—— Als Aerzte haben sich niedergelassen die Herren:
Dr. Hub. Schultz in Koadjuthen, Dr. Frank in Reinfeld
(Kreis Belgard), Dr. Hüter in Kindelbrück, Dr. Jacobs in rier, Dr. Herz in Bockenem.
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 14. Januar. vrer. Ztg.) Die ärztlichen Berichte über das Befinden der 8 rbgroßherzogin, vom 13. und 14. Januar, lauten:
„In der ersten Hälfte der Nacht viel Husten, gegen Morgen erquickender Schlaf. Temperatur heute Morgen normal, Puls noch schnell. Appetit besser. Gutes Allgemeinbefinden. Engelhardt.“
„Abends geringe Temperatursteigerung wie in den beiden letzten Tagen. Morgentemperatur normal. Puls beschleunigt. Husten. Appetit ziemlich gut. Gutes Allgemeinbefinden. Gromxgaes Ses
ngelhardt.“
ODOcesterreich⸗Ungarn. Wien, 13. Januar. Das „Prag. Abendblatt“ schreibt: Wenn auch heute der Zeitpunkt für die Wiederaufnahme der Verhandlungen des Reichsraths noch nicht bekannt ist, so kann es doch keinem Zweifel unterliegen, daß alsbald nach Beendigung der Thätigkeit der gegenwärtig ver⸗ sammelten Landtage von Böhmen und Galizien zur Wiedereinbe⸗ rufung des Reichsraths geschritten werden wird. Das Herren⸗ haus hat inzwischen eine qualitativ ebenso glücklich gewählte als politisch hochbedeutsame Verstärkung erfahren, indem ohne Rücksicht auf die Parteistellung eine Reihe von Persönlich⸗ keiten neu in diese Körperschaft berufen wurden, welche durch soziale Stellung, hervorragende Begabung oder aus⸗ Pzeichnete Leistungen auf dem Gebiete der Wissenschaft und
unst längst in der Oeffentlichkeit bekannt sind und sicherlich eine Zierde unserer Pairskammer bilden werden. Letztere wird ihre Thätigkeit im neuen Jahre mit der so überaus wichtigen Wehrgesetzvorlage eröffnen, deren Vorberathung Seitens der Wehrkommission bekanntlich bereits zum Abschluß gebracht wurde. Der Antrag der Kommission lautet auf un⸗ veränderte Annahme des Gesetzentwurfs, wie er aus den Be⸗ rathungen des Abgeordnetenhauses hervorgegangen ist, und von dem Patriotismus und der gereiften staatsmännischen Einsicht unseres Herrenhauses läßt sich wohl erwarten, daß dieser Antrag einhellige Zustimmung finden werde.
Was das Abgeordnetenhaus betrifft, so ist zwar im gegenwärtigen Augenblick noch nichts darüber in die Oeffent⸗ lchket gedrungen, welche Vorlagen zunächst auf die Tages⸗ ordnung gelangen sollen, doch hält man es in parlamentari⸗ schen Kreisen für sehr wahrscheinlich, daß der Voranschlag für 1889 sofort nach seiner Fertigstellung durch den Budgetausschuß ur gelangen werde. Nachdem nun der genannte
usschuß den größten Theil der einzelnen Etats bereits erledigt hat, so dürfte die Budgetdebatte im Plenum ohne Schwierigkeit schon im Februar beginnen können. Außer dem Staatsvoranschlage würden zunächst jene Vorlagen das Haus beschäftigen, welche von den Ausschüssen bereits festgestellt sind und nur wegen Kürze der eit nicht mehr vor den Weihnachtsfeiertagen zur Erledigung gelangen konnten. Die Dauer der Nachsession läßt sich natürlich im gegenwärtigen Augenblick nicht einmal annähernd bestimmen; da jedoch die Absicht bestehe. die Delegationen, wie im Vorjahre, auch dies⸗ mal möglichst zeitig zusammentreten zu lassen, so ergiebt sich nothwendige parlamentarische Zeiteintheilung
von selbst.
— 15. Januar. (W. T. B.) Die hiesigen Morgen⸗ blätter betonen ausnahmslos den friedlichen Cha⸗ rakter der preußischen Thronrede. Das „Fremden⸗ blatt“ sagt: Kaiser Wilhelm sei ein Friedensfürst, wie seine unvergessenen Vorfahren; er freue sich, wie diese, sein Vaterland in innerer Konsolidirung und wirth⸗ schaftlichem Gedeihen fortschreiten zu sehen. Klar und unzweideutig beweise dies die Thronrede. Dieses Vertrauen in die Zukunft werde sich allen Völkern Europas 8 — Die „Presse“ meint: die Thronrede werde durch ihre ruhige und friedenszuversichtliche Sprache überall einen angenehmen Eindruck machen; in der besonderen Betonung der Hoffnung auf die Erhaltung des Friedens bekunde sich die segens⸗ volle Wirkung des Bündnisses der europäischen Central⸗ mächte, welches Intriguen unschädlich mache, die ganze Politik vereinfache, eine Basis des Vertrauens im inter⸗ nationalen Verkehr schaffe und Handel und Industrie sich entwickeln lasse. — Die „Neue freie Presse“ be⸗ merkt: der Hinweis auf die auswärtigen Beziehungen sei ganz geeignet, die vorhandenen Friedenshoffnungen mächtig zu stärken; die Thronrede sei vom Nimbus deutscher Friedens⸗ politik umwoben. — Das „Wiener Extrablatt“ kon⸗ statirt: die Thronrede enthalte die eminenteste, an ganz Europa gerichtete Friedensbotschaft. Die Politik, welche die Grundlage der Friedensliga bilde, 185 sich zum Heil der Völker Europas bewährt. — Die „Deutsche Zeitung“ hebt hervor: der Ausdruck von des Kaisers Vertrauen in die Erhaltung des Friedens erfülle unseren seit Jahren bangenden Welt⸗ theil mit der die Sorgen lösenden Zuversicht, daß in der noch vor wenigen Monaten bedrohlichen allgemeinen Weltlage eine Wendung zum Besseren eingetreten sei.
Pest, 14. Januar. (W. T. B.) Das Journal „Nemzet“ sagt bezüglich der Gerüchte über eine ungarische Ministerkrise: Wir erkennen die Situation nicht als eine
olche, die irgendwelche mit neu eintretenden Komplikationen der Krisen verbundene parlamentarische Gestaltungen be⸗ fürchten ließe.
daraus die
“ Großbritannien und Irland. London, 12. Januar.
A. C.) Die amtliche „London Gazette“ veröffentlicht ein önigliches Dekret, welches den Gouverneur der Straits⸗Niederlassungen und Dependenzen zum ouverneur der Weihnachts⸗Insel ernennt und die Einverleibung dieser Insel in das Gebiet der Straits⸗ Niederlassungen autorisirt. 1 8 Calcutta, vom 10. Januar, berichtet das Bureau Reuter: Eine kleine Ex pedition wird alsbald gegen den Stamm der Nagas in Assam abgesandt werden. Die Nagas haben kürzlich inen v in britisches Gebiet unternommen. — Die in Gnatong geführten Verhandlungen zwischen dem chinesischen Ampan und dem Vertreter der indischen Regierung zur Erreichung ines befriedigenden Abkommens bezcglich Sikkims sind zu völligem Stillstand gekommen. Die Thibetaner weigern sich, die Frage berhavpt zu erörtern, falls nicht die indische Regierung im Voraus die Souveränetät Thibets über Sikkim zugiebt.
— 15. Januar. (W. T. B.) Die meisten Morgen⸗ blätter besprechen die geseg⸗ Thronrede Kaiser Wilhelm's und drücken hohbe Befriedigung über die Friedensworte des Kaisers aus. — Es verlautet, daß nach en bis jetzt getroffenen Verfügungen das Parlament am 21. Februar cr. zusammentreten wird. .“
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Irg evn Paris, 14. Januar. (W. T. B.) In den ndelgängen der Kammer kam es zu einem lebhaften Zwischenfall zwischen dem Minister⸗Präsidenten Floquet und dem Deputirten Laur wegen eines von Letzterem ver⸗ faßten Artikels über die Verwendung der geheimen Fonds eim Wahlkampf. Floquet erklärte Laur, daß der⸗ artige Anklagen insame Verleumdungen wären, und forderte denselben auf, seine Anklagen auf der Tribüne u begründen. Laur erwiderte, er werde seine Anklage einer Frh von Deputirten vortragen; wenn Floquet nicht die orte „infame Verleumdung“ zurückziehe, werde er ihm seine Zeugen schicken. Floquet erklärte; er ziehe nichts zurück und werde auch die Zeugen Laur's nicht empfangen. Der Minister⸗Präsident erneuerte sodann seine Aufforderung, Laur möge die Anklagen, die er, Floquet, auf das Formellste für unbegründet erkläre, auf der Tribüne zur Sprache bringen. Laur verließ alsdann das Parlamentsgebäude. In Folge dieses Vorgangs empfing Floquet heute Abend die Abgg. Laisant und Lehéri e als Zeugen Laur's. Der Minister⸗ Präsident erklärte denselben, er habe in der That Laur aufgefordert, die in der Presse enthaltenen Behaup⸗ tungen, welche er mit Recht als „infame“ bezeichnet habe, auf der Tribüne zur Sprache zu bringen. Er halte diese seine aufrecht und habe derselben außerhalb der Tribüne Micts hinzuzufügen. Die Zeugen zogen sich hierauf
urück.
Zwischen Lissagaray und Rochefort hat wegen eines von ersterem im Journal „Bataille“ veröffentlichten Artikels heut Nachmittag ein Zweikampf stattgefunden. Beide Duellanten wurden verwundet.
talien. Rom, 14. Januar. (W. T. B.) Die Verhandlungen über einen neuen Handelsvertrag mit der Schweiz wurden heute Nachmittag von den italienischen und schweizerischen Delegirten fortgesetzt. Der Minister⸗Präsident Crispi, der Finanz⸗Minister Grimaldi, der Handels⸗Minister Miceli und der schweizerische Gesandte wohnten den Verhandlungen bei.
Nieverlande. Haag, 14. Januar. (W. T. B.) Ueber das Befinden des Königs wird offiziell gemeldet: „Der König verbrachte den gestrigen Tag und den Anfang der Nacht ruhiger, den übrigen Theil der Nacht aufgeregter. Das Allgemeinbefinden ist unverändert; der König fährt fort, ein wenig Nahrung zu sich zu nehmen.“ eit Der 11 terrath hielt heute eine außerordentliche
itzung ab.
Schloß Loo, 15. Januar. (W. T. B.) Nach offizieller Meldung hat der König eine ruhige Nacht gehabt und be⸗ findet sich den Umständen nach ziemlich gut.
Bulgarien. Sofia, 14. Januar. (W. T. B.) Prinz Ferdinand empfing bei dem gestrigen Neujahrsfeste die Mitglieder der Behörden und erwiderte auf die Glück⸗ wünsche der Geistlichkeit: er habe dem orthodoxen Klerus und der b Kirche, deren ergebener Sohn er sei, stets seinen Schutz gewährt und hoffe, daß die guten Beziehungen zwischen der Kirche und der Regierung auch ferner fortdauern würden. Abends fand bei dem Prinzen ein großes Diner statt. Aus Anlaß des Neujahrsfestes wurden zwischen dem Prinzen Ferdinand, dem König von Serbien und dem Fürsten von Montenegro telegraphische Glückwünsche ausgetauscht.
Amerika. New⸗York, 14. Januar. (W. T. B.) Admiral Kimberley, Befehlshaber des Geschwaders der Vereinigten Staaten in der Südsee, erhielt Befehl, mit der Korvette „Trenton“, die sich gegenwärtig zum Schutz der amerikanischen Interessen in Panama befindet, nach Samoa zu gehen. Mehrere andere Schiffe werden nach Panama gesendet, da man daselbst Unruhen befürchtet.
Afrika. Egypten. Aus Suakim, vom 11. Januar, meldet ein Telegramm des Reuter'schen Bureaus:
Der Dampfer „Adjami“ segelte heute mit irregulären Truppen ab, welche Halaib wieder besetzen sollen, damit dieser Platz ein Martt für den britenfreundlichen Stamm der Bischarins werde. Osman Digma’s Macht vermindert sich augenscheinlich, da Deserteure und West⸗Afrikaner beständig hier an⸗ kommen. Der Bau der neuen Außenforts wird von den englischen Ingenieuren rasch betrieben.
Zeitungsstimmen.
Die „National⸗Zeitung“ bemerkt: Mit Genugthuung wird es allgemein, in Deutschland und im Auslande aufgenommen werden, daß der Kaiser die Ueberzeugung von
der ferneren Erhaltung des Friedens, welche er vor zwei Monaten bei der Eröffnung des Reichstages aussprach, heute wiederholen konnte. An den Ausdruck dieser Ueberzeugung knüpft sich eine sehr günstige Darstellung der wirthschaftlichen Lage. Die Regierung konstatirt eine Hebung der Industrie und der Lage der arbeitenden Klassen, wofür sie insbesondere in der Zunahme der Sparkassen⸗ einjagen einen Beweis erblickt. Eine solche Zunahme kann freilich mancherlei Gründe haben; sie kann z. B. auch ein⸗ treten, wenn man zeitweilig zu anderen Anlagen der Erspar⸗ nisse kein Vertrauen hat oder wenn — was jetzt wohl eher in Be⸗ tracht kommen könnte — der Zinsfuß anderer sicherer Anlagen nicht erheblich höher ist, als derjenige der Sparkassen. Was den Auf⸗ schwung der Industrie betrifft, so darf der Antheil nicht übersehen werden, welchen daran die Verkaufskartelle haben und dessen Dauer von der Aufrechterhaltung dieser Vereinigungen zur Erzielung lohnen⸗ der Preise abhängt. Aber mit diesen Einschränkungen darf zugestan⸗ den werden, daß die wirthschaftliche Lage eine befriedigende ist.
Da die finanzielle Situation damit im Einklang steht, so kann die Thronrede eine Anzahl Mehrverwendungen für produktive und geistige Interessen ankündigen, sowie die schon bekannte Absicht einer weiteren Erhöhung der Besoldung der Geistlichen — von der Ver⸗ sorgung ihrer Hinterbliebenen spricht die Thronrede noch nicht —, ferner die Aufhebung der Reliktenbeiträge der Lehrer, die Erhöhung der Alterszulage dieser. Es war schon bisher ver⸗ muthet worden, daß die vorhandenen Mittel in erster Reihe auch zur Erhöhung der Beiträge verwendet werden follen, welche der Staat nach dem vorjährigen Schullastengesetz zu den Besoldungen der Volksschullehrer den Gemeinden gewährt hat; die Absicht dieser weiteren Entlastung derselben wird bestätigt. Auf dem Gebiet der Steuerermäßigung, welchem diese Vorlage — wenigstens indirekt — angehört, wird ferner eine Erleichterung der Stempelsteuer für Pacht⸗ und Miethverträge angekündigt, die von allen Parteien seit Jahren gefordert worden.
Prinzipiell am wichtigsten dürfte die Vorlage wegen der Reform der direkten Steuern sein, welche die Thronrede ankündigt. Es ist wahrscheinlich, daß dieselbe noch nicht abgeschlossen und daher erst in einem späteren Stadium der Sefsion zu erwarten ist. Eine gerechtere Einrichtung und Vertheilung der Einkommensbesteuerung als die bisberige 8 eine Forderung, welche insbesondere auch die national⸗ liberale Partei in ihrem Aufruf für die Landtagswahlen verlangt hat.
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Wie weit der Plan des Finanz⸗Ministers geeignet ist, dieses Ziel
zu erreichen, läßt sich nach den kurzen Andeutungen der Thronrede nicht beurtheilen. Es wird von einer Anknüpfung an die Versuche von 1883 — 84 gesprochen. Diese waren insoweit begründet, als der Gedanke einer ÜUnterscheidung zwischen fundirten und unfundirten Einkommen bei der Besteuerung darin wirksam war; aber sie waren verfehlt, insofern nur das durch bewegliches, nicht auch das durch unbewegliches Vermögen fundirte größere Einkommen stärker herangezogen werden sollte; und über die Einzelheiten des Planes ließ sich keine Verständigung er⸗ reichen. Die Beseitigung des eigentlich nur noch dem Namen nach bestehenden Unterschiedes zwischen der Klassen⸗ und Einkommensteuer ist ein berechtigter Gedanke. Eine „Erweiterung der den minder Be⸗ güterten bereits gewährten Erleichterungen’ ist der allgemeinen Sympathie sicher. Die Deklarationspflicht kann ein Mittel zur gerechteren Veranlagung des steuerpflichtigen Einkommens sein; ob sie als ein solches wirkt, das hängt aber von der Einrichtung im 8 Einzelnen ab. Die hier berührten Andeutungen der Thronrede über die Absichten der Regierung sind zu unbestimmt, als daß sich schon ein Bild von dem Plane derselben gewinnen ließe.
Das Nämliche ist der Fall betreffs des Satzes, welcher sich auf die Ausdehnung der Verwaltungsreform auf die Provinz Posen bezieht Zur Regelung der Kreis⸗ und Provinzialverfassung daselbst soll nur „der Weg geebnet“ werden; der angekündigte Gesetzentwurf ist nur ein solcher „über die allgemeine Landesverwaltung und die Zuständig⸗ keit der Verwaltungs⸗ und Verwaltungsgerichtsbehörden“ in der Provinz Posen; er soll nur die „Organisation der Staatsverwaltung auf diesem Gebiet für den ganzen Umfang der Monarchie dem Ab schluß entgegenführen.“ Wir haben diese Angelegenheit jüngst des Näheren, erörtert; es muß abgewartet werden, wie die anscheinend beschlossene Beschränkung auf einen Theil der zu lösenden Aufgab begründet wird.
Der ersten Session der neuen Legislaturperiode werden, wie di Thronrede mit Recht sagt, wichtige Arbeiten — auch die Erweiterung und bessere Ausrüstung der Staatsbahnen ist darunter — obliegen Die meisten sind, insofern es sich um die Schaffung von Erleichte rungen und allseitig als solche betrachteter Verbesserungen handelt, angenehmer Natur, so daß der befriedigte Ton der Thronrede sich auch hieraus erklärt. An der Frage der Reform der direkten Steuern und in einer späteren Session an derjenigen der Reform der Landgemeinde Ordnungen aber wird sich zu zeigen haben, ob die aus den Neuwahlen wiedergekehrte Zusammensetzung des Abgeordnetenhauses unter der Füh rung der Regierung auch schwierigeren Aufgaben gewachsen ist. Denn da hier Schwierigkeiten zu überwinden sind, welche insbesondere als Prüfstein für die dauernde Möglichkeit des Zusammenwirkens der ge mäßigten Liberalen und der Konservativen sich erweisen können, ist unverkennbar. Hier liegt desbalb auch die Eventualität einer Rück wirkung des Ganges der Dinge in Preußen auf die Reichspolitik Wir hoffen, daß eine Entwickelung der inneren preußischen Politi zu erreichen ist, welche diese Rückwirkung zu einer guünstigen macht In erster Reihe wird dazu ein Verhalten der konservativen Fraktion des Abgeordnetenhauses erforderlich sein, welches sich von dem de letzten Wochen der vorigen Legislaturperiode zu seinem Vortheil unterscheidet.
— Die „Deutsche illustrirte Gewerbezeitung“
gt:
Niemand hat es Neujahr 1888 geahnt, daß Neujahr 1889 de Enkel des damaligen Kaisers den Thron bestiegen haben würde.
Es ist nicht die Auf abe dieser Blätter, Fragen der Politik z diskutiren, es ist vielmehr ihre Aufgabe, sich solcher Diskussione möglichst zu enthalten. Aber es wäre unnatürlich und unwahr wollten wir das, was die Thronbesteigung Wilhelm's II. für da deutsche Volk und damit zugleich für Deutschlands nationalen Ge “ bedeutete, als außerhalb unserer Neujahrsbetrachtung liegend ehandeln.
Drei Thatsachen sind es, welche wir an dieser Etappe der schnell rollenden Zeitgeschichte dem Gedächtniß so tief als möglich einzugrabe für nöthig halten, drei Thatsachen, die unseres jungen Kaisers Regimen schärfer charakterisiren, als jahrelanges Herrschen dies bei andern Mo narchen gethan hat. Der Zeit nach zuerst in die Erscheinung tra sein Verhältniß zu dem treuesten Diener des Vaterlands, zu dem größte Manne Deutschlands, dem Mitbegründer des Reichs und bisherige Träger der machtvollen Friedenspolitik desselben, dem Rei kanzler Fürsten von Bismarck. Als zweite Thatsache von höchste Bedeutung registriren wir jenen erhabenen Akt, durch welchen da Verhältniß des jungen Kaisers zu den Fürsten Deutschlands ir sprechendster Weise zum Ausdruck gebracht wurde bei Gelegenheit de ersten Eröffnung des Reichstages durch Kaiser Wilhelm II. Als dritt Thatsache endlich das Verhältniß zu den Bundesgenossen des Reichs. In diesen drei Thatsachen ist der vollgültige Antritt des Erbes zum Ausdruck gebracht worden, der verantwortungsvollen Hinterlassenschaft, die wir vor Jahresfrist in der Hand des damaligen Kaiserlichen Ober⸗ hauptes des Deutschen Reichs empfanden und priesen als die sicherste, als die einzige Gewähr für den Frieden Europas, für den Frieden Deut chlands nach Außen und im Innern.
Und was es für des deutschen Volks Gedeihen bedeutet, daß der junge Monorch seines greisen Großvaters Erbschaft voll und ganz angetreten, daß er in unzweideutigster Weise kund gethan hat, wie er nicht rütteln lassen will an der Machtstellung, die seine großen Vorfahren mit Hülfe ihrer patriotischen Diener dem Reich und dem Kaiserthron verliehen, was diese Thatsache für uns bedeutet, daran können in Deutschland nur Narren oder Lügner zweifeln oder zu zweiseln vorgeben. Wer das letzte Jahrzehnt nicht verschlafen hat, der weiß, wie unumgänglich nothwendig heute eine starke Staats⸗ und Reichsgewalt ist, der weiß, daß nur eine unantastbare kräftige Machtstellung der Staatsgewalt nach außen und innen Gefahren abwenden kann, welche unsere nationale Gesellschaft mit Ver⸗ nichtung bedrohen. Der Ernst der Zeit war uns vor Jahresfrist so klar vor Augen, wie er es uns heute ist, und er ist uns heute nicht weniger klar als damals Aber daß wir in solch ernsten Zeitläuften die politischen Ereignisse des Jahres 1888 durchleben konnten, ohne daß der Ernst der Zeit zum nationalen Unglück wurde, daß wir den jungen Kaiser zu Neujahr 1889 nicht minder als die starke Stütze des Friedens nach außen und innen begrüßen können, wie wir Neujahr 1888 den greisen Begründer des Deutschen Reichs als Friedensfürsten priesen, das ist ein Glück, zu dem alles, was Kopf und Herz hat, in deutschen Landen sich aufrichtig gratuliren darf und soll. Und die Freude an diesem Facit des Jahres 1888 soll uns auch die kleine Schaar der — hoffent⸗ lich mehr närrischen als böewilligen — deutschen Landsleute nicht stören, die von den Ereignissen des vergangenen Jahres das Gegen⸗ theil erhofften, den Bruch mit der Hinterlassenschaft Wilhelm's I.
Und hat das Gewerbe das Gute, was wir an den CEreignissen des Jahres 1888 rühmen zu sollen glauben, bereits als gut empfunden?
Man braucht kein Optimist zu sein, um diese Frage bestimmt mit ja beantworten zu können. So traurig⸗ernst die äußere politische Lage immer noch ist, so wenig die sozialen Verhältnisse im Innern noch immer befriedigen, so berechtigt auf unendlich vielen Gebieten des Handels und Wandels auch heute noch geklagt wird, das wird bei einem Rückblick ins vergangene Jahr doch schwerlich Jemand leugnen können, daß fast auf allen an sich lebens⸗ fähigen Gebieten der gewerblichen Arbeit ein Wiederaufleben der Unternehmungslust sich zu zeigen beginnt. Wir sind wenig erbaut von der neuen durchaus nicht verbesserten Auflage der sogenannten Gründungsperiode, welche in einem gewissen Sinne in der zweiten Hälfte des Vorjahres den industriellen Unternehmungen für zufriedene Privatinhaber den Segen unzufriedener Aktiengesellschaften aufzu⸗ drängen sich bemühte, aber die symptomatische Bedeutung dieses lang entbehrten Vertrauens des Kapitals zur Industrie ist immerhin nicht zu unterschätzen. Eine viel reinere Freude freilich können wir an dem überaus häufig sichtbar gewordenen Streben nach Ausdehnung der Produktion bei leidlichen Preisen, an der ganz erheblichen Steigerung der Güterbewegungen zu Land und Wasser und einer Reihe weiterer Symptome regeren industriellen und kommerziellen Lebens haben. Wir wünschen von
8
Gesundung der Landwirthschaft zu den
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ganzem Herzen, daß die trotz der unverändert ernsten politischen Lage
eingetretene Belebung der gewerblichen Unternehmungslust gesunde Fruͤchte tragen und, gemäßigt durch die in längeren bitteren Jahren elernte Vorsicht, dem Jahre 1889 eine günstige Schlußbilanz ver⸗ schaffen möge. 3 8 Wie wir wiederholt betont haben, gehört die fortschreitende Dingen, die wir dem deulschen Gewerbestand am dringendsten wünschen. Auch auf diesem Gebiet dürfte die Heilung der Schaͤden nicht unerfreulich fortgeschritten sein,
8 wenn auch die erträumten Schätze, welche die Nahrungsmittelzölle
bbringen sollten, ausgeblieben sind.
Erhöhte Preise wollen wir den landwirthschaftlichen Produkten von Herzen gönnen, sie werden, wenn auch ihre Dauer immer nur eine kurze sein dürfte, die Ueberwindung des Nothstandes vielen tüchtigen wirthschaftlichen Existenzen erleichtern. Von hoher Bedeutung verspricht im Jahre 1889. zunächst die deutsche Kolonisationsfrage zu werden. So wenig wir eine aben⸗ teuernde Konquistadorenpolitik dem Deutschen Reich wünschen, so wünschen wir doch andererseits, daß die ebenso unwürdigeals unpatrio⸗ tische Schadenfreude, welche die nhänger einseitiger Parteidoktrinen über die ganz natürlichen Mühen und Beschwerden der deutschen Kolonifationsversuche zu äußern für den Ausfluß besonderer politischer Weisheit und angeblicher Unabhängigkeit bewundert wissen wollen, im neuen Jahre endlich aufböre, die deutsche Presse zu verunzieren. Es wäre eine frivole, unverantwortliche Thorheit, wollte man das Deutsche Reich veranlassen, das auf diesem Gebiet Errungene und zu Erringende jenen unbelehrbaren Nörglern zu Liebe zum Opfer zu bringen. Die erprobte Weisheit der verbündeten Regierungen giebt die Bürgschaft dafür, daß dieser für die Enkel gesäeten wirthschaftlichen Saat in richtiger Weise der politische Schutz nicht fehlen wird. 8 Auch auf sozialpolitischem Gebiet hat Kaiser Wilhelm II. die Erbschaft seines erhabenen Großvaters voll angetreten. Wir haben den Segen der Unfall⸗ und Krankenversicherung für weite Kreise der arbeitenden Bevölkerung schon am Schluß des Vorjahres rückhaltlos anerkannt und wir hoffen, daß auch für die Alters⸗ und Invaliditäts⸗ versicherung Formen sich werden finden lassen, welche die Leistung im Verhältniß zu den zu bringenden Opfern günstig gestalten. Die Bereitwilligkeit der Arbeitgeber, das Reich bei seinen sozialpolitischen Versuchen zu unterstützen, gereicht dem deutschen Gewerbestand zu hoher Ehre und berechtigt zu der Annahme, daß in ihm das Bewußt⸗ fein der Pflichten der Humanität, die wahre christliche Nächstenliebe noch nicht in dem Maße den egoistischen Lehren dns Materialismus ewichen sind, wie dies von den Aposteln der unheilbaren Unzufrieden⸗ heit fortdauernd behauptet wird. Möge der deutsche Arbeiterstand endlich etwas mehr Verständniß für die Inhaltslosiskeit der Hetzereien wie der Versprechungen jener Apostel gewinnen. 8 Wir stehen am Ende eines tiefernsten Abschnitts unserer Zeitgeschichte. Die Wolken ringsum am Horizont sind noch nicht gewichen. Aber freuen wir uns, daß die Kräfte, die bisher unseren Frieden zu wahren verstanden, nicht zu Grabe getragen sind, sondern zielbewußt und unerschrocken auf der Wacht stehen. Möge es unserem jugendlichen Kaiser beschieden sein, noch recht reiche Friedenslorbeeren zu ernten, ehe er gezwungen ist, für Deutschlands Frieden das Schwert zu ziehen. Rufen wir ihm heute als ersten Neusahrsgruß zu: Deutschlands Gewerbe allezeit für Kaiser und Reich!
— Ueber ländliche Genossenschaften äußert die „‚Danziger Allgemeine Zeitung“: b 8
Wenn das dem Reichstage vorgelegte neue Genossenschaftsgesetz — wozu gute Aussichten vorhanden sind — in Kraft tritt, wird 1o das ländliche Genossenschaftswesen erheblich gefördert werden.
Schon jetzt hat das Genossenschaftswesen auf dem Lande vielfach Anwendung gefunden. Darlehnskassen⸗Vereine zur Befriedigung des Kreditbedürfnisses der bäuerlichen Bevölkerung, landwirthschaftliche Konsumvereine zum gemeinsamen Bezug der Bedürfnisse an Kunstdünger, Saatgut, Viebfutter und dergleichen, Genossenschaften zur Beschaffung landwirthschaftlicher Maschinen und Geräthe oder zum gemeinsamen Halten von Zuchtvieh, Produktiv⸗ und Magazinvereine, wie nament⸗ lich Molkerei⸗, Winzer⸗ und Hopfenbau⸗Genossenschaften u. s. w. zeigen die Mannigfoltigkeit der Zwecke, welche auf dem Gebiet der landwirthschaftlichen Interessen durch die genossenschaftliche Vereinigung verfolgt werden. Die Wirksamkeit der Vereine hat namentlich durch die Pflege des Personalkredits in einzelnen Gegenden Deutschlands eine merkbare Besserung in der Lage der bäuerlichen Bevölkerung herbei⸗ geführt. Insbesondere haben die Raiffeisen'schen Kassenvereine schon vielfach günstig gewirkt. Dieselben bezwecken. durch Gewährung eines ziemlich langfristigen Kredits den theilweise verarmten und von Wucherern bedrängten ileinen Landbesitzern aufzuhelfen. Desgleichen wird der sittlichen und gemeinnützigen Seite des Vereinszwecks ein besonderer Ausdruck darin gegeben, daß die Stellen in Vorstand und Aufsichtsrath der Regel nach als Ehrenämter unentgeltlich von den angesehenen und gebildeteren Einwohnern des Bezirks. nicht selten von den Pfarrern, bekleidet werden. Die Bezirke umfassen selten mehr als eine Gemeinde oder eine aus mehreren Gemeinden beste⸗ hende Pfarrei. 1“
Aber trotz aller guten Erfolge sind diese Vereine ebenso wie die übrigen ländlichen Genossenschaften in Ansehung der großen Zahl der ländlichen Bevölkerung noch nicht genügend verbreitet; besonders im Osten haben die Raiffeisen'schen Vereine noch keine genügende Ver⸗ breitung gefunden. Dasselbe gilt auch von den anderen Genossen⸗ schaften. Das Hinderniß bestand eben in der bisher gesetzlichen unbe⸗ schränkten Haftpflicht aller Genossen. Da Jeder nicht nur mit seinem Einschuß oder mit einem bestimmt begrenzten Theil seines Ver⸗ mögens, sondern mit dem gesammten Vermögen für die Ge⸗ nossenschaft haften mußte, war es nur zu erklärlich, daß sich die Wohlhabenderen von der Betheiligung fern hielten: denn wenn eine Genossenschaft bankeroit macht, würde der Wohlhabende unter Um⸗ ständen sein ganzes Privatvermögen, jedenfalls also unverhältnißmäßig viel mehr verlieren, als der minder Wohlhabende, obwohl er doch die⸗ selben Rechte wie dieser in der Genossenschaft hat und unter denselben Bedingungen eingetreten ist. Bei einer so erheblichen Verschiedenheit der Vermögen, wie sie gerade unter den ländlichen Besitzern besteht, war die unbeschränkte Haftpflicht für die Wohlhabenderen ein Abschreckungs⸗ mittel, einer Genossenschaft beizutreten. Erst die Einführung der be⸗ schränkten Haftpflicht kann die im Interesse der minder Wohlhabenden so wünschenswerthe Betheiligung der Wohlhabenden und Gebildeten ermöglichen: denn wenn eine Genossenschaft fallirt, so kann der Reiche es wohl verschmerzen, wenn er einen Theil seines Vermögens ver⸗ liert, nicht aber, wenn er selbst vollständig bankerott wird.
Wie nothwendig die Betheiligung der wohlhabenden und gebil⸗ deten Elemente ist, ersieht man daraus, daß in dielen Gegenden bäuerliche Genossenschaften ohne diese bisher nicht im Stande gewesen sind, sich für ihr Gewerbe diejenigen Produktionsbedingungen zu schaffen, welche bei der großen Konkurrenz des Auslandes heut zu Tage eradezu unentbehrlich sind. Das neue Gesetz soll und dann diese Verhältnisse bessern helfen. Man darf bei dem wachsenden Bedürfniß nach genossenschaftlichem Zusammenwirken er⸗ warten, daß sich auf Grund des neuen Gesetzes das Genossenschafts⸗ wesen 8 g in noch höherem Maße als ein wirksames Mittel für die Erhaltung und Staͤrkung des kleinen und mittleren Bauernstandes erweisen wird, als dies bisher der Fall war.
Centralblatt der Abgaben⸗Gesetzgebung und Ver⸗ waltung in den Köhniglich preußischen Staaten. Nr. 1. — Inhalt: Anzeige der in der Gesetz⸗Sammlung und im Reichs⸗Gesetzblatte erschienenen Gesetze und Verordnungen. — All⸗ gemeine Verwaltungsgegenstände: Veränderungen in dem Stande und in den Befugnissen der Zoll⸗ und Steuerstellen. — Indirekte Steuernz: Erkenntniß des Reichsgerichts. Das Innehalten des im Zollausweise bezeichneten Weges umfaßt auch den Anfangsort. — Tarifirung von
Glasknöpfen. — Personalnachrichten. .
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Eisenbahn⸗Verordnungs⸗Blatt. Nr. 1. — Inbalt: Erlaß des Ministers der öffentlichen Arbeiten: vom 3. Januar 1889, betr. Aufstellung der Etatsentwürfe. 1 —
Nr. 2. — Inhalt: Erlasse des Ministers der öffentlichen Arbeiten: vom 3. Januar 1889, betr. Berechnung der Kosten für die Unter⸗ haltung der für Postzwecke in Eisenbahnwagen eingerichteten Ab⸗ theilungen; vom 3 Vannar 1889, betr. Aenderung der Vorschriften für die gemeinschaftliche Wagenbenutzung der Staatsbahnen ꝛc.; vom 4. Januar 1889, betr. Bildung der Bezirkseisenbahnräthe: vom 4. Januar 1889, betr. Einstellung von Coupés für Nicht⸗ raucher in die Personenzüge; vom 6. Januar 1889, betr. Zeit⸗ karten zum Besuch von Schwimmanstalten. — Nachrichten.
Etatistische Nachrichten.
Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Ges und⸗ heitsamts sind in der Zeit vom 30. Dezember a. pr. bis 5. Januar cr. von je 1000 Bewohnern, auf den Jahresdurchschnitt berechnet, als
estorben gemeldet: in Berlin 20,7, in Breslau 20,9, in Königs⸗ erg 24,9, in Köln 22,3, in Feaee a. M. 20,2, in Wiesbaden 16,7, in Hannover 21,6, in Kassel 17,5, in Magdeburg 22,2, in Steitin 33,6, in Altona 20,0, in Straßburg 18,6, in Metz 33,2, in Muͤnchen 30,1, in Nürnberg 23,5, in Augsburg 29,3, in Dresden 15,4, in Leipzig 13,2, in Stuttgart 17,0, in Karlsruhe 15,6, in Braun⸗ schweig 27,6, in Hamburg 24,3, in Wien 25,8, in Pest 26,5, in Pe⸗ 36,1, in Triest 29,3, in Krakau 19,6, in Amsterdam 24,0, in
rüssel 25,0, in Paris 22,3, in Basel —, in London 21,4, in Glasgow 28,5, in Liverpool 29,6, in Dublin 31,3, in Edinburg 16,8, in Kopenhagen 19,1, in Stockholm 17,6, in Christiania 20,6, in St. Petersburg 27,0, in Warschau —, in Odessa —, in Turin —, in Rom —, in Venedig 26,3, in Alexandria 40,4. — Ferner in der Zeit vom 9. bis 15. Dezember v. J. in New⸗York 23,9, in Philadelphia 17,0, in Baltimore 19,5, in Kalkutta —, in Bombay 24,0, in Madras 38,7, 1
Die Sterblichkeitsverhältnisse blieben im Allgemeinen auch in dieser Berichtswoche in den meisten Großstädten Europas günstige, obgleich aus einer Minderzahl etwas höhere Sterblichkeitsziffern mit⸗ getheilt werden als in der vorangegangenen Woche. Einer sehr gün⸗ stigen Sterblichkeit (bis 15,0 pr. Mille und Jahr) erfreute sich Leipzig. Günstig (bis 20,0 pr. M. u. J.) war jedoch die Sterblichkeit auch in Wiesbaden, Dresden, Bremen, Stuttgart, Straßburg, Mainz, Karls⸗ ruhe, Kassel. Altona, Krakau, Kopenhagen, Stockholm, Edinburg. Mäßig hoch (etwas über 20,0 pr. M.) in Berlin, Breslau, Frankfurt a. M., Hannover, Barmen, Elberfeld, Aachen, London, Christiania u. a. Ünter den Todesursachen haben Darmkatarrhe und Brechdurchfälle der Kinder im Ganzen nur wenig Todesfälle hervorgerufen. Ge⸗ steigert waren diese Krankheitsformen nur in Berlin und Pest. Die Theilnahme des Säuglingsalters an der Gesammtsterblichkeit war im Algemeinen eine geringere, in Berlin fast die gleich hohe, als in der Vorwoche. Von je 10 000 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, in Berlin 71, in München 90 Säuglinge. — Dagegen kamen akute Entzündungen der Athmungsorgane zahlreich zum Vorschein und führten auch in einer großen Zahl von Fällen zum Tode. — Unter den In⸗ fektionskrankheiten haben Masern, typhöse Fieber und Pocken vielfach weriger, Scharlach, Diphtherie und Keuchhusten dagegen mehr Todes⸗ fälle veranlaßt als in der Vorwoche. — So haben Sterbefälle an Masern in Berlin, Köln. Magdeburg, London, Liverpool abge⸗ nommen, während sie in München, Düsseldorf, Stettin, Brüssel, Amsterdam, Paris zahlreicher wurden. Neue Erkrankungen wurden jedoch aus den meisten Orten, aus denen Berichte vorliegen, in grö⸗ ßerer Zahl mitgetheilt. — Das zcharlachfieber hat in Danzig, London, Liverpool mehr, in München und Wien weniger Sterbefälle veranlaßt. Erkrankungen wurden aus den meisten Orten weniger, nur aus Breslau, Hamburg, Nürnberg etwas zahl⸗ reicher als in der vorangegangenen Woche gemeldet. — Die Sterblich⸗ keit an Diphtherie und Crsup war in Berlin, Breslau, München, Dresden, Leipzig, Halle, Danzig, Wien, Pest eine geringere. dagegen in Hamburg, Köln, Frankfurt a. M., Hannover, Stettin, Nürnberg, Braunschweig, Prag, Kopenhagen, London Paris. Lyvon, St. Petersburg eine größere als in der vorangegangenen Woche. Erkrankungen kamen in Berlin, dem Regierungsbezirk Schleswig, in Kovenhagen, Stockholm, St. Petersburg in geringerer, dagegen in Breslau, Hamburg, Nürnberg, in dem Regierungsbezirk Düsseldor⸗, ferner in Wien, Pest, Christiania in gegen die Vorwoche gesteigerter Zahl zur Anzeige. — Der Unter⸗ reibstyphus wurde in London, Pest, St. Petersburg etwas häufiger Todesveranlassung. Erkrankungen haben in fast allen Berichtsstädten, aus denen Mittheilungen vorliegen, abgenom⸗ men. An Flecktyphus kamen aus St. Petersburg 1 Todes⸗ fall, aus dem Regierungsbezirk Aurich 4, aus Edinburg 1, aus St. Petersburg 2 Erkrankungen zur Berichterstattung —, Aus Nürn⸗ berg wird eine Erkrankung an epidemischer Genickstarre ge⸗ meldet. Rosenartige Entzündungen des Zellgewebes der Haut haben in Wien zahlreichere Erkrankungen hervorgerufen. — Der Keuchhusten hat in Berlin, Köln, London, Liverpool, St. Petersburg mehr Opfer gefordert, auch die Zahl der mitgetheilten Erkrankungen war in Hamburg und Nürnberg eine größere. — Den Pocken erlagen in Paris 3, in Triest 4, in Prag 24 Personen. 1 Erkrankungen wurden aus St. Petersburg 1, aus Pest 5 be⸗ richtet.
Die Gesundheitsverhältnisse in Berlin blieben in der Berichts⸗ woche ähnlich günstige wie in der vorangegangenen Woche und auch die Sterblichkeit zeigte keine wesentliche Veränderung. Unter den Todesursachen war das Vorkommen der Infektions⸗Krankheiten meist
ein geringeres als in der Vorwoche; nur Erkrankungen an Masern,
die besonders auf dem Wedding, im Stralauer Viertel und in der Schöneberger Vorstadt größere Ausdehnung gewonnen haben, kamen zahlreicher zur Anzeige. Erkrankungen an Scharlach und Diphtherie, von denen erstere im Stralauer Viertel, letztere in der jenseitigen I am meisten zum Vorschein kamen, waren seltener, auch Erkrankungen an typhösen Fiebern, an Kindbettfieber und an rosen⸗ artigen Entzündungen des Zellgewebes der Haut wurden seltener zur Anzeige gebracht. Weitere Erkrankungen an epidemischer Genickstarre sind nicht bekannt geworden. Erkrankungen an Keuchbusten waren zahlreich, die Zahl der durch sie bedingten Sterbefälle nicht kleiner als in der Vorwoche. Darmkatarrhe und Brechdurchfälle der Kinder kamen etwas häufiger zum Vorschein und veranlaßten auch etwas mehr Sterbefälle. Akute Entzündungen der Athmungsorgane sowie rheu⸗ matische Beschwerden der Muskeln gelangten in großer Zahl zur ärztlichen Behandlung. 1
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Im Verlage von Leopold Voß, Hamburg und Leipzig, ver⸗ öffentlicht Zehep5 Sittard eine Reihe von „Studien und Charakteristiken“ aus der musikalischen Künstlerwelt; es sind Aufsätze kritischen Inhalts sowie sonstige das Gebiet der Musikgeschichte und Aesthetik streifende Abhandlungen und Besprechungen, doch nur solche, welche entweder ein bestimmtes historisches, ästhetisches und musikalisches Problem, sowie künstlerische Prinzipienfragen behandeln oder aber den Charakter und die Eigenart eines Künstlers in ein be⸗ stimmtes Licht rücken. Die einzelnen Aufsätze, welche zum größten Theil im Hamburger Korrespondenten erschienen sind, hat der Ver⸗ fasser bis auf die beiden Charakteristiken Bülow’'s und Brahms' ohne wesentliche Aenderungen in der ursprünglichen Anlage und Fassung, gerade wie sie unter dem unmittelbaren Eindruck des Gehörten oder Gelesenen entstanden sind, zum Wiederabdruck gebracht. Eine in manchen Frnithen wichtige Umgestaltung hat der Aufsatz: „Zum Don Juan⸗Jubiläum“ durch das von Chrysander soeben im dritten
eft der „Vierteljahrsschrift für EE veröffentlichte riginal⸗Textbuch zu Gazzanigas Don Giovanni erfahren. Von der Studie „Vom Volke“ erscheint der erste Theil
fahrenden
[Hermine von
11u.
hier zum ersten Male in dieser Fassans in Ausarbeitung. Das zusammengestellte Material ist auf drei Bände vertheilt worden, so daß ein jeder Band ein abgeschlossenes Ganzes bildet. Der erste ist betitelt: „Bunte Blätter“ und enthält folgende Auffätze: Vom fahrenden Volke. I. Fahrende Leute in Deutschland. II. Jong⸗ leurs und Menestrels. — Bayreuther Briefe. — Die Musik als Ausdruck. — Ein neues Buch von Ed. Hanslick. — Die nordischen Volksmärchen. — Musikerbriefe aus fünf Jahrhunderten. — Zur Geschichte des Tanzes in Deutschland. — Das Theater und Drama der Chinesen. — Eine neue Dramaturgie der Oper. — Eine neue Klaviatur von Paul von Jankö. — Das Eselsfest in Frankreich. — Band II. führt den Titel: „Künstler⸗Charakteristiken.“ „Aus dem Concertsaal“ und beschäftigt sich mit Wagner, Liszt, Rob. Schumann, Ferdinand David und der Familie Mendels⸗ sohn⸗Bartholdy, Hans von Bülow, Marcella Sembrich, Herm. Winkelmann, Eduard Marxsen, Johannes Brahms. Der Abschnitt „Aus dem Concertsaal“ handelt von einer neuen Symphonie von Rubin⸗ stein, von Bruch's Achilleus, von der Symphonie des Prinzen Reuß, Peter Tscharkowskv als Orchester⸗Komponist, Anton Bruck⸗ ner's siebenter Sympbonie, Arnold Krug's Concert⸗Epos „Sigurd“. In Band III. bietet uns Joseph Sittard Aufsätze über alte und neue Opern, W Gedenktage und Aphorismen. Alle Diejenigen, welche Verstaͤndniß und Interesse für die Schöpfungen der Tonkunst und deren Jünger haben, werden in den Sittard'schen Studien eine Fülle von Anregung und Belehrung finden. 6 — Die Nr. 1 Jahrgangs 1889 von „Schorer's Familien⸗ blatt“ (red. von Dr. Franz Hirsch, Berlin) hat folgenden Inhalt: Hofluft. Roman von Nataly von Eschstruth. — Die Schenke zu den zwei Lilien. Gedicht von Ludwig Soyaux. Mit einer 2— zeichnung von W. Weimar. — Fern von Madrid. Eine Erzählung aus dem österreichischen Kleinstadtleben. Von F. von Kapff Essenther. — Der Choral von Leuthen. Gedicht von Franz Hirsch Zu dem doppelseitigen Kunstblatt. — Kinderleben auf der orfgasse. Von Hillern. Mit 7 Originalzeichnungen von Hugo Kauff⸗ mann. — Der Schelm aus den Alpen. Lustige Geschichten. vor⸗ und nacherzählt von P. K. Rosegger. — Unsere Künstler. Mit Porträt von Arthur Kampf. — Kleinigkeiten. Von Johannes Trojan. — lauderecke. — Beilage. — Kunstblätter: Nun danket alle Gott! er Choral nach der Schlacht bei Leuthen. Nach einer Skizze zu dem Freskogemälde von Arthur Kampf. — Maria. Nach dem Ge⸗ mälde von Casimir Tomba. — Die Schenke zu den zwei Lilien. Originalzeichnung von W. Weimar. “
Gewerbe und Handel.
Im Verlage von Leonhard Simion in Berlin bat der Re⸗ dacteur Julius Basch eine Broschüre unter dem Titel „Wirth⸗ schaftliche Weltlage“ erscheinen lassen, in welcher er einen Rück⸗ blick auf die wirthschaftliche Entwicklung während des Jahres 1888 und die Einleitung zu einem solchen über das Jahr 1887, wie sie in der „Nat.⸗Ztg.“ erschienen sind, zusammenstellt. Es darf an dieser Stelle auf diese Arbeit besonders hingewiesen werden, weil sie in der Einleitung eine nationalökonomische Studie enthält, welche, für sich allein betrachtet, über den gewöhnlichen Rahmen von Zeitungsberichten hinaus interessant und literarisch werthvoll ist und in ihrem weiteren Verlauf ein umfangreiches statistisches Material zusammenträgt, welches zur Beleuchtung der Bewegungen und Entwicklungen auf dem deut⸗ schen Wirthschaftsgebiet, auch in seinen internationalen Beziehungen besonders geeignet ist und alle Faktoren, welche auf den Wohlstand einer Nation von Einfluß sind, beinahe erschöpfend behandelt. So findet man kurze Darstellungen über die Veränderungen der Staats⸗ finanzen, über Einfuhr und Ausfuhr der hauptsächlich in Betracht kommenden europäischen Staaten und eine eingehende Betrachtung über den Geldmarkt, die im Besonderen wieder in den Nachweisen über die Bewegung der Zinsraten, der Wechselcourse und der ver⸗ gleichenden Preistabellen für Metalle und Rohprodukte gipfelt. Die angefügten Bemerkungen über die wirthschaftliche Entwicklung im Jahr 1887 gewinnen einen Werth durch die engen Beziehungen, in denen naturgemäß die wirthschaftlichen Gestaltungen zweier auf ein⸗ ander folgender Zeitabschnitte stehen. 1
— Dem Rechenschaftsbericht der Stärke⸗Zucker⸗Fabrik Aktien⸗Gesellschaft vormals C. A. Koehlmann u. Co. in Frankfurt a. O., Schneidemühl und Fürstenwalde für das Ge⸗ schaͤftsjahr vom 1. Oktober 1887 bis 30. September 1888 sind folgende Mittheilungen entnommen: Die Kartoffelernte des Jahres 1887 war geringer ausgefallen als diejenige des Vor⸗ jahres. In Folge dessen gingen die Preise für Rohmaterial um 25 % in die Höhe. In dem ersten Vierteljahr fanden die Fabrikate bei entsprechenden Preisen guten Absatz; später wirkten politische Beunruhigungen und billige Rübenzucker⸗ und Getreide⸗ preise etwas lähmend auf das Geschäft ein. Trotzdem kann den Aktionären die Vertheilung einer Dividende von 12 ½ % vorgeschlagen werden und nach reichlichen Abschreibungen in Höhe von 51 384 ℳ und Deckung sämmtlicher Reparaturkosten aus den Erträgen des Be⸗ triebes von 76 014 ℳ ermöglicht es der günstige Abschluß, den Re⸗ servefonds auf die volle statutenmäßige Höhe zu bringen. In der diesjährigen Bilanz stellen sich nach den Abschreibungen: das Grund⸗ stück ⸗Conto auf 180 000 ℳ, das Gebäude⸗Conto auf 427 000 ℳ, das Maschinen⸗Conto auf 204 000 ℳ, das Fabrik⸗Utensilien⸗ Conto auf 15 500 ℳ, das Pferd⸗ und Wagen⸗Conto auf 3500 ℳ, so daß diese Conten noch mit im Ganzen 830000 ℳ zu Buch stehen. Das Conto⸗Corrent⸗Conto weist Außenstände nach in Höhe von 928 475 ℳ, worin ein zu jeder Zeit verfügbares Guthaben von 467 230 ℳ bei der Deutschen Bank enthalten ist, das Wechsel⸗Conto einen Wechselbestand von 385 751 ℳ, das Cassa⸗Conto einen Baar⸗ bestand von 48 759 ℳ, das General⸗Waaren⸗Conto vorhandene Waarenbestände im Werthe von 248 144 ℳ Von dem Reingewinn in Höhe von 327 728 ℳ werden 225 000 ℳ = 12 ½ % Dividende zur Vertheilung vom Aufsichtsrath vorgeschlagen; dem Reser fonds wurden 52 000 ℳ zugeschrieben, so daß derselbe den im Statut vorgesehenen Maximalbetrag von 20 % des det ferhthee —= 360 000 ℳ erreicht hat; 5 % erhält als Tantième der Aufsich rath und 10 % werden an den Vorstand und die Beamten vertheilt es bleiben somit noch 1 570 ℳ auf neue Rechnung vorzutragen. Die Generalversammlung genehmigte die Anträge des Vorstandes.
London, 14. Januar. (W. T. B.) An der Küste 1 Weizen⸗ ladung angeboten.
Glasgow, 14. Januar. (W. T. B.) Die Verschiffungen von Roheisen betrugen in der vorigen Woche 6100 Tons gegen 5700 Tons in derselben Woche des vorigen Jahres.
Bradford, 14. Januar. (W. T. B.) Wolle stetig, Moha wolle eher flauer; Garne ruhig, in Stoffen gutes Geschäft.
„St. Petersburg, 14. Januar. (W. T. B. Ziehung der russische Prämien⸗Anleihe von 1864: 200 000 Rbl. Nr. 14 Ser. 12119 75 000 Rbl. Nr. 7 Ser. 10499, 40 000 Rbl. Nr. 7 Ser. 16397 25 000 Rbl. Nr. 15 Ser. 10957, d. 10 000 Rbl. Nr. 33 Ser. 4192, Nr. 25 Ser. 16232, Nr. 47 Ser. 5811, je 8000 Rbl. Nr. 46 Ser. 2260, Nr. 1 Ser. 10653, Nr. 38 Ser. 3328, Nr. 2 Ser. 6663, Nr. 6 Ser. 10475, je 5000 Rbl. Nr. 18 Ser. 15456, Nr. 49 Ser. 16412, Nr. 5 Ser. 10758, Nr. 14 Ser. 3948, Nr. 14 Ser. 7943, Nr. 33 Ser. 12303, Nr. 41 Ser. 9035, Nr. 4 Ser. 1091, je 1000 Rbl. Nr. 15 Ser. 2898, Nr. 25 Ser. 11894, Nr. 7 Ser. 14744, Nr. 2 Ser. 8023, Nr. 5 Ser. 13777, Nr. 31 Ser. 5869, Nr. 1 Ser. 9208, Nr. 20 Ser, 12943, Nr. 17 Ser. 14689, Nr. 17 Ser. 2748, Nr. 32 Ser. 15812, Nr. 33 Ser. 839, Nr. 26 Ser. 9742, Nr. 21 Ser. 15650, Nr. 4 Ser. 4842, Nr. 19 Ser. 7638, Nr. 28 Ser. 9326, Nr. 28 Ser. 14918, Nr. 25 Ser. 18933, Nr. 30 Ser. 5193. Mailand, 14. Januar. (W. T. B.) Die Einnahmen des Italienischen Mittelmeer⸗Eisenbahnnetzes während der ersten Dekade des Monats Januar 1889 betrugen nach proviso⸗ rischer Ermittelung: im Personenverkehr 1 091 122 Lire, im Güterverkehr 1,/723 080 Lire, zusammen 2 814 202 Lire gegen 2 883 544 Lire in der gleichen Periode des Vorjahres, mithin weniger 69 342 Lire.
New⸗York, 14. Januar. (W. T. B) Visible Supply an Weizen 37 499 000 Bushels, do. an Mais 11 842 000 Bushels.