evvrg. Xn.
8 .
aeaX“·“*“*“*“ ——
welcher in seinem heißen Kampfesmuth dem tollen Prinzen das Gegengewicht hält, im Vordergrunde der Handlung. Die Bearbeitung zeugte durch die treffende Auswahl der zum Bau des Schauspiels nothwendigen und wirkungsvollsten Scenen von dem feinen Verständniß des Bearbeiters. Der Erfola des Abends war ein nach jeder Richtung hin vollkommener. Was die Darstellung betrifft, so spielte Hr. Pohl die Titelrolle mit schönem, künstlerifschem Gelingen; der kränkliche König, von Gewissensregungen gequält, voll Gram über das leichtsinnige Leben des jungen Thronfolgers, wurde unter seiner Hand eine lebensvolle Figur, welcher auch die kräftigen Ausbrüche der Leidenschaft gut standen. Die cigentliche Hauptrolle, den tollen Prinzen Heinz, gab Hr. Kainz mit dem 85 und Uebermuth der Jugend; die derben Wirthshausseenen mit ihrer knabenhaften Tollköpfigkeit gelangen ihm vortrefflich; die tiefe Beschämung beim Aufzählen seiner Fehler aus dem Munde seines be⸗ kümmerten Vaters brachte Hr. Kainz ergreifend zur Fmicrung und doch machte sich manchmal in seiner Darstellung eine leise Unsicherheit bemerkbar, als ob er seine Rolle noch nicht völlig bemeistert hätte. Uneingeschränktes Lob verdient der „Falstaff“ des Hrn. Friedmann; die selbstgefällige Liederlichkeit, einfältige Prahlerei und verblüffende Un⸗ genirrheit des eingefleischten Lügners gab Hr. Friedmann mit köst⸗ lichem Humor wieder; die philosophisch angehauchten Gedankensprünge, welche stets in der Rechtfertigung der Lüge und der Feigheit enden, erregten durch die lächelnde Selbstzufriedenbeit und blinzelnde Schlauheit des Dar⸗ stellers stürmische Heiterkeit. Hr. Engels spielte den beschränkten, reichen Schaal mit derber Komik; die Maske des ausgedörrten alten Schwätzers war vorzüglich, doch lag in dem zu häufig wiederkehrenden grellen Lachen eine arge Uebertreibung, welche die Anfangs hervorgerufene humoristische Wirkung beeinträchtigte. Lobenswerth muß auch die Leistung des Hrn. Sommerstorff als Heinrich Percy genannt werden. Es gelang ihm ausgezeichnet, die über⸗ sprudelnde Heftigkeit der Rede, in welcher die „schwere Zunge“ diskret angedeutet wurde, zu charakterisiren; die innere auf⸗ steigende Ungeduld und Hitze prägte sich in Gesicht und Haltung energisch aus, und rührend wirkte dem gegenüber die plötzlich ausbrechende Zärtlichkeit gegen seine Frau, welche rl. Ortwin erfolgreich darstellte. Hr. Tewele als „Poins“ enthielt ich mit klugem Verständniß jeglicher Uebertreibung und stellte einen ebenso ritterlichen als leichtsinnigen Anhänger des Prinzen dar. Hr. Pittschau, als der sich selbst verherrlichende „Owen Glendower’ traf glücklich den humo⸗ ristisch angehauchten Charakter des Zauberers und Teufelsbezwingers; seine wohlwollende Herablassung dem ungläubigen Percy gegenüber wirkte ungemein erheiternd. — Mit wahrer Meisterschaft waren auf der verhältnißmäßig kleinen Bühne die Massenbewegungen arrangirt. Der Kampf bei Shrewsbury wurde auf der Bühne lebendig dar⸗ gestellt; er fand nicht nur auf der vorderen Bühne statt, sondern nahm auch den Hintergrund in Anspruch, wo er durch verschiedene geschickt gruppirte Baumgruppen sich hinzog. Der Krönungszug im Schlußakt ziebt von links auf und bewegt sich dann eine Straße hinauf in den Hintergrund, so daß eine verhältnißmäßig große Massen⸗ entfaltung stattfinden kann. Die Kostüme waren so getreu wie mög⸗ lich denen des fünfzehnten Jahrhunderts nachgeahmt und ergaben sehr malerische Wirkungen. Ebenso getreu dem Stile der Zeit und ebenso prächtig waren die Dekorationen; im letzten Akt kam be⸗ sonders die altlondoner Straße mit der prächtigen Westminsterabtei künstlerisch vollendet zur Geltung. — Der Beifall blieb, trotz der langen Ausdehnung des Schauspiels allezeit kräftig und herzlich, ein Zeichen der dankbaren Anerkennung, mit welcher diese neueste klassische Gabe des Deutschen Theaters vom Publikum aufgenommen wurde.
Deutsches Theater. Einem Wunsche von hoher Stelle ent⸗—
sprechend, wird am nächsten Donnerstag, den 31., „Götz von Ber⸗ lichingen“ gegeben. Die für diesen Tag angesetzt gewesene Auf⸗ führung von „Doctor Klaus“ wird daher erst in der nächsten Woche stattfinden.
Lessing⸗Theater. Die erste Aufführung von „Alexandra“ wird bereits am Freitag stattfinden, um ein Zusammentreffen mit der für Sonnabend angekündigten Première des Schauspielhauses zu vermeiden. Frl. Clara Heese vom Münchener Hoftheater, welche die Titelrolle spielt, ist bereits eingetroffen, um an den Proben theil⸗ zunehmen. — — Ein glänzendes Bild gewährte am Sonnabend das Audi⸗
forium des Friedrich⸗Wilhelmstädtischen Theaters, da Direktor Fritzsche zur Vorfeier des Geburtsfestes Sr. Maijestät des
Kaisers einen großen Theil der Plätze der hiesigen Kommandantur zur Verfügung gestellt hatte und nun die Vertreter aller Waffen⸗ gattungen, zahlreich wie sie erschienen waren, dem Zuschauerraum in Logen und Paorquet einen vorwiegend militärischen Charakter ver⸗
liehen. Der Weihe des Tages entsprechend, ging Weber's Jubel⸗
Wetterber 8
illim.
Stationen.
2 (
8 2 &
Wetter.
V
in ° Celsius
Temperatur 50C. = 40 R.
Bar. auf 0 Gr. u. d. Meeressp.
red. in M
5 bedeckt Donnerstag: 2 heiter 8 Regen 3 Nebel 2 bedeckt 2heiter 4 wolkenlos 2 wolkenlos
G 8
Mullaghmore Aberdeen. Christiansund Kopenhagen. Stockholm. Haparanda. St Petersburg Moskau.. Cork, Queens⸗ V town G 3 wolkig Cherbourg. 3 heiter Helder. 2 3 wolkig EE1“” 4 Dunst Hamburg.. 4 bedeckt Swinemünde 4 bedeckt Neufahrwasser 4 bedeckt Memel.. 4 beiter
Münster. 2 halb bed. Karlsruheü. still bedeckt Wiesbaden. still bedeckl¹) München.. 3 Dunst²) W 3 bedeckt WNW A4 bedeckt WNW 3 wolkenlos 6 bedeckt
22 8
ͤesʒ “
GQeGG 1LI 288
Carl Töpfer
8
Donnerstag:
Sonnabend:
Jagd.
onnerstag:
L 4.L. OSSee-N;D
nelins Voß.
4 wolkenlos e Coppeée.
Chatrian. 8 Donnerstag:
Uebersicht der Witterung 8 Einem Maximum von 779 mm über Südwest⸗
an der mittleren norwegischen Küste gegenüber; ein anderes Minimum von unter 739 mm lagert über Nordrußland; am Skagerok, sowie an der südnorwe⸗ gischen Küste weben vielfach stürmische westliche und südwestliche Winde. Ueber Central⸗Europa ist das
weise heiter und kalt. 10 Grad. In Süddeutschland ist stellenweise Schnee gefallen. 8 8 Deutsche Seewarte.
— ꝗ O—
7 ½ Uhr.
1
Ouverture mit der patriotischen Schlußhymne der „Mikado“⸗Vor⸗ stellung voran, welche dann, wie alltäglich, das überfüllte Haus z. wahren Beifallsstürmen hinriß. Central⸗Theater. Die Mannstädt'sche poffe⸗ „Leucht⸗ kugeln“, hat noch allabendlich denselben fröblichen Erfolg wie bei der ersten Aufführung; nicht wenig tragen dazu die wirksamen Gesangs⸗ nummern von G. Steffens bei, welche jedesmal da capo verlangt und ewährt werden. Stürmischen Beifall findet stets der dritte Akt mit einen wechselnden Stimmungsbildern und den bewegten, frischen Mandverscenen. 1 , b — Gestern fand in der Philharmonie das zweite der vier für diesen Winter in Aussicht genommenen Concerte ablo de Sarasate;'s statt (für die beiden letzten ist die Sing⸗Akademie ge⸗ wählt). Eingeleitet wurde dasselbe durch die Mendelssohn’'sche Ouverture „Meeresstille und glückliche Fahrt“, welche unter der be⸗ währten Leitung des Hrn. G. F. Kogel mit gewohnter Präzision aus⸗ geführt wurde. Ihr folgte ein Concert für Violine und Orchester von Mackenzie, welches zwar dem Vortragenden Gelegenheit gab, seine technischen Fertigkeiten zu zeigen, bei dem Publikum indessen wenig Beifall fand. Stürmischen eifall errang Hr. Sarasate mit „La fée d'amour“, einem Concertstück von Joachim Raff, welches neben ansprechenden Melodien die erstaunliche Technik der Passagen und Kadenzen zur vollen Wirkung brachte. Neu war die darauf folgende „Ballade für Violine und Orchester“ von Moszkowski. Die hübsche, sehr an⸗ sprechende Melodie war freilich mit virtuosem Beiwerk etwas über⸗ laden, und würde wohl entschieden eine noch größere Wirkung erzielt haben, wenn diese Abschweifungen auf ein geringeres Maß zurückgeführt wären. Als letzte Nummer führte das Programm ein Duo für zwei Violinen von Sarasate, „Na⸗ varra?, auf, welches der Concertgeber mit einem, unseres Wissens in Berlin noch unbekannten Violinisten. Hrn. Rafael Diaz Abbertini, ausführte der sich bei dieser See als einen Hrn. Sarasate ebenbürtigen Partner erwies. Der Beifall wollte nicht enden, trotz⸗ dem sich der Saal allmählich leerte, und dies bewog Hrn. Sarasate zu fernerer Zugabe. Als der Concertgeber zum Schluß das Nocturne in Es-dur von Chopin zu spielen begann, strömten die bereits in den Vorräumen der Philharmonie befindlichen Zuhörer wieder in den Saal zurück und dankten durch immer erneute Beifallsstürme dem trefflichen Künstler, den ein Klavierspieler sehr diskret accompagnirte.
Mannigfaltiges. b
Preußische Klassenlotterie. (Ohne Gewähr.) —
Bei der gestern fortgesetzten s der 4. Klasse 179. Königlich preußischer Klassenlotterie fielen in der Nachmittags⸗Ziehung: 1
2 Gewinne von 10 000 ℳ auf Nr. 106 422. 118 294.
4 Gewinne von 5000 ℳ auf Nr. 24 594. 47 286. 151 521. 165 905.
37 Gewinne von 3000 ℳ auf Nr. 6664. 14 705. 20 916. 28 054. 39 518. 39 777. 45 511. 48 400. 48 592. 48 627. 53 104. 55 017. 57 345. 59 234. 71 113. 74 872. 79 591. 85 533. 91 148. 91 693. 95 227. 95 374. 102 446. 103 518. 111 249. 114 380. 123 836. 138 722. 147 354. 153 561. 157 009. 159 836. 162 324. 164 212. 167 896. 176 829. 183 007. 1 1
43 Gewinne von 1500 ℳ auf Nr. 1688. 17 177. 24 227. 24 587. 30 242. 35 866. 39 119. 42 924. 49 536. 50 985. 58 792. 62 569. 62 786. 65 768. 72 140. 73 305. 73 471. 74 846. 75 105. 83 009. 84 752. 89 029. 91 350. 107 940. 108 568. 114 130. 114 886. 120 761. 130 145. 131 155. 132 548. 135 780. 139 860. 140 317. 144 606. 159 742. 159 894. 159 911. 162 763. 175 120. 177 663. 177 665. 187 618.
38 Gewinne von 500 ℳ auf Nr. 3043. 26 333. 31 529. 34 812. 41 384. 44 534. 46 076. 47 171. 49 951. 57 092. 60 925. 64 600. 65 188. 67 158. 71 093. 71 411. 73 957. 77 133. 81 531. 82 390. 91 625. 93 388. 98 592. 105 861. 114 253. 120 366. 121 910. 136 723. 139 388. 147 699. 149 747. 151 620. 156 811. 160 683. 162 203. 164 361. 165 248. 175 650.
Theater⸗Anzeigen.
Königliche Schauspiele. Mittwoch: Opern⸗ Grant. Ausstattungsstück mit großem Ballet in baus. 28. Vorstellung. Die Quitzows. Vater⸗ 12 Bildern von D'’Ennery und Jules Verne. ländisches Drama in 4 Akten von Ernst v. Wilden⸗ Musik von C. A. Raida. Anfang 7 Uhr. bruch. Anfang 7 Uhr. 8 Donnerstag und folgende Tage: Die Kinder des
Schauspielhaus. 30. Vorstellung. Der Waffen⸗ Kapitän Grant. schmied. Komische Oper in 3 Akten von Albert
Lortzing. Anfang 7 Uhr.
Walküre von Richard Wagner. Anfang 7 Uhr.
Schauspielhaus. 31. Vorstellung. Rosenmüller und Finke. Original⸗Lustspiel in 5 Akten von Dr. Anfang 7 Uhr.
Freitag: König Heinrich der V
Berliner Theater.
Freitag: 20. Abonnements⸗Vorstellung. Cor⸗
von Victorien Sardou. Oscar Blumenthal. Vorher: Die Lerche. deutschland liegt ein Minimum von unter 745 mm spd to ene 5 Wahe Iee xain
Anfang 7 Ubr.
Wallner-Theater. Mittwoch: Zum 112. M.:
Wetter im Norden trübe und mild, im Süden tbeil Madame Bonivard. Schwank in 3 Akten von — München meldet minus Alex Bisson und Antonie Mars. Deutsch von Emil Neumann. Vorher: Zum 112. Male: Der dritte
Kopf. Posse in 1 Akt. Mit theilweiser Benutzung einer englischen Idee von Franz Wallner.
vard. Der dritte
179. Königlich preußi lassenlotterie een in der Vor⸗
Bei der heute fortgesetzten Ziehung der 4. Klasse 1 scher 4 2 1 mittagsziehung: ’
-1 Gewinn von 10 000 ℳ auf Nr. 15 102.
5 Gewinne von 5000 ℳ auf Nr. 4922. 53 230. 71 424.
76 528. 120 518.
30 Gewinne von 3000 ℳ auf Nr. 2771. 11 494. 18 364. 25 889. 31 447. 37 562. 39 032. 41 736. 43 899. 44 756. 63 683. 66 143. 66 719. 77 603. 105 569. 111 225. 112 569. 124 703. 129 690. 135 369. 138 030. 139 689. 140 285. 143 777. 156 406. 165 236. 171 577. 172 163. 178 755. 183 614.
34 Gewinne von 1500 ℳ auf Nr. 833. 9224. 11 577. 17 518. 17 783. 24 928. 26 314. 26 315. 35 432. 38 695. 42 408. 46 598. 48 563. 50 636. 61 810. 66 940. 68 030. 70 592. 76 776. 78 690. 79 089. 85 305. 87 171. 88 498. 113 165. 115 291. 117 705. 118 989. 124 061. 127 377. 147 918. 151 354. 176 489. 188 098.
38 Gewinne von 500 ℳ auf Nr. 179. 3158. 7403. 7590. 14 787. 19 533. 25 827. 33 892. 36 199. 51 266. 52 033. 53 442. 67 561. 80 675. 86 877. 96 589. 97 235. 101 503. 106 484. 108 029. 111 599. 114 603. 117 920. 118 818. 127 156. 130 406. 137 103. 137 646. 142 868. 150 603. 150 754. 157 126. 169 054. 169 393. 176 070 179 639. 181 327. 182 402.
Als einfache, prunklose Feier vollzoa sich in den Mittagsstunden
des Geburtstages Sr. Majestät des Kaisers die Eröffnung der
ersten Volks⸗Kaffee⸗ und Speisehalle (Niederwallstr. 31, Ecke der Kreuzstraße). Die Mitglieder des Vorstandes der „Volks⸗ Kaffee⸗ und Speisehallen⸗Gesellschaft“ hatten sich mit ihren Damen fast vollzählig und außerdem auch zahlreiche Mitglieder der Gesell⸗ schaft, Vertreter der Presse und Gönner der Sache eingefunden. Das geräumige, freundlich dekorirte Parterrelokal (Abends sorgen Butzke⸗ sche Intensiv⸗Gasbrenner für splendide Beleuchtung), welches in ge⸗ diegener, aber einfacher, dem Zweck entsprechender Weise eingerichtet ist, bietet in dem für Männer bestimmten Raum etwas über 100, in dem für bestimmten, der von der Kreuzstraße seinen eigenen Eingang hat, circa 30 Sitzplätze. Die Bilder des Kaiserlichen Paares, der Kaiser Wilhelm und Friedrich und des Reichskanzlers, zur Feier des Tages in grünem Guirlandenschmuck, zieren die Wände, und die ganze Ein⸗ richtung zeigt, wie peinliche Sauberkeit den Gästen den Aufenthalt zu einem wohlthuenden machen wird. Der Vorsitzende der Gesellschaft, Reichstagsabgeordneter Graf von Dönhoffo Friedrichstein, setzte in warmen Worten auseinander, wie die Gesellschaft den minder be⸗ güterten Mitbürgern der Reichshauptstadt, in ähnlicher Weise wie in anderen Orten geschehen, nicht etwa ein verstecktes Almosen anbieten, sondern nur insofern eine Wohlthat erweisen wolle, als ein freundlicher, im Winter gut durchwärmter Aufenthalt und nahrhafte Speisen und Getränke zu solchen mäßigen Preisen in auter Qualität geboten werden solle, wie es der Vortheil des Engroseinkaufs und sorgfältiger, sparsamer Verwaltung gestattet. Der Redner endete mit dem Wunsch, daß das am Geburistage unseres Kaisers vor die Oeffentlichkeit tretende „Sonntagskind“ das Glück haben möchte, sich solche Gunst und Freunde zu erwerben, daß die Gesellschaft bald neue und namentlich größere Hallen dieser ersten folgen lassen könne. Unter dem Hinweis darauf, wie des Kaisers Sorge stets darauf gerichtet ist, den Be⸗ drängten zu helfen, was ja auch die Volks⸗Kaffee⸗ und Speisehallen⸗ Gesellschaft wolle, erklärte Graf Dönhoff die Halle für eröffnet, sie unter den Schutz des Kaisers stellend. Mit dem Rufe: „Hoch lebe Se. Majestät unser Kaiser und König!“ schloß die Weiherede, und be⸗ geistert stimmte die Versammlung in den Ruf ein. An die Eröff⸗ nung schloß sich eine Probe dessen, was die Volks⸗Kaffee⸗ und Speise⸗ hallen leisten wollen. Beispielsweise kostet eine große Portion Mit⸗ tagessen (bestehend aus Suppe, Gemüse und Fleisch) 30 ₰, die kleine Portion 20 ₰; Abendessen wird zu 10 bis 20 ₰ gegeben. Bei keiner Mahlzeit findet ein Zwang zur Entnahme von Getränken statt. Branntwein wird nicht verabfolgt. Die erschienenen Damen und Herren nahmen mit Interesse von den durch Hrn. E. Minlos ge⸗ troffenen Einrichtungen der Kaffee⸗ und Speisehalle und der Wirth⸗ schaftsräume Kenntniß.
Zum 116. Male:
In Vorbereitung: Opernhaus. 29. Vorstellung. Die
zum 55. Male (in deutscher Mikado, oder: Ein Tag in
Götz von Berlichingen. Doctor Klaus.
Mittwoch: Die wilde Brandt. Anfang 7 ½ Uhr.
Minna von Barnhelm.
Zum 1. Male: Der Zum 1. Male:
1 Cyprienne. Lustspiel in 3 Akten s nbr.
Bübnenbearbeitung von Herrgottschnitzer.
8 „ Leuchtkugeln. e1““ “ Mannstädt. 7 ½ Uhr.
Donnerstag und folgende Tage: Madame Boni⸗ Görß. Musik von Fr. Roth. Kopf. Donnerstag: Dieselbe Vorstellung.
Victoria-Thrater. Mittwoch: Halbe Preise. Die Kinder des Kapitän Verlobt: rl Elisabeth Winkler mit Hrn Fa⸗
1 Germania. stattungsstück von Ernst Scherenberg.
Friedrich-Wilhelmstädtisches Mittwoch: Mit neuer glänzender Ausstattung, itipu. urleske Fev 8 vö hhn n. Gilbert. Musik Verebelicht: Hr. E Mittwoch: König Hein Donnerstag: Der Milavo.
Residenz-Theater. Mittwoch:
v'ee1ae “ ggiel 86 1 von Ernest M 2 2
Blumn und Raoul Tochee, baarbeitet von ssice (Berlin) — Hrn. Lebrer, H. Zust (Leiprigs. —
Scherz in 1 Aufzuge von Franz Wallner und Th. Hrn. Schl.).
Donnerstag: Dieselbe Vorstellung.
Belle-Alliance-Theater. Mittwoch: 7. Gast⸗
spie 2 öö B des r 6 1 jeds⸗Mor⸗ lichen Theaters am Gärtnerplatz, 1“ Abschieds⸗Vor des Königl. bayer. Hofschauspielers Strike der Schmiede. Dramatische Scene von
rn. Max Hofpaur Der Herrgottschnitzer von 8 1 Ammergau. Oberbayerisches Volksstück mit Gesang 9 Hierauf: Zum letzten Male: und Tanz in 4 Aufzügen von Ludwig Ganghofer und Freund Fritz. Lustspiel in 3 Akten von Erkmann⸗ Hans Neuert. Musik von F. W. Prestele. Anfang
Donnerstag: 8. Gastspiel der Münchener. Der
Central-Theater. Mittwoch: Zum 38. Male: Gesangsposse in 4 Akten von W. Berlin: Musik von G. Steffens.
Donnerstag: Dieselbe Vorstellung.
Adolph Ernst-Theater. Dresdenerstraße 72. Mittwoch: Zum 7. Male: Die junge Garde.
Anfang Gesangsposse in 4 Akten von Ed. Leop. Elv. Die Gesangstexte theilweise von Gust. lichen Anzeigers (Kommanditgesellschaften auf
Anfang 7 ½ Uhr.
Familien⸗Nachrichten.
brikbesitzer Oskar Stamm (Berlin). — Frl. Mar⸗ garethe Lang mit Hrn. Albert Glinicke (Berlin). — Frl. Hildegard Krause mit Hrn. Bank⸗Kassirer Rud. Neumann (Dresden— Berlin). — Frl. Ma⸗ thilde v. Maltzan mit Hrn. Hauptmann a D. Ernst v. Bülow⸗Trummer (Rostock —- Wamekow). — Frl. Gertrud Becker mit Hrn. Prem.⸗Lieut. Max v. Drygalski (Neidenburg —Saarburg). — Frl. Julie Grundler mit Hrn. Postsekretär Max Schäfer (Möhringen a. F. — Stuttgart). — Frl. Dora Münch mit Hrn. Adolf Stuke (Osna⸗
brück — Hannover). ee ·Offizier Max Herzberg mit Frl. Hedwig Gentkow (Berlin —Zara). —
s Stadtrath Dr. Huhn mit Frl. Anna Lind⸗
tedt (Weimar).
Geboren: Ein Sohn: Hrn. Albrecht von Kameke (Bitziker). — Hrn. Weitzel von Muders⸗ bach (Osterwein). — Hrn. Pastor Eduard Kriele (Lauchstädt). — Hrn. Friedrich Otto Brandt
Großes Aus⸗
Theater.
Zum 33. M.:
Major Klinghardt (Reichenbach i
Hrn. Regierungs⸗Rath Justus Budde (Sondershausen). — Hrn. Amtsrichter Neumann (Glogau). — Hrn. Hauptmann Bauer (Leipzig). — Eine Tochter: Hrn. Paul Norberg (Magde⸗ burg). — Hrn. Pastor Holtz (Pentzlin). — Hrn. König⸗ Gymnasiallehrer Frantz (Strehlen). 1r Leituns Gestorben: Frl. Auguste Löhmann (Berlin). — 5” 8 Hr. Wilhelm Wandelt (Berlin). — Hr. Litho⸗ graph Sebastian Gsell (Leipzig). — Hr. Gustav Picht (Stettin). — Fr. verw. Bertha von Wi⸗ towski, geb. Prause (Glatz). — Hrn. Pr. Lieut. Schmundt Tochter Irmgard (Schweidnitz) — Hr. Partikulier Charles Chambeau (Battin bei Brüssow i. U.⸗M.). — Fr. Marie Coqui, geb. Kalkow (Magdeburg). — Hr. Amtsgerichts⸗Sekr. Julius Matzker (Breslau).
*
8
Redacteur: J. V.: Siemenroth. Verlag der Expedition (Scholz).
Anfang
Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. Sechs Beilagen
(einschließlich Börsen⸗Beilage), Jacobson und und die Inhaltsangabe zu Nr. 5 des öffent⸗
Aktien und Aktiengesellschaften) für die Woche vom 21. bis 26. Januar 1889.
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗
58
-Anzeiger und Königlich Pre
Berlin, Dienstag, den 29. Januar
üßischen Staats⸗Anzeiger.
“
18S9.
Nichtamtliches.
Preußen. Berlin, 29. Januar. In der gestrigen (28.) Sitzung des Reichstages, welcher die Staatssekretäre von Boetticher und Freiherr von Maltzahn beiwohnten, theilt der Präsident von Levetzow mit: Das Präsidium des Reichs⸗ tages habe dem ihm ertheilten Auftrage gemäß Sr. Majestät dem Kaiser bei Gelegenheit der gestrigen Cour die ehrfurchts⸗ vollen Glückwünsche des Reichstages zum Geburtstage dar⸗ gebracht. Se. Majestät hätten diese Wünsche herzlich dankend entgegengenommen. b
Die zweite Berathung der Zölle und Verbrauchs⸗ steuern wird fortgesetzt; Titel 3:; Zuckersteuern. Die Materialsteuereinnahmen 1889/90 sind auf 9 Millionen gegen⸗ über 27 234 000 ℳ im Jahre 1888/89, die Einnahmen aus der Verbrauchsabgabe auf 42 390 000 ℳ gegenüber 6 636 000 ℳ im Vorjahre veranschlagt.
Referent von Wedell⸗Malchow: Der Schatzsekretär habe in der Kommission über den Stand und die Aussichten der Londoner Zuckerkonferenz folgende Auskunft ertheilt: Die Verhandlungen in London im August v. J. hätten zur Unter⸗ zeichnung einer Konvention geführt, die 1890 ratifizirt und 1891 ausgeführt werden solle; sie habe den Zweck, die Ge⸗ währung offener oder versteckter Prämien für die Fabrikation oder Ausfuhr von Zucker zu beseitigen. Der Zucker solcher Länder, in welchen eine Prämie für die Zukunft bezahlt werde, solle von der Einfuhr in die Vertragsländer völlig ausgeschlossen werden. Die Ver⸗ tragsländer sollten sich gegenseitig die betreffenden Gesetze oder Gesetzentwürfe mittheilen und sie einer gemeinsamen Prüfung durch eine Spezialkommission unterziehen lassen. Die Aus⸗ arbeitung des entsprechenden Zuckergesetzes für Deutschland sei nahezu beendet. Die vorgedachte Spezialkommission werde wahrscheinlich Anfang Mai d. J. tagen. Die Haltung Deutschlands beruhe auf der Voraussetzung, daß schließlich eine ausreichende Betheiligung der Zucker produzirenden Staaten an der Konvention stattfinden und die Bestimmung hinsichtlich des Ausschlusses der Einfuhr von Zucker aus den Nichtvertragsländern von den Vertragsstaaten allseitig loyal ausgeführt werde.
Abg. von Bennigsen: Das letzte Zuckersteuergesetz habe bekanntlich die Grundlage der älteren gesetzlichen Vorschriften wesentlich verändert, indem Deutschland an Stelle des Roh⸗ material⸗Steuersystems ein gemischtes von Konsumabgabe und Rohmaterial eingeführt habe. Dadurch seien die Prämien auf die Hälfte reduzirt worden. Es sei dabei der Wunsch ausge⸗ sprochen und die Regierung habe sich damit einverstanden er⸗ klärt, daß durch Verhandlung mit anderen, namentlich euro⸗ päischen Léändern, womöglich volle Beseitigung dieser Prämien auf die Erzeugung und Ausfuhr von Zucker erreicht werden möge. Leider sei das Ergebniß der Konferenz kein ganz oder kein genügend vollständiges gewesen. Es sei ihr allerdings eine Reihe europäischer Staaten beigetreten, wie England, Deutsch⸗ land, Belgien, Spanien, Italien, die Niederlande. Aber die Staaten, auf welche es am meisten ankomme, Frankreich und Oesterreich, seien, das Erstere der Konvention noch nicht bei⸗ getreten, und das Letztere habe derartige Reservationen zu Protokoll gegeben, daß es zur Zeit auch noch nicht als beige⸗ treten angesehen werden könne. Deutschland führe jährlich etwa 500 000, Oesterreich⸗Ungarn 225000 und Frankreich 125 000 t nebst 100 000 aus seinen Kolonien aus. Träten also diese beiden Staaten der Konvention nicht bei, so sei die Gefahr für Deutschland in Bezug auf seine Konkurrenz mit jenen Staaten auf dem Weltmarkt eine sehr große. Frank⸗ reich habe sich bei den Verhandlungen zwar betheiligt, sei aber der Konvention nicht beigetreten und habe seinen Beitritt abhängig gemacht von dem Anschluß aller übrigen Staaten, welche überhaupt Zucker produzirten, und der Vorlegung der zur Ausführung solcher Maßregeln in den einzelnen Staaten zu erlassenden Gesetze. Auch die Haltung Oesterreichs sei eine außerordentlich reservirte. Es habe seinen Beitritt oder die Ausführung der Konvention davon abhängig gemacht, daß außer den bereits unterzeichneten Staaten noch eine Reihe anderer beiträten. Auch die Ausschlußbestimmung involvire eine gewisse 1nSa. Deutschland habe von vorne herein die Ansicht gehabt, daß die Handelsbeziehungen sämmtlicher europäischer Léänder durch Verträge oder Abkommen nach dieser
Nichtung außerordentlich erschwert würden, wenn nicht alle europäischen Staaten einer solchen Konvention hinsichtlich des
lusschlusses von Zucker aus Prämienländern beiträten. In inzelnen Fällen seien die vorhandenen Verträge formell ent⸗ egen, in anderen Fällen, wo dies nicht anzunehmen sei, seien och wenigstens die Interessen derartig mit denen inderer Länder verwickelt, daß ein Vorgehen des
Landes mit dem Ausschluß des Zuckers, der in
anderen produzirt werde, zweifellos Revpressalien
hervorrufen würde, welche außerordentlich unangenehm auf die ganzen Handelsbeziehungen mit diesen Staaten und auf die
Industrie einwirken könnten. Er sehe davon ab, daß zur Zeit wenigstens die Rohzucker produzirenden Staaten, abgesehen von den Kolonien von England, dem Vertrag noch gar nicht beigetreten seien. Die Konkurrenz mit den Rohzucker pro⸗ duzirenden Staaten werde immerhin bei den großen Fortschritten des Gewerbes und der Technik Deutschland wirklich ertragen können. Es sei nicht ausgeschlossen, daß mit der Zeit bei ntwickelterer Technik und günstigeren Arbeitsbedingungen auch ie Unternehmungen jener Länder sich höher entwickeln könnten. gür Zeit aber könnten sie es mit uns nicht aufnehmen. ber so lange nicht in der Hauptsache 1-ebe europäische Staaten beigetreten seien, würden die Konkurrenzbedingungen füͤr Deutschland ungemein schwierig sein. Deshalb entspreche die vorsichtige Erklärung des Schatzsekretärs in der Kom⸗ mission durchaus demjenigen, was die Mehrheit des Reichstages ei den damaligen Verhandlungen und bei der Anregung dieser Frage als ihre Auffassung habe angesehen wissen wollen. Unsere Industrie sei jedenfalls so bedeutend, daß man 88 nicht irgend welchen Htgücen opfern wolle; wohl aber wün che und zase die nationalliberale Partei, daß die Regierung ihre Be⸗ mühungen auch im nächsten Jahre fortsetzen und in Ueberein⸗
stimmung mit allen europäischen Staaten mit der Zeit zur Aufhebung der Prämien gelangen werde.
Abg. Witte: Die Erklärung des Schatzsekretärs in der Budgetkommission sei vollkommen klar und loyal und stelle den Standpunkt der Regierungen der Konvention gegenüber fest, deren Stellung in dieser wichtigen, finanziell so bedeuten⸗ den Frage man stärken müsse. Daran könne Niemand zweifeln, daß die Konvention ihrem Inhalt entsprechend aus⸗ geführt werden müsse. Bis sie ins Leben trete, hätten wir noch 2 ¾4 Jahre, so daß sich die Fnbußftri⸗ nach allen Richtun⸗ gen darauf einrichten könne, daß sie so ausgeführt werde, wie sie gedacht und festgestellt sei. Deutschland habe ihr beitreten müssen, weil die finanzielle Lage der Zucker⸗ industrie unerträglich sei und die Exportprämien unser Budget belasteten. Die Zuckerindustriellen seien fast einstimmig für die Durchführung der Konvention mit Ausnahme derjenigen
Kreise, welche aus dem jetzigen Verhältniß Vortheil gezogen
hätten. Auch in England sei aus dem Lande heraus die
Forderung an die Regierung herangetreten, auf die Konvention;
einzugehen. Das Reich werde in diesem Jahre immer noch etwas über 14 Millionen Mark an Prämien zahlen. Die Konven⸗ tion müsse loyal und ihrem Inhalt entsprechend ausgeführt werden, und die Regierung habe alle Ursache, ihre Kraft einzusetzen, um dies Ziel zu erreichen. Er zweifle nicht daran, daß es erreicht werde ohne Schädigung der deutschen Zuckerindustrie. Bei gutem Willen aller Betheiligten der Konvention werde es ge⸗ lingen, dieselbe richtig und unter strengen Kautelen gegen Täuschungen “ Dann würden sich auch Frankreich und Oesterreich dem Beitritt zur Konvention nicht entziehen können, ihre eigene Industrie werde sie dazu gebieterisch zwingen. Er erkenne also das Vorgehen der verbündeten Regierungen als richtig an.
Staatssekretäar im Reichs⸗Schatzamt, Freiherr von Maltzahn:
Ich kann zu meiner Befriedigung aus den Ausführungen der bei⸗ den Herren, welche über die Londoner Zuckerkonvention hier gesprochen haben, dasselbe feststellen, was ich schon als das Resultat der Ver⸗ handlungen in der Budgetkommission seststellen konnte, daß diejenige Stellung, welche die verbündeten Regierungen in dieser Frage einge⸗ nommen haben, und welche Ihnen in der vom Herrn Referenten ver⸗ lesenen Erklärung, die ich in der Kommission abgeben konnte, dar⸗ gelegt ist, die Billigung des Reichstages zu finden scheint.
Für die verbündeten Regierungen war in dieser Frage maßgebend, daß ihrer Meinung nach — und diese haben die beiden Redner be⸗ stätigt — die Aufhebung der Begünstigungen der Zuckerproduktion, wenn sie von allen betheiligten Seiten erfolgt, das erstrebens⸗ werthe Ziel sei, und daß, wenn diese Aufhebung gleich⸗ mäßig und überall beschlossen und durchgeführt wird, die deutsche Industrie sich stark genug glauben wird und stark genug sein wird, der ausländischen Konkurrenz zu begegnen. Die verbündeten Regierungen sind aber andererseits — und darin befinden sie sich nach den Ausführungen der beiden Herren Redner in Uebereinstimmung mit der Meinung des Reichstages — davon ausgegangen, daß es eine schwere Versündigung an den Interessen Deutschlands sein würde, wenn sie das an und für sich erstrebenswerthe Ziel der Aufhebung der Zuckerprämien in der Art etwa ihrerseits zu erreichen suchen würden, daß sie die etwa in Deutschland bisher bestehende Begünstigung der Zucker⸗ industrie einseitig aufgäaben. Nur der Weg der Konvention ermög⸗ lichte es, eine so blühende Industrie, wie sie die Zuckerindustrie in Deutschland bisher, Gott sei Dank, gewesen ist, durch Aufhebung der etwa bisher vorhandenen steuerlichen Begünstigungen in eine schwierigere Lage zu bringen, — nur der Abschluß einer Konvention, welche ein unbedingtes Aufgeben des Systems offener oder verdeckter Prämien in den übrigen betheiligten Ländern sichert. 8 1
Von diesem Gesichtspunkte ausgehend, ist die deutsche Regierung der am 30. August v. J. in London abgeschlossenen Konvention, welche ja ihrer weiteren Ausführung noch harrt, ihrerseits, ohne Be⸗ dingungen zu stellen, beigetreten. Diese Konvention enthält in ihrem Art. 7 in dem ersten Absatz die folgende Bestimmung:
A partir de la mise en vigueur de la présente Convention, tout sucre brut, sucre raffiné, mélasse, ou glucose, provenant des pays, provinces d'outre-mer, colonies, ou possessions étran- gères, qui maintiendraient le système des primes ouvertes ou déguisées, à la fabrication ou à l'exportation des sucres, sera exelu des territoires des Hautes Parties Contractantes.
Nach dieser Bestimmung haben die der Konvention beitretenden Staaten sich verpflichtet, für alle diejenigen Staaten und Gebiete, welche der Konvention nicht beitreten, ihrerseits zu bestimmen, daß der von dort herkommende Zucker, auf dem ja der Verdacht der Unterstützung durch Prämien liegen kann, aus dem Gebiete der der Konvention beigetretenen Staaten absolut ausgeschlossen bleiben muß. Es ist nicht etwa nur die Alternative aufgestellt, daß der Zucker aus solchen Gebieten entweder verboten oder mit hohen Zöllen belegt werden soll, sondern es ist ausdrücklich ausgesprochen: der Zucker aus diesen anderen Gebieten soll vom Zugange ausgeschlossen sein. Es ist nur der Weg zu dieser usschließung freigelassen dahin, daß entweder das System des Verbots oder das System so boher Zölle gewählt werden kann, daß diese Zölle einem wirklichen Verbot effektiv gleichkommen.
Die loyale Aufrechterbaltung und die loyale effektive Durchführung auch dieser Bestimmung wie der übrigen Bestimmungen der Kon⸗ vention ist selbstverständlich auch für die Zukunft die Voraussetzung für die verbündeten Regierungen bei ihrem ferneren Verhalten. Die verbündeten Regierungen haben aber ihrerseits keinen Grund, daran zu zweifeln, daß die übrigen Staaten, welche der Konvention beigetreten sind, loyal die Absicht haben, die Bestimmungen der Konvention auszuführen, und im Stande sein werden, sie wirklich durchzuführen. Diese Ueberzeugung wird auch das weitere Verfahren der verbündeten Regierungen zu regeln haben. Der nächste Weg ist uns dadurch, daß wir der Konvention beigetreten sind, gewiesen; wir werden die dort übernvmmenen Ver⸗ pflichtungen zu erfüllen haben: wir werden zunächst eine Revision unserer Zuckergesetzgebung im Sinne der Konvention vorzubereiten und der in der Konvention vorgeschriebenen Prüfung zu unterwerfen haben.
Ich darf aber wiederholen, daß für all unser Vorgehen die ge⸗ gebene Voraussetzung die ist, daß die Bestimmungen der Konvention nicht nur von Deutschland, sondern auch von den übrigen Seiten ge⸗ halten und loyal durchgeführt werden, und daß diese Durchführung uns in genügender Weise als möglich und in Aussicht stehend garantirt wird. 1
Abg. Nobbe: Die Hoffnung des Abg. Reichensperger, daß das vor fast zwei Jahren zu Stande gekommene Zuckersteuer⸗ gesetz das letzte sein möchte, an dem er mitzuarbeiten habe, werde sich glücklicherweise nicht verwirklichen, wenn die Kon⸗ ventiom zur Wahrheit werde. Die an das jetzt geltende Ge⸗ scn geknüpften Erwartungen hätten sich zum Theil nicht er⸗ üllt: es sei ein neues Kleid, das noch an verschiedenen Stellen drücke, an das sich aber die Industrie “ werde.
Diese Aussicht sei aber hinfällig, h ventio durch⸗
geführt werde. Daß Prämien heute noch beständen, gehe daraus “ daß das gesetzlich festgestellte Ausbeute⸗ verhältniß von 1:10 ½ durch die Fortschritte der Technik überholt sei und faktisch ein Ausbeuteverhältniß von 1:8 be⸗ stehe. Diese Prämien wolle die Londoner Zuckerkonferenz gründlich beseitigen, ein System, daß er schon mehrfe von dieser Stelle vertheidigt habe. Ein „Aber“ habe dieses System nicht, wenn alle Verkaufs⸗ und Erzeugungsstaaten der Kon⸗ vention beiträten. Die Bedeutung der Verbrauchsstaaten sei bis jetzt noch nicht genügend gewürdigt. Der Export sentreh⸗ und Oesterreichs zusammen sei noch nicht o bedeutend wie der Deutschlands. Mit diesem Export sei Deutschland nun wesentlich guf den englischen und 1 nordamerikanischen Markt angewiesen. Nord⸗Amerika habe nur eine ganz geringe Zuckerindustrie und sei eines der am meisten Zucker konsumirenden Länder; es verbrauche 85 19, Deutschland nur 8 kg pro Kopf. Wenn Frankreich der t Konvention nicht beitrete, werde es in Folge der Prämien billiger produziren können. Es müßten also, wie der Schatzsekretär auch erkläre, unbedingt die Hauptverbrauchs⸗ und Erzeugungsstaaten der Konvention beitreten. Aus den Pro⸗ tokollen der Konferenz sei dieses leider nicht klar herauszulesen. Das Haus habe hier bedingungslos zugestimmt; die heutige Erklärung des Herrn Schatzsekretärs beruhige ihn aber. Die Prüfung der neuen Srckersteuereei. die einer Subkommission übertragen werden solle, werde insofern eine äußerst schwierige sein, als auch versteckte Prämien gegeben werden können z. B. in der Form billiger Tarife. Besonders bei den Rohrzucker⸗ industrien, auf deren Schutz es England doch besonders an⸗ komme, könnten Prämien in Form von freier Maschinen⸗ einfuhr, landwirthschaftlichen Unterstützungen u. s. w. gegeben werden. Wenn es gelte, Bausteine für das neue Gesetz zu⸗ sammenzutragen, sei es wichtig, die Stellung der Regierung zu der Stärkezucker⸗ und Saccharinfabrikation kennen zu lernen. Ein weiteres Heranwachsen dieser Produktionen könnte leicht wieder zu Ausfällen in den Erträgen führen. Die Stärkezuckerindustrie habe man bis jetzt mit dem größten Wohlwollen behandelt, weil man eine ernste Konkurrenz nicht befürchte. Das Saccharin aber habe eine so erstaunliche Süßkraft, daß ein kleines Stück eine Flasche sauersten Moselweins in die beste Bowle ver⸗ wandeln könne. Die Anfänge dieser Produktion seien jetzt schon weit überschritten; denn das Saccharin werde bereits in tausend Formen in den Handel gebracht und auch zur Wein⸗ versüßung in großen Mengen verwendet. Die Frage der Be⸗⸗ steuerung des Saccharins müsse also schon jetzt in Erwägung gezogen werden.
Staatssekretär Freiherr von Maltzahn:
Ich will, in Erwiderung auf die Ausführungen des Herrn Vor⸗ redners, auf die Londoner Zuckerkonferenz und die damit in Verbindung stehenden Fragen nicht noch einmal eingehen; ich kann mich auf das beziehen, was ich vorher gesagt habe, und was ich in der Kommis⸗ sion ausgeführt habe. Dagegen muß ich dem Herrn Vorredner in Bezug auf die von ihm angeregte Frage des Stärkezuckers und des Saccharins eine Antwort geben.
Der Herr Abgeordnete hat die Aufmerksamkeit der verbündeten Regierungen auf diese beiden Gegenstände gerichtet. Ich kann ihm erwidern, daß die Aufmerksamkeit der Reichsbehörden bereits auf beide Gegenstände gerichtet war. Was den Stärkezucker betrifft, so ist bereits der vierte Abschnitt des jetzt geltenden Reichsgesetzes, die Besteuerung des Zuckers betreffend, ein Anlas für die Reichs⸗ behörden gewesen, der weiteren Entwickelung der Stärkezuckerfabrikation in Deutschland eine rege Aufmerksamkeit zuzuwenden, und wenn bisher nach Ansicht der verbündeten Regierungen auch noch kein Anlaß gewesen ist, den Stärkezucker zur Versteuerung heran⸗ zuziehen, so will ich doch nicht verschweigen, daß meiner Meinung nach es keineswegs in den Sternen geschrieben steht, daß dieser Zustand für alle Ewigkeit dauern wird.
Bei dieser Lage, wie bei allen derartigen, treten ja die aller⸗ verschiedenartigsten Rücksichten in den Gesichtskreis, welche gebieterisch ihre Beachtung fordern. So spricht für das Hinausschieben einer etwaigen Heranziehung des Stärkezuckers zur Besteuerung sehr erheblich der Umstand, daß die Stärkefabrikation gegründet ist auf landwirth⸗ schaftlichen Gegenden mit leichtem Boden, die ohnehin durch die Spiritusbesteuerung des letzten Jahres schon stark betroffen sind. Auf der anderen Seite ist es nicht zu verkennen, daß die Fabrikation von Stärkezucker in den letzten Jahren, allerdings nur in einem ört⸗ lich beschränkten Kreise, in sehr starker Progression sich nach oben entwickelt hat, und es ist mir deswegen die von dem Herrn Vorredner s erwünscht,
58 redne gegebene Anregung serr da sie mir den Anlaß giebt, zu erklären, daß die Frage noch offen ist, ob in absebbarer Zeit die Nothwendigkeit eintreten könnte, die bei der Berathung des IV. Abschnitts Des Zuckersteuergesetzes bereits erwogene Heranziehung des Stärkezuckers zur Besteuerung in die Wirklichkeit umzusetzen, — ob der Augenblick für die Durchführung einer solchen Maßregel etwa demnächst gekommen sein werde.
Was nun das Saccharin betrifft, so muß ich dem Herrn Vor⸗ redner Recht geben, daß, wenn die von ihm geschilderte Verwendung des Saccharins in Verbindung mit dem Stärkezucker — bekanntlich hat die einzige Fabrik, die meines Wissens Saccharin fabrizirt, sich mit einer Stärkezuckerfabrik in Verbindung gesetzt und diese beiden Fa⸗ briken arbeiten gemeinschaftlich — wenn sich daraus wirklich eine sehr erhebliche Ersetzung von Zucker und Zuckerstoff durch saccharisirten Stärke⸗ zucker entwickeln sollte, dann die Lage der Besteuerung des Einen oder Andern von Beiden an Wahrscheinlichkeit gewinnen würde. Augen⸗ blicklich, glanbe ich, sind die Sachen aber keineswegs soweit entwickelt, die dabei in Betracht kommenden Fragen sind keineswegs soweit ge⸗ klärt, daß man sich heute bereiks dafür entscheiden könnte, das Saccharin zu besteuern, und damit eine in Deutschland, und nur in Deutschland entstebende neue Industrie sofort beim Entstehen zu schädigen, eine Industrie, der soeben von verschiedenen ausländischen Staaten, ich nenne Frankreich und Portugal, der Markt verschlossen ist.
Abg. Kulemann wünscht, daß die Kontrolkosten nach Maß⸗
gabe des verarbeiteten Zuckers vertheilt werden; die gegen⸗ wärtige Vergütung sei keine gerechte. Abg. Fürst von Hatzfeldt: Das Verbot des Saccharins sei in Frankreich mit der Gesundheitsschädlichkeit des Stoffes motivirt worden; möglicherweise habe aber auch das Interesse auf die Zuckerindustrie mitbestimmend gewirkt. Er wolle für Deutschland nicht ein solches Verbot, bitte aber die Regierung ins Auge zu fassen, ob das Saccharin in der That so .,— heitsschaͤdlich sei, wie es in letzter Zeit noch in einem Aufsatze eines Breslauer Arztes behauptet worden sei. 8
Die Einnahmen aus der! euer, und zwar 9 Millionen aus der Materialsteuer und 42 390 000 ℳ aus der Ber⸗
brauchsabgabe, werden hierauf bewilligt, ebenso ohne Debatte die Einnahme aus der Salzsteuer 40 312 000