Pfd. egypt. für den Verkauf von Ländereien hinzugefügt, sodaß sch derselbe nunmehr auf über 600 000 Sin egyp. beläuft. Ungeachtet der bedeutenden militärischen Ausgaben während des Jahres 1888 hat die Regierung die Verwaltungs⸗ ausgahen innerhalb der von der Londoner Konvention und durch spätere Erlasse festgesetzten Summe gehalten und ihren Antheil an dem Ueberschuß während 1888 oder in den vorher⸗ ehenden Jahren (welcher Ueberschuß sich auf 160 000 Pfd. eläuft) nicht vermehrt. Diese Summe im Staatsschatz bildet, gepaart mil den 600 000 Pfd. egypt. im Reservefonds der Schulden⸗Tilgungskasse, eine Gesammtreserve von 760 000 Pfd. “ 3 8 11““ 1 88 8 114“
88 1.
Zeitungsstimmen.
Die „Leipziger Zeitung“ schreibt:
„Ganz Europa steht unter dem erschütternden Eindruck der Trauer⸗ botschaft aus Wien. Kronprinz Rudolph, der vielversprechende, hoch⸗ begabte Erbe der habsburgischen Monarchie, ist nicht mehr. In der Blüthe der Jahre hat ihn der unerbittliche Tod dahingerafft, so rasch, so plötzlich, so unvorbereitet, daß auch die Kältesten ihre tiefe Erschütterung nicht zu verbergen vermögen
Schwer gebeugt stehen die Völker Oesterreich⸗Ungarns an der Bahre des Todten, an dessen Leben sie so große Hoffnungen geknüpft hatten. Ein lauter schmerzlicher Klageruf durchtönt das ganze Reich ven einem Ende bis zum anderen, und wenn Etwas nächst der gött⸗ lichen Hülfe den heißen brennenden Schmerz der schwer geprüften Kaiserlichen Eltern, der hart betroffenen Gemahlin um den Früh⸗ verblichenen zu lindern vermag, so muß es der Hinblick auf die feste, unerschütterliche Anhänglichkeit an die Dynastie sein, welche sich noch nie in trüben wie frohben Zeiten verleugnet hat und auch bei diesem tieftraurigen Anlaß sich in so erhebender Weise bekundet.
Vergessen sind alle Streitigkeiten und nattonalen Eifersüchteleien, der laute Kampf der Parteien, welcher noch eben die Straßen und Gassen mit lärmendem Getose erfüllt hat, ist wie mit Zauberhand verstummt; in diesem Augenblick, da bekannt wird, welch vernichtender Schlag den edlen Fürstensproß aus Habsburgs Herrscherstamm ge⸗ troffen, beherrscht nur ein Gedanke, ein Gefühl alle Stämme des Reichs, fühlt sich Jeder, gleichviel ob Magyare oder Czeche oder Deutscher, nur als Oesterreicher, als lebendiges Glied jenes großen von den Ufern der Adria bis zu den Karpathen reichenden Gemein⸗ wesens, welches dem Sturm der Jahrhunderte getrotzt hat, weil es sich durch alle Wirrnisse und Nöthe den Glauben an sein Herrscher⸗ haus, den lebendigen monarchischen Staatsgedanken zu bewahren wußte. Kvronprinz Rudolph war durch seine ganze geistige Veranlagung so recht geschaffen, diese einigende Kraft, welche der Dynastie in Oesterreich⸗Ungarn beiwohnt, zu stärken und zu beleben. Seine Neigungen und Fähigkeiten erstreckten sich auf die verschiedensten Lebensgebiete. Er war Militär und dabei eisriger und thätiger Jünger der Wissenschaft und Kunst. Er beherrschte das Polnische und Magyarische so gut wie das Teutsche. Ueberall, wo es gemein⸗ nützige Bestrebungen zu fördern galt, konnte man auf seine Mit⸗ wirkung mit Sicherheit rechnen. Unvergessen wird der hervorragende Antheil bleiben, welchen er an der Herausgabe des großen kulturellen Werkes „Die österreichisch⸗ungarische Monarchie in Wort und Bild“ genommen hat.
Alle nationalen Vorurtheile blieben ihm so fern wie jedwede politische Faktionssucht. In der Einleitung zu dem oben genannten Werk, die Kronprinz Rudolph selbst geschrieben hat, heißt es zum Schluß: „Die literarischen und künstlerischen Kreise aller Völker dieser Monarchie haben sich zu gemeinsamer Arbeit vereinigt, und dem In⸗ und Aus⸗ lande soll dieses Werk zeigen, welche reiche Summe an geistiger Kraft wir in allen Ländern und Völkern besitzen, und wie sie sich alle ver⸗ einigt haben zu einer schönen Schöpfung, die dem Selbst⸗ und Macht⸗ gefühle der allgemeinen Vaterlandsliebe dienen soll.“
So suchte er alle Volkskräfte in den Dienst für das gemeinsame Vaterland zu stellen, dem er sich selber mit seltener Treue geweiht hatte. Kein Wunder, wenn er überall im Westen wie im Osten, bei den Ungarn wie bei den Deutschen sich derselben Beliebtheit erfreute, wenn alle Völker zu ihm mit derselben dankbaren Verehrung und
ungarische Monarchie
Begeisterung emporblickten und von seiner Regierung Glück und Segen erwarteten.
So ist es keine bloße Redensart, wenn man sagt: Blühende Hoffnungen, eine reiche Zukunft sinken mit dem habsburgischen Fürsten⸗ sohne ins Grab. Auch wir Deutsche außerhalb der schwarzgelben Grenzpfähle haben allen Anlaß, seinen frühen jähen Tod aufrichtig zu bekrauern. Nicht bloß, weil er der einzige Sohn des Herrschers gewesen, mit dem uns die innigsten Bande der Freundschaft verbinden, und dessen liebste und theuerste Hoffnungen nunmehr zu Grabe ge⸗ tragen sind, sondern auch, weil Alles an dem heimgegangenen Prinzen zu der frohen Hoffnung berechtigte, daß derselbe dereinst als Herrscher in denselben polftischen Bahnen gewandelt haben würde, welche sein edler Vater in klarer Erkenntniß dessen, was den Völkern Europas heute zumeist Noth thue, eingeschlagen hat.
Das deutsch⸗österreichische Bündniß würde, wir dürfen es mit Zuversicht behaupten, an dem Kaiser Rudolph, wenn ihm Gott das Leben erhalten, denselben mächtigen Förderer vnd Schirmherrn ge⸗ wonnen haben, den es heute an dem Kaiser Franz Joseph besitzt; dafür bürgt, von allem Anderen abgesehen, auch die warme brüder⸗ liche Zuneigung, welche er zu unserem Kaiser Wilhelm hegte, und die diesen zu einem häufig und stets gern gesehenen Gast in der Kaiser⸗ lichen Hofburg zu Wien machte.
Alle dem ist nun durch die gestrige Trauerkunde ein Ende ge⸗ macht. Aber welche Folgen immer daraus für die österreichisch⸗ erwachsen mögen und wie lange auch der Schmerz darüber in den Gemüthern haften bleiben mag, an der heutigen Gesammtlage Europas wird auch dieser Schicksalsschlag vor⸗ aussichtlich nichts Wesentliches zu ändern vermögen. Oesterreich⸗ Ungarn und Deutschland werden fortfahren, gemeinsam den Frieden zu schirmen, wie es die Interessen dieser Länder verlangen, und der emeinsame Schmerz um den heimgegangenen Prinzen wird die
reundschaft, welche sie umschlingt, nur noch enger ketten.
— Die „Magdeburgische Zeitung“ bemerkt:
Die Entscheidung über die ostafrikanische Vorlage ist erfolgt. Die Mehrheit, mit welcher dieselbe zur Annahme gelangte, ist geradezu überwältigend. Nur die Sozialdemokraten und die Freisinnigen, und auch diese letzteren nicht einmal geschlossen, haben Widerspruch er⸗ hoben. Wie eine reizende Episode in einem guten Lustspiel nahm es sich aus, als nach der von düsteren Vorahnungen erfüllten Rede Richter's sich zwei seiner näheren Freunde erhoben, um mit der Mehr⸗ heit für eine Vorlage zu stimmen, die nach den Versicherungen ihres Parteiführers das Vaterland in verhängnißvolle Bahnen hinein⸗ zutreiben bestimmt ist. Die Mehrheit unseres Volks wird gewiß nicht weniger ruhig jene Kassandrarufe hingenommen haben; sie ist seit Jahrzehnten daran gewöhnt, daß noch jeder Schritt nach vorwärts von dem Widerspruch und Wehgeschrei derselben Seite begleitet war. Und sie wird in dieser Gelassenheit gewiß nicht gestört werden durch die große Rede, mit der Herr Richter am Schluß der Verhandlungen die Gründe für die Vorlage, wie koloniale Unternehmungen überhaupt kritisch zu vernichten bemüht gewesen ist.....
— In der „Hallischen Zeitung“ lesen wir:
Daß das Jahr 1888 für den internationalen wie deutschen Getreidehandel ein sehr bewegtes gewesen ist, wurde in gebührender Weise bereits hervorgehoben. Dasselbe unterschied sich von den früheren Jahren namentlich dadurch, daß auf Grund geringer bezw. unbefriedigender Ernten in einer großen Zahl von Produktionsländern diesmal die „Nachfrage“ nach Getreide das Charakteristikum des Getreidehandels bildete, während früher Jahre lang das „Angebot“ den Grundzug des Handels in Brotfrüchten dargestellt hatte. Die Folge war, daß dem ehemaligen Rückgange der Getreidepreise im Jahre 1888 endlich wieder eine 8e folgte, welche in Deutsch⸗ land durch die Erhöhung der Getreidezölle in entsprechender Weise unterstützt wurde. Unsere Landwirthschaft konnte in Folge dessen wieder etwas aufathmen, obwohl sie auch heute noch nicht auf Rosen gebettet ist, wie leider noch oft genug sich herausstellt.
„Die Folge des sehr verschiedenartigen, wenn auch vorherrschend ungünstigen Ausfalls der Ernte in den einzelnen Ländern war ein außerordentlich reger Versandt von Getreide aus den Produktions⸗ nach den Bedarfsländern, sodaß sich während des letzten Jahresdrittels 1888, wie E. Meyer in seinem Jahresbericht über den Getreide⸗, Oel⸗ und Spiritushandel auch treffend hervorhebt, beständig ungefähr eine Viertelmillion Tonnen mehr für Europa auf den Meeren befand als gleichzeitig im Vorjahre.
Rußland genommen, welches eine sehr Fünftig⸗ Ernte aufzuweisen hatte und demnach berufen war, den we teuropäischen Ländern den ihnen fehlenden Bedarf an Getreide, Deutschland vornehmlich Roggen zuzuführen. Rußlands Getreideausfuhr hat denn auch 1888 wieder erheblich zugenommen; sein Weizenexport steigerte sich von 118,6 Mill Pud 1887 auf 183,9 Mill. 1888 und der Roggenabsatz in derselben Zeit von 72,7 auf 99,5 Mill. Pud. Wenn man nun bedenkt, daß im Jahre 1887 in Folge der Zollerhöhung sehr grobe Quantitäten von Getreide, namentlich Roggen, nach dem deutschen Zollgebiet aus Rußland eingeführt wurden, so ist es gewiß bezeichnend, daß diese Roggeneinfuhr im Jahre 1888 derjenigen des Vorjahres nur wenig nachgab; blieb auch die deutsche Weizeneinfuhr aus Rußland etwas hinter derjenigen des Vorjahres zurück, so wurde dafür wieder desto mehr aus Oesterreich⸗Ungarn importirt. Die betreffenden Verhältnisse stellten sich nämlich wie folgt:
Einfuhr in den ersten 11 Monaten 1887 1888 1887 1888 Roggen Weizen aus Doppel⸗Centner
Rußland.. 3 762 605 3 694 455 2 064 585 1 306 155 Oesterreich 50 720 88 809 996 565 1 058 249 Nahm nun die direkte Weizen⸗ und Roggeneinfuhr Deutschlands aus den Vereinigten Staaten von Amerika erheblich ab, so sei her⸗ vorgehoben, daß auch über Bremen und Hamburg die Weizeneinfuhr in das deutsche Zollgebiet beträchtlich sank, während nach Königsberg der Import von Weizen und Roggen aus dem Auslande bedeutend sich ver⸗ mehrte. In den ersten 11 Monaten 1887—1888 sank nämlich die Weizeneinfuhr aus Bremen in das deutsche Zollgebiet von 116 116 auf 27 625 Doppel⸗Ctr. und diejenige aus Hamburg von 217 480 auf 55 522 Doppel⸗Ctr., während nach Königsberg der Import von Weizen aus dem Auslande (Rußland) von 87 950 auf 170 928 t und der
Import von Roggen ebendaher von 41 068 auf 89 061 t stieg. Diese Angaben mögen genügen, um den Kampf unserer heimischen Produktion gegen die Einfuhr vom Auslande und zwar in erster Linie
von Rußland klar zu stellen.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
„„Die von Brachpogel und Ranft hierselbst verlegte „Ge⸗ schichte der Stadt Berlin“, von Oscar Schwebel, ist mit der soeben ausgegebenen 14. Lieferung zum Abschluß gekommen. Der Verfasser hat, wie er selbst betont, in seiner Darstellung das Haupt⸗ gewicht auf die innere Geschichte Berlins, auf die Geschichte des bürgerlichen Geistes gelegt, wie sie sich im Wechsel der Zeiten eigen⸗ artig gestaltet hat; dadurch unterscheidet sich sein Werk von allen anderen ähnlichen. Er wollte das städtische Gemeinwesen in seiner allmählichen Entwickelung schildern und glaubte deshalb das Streben und Leben der Bürgerschaft allein zum Vorwurf wählen zu müssen, um die Kenntniß und das Verständniß der Geschlechter vor uns in weiteren Kreisen zu verbreiten.
— Unter dem Titel „Reichslands⸗Lieder“ hat Hans B. Hohenfeld eine Sammlung von patrtotischen Dichtungen ver⸗ anstaltet, welche Elsaß und Lothringen und die Kämpfe für ihre Wiedergewinnung zum Vorwurf haben. Der Reingewinn des Heftchens (Pr. 80 ₰), welches im Verlage von C. A. Vomhoff in Straß⸗ burg i. E. erschienen, ist zum Besten des Kaiser Friedrich⸗Denkmals bei Wörth bestimmt. 1
— Das uns zugegangene 1. Heft X. Bandes der „Mitthei⸗ lungen der Geschichts⸗ und Alterthumsforschenden Ge⸗ sellschaft des Osterlandes“ (Altenburg. Druck von Oskar Boade) ist zugleich als Festschrift zur Feier des 50 jährigen Be⸗ stehens der Gesellschaft bestimmt. Das Hekt enthält die von Dr. J. und dem verstorbenen Dr. Max Löbe aus den Archiven zusammengestellten Annalen der Stadt Altenburg, beginnend mit dem Jahre 980 und endend mit dem Jahre 1496. Kirchenrath Dr. Löbe hat sodann aus alten Rechnungen, wie solche von landes⸗ herrlichen und stadträthlichen Behörden geführt worden und noch erhalten sind, mancherlei biographisch und kulturgeschichtlich Inter⸗ essantes für Stadt⸗ und Landesgeschichte ausgezogen. 8
(Theater, Musik und Mannigfaltiges befinden sich in der Zweiten
Beilage.)
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Wetterberi vom 1. Februar 1889 8 r Morgens.
in ° Celsius 50C. = 4⁰0 R.
haus.
Stationen. Wind. Wetter.
Temperatur
Besetzung:
bedeckt bedeckt Regen wolkenlos heiter bedeckt wolkig Schnee
bedeckt Regen wolkig wolkig bedeckt ¹) bedeckt 2) Regens) bedeckt) bedeckt Regen bedeckt bedeckt ⁵) wolkigs) wolkig) bedeckt Regen bedeckt
— —S0g
Mullaghmore SW Aberdeen. S Christiansund S Kopenhagen. NNW Stockholm. NW Haparanda. 5
St Petersburg Moskau..
Cork, Queens⸗
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Triest 760
2
4.
Freundin, Frl.
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Kahle.
Oberländer. Rector, Bornemann.
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ringer. Erste,
Frl. Heuser.
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Sonntag: garethe.
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aust.
¹) Gestern Abend starker Regen und stürmisch. 888
2) Nachts stürmisch und Regen. ³) Nachts Regen.
4) Nachts Schnee. ⁵) Nachts Regen. ⁶) Nachts
stürmisch und Regen. ⁷) Abends und Nachts Sturm und Regen.
Uebersicht der Witterung.
zegleitet von stürmischen rechtsdrehenden Winden im deutschen Küstengebiet, ist ein tiefes Minimum
wiederholt:
Klaus.
Montag: Die nächste
Theater⸗Anzeigen.
Königliche Schauspiele. Sonnabend: Opern⸗ 31. Vorstellung, 2 Akten mit Tanz von Mozart. Schauspielhaus. 33. Vorstellung. Weltuntergang. . Paul Heyse. In Scene gesetzt vom Direktor Annosn Dr. Cornelius, ein Arzt, Hr. Kahle. Gotthold Osiander, lutherischer Pfarrer, Hr. Reicher. Der katholische Stadtpfarrer, Hr. Sauer. Osiander’'s Sohn, Osiander’s Schwester, Wittwe, Fr. Seebach. Amrey, ihre Tochter, Fr. v. Hochenburger. Leuthold. Cornet, verabschiedet, Hr. Keßler. des Bürgermeisters, Hr. Link. zum „silbernen Hecht“, Hr. Vollmer. rentia, Schenkwirthin zur „goldenen Kanne“, & Frieder, ihr kleiner Kellner, Frl. Hock. Ein 12 Bildern von r. Plaschke. eer Gelbgießer, Hr. Krause. Der Hr. Hellmuth⸗Bräm. - — Ein junger Bürger, Hr. Hartmann. Bärbe, eine alte blinde Bettlerin, Frl. Bergmann. Lisbeth, ihr Enkelkind, H Trepplin. dritter Bürger, Hr. 28 g. g. Hr. Winter, Hr. Be⸗ zweite, Anders, Frl. Golmick, Frl. Abich. Eine Hökerin, r. Ein Steinmetzgeselle, Erster, zweiter, dritter Schulknabe, Frl. Conrad, d. eener. Pfchenb 8 Schulmädchen, Frl. Pfaffenberg, E. Lippold. Anfang 7 Uhr. 8 Opernhaus. Oper in 5 Akten von Gounod. Dichtung von Jules Barbier und M. Carré nach Goethe’s Ballet von P. Taglioni. Schauspielhaus.
alter Bauer, 8
Frl. Zademack.
Weltuntergang. 5 Akten von Paul Heyse.
Heutsches Theater.
Sonntag: König Heinrich der Vierte. König Heinrich der Vierte. Aufführung von
Sonntag: Alexandra. Montag: Prinzessin 4 Akten von Paul Heyse. Don Juan. Oper in Anfang 7 Uhr. Anfang 7 Uhr. - Zum 1 Male: Volksschauspiel in 5 Akten von
Madame Bonivard. Schwank
Neumann. Vorher:
Florian, 1 48
Hr. Purschian. Frau Sabine,
st Albr. d folgende T
Sonntag und folgende Tage: Judith, Amrey's b itte K Rochus, schwedischer vard er dritte Kopf. Aegidius, Sohn Tobias, Schenkwirth Frau Lau⸗
r. Grant.
Zum 118. Male:
Musik von C. A. Raida. Sonntag und folgende Tage:
Hr. Kapitän Grant.
In Vorbereitung:
Der Steinmetz, Hr. Anfang
Der Lehrer,
Erster, zweiter,
dritte Bürgersfrau r. gersfrau. F Sonnabend:
Hr. Dehnicke. zum 58. Male
Operette in 2 Akten von W. S.
von A. Sullivan. Anfang 7 Uhr. Sonntag: Der Mikado.
Erstes, zweites
32. Vorstellung. Mar⸗
Nervöse Franen. Blum und Raoul Toché, Wallner. Vorher:
Anfang 7 Uhr. 34. Perhellung, Zum 1. Male
1 olksschauspiel in Anfang 7 Uhr.
Brandt. Anfang 7 ½ Ubr.
Sonnabend: Doctor sspiel der Münchener, unter bayerischen Hofschauspielers Hrn.
Der Wider⸗ Zum 3. Male: Der
Sascha.
Wallner-Theater. Sonnabend: Zum 115. M.:
Alex Bisson und Antonie Mars. Deutsch von Emil · Zum 115. Male: Der dritte — Posse in 1 Akt. Mit theilweiser Benutzung einer englischen Idee von Franz Wallner.
Mad
Victoria-Theater. Sonnabend: Halbe Preise. Die Kinder des Kapitän Ausstattungsstück mit großem Ballet in D'Ennery und Jules
Die Kinder des
Germania. Großes Aus⸗ I stattungsstück von Ernst Scherenberrg. 8 Klatten (Jauer)
Priedrich-Wilhelmstädtisches Theater. Küttner (Giersdorf — Bunzlau Mit neuer glänzender Ausstattung, (in deutscher Sprache): Der Mikado, oder: Ein Tag in Titipu.
Residenz-Theater. Sonnabend u. folgende Tage: Eine Lustspiel in 3 Akten von Ernest bearbeitet von Franz 1 Im Boudoir. Scherz in 1 Aufzuge von Franz Wallner und Th.
Velle-Alliance-Theater. Sonnabend: 10. Gast⸗ Leitun
Herrgottschnitzer von Ammergan. Oberbayerisches Volksstück mit Gesang
Adolph Ernst-Theater. Dresdenerstraße 72. Sonnabend: Zum 10. Male: Die junge Garde.
Lustspiel in “ Gesangsposse in 4 Akten von Ed. Jacobson und
Görß. Musik von Fr. Roth. Anfang 7 ½ Uhr. Sonntag: Dieselbe Vorstellung.
in 3 Akten von Concert-Haus, Leipzigerstr. 48 (früher Bilse). Sonnabend, Abends 7 Uhr: IV. Componisten⸗Abend
unter gütiger Mitwirkung des dänischen Componisten
Herrn Emil Hartmann aus Kopenhagen, Concert
des Kapellmeisters Hrn. Karl Merder mit seinem
aus 75 Künstlern (12 Solisten) bestehenden Orchester. Sonntag: Gesellschafts⸗Abend. Anfang 6 Uhr.
Familien⸗Nachrichten.
Verlobt: Frl. Else Kranold mit Hrn. Prem.⸗ Lieut. Udo von Selchow (Breslau). — Frl. Emmy Ohning mit Hrn. Dr. George Carel (Berlin). — Frl. Marie Becke mit Hrn. Prem.⸗Lieut. Paul
— Frl. Elsbeth Heyneck mit
Hrn. Edmund Voigt (Magdeburg). — Frl. Mar⸗
garethe Seeliger mit Hrn. Fabrikbesi 9 .
. — Frl. Alma
Seringhaus mit Hrn. August Föeggnn (Rheydt — Düsseldorf). — Frl. Bertha Neuberg mit Hrn. Karl Ranschoff (Hannover-— Magdeburg).
Verehelicht: Hr. Karl Wahlen mit Frl. Dora Tillmann (Köln).
Geboren: Ein Sohn: Hrn. Dr. med. Chr. Dormagen (Köln). — Hrn. Wilhelm Priem (Magdeburg). — Hrn. Major Vogt (Berlin). —
ine Tochter: Hrn. Max Bohnstedt (Berlin). Sen⸗ Adolf Korytowski (Berlin). — Hrn. General⸗ Major von Stülpnagel (Brandenburg a. H.). —
rn. Lieut. Baath (Trier). — Hrn. Dr. Severin Brackwede). — Hrn. Kreis⸗Wundarzt Dr. Betz (Schönau a. Katzbach). .
Gestorben: Frau Betty Heinrich, geb. Daege
— Frl. Elise Rode (Swinemünde). —
r. Georg Ludwig Poppelbaum (Rinteln). — Frau Friederike Osterroht, geb. Cremat (Stral⸗ sund). — Frl. D. Huthmann (Linden). — Hr. Rechnungsrath Eugen Leyke (Bromberg). — Frau
Anfang Boni
8
Verne. 7 Uhr.
*8 7
88 8
Burleske Gilbert. Musik
1*
Dramatischer
des Königl. ax Hofpaur.
“ Einen überaus lebhaften Antheil an dem Getreideversandt hat
Leop. Elv. Die Gesangstexte theilweise von Gust. 1
von Nordschottland ostwärts über Südschweden nach Westrußland fortgeschritten, ein neues Minimum naht nordwestlich von Schottland. Ueber Deutsch⸗ land wehen noch vielfach stürmische südwestliche bis nördliche Winde bei warmer, veränderlicher Witte⸗ rung mit Regenfällen; die Temperatur liegt 3 bis 10 ½ Grad über der normalen. In fast ganz Nord⸗ und Mittel⸗Europa sind Niederschläge gefallen.
Deutsche Seewarte.
28
spänstigen Zähmung findet am Dienstag, den 5. Februar, statt.
Berliner Theater. Sonnabend: Demetrins.
Sonntag: Cornelius Vofß. 8 Montag: Minna von Barnhelm.
Tessing-Theater. Sonnabend: Zum 1. Male:
Alexandra. Schauspiel in 4 Akten von Richard
(Alexandra: Clara Heese, vom Münchener of⸗Theate
und Tanz in 4 Aufzügen von Ludwig Ganghofer und Hans Neuert. Musik von F. W. Prestele. Anfang
7 ½ Uhr. * Sonntag: 11. Gastspiel der Münchener. Der
Herrgottschnitzer.
Central-Theater. Sonnabend: Zum 41. Male:
Leuchtkugeln. Gesangsposse in 4 Akten von W. Musik von G. Steffens. Anfang
r. Fefentzo: Dieselbe Vorstellung.
Anna Maria Siebold, geb. Varela (Hannover).
Redacteur: J. V.: Siemenroth.
Berlin: Verlag der Expedition (Scholz).
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.
Sieben Beilagen 8 (einschließlich Börsen⸗Beilage).
1““
Berlin, Freitag, den 1. Februar
—
—
Nichtamtliches.
Preußen. Berlin, 1. Februar. Im weiteren Verlauf
der gestrigen (31.) Sitzung des Reichstages bemerkte
bei der ersten Berathung des von den Abgg. Lieber und Hitze eingebrachten Gesetzentwurfs, betreffend Aenderung und Ergänzung der Gewerbeordnung (Sonntags⸗ arbeit), der stellvertretende Bevollmächtigte, Geheime Ober⸗ Regierungs⸗Rath Lohmann: Die Gründe, welche die ver⸗ bündeten Pheieramhen veranlaßt hätten, dem vom Reichstage in der vorigen Session beschlossenen Gesetzentwurf ihre Zu⸗ stimmung nicht zu ertheilen, seien diese: Die verbündeten Re⸗ gierungen hätten aus den angestellten Erhebungen nicht die Neberzeugung gewinnen können, daß die Sonntagsarbeit bei uns ein Maß erreicht habe, welches ein Einschreiten der Reichsgesetzzbung als ein dringendes Bedürfniß er⸗ scheinen lasse. Namentlich gäben diese Erhebungen keinen Anhalt für die Annahme, daß die Sonntagsarbeit im Steigen begriffen sei. Die Regelung der Sonntags⸗ arbeit, welche unter keinen Umständen auf ein völliges Verbot hinausführen könnte, könne in befriedigender Weise nicht durch allgemeine für alle verschiedenen Gewerbszweige gleichmäßig geltende Vorschriften erfolgen. Das habe auch der Reichstag durch die Gestalt, welche er seinem Beschlusse gegeben habe, anerkannt. Der Gesetzentwurf enthalte im Wesentlichen nur die Grundzüge, so zu sagen den Rahmen, dessen Ausführung in den wichtigsten Punkten er dem Bundesrath überlassen habe. Diese Aufgabe glaube aber der Bundesrath nicht über⸗ nehmen zu können, weil bei der Frage, inwieweit technische und wirthschaftliche Verhältnisse die Zulassung von Sonntags⸗ arbeit nöthig machten, eine Fülle von Verhältnissen in Betracht komme, welche nicht nur für die verschiedenen Erwerbszweige, sondern auch innerhalb derselben Erwerbszweige in den ver⸗ schiedenen Gegenden des Reichs eine verschiedene Behandlung erfordern würde. Zur ausreichenden Feststellung dieser Ver⸗ hältnisse genügten die Ergebnisse der gemachten Erhebungen trotz ihres großen Umfanges nicht. Eine Ergänzung derselben durch eine Reihe von besonderen Untersuchungen würde man nicht mit der Hoffnung einleiten können, eine Grundlage für die Vorschriften zu gewinnen, welche allgemein für alle Er⸗ werbszweige und namentlich für alle verschiedenen Gegenden des Reichs den thatsächlichen Bedürfnissen genügen würden. Jede Regelung aber, welche diesen Bedürfnissen nicht entspreche, würde die Gefahr in sich schließen, nicht nur die Existenz⸗ bedingungen einzelner Industriezweige, sei es im ganzen Reich, sei es in einzelnen Gegenden, zu erschüttern, sondern würde auch für weite Kreise der Arbeiter eine Schädigung ihres bis⸗ herigen Erwerbslebens bewirken. Diese Gefahr herbeizuführen, könnten sich die verbündeten Regierungen nicht entschließen. Sie hätten daher dem beschlossenen Gesetzentwurf um so weniger ihre Zustimmung ertheilen können, als die Gesetzgebung der verschiedenen Bundesstaaten ausreichende Handhaben gebe, den vorhandenen Auswüchsen der Sonntags⸗ arbeit entgegenzutreten. Die verbündeten Regierungen glaubten daher, die weitere Durchführung der Sonntagsruhe, soweit sie nicht durch die Sitte .eega ort werde, der landesgesetzlichen und örtlichen Regelung überlassen zu können, welche ungleich besser als eine allgemeine, von Reichswegen erfolgende Rege⸗ lung im Stande sein werde, die Gefahren zu vermeiden, welche mit einem zu weit gehenden Verbot der Sonntagsarbeit für die Industrie und das Erwerbsleben der Arbeiter unverkennbar verbunden sein würden. Die verbündeten Regierungen seien keineswegs Gegner einer ausgiebigen Sonntagsruhe und Heiligung. Im Gegentheil, sie freuten sich jedes Fortschritts, welcher auf diesem Gebiet erzielt werde. Sie könnten sich aber nicht entschließen, der Einführung eines Zwanges zuzustimmen, welcher zu den angedeuteten E führen würde.
Abg. Kalle: Er 1 auch über diesen Antrag nur eine kurze Erklärung im Namen der Mehtheit seiner politischen Freunde abzugeben. Sie hätten gegen einzelne Bestimmungen dieses Gesetzentwurfs, insbesondere gegen die Heranziehung der handwerksmäßigen Betriebe, noch dieselben Bedenken, wie im vorigen Jahre. Sie verzichteten aber darauf, diese Be⸗ denken zu detailliren. Er konstatire, daß vom Bundesraths⸗ tisch nichts gesagt worden sei, was nicht bereits früher gesagt gewesen sei. Er wiederhole deshalb einfach die Erklärung, daß die Nationalliberalen wie im vorigen Jahre, so auch in diesem, den Gesetzentwurf acceptiren würden.
Abg. Schrader: Die Erklärung der verbündeten Regie⸗ rungen müsse allerdings, wenn sie aufrecht erhalten werde, jede Hoffnung rauben, daß aus den Berathungen des Hauses ein Gesetz hervorgehen werde. Man könne deshalb auf eine Detailberathung des Gesetzentwurfs verzichten und nur durch schleunige Beschlußfassung der Ueberzeugung einen möglichst prägnanten Ausdruck geben. Wenn auf irgend einem Gebiet der Bundesrath die Verantwortung und Meinung des Reichs⸗ tages für eine entscheidendere halten könnte als seine eigene, so sei es in dieser Frage. Niemand werde verkennen, welche hohe Einsicht dem Bundesrath als hoher politischer Be⸗
hörde beiwohne, und daß die Entscheidung, welche soeben;
mitgetheilt worden sei, getroffen sei nach reiflicher Erwägung. Aber diese Erwägungen beruhten auf Berichten anderer Per⸗ sonen. Im Bundesrath säßen wenige Personen, welche über⸗ haupt aus eigener Anschauung mit den Verhältnissen vertraut seien, welche bei der Sonntagsruhe in Betracht kämen, wäh⸗ rend hier alle Diejenigen vereinigt seien, welche sich ein eigenes Urtheil in dieser Frage zutrauen könnten. Man habe hier Arbeitgeber aus allen Industrien, großen und kleinen, die ländliche Industrie sei vertreten, das Groß⸗ und Kleingewerbe, man habe im Hause eine Anzahl von Arbeitern. Manches in diesem Gesetzentwurf hätte man besser und geschickter machen können, wenn dem Hause diejenige Assistenz zu Theil geworden wäre, welche man von der Reichsregierung hätte er⸗ warten können, statt daß sie nun nachträglich ihre Bedenken geltend mache. Er wünschte, daß die Re⸗ P en sich jetzt noch eerehe wenn auch nicht hren ddersptug aufzugeben, den sie so feierlich mitgetheilt, o doch in die Berathung mit dem Hause einzutreten. Für iesen Fall würde er allerdings vorschlagen, den Gesetzentwurf einer Kommission zu überweisen. Die verbündeten Regierungen
möchten sich indessen versichert halten, daß ihre völlig ab⸗ lehnende Haltung im Lande keinen guten Eindruck gemacht habe und machen werde. Selbst Hr. von Bennigsen habe es als eine Hauptaufgabe dieser Session bezeichnet, die Arbeiter⸗ schutzgesetzgebung zu Stande zu bringen in richtiger Erkenntniß der Stimmung, welche nicht bloß bei den Sozialdemokraten, sondern ganz allgemein unter den Arbeitern rege geworden sei. Die Regierung sollte mit dem Hause versuchen, ein Gesetz zu Stande zu bringen, das einen guten Schritt weiter der Lösung der sozialen Frage entgegenbringen könnte.
Abg. von Kleist⸗Retzow: So willkommen den Konservativen gerade von der linken Seite die Zustimmung zu diesem gesetz⸗ geberischen Gedanken sei, so sei doch bei der gegenwärtigen Situation schwerlich etwas zu hoffen und deshalb bleibe dem Hause in der That nichts übrig, als einfach seine Pflicht zu thun und abzuwarten, ob nicht auf der anderen Seite doch eine bessere Ueberzeugung sich Bahn breche. Er habe sich ge⸗ wundert, daß der Bundesrath gerade diesen Gesetzentwurf ver⸗ worfen habe, bei dem es sich doch eigentlich nur um die Her⸗ stellung einer Gottesordnung handele. Der erste und wichtigste Punkt der ganzen Arbeiterschutzgesetzgebung sei gerade die Ruhe des siebenten Tages in der Woche, welcher die Ver⸗ bindung mit Gott und die Vorbereitung für die übrigen Tage der Woche ermögliche. In dieser Sache habe der ganze Reichs⸗ tag sich vereinigt. Im ersten Stadium der Verhandlungen habe der Bundesrath widersprochen, weil es erst zur Orientirung einer Enquete bedürfe. Nun sei sie veranstaltet und vollständig zu Gunsten des Hauses ausgefallen, und jetzt verweise man dasselbe auf die Landes⸗ gesetze und Polizeiverordnungen; aber gerade die Verschieden⸗ artigkeit dieser Verordnungen in den einzelnen Ländern mache ja eine reichsgesetzliche Regelung nothwendig! Gerade die Kaiser⸗ liche November⸗Botschaft habe dem Hause die Handhabe zu diesem Gesetzentwurf gegeben. Es müsse der Ausbeutung und Bedrückung des Arbeiters durch Herstellung der Sonntagsruhe nach Möglichkeit ein Riegel vorgeschoben werden. Mache man kein Reichsgesetz, so könnten in diesem oder jenem Lande Un⸗ gleichmäßigkeiten und dadurch Schädigungen einzelner Fabri⸗ kanten zu Tage treten. Die Regierung nehme in dieser Frage, er möchte sagen, einen manchesterlichen Standpunkt ein; sie übersehe ganz, daß die Sonntagsruhe geradezu durch ein Naturgesetz bedingt werde. Was sei die Folge, wenn der Sonntag nicht inne Sö werde? Am Sonntag Abend all⸗ gemeiner Soff und dann blauer Montag. Man werde nicht eher ein glückseliges Deutschland haben, als bis die Sonntags⸗ ruhe allgemein durchgeführt sei. Er bitte recht dringend, noch⸗ mals einstimmig diese Meinung zum Ausdruck zu bringen.
Abg. Harm: Die heutige Erklärung vom Bundesraths⸗ tisch wirke wie ein kalter Wasserstrahl auf Diejenigen, die mit Hoffnungen für den Arbeiter hergekommen seien. Da der Entwurf bisher bereits in 19 Kommissionssitzungen be⸗ handelt sei, werde Neues schwer hinzuzufügen sein. Es werfe aber ein besonderes Licht auf die vielgerühmte Arbeiter⸗ freundlichkeit der Regierungen und ihre Sozialreform, wenn hier die bescheidensten, elementarsten Forderungen des Arbeiters abgeschlagen würden. Daß Arbeiter, die den Sonntag frei hätten, auch den Montag „blau“ machten, komme leider vor, meistens thäten das letztere aber gerade Diejenigen, die Sonn⸗ tags gearbeitet hätten, und hierdurch erlitten sie dann eine Einbuße an ihrem Lohn, die sie bei Einführung einer gesetz⸗ lichen Sonntagsruhe in Folge einer Lohnsteigerung nicht er⸗ leiden würden. Wenn man sich auf die Stimmung in Arbeiterkreisen gegen die gesetzliche Sonntagsruhe berufe, hätte man diese auch in Bezug auf die Brotvertheuerung er⸗ sorschen sollen. Es habe sich aber selbst ein großer Theil der Arbeitgeber entschieden für die Sontagsruhe aus⸗ gesprochen, so z. B. die Mannheimer Handels⸗ kammer. Auch gegen die Einführung der allgemeinen Schul⸗ pflicht habe man sich mit Gründen der Konkurrenzfähigkeit der Industrie gewendet. Für die Sonntagsruhe aber sprächen selbst Männer wie Macaulay, der behaupte, daß England ohne die Sonntagsfeier heute ein weit ärmeres und weniger civilisirtes Land sein würde. Jeder Arbeiter vermöge in der Woche fleißiger und anhaltender zu arbeiten, wenn er Sonn⸗ tags seine Ruhe gehabt habe, ganz abgesehen von dem moralischen Werth, wie er aus einer erweiterten Möglichkeit der Kindererziehung erhelle. Die Arbeiterschutzgesetzgebung ergänze nur die Unfallgesetzgebung und die Alters⸗ und Invalidenversicherung. Auch ärztliche Autoritäten, wie Nie⸗ meyer und Andere, sprächen sich entschieden für die Sonntags⸗ ruhe aus. In Fabrikdistrikten würden die jungen Leute immer zahlreicher zum Militärdienst unbrauchbar. Hier könnte doch eine wirkliche Staatshülfe recht segensreich wirken, da ja eine solche bei der ostafrikanischen Vorlage in keiner Weise als schädlich bezeichnet worden sei. Er sei mit der Fassung des Gesetzentwurfs bis auf die Bestimmung einverstanden, daß der Bundesrath ermächtigt sein solle, gewisse Gewerbe, die zur Einhaltung der Sonntagsruhe verpflichtet sein sollen, zu be⸗ stimmen. Hier wären an Stelle des Bundesraths technisch gebildete Instanzen am Platz.
Abg. Nobbe: Er freue sich, daß die Parteifreunde des Vorredners jetzt für den Entwurf stimmen würden, während im vergangenen Jahre das Wort „thunlichst“ sie veranlaßt habe, dagegen zu stimmen. Die Alters⸗ und Invalidenversor⸗ gung wie die ÜUnfallgesetzgebung machten keineswegs den weiteren Ausbau dieser Gesetzgebung unnöthig. So habe seine Rahtt auch einer Vermehrung der Fabrikinspektoren zuge⸗ stimmt, weil sie auch eine gewisse Ueberwachung der Haus⸗ industrie für nothwendig erachtete. Seine Partei bezeichne die Sonntagsruhe als den Grundpfeiler der Gesittung, der sozialen Ordnung und des sozialen Friedens; sie sei nicht allein von allen religiösen Sekten, sondern auch von allen Volkswirthen für nothwendig erachtet worden. Wenn er auch allen Konsequenzen des englischen Sonntags nicht beistimmen könne, so halte er andererseits ihn nicht nur aus materiellen, sondern auch aus ethischen Gründen für erforderlich. Da eine Sonntagsruhe schon in vielen Bezirken bestehe, so würde durch die Vorlage nur eine Divergenz in den einzelnen Landestheilen beseitigt werden. Es empfehle sich schon vom wirthschaftlichen Stan punkt, daß die ganze Industrie gleichmäßig gestellt werde und
die Enquete habe keinen Beweis erbracht, daß die großen Grundlinien, welche die Anträge entwürfen, für das ganze Reich schädlich wirken würden. Wenn der vorliegende Entwurf auch vollständig gesetzesreif sei, würde es ihm doch lieber sein, wenn die Regierung Veranlassung nehmen wollte, ihrerseits eine Vorlage zu machen. Er lege aber Werth darauf, daß heute das ganze Haus seiner Anschauung dahin Ausdruck gebe, daß es eine Verschleppung dieser Gesetzgebung, die auch aus politischen Gründen wünschenswerth sei, beklage.
Abg. Schmidt⸗Elberfeld: Die Enquete über die Sonntags⸗ ruhe sei nur ein Theilergebniß, weil bedeutende Bezirke, wie der Regierungsbezirk Düsseldorf, nicht vertreten seien. Auch die Art und 25 wie man bei uns Enqueten mache, sei durchaus anfechtbar. Man sollte sie, wie in England, durch protokollarische Vernehmungen von Unternehmern und Ar⸗ beitern zu Stande bringen, nicht durch niedere oder höhere Verwaltungsbehörden. Auch schienen ihm vorhandene Miß⸗ stände in der Enquete übertüncht zu sein; aber dennoch hätten sich zwei Drittel der Unternehmer für eine gesetzliche Regelung der Sonntagsruhe ausgesprochen. Er fürchte auch, daß der Bundesrath die in dem Entwurf ihm überwiesenen Be⸗ stimmungen nicht werde ausführen können. Ein Lohn⸗ rückgan könnte nur dann eintreten, wenn wirklich eine Minder eistung des Arbeiters vorläge; es werde aber mit der vermehr en Arbeitsgelegenheit auch nothwendig eine Steigerung des Loh s eintreten. Auch sei bekannt, daß die englischen Arbeiter weit leistungsfähiger seien als die französischen. Eine frühzeitiz Abnutzung der Kräfte und eine geringere Leistungs⸗ fähigkeit der gar Siechthum seien überall die Folge einer über⸗ großen Anstrengung. In den Bezirken, wo die Sonntags⸗ arbeit üblich sei, sei auch die Zahl der Krankheiten und Un⸗ glücksfälle weit größer. Die Gesundheit sei aber ein weit größeres Kapital, als der geringe Lohnverlust bei einer gesetz⸗ lichen Sonntagsruhe betragen würde. Er hoffe also, vdaß der dchatcg die Sonntagsarbeit so weit als irgend möglich
eschränke.
Abg Dr. Windthorst: Daß alle Parteien völlig ein⸗ verstanden mit diesem Antrage seien, müsse doch für die Regie⸗ rung schwer ins Gewicht fallen. Die Regierung erkenne das Bedürfniß zur Beschränkung der Sonntagsarbeit nicht an, aber diesem einmüthigen Zeugniß des Reichstages gegenüber sollte sich die Regierung die Sache nochmals überlegen. Den Einzelstaaten könne die Sache nicht überlassen werden, denn die Gewerbeordnung gelte für das ganze Reich. Der Einwand der Verminderung der Konkurrenzfähigkeit gegenüber dem Auslande bleibe auch bei einer Regelung durch die Einzelstaaten bestehen, ja könnte noch auf die Konkurrenzfähigkeit der Einzel⸗ staaten unter einander ausgedehnt werden. Die Angelegenheit müsse international geregelt werden. Auch auswärtige Regie⸗ rungen machten schon Anstrengungen in dieser Beziehung; die Schweiz sei damit vorangegangen, reiche man alfo dieser die Hand. Die Sonntagsheiligung fei ein Gebot Gottes. Sei der Sonntag bisher nicht genügend geheiligt worden, 8— man die Hindernisse beseitigen. Unser Beispiel würde maß⸗ gebend in der Welt sein.
Die Diskussion wird geschlossen.
Im Schlußwort bemerkte der Abg. Stötzel: Seit Langem ertöne der Nothruf des Arbeiters nach Schutz, und das Haus komme in Folge der Stellung des Bundesraths nicht weiter. Der Zustand der Arbeiterfamilien sei nicht mehr menschen⸗ würdig, wenn der Familienvater nicht nur während der ganzen Woche, sondern auch des Sonntags seiner Familie fern ge⸗ Sg werde. Die Bedenken gegen den Antrag seien alle ängst widerlegt. Mit dem früheren Antrag auf Vermehrung der Fabrikinspektoren habe die Regierung das Centrum auch an die Einzelstaaten gewiesen, es habe aber im preußischen Landtage damit schlechte Erfahrungen gemacht. Die Forderung entspreche der Gerechtigkeit, dem Naturgesetz und dem Gebot des höchsten Gesetzgebers. Man müsse die Gesetze mit diesen drei “ in Einklang bringen. 8
a ein Antrag auf Kommissionsberathung nicht gestell st, wird die zweite Lesung im Plenum stattfinden.
Es folgt nun die erste Berathung des von den Abg Schumacher und Singer eingebrachten Gesetzentwurf über die Abänderung des Zolltarifgesetzes (Auf hebung der Getreidezölle).
Abg. Bebel: Der eben behandelte Gegenstand betreffe di Verbesserung der Lage des Arbeiters in moralischer Beziehung Der Antrag sei für die materielle Lage desselben von der größten Wichtigkeit. Durch das Zolltarifgesetz wie durch andere Gesetze sei die Lage des Arbeiters seit 10 Jahren ver schlechtert. In der gegnerischen Presse bezeichne man diese Antrag als lediglich agitatorisch. Das alterire seine Partei nicht, die Thätigkeit der Sozialdemokraten hier im Hause se überhaupt wesentlich eine agitatorische. Mit dem eben behandelten Gegenstande wollten die Antragsteller ja auch nu für ihre Ideen nach Außen hin Propaganda machen. Di Agitation sei ja gerade von den Herren auf der Rechten aus gegangen, welche die Getreidezölle eingeführt hätten, und sie wirkten damit nur zu Gunsten einer Minderheit, während die Sozialdemokraten mit ihrem Antrage für die große mittellos Masse der Bevölkerung wirken wollten. Durch die Ver handlungen des Jahres 1887 sei unser Getreidezoll der höchst in ganz Europa geworden; es sei schon damals klar gewesen daß einmal die Zeit der Beseitigung dieses Zolles kommen
ürde. Hr. von Bennigsen habe es im Jahre 1879 für unmöglich gehalten, für die Dauer einen solchen Zoll einzu führen, der eine ganz erhebliche Vertheuerung der Lebens mittel zur Folge würde. Ein solcher Zoll würde bei irgend einer politischen Komplikation den Todesstoß er⸗ halten. Dieser Zeitpunkt sei jetzt sehr nahe gekommen. Da die Zölle überhaupt auf die Preise einwirkten, könne Ange⸗ ichts der Thatsache, daß bis in den äußersten Winkel des
eichs das Brot wesentlich theurer geworden sei, Niemand mehr bestreiten. Natürlich müßte irgend ein Umstand ein treten, um diese Vertheuerung der Masse fühlbar zu machen. Die deutsche Zollpolitik habe das Glück gehabt, daß die Zoll erhöhung in eine Zeit gefallen sei, wo die Preise der Produkte in ständigem Sinken begriffen gewesen. Nicht bloß von den Getreidepreisen gelte dies, sondern auch von den Petroleum⸗