Hinneigung un Freundschaft auf den Enkel übertragen zu wollen. Bewegten Herzens erhebe Ich das Glas: Se. Durchlaucht der Fürst lebe Hoch! Hoch!! Hoch!!!
— Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Rechnungswesen und für Elsaß⸗Lothringen, die vereinigten Ausschüsse desselben für Zoll⸗ und Steuerwesen, für Justiz⸗ wesen und für Elsaß⸗Lothringen, sowie die vereinigten Aus⸗ Bäßfe für Justizwesen und für Elsaß⸗Lothringen hielten heute
Sitzungen.
— Der Schlußbericht über die gestrige Sitzun ee befindet sich in der Hen sien bes. enneg eilage.
— Auf der Tagesordnung der am Donnerstag, den 17. d. M., Nachmittags 1 Uhr, stattfindenden 21. Plenar⸗ itzung des Reichstages steht die zweite Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Feststellung des Reichs⸗ aushalts⸗Etats für das Etatsjahr 1889/90, und zwar folgende Spezial⸗Etats: a. Verwaltung der Eisenbahnen, b. Etat der Reichs⸗Post⸗ und Telegraphenverwaltung, c. Etat der Reichs⸗ ruckerei, d. Reichsamt des Innern, e. Reichs⸗Justizverwaltung, .Verwaltung des Reichsheeres, g. Reichs⸗Schatzamt.
— In der heutigen (2.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Vize⸗Präsident des Staats⸗ Kinisteriums, von Boetticher, der Finanz⸗Minister, Dr. von Scholz, und der Minister des Innern, Herrfarth, nebst mehreren Kommissarien beiwohnten, führte zunächst der Alters⸗Präsident Dr. Reichensperger den Vorsitz.
Derselbe machte Mittheilung von der Konstituirung der Abtheilungen und den für vorläufig gültig erklärten Wahlen.
Auf der Tagesordnung stand die Wahl des Präsidenten, der beiden Vize⸗Präsidenten und der Schriftführer.
Auf Antrag des Abg. Stengel wurde zunächst der Abg. von Köller durch Zuruß zum Ersten Präsidenten gewählt. Derselbe nahm mit einigen Worten des Dankes die Wahl an und übernahm das Präsidium.
Auf weiteren Antrag des Abg. Stengel wurde der Abg. Dr. Freiherr von Heereman zum Ersten, der Abg. von Benda zum Zweiten Vize⸗Präsidenten gewählt. Dieselben nahmen gleichfalls dankend die Wahl an.
Endlich erfolgte auch auf Antrag des Abg. Stengel die Wahl der Schriftführer: der Abgg. Barth, Bohtz, Czwalina,
merelhe Mithoff, von Rehdiger, Sperlich und Vopelius, durch
uruf.
Der Präsident wird Sr. Majestät dem Kaiser und König von der Konstituirung des Hauses die vorgeschriebene Mittheilung machen.
Das Haus drückte darauf dem Alters⸗Präsidenten Abg. Dr. Reichensperger den Dank für die bisherige Leitung der Geschäste durch Erheben von den Sitzen aus.
Bei Schluß des Blattes nahm der Finanz⸗Minister Dr. von Scholz das Wort zur Einbringung des Etats und mehrerer mit demselben zusammenhängender Vorlagen.
— In einer Extra⸗Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗Anzeigers“ befindet sich eine vergleichende Ueber⸗ cht über die Ergebnisse der Wahlen der Mitglieder es Hauses der Abgeordneten für die 16. und 17. Legislaturperiode.
— Dem Hause der Abgeordneten ist der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Theilung des Re⸗ eee Schleswig, zugegangen. Derselbe autet:
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen ꝛc. verordnen, unter Zustimmung der beiden Haͤuser des Landtages der Monarchie, was folgt:
§. 1.
Die Kreise Oldenburg, Plön, Stadtkreis Kiel, Landkreis Kiel, Rendsburg, Norderdithmarschen, Süderdithmarschen, Steinburg, Segeberg, Stormarn, Pinneberg, Stadtkreis Altona und Herzogthum Lauenburg werden von dem Bezirk der Regierung zu Schleswig ge⸗ trennt. Für den diese Kreise umfassenden Bezirk tritt eine Regie⸗ rung mit dem Sitze zu Kiel in Wirksamkeit.
2
„Die Regierung zu Schleswig bleibt, bis zu einem durch König⸗ liche Verordnung zu bestimmenden Zeitpunkt, die Hinterlegungsstelle (Gesetz vom 14. März 1879, Gesetz⸗Samml. S. 249) auch für den Regierungsbezirk Kiel.
§. 3.
„Gegenwärtiges Gesetz tritt für die Provinz Schleswig⸗Holstein, gleichzeitig mit dem 18” über die allgemeine Landesverwaltung vom 30. Juli 1883, in Kraft.
In Beziehung auf die Zuständigkeit hinsichtlich der vor dem be⸗ treffenden Zeitpunkte bereits anhängig gemachten Sachen tritt für den Regierungsbezirk Kiel die Bezirksbehörde zu Kiel an die Stelle der Bezirksbehörde zu Schleswig.
Urkundlich ꝛc.
— Dem Hause der Abgeordneten ist der Bericht über die Ergebnisse des Betriebs der für Rechnung des preußischen Staats verwalteten Eisenbahnen im Betriebsjahr 1887/88 zugegangen. Nach demselben be⸗ trugen in dem genannten Jahre die Einnahmen: 1) der
ür Rechnung des Staats verwalteten Bahnen 732 130 427 ℳ 9 * das ist ein Ueberschuß gegenüber dem Etatsansatz von 50 559 921 ℳ 49 Z: 7 der JEee bei welchen der Staat betheiligt ist, 1 409 296 ℳ 88 Z, d. i. ein Ueberschuß von 7 136 ℳ 38 ₰; 3) die sonstigen Einnahmen betrugen 88 729 ℳ 42 ₰, d. i. ein Minus von 35 ℳ 58 Z. Die Summe der Ein⸗ nahmen beträgt 733 628 453 ℳ 69 J, die der Ausgaben 492 573 350 ℳ 69 ₰, sodaß sich ein Ueberschuß der Ein⸗ nahmen über die Ausgaben von 251 055 103 ℳ, gegen den Etat eine Mehreinnahme von 50 664 104 ℳ 44 ₰ ergiebt. Die Bahnlänge betrug insgesammt 22 466,22 km; der Gesammtbetrag des Anlagekapitals 6 004 785 601 ℳ — dies sind pro Kilometer Bahnlänge 267 281 ℳ Von
emden Verwaltungen sind gepachtet 337,93 km, in Mit⸗ etrieb genommen 5,32 km. Von den Gesammteinnahmen entsielen auf den Personenverkehr 25,3 Proz., auf den Güterverkehr 70,9 Proz., auf die sonstigen Einnahmen 3,8 Proz. Die Gesammtkosten der Unterhaltung der Bahnanlagen (mit Ausschluß größerer Erweiterungs⸗ und Ergänzungsbauten) betrugen: auf 1 km der unterhaltenen Strecken 1908 ℳ, auf 1 km Länge der unterhaltenen Geleise 1047 ℳ, auf 1000 Wagenachs Kilumeter aller Art 6 ℳ Die Unterhaltung der Telegraphen und Signalvorrich⸗ tungen ꝛc. betrug auf 1 km Länge der unterhaltenen Strecen
Güterwagen. Die G sammtheschaffungstosen sämmtlicher Be⸗ triebsmittel belaufen sich auf 1 019 216 152 ℳ Aus dem Be⸗ triebsfonds sind mehr beschafft als ausgeschieden: 1086 Loko⸗ motiven, 1397 Personenwagen, 446 Gepäckwagen, 16 746 Güter⸗ wagen. Ausgeschieden sind: 2026 Lokomotiven, 2216 Personen⸗ wagen, 543 Gepäckwagen, 21 647 Güterwagen; das sind in Summa für 175 424 216 ℳ ausrangirte Fahrbetriebsmittel. Auf Grund des Unfallversicherungsgesetzes sind an ver⸗ unglückte Personen bezw. deren Hinterbliebene an Unfall⸗ renten und Krankengeldbeiträge 333 883 ℳ, für Kosten des Heilverfahrens und der Beerdigung 40 360 ℳ gezahlt.
— Dem Hause der Abgeordneten ist ferner der Nachweis über die Verwendung des in dem Etat der Eisen⸗ bahnverwaltung für das Jahr 1887/88 unter Titel 42 der einmaligen und außerordentlichen Ausgaben vorgesehenen Dispositionsfonds von 1 500 000 ℳ zugegangen.
— — Die in einer öffentlichen Versammlung von Personen, die sonst keinen Verein unter einander bilden, gewählte Kommission, welche zur Ausführung der Versammlungs⸗
beschlüsse zusammentritt und dauernd zusammenwirkt, ist
nach einem Urtheil des Reichsgerichts, II. Strafsenats, vom 2. November v. J., als „Verein“ im Sinne des Preußischen Vereinsgesetzes vom 11. März 1850 zu erachten. Tritt diese Kommission mit anderen politischen Vereinen zu gemeinsamen politischen Zwecken in Verbindung, so machen sich die leitenden Mitglieder dieser Kommission und der mit ihnen in Verbindung stehenden Vereine dadurch straf⸗ bar, und es kann auf Auflösung dieser Kommission und der Vereine erkannt werden.
— Mehrere Weingutsbesitzer, welche in ihren Kellereien ausschließlich oder vorwiegend eigenes Gewächs behandeln und
rungen den gesammten Bestand der Keller räumen und in der Zwischenzeit Weine nicht verkaufen, hatten gegen die Aufnahme ihrer Kellereibetriebe in die Speditions⸗, Speicherei⸗ und Kel⸗ lerei⸗Berufsgenossenschaft Beschwerde geführt. Das Reichs⸗ Versicherungsamt hat diesen Beschwerden unter dem 28. Dezember v. J. (Nr. 645) mit der Begründung statt⸗ gegeben, daß die in Frage stehenden Kellereibetriebe nicht als gewerbliches Unternehmen, oder als Theil eines solchen, be⸗ ziehungsweise als ein Weinhandel, sondern lediglich als Fort⸗ setzung und Abschluß des Weinbaues anzusehen seien. Da diese Betriebe sich ausschließlich oder doch in der Hauptsache auf die weitere Pflege, Behandlung und Lagerung selbst⸗ gewonnener Rohprodukte erstrecken, so unterliegen dieselben in gleicher Weise, wie der Weinbau selbst, den Bestimmungen des landwirthschaftlichen Unfallversicherungsgesetzes vom 5. Mai 1886, und es findet auf sie das Ausdehnungsgesetz vom 28. Mai 1885 keine Anwendung.
Hessen. Darmstadt, 15. Januar. (Darmst. Ztg.) Der Erbgroßherzog und der Prinz Wilhelm Hessen begeben sich am 17. d. M. nach Berlin, behufs Ent⸗ öö der Investitur als Ritter des Schwarzen Adler⸗
rdens.
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 15. Januar. (Weim. 8ig. Der ärztliche Bericht über das Befinden der Erbgroßherzogin, vom 15. Januar, lautet:
„Kein Fieber. Puls langsamer, kräftiger. Schlaf etwas unruhig. Wenig Husten. Engelhardt.“
„Anhalt. Dessau, 14. Januar. (Anh. St.⸗A.) Der Fürst und die Fürstin von Schwarzburg⸗Sonders⸗ hausen sind heute Vormittag nach Sondershausen, die Her⸗ zoginnen Marie und Jutta von Mecklenburg⸗ Strelitz mit Gefolge heute Mittag nach Neu⸗Strelitz von hier abgereist.
Oesterreich⸗Ungarn. Pest, 14. Januar. (Prag. Ztg.) n der heutigen Sitzung des Adseweh ne brag. 29 prachen Ivanka, Stefan Tisza für, Horanszky, Balth und Horvath gegen die Wehrvorlage. Kinister Fejervary legte die finanziell geringfügigen Folgen der Vor⸗ lage dar und wies nach, daß die konstitulionellen Bedenken gegen den §. 14 unbegründet seien; derselbe bestimme engch dasselbe, was der bezügliche Paragraph des gegenwärtigen Gesetzes bestimme. Das Recht der Rekruten⸗ und Kostenbewilligung bleibe der Legislative unverändert er⸗ halten. Stefan Tisza polemisirte in glänzender Weise gegen die Opposition, welche, anstatt die Nation die Pflichterfüllung * lehren, nur deren Schwächen und Vorurtheilen schmeichle und ie zur Selbstüberschätzung verleite. Horvath erzielte durch die leb⸗ hafte Bekämpfung des §. 14, welcher der freiwilligen Auf⸗ opferung einer wesentlichen Verfassungsgarantie gleichkomme, stürmischen Beifall der Opposition. Die Interpretationszweifel der Opposition müßten mindestens durch eine klare Textirung des Paragraphen beseitigt werden.
Großbritannien und Irland. London, 15. Januar. (A. C.) Den bis jetzt getroffenen 113 zufolge tritt das Parlament am Donnerstag, den 21. Februar, zusammen. Ueber die neuen Vorlagen der Session liegen schon heute einige Angaben vor. Sir Michael Hicks⸗Beach, der Präsi⸗ dent des Handelsamts, erklärte in einer gestern an seine Wähler in Clifton gehaltenen Ansprache: die wichtigste Aufgabe der nächsten Session werde die sein, hinlängliche Fürsorge für die nationale Vertheidigung zu treffen.
Frankreich. Paris, 15. Januar. (W. T. B.) Die Regierung hat dem Gouverneur von Obokh Ver⸗ ha ltungsmaßregeln übersandt, nach welchen derselbe er⸗ mächtigt wird, keinerlei bewaffnete Haufen landen zu lassen. „In der heutigen Sitzung der Delegirtenkammer richtete Baudry d'Asson an die Reglerung eine An⸗ frage wegen der neuerlichen Unruhen bei den Wahl⸗ versammlungen. Der Minister⸗Präsident Floquet er⸗ widerte, wenn die Monarchie früher das Persammlungs⸗ recht gestattet hätte, so wäre das Land besser im Stande, dasselbe mit Ruhe zu handhaben. Die Regierung könne den Unordnungen nur in den von dem Gesetz bestimmten Fällen steuern. Die Kammer nahm alsdann das Rekru⸗ tirungsgesetz wieder auf und nahm mehrere Artikel des⸗ selben an. Nächste Sitzung Donnerstag.
Die Einkommensteuer⸗Kommission verwarf en bloc den Gesetzentwurf des Finanz⸗Ministers.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 15. Januar.
8
72 ℳ An Betriebs eln w orhanden 8618 Loko⸗
ö
(W. T. B.) Ein Telegramm der „Nordischen lereben⸗ Agentur“ meldet: Bei der vorgestern veröffentlichten Um⸗
E“
motiven, 13 503 Personenwagen, 3655 Gepäckwagen, 169 088
pflegen, bei den von Zeit zu Zeit stattfindenden Versteige⸗
wandlung der 20 im europäischen Rußland bestehenden Schützen⸗Bataillone und eeiniger nh beszehenben fanterie⸗Bataillone in Regimenter zu zwei Bataillonen handelt es sich nicht um eine neue Maß⸗ nahme, sondern vielmehr um eine solche, die bereits im Laufe dreier Jahre allmählich zur “ gelangt ist. Der Erlaß der bezüglichen Kaiserlichen Ordre bezweckt die Eintragung des Etatsbestandes der genannten Truppentheile in das Reichsbudget.
Moskau, 16. Januar. (W. T. B.) Auf die Neujahrs⸗ wünsche der Stadt Moskau erhielt der General⸗ Gouverneur, Fürst Dolgorukow, ein Kaiserliches Reskript, in welchem es mit Bezugnahme auf den Eisenbahn⸗ unfall bei Borki heißt: „Gott hat gewollt, daß in dem Entsetzen über den Untergang, der uns gedroht und in der Freude über die Errettung vor uns und der ganzen Welt sich diejenigen Gefühle unbegrenzter Liebe und Ergebenheit des Volkes offenbaren, welche die Kraft Rußlands bilden, indem sie den Czaren und das Volk zur Arbeit und zu Thaten begeistern. Indem ich in das neue Jahr eintrete mit dem erneuerten Glauben an das Walten der göttlichen Vorsehung über uns und dem göliebten See. Fe ich zu “ er 1 88 Ge⸗
sice und Handlungen lenken zu seinem Ruhme und zum Wohie Rußlands.“ 8 h
Niederlande. Schloß Loo, 15. Januar. (W. T. B.) Das heute Mittag ausgegebene offizielle Bulletin über das Befinden des Königs lautet: „Obgleich der König nur wenig Nahrung nimmt, haben die Kräfte in den letzten 24 Stunden nicht weiter abgenommen; das Allgemeinbefinden ist etwas weniger ungünstig.
— 15. Januar, Nachmittags. (W. T. B.) Der König brachte heute einige Zeit außerhalb des Bettes zu und er⸗ ledigte einige Arbeiten.“ 1
— 16. Januar. (W. T. B.) Das heute Vormittag er⸗ schienene offizielle Bulletin lautet: „Das Befinden des Königs ist günstiger.“
Serbien. Belgrad, 15. Januar. Ein der „Staatencorr.“ (4 Uhr 32 Min. Nachm.) zugegangenes Telegramm meldet: König Milan konferirte heute mit dem General Gruics wegen Uebernahme der Aufgabe, ein neues Kabinet zu bilden. Tauschanovics und Franassovics hatten heute lange Konferenzen mit dem Minister des Aeußern, Mijatovics.
„Amerika. New⸗York, 14. Januar. (A. C.) Die förmliche, verfassungsmäßige Wahl des Generals Har⸗ rison zum Präsidenten der Vereinigten Staaten fand heute statt. Die im November gewählten Wähler traten in den Hauptstädten der verschiedenen Staaten zusammen un gaben ihre Stimmen entweder für General Harrison ode Präsident Cleveland in Uebereinstimmung mit den Mandaten ihrer resp. Parteien ab.⸗
Zeitungsstimmen.
Der „Hannoversche Courier“ schreibt: Die Cröffnung des Landtages ist unter den günstigsten Vorzeiche
erfolgt. Die Thronrede, welche der Kaiser und König an die Mit lieder beider Häuser gerichtet hat, ist eine hocherfreuliche Kundgebung etont sie doch vor Allem, daß wir uns „der Hoffnung auf ferner Erhaltung des Friedens mit Vertrauen hingeben dürfen.. In de Landtagsthronreden pflegte seit lange jeder Hinweis auf die auswärti gen Angelegenheiten vermieden zu werden, er war den Kaiserlichen Ansprachen an den Reichstag vorbehalten. Wenn in di Jahre davon eine Abweichung gemacht wurde, so
es in der Absicht, dem Lande eine frohe B
zu bringen, Denn das Mißtrauen in die des Friedens hatte in den letzten Jahren bei Jedermann so tief Wurjzeln geschlagen, daß es nur schwer auszurotten ist. Daher trotz der seit den Kaiserreisen gesteigerten Zuversicht, daß die Ruhe Europas nicht durch kriegerische Verwickelungen in absehbarer Zeit werde gestört werden, doch immer wieder die Furcht vor einem 5 lich ausbrechenden Kriege verschiedentlich zum Ausdruck gekommen ist. Nachdem nunmehr Se. Maäjestät in so bestimmter Form der Hoff⸗ nung auf Erhaltung des Friedens Worte geliehen hat, werden hoffent⸗
lich die Schwarzseher auf lange hinaus mit ihren trüben Andeutungen
und Befürchtungen keinen Anklang mehr finden, um die Bevölkerung zu beunruhigen und Handel und Gewerbe zu schädigen.
Seit Jahren haben die Abgeordneten nicht so freudig an ihre dem Wohl des Landes gewidmeten Arbeiten gehen können, wie jetzt bei der Eröffnung der ersten fünf Jahre umfassenden Legislatur⸗ periode; denn sie sehen sich Aufgaben gegenüber, deren Lösung zwar an ihre Einsicht und Arbeitskraft erbebliche Anforderungen stellt, deren Bewältigung aber um so freudiger von Statten gehen wird, als die Gesammtlage des Landes es ermöglicht, über reiche Mittel zur Bestreitung der Pübwendigen wie der wünschenswerthen Aus⸗ gaben zu verfügen. Mit großer Genugthuung muß allgemein die Mittheilung von der fortschreitenden Hebung der wirthschaftlichen Lage der Industrie und der arbeitenden Klassen erfüllen, welche unwider⸗ leglich bewiesen wird durch die erhebliche Zunahme der Sparkassen⸗ einlagen, die sich im Laufe des letzten Jahrzehnts mehr als verdoppelt haben, indem sie auf etwa 2700 Millionen Mark, im letzten Jahre allein um 200 Millionen, gestiegen sind. Das sind Zahlen, die am besten die Klagen der Sozialdemokraten über den Rückgang in den Verhältnissen der Arbeiter und gewerbtreibenden Klassen widerlegen, sie beweisen aber auch die Grundlosigkeit der meisten von der Regierungsgegnerschaft wider die seit 1879 befolgte Wirthschaftspolitik erhobenen Anschuldigungen. Wäre riese Politik eine verfehlte, wie die Herren immer behaupten, so würde der Volks⸗ wohlstand im Rückgang sich befinden, daß er aber einen so erfreulichen Aufschwung genommen hat, ist sicherlich nicht zum geringen Theil der Wendung in der Wirthschaftspolitik zuzuschreiben.
Bei der Hebung des allgemeinen Wohlstandes ist erklärlich, daß auch die Finanzlage des Staats eine so günstige geworden ist, um endlich eine weitere Steuererleichterung und die Befriedigung drin⸗ gender Bedürfnisse in Angriff nehmen zu können. Die „mit Vorsicht veranschlagten Staatseinnahmen“ gestatten Aufwendungen im Interesse von Kunst und Wissenschaft, welche in Rücksicht auf die anderen Er⸗ fordernisse des Staats oft haben zurücktreten müssen, wenn auch nicht geleugnet werden kann, daß in den letzten Jahren für diese Zwecke erhebliche Summen bewilligt worden sind. Die Ankündigung, daß die Pfarr⸗ besoldungen für die Geistlichen aller Bekenntnisse derart erhöht werden sollen, daß sie den heutigen Lebensverhältnissen entsprechen, wird alle Kreise der Bevölkerung, welche ein Verständniß dafür haben, daß der Seelsorger frei sein muß von dem Kampfe um des Lebens Nothdurft, mit hoher Befriedigung erfüllen, in erhöhtem Maße ist dies aber der Fall bei der Eröffnung der Thronrede über die zu bewilligende erhöhte Beitrageleiftung des Staats
den Besoldungen der Volksschullehrer, welche ar den bisherigen gesetzlichen Beiträgen zur Versorgung ihrer Hinte bliebenen befreit werden sollen, und außerdem stehen ihnen auch reich licher bemessene Alterszulagen in Aussicht. So werden endli lang⸗ jährige Wünsche und Forderungen der Vertreter dieses für die Ge⸗ sittung und Bildung des Volks so wichtigen Standes erfüllt, und es steht somit zu hoffen, daß die Klagen über die schlechte wirthschaft⸗ liche Lage der Volksschullehrer, welche Jahrzehnte hindurch die Spalten der Zeitungen füllten und zu so vielen gehässigen Angri gegen die Regierung Anlaß gaben, nun verstummen werden.
Sehr gespannt darf man sein auf den Entwurf eines Einkommen⸗ steuergesetzes, welcher an die schon 1883/84 versuchte Reform an⸗ knüpfen soll. Das Gesetz ist dazu bestimmt, die bisberige Klassen⸗ und klassifizirte Einkommensteuer in eine einheitliche Eintommensteuer umzugestalten, die den minder Begüterten bereits gewährten Erleich⸗ terungen zu erweitern, die Mittel zu einer gerechten Veranlagung des steuerpflichtigen Einkommens durch Einführung einer Deklarations⸗ pflicht zu verstärken, und fernere Reformen auf dem Gebiet der direkten Steuern vorzubereiten. Für die Bedürfnisse des Eisenbahnverkehrs wird eine besondere Vorlage angekündigt, welche die Bereitstellung außerordentlicher Mittel fordert, sowohl für die weitere Ausdehnung des Eisenbahnnetzes, als auch für die Er⸗ weiterung der Leistungsfähigkeit der baulichen Anlagen und des Fuhr ⸗ parks. Der König hebt mit besonderem Nachdruck hervor, daß seine Regierung sich angelegen sein lassen wird, das bisher bei der Neu⸗
estaltung des Eisenbahnwesens erfolgreich Geschaffene in stetem
ortschritt zeit⸗ und zweckgemäß, auszubilden und zu verbessern, und
ugleich die wirthschaftliche Entwickelung des Landes mit gerechter und sester Hand unter pflichtmäßiger Wahrung der finanziellen Interessen des Staats umsichtig und sorgsam zu pflegen. Die Thronrede kündigt weiter einen Rechenschaftsbericht über die Verwendung der zur Bewältigung des durch die Ueberschwemmungen im vorigen Frühjahr herbeigeführten Nothstandes gewährten Gelder, sowie einen Gesetz⸗ entwurf an, durch welchen die Ausdehnung des durch das Gesetz vom 13. Mai v. J. bewilligten Kredits auch für die durch das Hochwasser im Sommer des Jahres 1888 herbeigeführten Verheerungen ermöglicht wird. Auch wird dem Landtage ein Gesetzentwurf zu⸗ gehen, betreffend eine Neugestaltung der Staatsverwaltung in der Provinz Posen, durch welche der Weg geebnet werden soll zur Re⸗ gelung der Kreis⸗ und Provinzialverfassung dieser Provinz.
Damit hat die Thronrede den Kreis der Aufgaben umschrieben, welche dem Landtage bevorstehen. Bei ihrer Abfassung hat eine sehr glückliche Hand gewaltet; die ganze Kundgebung athmet einen Geist boher Befriedigung und froher Zuversicht, der auch auf die weiten Schichten des Volks seine Wirkung nicht verfehlen wird. Möge dies von 8 Vorbedeutung sein für den ganzen Verlauf der Legislatur⸗ periode.
1 9 — Die „Leipziger Zeitung“ sagt: Die Thronrede, mit welcher der preußische Landtag eröffnet wurde., findet durchweg eine freundliche Aufnahme, sowohl bei den Abgeordneten, welche die Verlesung derselben durch Se. Majestät den Kaiser oft mit lautem Beifall unterbrachen, als auch bei der Presse, selbst der deutschfreisinnigen, welche einen friedlichen und verhältniß⸗ mäßig kurzen Verlauf der Session in Aussicht stellt.
Am meisten zu der günstigen Kritik haben ohne Zweifel die Ein⸗ gangsworte der Thronrede beigetragen, welche der auswärtigen Lage in so beruhigender, Vertrauen erweckender Weise gedenken. Es hat das um so freudiger überrascht, als man nach früheren Erfahrungen auf eine besondere Erwähnung der auswärtigen Lage in einer preu⸗ ßischen Thronrede durchaus nicht mit Sicherheit rechnen konnte. In der Regel war dieser Punkt den Thronreden zur Eröffnung des Deut⸗ schen Reichstages vorbehalten geblieben. 1 —
Kaiser Wilhelm ist von dieser Gewohnheit abgewichen, und gerade im jetzigen Augenblick, wo gewisse Kreise ein besonde⸗ res Vergnügen daran zu haben scheinen, dem deutschen Vater⸗ lande namentlich im Hinblick auf die kolonialpolitische Lage eine möglichst düstere Zukunft in Aussicht zu stellen, wird man eine Versicherung aus Kaiserlichem Munde, daß sich das Land der Hoffnung auf Erhaltung des Friedens mit Vertrauen hingeben dürfe, doppelt gerne hören. Treffender konnte Hr. Eugen Richter nicht wohl abgeführt werden, der soeben auf einer großen Parteiversammlung in Breslau mit der selbst für deutschfreisinnige Ohren überraschenden Entdeckung debütirt hatte, daß nun wohl der Augenblick gekommen sein dürfte, wo das deutsche Volk, das dem
ürsten Bismarck in der inneren Politik ja schon längst mißtraut abe, auch bezüglich dessen auswärtiger Politik in seinem bisherigen „Vertrauen zu schwanken beginne. 8
Der Ernst und das Pathos, mit. welchem der deutschfreisinnige Führer diese Enthüllung vortrug, lassen sich Angesichts der Thron⸗ rede kaum aufrecht erhalten, und verwundert fragt man, womit denn der deutsche Kanzler das Vertrauen seiner Landsleute verscherzt haben soll, wenn doch seine auswärtige Politik nach wie vor so überaus befriedigende Ergebnisse aufzuweisen hat! Wie viele Minister wären denn in ähnlicher Lage, wie sich Deutschland heute befindet, im Stande, so zuversichtlich ihrem Lande den Frieden in Aussicht stellen zu können? An Frankreich und Rußland darf man dabei natürlich nicht denken, denn, da Niemand daran denkt, sie anzugreifen, ist es allerdings leicht, dort von Erhal⸗ tung des Friedens zu reden. Aber sehen wir doch nach England, ein Land, das seiner ganzen geographischen Lage nach so viel günstiger als Deutschland gestellt ist, dem dabei gerade so gut wie Deutschland Riemand kriegerische Pläne nachsagt und dessen leitende Staats⸗ n a trotzdem nicht aufhören, bange Besorgniß wegen der Zukunft zu äußern.
Ueberall sehen sie drohende Symptome. Als Kaiser Wilhelm beim Jahreswechsel die Glückwünsche der hohen Bebörden entgegen⸗ nahm, ohne von der auswärtigen Politik etwas zu sagen, da hieß es flugs: Wieder ein bedenkliches Zeichen der Zeit. Hr. von Tisza und König Humbert äußern sich friedlich, aber was kann das viel besagen, wenn der mächtigste unter den drei Garanten des europäischen Friedens, wenn der Deutsche Kaiser sich in Schweigen hüllt! Ist damit nicht indirekt zu verstehen gegeben, daß die deutsche Politik den Optimismus ihrer Verbündeten nicht theilt, und muß diese Erfahrung nicht doppelt ernst stimmen?
Nun, heute hat der Deutsche Kaiser gesprochen und nicht ohne Neid mag man in London und anderswo auf dieses Deutschland schauen, das auf beiden Seiten in eine Wolke von Kriegslärm und Waffengeklirre gehüllt ist, und das dennoch im ruhigsten Tone, ver⸗ trauend auf seine Stärke und die Freundschaft, welche es mit Oester⸗ reich ⸗Ungarn und Italien verbindet, seiner Freude über die friedliche Lage der Dinge Ausdruck giebt! 1b
Man könnte nun einwenden: das sei nur Verstellung, Deutsch⸗ land glaube im Grunde so wenig wie irgend ein englischer Staats⸗ mann an den Frieden, aber der Haß, die Empfindlichkeit seiner Nach⸗ barn zwinge es, den Schein zu erwecken. als traue es deren friedlichen Versicherungen. Dem ist gegenüber zu halten einmal die Thatsache, daß Deutschland in seinem Rüstungseifer noch keinen Augenblick nachgelassen hat, demgemäß auch von einer falschen Ver⸗ trauensseligkeit keine ede sein kann; und zum Andern die wahrlich nicht minder bezeichnende Thatsache, daß Deutschland wirth⸗ schaftlich prosperirt. Wenn Deutschland fortwährend von gehermer Kriegsfurcht geqguält würde und dem, was neuerdings in der preußi⸗ schen Thronrede von seinen Beziehungen zu den ausländischen Mächten gesagt wird und im Grunde nur die Ver⸗ sicherungen früherer Thronreden bestätigt, nicht Vertrauen schenkte, so würde es mit der wirthschaftlichen Lage seiner Industrie und seiner arbeitenden Klassen kaum so günstig Lestenn sein, als es thatsächlich der Fall ist. Die preußische
ronrede beruft sich zum Beweise für die Richtigkeit dieser Annahme auf die stetige erhebliche Zunahme der Sparkasseneinlagen, sie könnte mit demselben Rechte auch auf die ganz gewaltige Zunahme des Eisen⸗ bahnverkehrs hinweisen, welche immer größere Ansprüche an die Leistungsfähigkeit unserer Bahnen stellt und die Regierungen zwingt, in immer umfassenderer Weise für die Vermehrung des vorhandenen Fuhrparks Vorsorge zu treffen
Centralblatt der Bauverwaltung. Nr. 2 A. — Inhalt: Nichtamtliches: Die Architektur der Renaissance in Toscana. — Der Seeschiffahrts⸗Kanal nach Manchester (Schluß). — Vermischtes: Statistik der Technischen Hochschule in Berlin. — Besuch der tech⸗
nischen Hochschulen des Deutschen Reichs. Frankfurt a. M. 88
In einem Oberlichtsaal des obersten Stockwerkes der hiesigen National⸗Galerie haben seit Kurzem die aus der Casa Bartholdy in Rom hierher überführten Wandgemälde von Peter von Cornelius, Friedrich Overbeck, Wilhelm von Schadow und Philipp Veit Aufstellung gefunden und er⸗ regen das Interesse aller Kunstfreunde. Es sind im Ganzen acht Fresken, in denen bekanntlich Darstellungen aus der alt⸗ testamentlichen Geschichte — die Schicksale Joseph’s, geboten werden. Prof. Dr Lionel von Donop äußert sich in einer Monographie folgendermaßen über dieselben: Aus der Jugendzeit der neueren deutschen Kunst sind die für die Casa Bartholdy auf dem Monte Pincio in Rom gemalten die hervorragendsten Erstlingswerke mehrerer durch Freundschaft verbundener Meister. Die Gesinnung, welche von Seiten der Künstler wie des Auftraggebers jene Schöpfungen ins Leben gerufen, verleiht ihnen ein Anrecht, als Kleinode vaterländischer Kunst betrachtet zu werden. Sie reden die Sprache des deutschen Gemüthes und zeugen von innerlichster Ver⸗ tiefung in die Aufgabe, während ihr hoher Stil den Ernst und die v- der Monumentalkunst beglaubigt. Selbst inmitten der Kunstschätze Roms haben die Gemälde als ein ehrendes Denkmal deutscher Kraft und deutschen Charakters gegolten. Die Gegenwart zwar hat der Kunst Bahnen angewiesen, welche naturgemäß ein abweichendes Ziel von jenen früheren Bestrebungen verfolgen. Wie sehr aber auch der absolute Werth der Bartholdy⸗Fresken dem schwankenden Urtheil unterliegen mag, ihre historische Bedeutung bleibt sicherlich unanfechtbar, welchen Standpunkt der Betrachtung man auch wählen mag. Seit der ersten Würdigung, welche ihnen Niebuhr zu Theil werden ließ. ist die Kunst⸗ literatur einstimmig gewesen in ihrer Bewunderung, so daß sie als ein für das ganze deutsche Volk gleichmäßig werthvolles und bedeutsames Besitzthum gelten müssen. Die Geschichte dieser Fresken ist nicht ohne Interesse. 1788 Cornelius unter dem Eindruck der Begeisterung, welche die Freiheits⸗ kriege im deutschen Volk hervorgerufen, empfand es als eine Noth⸗ wendigkeit, daß auch die Kunst an der wiedererstandenen Größe des deutschen Volkes Antheil haben müsse. In einem Schreiben an J. Görres vom 3. November 1814 meldet er, daß eine Anzahl deut⸗ scher Künstler, von der Hoheit ihrer Kunst durchdrungen, angefangen habe, die verwachsene Bahn zu ihrem heiligen Tempel zu reinigen. Dieses Häuflein harre auf eine würdige Ver⸗ anlassung und brenne vor Begierde, der Welt zu zeigen, daß die Kunst jetzt wie einst herrlich ins Leben zu treten vermöge. Die jungen Männer waren unter dem zwingenden Eindruck der Werke italienischer Renaissance und ihrer Vorläufer zu der Ueberzeugung gelangt, daß die Wiedereinführung der Freskomalerei eine Bedingung des künst⸗ lerischen Aufschwunges sei, angemessen dem großen Zeitalter und dem Geiste der Nation. Cornelius selbst begrüßte jubelnd diesen Ge⸗ danken als ein „Flammenzeichen auf den Bergen zu einem neuen edlen Aufruhr in der Kunst“. Man sagte sich, daß die italienische Malerei seit den Zeiten Giotto's bis auf Raffael reif geworden sei an der Freskotechnik und daß dieses Darstellungsmittel am geeignetsten sei, den monumen⸗ talen Stil zu entfalten und heranzubilden. Wäre in diesem Sinne einmal wieder ein Anfang gegeben, meinte Cornelius, würden in Kurzem Kräfte sich entfalten, „so daß von den Wänden der hohen Dome, der stillen Kapellen und einsamen Klöster, der Rathshäuser und Hallen herab alte befreundete Gestalten in neu erstandener frischer Lebensfülle, in holder Farbensprache auch unserem Ge⸗ schlechte sagten, daß der alte Glaube, die alte Liebe und mit ihnen die alte Kraft der Väter wieder er⸗ wacht sei.“ Solche eindringliche Worte und Wünsche fanden nur ausnahmsweise ein opferwilliges Gehör. Die deutschen Künstler in Rom, damals wie heute noch ohne ein Heimathshaus in der Fremde, blieben fast gänzlich auf kleinere Bestellungen von Privat⸗ personen angewiesen. ühmend ist 85 erwähnen daß die diplomati⸗ schen Vertreter Preußens ihnen sowohl Verständniß für ihre Leistungen entgegenbrachten, als auch die bestmögliche Förderung ihrer Interessen zu Theil werden ließen. W. von auch Niebuhr und Bunsen späterhin, traten mit dem Vollgewicht ihrer Stimmen für die deutsch⸗römischen Künstler ein, niemand indeß thatkräftiger als Jakob Salomon Bartholdy, ein Verwandter des Mendelssohn'schen Hauses; er weilte seit 1815 als preußischer Generalkonsul für Italien in Rom und wurde nach dem Aachener Kongreß zum Geschäftsträger am Toskanischen Hof und zum Geheimen Legations⸗Rath ernannt. Seine Wohnung in Rom lag im zweiten Stock der palastähnlichen Casa Zuccari, welche am Ausgange der Via Sistina, nahe der Piazza della Trinità de’ Monti gelegen und später meist nach ihm benannt war. Bei richtiger Erkenntniß der damaligen Kunstverhältnisse hielt es Bartholdy für seine Pflicht, mit Energie trotz seiner bemessenen Mittel die besten deutschen Kräfte in Rom zur Bethätigung ihres Talentes anzuregen. Er hegte den leb⸗ haften Wunsch, einen für gesellschaftliche Zwecke bestimmten Raum seiner Wohnung mit großen geschichtlichen Darstellungen a fresco ausschmücken zu lassen. Trotz der Unsicherheit der Miethswohnung traf Bartholdy mit Cornelius, der das Unternehmen leiten sollte, ein Uebereinkommen, demzufolge er nach einem klar dar⸗ gelegten Plane in Verbindung mit seinen Freunden Fr. Over⸗ beck, W. Schadow und Phy. Veit die Aufgabe übernehmen sollte. Die Wahl des Stoffes fiel auf Darstellungen aus der Ge⸗ schichte Joseph's nach dem ersten Buch Mosis, Kap. 37— 45, und mit freudigem Eifer machten sich die Künstler trotz des geringen materiellen Vortheils an die Arbeit, welche für sie um so schwieriger war, da F. mit der Technik der Freskomalerei wenig vertraut waren. Auf mühsam empirischem Wege gingen 85 jetzt tastend vor. Dem Maler Karl Eggers aus Neu⸗Strelitz gebührt das Verdienst, unter Benutzung literarischer Nachrichten und durch eingehende chemische Untersuchungen alter Fresken in Rom die ursprüngliche Behandlungsweise wieder entdeckt zu haben. Ph. Veit ließ sich von Eggers belehren und es gelang ihm, angeregt von Overbeck's und Cornelius' ermunterndem Zuspruch, unter Beistand eines alten Maurers, der noch bei Raphael Mengs die Zurichtung der Mal⸗ fläche erlernt hatte, den ersten wohlgelungenen Kopf a fresco zu malen. Dieser praktische Erfolg ermuthigte die übrigen Genossen zur eifrigen Nachfolge. Durch wechselseitigen Austausch der während der Arbeit gemachten Erfahrungen gefördert und von ungewöhnlicher
ingebung und Ausdauer beseelt, wurden sie allmählich der Technik
err. imm Streben nach möglichst gleichmäßiger Durchführun trugen sie allerdings kein Bedenken, der Farbe in ausgiebigem Ma mit Tempera nachzuhelfen. So kamen denn die acht Fresken zu Stande. Nach dem am 27. Juli 1825 zu Rom erfolgten Tode Bartholdy’s waren die Fresken einem ungewissen Schicksal preisgegeben. Die ein⸗ zelnen Stockwerke des Hauses wurden mit Einschluß des Fresko⸗ Zimmers wechselnd an Fremde, die sich vorübergehend in Rom auf⸗ hielten, vermiethet. Wie der Verkehr in bewohnten Räumen es mit sich bringt, waren die Gemälde naturgemäß jeder Verletzung aus⸗ geseßt oder sie blieben zum Mindesten der Pflege und dem guten
illen der jeweiligen Miether überlassen. Der Genuß der für das Verständniß der neueren deutschen Kunst wichtigen Werke hing vorwiegend vom Belieben der Inhaber der Wohnung ab, so daß sie oft länge e Zeit hindurch der allnemeinen Betrachtung gänzlich entzogen blieben oder in nur beschränkter Weise zugänglich waren. Dieser unangemessene Zustand mußte ebenso sehr die Ehre der deutschen Kunst als das Gedächtniß der Meister verletzen, welche hier mit größter Uneigennützigkeit ein Denkmal ihrer Kunst gestiftet hatten. Der künstlerische erth der Fresken bestimmte nunmehr den Hochseligen König riedrich Wilhelm IV. von Preußen, den
nkauf und die Abnahme der Bilder ins Auge zu fessen. Es wurde versuchsweise ein Gemälde, Ph. Veit's Darstellung „Joseph
und Potiphar's Weib’ von der Wand abgelöst, jedoch mit mangel⸗
haftem Erfolge. Die schwere Beschädigung, welche das auf Leinwand
übertragene und mittels Blendrahmens wieder in die Wand ein⸗
gelassene Bild erlitten hat, war die Folge einer Ablösungsmethode
mit der unzulässigen Anwendung von Leim und Wasser. Dem Ver⸗
fabren einer vermeintlich unumgänglichen Imprägnirung vermochte die
Beschaffenheit der Malerei nicht genügenden Widerstand zu leisten.
Nach dieser schlimmen Erfahrung mit dem Veit'schen Fresko
wurde damals die Absicht, die Malereien zu erwerben und abzulösen,
aufgegeben. Die Gefahr und Ungewißheit, welche den Bildern drohte,
schien sich mittlerweile zu steigern, seitdem die Eigenthümer den
Verkauf derselben ernstlich betrieben. Es stand zu befürchten, daß ein
fremder Käufer in noch erhöhtem Maße als es bisber geschehen, jene
Gemälde der öffentlichen Betrachtung und dem Studium entziehen
könnte. Dem Erstlingswerke deutscher Monumentalkunst drohte
sogar, ungeachtet der obwaltenden Bedenken gegen ihre Ab⸗
lösung, die Entfübrung in die Fremde. Somit erschien es geradezu
als eine Ehrensache der deutschen Nation, jene Schöpfungen zu sichern.
1874 und 75 trat man abermals Seitens der preußischen Regierung
dem Plane der Erwerbung näher, ohne aber, da nach der gutachtlichen
Aeußerung des Bilderrestaurators Pietro Princivi die Beschaffenheit
der Wände und Gemälde welche nur theilweise in sogenanntem buon
fresco, theilweise in tempera ausgeführt seien, der Herabnahme un⸗
gewöhnliche Schwierigkeiten entgegenstellte, nur einen Schritt weiter
zu kommen. 1877 traf der Direktor der National⸗Galerie, Dr.
Jordan, in dieser Angelegenheit in Rom ein. Mit seiner Ankunft
gewann ein schon langgehegter Wunsch Leben und Gestalt. Die
deutsche Künstlerschaft in Rom sehnte sich nach einem eigenen
Heim, ein Verlangen, das namentlich in dem Kaiserlich deutschen
Botschafter von Keudell einen lebhaften Vertreter fand. Die alte
Casa Zuccari, welche im 16. Jahrhundert von Federigo und Taddeo
Zuccari mit Deckenmalereien in den eingewölbten Parterreräumen
und im Stiegenhause geschmückt war und in einer der gesundesten
Gegenden Roms inmitten des Fremdenviertels und des Künstler⸗
quartiers lag, war dazu wie geschaffen. Behufs Verwirklichung des
vielseitig gehegten Wunsches wurden alsbald der Reichsregierung mehrfache Vorschläge zur Erwerbung des Hauses mit den Fresken
unterbreitet. Der Reichstags⸗Abgeordnete von Stauffenberg befürwortete die Angelegenheit in der Reichstagssitzung vom 11. April 1878 auf's Wärmste. Auch der Reichskanzler unterstuüͤtzte den Plan, den Ankauf der Casa Zuccari von Reichswegen zu bewirken Darnach wurde zur Erwer⸗
bung und zum Ausbau des Hauses behufs Begründung eines dauernden Mittelpunktes für die Studien und artistischen Interessen der deutschen Künstler in Rom die Summe von 325 000 ℳ in den Reichshaushalts⸗ Etat von 1879/80 aufgenommen. Die Erwerbung scheiterte jedoch, da sich im letzten Augenblick die Bedingungen des Verkaufes ver⸗ ändert hatten. Als nun 1885 die Familie Zuccari einen Umbau des Hauses und Veräußerung der Gemälde für nöthig erachtete, kam der Kaufvertrag Seitens der preußischen Regierung mit der Fr. Molinari, verw. Zuccari, am 10. April 1886 zu Stande; der Kaufpreis betrug 48 500 Lire. Der Florentiner Kunsthändler Stefano Bardini übernahm es, dieselben von der Wand zu lösen und vollführte dies auf eine geniale Weise, welche die im Großen und Ganzen glücklich vollzogene Ueberführung der Gemälde ermöglichte. Am 2. Oktober 1887 wurden die Fresken in einem direkt von Rom nach Berlin laufenden sogenannten Equipagen⸗Wagen abgeschickt und erreichten ohne jede Störung ihren Bestimmungsort, wo sie, wie schon erwähnt, jetzt im dritten Geschoß der National⸗Galerie aufgestellt sind.
Gewerbe und Handel.
Die hiesige Bankfirma Siegfried Brann hat wie in früheren Jahren auch für 1889 einen „Allgemeinen Verloosungs⸗ Kalender“ erscheinen lassen, der in übersichtlicher Anordnung alles für die Besitzer von Prämien⸗Anleihen Wissenswerthe zusammenstellt. Man findet in dem hübsch ausgestatteten Büchlein sämmtliche Ver⸗ loosungspläne für 1889 nebst Anmerkungen über Gewinnabzüge, Auszahlungs⸗ und Zinstermine; diesen Plänen, welche 84 Loosanleihen umfassen, geht ein alphabetischer und ein chronologischer Ziehungs⸗ Kalender in Tabellenform voraus, während eine alphabetische Tafel, welche die größten und kleinsten Treffer, die letzten Ziehungen, die Verjährungsfristen und den ungefähren Courswerth der ein⸗ zelnen Papiere aufführt, sowie ferner eine nach dem Zeitpunkt ihres Erlöschens geordnete Tabelle der Prämien⸗Anleihen ihnen folgt. Sehr nützlich wird sich auch eine Zusammenstellung der Papiere erweisen, deren Coupons und ausgelooste Stücke zu russischen Zollzahlungen verwendbar sind, wie auch eine Zusammenstellung solcher an der Berliner Börse gehandelten Werthpapiere, deren Coupons Steuern oder anderen Abzügen unterliegen. In der Vorrede des vom Heraus⸗ geber kostenlos zu beziehenden Büchleins wird das Wesen der Prämien⸗ Anleihen und die 8 gegen durch Verloosung und Amorti⸗ sation entstehende Coursverluste besprochen.
— Der Aufsichtsrath des hiesigen Börsen⸗Handels⸗Vereins hat nach Vorlegung der Bilanz für das verflossene Jahr beschlossen, vom Buchwerth des Coursberichts weitere ℳ 10 000 abzuschreiben, den neu zu creirenden zweiten Reservefonds mit 5 % vom Gesammt⸗ Jahres⸗Erträgniß zu dotiren und der zum 9. Februar cr. zu berufenden Generalversammlung die Vertheilung einer Dividende von 10 ½ % vorzuschlagen.
— Vom rheinisch⸗westfälischen Kohlenmarkt wird der „Köln. Volks⸗Ztg.“ unterm 14. Januar Folgendes berichtet: Wäh⸗ rend der Kohlenmarkt sonst am Anfang des Jahres wenig belebt zu sein pflegte, herrscht diesmal regste Thätigkeit auf demselben. Der Grund für diese Erscheinung ist lediglich in dem Umstand zu suchen, daß die Händler und Verbraucher in der Befürchtung weiterer Preis⸗ erhöhungen sich veranlaßt gesehen haben, früher, als sonst üblich, mit den Zechen auf längere Zeit abzuschließen. Die Zechen stehen in Folge dessen in flottester Förderung, und sind vielfach genöthigt, nachträglich eingehende Bestellungen zurückzuweisen. Trotz der milden Witterung ist der Begehr in Hausbrandkohlen stetig stei⸗ gend. In Industriekohlen herrscht gleichfalls starke Nachfrage; indeß ist die Steigerung der Preise mäßig. Ein besonders flottes Geschäft herrscht in Koks und Kokskohlen, und da auch die Preise hierfür noch anziehen, so befinden sich die Koks herstellenden Zechen in bevorzugter Lage. Schon seit längerer Zeit macht sich in einigen Bezirken ein Mangel an Arbeitskräften in empfindlicher Weise geltend, ein Uebelstand, welcher bei der kurz bevorstehenden Inangriffnahme des Kanalbaues Dortmund — Emshäfen sich noch weiter steigern wird. Wie verlautet, beabsichtigen die Zechen, um sich einen festen Stamm von Arbeitern zu sichern, eine wesentliche Lohnerhöhung unter ent⸗
prechenden Bedingungen eintreten zu lassen. Eine Verpflichtung der
rbeiter auf längere Zeit, wie solche von den Eisenwerken beabsichtigt wird, dürfte nach den bestehenden berggesetzlichen Vorschriften, welche eine gegenseitige vierzehntägige Kündigung vorschreiben, „beim Kohlenbergbau nicht angängig sein. Bei der gegenwärtigen günstigen Lage des Kohlengewerbes wäre es gewiß zu be⸗ dauern, wenn dasselbe durch einen größeren Arbeitermangel ungünstig beeinflußt würde. Was den Versandt anbelangt, so nahm derselbe auf den Eisenbahnen seinen regelmäßigen Verlauf und erfuhr namentlich nach Thüringen und Süddeutschland eine merkliche Steigerung. Der Kohlenverkehr auf dem Rhein dagegen war durch Treibeis eine Zeit lang unterbrochen; in Folge dessen haben sich die Kohlenmagazine in den Rheinhäfen gefüllt. Eine weitere Steigerung des Kohlenverkehrs dürfte, sofern nicht kältere Fetrerang eintritt, so bald nicht zu erwarten sein, ebenso wenig als zur Zeit Grund zur Befürchtung eines Rückganges desselben vorliegt.
London, 15. Januar. (W. T. B.) An der Küste 2 Weizen⸗ ladungen angeboten. .
Manchester, 15. Januar. (W. T. B.) 12r Water Taylor 7, 30r Water Taylor 9, 20r Water Leigh 8, 30r Water Clayton 8 ½, 32r Mock Brooke 8 ½, 40r Mayoll 9, 40r Medio Wilkinson 10, 32r Warpcops Lees 8 ½, 36r Warpcops Rowland 8 5, 40r Double Weston 9 ⅞, 60r Double courante Qualität 12 ¾, 32“ 116 yds 16 % 16 grey Printers aus 321/46 169. Anziehend.
ntwerpen, 15. Januar. T. B.) Wollauktion. Angeboten waren 1212 Ballen La Plata⸗Wollen, 2500 B. australische,