1889 / 43 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 16 Feb 1889 18:00:01 GMT) scan diff

Landgericht seien nur

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mannes, welcher sich während ener fangzäheigen Wieh hierselbst stets die Erhaltung bundesfreundlicher Beziehungen sein ließ und scch allgemeiner Liebe und Achtung erfreute.

Der Wirkliche Geheime Rath, Mitglied des Staats⸗ raths, Dr. Heinrich von Dechen ist, wie „W. T. B.“ aus Bonn meldet, gestorben.

Dem Reichstage ist eine Sammlung von Akten⸗ stücken, betreffend Samoa, zur Kenntnißnahme zugegangen.

Aus besonderem Allerhöchstem Vertrauen ist der Chef des Generalstabes der Armee, General der Kavallerie Graf von Waldersee in das Herrenhaus berufen worden.

Der Schlußbericht über die gestrige Sitzun des Herrenhauses befindet sich in der Ersten Beilage. 8

In der heutigen (4.) Sitzung des Herrenhauses, welcher der Präsident des Staats⸗Ministeriums, Reichskanzler Fürft von Bismarck, der Staats⸗Minister von Boetticher, der

inister für Landwirthschaft ꝛc., Dr. Freiherr Lucius von Ballhausen und der Finanz⸗Minister, Dr. von Scholz beiwohnten, erfolgte zunächst die Vereidigung des neu eingetretenen Mit⸗ gliedes, Generals der Kavallerie und Chefs des Generalstabes der Armee, Grafen von Waldersee, durch den Schriftführer von Schöning.

Das Haus trat dann in die einmalige Schlußberathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Erhöhung der Krondotation, ein.

Der Berichterstatter Graf zur Lippe empfahl, dem Gesetz⸗ entwurf im Einzelnen wie auch im Ganzen die verfassungs⸗ mäßige Zustimmung zu ertheilen. Das Haus trat diesem Antrage ohne Debatte einstimmig bei. (Schluß des Blattes.)

Dem Herrenhause ist der nachstehende, von 25 Mit⸗ dtgenn des Hauses unterstützte Antrag des Grafen von rankenberg zugegangen: Das Herrenhaus wolle beschließen: Die Königliche Staatsregierung zu ersuchen: 1) die bestehenden Gesetze und polizeilichen Bestimmungen über as Wasser und seine Benützung, insoweit dieselben den Kulturfort⸗ schritten und der wirthschaftlichen Entwickelung nicht mehr entsprechen, angemessen zu verändern und zu ergänzen; 29 2) die planmäßige und einheitliche Regulirung der Stromgebiete enßens⸗ unter Benützung der in anderen Ländern gewonnenen Er⸗ ahrungen, durchzuführen; 8 3) hierbei die Interessen der Landwirthe an einer geordneten Wasserwirthschaft gleichmäßig mit denen des Handels und der In⸗ dustrie zu berücksichtigen.

Die Kommission des Herrenhauses für die Ge⸗ schäftsordnung hat sich konstituirt. Vorsitzender derselben ist Herr von Bernuth; Stellvertreter des Vorsitzenden Herr von Winterfeldt⸗Menkin; Schriftführer Herr Adams; Stell⸗ vertreter des Schriftführers Herr von Wiedebach.

In der heutigen (16.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Minister des Innern, Herrfurth, beiwohnte, stand auf der Tagesordnung: die L11 der zweiten Berathung des Entwurfs des Staatshaus⸗ halts⸗Etats für 1889/90, und zwar zunächst Ministe⸗ rium des Innern, dauernde Ausgaben, Kap. 83 Tit. 1 „Gehalt des Ministers“, dessen Berathung in der letzten Sitzung abgebrochen worden war.

Der Abg. Bachem kam auf die Rheinbrohler Glocken⸗ affaire zurück und wies den Vorwurf von sich ab, daß er sie stets im Hause nur angeregt habe, um gegen einen un⸗ liebsamen Beamten vorzugehen. Die Behörden seien in Rheinbrohr ganz widerrechtlich und widergesetzlich vorge⸗ gangen, wie dies in einem andern ähnlichen Fan gerichtlich festgestelt sei. In Grevenbroich sei ebenfalls einmal das Glockengeläute erzwungen und auf eine Klage der Kirchengemeinde der Bürgermeister vom Zuchtpolizeigericht und vom Ober⸗Tribunal verurtheilt worden. Ebenso sei

das Vorgehen des Bürgermeisters Conrad in Rheinbrohl

rechtswidrig gewesen. Das sei die Hauptsache, alles Andere

sei bei dieser Frage nebensächlich. Daß bei der Angelegenheit uunvorsichtige Elemente betheiligt gewesen, sei richtig; aber die

gingen ihn (Redner) nichts an; ebenso wolle er die 33 Beschwerdepunkte gegen den Bürgermeister Conrad bei Seite lassen. Diese 33 Beschwerdepunkte seien zur gerichtlichen Kenntniß gar nicht gekommen, nicht durch Schuld der Gegner des Hrn. Conrad, sondern in Folge der Verjährung, die eigenthümlicher Weise bei dem betreffenden gerichtlichen Verfahren eingetreten sei. Vor dem Kölner zwei Beschwerdepunkte verhandelt worden, und zwar weil einer der Hauptbetheiligten diese Dinge die „Kölnische Volkszeitung“ gebracht, die drohende Verjährung zu unterbrechen. Bei den Feststellungen des Kölner Gerichts bleibe er (Redner) auch heute noch gtehen. Denn wenn man nicht einmal die gerichtlichen

eststellungen mehr gelten lassen wolle, werde die ganze Rechts⸗ prechung in Frage gestellt. Die zZeugenverne mungen in Koblenz, welche nur vor dem Untersuchungsrichter, nicht im kon⸗ tradiktorischen Perfahren öffentlich stattgefunden hätten, könnten gegen das Urtheil des Kölner Landgerichts nicht ausgespielt werden. Das ehrengerichtliche Erkenntniß könne das Kölner Urtheil auch nicht umstoßen, denn es seien in demselben keine

Fetsacht chen Fülenungen enthalten; das Ehrengericht habe sich zudem lediglich mit dem Rittmeister a. D. Conrad beschäftigt, das Kölner Landgericht mit dem Bürgermeister Conrad. Der Rath des Ministers, die Sache wieder in die Presse zu bringen und das Resultat der dann erfolgenden Verleumdungsklage bzuwarten, der doch nur ironisch gemeint sein könne, müsse zurückgewiesen werden. eer Minister des Innern, Herrfurth, verwahrte sich da⸗ gegen, den Vorredner angegriffen zu haben; er habe ihn mit den fragwürdigen Gestalten nicht E Der

Ab9. Bachem habe den Prozeß Conrad nicht als Nebensache in der Glockenangelegenheit behandelt; von seiner Rede in der en Session Fes⸗ er ¾+ dem Bürgermeister Conrad, nur 1⅞& der Glockenaffaire gewidmet. Der Proze bezüglich der hengemeinde ent⸗

locken sei in zi Instanz zu Gunsten der Kir schieden, aber es sei Berufung eingelegt und die Sache schwebe noch. Das Kölner Urtheil beruhe nur auf Aussagen einiger Gemeinde⸗

rathsmitglieder, während in Koblenz alle Gemeinderäthe ver⸗ nommen seien. In Köln sei übrigens lediglich festgestellt worden, daß die angeklagte Zeitung sich keine Beleidigun habe zu Schulden kommen lassen. Ein Erkenntniß schaffe nicht ob⸗ jektive Wahrheit, sondern nur Recht zwischen den beiden streitenden Theilen fuͤr den bestimmten Fall. Der Rath, die Sache noch einmal in die Oeffentlichkeit zu bringen, sei durchaus nicht ironis

gemeint gewesen. Gerade weil das ehrengerichtliche Erkenntni

sei im Interesse Conrad's zu wünschen, daß die Sache noch einmal wie in Köln vor einem ordentlichen Gericht zur Verhand⸗ lung komme. Ihm (dem Minister) genüge das aeegeenr Erkenntniß; wenn der Abg. Bachem und seine Freunde aber damit die Sache nicht für ee und erledigt ansähen, dann sollten sie dieselbe außerhalb des Abgeordnetenhauses vorbringen; es würde dann auf das Schnellste die Anklage wegen Verleumdung gegen sie erhoben werden.

Abg. von Czarlinski brachte verschiedene Beschwerden darüber vor, daß man polnischen Wählern ihr Wahlrecht ver⸗ kümmert habe, indem man die Wirthe durch Drohung mit polizeilichen Maßregeln gezwungen, ihre Lokale den polnischen Wählern zu verweigern. Ferner sei zu bemängeln, daß man .5 nichtpolitische polnische Vereine, z. B. die General⸗ versammlungen von Genossenschaften, polizeilich überwache.

Bei Schluß des Blattes nahm der Minister des Innern, Herrfurth, das Wort.

Eine bewußt abgegebene Willenserklärung, welche nach den gegebenen Umständen von der Gegenpartei als eine ernstlich gemeinte aufgefaßt werden mußte und aufgefaßt worden ist, kann nach einem Urtheil des Reichsgerichts, IV. Civilsenats, vom 17. Dezember v. J., nicht durch die nachträgliche Behauptung, daß sie nicht ernstlich gemeint ge⸗ wesen, wirkungslos gemacht werden; sie wird auch dann nicht wirkungslos, wenn auch die Gegenpartei nachträglich die Ueberzeugung erlangt, daß jene ihr günstige Willenserklärung eine heuchlerische gewesen war.

Die Bevollmächtigten zum Bundesrath, Königlich bayerischer Ministerial⸗Rath Heller und Königlich sächsischer eeiner Regierungs⸗Rath Vodel, sind von hier wieder abgereist.

Bayern. München, 15. Februar. (W. T. B.) Die fungste Tochter des Prinzen Ludwig, Prinzessin Dietlinde, ist heute gestorben.

Sachsen⸗Altenburg. Altenburg, 15. Februar. Ihre Hoheiten der Herzog und die Herzogin von Anhalt mit der Frau Erbprinzessin, dem Prinzen Eduard und der Prinzessin Alexandra, sowie Se. Hoheit der Prin Albert von Sachsen⸗Altenburg sind gestern, Erstere 9 der Reise nach Meran, am Vüflgen Hofe zu einem zweitägigen Besuch eingetroffen. Se. Hoheit der Erbprinz Friedrich von wird im Laufe des heutigen Tages gleichfalls erwartet.

Anhalt. Dessau, 14. Februar. (Anh. St.⸗A.) Die vorgestrige vierte Plenarsitzung des Landtages eröffnete der Landtags⸗Präsident Lezius mit der Mittheilung, daß der Herzog und die Herzogin das Präsidium des Landtages in Audienz empfangen und die Glückwünsche des Landtages zur Verlobung des Erbprinzen entgegengenommen haben. Der Präsident gab sodann Kenntniß von einem Schreiben des Abg. Keßler, wonach derselbe in Folge des Landtags⸗ beschlusses vom 8. d., das Erlöschen des Mandats des Abg. Herz betreffend, auch sein Mandat für erloschen erachtet und dasselbe niederlegt, da er von einem Jahreseinkommen von über 18 000 steuerpflichtig 8 em landesherrlichen Landtags⸗Kommissar wurde behufs Veranlassung einer Neu⸗ wahl hiervon Kenntniß gegeben. Die hierauf vorgenommene Wahl eines ersten Landtags⸗Vize⸗Präsidenten fiel auf den bis⸗ herigen zweiten Vize⸗Präsidenten von Biedersee. Die Vor⸗ agen, betreffend die Wasserversorgung der Stadt Groß⸗ alsleben, und betreffend die Mitverwendung des bei der Herzoglichen Landrentenbank angesammelten sogen. Amorti⸗ sationsfonds zu den Ausloosungen von Landrentenbriefen, wurden gemäß den bei der 1 Lesung gefaßten Beschlüssen ohne Debatte in dritter Lesung genehmigt. In zweiter Be⸗ rathung wurde die Vorlage, betreffend die Verwendung eines Dotationskapitals des Kreises Ballenstedt, einstimmig auge⸗ nommen. Der Gesetz⸗Entwurf, betreffend Abänderung des Gesetzes, die den Medizinalpersonen für die Be⸗ sorgung gerichtsärztlicher ꝛc. Geschäfte zu gewährenden Vergütungen betreffend, wurde unverändert genehmigt. An der dann folgenden ersten Berathung des Haupt⸗ Finanz⸗Etats für 1889/90 betheiligten sich zunächst die Abgg. Kraaz und von Biedersee, der Staats⸗Minister von Krosigk und der Regierungs⸗Präsident Oelze. Den Ausstellungen des Abg. Kraaz gegenuüͤber erklärte der Staats⸗Minister von Krosigk: Die Regierung verkenne keinen Augenblick, daß das neue Steuergesetz verbesserungsbedürstig sei, man möge jedoch nicht verlangen, daß dieselbe schon in dieser Session mit einer Steuernovelle Seg ge Der Vorredner habe an die Spitze seines Vortrages den Ausspruch gestellt, daß das an⸗ haltische Finanzwesen mit Leopoldshall stehe und falle. Das sei jedoch nicht der Fall. Wenn Leopoldshall wirklich einmal versage, dann werde die Regierung auch wissen, wo sie mit Ersparnissen und Einschränkungen sich einzurichten habe, und das Vermögen, das Anhalt außerdem noch besitze, sei voll⸗ kommen hinreichend, um das Staatswesen im vollen Gleich⸗ gewicht mit allen Nachbarstaaten zu halten. Die Ausfüllungs⸗ arbeiten und die Arbeiten am neuen Schacht absorbirten aller⸗ dings bedeutende Summen, immerhin bleibe aber noch ein ganz erkleckliches Sümmchen übrig. Aus der Vorlage, welche dem Landtage noch in dieser Session zugehen werde, werde derselbe die Ueberzeugung gewinnen, daß man die Konkurrenz mit den Nachbarschächten aushalten werde. Die Ueberschreitung beim Bau der Saalmühle sei hauptsächlich dadurch herbeigefüͤhrt worden, daß man die Fundamente der alten Mühle nicht, wie dies ursprünglich angenommen worden sei, habe benutzen können; es habe von Grund aus neu gebaut werden müssen. Was den Unterrichts⸗ Etat betreffe, so sei zu bemerken, daß die Regierung das Wachsen der Bevölkerung nicht in der Hamn habe. Eine Ein⸗ schränkung der Schulstunden, wie solche der Vorredner wünsche, eintreten zu lassen, dürfte sich nicht empfehlen; man werde den bisherigen guten Zustand der Schulen nicht ver⸗ schlechtern wollen. Der Abgeordnete habe noch von einer mög⸗ lichen Verminderung der Einheiten gesprochen. Die Regie⸗ rung wünsche nichts sehnlicher, als die Einheiten auf das allermöglichste Minimum zu reduziren; was jedoch die Staats⸗ regierung im Interesse der Volkswohlfahrt brauche, das müsse sie hosfen auch bewilligt zu erhalten. Dieselbe sei sonst nicht in der Lage, ihre Pflicht so zu erfüllen, wie sie es doch gern möchte. ezüͤglich der geschäftlichen Behandlung des Etats bean⸗ tragte der Abg. von Biedersee, den ordentlichen Etat im lenum zu behalten und den außerordentlichen Etat der Etats⸗ ommifsion zur Vorberathung zu überweisen. Nach längerer Debatte, an der sich außer dem Regierungskommissar, Präf⸗ denten Ackermann, noch die Abgg. Brumme, von Krosigk, Kraaz, Rümelin und von Biedersee betheiligten, wurde dieser

dem Kölner Landgerichisurihe

nicht ganz gleichzustellen sei,

Antrag einstimmig angenommen. Der Präsidenn

hierauf die Referenten für die einzelnen Titel und beraumte die nächste Plenarsitzung auf Freitag, den 15. d. M., an.

Oesterreich⸗Ungarn. Pest, 15. Februar. (W. T. B.) Im Unterhause wurden heute mehrere dringende Inter⸗ pellationen wegen des gestrigen Vorgehens der Polizei bei den Straßen⸗Demonstrationen, sowie wegen der bezüglichen Verordnung des Ober⸗Stadt⸗ hauptmanns angemeldet. Der rafvent legte den Bericht über die Verfügungen anläßlich der Demonstra⸗ tionen im vorigen Monat vor und sprach die Zuversicht aus: die politische Reife der Nation werde das Parlament vor den in der ungarischen Geschichte unbekannten und unange⸗ nehmen Scenen bewahren. Nach einer kurzen polemischen Debatte zwischen der Opposition und dem Minister⸗Präsidenten von Tisza erklärte der Präsident: der Bericht werde seiner Peit auf die Tagesordnung kommen. Lukas beantragte die ertagung der Sitzung unter Hinweis auf die durch die Brutalität der Polizei hervorgerufene Stimmung. Der Antra wurde jedoch nach erregter Diskussion mit 204 gegen 9 Stimmen abgelehnt und dann die Berathung des Wehr⸗ gesetzes fortgesetzt.

Der Gerichtshof hat 20 Individuen wegen be⸗ gangener Diebstähle und Gewaltthätigkeiten anläß⸗ ich der Straßenkrawalle am 29. Januar zu zweimonat⸗ lichem bis anderthalbjährigem Kerker verurtheilt.

„Frankreich. Paris, 15. Februar. (W. T. B.) Der Präsident Carnot empfing heute Vormittag mehrere ein⸗ flußreiche Mitglieder der Opportunisten⸗Fraktion. Wie es heißt, hätte Carnot dem Kammer⸗Präsidenten Méline angeboten, an die Spitze des bisherigen, jedoch gewissen Ver⸗ änderungen zu unterziehenden Ministeriums, zu treten, mit dem einzigen Programm, das Budget für 1890 berathen zu lassen, damit sodann die Vertagung der Kammer erfolgen könne. Im Laufe des Nachmittags konferirte der Präsident mit mehreren politischen Persön aus dem Senat und der Deputirtenkammer. Magnin hatte nach einer Konferenz mit Carnot Unterredungen mit Loubet und Tirard.

Der „Temps“ empfiehlt ein Geschäfts⸗Ministerium, welches sich lediglich der Ausführung der bestehenden Gesetze, der Entwickelung der nationalen Arbeit und dem Schutze der öffentlichen Ordnung zu widmen habe.

Italien. Rom, 15. Februar. Deputirtenkammer setzte heute die Berathung der von Bonghi beantragten Tagesordnung fort. darunter Nicotera, richteten heftige Angriffe gegen Crispi. Der Minister⸗Präsident gab hierauf eine Darstellung der Vor⸗ gänge vom 8. Februar und wies nach, daß die Angriffe der Vor⸗ redner sich nicht auf diese Vorgänge beziehen, sondern dem gegen⸗ wärtigen Regierungssystem gelten. Er vertheidigte die von ihm befolgte Politik und erklärte, daß er, wenn das Urtheil der Kammer ihm günstig sei, sein Werk im Interesse des Königs und des Vaterlandes fortsetzen werde. Wenn dieses Urtheil ihm ungünstig sein sollte, so werde er dennoch seine Pflicht thun. Die Debatte wird morgen fortgesetzt.

Spanien. Madrid, 16. Februar. (W. T. B.) Der General Villacampa, welcher in Folge des hier im Oktober 1886 stattgehabten Pronunciamentos nach Melilla deportirt worden war, ist daselbst gestorben.

Griechenland. Athen, 15. Februar. (Pol. Corr.) Das Gesetz betreffs der Anleihe im Betrage von 20000 000 Fr., welche die Archäologische Gesellschaft mit der Wiener Unionbank abgeschlossen hat, wird in den nächsten Tagen publizirt werden.

Rumänien. Bukarest, 15. Februar. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer wurde nach kurzer Debatte die gestrige Abstimmung, durch welche der Antrag Blaremberg: das frühere Ministerium Bratiano in Anklagezustand zu verseen⸗ mit 80 gegen 79 Stimmen abgelehnt worden ist, bestätigt.

Serbien. Belgrad, 15. Februar. (W. T. B.) Der König und der Kronprinz sowie das beiderseitige Gefolge, der österreichische Gesandte von Hengelmüller und der . Gesandte Graf Bray sind heute Mittag aus Nisch zurück⸗ gekehrt. Der gewesene Finanz⸗Minister Vukasin Pe⸗ trovic ist zum Direktor des Steuerdepartements im Finanz⸗Ministerium ernannt worden. .

Amerika. Washington, 15. Februar. (W. T. B.) Die Mehrheit der Finanzkommission hat der Repräsen⸗ tantenkammer die Tarifvorlage Mills mit dem darauf bezüglichen Amendement des Senats und einer Resolution unterbreitet, in welcher es als der Verfassung zuwiderlaufend erklärt wird, daß die Vorlage des Senats an die Stelle der Mills'schen Vorlage trete. Die Kammer möge daher die Vorlage dem Senat mit dem Bemerken zurückstellen, daß nach der Verfassung nur die Repräsentantenkammer zur Einbringung einer derartigen Vorlage ermächtigt sei. Dem Wesen nach beschloß die Finanzkommission, der Repräsentanten⸗ kammer über eine Ermäßigung der Einnahme um 70 Millionen zu berichten. 8 G ““

Zeitungsstimmen. 88

UMnter der Ueberschrift: „Die Bekämpfung der Sozial⸗ demokratie“ heißt es in der „Deutschen volkswirth⸗ schaftlichen Correspondenz“: . Als vor ungefähr zehn Jahren der sozialdemokratische Führer, Hr. von Schweitzer, seine Stellung zu den Parteigenossen veränderte, da erzielte er mit diesem Schritt auf fast allen Seiten im ersten Augenblick eine Ueberraschung, die als eine „angenehme“ auf Seite der sozialdemokratischen Partei allerdings nicht bezeichnet werden konnte. In allen anderen Lagern aber knüpfte man an das Geschehniß eine Anzahl von Erwartungen, welche sämmtlich eine Abnahme der Agitationskraft der sozialdemokratischen Partei ins Auge faßten. Wenige Monate reichten bin, um den Beweis zu erbringen, daß, wer so dachte, sich einer schweren Täuschung hingegeben hatte. Man über⸗ zeugte sich, daß die sozialdemokratische Partei, anstatt Boden zu ver⸗ lieren, an Anhängern und Einfluß stetig zunahm. Heute fällt es denn auch Niemand mehr ein, aus gelegentlichen, wenn auch noch so ernsten Zerwürfnissen unter den Führern der Sozialdemokratie den Schlu zu ziehen, daß möglicherweise die Auflösung der Partei bevorstände. Solche Vorgünge nd, selbst wenn sie hc. Austritt eines Führers und eventuell fogar zu einer Gruppenbildung innerhalb der Partei führen, keine Zeichen von Auflösung, sondern nur Symptome des

ernannte 9 8

Entwickelungggange.. 8

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W. T. B.) Die

ehrere Redner,

Haldigte man vor zehn und fünfzehn Jahren also noch dem Ge⸗ danken, daß die sozialdemokratische Bewegung in der Hauptsache das Werk eines oder mehrerer Führer sei, welche die Massen nach ihrem Willen lenkten, so war diese Ansicht lediglich das Produkt einer so eminenten Erscheinung wie Lassalle. Man hatte es ja auch erlebt, wie nach dem tödtlichen Schuß des Wallachen Rakowitz das Heer der von Lassalle geführten Arbeiter in der That zunächst den Kopf verlor und wie die Bewegung sichtlich mrückgin Man war eben nur allzu ge⸗ neigt zu glauben, daß mit dem Rücktritt der Epigonen ihbre letzte Be⸗ deutung vergeben würde. Heute giebt man sich nun allerdings längst keiner derartigen Täuschung mehr hin. an weiß, daß selbst die sozialdemokratischen Führer im Grunde nicht schieben, sondern ge⸗ schoben werden, daß zehn sich melden, wenn einer den Kampfplatz verläßt. Man hat erkannt, daß der Boden, aus welchem die sozial⸗ demokratische Bewegung ihre Kraft sog, in gewissen sozialen und ge⸗ werblichen Mißständen zu suchen ist und dieser Erkenntniß verdankt die Botschaft Kaiser Wilhelm's I ihren Ursprung. b

Je weiter die Zeit rollt, desto mehr wird es sich erweisen, daß die Fürsorge des greisen Kaisers für sein Volk auch hinsichtlich der Arbeiterfrage das Richtige getroffen hat. Die Kaiserliche Botschaft zeichnete den Weg genau vor, auf welchem die gerechtfertigten Be⸗ schwerden der arbeitenden Bevölkerung abzustellen sind, und wenn Regierung, Parlament und Volk auf diesem Wege beharren, so können wir getrost hoffen, daß wir den sozialen Gefahren glücklich begegnen werden. Es wäre zu bedauern, wenn dieser Weg auch nur kurze Zeit verlassen werden müßte; nur mit Festigkeit auf der einen, Milde und Gerechtigkeit auf der anderen Seite kann das rothe Gespene vertrieben werden. Kaiser Wilhelm's 1. würdiger Enkel, unser junger Kaiser, bürgt aber dafür, daß in dem Sinne seines erhabenen Großvaters der mit dessen Botschaft beschrittene Weg wird weiter verfolgt werden; er hat wiederholt erklärt, daß er an der Botschaft seines Großvaters festhalten und auf ihr fußend nicht nachlassen werde, dem Frieden der einzelnen Bevölkerungsklassen untereinander seine stete Fürsors⸗ zu weihen. Daher dürfen wir mit Zuversicht hoffen, daß auf dem beschrittenen Wege fortgefahren und es schließlich gelingen wird, das, was man einst vergeblich von dem Zwiespalt der gefährlichen Partei erwartet hatte, zu erreichen.

Zu dem im Hause der Abgeordneten von den Abgg. Dr. Windthorst und Genossen eingebrachten Schulantrage be⸗ merkt die „National⸗Zeitung“:

Es unterliegt nicht dem mindesten Zweifel: die Verwirklichung dieses Antrags würde aus der preußischen Staatsschule eine Kirchen⸗ schule machen. Die Presse der Antragsteller beruft sich zur Begründung der Behauptung, daß dies der „ursprüngliche Sinn“ der Zusicherung im Art. 24 der Verfassung gewesen, auf einzelne Aeußerungen von Personen, welche beim Zustandekommen der Verfassung betheiligt waren. Sogar eine solche Berufung ist nicht zu Gunsten aller Forde⸗ rungen des Antrags möglich; sie ist aber zu Gunsten keiner derselben von Gewicht. Eine derartige Interpretation gesetzlicher Bestimmungen ist längst als unstatthaft anerkannt; der „Sinn“ einer solchen kann aus Vorverhandlungen und späteren Auslegungen betheiligter Personen höchstens dann festgestellt werden, wenn die Meinung der Gesammtheit aller Betheiligten bekannt ist und übereinstimmt. Am wenigsten be⸗ tresss der preußischen Verfassung, die so mannigfache Entstehungs⸗ phasen durchgemacht hat, ist dies der Fall. Man kann sich somit nur lediglich an den Wortlaut halten, und dieser ergiebt nur, daß die Religionsgesellschaften den religiösen Unterricht in der Volksschule „leiten“ sollen, ein Wort, bei dem man sich das Allerverschiedenste denken kann, von so excessiven Bestimmungen, wie Herr Windthorst sie verlangt, bis etwa zu einer bloßen Befugniß der obersten kirchlichen Behörden, eine allgemeine Anordnung über die Art der Ertheilung dieses Unterrichts zu geben. Die Verfassung hat hier, wie betreffs ihrer sämmtlichen Bestimmungen über das Schulwesen, die weitere Ausführung lediglich dem Unterrichtsgesetz vorbehalten. Gleichviel aber, ob man die gesammte Gesetzgebung über die Einrichtung des Schulwesens einem derartigen Gesetz zuweisen oder einzelne Zweige gesondert regeln will, so ist so viel auf alle Fälle klar, daß die nach der Verfassung konkurrirenden Rechte des Staate, der Gemeinde, der Kirche auf die Schule nur gleich⸗ zeitig organisch geregelt werden koͤnnen, weil sonst einer oder mehrere dieser Faktoren zu kurz kommen. Allerdings sollen die Re⸗ ligionsgesellschaften nach der Verfassung den Religionsunterricht eleiten“; aber nach derselben Verfassung soll für die Bildung der Jugend durch öffentliche Schulen genügend gesorgt werden, sollen alle Schulen unter der Aufsicht vom Staate ernannter Behörden stehen, soll der Staat unter geseßlich geordneter Betheiligung der Gemeinden die Lehrer anstellen ꝛc. er Wortlaut und der Zweck dieser Ver⸗ fassungsbestimmungen würde auf das schwerste verletzt durch eine Auslegung des fraglichen Satzes im Art. 74, wie das Centrum sie verlangt. Der Antrag war und bleibt in Preußen unannehmbar.

Centralblatt für das Deutsche Reich. Nr. 8. Inhalt: Handels⸗ und Gewerbewesen: Verzeichniß, der auf Grund der inter⸗ nationalen Reblaus⸗Konvention in Italien für die Einfuhr von Pflanzen geöffneten Fen telec Bankwesen: Status der deutschen Notenbanken Ende Januar 1889. Eisenbahnwesen: Vereinbarung zwischen Deutschland und der Schweiz wegen gegenseitiger Anerkennung der Leichenpässe. Zoll⸗ und Steuerwesen: Bestellung eines Stations⸗ Controleurs. Konsulatwesen: Ernennungen; Einziehung eines Vize⸗Konsulats; Entlassung; Exequatur⸗Ertheilung. Polizei⸗ e Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet.

Justiz⸗Ministerial⸗Blatt. Nr. 7. Inhalt: Mittheilung, die große Staatsprüfung betreffend, vom 7. Februar 1889.

Centralblatt der Bauverwaltung. Nr. 7. Inhalt: Amtliches: Cirkular⸗Erlaß vom 29. Januar 1889. Pfr onnal. Nachrichten. Nichtamtliches: Neubau der chirurgischen Klinik für die Universität in Breslau. Zur Beobachtung der Grundeisbildung. Die Durchtunnelung des Ssuram⸗Passes im Zuge der Trans⸗ kaukasischen Eisenbahn. Das Bauernhaus im Amt Thedinghausen. Vermischtes: Vorstand des Architekten⸗Vereins in Berlin. Vorstand des Verbandes deutscher Architekten⸗ und Ingenieur⸗Vereine. Verkehr auf den Wasserstraßen Berlins. Ausstellung von Meß⸗ bild⸗Aufnahmen. Flußeisen für Brucken. Rettungsketten an Ufermauern. Bücherschau. 1

Statistische Nachrichten.

8 8 5 W ach theilung des Statistischen Am der S Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 3. Februar bis inkl. 9. Februar 1889 zur Anmeldung gekommen: 8⁄ gfelchliezungen, 981 Lebendgeborene, 30 Todtgeborene, 638 erbefälle.

Die von dem statistischen Departement des K. K. österreichischen Handels⸗Ministeriums zusammengestellte Statistik des öster⸗ reichischen Post⸗ und ETTböö im Jahre 1887 kringt folgende Mittheilung: Das Post⸗ und Telegraphengebiet der im Reicherath vertretenen Königreiche und Länder in der Ausdehnung von 300 024 qkm mit 22 144 244 Einwohnern (nach der Zählung vom 31. Dezember 1880) umfaßt zehn Post⸗ und Telegraphen⸗ Direktionen, welche dem K. K. n üeren unterstehen und n Wien, Linz, Graz Triest, Innsbruck, Prag, Brünn, Lemberg, Czernowitz und Zara lören Sitz haben. Es betrug die Gesammtzahl der Postanstalten im Jahre 1887 4434 8 ten 4347 im Jahre 1886 jene ver Telegrophenanftalten im Jahre 1887 3359 gegen 3192 im Jahre

88

Wir lassen nun die Hauptziffern der statistischen Daten

aus dem 88 1887 folgen und schließen zwischen Klammern jene aus dem Jahre 1886 bei. Das Gesammtpersonal der Post- und Telegraphenanstalten beirug 21 982 (21 389), die Gesammtzahl der

1.1“

durch die post

eförderten Sendungen belief sich, den Zeitungsverkehr nicht mitgerechnet, auf 502 894 214 (495 367 274), die ammtzahl der beförderten Telegramme bezifferte sich mit 7215 172 (6 901 638). Die Gesammteinnahmen der Post und des Telegraphen betrugen 26 757 219 Fl. (26 367 103 F1), die Gesammtausgaben 23 338 436 hl. .8ege- mithin ergab sich ein Ueberschuß von 3 418 783 Fl. Aus der indischen Missionsstatistik giebt die Nr. 4 der heeitschrift: „Die christliche Welt“ folgende Mittheilung: Mit welcher eergie und welchem Aufwande von Kräften die evangelische Christen⸗ heit das ungeheure indische Arbeitsfeld für die Mission in Angriff genommen hat, zeigt ein Blick in das neuerdings von dem amerikanischen Missionare Badley zu Sneqeser Verzeichniß der in Indien (ohne Birma und Ceylon) thätigen Missionare. Es sind dort nicht weniger als 37 evangelische Missionsgesellschaften auf dem Plane, darunter 19 englische, 12 amerikanische, 4 deutsche, 1 dänische und 1 schwedische. Im Jahre 1885 gehörten zu denselben 791 Missionare und 530 ein⸗ geborne Gehülfen. Namentlich die Zahl der letztern, welche haupt⸗ sächlich den am längsten arbeitenden englischen Missionen angehören, ist sehr bedeutsam für den gegenwärtigen Stand der indischen Mission. Dieselbe hat anferdem die imponirende Zahl von 315 Missionaren in der Zenanamission aufzuweisen, von denen England und Amerika verhältnißmäßig das Haupikontingent stellen. Diese Zahlen erscheinen auf den ersten Blick hoch und doch ergiebt sich, wenn man die Be⸗ wohnerzahl Indiens in Anrechnung bringt, das die evangelische Christenheit immer noch beschämende Resultat, daß ein Missionar erst auf 285 000 Heiden und Muhamedaner kommt.

Knunst, Wissenschaft und Literatur. 8

Forschungen zur deutschen Landes⸗ und V kunde, im Auftrage der Centralkommission für wissenschaftliche Landeskunde von Deutschland herausgegeben von Dr. A. Kirch⸗ hoff, Professor der Erdkunde an der Universität Halle. Stuttgart, Verlag von J. Engelhorn. Von diesem Sammelwerk sind die Hefte 3 und 4 III. Bandes erschienen. Heft 3: „Das Erzgebirge, eine orometrisch⸗anthropogeographische Studie“, von Dr. Johannes Burgkhardt, Oberlehrer an der Realschule in Reudnitz⸗Leipzig (mit einer Karte); Heft 4: „Die Kurische Nehrung und ihre Bewohner“, von Dr. Adalbert Bezzenberger, Poeofessor an der Universität zu Königsberg i. Pr. (mit einer Karte und acht Text Illustrationen). Bekanntlich sollen die „Forschungen zur deutschen Landes⸗ und Volkskunde“ dazu mithelfen: die heimischen landes⸗ und volkskundlichen Studien zu fördern, indem sie aus allen Gebieten derselben bedeutendere und in ihrer Tragweite über ein bloß örtliches Interesse hinausgehende Themata heraus⸗ greifen und darüber wissenschaftliche Abhandlungen hervorragender R- bringen. Sie beschränken sich dabei nicht auf das ebiet des Deutschen Reichs, sondern soweit auf mittel⸗ europäischem Boden von geschlossenen Volksgemeinschaften die deutsche Sprache geredet wird, so weit soll sich auch, ohne Rücksicht auf staatliche Grenzen, der Gerichtskreis der Sammlung ausdehnen. Die Sammlung erscheint in zwanglosen Heften von ungefähr 2 bis 5 Bogen; jedes Heft enthält eine vollständige Arbeit, von kürzeren ausnahmsweise auch mehrere, und ist für sich käuflich. Eine entsprechende Anzahl von Heften wird jedesmal zu einem Bande vereinigt (Preis 20 bis 22 ℳ). Von den bisher erschienenen enthält der I. Band 8, der II. 6 Hefte. 8 Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins. Im Auftrage der wissenschaftlichen Kommission herausgegeben von Richard Pick, Archivar der Stadt Aachen. X. Band. (Aachen, Kommissionsverlag der Cremer’'schen Buchhandlung, C. Cazin. 1888.) Dieser neue Band der Zeitschrift wird eingeleitet mit einem „Zur Erinnerung an Alfred von Reumont' betitelten Vortrag (gehalten in der Generalversammlung des Vereins am 10. November 1887 von H. Loersch), welcher dem verstorbenen hochverdienten Gelehrten, Diplomaten und ehemaligen ersten Präsidenten des Vereins einen warmen ehrenvollen Nachruf widmet, indem er den Lebensgang des Verewigten und seine wissenschaftlichen Arbeiten schildert. Dann folgen Regesten über Aachener Prozesse am Reichs⸗Kammergericht, von dem verstorbenen Staats⸗Archivar Dr. Rudolf Göcke. Professor Loersch bespricht ein Verzeichniß der Einkünfte der Katharinenkapelle beim Aachener Münster aus dem Ende des 14. Jahrhunderts. Ferner bringt der Band den Schluß der literar⸗ und kulturhistorischen interessanten Sammlung Aachener Volks⸗ und Kinderlieder, Spiellieder und Spiele, von M. Schollen. E. Pauls setzt seine Schilderungen der Schicksale Aachens in der Zeit der Fremdherrschaft mit einem dritten Abschnitt fort, welcher die Folgen der Niederlage der Franzosen durch die Oesterreicher in der Schlacht bei Aldenhoven, am 1. März 1793, zum Gegenstande hat. Aus den mannigfachen kleineren Mit⸗ theilungen sei diejenige von Professor Loersch, über Aachen betreffende Handschriften in der Amploniana zu Erfurt, hervorgehoben. Auch die Rubrik Literatur enthält mancherlei Interessantes über die Lokalgeschichte Aachens berührende, neu erschienene Schriften. Der Chronik für 1887/88 zufolge ist die Zahl der Vereinsgenossen langsam, aber stetig gewachsen. Von 606 Mitgliedern, welche dem Verein am 31. Dezember 1887 angehörten, sind bis zum 1. Dezem⸗ ber 1888 7 gestorben und 25 ausgetreten; bis zum letztgenannten Tage sind aber neu beigetreten 62, sodaß die Cesafntnt ag nunmehr auf 636 gestiegen ist. Die Zahl der Vereine, Gesellschaften, Institute und Redaktionen, mit welchen der Verein im Austausch der Publi⸗ kationen stebt, ist auf 147 gestiegen. In den Monatsversammlungen des Vereins waren in bunter Reihenfolge Feagen der lokalen Geschichte, Sprache und Topographie Gegenstand der Mittheilung und Erörterung unter den stets zahlreich erschienenen Mitgliedern. In der Generalversamm⸗ lung, am 11. Oktober 1888, wurden die ben te⸗ Vorsitzenden und Schriftführer sowie der Schatzmeister wiedergewählt. Vorsitzender ist Dr. H. Loersch, ordentlicher Professor der Rechte in Bonn, stell⸗ vertretender Vorsitzender R. Pick, Stadt⸗Archivar in Aachen. Am Schluß des Bandes sind die Mitglieder des Vereins verzeichnet. Der bereits in Druck gegebene XI. Band der Zeunscheif⸗ dessen Erscheinen für den Monat Angaft d. J. in Aussicht steht, soll u. a. folgende Beiträge enthalten: Die elodie des Aachener Weihnachtsliedes, von b. Böckeler; Ein Sühnegeschenk für das Aachener Münster, von H. Loersch; Aachener Gedichte des 14. Jahrhunderts, von K. Nörrenberg; Die Herren von Milendonk aus dem Geschlecht der von Mirlaer; Aachens Befestigung im Mittelalter, von R. Pick; Aus dem Pfarr⸗ archiv von St. Peter in Aachen, von S. Planker; Die St. Sebastianus⸗ Schützenbruderschaft in Geilenkirchen, von M. Schollen. „Jovan und Margot“. Drama in fünf Akten von Johannes von Nepomuk; den Bühnen gegenüber als Manuskript edruct. Magdeburg. 1887. Creutz'sche Buch⸗ und Musikalien⸗ andlung, R. u. M. Kretschmann. Der Verfasser führt uns in diesem Drama in Verhältnisse, welche dem größeren Publikum weniger bekannt sein dürften, indem er den Stoff aus den politischen Umtrieben, denen Serbien zu Ende der sechziger Jahre ausgesetzt war, wählte. Fürst Michael ist verbannt, sucht aber die Herrschaft im Lande wieder⸗ zugewinnen. Einer seiner treuesten Anhänger ist Jovan Mioschik, welcher in dem Bestreben, jenem zum Thron zu verhelfen, schließlich selber zu Grunde geht. Wie man aus dieser kurzen Charakterisirung des Vorwurfs ersieht, ist derselbe zur dramatischen Behandlung recht wohl geeignet. DPer Verfasser hat sich denn auch nicht ohne Glück mit demselben beschäftigt und ein, wenn auch nicht tadelloses, so doch immerhin beachtenswerthes dramatisches Werk geschaffen. Vielleicht hätten die Charaktere, deren er verschiedene mit entgegengesetzten Bestrebungen und Anschauungen uns vorführt, eine größere 8 namentlich der eigentliche baln des Stüͤckes, Jovan Miooschik. ie Nebenfiguren sind gleichfalls zu episodisch behandelt, wie z. B. Margot. Die Nothwendigkeit des tragischen Ausganges für die Hauptbetheiligten, Jovan und Margot, ist eigentlich nicht genügend begründet, auch läßt der ökonomische Aufbau des Dramas einiges zu wünschen übrig. Alles in Allem genommen, ist dem Autor dramatisches Talent nicht abzusprechen und er hat hoffentlich Gelegenheit, dasselbe noch in anderen

Arbeiten zu v werthen.

8 Land⸗ und Forstwirthschaft. Das „Forstwissenschaftliche Centralblatt“, (früher Monarsschtist für Forst⸗ und Jagdwesen) unter Mitwirkung zahl⸗ reicher Fachleute aus Wissenschaft und Praxis herausgegeben von Dr. Franz Baur, o. ö. Professor der Pese gen⸗ aft an der Universität München (Berlin, Verlag von Paul Parey), bringt in dem soeben erschienenen 2. Heft 11. (33.) Jahrgangs folgende Original⸗Artikel: Betrachtungen über den Unternehmergewinn und Vervollständigung des Artikels im Augusthefte 1888 d. Bl. über die Prozente, welche die in den Hochwaldungen der deutschen Staats⸗ waldungen niedergelegten Kapitalien abwerfen, vom Großh. hess. Ober⸗Forstdirektor i. P. Bose zu Darmstadt; Geschichte der Aufastungs⸗ technik und Aufastungslehre, ein Beitrag zur Geschichte des deutschen Waldbaues, von Dr. K. J. May (Fortsetzung). Dann folgt ein

vereins zu Pfalzburg; ferner literarische Berichte und Notizen.

16 8 g 8

Gewerbe und Handel. 8

Butter, Käse und Schmalz. Butter. Hof⸗ und Genossen⸗ schaftsbutter Ia. 115 118 ℳ, IIa, 110 113 ℳ, IIIa. —,— ℳ, do. abfallende —,— ℳ, Land⸗, Preußische 87 90 ℳ. Netzbrücher 87 90 ℳ, Pommersche 87 90 ℳ, Polnische 87 90 ℳ, Bayerische Sennbutter 105 110 ℳ, do. Landbutter 85 90 %, Schlesische 85 88 ℳ, Galizische —,— Margarine 40 65 Käse: Schweizer Emmenthaler 85 90 ℳ, Bavyverischer 60 70 ℳ, do. Ost⸗ und West⸗ preußischer Ia. 55 65 ℳ, do. IIa. 45 55 ℳ, Holländer 75 85 ℳ, Limburger 32 38 ℳ, Quadratmagerkäse 15 22 Schmalz: Prima Western 17 % Ta. 45,00 ℳ, reines, in Deutsch⸗ land raffinirt 47,50 ℳ, Berliner Bratenschmalz 50 53 Fett, in Amerika raffinirt 45,00 ℳ, in Deutschland raffinirt 45,00 47,00 Tendenz: Butter: Verkehrsstörungen und Kälte veran⸗ laßten knappe Zufuhren und in Folge dessen eine Preissteigerung. Schmalz: Bei kleinen Vorräthen und guter Bedarfsfrage konnten sich Preise nicht behaupten.

Dem Aufsichtsrath der Deutschen Genossenschafts⸗ Bank von Soergel, Parrisius u. Co. in Berlin wurde Seitens der persönlich haftenden Gesellschafter die Bilanz und das Gewinn⸗ und Verlust⸗Conto pro 1888 vorge eft Dasselbe ergiebt bei einem Kapital von 15 Millionen, gegen 9 Millionen im Jahre 1887, einen Bruttogewinn von 1 632 054 (1887 956 448 ℳ) und setzt sich zusammen aus: Gewinn auf Zinsenconto 302 905,24 (187 893 in 1887), Gewinn auf Provisionsconto 382 417 (1887 293 485 ℳ), Zinsen und Gewinn auf Effektenconto 395 790 (1837 124 765 ℳ), Gewinn auf Disconto⸗Conto 170 539 (1887 154 600 ℳ) Gewinn auf Devisen⸗ und Sortenconto 16 384 (1887 11 214 ℳ), Gewinn auf die Hausertragsconti 18 369 (1887 20 135 ℳ), Rein⸗ ertrag der Kommandite in Frankfurt a. M. 345 649 (1887 167 423 ℳ). Nach Abzug der Handlungsunkosten, Abschreibungen und 80 000 Rückstellung auf Spezialreserve⸗Conto verbleibt ein Rein⸗ gewinn von 1 375 274 gleich ca. 9,17 % des Aktienkapitals (1887 761 021 ℳ). Der für den 2. März d. J. einzuberufenden General⸗ versammlung wird die Vertheilung einer Dividende von 7 ½ % (1887 7 %) vorgeschlagen, sodaß nach Abzug der vertragsmäßigen Tantiomen ein Vortrag von 47 993 verbleibt. Die gesammten Reserven in Berlin und Frankfurt a. M. betragen ve. 2 082 000 gleich 13,88 % des Aktienkapitals. 8

In der außerordentlichen Generalversammlung der Stettiner Maschinenbau⸗Anstalt und Schiffsbauwerft⸗Aktien⸗ gesellschaft vorm. Möller & Holberg zu Grabow a. O. wurde dem Antrage der Verwaltung gemäß beschlossen, den §. 3 des Statuts in der Weise zu ändern, daß der Gegenstand des Unternehmens dahin ausgedehnt wird, auch andere Fabrikgrundstücke zum Betriebe zu er werben. Zu dem Antrage auf Erhöhung des Grundkapitals um 850 000 wurde das Amendement gestellt und einstimmig ange nommen, dieses Kapital durch Ausgabe von 6 % igen tamm Prioritäts⸗Aktien zu beschaffen.

Vom oberschlesischen Eisen⸗ und Metallm arkt be richtet die „Schles. Ztg.: Die an Schneefällen und Verwehungen reiche Witterung war der Anfuhr von Erzen sowie den Arbeiten im Freien abträglich; ebenso wurde verschiedentlich die Schmelzarbeit der Hohöfen durch die nassen Rohmaterialien beeinträchtigt, resp. bedingt sie reichlicheren Aufgang von Brennstoffen. Die erblasenen Roheisen mengen wurden von den Eisenwalzwerken und Stahlhütten nahezu voll in Anspruch genommen. Der Absatz von Gießereiroheisen sowie die Bewerthung dieser besseren Sorten gaben von fester Marktrichtung Zeugniß. Auf den Eisengießereien herrscht ausreichende Thätigkeit und werde zur Bewältigung der vorliegenden Aufträge noch immer geübte Ar beiter, wie Former, Dreher, Schlosser u. s. w. gesucht, sodaß es im Revier an Beschäftigungsgelegenheit nicht mangelt. Im Wal werksbetrieb war die Schneedecke der Heranziehung von Halb produkten aus den im Freien liegenden Beständen mehrfach hinderlich in Folge dessen war die Thätigkeit der Puddelwerke für den frischer Bedarf durchaus angespannt. Die seit längerer Zeit anhaltende Nach frage sfür Handelseisen a. A. läßt erkennen, daß die zu Anfang de Jahres Seitens der Händler und Selbstkonsumenten beobachtete Ent haltsamkeit gänzlich aufgegeben ist, und daß das Vertrauen in die Beständigkeit der geschäftlichen Lage die Unternehmungslust viel früher als in anderen Jahren angeregt hat, sodaß bereits gegenwärti von Maschinenbau⸗Anstalten, Kesselfabriken u. s. w umfangreiche Ar beiten in Lieferung übernommen worden sind. Selbst bei voller Au nützung der Betriebsapparate vermochten die Werke in der Herstellun einzelner Eisensorten nicht immer dem Begehr zu genügen ebenso bedurfte es bei den Blechstrecken zum Theil noße Anstrengungen, um die dringlichsten Aufträge zu erledigen. der günstigen Lage des Walzeisenmarkts dürfte die Seitens de westdeutschen Blechfabrikanten beabsichtigte Erhöhung des Blechpreise auf jene Gruppe nicht beschränkt bleiben. Auf den Stahlwerke war gleichfalls ein regsamer Betrieb im Gange. Grundpreise im ober schlesischen Hüttenbereich: Stabeisen 14 14,50 ℳ, Profileisen 1 bis 16,75 ℳ, Eisenbleche 16,50 17,75 Auf der Bismarckhütte geht man mit Erweiterungen des Blechwalzwerkes vor, ebenso sind auf Friedenshütte, Donnersmarckhütte und Redenhütte Vervollkemm nungen des Betriebes in Vorbereitung. Auf dem Zink markt beschränkte sich der Umsatz auf Begebungen aus zweiter Hen. im Uebrigen fanden neben dem laufenden Bedarf der Metallfabriken einig Ablieferungen seewärts und in das benachbarte Ausland statt. Fabrikat der Blei⸗Industrie fanden ziemlichen Absatz. Ia Zink W. H. vo Giesche's Erben notirte 36,80 ℳ, Schles. Vereinszink 35,40 35,50 Ia Blockblei 27 27,50

Dem Aufsichtsrath der Osnabrücker Bank wurde de Rechnungsabschluß für das verflossene Jahr vorgelegt. Der erzielt Reingewinn, welcher auch das Erträgniß der am 1. Januar 1888 i Münster errichteten Filiale umfaßt, beträͤgt nach Abzug aller Unkosten Abschreibungen und Tantiéèmen 145 874 gegen 106 484 % im Vor

ahre. Entsprechend den Anträgen der Direkti ichtsrath, bei der auf den 30. März cr. zu berufenden General versammlung die Vertheilung einer Dividende von 8 % (gege 7 % in 1887) und die Dotirung des Spezial⸗Reservefonds mit 000 in Vorschlag zu bringen. 8

Der Verwaltungsrath der Aachener Bank ar andel und Gewerbe hat die Dividende pro 1888 auf 5 % engs etzt.

Fentgsberg i. 2 . 15. Februar. (W. T. B.) Der Kommerzien⸗Rath Ritzhaupt ist zum Ober⸗Vorstehe der hiesigen Kaufmannschaft gewählt worden.

Hamburg, 15. Februar. (W. T. 87„ Der Aufsichtsrath de Hamburg⸗Amerikanischen Packetfahrt⸗Aktien gesell schaft beschloß, den Aktionären die Vertheilung einer Dividende von

Wien, 16. Februar. A.F B.) Ausweis der österre ichisch

0 dn eg

0 garischen Staatsbahn in der Woche vom 5. bis 11. Februa 79 Fl., Mehreinnahme 40 320 Fl.

Referat über die XIII. Versammlung des elsaß⸗lothringischen Forst:

Berlin, 15. Februar. Amtliche Preisfeststellung für .“