1889 / 17 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 19 Jan 1889 18:00:01 GMT) scan diff

lich der Kataloge der Buchhändler und der Zusendungen ein⸗ iner Handeltreibender und Fabrikanten, ein solches Opfer in bringen in einer Zeit, wo die Finanzen anderweitig h. wichtige Zwecke stark in Anspruch genommen werden. Wenn der Reichetag und der Bundesrath sich entschließen sollten, einmal einen Betrag in dieser Höhe den Verbesserungen auf .“ Gebiet oder für die Telegraphie zu widmen, so wüßte ich wahrlich ganz andere Gegenstände, für welche das besser angebracht wäre, und es sollte dann dem ganzen und großen Publikum eine Er⸗ leichterung zu Theil werden, die dem allgemeinen Verkehr nützt, was bei den Katalogen u. s. w. in gleichem Maße nicht der Fall ist. Ich bin sogar im Zweifel, wenn man beispielsweise daran denkt, wie sehr man jetzt schon in gewissen Zeiten des Jahres, z. B. zu Neujahr und Weihnachten, mit solchen Drucksachen überfluthet wird, ob man nicht zu dem entgegengesetzten Standpunkt kommen könnte und sagen, daß das Porto eigentlich zu niedrig ist. Ich kann Sie nur bitten, den Vorschlag der Vudgerkommission welche diesen Gegen⸗ stand von Neuem mit gewohnter Gründlichkeit geprüft hat, anzu⸗ nehmen und diese Petition der Regierung nur zur Kenntnißnahme zu überweisen. Abg. Baumbach: Es handele sich hier 8. nicht um einen so kleinen Kreis von Interessenten. Nicht blos der Vereih deutscher Buchdrucker spreche sich für diese Zwischenstufe aus, sondern eine ganze Reihe von Handels⸗ und Gewerbekammern und vor Allem der Börsenverein deutscher Buchhändler in Leipzig. Im Auslande sei das Porto für Druck⸗ sachen von diesem Gewicht viel billiger als bei uns: so kosteten in der Schweiz Drucksachen bis 50 g 2 Cts., von 50 250 g blos 5 Cts. und über 250 500 g 10 Cts. Im Jahre 1887 habe die Zahl der Drucksachen, welche im Deutschen Reich versandt worden, 250 Millionen gen 242 Millionen im Vorjahre betragen. Der Umstand interessire nicht blos die Buchgandler in Bezug auf die Ver⸗ sendung von Probenummern, Zeitungen, Korrekturen, auch die Landwirthschaft sei an der Sache stark betheiligt. Die deutschen Gärtner interessirten sich lebhaft für diese Sache, in der Versendung von Katalogen könnten sie mit den englischen Gärtnern nicht konkuriren. Auch der Verkehr mit unseren Schutzgebieten sei gerade in Bezug auf Druck⸗ sachen nicht gering anzuschlagen. Der Staatsselbekür verweise auf den finanziellen Ausfall. Was wollten aber 300 000 besagen gegenüber diesen großen Verkehrsinteressen. Er⸗ fahrungsmäßig finde bei einer Herabsetzung des Portos eine unahme des Verkehrs statt. Daß eine Erweiterung des ewichts der frankirten Briefe wünschenswerth sei, wolle er nicht bestreiten, aber man solle das Eine thun, das Andere nicht lassen. Er bitte dringend um Annahme seines Antrages.

Der Antrag Baumbach wird gegen die Stimmen der Freisinnigen und einiger Nationalliberalen abgelehnt, der Antrag der Kommission, die Petition den Regierungen zur Kenntnißnahme zu überweisen, fast einstimmig angenommen.

Ueber die übrigen Petitionen, betreffend den Bau ver⸗ leen Postgebäude, wird in dritter Lesung abgestimmt werden.

Zum Etat der Reichsdruckerei bemerkt der Abg. Schmidt (Elberfeld): Bei dem Druck und Vertrieb der Patentschriften durch die Reichsdruckerei hätten sich Unzuträglichkeiten heraus⸗ gestellt. Das Patentgesetz wolle, daß durch den Verkauf der Patentschriften Näheres über das Patent selbst bekannt werde. Die Schriften würden in gewisser Anzahl gedruckt; oft seien, bevor das Patent im „Reichs⸗Anzeiger“ publizirt werde, diese schon vergriffen und eine zweite Auflage verzögere sich meistens, sodaß die Absicht des Gesetzes nicht erreicht werde. Der Patentinhaber habe ein Interesse, die Schriften in Niemandes Hände kommen zu lassen. Vielleicht ließe sich schaffen durch schnellere Herstellung der zweiten

uflage.

Staatssekretär von Boetticher:

Diese Klage ist eigentlich weniger bei dem Etat der Reichs⸗ druckerei angebracht, wie bei dem demnächst folgenden Etat des Patent⸗ amts. Und deshalb erlaube ich mir zu antworten. Mir ist davon nichts bekannt, daß über die zweiten Ausgaben der Patentschriften darüber geklagt worden ist, daß diese Ausgaben zu lange gewährt haben; bei mir ist eine solche Klage nicht eingegangen. Ich werde aber aus den Ausführungen des Herrn Vorredners, die anscheinend ganz sachgemäß sind, Veranlassung nehmen, danach zu forschen, ob der bisherige Zustand einer Korrektur bedarf und werde dann sehr gern die Hand zu einer solchen bieten. Die Reichsdruckerei ist jedenfalls unschuldig daran. Wenn irgendwo ein Fehler vorliegt, dann liegt er in den Disvpositionen des Patentamts, und ich werde mich also danach umsehen und eventuell eine Korrektur veranlassen.

„Abg. Hammacher: Ihm und anderen Mitgliedern des Reichstages seien Beschwerden zugegangen, daß die Reichs⸗ druckerei ihrem ursprünglichen Zwecke zuwider auch in Konkur⸗ renz mit der Privatindustrie getreten sei. Die Frage habe den Reichstag wiederholt beschäftigt und ein Hauptbedenken gegen den Ankauf der Druckerei von der preußischen Regierung durch das Reich gebildet. Zur Beruhigung des Reichstages habe damals die Reichsregierung erklärt, daß es ausschließlich Zweck der Reichsdruckerei sein sollte, für das Reich, die Partikularstaaten und die Kommunalverbände solche Drucksachen herzustellen, für welche die Reichsdruckerei durch ihr Betriebsverfahren ein leuch⸗ tendes Vorbild der Privatindustrie werden könnte. Außerdem habe sie sch vorbehalten, auch wissenschaftliche Werke ausnahms⸗ weise für Private drucken zu lassen. Als die Abgg. Brockhaus und Stephani sich über den erweiterten Kreis der Thätigkeit der Reichsdruckerei beschwert hätten, sei versichert worden, daß den Privatunternehmenn keinerlei Konkurrenz bereitet würde. Es seien ihm jedoch Thatsachen mitgetheilt, welche das Gegentheil be⸗ wiesen. Im Lauf der letzten Jahre habe die Reichsdruckerei Aktien, Obligationen für Privatgesellschaften, Aktiengesell⸗ schaften und Gewerkschaften, so auch Obligationen für die Hibernia und Shamrock für Kramsta an⸗ 1en lassen. Die Reichsdruckerei mache daraus ein gro es

Geschäft, und es werde Niemand behaupten, Aktiengesellschaften und Gewerkschaften zu den Korporationen gehörten, welche als Auftraggeber für die ,e ae ee⸗ im Gesetz genannt seien. Es sei doch kein Kunst⸗ werk, eine gute Obligation oder Aktie herzustellen. Aber auch andere Drucksachen, Sparmarken und Karten herzustellen, habe sich die Reichsdruckerei früher durch ein Cirkular öffentlich er⸗ boten. Die Herstellung dieser Dinge erfordere keinerlei be⸗ sondere typographische Befähigung. Es wäre ihm lieb und es würde zur Beruhigung gereichen, wenn die Verwaltung der Reichsdruckerei erklärte, daß das Angeführte nur vereinzelte Thatsachen seien, daß sie aber im Prinzip daran festhalte, der Privatindustrie keine Konkurrenz zu machen.

Direktor Fischer: Die Frage des Vorredners ginge in der

Hauptsache dahin, ob es zu dem Geschäftskreise der Reichs⸗ druckerei gehöre, für Korporationen Aktien zu drucken. Er könne nicht feststellen, ob die einzelnen angeführten Fälle thatsächlich begründet seien, aber er nehme es an. Die Reichs

schritten, welche ihre Vorgängerin, die preußische Staatsdruckerei, innegehalten habe. Bei dem erwähnten Circular handele es

sch um die Herstellung von Sparmarken, die vor 5 oder 6 Jahren bei den Sparkassen zur Ansammlung kleinster Er⸗

erlassen, weil von städtischen Behörden zahlreiche Anfragen in diesem Punkt an die Reichsdruckerei ergangen seien und die Reichsdruckerei habe das Cirkular nur an diejenigen Behörden versandt, welche eine Anfrage an sie gerichtet hätten. Sie habe damit der Privatindustrie keineswegs Konkurrenz gemacht. Der Nachweis darüber, wie die Einnahmen in den letzten fünf Jahren sich auf die verschiedenen Kategorien der Besteller ver⸗ theilt hätten, werde dies im Allgemeinen bestätigen. Bei einer Gesammteinnahme von 5 700 000 im Jahre 1887 2. die vom Reich ausgegangenen Aufträge 4 600 000 etragen, die Aufträge von Städten, Kreisen, Provinzial⸗ behörden und Privatbanken im Ganzen 120 000 In keinem Jahre habe die Zahl der Arbeiten auf Aufträge von Städten und anderen Korporationen den Satz von 5 pCt. der Gesammtthätigkeit der Reichsdruckerei überstiegen; der Schwer⸗ 8 liege also in den rein behördlichen Aufträgen. Das

achsthum der Einrichtungen in der Reichsdruckerei erkläre sich damit, daß die Post, welche Hauptbeschäftigerin der Druckerei ist, gewachsen sei; ihre Einnahmen, die beim Uebergang der preußischen Staatsdruckerei auf das Reich 130 Millionen Mark betragen hätten, beliefen sich jetzt auf über 200 Millionen Mark. Die Oberleitung der Reichs⸗ druckerei sei sich durchaus der Verpflichtungen bewußt, die seiner Zeit dem Reichstage gegenüber übernommen worden seien, und halte an dem damals zwischen den verbündeten Regierungen und dem Reichstage gewissermaßen vereinbarten Grundsätzen fest.

Abg. Hammacher: Für die Schlußerklärung sei er sehr dankbar. Die Ausführungen des Kommissars hätten die ge⸗ hegten Besorgnisse auf ein geringes Maß C“ So ohne Bedeutung, wie der Kommissar das Cirkular hin⸗ gestellt habe, sei es nicht. Das Cirkular habe genau denselben geschäftlichen Inhalt wie das gleichzeitig von der Firma Giesecke und Devrient erlassene Cirkular. Die Konkurrenz liege also offen vor. Dasselbe gelte von einem Dutzend ähnlicher Fälle. Dieselbe Firma Giesecke und Devrient habe sich z. B. erboten, der Vergwerksgesellschaft Hibernia and Shamrock für eine auszugebende Anleihe die Aktienurkunden zu drucken, sei aber abschlägig beschieden, weil der Druck Seitens der Reichsdruckerei besorgt werde. Einen thatsächlichen Beweis für die Konkurrenz der Reichsdruckerei könne er nicht an⸗ führen. Kein Mitglied des Reichstages habe seiner Zeit daran

edacht, daß diese Art der Thätigkeit der Reichsdruckerei ge⸗

stattet sein solle; er halte sie für der Vereinbarung mit dem Reichstage zuwider. Er entnehme aus der heutigen Erklärung des den. daß man sich der Tragweite jener Verein⸗ barung in Zukunft mehr erinnern werde.

Direktor im Reichs⸗Postamt, Dr. Fischer: Er habe ja bereits dargelegt, daß die Herstellung von Werthpapieren und ähnlichen Sachen für Korporationen, speziell Kreditinstitute mit zu den Obliegenheiten der Reichsdruckerei gehöre, gemä der Denkschrift, die der bei der Erwerbung der Reichsdruckerei vorgelegt. Gegenüber dieser Erklärung sei der übrige Geschäftskreis der Reichsdruckerei sehr gering. Er habe also jenes Verfahren durchaus nicht als inkorrekt an⸗ erkannt, sondern bleibe bei seiner Meinung. Man

ausgedehnt werde. Sie habe sich aber nicht weiter ausgedehnt, und das könnte den Abgeordneten doch nur befriedigen. Das

denen Lieferungen enthalte, sei auf vorherige Anfrage versandt worden, aber niemals, um Kunden zu werben.

Abg. Hammacher: Die Reichsdruckerei habe auch für Bergwerksgesellschaften und TTTö“ geliefert, das seien doch keine Kreditinstitute. Dafür sei sie also nicht kompetent gewesen.

Direktor im Reichs⸗Postamt, Dr. Fischer: Hr. Hammacher habe früher der preußischen Staatsdruckerei selbst Bestellungen gemacht für jenes Kreditinstitut, dessen Leiter er selber ge⸗ wesen sei. Die Reichsdruckerei habe also jetzt nichts Anderes

ethan, als was Hr. Hammacher damals für zulässig ge⸗ alten habe.

Abg. Hammacher: Er habe nie die Ehre gehabt, Leiter eines Kreditinstituts zu sein, könne also als solcher auch keine Bestellung gemacht haben.

Der Etat der Reichsdruckerei wird bewilligt.

Das Haus vertagt um 4 ¾ Uhr die weitere Etat⸗Berathung auf Sonnabend 12 Uhr. 8

Der dem Hause der Abgeordneten zugegangene Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Kosten Königlicher Polizeiverwaltungen in Stadt⸗ gemeinden, lautet:

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen ꝛc. verordnen, mit Zustimmung beider Häuser des Landtages der Monarchie, was folgt: 8. 1

In denjenigen Stadtgemeinden, in welchen die örtliche Polizei⸗ verwaltung ganz oder theilweise von einer Königlichen Behörde geführt wird, bestreitet der Staat alle durch diese Verwaltung entstehenden Ausgaben und erhebt, unbeschadet der Bestimmung des §. 7 Abs. 3 des Gesetzes vom 23. April 1883 (Gesetz⸗Samml. S. 65), alle mit dieser Verwaltung verbundenen Einnahmen.

Zu den Ausgaben tragen nach Maßgabe der Kopfzahl der Civil⸗ völkerung jährlich bei a. die Stadtgemeinde Berlin . . .. . je 2,00 . die Stadtgemeinden von mehr als 75 000 Ein⸗

1111141414“4“

die Stadtgemeinden von 25 000 bis 75 000 Ein⸗

wobaI 1111““

.die Stadtgemeinden von weniger als 25 000 Ein⸗ 661616166“ für jeden Kopf der Bevölkerung.

Ausgaben der örtlichen Polizeiverwaltung im Sinne des §. 1 sind sämmtliche Dienstbezüge (Besoldungen, Remunerationen, Wohnungsgeldzuschüsse, Lokalzulagen, Dienstaufwands⸗, Mieths⸗ entschädigungen, Equipagen⸗ und Pferdeunterhaltungsgelder), Pensionen und Wartegelder der Polizeibeamten, Wittwen⸗ und Waisengelder für Hinterbliebene solcher Beamten, Fuhr⸗ und Transportkosten, Kosten für Bekleidung und Ausrüstung der Schutzmannschaft, für Bureau⸗ bedürfnisse, für Beschaffung und bauliche Unterhaltung der Polizei⸗ dienstgebäude, Polizeigefängnißkosten und besondere Ausgaben im kriminal⸗ und sittenpolizeilichen Interesse.

Als Ausgaben der örtlichen Polizeiverwaltung im Sinne des

druckerei habe damit die Grenzen der Thätigkeit nicht üb⸗

sparnisse in Gebrauch gekommen seien. Dies Cirkular sei nur

richtungen und Anstalten, welche, wenngleich im Interef nothwendig, doch vorzugsweise kommunalen Zwecken dienen, j 6e „P 2 e. Kosten für Straßenpflasterung, Straßenreinigung, Straß erleuchtung, Kanalisations⸗ und Wasserleitungsanlagen, Schlachthaße Markthallen, Anstalten zur Untersuchung von Lebensmitteln u nc.e.eahen Vorkehrungen gegen ansteckende Krankheiten rmen⸗ und Krankenanstalten, icee ö. Abdeckereiplätze u. s. n

Maßgebend für die Berechnung der Einwohnerzahl ist in Betref der Bestimmungen dieses Gesetzes die durch die jedesmalige le Volkszählung ermittelte Zahl der ortsanwesenden Civilbevölkermn Die Aenderung dieser Zahl tritt ein mit dem Beginn des auf jedesmalige Volkszählung folgenden Etatsjahres. Der von den Stub gemeinden zu leistende Kostenbeitrag ist in vierteljährlichen Thei

eträgen vorauszuzahlen. 8. 4 Der Staat und die Stadtgemeinden sind verpflichtet, die ihne

der Königlichen Orts⸗Polizeiverwaltung dienen, auch ferner für d Dauer des Bedürfnisses für diese Set unentgeltlich herzugeben.

Erstreckt sich der Bezirk der Königlichen Orts⸗Polizeiverwaltun in einer Stadtgemeinde auf benachbarte Gemeinde⸗ oder Gutsbezirke so sind die betheiligten Verbände verpflichtet, zu den hierauf entfallen den Kosten nach Maßgabe der Bestimmungen des §. 1, beizutragen Werden in solchen Gemeinde⸗ oder Gutsbezirken von der König lichen Polizeiverwaltung nur einzelne ortspolizeiliche Fung tionen ausgeübt, so haben die betheiligten Verbände nach Ma gabe der Kopfzahl der Civilbevölkerung einen angemessenen Beitrag . zahlen, dessen Höhe durch den Ober⸗Präsidenten festgesetzt wird Gegen den Festsetzungsbeschluß des Ober⸗Präͤsidenten findet innerhald zwei Wochen die Klage bei dem Obfe⸗Verwaltzmegzassicht statt.

In den im §. 1 bezeichneten Stadtgemeinden, in welchen einzel Zweige der Orts⸗Polizeiverwaltung den Gemeinden zur eigenen Ven waltung überwiesen werden, tritt eine entsprechende Er mäßigung der nach Maßgabe der Kopfzahl der Civilbevölkerung; zahlenden Beitragsquote ein. Die Höhe dieser ermäßigten Qucgh wird von dem Ober⸗Präsidenten festgesetzt. Gegen den Festsetzunge beschluß des Ober⸗Praͤsidenten findet innerhalb zwei Wochen die Klag bei dem Ober⸗Verwaltungsgericht 1

Verträge, nach denen bestimmte Ausgaben einer Königlichen Orth Polizeiverwaltung dem Staat oder der Gemeinde obliegen, werde durch dieses Gesetz nicht berührt. Auch in den bestehenden Verträgn über die 1“ von Grundstücken und die Herstellung von Gebäude für die Königliche Orts⸗Polizeiverwaltung wird durch dieses Gesc nichts geändert. 1

§. 8. „Das gegenwärtige Gesetz tritt mit dem 1. April 1890 in Kraft Mit diesem Zeitpunkt werden alle demselben zuwiderlaufenden Bestim mungen aufgehoben.

§. 9.

„Der Minister des Innern ist mit der Ausführung des gege wärtigen Gesetzes beauftragt und erläßt die hierzu erforderlichen A ordnungen.

Urkundlich ꝛc.

In der Begründung des Gesetzentwurfs heißt es:

In der vorjährigen Landtagssession wurde von der Ksnigliche Staatsregierung dem Landtage ein Gesetzentwurf zur Beschluf fassung vorgelegt, welcher eine einheitliche Regelung der Beitragg flicht der Gemeinden zu den Kosten Königlicher Polizeiverwaltunge ür den gesammten Umfang der Monarchie bezweckte. Nr. 60 de Drucksachen des Abgeordnetenhauses. Dieser Gesetzentwurf gim von folgenden Grundsätzen aus:

Die Theilung der Kosten der Königlichen Orts⸗Polije

abe allerdings bei der Erwerbung der Reichsdruckerei befüngnet, dcs ihr Geschäftskreis nicht nur geographisch, sondern auch intensiv

Cirkular, welches nur eine Zusammenstellung der stattgefun⸗

§. 1 sind nicht anzusehen die Festen für das Nachtwacht⸗ und Feuer⸗ öschwesen, sowie Kosten für Beschaffung und Unterhaltung von Ein⸗

verwaltung in Städten in persönliche und sächliche wird auf gehoben und die Bestimmung getroffen, daß der Staat sämmt liche Ausgaben dieser Verwaltung bestreitet und alle m. derselben verbundenen Einnahmen erhebt. Die Stad gemeinden zahlen zu diesen Ausgaben einen jähe lichen Beitrag in Form eines Pauschquantums, u nehmen in gleichem Verhältniß an den aufkon menden Einnahmen Theil. Als Beitragsquote der C meinden wird die Hälfte der durch den jedesmaligen Staa haushalts⸗Etat festgesetzten gesammten Kosten der betreffende Polizeiverwaltung festgesetzt. 1

„Der Staat und die Gemeinden haben die ihnen gehöriger 8 die Zwecke der Königlichen Orts⸗Polizeiverwaltung b. timmten Grundstücke und Gebaude auch ferner für diese Zwet unentgeltlich herzugeben.

Der Gesetzentwurf fand nur theilweise Anerkennung; namentli waren es zwei Bedenken, welche gelegentlich der ersten Lesung in de Sitzung des Abgeordnetenhauses vom 27. Februar 1888, sowie in de Verhandlungen der XV. Kommission von den verschiedensten Seitt gegen denselben geltend gemacht wurden. Einmal erschien mißlich, die Entscheidung über die Höhe der Beitragspflit der betreffenden Stadtgemeinden in die Hände des Abgeordnete hauses zu legen, wobei die Vertreter der in Frage kommend 21 Städte nalurgemäß mehr die Rechte ihrer Städte, als die d gesammten Landes wahrnehmen würden; es sei auch nicht billig, d Beitrag der Städte ohne Mitwirkung der betreffenden städtische Verwaltungen lediglich durch den Staatshaushalts⸗Etat festzusetzen Andererseits erachtete man die in dem Entwurf vorgesehene Beitrags quote (die Hälfte der Gesammtkosten) als so hoch, daß die Städ unverhältnißmäßig belastet würden.

„Der Gesetzentwurf wurde nach der ersten Lesung im Plenug einer besonderen Kommission von 21 Mitgliedern zur Vorberathu überwiesen. Bei den Berathungen der letzteren war die Mehrhel der Mitglieder darin einverstanden, daß eine stärkere Heranziehun der betreffenden Stadtgemeinden zu den Polizeiverwaltungskost als bisher angezeigt erscheine. Die Kommission vermocht aber zur Erreichung dieses Zwecks nicht dem von der Regi rungsvorlage aufgestellten Prinzip einer Vertheilung der Koste nach Quoten zuzustimmen, sondern erachtete vielmehr ei Festsetzung der städtischen Beiträge nach Maßgabe der Bevölkerungt ziffer für zweckmäßiger. Vor endgültiger Beschlußfassung ersuchte de

Kommission zunächst um Beschaffung eines umfassenden Materiall Bevox

zur eingehenderen Beurtheilung der vorliegenden Frage. diesem Ersuchen Seitens der Staatsregierung stattgegeben werde konnte, wurden die Berathungen des Landtages geschlossen, sodaß d Gesetzentwurf unerledigt blieb.

Die Staatsregierung ist bei der weiteren Erörterung des Gege standes auf Grund eingehendster Erwägung zu der Ueberzeugung langt, daf das Prinzip der Festsetzung der städtischen Beiträge zu de Fcth ten nach Maßgabe der Bevölkerungsziffer allerdings de

orzug vor dem von dem vorjährigen Gesetzentwurf aufgestellte Prinzip der Quotisirung verdient.

Um eine möglichst sichere Grundlage für eine angemessene Fes⸗ setzung des auf den Kopf der Bevölkerung in den einzelnen Städte entfallenden Betrages zu gewinnen, sind umfassende Erhebung darüber angestellt, auf wie hoch sich Egenwärtig die Kosten de Orts⸗Polizeiverwaltung in sämmtlichen Städten der Monarchie m. bee 10 000 Einwohnern, welche eigene Polizeiverwaltung hab elaufen. 1

Der auf Grund dieser Unterlagen ausgearbeitete Gesetzentwu geht im Wesentlichen davon aus, daß die Stadtgemeinden zu d Ausgaben der Königlichen Orts⸗Polizeiverwaltungen einen jährliche Beitrag nach einem ein für alle Male festgesetzten, für den Kor der Bevölkerung zu berechnenden Einheitssatze zu leisten habe Sonst deckt sich dieser Entwurf im Allgemeinen mit den Vorschläg des vo laheißen

Die Staatskasse hat bisher bedeutende Mittel aufwenden müsse um die ihr nach den bisherigen Gesetzen obliegende Verpflichtung zu

gehörigen Grundstücke und Gebäude, welche gegenwärtig den Zweca⸗

schaftsraths

v.

von Polizeikosten zu erfüllen. wachsende Umfang der emeinden und die Vermehrung des Verkehrs in denselben haben eine beständige Steigerung der Feeichte. zur Folge, und, da die Er⸗ höhung der Kosten zumeist durch die nothwendig werdende Ver⸗ mehrung des Beamtenpersonals herbeigeführt wird, 8 würde die Auf⸗ rechterhaltung des Prinzips, daß der Staat die persönlichen, die Ge⸗ meinden aber die saͤchlichen Kosten zu tragen haben, auch künftighin die Mehrbedürfnisse der Polizeiverwaltung fast ausschließlich dem Staat zur Last legen. Bei aller schonenden Rücksicht auf die Finanzverhältnisse der größeren Städte, in welchen sich Königliche Polizeiverwaltungen be⸗ sinden, kann diesen Gemeinden eine soweit wie bisher gebende und in beständig erhöhtem Maße die Staatsmittel in Anspruch nehmende Beihülfe fernerhin nicht mehr gewährt werden. Es verlangt dies schon die ausgleichende Gerechtigkeit gegenüber den übrigen Städten, welche die gesammten Kosten der Orts⸗Polizeiverwaltung allein auf⸗ zubringen haben.

Dem Hause der Abgeordneten ist der nach⸗ stehende Entwurf eines Gesetzes, betreffend Ab⸗ änderung mehrerer Bestimmungen der Gesetz⸗ gebung über die Stempelsteuer, zugegangen.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen ꝛc. verordnen, mit Zustimmung beider Häuser des Landtages für den Umfang der Monarchie, mit Ausschluß der Hohenzollernschen Lande, was folgt: 6. 1

a. Der von Pacht⸗ und Miethverträgen, von After⸗Pacht⸗ und After⸗Miethverträgen und von schriftlichen Verlängerungen derselben, sowie von antichretischen Verträgen zu entrichtende Stempel von einem Drittel vom Hundert wird auf ein Zehntel vom Hundert ermäßigt.

b. Bei Pacht⸗ und After⸗Pachtverträgen und deren schriftlichen Verlängerungen von sechsjähriger oder längerer Dauer ist es den Kontrahenten gestattet, den Stempel in dreijährigen Fristen, für je drei Jahre im Voraus, zu zahlen. Die erstmalige Versteuerung hat innerhalb der für die Versteuerung von Urkunden in den bestehenden Stempelgesetzen bewilligten vierzehntägigen Frist, die Versteuerung jeder folgenden Periode innerhalb 14 Tagen nach dem Beginn der letzteren zu erfolgen. ““ 1 9

c. Wenn die zu b gestattete Theilversteuerung nicht rechtzeitig bewirkt wird, verfallen die Kontrahenten in die gesetzliche Stempel⸗ strafe des Vierfachen der fällig gewordenen Steuer, und haben außerdem die noch rückständigen Theile der Steuer in ungetrennter Summe alsbald zu zahlen.

d. Wenn Pachtverträge vor Ablauf der ursprünglich verabredeten Dauer, innerhalb einer schon versteuerten Periode, ihr Ende erreichen, ist eine fernere Versteuerung nicht zu leisten. 8

e. Pachtabtretungsverträge, welche wegen Ablebens des Pächters, oder aus sonstigen unvermeidlichen Ursachen mit oder ohne Zuziehung des Verpächters von den Erben des Pächters, oder von dem Pächter selbst, mit einem Familienmitgliede des letzteren geschlossen werden, unterliegen nur einem Stempel von höchstens 1 50 ₰, auch wenn sie neue Pachtverträge oder Afterpachtverträge darstellen. War der Vertrag, in welchen der neue Pächter eintritt, noch nicht für die volle Vertragsdauer versteuert, so haftet letzterer für die erst nach beern Eintritt in das Pachtverhältniß fällig werdenden Theil⸗ zahlungen.

Der für amtliche Atteste in Privatsachen vorgeschriebene Stempel wird für Führungszeugnisse auf 50 ermäßigt. Für amtliche Atteste, welche den in Staatsbetrieben beschäftigten Personen beim Abgang aus ihrer Stellung ertheilt werden, ist eine Stempelabgabe nicht zu

ntrichten. ch 8., 3

In der Provinz Hannover unterliegen volizeiliche Erlaubniß⸗ scheine zum Betrieb der Gast⸗ oder Schankwirthschaft und zum Klein⸗ handel mit Getränken dem für Ausfertigungen vorgeschriebenen Stempel von 1 50 ₰. Die entgegenstehende Bestimmung des .67 des Gesetzes vom 24. Februar 1869 (Gesetz⸗Samml. S. 366) wird aufgehoben.

Kommanditgesellschaften auf Aktien und eingetragene Genossen⸗ schaften, welche ganz oder theilweise auf einen Handels⸗ oder Ge⸗ werbebetrieb irgend welcher Art gerichtet sind, haben den Stempel⸗ fiskalen die Einsicht ihrer Verhandlungen zum Zweck der Stempel⸗ visitation zu gestatten.

§. 5. Dieses Gesetz tritt mit dem 1. April 1889 in Kraft. Der Finanz⸗Minister wird mit der Ausführung desselben be⸗ auftragt.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Die Protokolle der Verhandlungen des Landwirth⸗ von Elsaß⸗Lothringen in seiner ersten Session 1888 liegen nunmehr im Druck vor. Vorangestellt ist denselben die Verordnung Kaiser Wilhelm's I., vom 25. Januar 1888, durch welche der Landwirthschaftsrath eingesetzt wurde und die land⸗ wirthschaftlichen Vereine des Reichslandes ihre Organisation erhielten. Danach ist der Landwirthschaftsrath zur Unterstützung des Ministeriums

ür Elsaß⸗Lothringen als dessen regelmäßiger Beirath in der Förde⸗

rung der Landwirthschaft bestimmt und befugt. die Interessen derselben

durch selbständige Anträge wahrzunehmen. Der Landwirthschaftsrath hat seinen Sitz in Straßburg und besteht aus dem Unter⸗Staats⸗ sekretär der Abtheilung für Finanzen, Landwirthschaft und Domänen im Ministerium für Elsaß⸗Lothringen sowie aus 15 Mitgliedern, welche der Statthalter ernennt. Diese Ernennung erfolgt auf die Dauer von drei Jahren. Aus den berufenen Mitgliedern wird durch den Statthalter ein Präsident ernannt, welcher die Geschäfte des Land⸗ wirthschaftsraths führt und in den Sitzungen den Vorsitz übernimmt, sofern letzterer nicht von dem Unter⸗Staatssekretär wahrgenommen wird. Der Landwirthschaftsrath bildet aus seiner Mitte vier ständige Kommissionen, und zwar: für Landwirthschaft im Allgemeinen, für Wein⸗ und Obstbau, für Thierzucht, für Vöseeesit.8sa; Ke Meliorationen. Ein Mitglied kann mebreren Kommissionen angehören. Der Landwirthschaftsrath wird zu seinen Sitzungen durch den Unter⸗ Staatssekretär berufen. Das Ministerium kann zu denselben Kom⸗ missare oder Auskunftspersonen abordnen, welche jederzeit gehört werden müssen. Vie Geschäftsordnung wird vom Statthalter fest⸗ gesetzt ꝛc. Ueber die Organisation des landwirthschaftlichen Vereins⸗ wesens im Reichslande bestimmt die Verordnung: In jedem Kreise wird ein landwirthschaftlicher Kreisverein eingerichtet. Den Vorsitz in demselben führt der Kreisdirektor, sofern der Statthalter nicht ein anderes Vereinsmitglied zum Vorsitzenden ernennt. Die Kreisvereine eines Bezirks können mit Genehmigung des Statthalters zu einem Bezirksverein zusammentreten. Den Vorsitz in dem Bezirksverein führt der Bezirks⸗Präsident. Der Verordnung folgt der Abdruck der Geschäftsordnung, welche der Kaiserliche Statthalter, Fürst von Hohenlohe, unter dem 24. April 1888 festgesetzt hat, sowie das Verzeichniß der Mitglieder und die Zusammensetzung der 4 stän⸗ digen Kommissionen. Zum Präsidenten ist vom Statthalter der Grtgbesiter Baron Hugo Zorn von Bulach, Mitglied des Landes⸗ ausschusses und des Bezirkstages für Unter⸗Elsaß, ernannt worden. Die erste (Frühjahrs⸗) Tagung wurde am 23. Mai 1888 im Saale des Bezirks⸗Präsidiums in Straßburg eröffnet. Der Er⸗ öffnung wohnten bei: der Unter⸗Staatssekretär von Puttkamer und der Bürgermeister Back, den Verhandlungen als Vertreter der Re⸗ ierung der Unter⸗Staatssekretär von Schraut, der Ministerial⸗Rath kreiber von Bibra, der Bezirks⸗Präsident von Stichner und der dandes⸗Thierarzt Imlin. Unter⸗Staatssekretär von Schraut begrüßte die J“ im Namen des verhinderten Statthalters. Nachdem sodann der Präsident, Baron Hugo Zorn von Bulach, noch die Aufgaben des Landwirthschaftsraths in einer einleitenden Rede dargelegt hatte, trat

die Versammlung sofort in die Tagesordnung ein. (Wir geben nach⸗ stehend einen Auszug der wichtigsten Beschlüsse aus den Protokollen.) Es erfolgte zunächst die Bildung der 4 durch die Verordnung be⸗ stimmten Kommissionen von je 5 Mitgliedern. Dann wurde die Regierungsvorlage, betreffend Vertheilung der Fonds zur Förderung der ferdezucht, für Zuschüsse an land⸗ wirthschaftliche Vereine und zur der Rindviehzucht, berathen. Es handelte sich dabei um die im Landes⸗ Etat für 1888/89 ausgeworfenen Summen, deren Verwendung die Vorlage folgendermaßen beantragte: 1) Zur Prämiirung von gekörten Zuchthengsten sowie zur Bestreitung der Kosten der Hengftkörung 27 000 ℳ; 2) zur Prämiirung von Zuchtstuten, ferner 2⸗ 3⸗ und 1 jährigen Pferden, sollen im Anschluß an die bisherige Gepflogenheit den drei Bezirken überwiesen werden: Ober⸗Elsaß 4000 ℳ, Unter⸗ Elsaß 6000 und Lothringen 4000 ℳ; 3) Pramien und Zuschüsse für gute Stallungen und Tummelplätze, gute Abrichtung, Wartung und Haltung der Pferde (früher 3000 ℳ) 5000 ℳ; 4) an die drei Bezirke zum Ankauf von Zuchtstieren je 5000 gleich 15 000 ℳ; 5) Kosten der Stierkörung 11 000 ℳ; 6) an die drei Bezirke zur selbständigen Verwendung innerhalb der durch den Etat gezogenen Grenzen: Ober⸗Elsaß 11 000 ℳ, Unter⸗Elsaß 16 500 und Lothringen 15 500 ℳ; 7) Zuschuß an den Bienenzuchtverein 2000 ℳ; 8) Beihülfe zu den Kosten der im Kreise Rappoltsweiler angestellten Düngungsversuche auf Rebstücken 600 Sämmtliche Positionen wur⸗ den nach längerer oder kürzerer Debatte bezw. ohne Diskussion angenommen. Zu Ziffer 6 wurde auf Antrag des Präsidenten folgender Beschluß gefaßt: „Der Landwirthschaftsrath spricht den Wunsch aus, daß bei dem Einkauf von Zuchtstieren aus öffentlichen Mitteln im Auslande einheitlich verfahren werde, damit keine unnütze Ausgabe öffentlicher Gelder, d. h. Konkurrenz von Bezirks⸗ und Kreis⸗Einkaufs⸗Kom⸗ missionen, gemacht werde. Auch ersucht der Landwirthschaftsrath die Regierung, ihm im nächsten Jahre Mittheilung darüber zu machen, wie in den einzelnen Bezirken der Ankauf von Zuchtstieren aus den öffentlichen Mitteln für 1888/89 bewerkstelligt wird.“ Die Frage, betreffend Düngung auf Rebstücken (Ziffer 8), wurde der 2. und 4. Kommission zur weiteren Aufklärung überwiesen. Den dritten Gegenstand der Tagesordnung bildete eine Mittheilung der Regierung über den Stand der Maßregeln gegen die Reblausgefahr. Aus der Regierungsvorlage ist folgendes That⸗ säͤchliche hervorzuheben: Elsaß⸗Lothringen ist in 5 Weinbaubezirke ein⸗ getheilt, nämlich: I. Weinbaubezirk: Bezirk Unter⸗Elsaß ausschließlich der Gemeinden Schlettstadt, Kestenholz, Kinzheim und Orschweiler; II. Weinbaubezirk: die Kreise Gebweiler, Colmar und Rappolts⸗ weiler, östlich der Eisenbahn Straßburg⸗Basel, sowie der Bann der Gemeinde Bollweiler; III. Weinbaubezirk: die Kreise Gebweiler, Colmar und, Rappoltsweiler, westlich der Eisenbahn Straßburg⸗ Basel, und die Gemarkungen Schlettstadt, Kestenholz, Kinzheim und Orschweiler; IV. Weinbaubezirk: die Kreise Mülhausen, Altkirch und Thann; V. Weinbaubezirk: Beszirk Lothringen. An der Spitze des Aufsichtsdienstes steht der Aufsichtskommissar in Reblausangelegen⸗ heiten, Bürgermeister Oberlin in Bebelnheim im Ober⸗Elsaß. Für denselben sind 3 Stellvertreter, einer für den Weinbaubezirk Unter⸗Elsaß, einer für die Weinbaubezirke im Ober⸗Elsaß, einer für den Weinbaubezirk Lothringen bestellt. Ferner sind demselben beigegeben: 5 Sachverständige, einer im Unter⸗ Elsaß, 3 im Ober⸗Elsaß, einer in Lothringen, und 11 Lokalbeobachter: einer im Unter⸗Elsaß, 5 im Ober⸗Elsaß und 5 in Lothringen. Der örtliche Aufsichtsdienst wird durch Lokalkommissionen wahrgenommen. Dieselben sind in der Weise gebildet, daß für je 25 ha Rebland ein Mitglied gewählt wird, die geringste Zahl der Mitglieder aber auf drei festgesetzt ist. Reblausherde sind in Elsaß⸗Lothringen bis 1887 einschließlich entdeckt worden: in den Jahren 1876 in Bollweiler, 1877 und 1885 in Plantisres in Lothringen, 1886 und 1887 in Lutterbach und Hegenheim im Ober⸗Elsaß, 1887 in Vallières, St. Julien und Ancy in Lothringen. Die Gesammtzahl der Heibe be⸗ trägt 94, die Zahl der infizirten Stöcke 15 688, die Zahl der vernichteten Stöcke 60 401, der Inhalt der vernichteten Flächen 5,5586 ha. Im Anschluß an die Regierungsvorlage erstattete das Mitglied, Gutsbesitzer und Bürgermeister Oberlin (Bebelnheim), einen eingehenden Bericht, nach welchem, in Anbetracht der Sorglosig⸗ keit und Gleichgültigkeit der Rebpflanzer und der sehr beträͤchtlichen Umgehungen des Gesetzes über den Handel mit Wurzelreben, die Verseuchung mehr und mehr drohe und kaum verhindert werden könne. Derselbe gab zugleich eine statistische Uebersicht über die Kosten der Reblaus⸗Bekämpfung in verschiedenen Ländern und ver⸗ breitete sich über die verschiedenen Arten der Bekämpfung, nämlich 1) durch Unterwassersetzen der Weinberge, 2) Anbau in Sand, 3) Anwendung insektentödtender Mittel, 4) Anpflanzung widerstands⸗ fähiger (amerikanischer) Reben. Nur und 4 kämen, dem Redner zufolge, für Elsaß⸗Lothringen einigermaßen in Be⸗ tracht. die als Abhülfe von Amerika her angerathene Anpflanzung von säßem Welschkorn halte er für Schwindel. Das der französischen Regierung vorgeschlagene Verfahren, den insekten⸗ tödtenden Schwefelkohlenstoff an den Stock zu bringen, habe sich nicht bewährt. Der Präsident bedauerte die Kreosotkampagne im Jahre 1887, wodurch noch mehr Winzer auf irrige Anschauungen gebracht worden seien. G 2 In der zweiten Sitzung, am 24. Mai, wurde über den Antrag Zorn von Bulach, betreffend die Abhaltung eines Herbst⸗Pferde⸗ und Zuchtviehmarkts in Straßburg, verhandelt. Bezirks⸗ präsident von Stichaner erklärte sich gegen denselben. Die Erfolge der Weißenburger Züchtung dürften nicht durch ein solches Frofekt in Frage gestellt werden. Der Antragsteller habe offenbar die Absicht im Auge, dem elsaß⸗lothringischen Züchter im Lande selbst eine Gelegenheit zur Erwerbung seines Zucht⸗ materials zu schaffen. Diese Idee sei zwar bestechend, aber nichtsdesto⸗ weniger verwerflich, denn die großen schweizerischen und badischen Züchter würden nicht kommen und der Markt schließlich lediglich den Spekulanten eine Gelegenheit schaffen. Die Gefahr, daß er mit geringwerthigem Zuchtmaterial befahren werde, drohe sonach ganz be⸗ trächtlich, und es erscheine recht gewagt, wenn der Landwirthschaftsrath einen solchen Versuch unter sein Patronat nehme, denn das sei gleich⸗ bedeutend mit der direkten 1f den einheimischen Zuchter, dann auch in Straßburg zu kaufen. as Streben gehe dahin, sich binsichtlich des Zuchtmaterials nach und nach vom Auslande zu emanzipiren; in Weißenburg habe man die schönen Flel⸗ erzielt, der weiteren Entwickelung drohe nun aber Gefahr im Lande selbst. Zuchtviehmärkte gehörten übrigens gar nicht in die Landeshauptstadt (Karlsruhe, Basel u. a. hätten auch 5e sondern in das Gebiet der Zucht selbst Von Versuchen in Frank⸗ furt und Mainz sei man auch wieder zurückgekommen. Straßburg sei der Ort für einen möglichst großartig zu Fenattendm Schlacht⸗ und Handelsviehmarkt, nicht aber für einen Zuchtviehmarkt. Nach län⸗ gerer Debatte entschied sich der Landwirthschaftsrath mit 12 egen 3 Stimmen für die Einricktung eines solchen Markts owie für die Bewilligung von Prämien aus Landes⸗ fonds im Betrage von 1500 zur Belebung desselben. Zweiter Gegenstand der Tagordnug war die Frage, betreffend PFölang einer elsaß⸗lothringischen üerevhss. lichen Landes⸗Ausstellung in Straßburg im Sp sommer 1889. Unter⸗Staatssekretär von Schraut erinnerte an die glänzenden Ergebnisse der letzten EB Jahre 1881. Seit⸗ dem seien sieben Jahre verflossen, und die Frage trete näher, ob es sich nicht empfehle, hier wieder eine Ausstellung zu halten. Sei der ndwirthschaftsrath in der Lage, die Zweckmäßigkeitsfrage zu bejahen, so werde die Regierung gern mitwirken und in den nächsten Etat 20 30 000 als Landeszuschuß einsetzen. Diese Ausstellung sei wohl, wenn möglich, zu verbinden mit einer Landesgewerbe⸗ und Kunst⸗ Ausstellung. Ferner sei ein Comité zur ferneren Verhandlung der Sache zu 8 vielleicht am besten zusammengesetzt aus dem Prä⸗ sidenten und den vier Präsidenten der Kommissionen. Dieses Comité müsse sich frei kooptiren aus den Landwirthen des Landes, unabhängig vom Landwirthschaftsrath. Die bescho nach ein⸗ ebender Erörterung mit 12 gegen 3 Stimmen (welche sich enthielten): 9 „Der Landwirthschaftsrath hält es im Interesse der Landespro⸗

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ihre

duktion für sehr wünschenswerth, daß im Jahre 1890 in Straßburg eine Landes⸗Ausstellung für alle Zweige der Landwirthschaft det, wenn möglich in Verbindung mit einer Landes⸗ und stgewerbe⸗ Ausstellung.“ Mit großer Mehrheit wurden sodann die unlte angenommen: 2) „Der Landwirthschaftsrath ersucht die Regierung, wegen Bewilligung eines Zuschusses aus Landesfonds zur Deckung der Kosten das Erforderliche einzuleiten 3) „Der Landwirthschaftörath beschließt, daß sein Präsident in Verbindung mit den Vorsitzenden der vier Kommissionen sich als eigenes Comits konstituirt, welches sich mit den Regierungsbehörden und dem Bürgermeister der Stadt Straßburg ins Benehmen setzt und demnächst durch Kooptation die Bildung eines Generalcomités herbeiführen soll.“ 4) „Der Land⸗ wirthschaftsrath ersucht die Regierung, mit der Deutschen landwirth⸗ schaftlichen Gesellschaft ins Benehmen treten zu wollen, damit dieselbe roße Ausstellung im Jahre 1890, wenn thunlich, in Straßburg abhalte.“ 5) „Späterhin soll bezüglich der Ausstellungen die Regel eines Turnus zwischen Colmar, Metz und Straßburg eingehalten werden.“ Bei dem dritten Gegenstand der Tagesordnung: Jahresbericht des Kaiserlichen Landesgestüts für 1887, wurde in Bezug auf die Frage, wo im Ober⸗Elsaß die neue Hengststation errichtet werden solle, von dem Unter⸗Staatssekretär von Schraut eingehende Prüfung zugesichert. Die Erörterung der Frage über den Hengstverkauf wurde an die 3. Kommission überwiesen.

Auf der Tagesordnung der dritten Sitzung, am 24. Mai, Nachmit⸗ tags, stand zuerst der Verwaltungsbericht der landwirthschaftlichen Versuchsstation Rufach für 1887. Die Versammlung erklärte sich nach längerer Debatte mit großer Mehrheit für die sorgfältige Weiter⸗ führung der von einer Seite angefochtenen Versuche mit den verschiedenen künstlichen Düngmitteln sowie zur Feststellung der Bodenzusammensetzung. Die von anderer Seite gewünschte Ausdehnung der Versuchsfelder auch auf den Bezirk Ober⸗Elsaß, insbesondere die Hardt⸗Gegend, wird Seitens der Regierung zugesichert. Der zweite Gegenstand: Bericht über die landwirthschaftlichen Versuchsfelder in Loth⸗ ringen, war durch die vorhergegangenen Debatten bereits mit⸗ erledigt. Zu dem dritten Punkt: Organisation des land⸗ wirthschaftlichen Schulwesens, nahem zunächst der Unter⸗ Staatssekretäuk von Schraut das Wort: Landwirthschaftliche Schulen existirten bisher nach den verschiedensten Richtungen, sei es in Form von Obstbaumschulen (wie Brumath), jeien es allgemein wirthschaftliche Schulen, seien es Wanderlehrer. Dieser Zustand stelle eine Art Torso dar, nichts Ganzes. Die Re⸗ gierung wünsche über die Frage der Organisation der landwirthschaft⸗ lichen Schulen die Meinung des Landwirthschaftsraths zu hören. Nach kurzer Debatte wurde die Ueberweisung der Frage zur Vor⸗ berathung an die 1. und 2. Kommission beschlossen. Sodann begründete das Mitglied Baron Franz von Leoprechting, Gutsbesitzer zu Hegenheim, in eingehenden Ausführungen die Noth⸗ wendigkeit der weiteren Hebung der Obstbaumzucht. Der Land⸗ wirthschaftsrath faßte, nach Formulirung derselben durch den Prä⸗ sidenten, in dieser Hinsicht folgende Beschlüsse: „1) Der Land⸗ wirthschaftsrath drückt den Wunsch aus, daß die Bezirks⸗ vereine und die Kreisvereine der Veredelung und Ausbreitung der Obstbäume besondere Aufmerksamkeit widmen, namentlich in der Richtung, daß bestimmte erprobte Obstsorten in größerer Menge kultivirt werden. 2) Die 2. Kommission wird ersucht, ein Verzeichniß der erprobten Obstsorten durch die Zeitschrift bekannt zu machen. 3) Die Regierung wird ersucht, zu veranlassen, daß die Straßenbau⸗ verwaltung womöglich die Obstbaumpflanzungen an den öffentlichen Straßen vermehrt. Ein Antrag des Mitgliedes Amadeus Paté, Gutsbesitzer in La . und Genossen: die Bitte an die Regierung zu richten, daß dieselbe die Frage der Aufhebung des Weid⸗ ganges studire, wurde ebenfalls angenommen.

In seiner vierten Sitzung, am 25. Mai, hatte der Landwirth⸗ schaftsrath zuerst einen Antrag von Pats und Genossen zu berathen, welcher die Regierung bittet, die Frage der theilweisen oder ganzen Aufhebung der Frohnden zu studiren. Ministerial⸗Rath Frhr. von Bibra erklärte: Die Frage gehöre eigentlich in das Gebiet der Verwaltung der öffentlichen Arbeiten, berühre aber auch indirekt und sehr empfindlich die Landwirthschaft. Die Bestimmungen beruhten auf dem Gesetz über die Vizinalwege von 1836. Dieses Gesetz sei also jetzt über 50 Jahre alt. Beim Vollzuge hätten sich in der Praxis der⸗ artige Verschiedenheiten ergeben, daß das Gesetz in der That auch nach der Meinung der Bevölkerung als ein drückendes zu bezeichnen sei. In Lothringen hätten sich die Verhältnisse in Bezug auf die Ferbhcten durch die 1876 erfolgte Uebernahme der Bezirksstraßen als

reisstraßen noch verschlechtert. Es beständen aber auch noch sonstige Ungleichheiten. Große, wohlhabende Gemeinden lägen oft an Staats⸗ und Bezirksstraßen, zu deren sie nichts zu leisten hätten; andererseits gäbe es viele arme Gemeinden, welche für Vizinalstraßen große Opfer an Geld und Na⸗ turalleistungen zu bringen hätten. lle diese Fragen und die Nothwendigkeit einer Abhülfe seien in der Kommission des Landes⸗ ausschusses und in den Bezirkstagen zu erschöpfenden Besprechungen gekommen. Die Abtheilung des Innern, wozu die Wegebauverwaltung bLortnhi gehöre, sei zur Zeit mit den Studien der Abänderun des erwähnten Gesetzes befaßt. Mache sich der Landwirthschafterat den Antrag Paté zu F so sei die Regierung gern bereit, die Frage nach der öglichkeit von Erleichterungen einer wohlwollenden Erwägung zu unterziehen. Nach längerer Erörterung wurde gemäß der Formulirung des Präsidenten be⸗ schlossen: „Der Landwirthschaftsrath empfiehlt der Regierung den ausge⸗ sprochenen Wunsch zur genaueren Prüfung“. Von den weiteren Be⸗ rathungsgegenständen sei noch erwähnt, daß die 3. Kommission einen Bericht übergab und einstimmig beantragte: „den Modus, wie ihn der Landstallmeister in der letzten Zeit für den Wiederverkauf der Zuchthengste gehandhabt hat, zu 5, * Derselbe besteht darin, daß alle diejenigen Landwirthe aus Elsaß⸗Lothringen, welche sich an der Versteigerung betheiligen wollen, sechs Wochen vorher sich anmelden. Die Gestütsverwaltung erkundigt sich sodann nach der Zahlungsfähig⸗ keit des Antragstellers, ob er geeignete Stallung und Gehöft, und ob er die Fähigkeit besitzt, einen Hengst zu pflegen und zu halten, ferner ob die Aufstellung eines Hengstes in seiner Gegend nothwendig ist u. s. w. Ist das Alles nachgewiesen, dann wird er zur Versteigerung zugelassen. In dringenden Fällen kann jedoch von dieser Regel Abstand genommen werden. Der An⸗ trag wurde einstimmig angenommen. Letzter Berathungs⸗ punkt war das Hufbeschlagwesen Landes⸗Thierarzt Imlin ent⸗ wickelte die Nothwendigkeit der Gründung einer Hufbeschlagschule und des Prüfungszwanges. Unter⸗Staatssekretär von Schraut empfahl, über die Frage vorläufig nicht abzustimmen, bis eine Vorlage der Ferbaeee vorhanden sei. (Schluß der Sitzung und der Frühjahrs⸗

agung).

Gewerbe und Handel.

Deiembet⸗Ruabschau auf den Getreidehandel. Im Monat Dezember standen die amerikanischen und westeuropäischen Preise, wie schon vorher, in keinem Verhältniß zu einander, so daß von Bezügen Europas nach wie vor nicht die Rede sein konnte. Mit Ausnahme weniger Partien, die für Portugal in Zollspekulation ekauft waren, weil man dort die erst vor Kurzem daselbst Mehl⸗ und S wieder auf ihren vorherigen hohen Stand zu bringen beabsichtigte, und thatsächlich auch laut Dekret vom 15. Dezember brachte, wurden aus den atlantischen Häfen der Vereinigten Staaten überhaupt keine nennenswerthen 2 expeditionen gemeldet. Auch in Mehl bliehen die ö’ee auf einem sehr niedrxigen Niveau, trotzdem einzelne der dortigen Mühlen

alles e zeigten, um nur ihre gefüllten gelspeces gen 2

einigermahen erleichtern zu konnen. Trotzdem aber vergrößerten

die unter Kontrole stehenden Bestände in den Vereinigten während des Monats von 36 Millionen Bushels (1 Aler. 60 engl. * „bis auf 38 900 000 Bushels, während gl

im Vorjahre bei recht ansehnlichen Ausfuhren die von 40 Millionen Bushels auf 44 ½ Millionen sich vermehrt hatten. Man fand hierin im Allgemeinen die Bestätigung der ungansticen