1889 / 38 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 11 Feb 1889 18:00:01 GMT) scan diff

Proff or Dr. Remelé: Mineralogie und Geognosie 4 St. Gevgno sche Exkursionen. Ramann: Standortslehre 2 St. Beodenkundliche Exkursionen.

Professor Dr. Schwarz: Spstematische Botanik mit besonderer Berücksichtigung der Fdeen. 4 St. Botanische Exkursionen.

Professor Dr. Altum: Allgemeine Zoologie und wirbellose Thiere 5 St. Zoologische Exkursionen.

Dr. Eckstein: Feeslce Repetitorium 1 St.

Kammergerichts⸗Rath Dr Olshausen: Civilrecht I. (Allgemeiner Theil und Obligationenrecht) 2 St.

Das Sommer⸗Semester beginnt am Montag, den 29. April, und endet Sonnabend, den 17. August. Meldungen sind baldmöglichst unter Beifügung der Zeugnisse über Schulbildung, forstliche Lehrzeit, Führung, über den der erforderlichen Subsistenzmittel sowie unter Fngabe des Militär⸗ Verhältnisses an den Unterzeichneten zu richten.

Der Direktor der Forst⸗Akademie. Dr. Danckel mann.

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Aichtamtliches. Deutsches Reich.

Preuszen. Berlin, 11. Februar. Se. Majestät der Kaiser und König arbeiteten am Sonnabend Morgen bis 10 Uhr allein und hörten dann den Vortrag des Staats⸗ Ministers Grafen Bismarck sowie von 10 ½ Uhr ab denjenigen des Chefs des Generalstabes, Grafen von Waldersee.

Von 11 ½ Uhr ab arbeiteten Se. Majestät mit dem Chef des Militärkabinets, General⸗Adjutanten von Hahnke.

Um 12 ½ Uhr begaben Sich Se. Majestät mit dem fahrplanmäßigen Zuge nach Potsdam zur Ueber⸗ gabe der Säkular⸗Fahnenbänder an das 1. Garde⸗ Regiment z. F. Nach der militärischen Feier, welcher auch die außerordentliche marokkanische Botschaft bei⸗ wohnte, speisten Se. Majestät mit dem Offizier⸗Corps des 1. Garde⸗Regiments z. F. im Regimentshause und verweilten Lac Aufhebung der Tafel noch längere Zeit im Kreise der

ziere.

Mit dem um 6 Uhr 56 Minuten von Potsdam abgehen⸗ den Fage kehrten Se. Majestät nach Berlin zurück.

Zur Abendtafel waren der General⸗Adjutant von Wittich und der Maler Professor Härtel geladen.

Gestern Morgen erledigten Se. Majestät der Kaiser und König von 9 bis 10 Uhr Regierungsgeschäfte, wohnten von 10 bis 11 ¼ Uhr dem Gottesdienst in der Garnison⸗Kirche bei und verblieben demnächst bis 1 Uhr im Arbeitszimmer.

Zum Frühstück, um 1 Uhr, war Se. Hoheit der Herzog Ernst Günther zu Schleswig⸗Holstein geladen.

Um 2 Uhr unternahmen Se. Majestät eine Schlitten⸗ partie nach dem Thiergarten, gelegentlich welcher Se. Majestät einen Besuch bei Sr. Hoheit dem Erbprinzen von Sachsen⸗Meiningen abstatteten, kehrten gegen 4 ½ Uhr nach dem Schlosse zurück, empfingen um 5 Uhr den Kaiserlich Königlich österreichischen Militär⸗Attaché und Flügel⸗Adjutanten, Obersten Freiherrn von Steininger, und arbeiteten demnächst bis 6 Uhr allein.

Um 6 Uhr fand Familientafel statt.

Ihre Majestät die Kaiserin und Königin Augusta wohnte gestern dem Gottesdienst in der Kapelle des Augusta⸗Hospitals bei.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Elsaß⸗Lothringen hielten heute eine Sitzung.

Dem Reichstage ist die Berechnung der nach dem Reichshaushalts⸗Etat für 1889/90 zur Deckung der Gesammtausgabe aufzubringenden Matrikular⸗ beiträge, nach den Beschlüssen des Reichstages in dritter Berathung berichtigt, zugegangen.

Dem Herrenhause ist der Entwurf eines Ge⸗ setzes, betreffend die Heranziehung der Fa⸗ briken u. s. w. mit Präzipualleistungen für den Wegebau in der Provinz Schlesien, zugegangen.

Der Schlußbericht über die vorgestrige Sitzung des Hauses der Abgeordneten befindet sich in der Ersten Beilage. Ebendaselbst wird ein Auszug aus der dem Hause der Abgeordneten zugegangenen Denkschrift über die Ausführung des Gesetzes vom 26. April 1888, betreffend die Beförderung deutscher An⸗ iedelungen in den Provinzen Westpreußen und

osen im Jahre 1888, gegeben.

Auf der Tagesordnung der am Dienstag, den 12. d. M., Vormittags 11 Uhr, stattfindenden 14. Plenarsitzung des Hauses der Abgeordneten stehen folgende Gegen⸗ stände: Dritte Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Erhöhung der Krondotation. Fortsetzung der zweiten Be⸗ rathung des Entwurfs des Staatshaushalts⸗Etats für 1889,90, und zwar: a. Ministerium für Handel und Gewerbe, b. Justiz⸗ verwaltung.

Am 3. d. M. verschied hierselbst in Folge eines Schlag⸗ flusses der Präsident des Bundesamts für das Heimathwesen, Wirkliche Geheime Rath Bernhard von König. Am 14. Februar 1820 zu Neuhaldensleben als Sohn des dortigen Land⸗ und Stadtgerichts⸗Direktors König geboren, genoß er seine Schulbildung in Magdeburg, Eisleben und Görlitz, studirte dann in Berlin die Rechte und trat 1841 als Auskultator in den preußischen Justizdienst. Im Jahre 1845 wurdeer Assessor, und als solcher etwa zwei Jahre im Justiz⸗Ministerium beschäftigt. Demnächst wurde er in den Dienst des preußischen Ministe⸗ riums der auswärtigen Angelegenheiten übernommen und zu⸗ nächst bis zum Jahre 1853 im Konsulatsdienst und zwar in den Donau⸗Fürstenthümern (SJassy, Bukarest, Galacz) verwendet. Auf Grund der hierdurch gewonnenen praktischen Kenntniß des Konsulatsdienstes verfaßte er damals sein in den betheiligten Kreisen noch heute geschätztes „Handbuch des Konsulatswesens“, dessen neueste Auflage er noch im porigen Jahre erleben durste. Im Jahre 1854 wurde er als Hülssarbeiter in die politische Abtheilung des Ministeriums der Auswärtigen Angelegenheiten berufen und zwei Jahre darauf zum General⸗Konsul für Egypten mit dem Sitze in Alexandrien ernannt. Während sechs Jahren hat er in dieser Stellung eine reiche und nützliche Thätigkeit entfaltet. In den Konsulatsgeschäften erwies er sich als unermüdlicher, theilnahmvoller Vertreter der Interessen seiner Landsleute.

Besondere Freude gewährte es ihm, den Begründern der Diakonissenanstalt in Alexandrien mit Rath und Hülfe zur Seite zu stehen. In gleicher Weise nohm er sich des Baues der deutschen evangelischen Kirche daselbst an, der ersten auf nordafrikanischem Boden. Die Expedition, welche der Sohn des Prinzen Adalbert, Freiherr von Barnim, in den Jahren 1859/60 nach den Südprovinzen Egyptens unter⸗ nahm, förderte er nach Kräften und bewirkte nach dem Tode des jungen Forschers die Ueberführung der sterblichen neberreste esselben in die Heimath. Durch das Vertrauen des Vize⸗Königs wurde ihm die Wahrung der preußischen und deutschen Interessen wesentlich erleichtert. Auf seine amtliche Stellung in Egypten sind auch die Be⸗ ziehungen jurückzuführen, in denen er zu Männern der Wissenschaft, wie Alexander von Humboldt, Lepsius, Brugsch und zu Künstlern, wie E. Magnus und G. Richter ge⸗ standen hat. .

Im Nhre 1862 wurde er als Geheimer Legations⸗Rath und vortragender Rath in das Ministerium zurückberufen. Er fand hier Gelegenheit zu vielseitiger Thätigkeit.

Zu seinen Obliegenheiten im Auswärtigen Amt gehörte auch die Bearbeitung von Armenstreitsachen unter verschiedenen Bundesstaaten. Als durch das Reichsgesetz über den Unter⸗ stützungswohnsit vom 6. Juni 1870 eine gemeinsame Armengesetzgebung für das Deutsche Reich geschaffen und bebuss einheitlicher Entscheidung der Armen⸗ streitsachen in letzter Instanz das Bundesamt für das Heimathwesen errichtet worden war, wurde König mittelst Allerhöchster Ordre vom 14. Juli 1871 zum Präsi⸗ denten dieser Behörde ernannt. Als solcher hat er das Bundesamt mit der Pflichttreue, die er in allen seinen dienst⸗ lichen Verhältnissen bewährte, bis an sein Ende erfolgreich geleitet. Den hervorragenden Eigenschaften und Leistungen des Verewigten hat es an der verdienten Anerkennung nicht gefehlt. Er besaß außer zahl⸗ reichen ausländischen Ordensauszeichnungen den Rothen Adler⸗Orden zweiter Klasse mit Eichenlaub und mit dem Stern. Im Jahre 1885 wurde er zum Wirklichen Ge⸗ heimen Rath mit dem Ge Excellenz ernannt und im Jahre 1887 in den Adelstand erhoben. Er war ein aus⸗ gezeichneter Beamter, ein treuer und bewährter Diener seines Kaisers, ein Mann von liebenswürdigem und fleckenlosem Charakter. Sein Andenken wird stets in hohen Ehren bleiben.

Potsdam, 9. Februar. (W. T. B.) Heute fand die Uebergabe der von Sr. Majestät dem Kaiser und König den drei Bataillonen des 1. Garde⸗Regi⸗ ments z. verliehenen Fahnenbänder statt, und zwar der ungünstigen Witterung wegen nicht im Lustgarten, sondern im sogen. „langen Stall“. Nachdem der Kaiser die Front der Bataillone, gefolgt von einer zahlreichen Suite, in welcher sich auch die außerordentliche marokkanische Botschaft befand, ab⸗ geschritten hatte, richtete Se. Majestät an das Regiment mit weithin schallender Stimme folgende Ansprache:

„Am heutigen 12. Jahrestage Meines Eintrittes in das Regiment, der an derselben Stätte erfolgte, habe Ich euch zusammengerufen, um euch einen neuen Beweis Meiner Huld und Gnade zu verleihen. Das 1. Garde⸗Regiment nennt sich mit Stolz das erste und vornehmste der Armee. Seine Geschichte reicht zurück bis in die Zeiten Friedrich Wilhelm's I. und seiner Riesen⸗Grenadiere, und das Regiment trägt in seinen äußeren Abzeichen die Erinnerung an die Riesen⸗Garde des Soldatenkönigs. Es ist gelungen, die Geschichte des Stammes noch weiter hinauf zu verfolgen, bis zum Jahre 1688. Zur Erinnerung daran verleihe Ich dem Regiment Fahnenbänder, welche an diese Zeit seines Ursprungs erinnern sollen.“

Die Ansprache schloß mit der Mahnung an das Regiment, sich alle Zeit seines Namens und seiner Geschichte würdig zu zeigen. Hierauf befestigte der Kaiser mit eigener Hand die Bänder an den Fahnen. Dieselben tragen auf schwarzem Grunde mit silberner Einfassung die Inschrift: „Zur Erinne⸗ rung an 1688“; darunter steht auf dem einen Bande der Namenszug „F. III.“, auf dem andern die Jahreszahl „1889“ und der Namenszug „W. II.“ Die Schleifen der Bänder tragen die silbergestichten Iegeesleelen „1688“ und „1889“. Der Verleihung folgte ein Parademarsch in Zügen.

Baden. Karlsruhe, 9. Februar. (Karlsr. Ztg.) Gestern Abend fand bei den Großherzoglichen Herrschaften zu Ehren des Erbprinzen von Anhalt und Höchstdessen Verlobung mit der Prinzessin Marie von Baden große Hoftafel statt, zu welcher die Erbgroßherzoglichen Herr⸗ schaften aus Freiburg hier eingetroffen und zahlreiche Ein⸗ ladungen ergangen waren.

Hessen. Darmstadt, 9. Februar. (Darmst. Ztg.) Der Zweiten Kammer der Stände ist ein Gesetzent⸗ wurf, betressend die Errichtung einer Landes⸗Kredit⸗ kasse, zugegangen. Diese Kasse soll die Beschaffung von Kapitalien zur Verwendung zu landwirthschaftlichen Zwecken erleichtern und wird unter der oberen Leitung und Aufsicht des Ministeriums des Innern und der Justiz von der Verwaltungskommission der Kasse, welche aus wenigstens fünf vom Großherzog ernannten Mitgliedern besteht, unter Mitwirkung der Staatsschuldenkommission verwaltet werden. An die Zweite Kammer ist ferner eine Vorlage des Ministeriums des Innern und der Justiz gelangt, betreffend die Errichtung eines hygienischen Instituts an der Landes⸗Universität Gießen.

Anhalt. Dessau, 8. Februar. (Anh. St.⸗A.) In der heutigen dritten Plenarsitzung des Landtages wurde zunächst mitgetheilt, daß der Herzog von den Seitens des Landtages präsentirten drei Kandidaten den Abgeordneten und bisherigen ersten Vize⸗ Präsidenten Lezius zum Präsidenten des Landtages für die laufende Landtagsperiode ernannt hat. F nahm die Ernennung dankend an. Es folgte die erste Lesung der Vor⸗ lage, betreffend die Veräußerungen landesfiskalischer Grundstücke. Zum Referenten ernannte der Präsident den Abg. von Trotha, zum Korreferenten den Abg. Dönitz. Die Vorlage, betreffend die Wasserversorgung der Stadt Großalsleben (ein⸗ malige staatliche Beihülfe von 8000 ℳ) wurde ohne Debatte in zweiter Lesung angenommen; ebenso die Vor⸗ lage, betreffend die Mitverwendung des bei der Herzog⸗ lichen Landrentenbank angesammelten sogenannten Amorti⸗ sationsfonds zu den Ausloosungen von Landrentenbriefen. Letzter Gegenstand der Tagesordnung war der Bericht der Kommission über Fortdauer oder Erlöschen des Mandats des Abg. Herz. Der Berichterstatter Abg. Dr. Funk stellte namens der Kommission den Antrag: „Der Landtag wolle beschließen, das Mandat des Abg. Herz für erloschen zu erklären, da der⸗ selbe nicht mehr der Wählerklasse der Wahlberechtigten der

Städte, sondern der Wählerklasse der meistbesteuerten Handel⸗ und Gewerbetreibenden (§. 4 des Gesetzes Nr. 288) angehört.“ Der Kommissionsantrag wurde mit großer Mehrheit an⸗ genommen. Die nächste Plenarsitzung findet am Dienstag statt.

Schwarzburg⸗Sondershausen. Sonders hau se n,

(Reg.⸗ u. Nachr.⸗Bi.) Der Landtagsausschuß des Fürsten⸗

hat seine Arbeiten am Dienstag dieser Woche hierselbst egonnen.

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 9. Februar. (W. T. B.) Die Prinzessin Leopold von Bayern besuchte heute Nachmittag die Kapuzinergruft und verblieb längere Zeit in stiller Andacht am Sarge des Kronprinzen nieend.

Zum Oberst⸗Hofmeister der Kronprinzessin⸗ Wittwe wurde das Mitglied des Herrenhauses, Graf Franz Bellegarde ernannt.

11. Februar. (W. T. B.) In der heutigen Herren⸗ haussitzung berichtete der Präsident über den Empfang der Kondolenz⸗Deputation des Herrenhauses durch den Kaiser. Allerhöchstderselbe habe, auf die Ansprache des Präsidenten erwidernd, betont, wie ihm in diesen schweren Tagen die Kundgebungen allseitiger Theilnahme, insbesondere die Bekundung echt österreichischen dynastischen Sinnes zum Troste gereicht hätten. Der Präsident sagte: „Unauslöschlich wird uns die Erinnerung an diesen feierlichen

Augenblick bleiben.“

Pest, 10. Februar. (W. T. B) Der Nemzet“ ist er⸗ mächtigt, zu erklären, daß die Nachricht, der Minister⸗ Präsident von Tisza habe die Demission eingereicht oder beabsichtige demnächst zu demissioniren, völlig un⸗ begründet sei.

Der Abgeordnete, Geheime Rath Gustav Viszolyi, Präsident des Klubs der liberalen Partei, ist heute Abend

gestorben.

Großbritannien und Irland. London, 11. Februar. (W. T. B.) Mehrere Tausend Personen wohnten gestern Nachmittag einem im Hydepark von den Vereinigungen der Radikalen Londons einberufenen Meeting bei, um gegen die Behandlung des Deputirten O’'Brien und anderer politischen Gefangenen zu protestiren. Trotz des seit Mittag herrschenden Schneefalls war die Zahl der Manifestanten, die aus allen Stadtvierteln mit Musikbanden und Fahnen an der Spitze herbeigeströmt waren, eine große. Die von mehreren Rednern gegen den

General⸗Sekretär für Irland, Balfour, gerichteten An⸗ schuldigungen fanden sehr beifällige Aufnahme. Es wur⸗ den Resolutionen einstimmig angenommen, in welchen

egen Balfour und gegen die Politik der Regierung in Feland Protest erhoben und verlangt wird, daß die Führer der liberalen Partei energisch gegen das unmenschliche Ver⸗ fahren der Regierung vorgehen. Alles verlief ohne Ruhe⸗ störung. Eine beträchtliche Polizeimacht überwachte die Demonstration.

Frankreich. Paris, 9. Februar. (W. T. B.) In der Deputirtenkammer brachte heute der Finanz⸗Minister Peytral das Budget für 1890 ein und beantragte die sofortige Ernennung einer Kommission. Thomson verlas den Bericht über den Gesetzentwurf, betreffend die Bezirkswahlen, in welchem es heißt, die mit der Listen⸗ abstimmung gemachte Erfahrung sei keine gute, die Bezirks⸗ abstimmungen dürften bessere Ergebnisse liefern. Es wurde beantragt, die Berathung auf Montag anzuberaumen. Tony Revillon verlas den Bericht über den Entwurf, betreffend die Verfassungsrevision, welcher zu dem Schluß kommt, daß die Revision nothwendig sei. Simyan (radikal) verlangte den Vorzug in der Berathung für den Revisionsentwurf. Der Minister⸗Präsident Floquet be⸗ antragte, zunächst die Berathung des Entwurfs über die Bezirkswahlen vorzunehmen und unmittelbar darnach, etwa auf Donnerstag, den Revisionsentwurf auf die Tagesordnung zu setzen. Die Regierung werde in Betreff der beiden Fragen ein Vertrauensvotum verlangen und nicht von ihrem Posten zurückweichen. Sie sei der Ansicht, daß auch die Kammer bis zum Erlöschen ihres Mandats beisammen bleiben müsse, um der bevorstehenden allgemeinen Weltausstellung, dem Rendezvous der Nationen, beizuwohnen. Floquet bean⸗ tragte, auf Montag den Gesetzentwurf über die Bezirkswahlen anzusetzen und forderte die Kammer auf, ihm die dazu noth⸗ wendige Majorität zu gewähren. Die Kammeer beschloß mit 308 gegen 243 Stimmen, am Montag die Vorlage über Wiedereinführung der Bezirkswahlen zu berathen, und mit 507 gegen 9 Stimmen die Berathung der Ver⸗ T ion auf die Tagesordnung vom Donnerstag zu setzen.

10. Februar. (W. T. B.) In Deputirtenkreisen glaubt man, daß die Vorlage über die Wiedereinführung der Bezirkswahlen ohne größere Debatten werde ange⸗ nommen werden. Dagegen gilt das Ergebniß der Berathung der Verfassungsrevision, welche am nächsten Donnerstag beginnt und bei welcher man sehr lebhafte Debatten erwartet, für durchaus ungewiß, weil über diese Frage unter den 1““ Deputirten die auseinandergehendsten Ansichten estehen. .

Die Delegirten der Syndikatskammern der sozialistischen und revolutionären Parteien hielten heute Vormittag in der Arbeitsbörse eine Versammlung ab und begaben sich sodann zu dem Minister⸗Präsidenten Floquet, den Präsidenten der Kammer und des Senats, Möéline und Le Royer, zu dem Seine⸗Präfekten und dem Po lizei⸗Präfekten nach dem Stadthause, um die von den Arbeiterkongressen in Bordeaux und Troyes angenommenen Resolutionen zu übhberreichen. In diesen Resolutionen wird verlangt: 1) Herabminderung der Tagesarbeit; 2) das Minimum des Lohnes soll den in den verschiedenen Orten für die nothwendigen Lebens⸗ bedürfnisse festgestellten Sätzen entsprechen; 3) die Ausbeutung der gewöhnlichen Handarbeit durch Akkordarbeit soll untersagt werden. Der Polizei⸗Präfekt hatte vor dem Palais de l'Elysée und dem Kammergebäude große Vorsichtsmaßregeln getroffen; doch verlief Alles in größter Ruhe. Die Delegirten beab⸗ sichtigen am 24. d. M. wieder zu erscheinen, um die Antwort auf ihre Forderungen entgegen zu nehmen.

11. Februar. (W. T. B.) Bei dem gestrigen Empfang der Arbeiterdeputationen in Lyon, Bordeaux und Marseille durch die dortigen Präfekten, wobei Seitens der Arbeiter ähnliche Bedingungen gestellt wurden, wie bei dem

Empfang der Pariser Arbeiterdelegirten, erklärten die Prä⸗ fekten, die Regierung sei mit der Erwägung einzelner der vorgebrachten Forderungen beschäftigt, andere seien dagegen unbegründet und sei auf keine Berücksichtigung derselben zu rechnen. Was die für den 24. d. M. geplante neue Versamm⸗ g9. üngehe, so möchten sich die Arbeiter jeder Ruhestörungen enthalten.

heBei der Wahl eines Deputirten für das Departement Cöte d'or wurde Bargy (Republikaner) mit 39 680 Stimmen gewählt, Toussaint (Monarchist) erhielt 32 514 Stimmen.

Italien. Rom, 9. Februar. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer erklärte auf mehrere Anfragen in Betreff der gestrigen Unruhen der Minister⸗Präsident Crispi: Die Hauptschuld trage der mit der Ueberwachung der Versammlung auf dem Prato di Castello betraute Polizei⸗Inspektor. Derselbe sei vom Amt suspendirt worden und werde sich vor dem Disziplinarrath zu verantworten haben. Die Arbeiten an der Poliklinik und dem Justizpalast würden be⸗ schleunigt werden, wodurch einige tausend Arbeiter Be⸗ schäftigung finden würden. Zur Sicherung der Ruhe würden die nicht in Rom zuständigen, beschäftigungslosen Arbeiter in ihre Heimath befördert und bis zur vollstän⸗ digen Sicherung der Ordnung keinerlei öffentliche Versamm⸗ lungen gestattet werden; auch seien die politischen Meetings der „Friedensfreunde“ im Lande verboten. Gegen die letzte Verirgon protestirte der Sozialist Costa unter andauerndem Lärm. chließlich beantragte Bonghi eine Tagesord⸗

nung, in welcher der Regierung das Vertrauen der

Kammer ausgedrückt wird. Dieselbe wird auf Antrag des Minister⸗Präsidenten am Donnerstag zur Berathung ge⸗

langen. Bis heute Vormittag wurden 163 Verhaftungen vor⸗ genommen. 9. Februar, Nachmittags. (W. T. B.) Die Stadt nimmt allmählich ihr gewöhnliches Aussehen an. Die Kauf⸗ läden werden wieder geöffnet. Eine heute Vormittag ver⸗ suchte Ansammlung auf dem Dante⸗Platz wurde durch 1u.“*“] vereitelt, wobei 10 Personen verhaftet wurden. 10. Februar. (W. T. B.) Der gestrige Abend und die Nacht sind ruhig verlaufen. Der von den Ruhestörern angerichtete Schaden wird auf 100 000 Lire geschätzt; die Zahl der bis jetzt Verhafteten beträgt 260. er Bürgermeister hat gestern Abend eine zur Beruhigung uffordernde Bekanntmachung an die Bürger erlassen, welche mit den Worten schließt: „Die Vaterlands⸗ liebe und die Ehre der Stadt fordern, daß ihr mit Ruhe und männlicher Festigkeit zeigt, daß ihr euch nicht einschüchtern noch von Gewaltthätigkeiten fortreißen lassen wollt.“ G Der Kardinal Pietra ist gestorben. 11. Februar. (W. T. B.) Der gestrige Tag ist vollständig ruhig verlaufen. Die Königliche Familie wurde auf der Spazierfahrt von der Bevölkerung achtungsvoll begrüßt. Der Quästor Roms ist seines Amts ent⸗ oben und durch den Quästor von Matlland ersetzt

eitungsstimmen.

Die „National⸗Zeitung“ schreibt:

Die Reichstagsverhandlungen sind auf etwa sechs Wochen unter⸗ brochen worden, um den Kommissionen für das Alters⸗ und Invaliden⸗ versicherungs⸗ und für das Genossenschaftsgesetz Zeit zur Weiter⸗ führung ihrer Berathungen zu gewähren. Wesentlich von diesen wird das Maß positiver gesetzgeberischer Resultate abhängen, auf welches nach dem Abschluß der Session zurückzublicken sein wird. Das Zustandekommen des Gesetzes, welches den Genossenschaften eine neue verbesserte Grund⸗ lage für ihre verdienstvolle Thätigkeit schaffen soll, darf wohl, trotz mancher Abänderungen des Entwurfs, die von der Kommission be⸗ schlossen worden, als gesichert betrachtet werden. Nicht so zweifellos ist das Ergebniß der auf die Alters⸗ und Invalidenversicherung bezüg⸗ lichen Arbeiten. Die Kommission kommt, wie es bei der Schwierig⸗ keit und Komplizirtheit der Aufgabe nicht anders sein kann, nur lang⸗ sam vorwärts, und bei der Rückwirkung, welche fast jede wichtige Aenderung der Vorlage auf viele Puokte dieser ausüben muß, können manche bedeutsame Beschlüsse zunächst nur als eventuelle be⸗ trachtet werden, die möglicherweise im weiteren Verlauf der Berathung wieder abgeändert werden. Aber der Ernst und die Hingebung, womit diese Kommissionsarbeit betrieben wird, bürgt dafür, daß das Werk, selbst wenn es nicht in der gegenwärtigen Session zum Abschluß kom⸗ men sollte, doch so weit gefördert werden wird, um in der nächsten jedenfalls vollendet zu werden.

8 Vermöge der Verweisung der beiden wichtigsten gesetzgeberischen Aufgaben der Session in Ausschüsse hat im Plenum die Etats⸗ berathung den breitesten Raum eingenommen, obgleich sie, sowohl in politischer als in finanzieller Beziehung, im Ganzen ziemlich ruhig verlief und die an dem Reickshaushalts⸗Entwurf beschlossenen Aende⸗ rungen höchst unbedeutender Art sind. Die schwierigste Entscheidung, welche beim Etat zu treffen war, betraf die Schiffsbauten, die für die Marine von der Regierung gefordert waren und für die Bauzeit bis zum Etatsjahr 1894/95 im Ganzen 117 Mill. Mark, wozu noch die Kosten der Bewaffnung ꝛc. hinzukommen werden, erfordern. Die Bewilligung erster Raten wodurch der Reichstag sich natürlich für die betreffenden Bauten verpflichtet ist im dies⸗ jährigen Etat nicht bereits für die sämmtlichen Schiffe verlangt worden, welche in der Denkschrift der Admiralität als nothwendig bezeichnet sind, sondern nur für die vier Panzer⸗Schlachtschiffe, ferner für zwei neue Panzerfahrzeuge zur Küstenvertheidigung, für einen von vier Kreuzern und für die zwei Torpedo⸗Divisionsboote; für die eben⸗ falls in Aussicht FesgteFeneg sieben Kreuzerkorvetten (geschützte Kreuzer) war eine erste Rate für das Etatsjahr 1889/90 überhaupt nicht beantragt. Die vielfach verbreitete Meinung, daß der Reichstag sich bereits für sämmtliche in der Marine⸗Denkschrift empfohlenen Schiffsbauten verpflichtet habe, ist somit unzutreffend; aber er hat allerdings u. A. den bestrittensten Theil derselben, die vier Panzer⸗ Schlachtschiffe, genehmigt. Es war bemerkenswerth, daß dabei das Centrum, welches um dieselbe Zeit durch seine Zustimmung zur ost⸗ afrikanischen Vorlage den Eindruck verstärkter Bereitwilligkeit zu positiver Reichspolitik hervorgerufen hatte, wieder in die Oppositions⸗ stellung zurücklenkte. Es lieferte durch seine oft bewährte Kunst, tak⸗ tische Scheinpositionen zu fis sogar den Deutschfreisinnigen die Möglichkeit einer scheinbaren Vereinigung des oft betonten Interesses derselben für die Entwickelung der Marine und des Wunsches, endlich einmal einer größeren Geldforderung widersprechen zu können, nachdem sie seit Jahren sich genöthigt gesehen, deder solchen aus Rücksicht auf die Wähler zuzustimmen und dadurch die Noth⸗: wendigkeit der gleichwohl beständig denunzirten „neuen Steuern“ dar⸗ zuthun. Centrum und Deutschfreisinnige votirten für den von dem ersteren ersonnenen Antrag, anstatt der ersten Rate für die vier Panzerschiffe nur eine, aber verstärkte erste Rate für ein solches Schiff zu gewähren. Die dafür geltend gemachte Gefahr neuer Erfindungen im Schiffsbau⸗ und Waffenwesen, welche kaum fertige Schiffe in die zweite Reihe der Brauchbarkeit zurückdrängen kann, wird immer vorhanden sein; man

kann ihr durch eine Verlangsamung der Bauten also nicht begeagnen. Die zu entscheidende Frage war, ob die deutsche Marine einige Schlachtschiffe behufs der Beherrschung der Nord⸗ und Ostsee brauche; bejahte man diese Frage auf die von der Admiralität angeführten Gründe hin, dann muß man die erforderliche Mindestzahl solcher Schiffe möglichst rasch herstellen, dann hat es keinen Siin, nur eines derselben zu beschaffen. 8 1

Wie das Centrum der für sich allein bedeutungslosen deutsch⸗ freisinnigen Fraktion bei diesem wichtigen praktischen Anlaß die An⸗ lehnung an eine große Partei gewährte, so auch bei der bemerkens⸗ werthesten politischen Debatte, welche sich beim Etat entwickelte, der über die Geffcken'sche Angelegenheit. Wenn man den Eifer sah, wo⸗ mit Hr. Windthorst hier wiederum den in der Kolonialfrage preis⸗ gegebenen Anschluß an die fortschrittliche Politik suchte, so mußte man von Neuem der Unzuverlässigkeit des Centrums für jede einheitliche Politik inne werden Der Centrumsführer trat als der Wächter des Rechtes auf, der allezeit für dasselbe, ohne Rücksicht auf politische Zweck⸗ mäßigkeitsgründe, Zeugniß ablegt. Wir würden gegen die Erfüllung dieser Pflicht gewiß nichts einwenden, wenn ein klares Recht in der Frage, ob die Anklageschrift, das Eigenthum der Reichs⸗Justizverwal⸗ tung, veröffentlicht werden durfte, wirklich vorläge. Es ist aber eine durchaus unhaltbare Behauptung, daß dem so sei, wie jeder Leser der bezüglichen Reichstagsverhandlung sich überzeugen konnte: beide Theile, der Justiz⸗Minister einer⸗, die fortschrittlichen, klerikalen und sozialdemokratischen Redner andererseits, kämpften lediglich ver⸗ mittelst Analogien und Folgerungen; eine auf den streitigen Fall unmittelbar bezügliche Gesetzesbestimmung konnte weder für, noch wider angeführt werden. Bei einer derartigen Rechtslage kommt naturgemäß die Rücksicht auf das, was im Staatsinteresse nothwendig und zweckmäßig erscheint, wesentlich in Betracht. Der Umstand, daß in dieser Hinsicht bei der Aktion der Regierung, resp. zur Unterstützung derselben in der Presse, Uebertreibungen vor⸗ gekommen, war es wohl, was die sonst zur Unterstützung der Regie⸗ rung geneigten Parteien zu fast vollständiger Enthaltung von der Theilnahme an dieser Verhandlung veranlaßte. Die durchaus zweifel⸗ hafte Rechtsfrage aber zum Anlaß heftiger Angriffe auf die Reichs⸗ regierung zu nehmen, dazu konnte sich nur bewogen fühlen, wer, wie die Deutschfreisinnigen, politisch überhaupt nur von solchen Angriffen lebt oder, wie das Centrum, zwei Seelen in seiner Brust hat und daher, nachdem in der Kolonialfrage das Reichsinteresse unterstützt worden war, auch wieder etwas für die Intransigenten unter der Ge⸗ folgschaft thun mußte. 3 8

Der hartnäckigste, sowohl beim Etat, als in den verschiedenen Stadien der ostafrikanischen Vorlage durchgefochtene Kampf bezog sich auf die Kolonialpolitik. Wenn dieselbe für das deutsche Volk, wie wir erwarten, in der Zukunft Vortheil bringt, so werden die Deutsch⸗ freisinnigen sich auch darin als die rechten Erben der Fortschritts⸗ partei erwiesen haben, daß sie, wie diese bei allen wichtigen Gelegen⸗ heiten zweier Jahrzehnte, dem widersprachen, was Deutschland in der Welt vorwärts brachte. Da Kolonialpolitik aber weitaussehend ist und die bei ihr unvermeidlichen Schwierigkeiten deshalb natur⸗ gemäß früher eintreten, als die Erfolge, so hoffen die Deutsch⸗ freisinnigen, daß noch manchmal ein Buschiri und Kamaherero als Zeugen für ihre politische Weisheit auftreten werden. Das ist möglich; eben deshalb ist es erfreulich, daß mit der Regierung fast der ganze Reichstag die Verantwortlichkeit für die Maßregeln übernommen hat, welche in Ost⸗Afrika zur Wiederherstellung der deutschen Position nunmehr vorbereitet werden. Man hat an Aeußerungen des Reichs⸗ kanzlers und an die vom Centrum für seine Zustimmung angegebenen, in erster Reihe kirchlichen Beweggründe höchst unhaltbare Erörterungen des Inhalts geknüpft, als ob weder Fürst Bismarck, noch die Herren Windthorst und Genossen die volle Verantwortlichkeit für die er⸗ griffenen Maßregeln mit zu tragen hätten. Der Kanzler hatte dargelegt, daß er für die Kolonialpolitik nicht die Initiative ergriffen habe; aber er ist nicht der Mann, die Verantwortlichkeit für irgend etwas, was er thut, abzulehnen; ob er kolonial⸗ politische Unternehmungen angeregt hat oder nicht, er hat sie doch soweit gebilligt, wie es die Voraussetzung der Mitwirkung war; einer für falsch und schädlich von ihm erachteten Strömung der öffentlichen Meinung würde ein Staatsmann wie Fürst Bismarck sich immer widersetzen. Andererseits das Centrum hat, gleichviel, was es in erster oder in letzter Reihe bezweckt, ebenfalls dazu mitgewirkt, 899 der ostafrikanische Aufstand demnächst deutscherseits auch zu Lande bekämpft werden wird, und es ist dafür mitverantwortlich gleich der Regierung und den „Kartellparteien“. Wir hoffen, daß die Ueber⸗ nahme dieser Verantwortlichkeit sich als ein Verdienst erweisen wird; aber verfehlten Darstellungen gegenüber soll sie hier nochmals betont sein. 8

Die „Magdeburgische Zeitung“ bemerkt:

„Die Denkschriften über die Ausführung des Ansiedelungsgefetzes müssen von Jahr zu Jahr ein größeres Interesse für sich in Anspruch nehmen. Wäͤhrend die erste nur über die erfolgten Landankäufe zu berichten hatte, also über die vorbereitenden Schritte für den großen Zweck, um dessen willen das Gesetz gemacht worden, hat nunmehr die Auftheilung der angekauften Güter und der Verkauf oder die Ver⸗ pachtung derselben in kleinere Parzellen ihren Anfang genommen. Die Probe darauf, ob mit dem Gesetz überall das Richtige getroffen und ob zur Ausführung desselben auch die richtigen Männer bestellt sind, hat also gleichfalls begonnen. Wir haben nach beiden Richtungen keinen

weifel gehabt, und die neue Denkschrift, die soeben dem Abgeordnetenhause zugegangen, ist nur dazu angethan, uns in einer solchen Auffassung zu bestärken. Die Darstellung, die sie von der Ausführung des Gesetzes im Verlauf des Jahres 1888 giebt, trägt keinerlei Schminke. Sie berichtet von den Erfolgen, trägt aber auch nicht Bedenken, da wo glücklicherweise nur vereinzelt Mißerfolge sich herausgestellt haben, diese offen einzugestehen. Wer hätte wohl erwarten koͤnnen, daß eine so große Aufgabe sich werde lösen lassen, ohne daß nicht auch einmal ein Fehlgriff gethan würde! Sie zeigt uns vor Allem, wie die Kommission unablässig bemüht ist, bei der Fortführung ihres Werkes nicht nur die Erfabhrungen, die sie selbst hat machen können, sondern auch die Anregungen, die ihr durch die eingehende Behandlung der früheren Denkschrift im preußischen Land⸗ tage gegeben worden sind, sich zu Nutze zu machen.

Sanitäts⸗, Veterinär⸗ und Quarantänewesen.

Spanien.

Die Königlich spanische Generaldirektion des Gesundheitswesens hat in Folge Erlöschens des gelben Fiebers in Santa Cruz de la Palma mittelst Verfügung vom 26. Januar 1889 die Provenienzen von der Insel Palma von jetzt ab zu freiem Verkehr in den spani⸗ schen Häfen wieder zugelassen, vorausgesetzt, daß sie mit reinem Ge⸗ sundheitspaß einlaufen und gute hygienische Verhältnisse, auch keinen verdächtigen Vorfall an Bord aufweisen. (Vergl. „R.⸗A.“ Nr. 299 vom 26. November 1888.)

Gewerbe und Handel.

London, 7. Februar. (A. C)) Nach dem Handels⸗ ausweise für den Januar hat die Einfuhr im Betrage von 38 025 774 Pfd. Sterl. gegen den gleichen Monat des vorhergehenden Jahres um 3 222 786 Pfd. Sterl. oder 9 %, und die Ausfuhr im Werthe von 20 479 341 Pfd. Sterl. um 1 895 670 Pfd. Sterl. oder 10 % zugenommen. An der Zunahme der Ausfuhr sind vorwiegend Garne und Textilfabrikate, Rohstoffe, Maschinen und Kleidungsstücke betheiligt. Der Exvort von Baumwollstoffen nach Indien, den niederländischen Kolonien in Indien, West⸗Indien, den Vereinigten Staaten, Deutschland und der Türkei hat zugenommen, während die Verschiffungen nach Egypten, China und Japan, Ma⸗ lakka, Ceylon, Belgien und Frankreich wesentlich abgenommen haben. Was die Einfuhr betrifft, so figuriren Brotstoffe und Getränke mit der größten Zunahme; dann folgen Rohstoffe, aber die Zunahme ist ziemlich gut vertheilt. Die Einfuhr von Oelen und Chemikalien hat indeß abgenommen. Die Weizeneinfuhr aus Rußland hat sich k behauptet, während die aus Indien sich etwa verdreifachte.

Glasgow, 9. Februar. (W. T. B.) Die Vorräthe von Roheisen in den Stores belaufen sich auf 1 034 427 Tonsg hegen 945 216 Tons im vorigen Jahre. Die Zahl der im Betrieb

efindlichen Hochöfen 80 gegen 84 im vorigen Jabre

Brüssel, 9. Februar. (W. T. B.) Die Nationalbank hat den Diskont von 4 ½ auf 3 ½ % herabgesetzt.

New⸗York, 8. (W. T. B.) Baumwollen⸗ Wochenbericht. Zufuhren in allen Unionshäfen 125 000 Ballen, Ausfuhr nach Großbritannien 87 000 Ballen, Ausfuhr nach dem Kontinent 42 000 Ballen, Vorrath 897 000 Ballen.

9. Februar. (W. T. B.) Der Werth der in der ver⸗ gangenen Woche eingeführten Waaren betrug 10 413 880 Doll., davon für Stoffe 3 595 946 Doll. Die Einfuhr in der Vorwoche betrug 12 190 072 Doll., davon für Stoffe 3 833 848 Doll.

Verkehrs⸗Anstalten.

(Telegramm von Herbesthal.) Die 1. englische Post vom 9. d. M. über Ostende ist ausgeblieben. Grund:

Schneesturm im Kanal. (Telegramm von Kaldenkirchen.) Die 1. englische Post

vom 9. d. M. über Vlissingen ist ausgeblieben. Grund: Nebel auf See.

In Folge des ungewöhnlich starken Schneesturms ist seit dem 8. d. M., Abends, der telegrapische Verkehr nach dem westlichen und nordwestlichen Theile Deutschlands, sowie nach Belgien und den Niederlanden großen, Störungen unterworfen. Die telegraphische Correspondenz nach Belgien und den Nieder⸗ landen kann nur unter Benutzung der unterirdischen Kabel der Reichs⸗Telegraphen⸗Verwaltung auf Umwegen ver⸗ mittelt werden. Der Telegrammverkehr mit Großbritannien wird einstweilen ausschließlich auf dem Wege über Emden mittelst der unterirdischen und unterseeischen Kabel unterhalten. Auch bei dieser Gelegenheit haben sich die unterirdischen Leitungen von Neuem vorzüglich bewährt. Die Wiederherstellung der gestörten Telegraphenleitungen wird voraussichtlich mehrere Tage erfordern.

Hamburg, 10. Februar. (W. T. B.) Der Postdampfer „Bohemia' der Hamburg⸗Amerikanischen Packetfahrt⸗ Aktiengesellschaft ist, von New⸗York kommend, heute Vormittag auf der Elbe eingetroffen.

11. Februar. . T. B.) Der Postdampfer „Rhaetia“ der Hamburg⸗Amerikanischen Packetfaort⸗ Aktiengesellschaft hat, von New⸗York kommend, gestern Nachts 12 Uhr Lizard passirt.

Ueber die Betriebsstörungea, welche durch Schneest urm in den letzten Tagen auf deutschen Eisenbahnen verursacht wurden, liegen folgende Meldungen des „W. T. B.“ vor:

Das Königliche Eisenbahn⸗Betriebsamt Berlin (Direktionsbezirk Erfurt, Anhalter Bahnhof) theilte am Sonnabend noch mit, daß sämmtliche Strecken mit Ausnahme der nachstehend aufgeführten inzwischen für den Verkehr wieder frei sind: Gotha Ohrdruf, Roßlau-— Dessau, Halle Halberstadt, Weißenfels —Zeitz und Wutha—Ruhla. Gestern machte dasselbe bekannt: Der Verkehr zwischen Gotha und Leinefelde ist wegen Schneeverwehungen gänzlich

eingestellt. Die Dauer der Sperrung ist unbestimmt.

Guben, 11. Februar. Das hiesige Eisenbahnt⸗Betriebsamt macht bekannt: Der gesammte Betrieb auf der Strecke Glog au Sagan ist heute wieder aufgenommen.

Königsberg i. Pr., 11. Februar. Der Personenverkehr auf der Bahnstrecke Allenstein Kobbelbude ist zwischen Per⸗ und Tiefensee in Folge von Schneeverwehungen unter⸗

rochen

Glogau, 9. Februar. Das Eisenbahn⸗Betriebsamt Glogau macht bekannt: Der Verkehr auf der diesseitigen Strecke Glogau Sagan und Glogau Neusalz ist durch Schnee⸗ verwehungen unterbrochen. Das Schneetreiben ist noch in vollem Gange. Die voraussichtliche Dauer der Verkehrsstörung ist un⸗

bestimmt. .

Halle. 9. Februar. (W. T. B.) Bei der benachbarten Station Niemberg verunglückten heute durch einen heran⸗ Personenzug eine Anzahl mit Schneeschaufeln beschäftigter

rbeiter.

Hannover, 10. Februar. Das Betriebsamt Hannover⸗ Altenbeken macht bekannt: Die Strecken Bergheim —Alten⸗ beken und Baddeckenstedt Grauhof sind durch Schnee⸗ verwehungen vollständig gesperrt. Die Dauer der Störung ist noch nicht genau zu bestimmen, voraussichtlich bis Montag Abend. Der durchgehende Personen⸗ und Güterverkehr wird über andere Linien umgeleitet.

Köln, 11. Februar. Das Königliche Eisenbahn⸗Be⸗ triebsamt Köln links des Rheins macht bekannt: Der Betrieb auf den Strecken Düren Neuß und Euskirchen Düren ist seit gestern Nachmittag in Folge von Schneeverwehungen eingestellt.

Aachen, 9. Februar. ußer der englischen Post ist auch die heutige Berliner Post wegen Schneesturms ausgeblieben. Der Frühzug von Malmedy steckt bei Sourbrodt im Schnee.

Koblenz, 10. Februar. Das Eisenbahn⸗Betriebsamt Koblenz⸗Altenbach macht bekannt: Unsere Strecken Köln Bonn, Bonn Euskirchen und Kottenheim Mayen sind seit gestern (Sonnabend) Abend durch Schneeverwehungen gänzlich gesperrt Die voraussichtliche Dauer der Sperrung kann noch nicht angegeben werden.

Koblenz, 11. Februar. Das Eisenbahn⸗Betriebsamt Koblenz macht bekannt, daß die durch Schneever vehung gesperrten Strecken

Bonn Euskirchen und Kottenheim Mayen seit gestern

Abend wieder fahrbar sind. Die Strecke Köln Bonn ist seit heute früh eingeleisig fahrbar.

München, 10. Februar, Vormittags. Nach den hier vor⸗ liegenden Meldungen dauern die Schneestürme im ganzen Lande fort und haben überall zahlreiche Verkehrsstörungen zur Folge gehabt. An vielen Orten sind die Eisenbahnzüge im Schnee stecken geblieben. Zwischen Türkheim und Buchloe ist ein Güterzug entgleist. Auf den Sekundärbahnen im Fichtelgebirge ist der Verkehr gänzlich eingestellt.

Nürn berg, 11. Februar. Durch Schneeverwehungen sind die meisten hier einmündenden Bahnlinien unterbrochen; der Anschluß an Frankfurt ist seit vorgestern gestört.

Augsburg, 9. Februar. Durch den anhaltenden Schneefall und orkanarti gen Sturm sind bedeutende Verkehrsstörungen sämmtliche Posten aus dem Norden und Westen sind aus⸗ geblieben.

10. Februar, Abends. Durch Schneeverwehungen ist der gesammte Güterverkehr fast aller Linien der bayerischen Staatsbahn heute Abend eingestellt worden. Der Personen⸗ verkehr ist mit Ausnahme auf den Hauptlinien des Ober⸗Bahnamts Augsburg und München— Nürnberg vollstaͤndig ge⸗ sperrt. Militär arbeitet an der Freilegung der Bahn.

Chemnitz, 9. Februar. Der Schneesturm der vergangenen Nacht hat zahlreiche Verkehrsstörungen herbeigeführt. Der gestern Abend fällige Berliner Zug ist erst heute früh 2 ½ Uhr hier ein⸗ getroffen; beide Leipzig⸗Dresdner Linien sind zum Theil ver⸗ weht, zwischen Doebeln und Oschatz steckt ein 828 im Schnee.

Stuttgart, 11, een früh. In Folge von Schneever⸗ wehung ist der Eisenbahnverkehr in Württemberg auf den Strecken Hessenthal Oehringen, Krailshei Mergent⸗ heim und Krailsheim —Nürnberg gestört.

Theater und Musik.

Im Berliner Theater gelangte am Sonnabend Abend Shakespeare's „Kaufmann von Venedig“ zur ersten Auf⸗ führung. Die Regie hatte sich, abweichend von der bei uns sonst üblichen Auffassung, dazu entschlossen, dem klas⸗