Minorität so zufrieden, daß sie gar keine An⸗ strengungen machten, ihre eigenen Leute in das Schiedsgericht zu bringen. Die Furcht, daß dieses Institut wieder eine neue Waffe in den Händen der Sozialdemokratie werden möchte, sei also vollständig unbegründet. In Berlin scheine man aber an hoher Stelle zu fürchten, daß die Sozialdemokratie in der Hauptsache in einem Schiedsgericht vertreten sein möchte, und wolle deshalb die Genehmigung nicht ertheilen. Wie komme es nun, daß der von dem Reichsamt des Innern herausgegebene Be⸗ richt der Fabrikinspektoren das mit dem Berliner projektirten Statut fast identische Statut als nachahmens⸗ werihes Beispiel empfehle? Damit man aber sehe, daß es den Sozialdemokraten keineswegs um eine Verhetzung der Arbeiter zu thun sei, so erkläre er für seine Freunde, daß sie mit den Einigungsämtern einverstanden seien, salls die Schieds⸗ gerichte in ihrem Sinne organisirt würden. Ihnen könne gar nicht daran liegen, die Arbeiter muthwillig zu Lohnstreitig⸗ keiten zu provoziren. Strikes seien immer ein zweischneidiges Schwert, auch für die Arbeiter, die in der Regel den Kürzeren zögen. Wenn die Sozialdemokraten die Strikes als Kampfmittel billigten, se geschehe es nur, weil sie das einzige legale Mittel seien, den Interessen⸗ gegensatz zwischen und Arbeitern auszugleichen. Die Berechtigung dieses Mittels sei ja auch durch die Frei⸗ gabe des Koalitionsrechts anerkannt. Das allgemeine geheime Stimmrecht für die Schiedsgerichte existire bereits in Oester⸗ reich, ebenso das Stimmrecht der Frauen. Wenn die ver⸗ bündeten ftesah die gewünschte Vorlage nicht bräüchten so würden sie die Mißstimmung der Arbeiter gegen sich noch

erhöhen. Den Sozialdemokraten thäten sie damit keinen Schaden. Bringe man aber etwas Gutes, so würden die Sozialdemokraten ihm jeder Zeit zustimmen.

Staatssekretär von Boetticher:

Wenn die Sache wirklich so läge, wie der Herr Vorredner be-⸗

hauptet, daß das Verhalten des Bundesraths gegenüber den Aufgaben der Gesetzgebung bezüglich des Arbeiterschutzes eine lebhafte Miß⸗

stimmung in den Arbeiterkreisen erregt, dann müßte der Herr 82 r

ordnete eigentlich von seinem Standpunkt aus dem Bundesrath se

dankbar sein; denn ich glaube, sein Weizen blüht um so mehr, je größer die Mißstimmung in Arbeiterkreisen gegen die Regierung ist. Abg. Bebel: Das 66 eben ein Zeichen unserer Objektivität!) Allein, meine Herren, ich kann nicht zugeben, daß diese Behauptung

des Herrn Vorredners richtig ist. Ich kann insbesondere nicht zu-⸗

geben, daß die Thätigkeit des Bundesraths auf dem Gebiet der Wohlfahrt und des Schußes der Arbeiter im Lande und namentlich in den arbeitenden Klassen überall ebenso beurtheilt wird, wie es der Herr Vorredner gethan hat. Wir sind im Besitz doch recht werthvoller Zeugnisse dafür, daß man die Wohlthaten der Gesetzgebung und die Thaͤtigkeit des Bundesraths auch auf diesen Gebieten zu erkennen und zu wuͤrdigen weiß. Wenn, wie es zu meinem eigenen lebhaften Bedauern der Fall ist, zwischen der Auffassung der verbündeten Re⸗ jerungen und zwischen der Auffassung des Reichstages in

ezug auf einige Fragen des Arbeiterschutzes eine Divergenz obwaltet, die bisher dessegehh noch nicht gelungen ist, so sind die Mitglieder des Bundesraths und ihre hohen Auftraggeber ganz gewiß weit davon entfernt, den Gründen die Würdigung zu versagen, welche die Parteien und die Majorität dieses Hauses zu ihren Beschlüssen geführt haben, welche allerdings die Zustimmung des Bundesraths nicht gefunden haben. Je mehr wir uns aber bewußt sind, keinen Vorwurf dem Reichstage daraus machen zu können und machen zu dürfen, daß der Reichstag nach einer bestimmten Richtung auf diesem Gebiete ein gesetzgeberisches Vorgehen wünscht, umsomehr dürfen wir und dürfen unsere hohen Machthaber auch erwarten, daß ihre Gründe gewürdigt werden und daß man nicht leichtfertig mit dem Vorwurfe vorangeht: Ihr wollt nur nicht, denn wenn ihr wolltet, dann wären diese Fragen von der Tagesordnung verschwunden.

Meine Herren, ich werde Gelegenheit haben, die Gründe, welche den Bundesrath bestimmt haben, dem Beschluß des Reichstages hinsichtlich der Sonntagsarbeit, der Frauen⸗ und Kinderarbeit nicht zuzustimmen, demnächst, wenn diese Sachen zur Berathung stehen, dem Reichstage zu entwickeln. Ich gebe mich nicht der Hoffnung hin, daß der Reichstag durch meine Darstellung zu anderen Beschlüssen gebracht werden wird; ich trage mich mit dieser Hoffnung umsoweniger, als die Gründe in der Haupt⸗ sache bereits in früheren Jahren von sehr viel beredterem Munde, von dem des Herrn Reichskanzlers, in diesem Saale dargelegt worden sind. Aber auf eins, glaube ich, darf ich dringen, oder ich darf es mir wenigstens erbitten, daß man nicht von vorn herein den Bundesrath um deswillen verketzert, weil er andrer Meinung ist, und daß man seine Stellung als Faktor der Gesetzgebung auch darin respektirt, daß man es zwar nicht beklagt, wenn er nicht derselben Meinung ist, aber daß man ihm das Recht, eine andere Meinung zu haben, wenigstens nicht abspricht. Meine Herren, was könnte es uns denn nutzen, auf diesem Gebiet eine arbeiterfeindliche Stellung, wie sie der Herr Vorredner bezeichnet hat, einzunehmen, was könnte es uns nutzen gegenüber dem Programm der Regierung, wie es insbesondere durch die Novemberbotschaft gekennzeichnet ist, Maßregeln zu unterlassen, die der Reichstag als förderlich anerkennt bloß um der Laune willen. Davon kann ja nimmermehr die Rede sein. Es wäre ja für uns auch ein Leichtes, die Gesetz⸗ entwürfe, die der Reichstag in der vorigen Sitzung beschlossen hat, freilich nicht in forma producta, aber doch mit einigen Amendements, mit einigen Verbesserungs⸗ vorschlägen, einzubringen und ich zweifele gar nicht daran, der Reichstag würde diese Verbesserungsvorschläge annehmen, und damit wären diese Fragen von der Tagesordnung ver⸗ schwunden. Wenn der Bundesrath zu der Ueberzeugung gekommen ist, daß er diesen Weg nicht betreten darf, so sind es, wie gesagt, zwingende wirthschaftliche Gründe, die ihn dazu bestimmt haben, und diese Gründe werde ich demnächst Ihnen darzulegen die Ehre haben.

Ueber die vorliegende Frage, auf die ich jetzt komme, ist meines Erachtens viel mehr Staub 11 ,. als die Sache werth ist. Hätten wir durch die bisherige Gesetzgebung nicht die Möglichkeit, gewerbliche Schiedsgerichte überell einzurichten, oder wäre nicht durch die Gesetzgebung ein besonderes Verfahren für die Erledigung gewerb⸗ licher Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern vorge⸗ feher, dann könnte ich es begreifen, wenn man mit besonderem Eifer und unter Betonung der Dringlichkeit nun entweder auf die 1e. meine obligatorische Einführung gewerblicher Schiedsgerichte hin⸗ drängt oder doch wenigstens die Bestimmungen der Gewerbeordnung im Sinne des Hrn. Abg. Baumbach 8 amendiren bestrebt ist.

So liegt aber der Fall nicht. Nach Lage der Gewerbeordnung kann jede Gemeinde gewerbliche Schiedsgerichte einrichten. (Zuruf links: Werden nicht bestätigt!) Auf diese Bestätigungsangelegenheit komme ich des Weiteren und Breiteren noch später; ich bitte den Hrn. Abg. Meyer, dafür mir eine kleine Nachsicht zu ge⸗ statten. So liegt also die Sache nicht. Die Gewerbe⸗ ordnung gestattet jeder Gemeinde, gewerbliche Schiedsgerichte einzuführen, und wo sie nicht bestehen, entscheiden die Ge⸗ meindebehörden über die gewerblichen Streitigkeiten. Daß diese Entscheidung der Gemeindebehörden doch hier unr da eine ganz zweckentsprechende ist, daß das Verfahren vor den Gemeindebehörden den Bedürfnissen der streitenden Theile entspricht, das hat heute uns der Hr. Abg. Struckmann aus eigener Erfahrung bestätigt. Nun ist ja der Wunsch natürlich und die verbündeten Regierungen haben diesen Wunsch auch durch ihre v vom Jahre 1878 bereits anerkannt —, daß gewisse Mängel, die nach der bisherigen Lage der Gesetzgebung immer noch mit der Erledigung gewerblicher Streitigkeiten, verbunden sind, abgestellt werden mögen, daß insbesondere Vorschriften erlassen werden mögen über das Verfahren vor den gewerblichen Schiedsgerichten, und zwar ist dieser Wunsch aus der Wahrnehmung entstanden, daß das Verfahren an vielen Orten bisher ein willkürliches und sehr verschiedenartig gestal⸗ tetes gewesen ist. 88

Paß die verbündeten Regierungen prinzipiell einer Regelung des Gegenstandes in dem Sinne des ausgedrückten Wunsches nicht wider⸗ streiten, das haben sie, wie gesagt, bewiesen durch die Vorlage vom Jahre 1878 eine Vorlage, über die der nectag sich nicht voll⸗ ständig hat schlüssig machen können. Wäre damals ein Be chluß des Reichs⸗ tages zuStande gekommen, dann wäͤre die Sache wahrscheinlich 2 aus der Welt geschafft. Wie man mir aber sagt, ich habe die Verhand lungen selbst nicht nachgelesen, ist die Vorlage damals daran ge scheitert, daß man für den Vorsitz des Schiedsgerichts eine Einwir kung der Staatsbehörden haben wollte; diese Forderung sand Wider spruch im Reichstage; es wurden verschiedene Amendements gestellt für keines der Amendements konnte eine Majorität hergestell werden, und so fiel die Sache in den Brunnen und blieb liegen. Ob einer neuen Vorlage dasselbe Schicksal beschieden sein wird, weiß ich nicht. Ich bin aber sehr gern bereit, eine neuen Vorlage im Kreise des Bundesraths das Wort zu reden Denn ich sehe in der That nicht ein, wie man gegenüber der That sache, icf wir besondere gewerbliche Schiedsgerichte haben, sich sträuben sollte, nun gewisse Verbesserungen an diesen gewerblichen Schiedsgerichten vorzunehmen.

Wenn man mir nun den Vorwurf macht, und zwar heut wiederholt, nachdem man ihn früher schon ausgesprochen hat, ich hätte mich außerordentlich wenig entgegenkommend geäußert, kann ich diesen Vorwurf in der That nicht als begründet anerkennen Ich habe nur das Eine hervorgehoben, daß gegenüber andere Materien der Gesetzgebung, auf denen wir es mit einer Tabula ras

zu thun haben, auf denen wir erst noch schöpferisch vorgehen sollen,

dieser Gegenstand, wo es sich nur um eine Korrektur der bestehende Gesetzgebung handelt, von geringerer Dringlichkeit erscheint.

Nun kommt aber in der That auch noch ein Zweckmäßigkeits⸗ hinzu. Es ist bereits, glaube ich, von meinem Herrn Kollegen,

essen Vortrag ich heute allerdings nicht habe mit anhören können. da ich anderweit beschäftigt war, daran erinnert worden, daß wir in Bezug auf die Organisation der Schiedsgerichte doch sehr vorsichtig verfahren, wenn wir einmal erst die verschiedenen Schieds⸗ gerichte, die wir haben, einige Zeit in 8 lassen, und wenn wir uns darüber klar werden, ob die Zusammensetzung dieser ver⸗ schiedenen Schiedsgerichte sich bewährt, welche Zusammensetzung sich als die beste bewährt, und wie wir also zweckmäßigerweise die ge⸗ werblichen Schiedsgerichte demnach einzurichten haben. Ein so großer Uebelstand, wie er hier von der linken Seite des Hauses betont wird, liegt meiner Ueberzeugung nach darin keineswegs, wenn man diese Vorlage, die hier gewünscht wird, noch um ein oder zwei Jahre vertagt. sch werde mir indessen die Sache über⸗ legen, und wenn ich zu der Ueberzeugung komme, daß man sich schon jetzt über eine bestimmte Organisation schlüssig machen kann, so wird es an mir nicht liegen, wenn eine solche Vorlage nicht gemacht wird.

„Meine Herren, auf die Gestaltung dieser Vorlage und auf die speziellen Wuͤnsche, die in Bezug auf diese Gestaltung hier geäußert worden sind, erlassen Sie mir wohl, näher einzugehen. Ich sehe davon keinen Vortheil; die Wünsche gehen sehr weit auseinander. Das scheint mir klar zu sein, daß man so radikal, wie es Hr. Bebel wünscht, nicht vorgehen kann, namentlich nicht in Bezug auf die Gestaltung des Wahlverfahrens, daß man also nicht unter Benutzung des allge⸗ meinen Stimmrechts die Arbeitervertreter für die Schiedsgerichte wählen lassen kann. Ich glaube, auch hier wird es gut und nützlich sein, daß man der statutarischen Regelung eine gewisse Latitude vor⸗ behält. Die Verhältnisse liegen nicht überall gleich in Deutschland. Ich würde es auch beklagen, daß, wo man bereits geeignete Wahlkörper besitzt, man da noch wieder ad hoc den Apparat einer direkten Wahl schafft.

Es ist nun der Vorwurf erhoben und Hr. Bebel hat sich ja auch des Breiteren darüber ausgelassen, daß das Statut, welches die Gemeinde Berlin für die Einsetzung eines gewerblichen Schiedsgerichts aufgestellt hat, die Bestätigung nicht erhalten habe, obwohl dieses Statut ähnlich sei, ich glaube sogar, identisch mit dem, welches für Frankfurt a. M. erlassen ist, und obwohl dieses Statut für Frank⸗ furt a. M. auch in der neuesten Ausgabe der Berichte der Fabrik⸗ aufsichtsbeamten von Seiten des Reichsamts des Innern zur Nach⸗ ahmung empfohlen wird. Darauf habe ich Folgendes zu erwidern: die Bestätigung des Statuts für Berlin geschieht nach Lage der preußischen Gesetzgebung durch den Ober⸗Prasidenten, die Be⸗ stätigung des Statuts für Frankfurt a. M. ist geschehen durch den Bezirksausschuß Es sind das zwei ganz verschiedene Stellen. Daß es verschiedene Stellen sind, dafür können wir nicht, das geschieht eben auf Grund der preußischen Gesetzgebung. Ich kann mir nun sehr wohl denken, daß der Bezirksausschuß eine ganz andere Auf⸗ fassung über die zweckmäßige Fassung des Statuts besitzt, als wie der Ober⸗Präsident der Provinz Brandenburg, und ich sehe darin gar nichts Auffallendes, daß der Ober⸗Präsident der Provinz Brandenburg anders entscheidet, wie der Bezirksausschuß in Wies⸗ baden. Es ist das eine ganz naturgemäße Folge der Selbstverwal⸗ tung, der Decentralisation, daß in einem Bezirk anders entschieden wird wie im andern. Daß man sämmtliche Statuten vor die Centralinstanz bringt, das wird, glaube ich, auch Hr. Bebel selber nicht empfehlen, sondern auch ihm wird eine gewisse Decentralisation auf diesem Gebiet ganz erwünscht sein. Es liegt also in dieser Sache nichts Auffallendes. Das Reich hat keine Einwirkung auf die Bestätigung des Statuts, ja nicht einmal der preußische Handels⸗ Minister. Wenn aber in Bezug auf den Geschäftsgang, namentlich bezüglich der Zeit, innerhalb deren die Bestätigung ausgeblieben ist, eine berechtigte Klage zu führen sein sollte, so würde allerdings der .“ Handels⸗Minister diejenige Stelle sein, welche Luft schaffen

unte.

Also, meine Herren, ich glaube hiermit den Fall Berlin hin⸗ reichend erörtert zu haben.

Ich könnte damit schließen, wenn ich nicht noch das Bedürfniß empfände, einen Vorwurf des Hrn. Abg. Bebel zu widerlegen, welchen er dahin äußerte, es sei der Fluch unserer jetzigen Gesetzgebung, daß wir zuviel Rücksichten auf alle möglichen Interessen und Anschauungen nehmen. Ich habe mir immer eingebildet, daß diejenige Gesetzgebung

die beste ist, welche es versteht, sich den Anschauungen, Bedürfnissen

und Interessen des Volkes möglichst eng anzuschließen, und ich achte diejenige Gesetzgebung für eine gute, welche schonend verfährt und welche lieb gewordene Institutionen und Anschauungen nicht ohne

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Grund zerstört und beseitigt. So Will der Hr. Abg. Bebel anders verfahren wissen, dann wird er allerdings beim Bundesrath kein Glück haben.

Abg. Klemm: Er habe vor 3 Jahren in der Kommission das Wort „obligatorisch“ in Schutz genommen, es scheine ihm nicht zweckmäßig, den Gemeinden freie Hand zu lassen, weil er ein großer Freund der gewerblichen Schiedsgerichte sei. Er habe sich überzeugt, daß, nachdem die Gemeinden die Sache in die Hand genommen, auch fakultative Schiedsgerichte annehmbar seien. Wenn der Antrag Baumbach ganz a emein „Gewerbe⸗ gerichte“ einführen wolle, so dürfte sich eine solche Einrichtung nicht mehr vertragen mit den Bestimmungen von 120 der Ge⸗ werbeordnung. Wenn allgemeine Gewerbegerichte eingeführt würden, wäre es nicht nöthig, die Art der Geschäfte derselben näher zu formuliren und den modus procedendi vorzuschreiben.

des Publikums außerordentlich große und gespannte Er⸗ hervorrufen. Jeder, der einen Rechtsstreit habe, werde denken, daß ihm durch diesen Gesetzentwurf geholfen werde. Würden aber diese Erwartungen nicht erfüllt, so ent⸗ beh 5 Unzufriedenheit. Er empfehle die Ablehnung des ntrags.

Abg. Windthorst: Er hoffe, daß, wenn der Reichstag den Antrag annehme, der Staatssekretär bemüht sein werde, die Sache zu fördern und eine neue Vorlage zu machen. Er hoffe auch, daß dies nicht zu lange dauern werde, denn die vor⸗ liegenden Unvollkommenheiten, die der Reichstag selbst einge⸗ standen habe, müßten so bald wie möglich beseitigt werden. In den allgemeinen Gesichtspunkten meine er auch wie der Staatssekretär, daß man möglichst auf die bestehenden Verhält⸗ nisse Rücksicht nehmen und das historisch Gewordene schonen müsse. Die Erkenntniß sei aber jetzt da und er hoffe⸗ daß man darnach auch gute Vorsätze fassen würde, sowohl bezüglich der Sachen als der Personen. Er müsse beklagen, daß man mit der Arbeiterschutzgesetzgebung nicht schon weiter gekommen sei. Daß der Bundesrath das Recht habe, Anträge bestreite er nicht. Es komme aber auf die Gründe an. Diese werde man ja später zu erörtern haben, da ja der Staats⸗ Minister versprochen habe, sie dem Hause vorzulegen. Die

rage aber müsse seine Partei schon jetzt aufwerfen, wie es omme, daß der Bundesrath mit solcher Beharrlichkeit auf seiner Ansicht bestehe. Wenn die Vertreter der deutschen Nation beharrlich die Nothwendigkeit der Schutzmaßregeln dargelegt hätten, dann hätte wohl auch die 16 zu fragen, „ob sie sich nicht ein klein wenig in ihrer Meinung hen habe?“ Daß die Regierungen möglichst bemüht seien, ür die materiellen Interessen der Arbeiter zu sorgen, erkenne das Centrum an. Er könne aber den Herren die Be⸗ merkung nicht ersparen, daß es mit diesen Geldsachen nicht gethan sei. Es müßten die moralischen Bedingungen des Wohlstandes und des Wohlbefindens der Arbeiter, wie sie in der Schutzgesetzgebung vorlägen, in den Vordergrund geschoben werden. Mit dem Gelde allein sei es nicht gethan. Wenn man die Schutzgesetzgebung nicht bekomme und nicht recht bald bekomme, würden die Arbeiter doch un⸗ zufrieden sein. Es handele sich um das Wohl einer un⸗ geheueren Zahl von Mitmenschen. Es sei absolut nothwendig, dem einstimmigen Votum der Volksvertretung nicht länger beharrlichen Widerstand zu leisten. Der Reichstag werde nicht ermüden und die Regierungen seien dazu da, seine Ansichten zu hören, da ja nach dem Ausspruch des Herrn Staatssekretärs die nach dem Bedürfniß des Volks eingerichtet werden müßten.

Ein Antrag Bebel, im Antrage Baumbach hinter das Wort „Einführung“ zu setzen „obligatorisch“, findet nicht die genügende Unterstützung. 8

Die Diskussion wird hierauf geschlossen.

Das Schlußm Meyer (Halle): Das Recht des Bundesraths, Beschlüsse des

verfahren wir im Bundesrath.

Die Annahme des Antrags würde aber auch in weiten Kreisen

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art erhält als Mitantragsteller der Abg.

Reichstages abzulehnen, stelle Niemand in Frage, aber wäh⸗ rend in anderen Verfassungsstaaten das Oberhaus öffentlich verhandele, beschließe der Bundesrath hinter geschlossenen Thüren. Das Haus habe das Recht, zu erfahren, welche Beschlüsse er gefaßt habe und aus welchen Gründen. Seine Partei habe für diesen Antrag auf Entgegenkommen gerechnet. Er sei nicht vom einseitigen Parteistandpunkt aus gestellt, sondern entspreche den früheren Bestrebungen aller Parteien und auch der Regierung. Die Schwierigkeiten der Ausarbeitung eines Gesetz⸗ entwurfs scheuten die Freisinnigen nicht, aber sie wollten keinen Gesetzentwurf, der von ihrem Parteistandpunkt ausgehe. Der frühere Gesetzentwurf sei auch nicht an den großen Schwierig⸗ keiten gescheitert, die der Abg. Hartmann gemalt habe, sondern an untergeordneten Punkten, und diese Punkte würden mit einigem Muth und einiger Beharrlichkeit überwunden werden. Für dringend hätten den Gesetzentwurf die Regierungen früher selbst gehalten. Daß er wünschenswerth sei, leugne Niemand. Es sei aber auch durchaus nicht Gewohnheit, Gesetzentwürfe nur dann zu machen, wenn sie überaus dringend seien. So zum Beispiel sei bas Kunstbuttergesetz gerade nicht sehr dringend gewesen. Die Schiedsgerichte sei eben dadurch gestört, da der größten Kommune, Berlin, es nicht möglich gemacht worden sei, auf dem Wege des Ortsstatuts ein gewerbliches Schiedsgericht zu beschaffen. Daß der Ober⸗Präsident dagegen Bedenken gehabt habe, müsse wohl der Fall sein; denn sonst hätte er das Statut genehmigt. Diese Bedenken seien dem Hause aber nicht mitgetheilt worden. Es stehe in den Berliner Statuten nichts, was nicht in irgend einem anderen sich be⸗ fände. Es müsse jeder Kommune ermöglicht werden, ein Statut zu erlassen, dem die Genehmigung nicht versagt werden dürfe, wenn es dem Normalstatut entspreche. Seine Partei würde auch für ein Normalstatut dankbar sein und rufe die Unterstützung der Gesetzgebung an, damit ihr die Errichtung von gewerblichen Schiedsgerichten ermöglicht werde. Man bestreite, daß die Einrichtung von Schiedsgerichten noch so dringend gewünscht werde, wie früher. In Berlin habe man den Antrag, ein solches Ortsstatut herzustellen, mit großer Begierde ergriffen; man habe sich von der Nothwendigkeit überzeugt, weil die übrigen schiedsgerichtlichen Einrichtungen der Innungen und die Gewerbedeputation des Magistrats nicht ausreichten. Es bestehe kein Gericht, welches für die Bengefrisse des Arbeiters ausreichend sorgen könne. Die or⸗ dentlichen Gerichte arbeiteten für den Arbeiterstand zu langsam und auch zu kostspielig, während die Gewerbe⸗Schiedsgerichte entweder unentgeltlich oder so wohlfeil als möglich arbeiteten. Die Gewerbe⸗Schiedsgerichte entsprächen auch dem Rechtsbewußtsein der arbeitenden Klassen. Ein Schiedsrichter, der das Herz auf dem rechten Fleck habe, werde häufig in der Lage sein, eine Sache so zu schlichten, daß beide Parteien zufrieden seien. Auch vom Standpunkt des strengen Rechts sei es ja nicht unmöglich, beiden Parteien Recht zu geben. In Berlin sei bei Gelegenheit des Maurerstrikes die Frage aufgetaucht, ob es nicht 1. sei, eine Einrichtung zu schaffen, die im geeigneten Augenblick vermitteln könne, und man habe die Einrichtung eines ständigen Schiedsgerichts für eine sehr geeignete Vorstufe gehalten, um diese wichtige Institution zur Vollendung zu bringen. Er sei daher der Ansicht, daß, wenn auch die soziale Frage dadurch nicht gelöst werde, mit der Einsetzung solcher Schiedsgerichte ein gutes Stück gethan werde auf dem Wege der Herstellung des sozialen Friedens. Deshalb bitte er, den Antrag anzunehmen.

Der Antrag wird gegen die Stimmen der Konservativen angenommen.

Schluß gegen 5 Uhr. Nächste Sitzung Dienstag 1 Uhr.

spontane Entwickelun der

1. Steckbriefe und ett efach snga en. 2. Zwangsvollstreckungen,

3 4. Verloosung, Zinszahlung ꝛc. von öffentlichen Papieren.

. Deffentlicher Anzeiger.

. Berufs⸗Genossenschaften. .Wochen⸗Ausweise der deutschen Zettelbanken. . Verschiedene Bekanntmachungen.

Ferniechenase chchne, auf Aktien u. Aktien⸗Gesellsch. 8

90292

1) Steckbriefe und Untersuchungs⸗Sachen. [53475] Steckbrief.

geboren zu Köpenick am 6. Dezember 1863, zuletzt in Rathenow, welcher flüchtig ist, ist die Unter⸗

Es wird ersucht, denselben zu verhaften und in das

Gerichts⸗Gefängniß zu Potsdam abzuliefern. Potsdam, den 7. Januar 1889.

[53648] Bekanntmachun

(Sonnabend zu Sonntag) hat auf dem Albrecht⸗

8) der Seefahrer Friedrich Magnus Christian sund, zuletzt wohnhaft daselb

Gegen den Bäckergesellen Gustav Adolf Lewange, geboren am 294 Juli 1865 zu Stralsund, zuletzt Feslärer Een sn Ln ö . V * Schultz, geboren am 24. Juli 1865 zu Stralsund, suchungshaft wegen schweren Diebstahls verhängt. zuletzt wohnhaft daselbst, 3 11) der Seefahrer Johann Franz Albert Christian dtosetaech. März 1865 zu Stralsund, 1 zuletzt wohnhaft daselbst, Der Untersuchungsrichter bei dem Königl. Landgerichte. 13) der Seefahrer Heinrich Carl Johann Zitow, geboren am 21. April 1865 zu Stralsund, zuletzt

In der Nacht vom 1. zum 6. Dezember 1888 wohnhaft daselbst,

Ule Realberechtigten

r auf den Namen des Kaufmanns Paul Friedrich ein⸗ noch zur Gebäudesteuer veranlagt. Auszug aus der Schwerin, geboren am 23. s 1865 zu Stral⸗ Fetaägene, . 5 belegene Grund⸗ Steuerrolle, beglaubigte Abschrift des Eundbuch⸗ bst, ück am . ärz 8

9) der Seefahrer Gottfried Hermann Siebert, 10 Uhr, vor dem unterzeichneten Gerichte stück betreffende Nachweisungen, sowie besondere an Gerichtsstelle Neue Friedrichstraße 13, Hof, Kaufbedingungen können in der Gerichtsschreiberei, Nlüger C., parterre, Saal 40, versteigert werden. ebenda, Hof, Flügel D, parterre, Zimmer 42, ein⸗ Das Grundstück ist weder zur Grundsteuer noch zur gesehen werden. Alle 9 Gebäudesteuer veranlagt. Auszug aus der Steuer⸗ gefordert, die nicht von selbst auf den Ersteher über⸗ rolle, beglaubigte Abschrift des Grundbuchblatts, gehenden Ansprüche, deren Vorhandensein oder Be⸗ etwaige Abschätzungen und andere das Grundstück be⸗ krag aus dem Grundbuche zur Zeit der Eintragung treffende Nachweisungen, sowie besondere Kaufbedin⸗ des Versteigerungsvermerks nicht hervorging, ins⸗ Fisae können in der Gerichtsschreiberei ebenda, Hof, besondere derartige Forderungen von Kapital, i

Vormittags blatts, etwaige Abschätzungen und andere das Grund⸗

Realberechtigten werden auf⸗

nsen,

lügel D., part, Zimmer 42, eingesehen werden. wiederkehrenden Hebungen oder Kosten, spätestens im Ie Realb nechtigie oberden⸗ 8 gefopertt E11“ vor 869 Au vrderung Ur g. nicht von se auf den Ersteher übergehenden gabe von Geboten anzumelden und, falls der be⸗ 13) der Seefahrer Carl Johann Theodor Christian Ansprüche, deren Vorhandensein vder Betrag aus treibende Gläubiger widerspricht, dem Gerichte

schen Gehöfte zu Ketzin, Kreis Oft⸗Havelland, Pieritz, geboren am 10. Juli 1863 zu Stralsund, dem Grundbuche zur Zeit der Eintragung des Ver⸗ Nlautbaft zu machen, widrigenfalls dieselben bei

ein anscheinend angelegter Brand Statt ge⸗ zuletzt wohnhaft daselbst,

funden.

steigerungsvermerks nicht hervorging, insbesondere werden beschuldigt, als Wehrpflichtige in der derartige Forderungen von Kapito 8

eststellung des geringsten Gebots nicht berücksichtigt insen, wieder⸗ werden und bei Vertheilung des Kaufgeldes gegen

Dae her Thater bisher unbekannt geblieben ist, Absicht, sich dem Eintritte in den ienst des kehrenden Hebungen oder Kosten, spätestens im Ver⸗ die berücksichtigten Ansprüche im Range zurücktreten.

wird Namens der Städte⸗Feuer⸗Societät der Pro⸗ stehenden Heeres oder der Flotte zu entziehen, vinz Brandenburg auf die Entdeckung desselben vhh nasanes das

eine Belohnung von 1000 ausgesetzt. si Anzeigen sind an die unterzeichnete Staatsanwalt⸗ schaft zu den Akten J. 15./89 zu richten. Potsdam, den 10. Januar 1889. Königliche Staatsanwaltschaft.

[53474] Oeffentliche Ladung. 1 1) Der Seefahrer Berthold Frorg Magnus Aus

eboren am 28. etzt wohnhaft daselbst,

digten ist zur Deckung der sie möglicherweise treffen⸗ 3) der Seefahrer Hermann Ludwig Anton Glaue, den Geld rafe 1 s. nscnc Wpeiseg tref in

geboren am 18. September 1865 zu Stralsund, zu⸗ Höbe von je 300 durch Beschluß der III. Straf⸗ a

letzt wohnhaft daselbst,

Hanne, geboren am 20. April 1865 zu Stralsund, zuletzt wohnhaft daselbst, 5) der Barbier Robert Carl Gustav Köppen,

erreichtem militärpflichtigen Alter

außerhalb des Bundesgebiets aufgehalten zu

haben, Vergehen gegen §. 140 169 1 St.⸗ geringsten Gebots nicht berücksichtigt werden und E1“

a r, vor die Strafkammer sichtigten Ansprüche im

bei dem Königlichen Amtsgerichte zu Stralsund zur 8 prüch

V FFedes. .e Plesesben auf Hruh. ver 8 . er Straf⸗Prozehordnung von dem König⸗ enage, heberen anrhs Januar 1865 zu Stralsund, lichen Civil⸗Vorsitzenden der Ersatz⸗Kommission des das Kaufgeld in Bezug auf den Anspruch an die 2) der Seefahrer Georg Carl Johann Clemens, Sianger gtte enzehusdchüben age nn⸗ 8 8 an Uaege lüd Crefsaa, d 12. 8 en ausgestellten Erklärungen die 8 s wird am 12. Ma November 1865 zu Stralsund, zu⸗ verurtheilt werden. Das Vermägen der Angeschur⸗ 1889, Minkage 18 *9 . 2

Bundesgebiet

März bei

Berlin, den 3. Januar 188.

88

88

geboren am 10. Februar 1865 zu Stralsund, zuletzt

vwocnheft Befeacter paul Friedrich Wilhelm Jel eer Seefahrer Paul Friedri ilhelm Inlius act. geboren am 27. n zuletzt wohnhaft daselbst,

Pahnke, geboren am 20.

r Juni 1865 zu Stralsund, zuletzt wohnhaft daselbst,

orladungen u. dgl. legene

steigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe Diejenigen, welche das Eigenthum des Grundstücks verlassen von Geboten anzumelden und, falls der betreibende s 8

ertheilung des ge

richkestelle, Sanl 40 1“ Ge⸗ 8 Helmstedt, Kläͤgerin, wider den Kaufmann August

Königliches Amtsgericht I. Abtheilung 5.

4) der Seefahrer Carl Heinrich Johann Fritz E1““ 18

Greifswald, den 24. Dezember 1888. Königliche Staatsanwaltschaft.

2) Zwangsvollstreckungen, Juni 1865 zu Stralsund, Aufgebote,

t wohn eefahrer Fohann Joachim Christovb 4. Zwangsversteigerung. werden. Das Grundstück ist weder zur steuer, reichen

beanspruchen, werden aufgefordert, vor Schluß des

Gläubiger widerspricht, dem Gericht glaubhaft zu Versteigerungstermins die Einstellung des Verfahrens machen, widrigenfalls dieselben bei Fes

stellung des herbeizuführen, widrigenfalls nach erfolgtem Zuschlag

das Kaufgeld in Bezug auf den Anspruch an die

gen die berück⸗ Stelle des Grundstücks tritt. Das Urtheil über die sich „Range zurücktreten. Die⸗ Ertheilung des Zuschlags wird am 11. März jenigen, welche das Eigenthum des Grundstuͤcks 1889, Mittags 12 Uhr, an obenbezeichneter Ge⸗ Heedtebandn geladen. Bei unentschuldigtem heencgfachen. werden aufgefordert, vor Schluß des richtsstelle, Saal 40, verkündet werden.

Versteigerungstermins die Einstellung des Verfahrens herbeizuführen, widrigenfalls nach erfolgtem Zuschlag

Berlin, den 3. Januar 1889. Königliches Amtsgericht I. Abtheilung

In Sachen der Herzoglichen Leihhaus⸗Adminiftr tion

ohmann, früher zu Helmstedt, jetzt unbekannten Aufenthalts, Beklagten, wegen Hypothekkapitalszinsen, wird, nachdem 5 x- der Klägerin die Be⸗ schlagnahme der dem eklagten gehörigen, in

Wohn⸗

53480 der Neumark zu Helmstedt belegenen

”584800 Zwangsversteigerung. diuser No. aab. 77b und 776 sammt Za⸗ Im Wege der Zwangsvollstreckung soll das im behör

Grundbuche von der Königstadt Band 33 Nr. 843 durch Beschluß vom 24. Dezember 1888 verfügt,

auf den Namen des Kaufmanns Paul Friedrich auch die Eintragung dieses Beschlusses im Grund⸗

eingetragene, in der Artilleriestraße Nr. 3 be⸗ buche an demsc⸗

zum Zwecke der Zwangsversteigerung

ben Tage erfolgt ist, Termin zur

rundstück am 11. März 1889, Vor⸗ Zwangsversteigerung auf Diensiag, den 7. Mai

mittags 10 Uhr, vor dem unterzeichneten L. 1889,

I drch de Fee herdeen hms ell bas in Hoet, 81871 87 barse Iöö ege de ngsvollstreckung soll das im Hof, gel C, parterre, Saa ver

Grundbuche von der Königstadt Band 39 Nr. 2449 8

Morgens 9 Uhr, vor Herzoglichem Amtsgerichte Helmstedt angesetzt, in welchem die steigert Hypothekgläubiger die Hypothekenbriefe sa über⸗

b Die Versteigerungs⸗Bedingungen

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