1889 / 50 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 25 Feb 1889 18:00:01 GMT) scan diff

b. 5. Geheimen Regierungs⸗Raths, Professors J.

en für das Sommer⸗Semester 1889 beginnt mit dem 1. April 1889. Meldungen zur Aufnahme werden von den genannten

Meistern vom 15. März d. J. ab entgegengenommen.

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Berlin, den 22. Februar 1889. Sektion für die bildenden Künste.

Deuntsche Reich.

Preußen. Berlin, 25. Februar. Se. Majestät der Kaiser und König erledigten am Sonnabend Morgen von 8 bis 10 Uhr Regierungsangelegenheiten, empfingen um 10 ¼ Uhr den Oberst⸗Jägermeister Fürsten von Pleß und e. von 10 ½ bis 11 ¼ Uhr mit dem Chef des Generalstabes der Armee sowie dem General⸗Adjutanten von Wittich und danach mit dem Ober⸗Hof⸗ und Hausmarschall von Liebenau.

Gegen 12 Uhr begaben Sich Se. Majestät nach der Militär⸗Turnanstalt, um dem Schlußturnen der zur Anstalt kommandirt gewesenen Offiziere beizuwohnen.

Um 1 Uhr kehrten Allerhöchstdieselben nach dem Schlosse 88 und empfingen demnächst den Präsidenten des württem⸗ ergischen Staats⸗Ministeriums, Dr. Freiherrn von Mittnacht.

Zur Frühstückstafel, um 1 ¼ Uhr, waren geladen: Ihre Hoheiten der Herzog und die Herzogin Friedrich Ferdinand sowie Ihre Durchlaucht die Prinzessin Luise zu Schleswig⸗ —— 1 und der wüͤrnembergische Staats⸗Minister von

ittna

Nach der Frühstückstafel verblieben Se. Meses im Arbeitszimmer und empfingen um 4 ¾ Uhr den Ober⸗Präsi⸗ denten der Provinz Westpreußen, von Leipziger.

Gegen 6 Uhr begaben Sich Beide Maäjestäten zum Diner bei dem russischen Botschafter. Se. Mafestät der Kaiser hatten hierzu die Uniform des Russischen St. Petersburger Grenadier⸗Regiments angelegt.

Nachdem Ihre Majestäten gegen 9 Uhr nach dem Schlosse zurückgekehrt waren, verblieben Se. Majestät der Kaiser noch längere Zeit im Arbeitszimmer.

Gestern Morgen erledigten Se. Majestät der Kaiser von 9 bis 10 Uhr Regierungsgeschäfte.

Um 10 Uhr begaben Sich Beide Majestäten zum Gottesdienst nach der Nicolai⸗Kirche, kehrten gegen 11 ½ Uhr zurück und besichtigten demnächst im Sternsaal des Schlosses die Kronjuwelen.

Um 1 Uhr ertheilten Se. Majestät der Kaiser dem Herrn John von Berenberg⸗Goßler aus Hamburg die nachgesuchte

udienz.

Zum Frühstück, um 1 ¼ Uhr, waren geladen: die schleswig⸗holsteinischen Herrschaften, der Hofmarschall Freiherr von Reischach mit Gemahlin und der Oberst⸗Lieutenant, Flügel⸗Adjutant und Commandeur des Regiments der Gardes du Corps Freigers von Bissing.

FSGleich nach 2 ½ Uhr unternahmen Se. Neagedeat mit Sr. Hoheit dem He⸗ Friebüch Ferdinand zu Schleswig⸗ Holstein eine Schl eahr nach dem Thessgarten und Char⸗ lottenburg und kehrten gegen 4 ¼ Uhr zurück.

Demnächst verblieben Se. Majestät im Arbeitszimmer bis ur Familientafel, welche um 5 ½ Uhr stattfand. Zu der g waren sehtden die Erbprinzlich sachsen⸗meiningenschen und die schleswig⸗holsteinischen Herrschaften, die Prinzen Alexander und Friedrich Leopold von Preußen, der Erbprinz,

rinz und Prinzessin Friedrich und Prinz Carl von nzollern, der Herzog Ernst Günther zu Schleswig⸗Holstein, der Herzog Georg Ludwig von ech. der Erbprinz

Reuß j. L., der Prinz Albert von Sachsen⸗Altenburg, der Erb⸗

inz von Waldeck, der Prinz Aribert von Anhalt und der rinz Friedrich Carl von Hessen.

Se. Majestät der Kaiser hatten hierzu die Uniform vom Regiment der Gardes du Corps angelegt.

Abends 7 ½ Uhr begaben Sich Se. Majestät zu dem General⸗Feldmarschall Grafen von Moltke, um dortselbst den Thee einzunehmen und eine Partie Whist zu spielen.

Ihre Majestät die Kaiserin und Königin Augusta wohnte gestern dem Gottesdienst in der Kapelle des Pügaste Haspftale bei und empfing den Oberst⸗Kämmerer rafen Stolberg. 6

Der Schlußbericht über die vorgestrige Eezna⸗

des Hauses der Abgeordneten befindet sich in der Ersten Beilage.

Auf der Dagesordnung der am Dienstag, den 26. d. M., Vormittags 11 Uhr, stattfindenden 21. Plenar⸗ g Hauses der Abgeordneten stehen folgende Gegenstände: Fortsetzung der zweiten Berathung des Ent⸗ wurfs des Staatshaushalts⸗Etats für 1889,90, und zwar: Bauvenwaltung. Erste Berathung des Gesetzentwurfs, be⸗ treffend die Abänderung des Gesetzes über die Bewilligung von Stagtsmitteln zur Hebung der wirthschaftlichen Lage in den nothleidenden Wheiten des Regierungsbezirks Oppeln, vom 23. 1881. Zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Theilung des Regierungsbezirks Schleswig.

Die Kommission des Hauses der Abgeord⸗ neten zur Vorberathung des Antrages der Abgeordneten Berling und Genossen auf Annahme eines Gesetz⸗ en enun s, betreffend den Schutz der Landwirth⸗ schaft gegen Wild schaden, hat sich konstituirt und zum Vorsitzenden den Abg. Strut, zu dessen Stellvertreter den Abg. Schmieding, und zu Söhgristfuhrern die Abgg. Freiherr von Wackerbarth⸗Linderode, Riesch, Dr. Krause und Graf Strachwitz gewählt.

Nach den gemachten Wahrnehmungen haben die Oxts⸗ Polizeibehörden es vielfach versäumt, auf Grund der Anzeigen, welche ihnen gemäß §. 7 des Reglements vom

. September 1853 Seitens der inländischen Auswan⸗ derungs⸗Unternehmern, undt ⸗Agenten über den be⸗ acbhsichtigten Abschlat von Transportverträgen zu erstatten sind, in eine sorgfältige Prüfung der Militärverhältnisse der Auswanderungslustigen einzutreten.

8 Przwischen sind durch die Deutsche Wehrordnung vom 22. November v. J., insbesondere in den F. 106 (Nummer 3 bis 7), 107, 108 (Nummer 2 bis 4), 111

(Nummer 12, 14 bis 16, 18) und in der Anlage 3, Ab⸗ schnitt IV lich der Kontrole übder die Militärverhältnisse der Auswand besondere Anordnungen getrossen worden. 1

Der Minister des Innern hat daher im Einverständniß mit dem Kriegs⸗Minister durch Cirkularverfügung vom 25. Ja⸗ nuar d. J. die Regierungs⸗Präsidenten bezw. Regierungen ersucht, die Polizei⸗ und Gemeindebehörden auf diese Be⸗ stimmungen noch besonders hinzuweisen und ihnen die genaueste Beachtung derselben zur Pflicht zu machen.

Der hiesige chilenische Gesandte Don Domingo Gana wird Berlin auf einige Wochen verlassen, um sich

zar Ueberreichung seines Beglaubigungsschreibens nach Rom

zu begeben.

Der Direktor des Departements für das Invaliden⸗ wesen im Kriegs⸗Ministerium, General⸗Lieutenant von Grol⸗ man, ist von kurzem Urlaub hierher zurückgekehrt.

Der General⸗Lieutenant und Remonte⸗Inspecteur Frei⸗ herr von Troschke hat eine mehrwöchentliche Dienstreise

Bayern. München, 24. Februar. Die „Allg. Ztg.“ meldet: Bei einer gestern mit Generalstabs⸗Arzt Dr. Schröder unternommenen Fahrt von Nymphenburg nach München hatte Prinz Alphons, welcher den zweispännigen Wagen selbst lenkte, das Unglück, mit einem Brückenwagen zusammen zu gerathen. Die Pferde gingen durch, der Prinz und Dr. Schröder wurden auf die Straße geschleudert. Zum Glück sind die Verletzungen, welche Prinz Alphons davontrug, nur leichte; Dr. Schröder ist erheblicher verletzt worden.

Baden. Karlsruhe, 24. Februar. (W. T. B.) An⸗ läßlich des eldigin Jahrestages des Todes des Prinzen Ludwig Wilhelm fand heute Vormittag in der Schloß⸗ kirche eine gottesdienstliche Gedächtnißfeier statt, welcher der Großherzog und die Großherzogin, sowie der Erb⸗ großherzog und die Erbgroßherzogin, der Staats⸗ Minister Turban, die Generalität und das Offiziercorps, die Mitglieder des diplomatischen Corps, die obersten Hofchargen und ein sehr zahlreiches Publikum beiwohnten.

Mecklenburg⸗Schwerin. Schwerin, 23. Februar. (Meckl. Nachr.) Zur Feier des Geburtstages Ihrer Königlichen Hoheit der Frau Großherzogin⸗ Mutter hatten heute die öffentlichen Gebäude sowie zahlreiche Privathäu ser der Stabt reichen Flaggenschmuck angelegt. Um 8 Uhr bewegte sich die Reveille durch die Straßen, und Vormittags 10 Uhr hatte der Marstall⸗Gesangverein die

Ehre, unter Leitung seines Dirigenten, des Hofmusikus Voß, Ihrer

Königlichen Hoheit einen musikalischen Morgengruß darzu⸗

bringen, der mit huldvoller Anerkennung aufgenommen wurde.

Um die Mittagszeit wurde das Palais nicht leer von Herren und Damen, welche der Frau Großherzogin ihre ehrerbietigen Glückwünsche darbrachten.

Der in der letzten Nummer d. Bl. mitgetheilte Artikel der „Mecklenburger Nachrichten“ zum Geburtstage der Schwester des Hochseligen Kaisers Wilhelm 1. bedarf der Berichtigung: Ihre Königliche Pohen die Großherzogin Alexandrine hat noch vier lebende Neffen, und zwar sind diese: Se. Königliche Fohf der Prinz Albrecht und Ihre Kaiserlichen Hoheiten die Großfürsten Constantin, Nicolaus und Michael von Rußland, Söhne der Kaiserin Alexandra [Prinzessin Charlotte von Preußen, Schwester der Großherzogin⸗Mutter). Der Hochselige Kaiser

5 war also nicht der letzte Neffe der Großherzogin⸗ Lutter.

Oldenburg. Oldenburg. (H.) Der Ober⸗Kirchen⸗ rath derevangelisch⸗lutherischen Kirche des Herzog⸗ thums hat mit Hinweis darauf, daß auch in unserer Landes⸗ kirche einzelne Fälle vorgekommen, in denen die rechtzeitige Vollziehung der Taufe versäumt und die Taufe später.erbeten worden, eine Bekanntmachung erlassen, in welcher für solche Fälle die folgenden, von der Eisenacher Konferenz im Jahre 1888 aufgestellten Grundsätze den Pfarrern zur thunlichsten Berücksichtigung empfohlen werden: 1) Die Taufen solcher Kinder sind zulässig und daher niemals länger zu verschiebben, als die Lage des Falles erfordert. 2) Sie geschehen in der Form der Kindertaufe und unter Fazichung von Pathen. 3) Ist bei dem Täufling ein seinem

erständniß entsprechendes Bewußtsein davon vorauszusetzen, welche heilige Handlung an ihm vlsogen werden soll, so ist deren Vorbedingung, daß er sie nicht ablehne. 4) Die Form der Kindertaufe ist auch in diesem Falle beizubehalten, doch kann eine angemessene aktive Betheiligung des Täuflings

stattfinden.

Braunschweig. Braunschweig, 23. Februar. Die „Braunschweigischen Anzeigen“ melden u. d. gestrigen Datum: „Es hat Gott gefallen, den Staats⸗Minister Grafen Görtz⸗Wrisberg, Excellenz, am heutigen Morgen durch einen sanften Dod aus dieser Zeitlichkeit abzuherufen. Mit tiefster Theilnahme wird das ganze Land diese Trauerkunde aufnehmen. Der Entschlafene hatte bereits im November v. J. in Rücksicht auf seine schwankende Gesund⸗ heit sich veranlaßt gesehen, um Versetzung in den Ruhestand zu bitten. Eine Höchste Anordnung setzt uns in die Lage, den

. ghüpigsten Erlaß, welchen Se. Königliche Hoheit der Prinz

Albrecht pon Preußen ꝛc., Regent des Herzogthums, in Genehmigung jenes Abschiedsgesuchs an den 88 lafenen heniße Tage vor dessen Tode zu richten geruht haben, in Nachstehendem zur öffentlichen Kenntniß zu bringen:

In Ihrem Schreiben vom 20. November v. J., Mein lieber Staaks⸗Minister Graf Görtz⸗Wrisberg, haben Sie bei Mir um Ent⸗ bindung von dem Vorsitz in Meinem Herzoglichen Staats⸗Ministe⸗ rium und von dem Ihres Ressorts nachgesucht, weil Ihnen Ihr zu⸗ nehmendes körperliches Leiden zur Zeit nicht mehr gestatte, in dem Maße,

wie Sie es semgöa gewesen und wie Sie es wünschen müßten, Ihre

Geschäöftsobliegenheiten zu erfuͤllen. Ich habe Mich dann leider von Ihrem angegriffenen Gesundheitszustande üherzeugen muüssen und Mich der Erkenntniß nicht verschließen können, daß, auch unter thun⸗ lichster Erleichterung, eine Fortführung Ihrer Dienstgeschäfte für Sie nicht ohne eine Gefäahr der nachtheiligsten Folgen mhglich sein würde. Zu Meinem lebhaften Bedauern sehe Ich Mich daher genßthigt, Ihrem Gesuche stattgeten zu müssen Sie blichen auf eine lange, erfolgreiche und in mechselvollen Lagen bewährte Dienstzeit zurück, Dem hochseligen Herzog Wilhelm waren Sie ein treuer, erprobter Berather und mit dem vollen Vertrauen Höchstdesselben heehrt. Sie haben mit hervorragendem Geschick

und anerkennenswerther Aufopferung als Vorsitzender des Regent

schaftsraths die Regterung des Herzovgthums geleifet und damit unter ganz ausnahmsweisen und schwierigen Bethästnissen eine Stellung mit Erfolg innegehabt, wie sie im gewöhnlichen Lauf der Dinge einem Staatsdiener einzunehmen nicht gegeben sein wird, welche aber gerade dieses, ihres außerordentlichen Charakters wegen, für Sie mit

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blieb;

ganz besonderer Verantwortlichkeit und ganz außergewöhnlichen An.

sorderungen der Pflichberfüllung verbunden war. Nachdem sodann die Raaentschaft des Herzogthums übernommen, haben Sie auch Iher geündliche und eingehende Kenntniß aller Verhältnisse des Herzogthums und Ihre, in einer langen Reihe von Dienstjahren erprobte, Geschäftsgewandtheit zur Verfuͤgung gestellt und die Geschäfte Meines Staats⸗Ministeriums mit eifriger Treue und bewährtem Geschick geführt. Nur mit Widerstreben lasse Ich Sie aus einer amtlichen Stellung scheiden, in welcher Sie Mein vollstes Vertrauen genossen und solchem stets gerecht geworden sind; aber Ihr in aufopfernder Diensterfüllung erschütterter Gesundheits⸗ zustand bedingt eine Schonung, um Ihnen ein wohlverdientes ruhiges Alter zu sichern. Und so will Ich Sie denn zum 1. April d. J. von Meinem Dienst unter voller Anerkennung Ihrer hervorragenden treuen Leistungen mit dem Wunsche, daß Sie die Ihnen damit gewährte Ruhe noch lange in Glück und Zufrieden⸗ heit genießen mögen, entbinden, wovon Ich Ihnen schon jetzt hiermit Kenntniß gebe. Braunschweig, den 18. Februar 1889. 1 Albrecht, Prinz von Preußen. Sr. Excellenz dem Wirklichen Geheimen Rath, Staats⸗Minister ꝛc. Graf Görtz⸗Wrisberg.

Anhalt. Dessau, 22. Februar. (Anh. St.⸗A.) Der Erbprinz ist heute Vormittag hier wieder eingetroffen.

Die gestrige 7. Plenarsitzung des Landta der Präsident mit der Mittheilung, daß in letzter Nacht der Geheime Regierungs⸗Rath Dr. Franke verstorhen sei, gedachte in warmen Worten der hervorragenden amtlichen Thätigkeit und der Verdienste des Verewigten und ersuchte die Versamm⸗ lung, das Andenken desselben durch Erheben von den Plätzen zu ehren, was einmüthig geschah. Eingegangen war ein Gesetzentwurf, die Errichtung einer Handelskammer für das

erzogthum Anhalt betreffend, und der General⸗Etat der

andarmen⸗Direktion für 1889,90. Bezüglich des letzteren wurde beschlossen, denselben sofort in erster Lesung zu er⸗ ledigen. Die Vorlage, die Beseitigung des eingetretenen Wohnungs⸗ mangels für die Bergarbeiter des Herzoglichen Salzwerks Leopoldshall betreffend, wurde sodann in dritter Lesung unver⸗ ändert angenommen, ebenso der Gesetzentwurf, betreffend einen

usatz zu dem Gesetz, die Anstellung von Kreisgeometern betreffend.

ie Vorlage, die Verhältnisse des Herzoglichen Salzwerks Leopoldshall betreffend, sowie der Gefetzentwurf über die Er⸗ richtung einer Handelskammer für das Herzogthum Anhalt gingen auf Beschluß des Landtages zur Vorberathung an Kommissionen. Es folgten Berichte der Petitionskommission. Abg. Rümelin stellte Namens der Kommission folgenden An⸗ trag: „Der Landtag wolle beschließen: Staatsregierung um Berücksichtigung der Eingabe des land⸗ wirthschaftlichen Centralvereins, betreffend Erhöhung des Staatszuschusses für landwirthschaftliche Wander⸗Vorträge, soweit zu ersuchen, daß sie statt 1000 den Betrag von 2000 für den bezeichneten Zweck in den Etat einstellte“. Der Abg. Kraaz fand sich durch diesen Antrag nicht befriedigt und wünschte, daß 4500 in den Etat eingestellt würden. Sein Antrag, welcher lautet: „Der Landtag wolle beschließen: die Herzogliche Staatsregierung um Berücksichtigung der Eingabe des landwirthschaftlichen Central⸗ vereins, betreffend Erhöhung des Staatszuschusses für land⸗ wirthschaftliche Wander⸗Vorträge, zu ersuchen“, wurde schließlich mit 17 Stimmen angenommen, wodurch der Kommissions⸗ antrag siel. Für den General⸗Etat der Landarmen⸗Birekrion wurde Plenarberathung beschlossen und der Referent ernamnt. 7. Gegenstand der Tagesordnung war die zweite Lesung des Haupt⸗Finanz⸗Etats für 1889/90. Ohne erhebliche Aenderungen und ohne größere Debatten wurden der Etat der eigenen ordentlichen Einnahme und Ausgabe (mit Ausnahme des Titels „Von Bergwerken“) sowie die „Einnahme und Aus⸗ gabe für das Reich“ angenommen.

Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 23. Februar. (Lds⸗ 8tg. f. Els.⸗Lothr.) In der gestrigen (8.) Prennrsigung des andesausschusses wurde der Entwurf eines Gesetzes, betresten! die Hypothekengebühren, der Spezial⸗ kommission für den Entwurf über Grundeigenthum überwiesen. Bei der darauf fesenden Wahl zweier für den Staatsrath vorzuschlagenden Mitglieder wurden die bisherigen Mitglieder Dr. Schlumberger und Massing wiedergewählt. Der 3. Gegenstand der Tagesordnung, Kap. 1 des außerordentlichen Etats: Für Eisenbahnen, gab Anlaß zu einer großen prinzipiellen Debatte über die gegenwärtige Eisenbahnpolitik in Elsaß⸗Lothringen welche Freiherr Zorn von Bulach (Sohn) eröffnete, dessen lebhafter Angriff gegen die Stellun der Regierung in dieser Sache jedoch völlig vereinzelt alle übrigen Redner begrüßten die von der Re⸗ gierung erzielten Erfolge als für das Land höchst vor⸗ theilhaft. Bei der Abstimmung wurden die Positionen des Etats nach den Vorschlägen der Kommission genehmigt, nur Titel 3: „Für eine normalspurige Bahn von Sgarburg nach Alberschweiler und Vallerysthal (1. Rate) 200 000 ℳ“, wurde aus Anlaß einer inzwischen eingegangenen Petition noch einmal an die 4. Kommission verwiesen. Zum Schluß wurden 1 mehrere Petitionen entsprechend den Kommissivnsbeschlüssen erledigt. 8 .

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 23. Februar. (W. T. B.) Der Ausschuß des Abgeordnetenhaufes für die Arbeiter⸗ kammern empfing heute 25 Arbeiter⸗Sachverständige aller Nationalitäten. Die erste der denselben vorgelegten Fragen: ob die Arbeiterkammern in der vorgeschlagenen Form die richtige und wünschenswerthe Vertretung der wirthschafllichen und politischen Interessen der arbeitenden Klgssen seien, beantwortete die Minderheit ablehnend, die Mehrheit zu⸗ stimmend, unter der Voraussetzung, daß den Arbeiterkammern das Recht der Abgeordnetenwahl ertheilt werde. Nahezu alle Sachverständige reklamirten das emeine Stimmrecht, in⸗ dem das eventuelle Wahlrecht der Arbeiterkammern nur als vorläufiger Nothbehelf anzusehen sei, da in Hesterreich das System der Interessenvertretung saktisch bestehe. Die Er⸗ pertise wird fortgesetzt.

Pest, 23. Februgr. (W. T. B.) Im Unterhause wurde heute das von Gvergey zu § 21 des Wehrgefetzes gestellte Amendement, betreffend die Vertheilung der Sesnaten ger lg. in den Militäranstalten im Pebäfmch des österreichischen und des unga⸗ rischen Rekrutenkontingents, nachdem der Landes⸗ vertheidigungs⸗Minister Freiherr von Fejervary be selbe betämpft hatte, in namentlicher Abstimmung m 162 gegen 104 Stimmen verworfen. Ebenso wurde nachher eine von Czirer beantragte Resolution betreffs Errichtung einer höheren ungarischen Militär⸗Akademi

Die Herzogliche

Aschinoff's

und Handelsflagge aufgepflanzt und erklärt, daß er das Gebiet

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sowohl von ejervary als auch von dem Minister⸗Präsidenten von Tisza bekämpft und vom Hause abgelehnt. Bei §. 22 hatte Thaly die Streichung der Bestimmung, daß fuüͤr die Auf⸗ gahme von Ausländern in das Heer 3 laubniß der betreffenden Regierungen 8 . sei, vorgeschla en.

ndessen wurde dieser Antrag abgelehnt, nachdem der Minister

eiherr von Fejervary auf die Möglichkeit hingewiesen hatte, daß im Fall der Streichung dieser G Ausländer, welche die Erlaubniß ihrer Regierungen nicht besäßen, von diesen letzteren im Kriegsfall als Vaterlandsverräther würden hehandelt werden. Hierauf wurde die Fortsetzung der Wehrgesetz⸗Debatte auf Dienstag vertagt; am Montag werden Fleinere Vorlagen und Wahlen behandelt werden.

25. Februar. (W. T. B.) Aus mehreren Pro⸗ vinzialstädten treffen Meldungen über gestern stattgehabte Protest⸗Umzüge ein. Zwischenfälle sind jedoch nirgends vorgekommen.

S. Paris, 23. Februar. (W. T. B.) Der Minister des Innern, Constans, enachrichtigte den Polizei⸗ Praserten schriftlich, daß er die Abgesandten der yndikats⸗ und Arbeitskammern, welche dem Mini⸗ sterium ihren Besuch für Sonntag ankündigten, nicht em⸗ pfangen könne. Der Polizei⸗Präfekt solle dieselben s lassen, daß jede Ansammlung auf der Straße streng untersagt sei, und daß Seitens der Polizei⸗Präfektur keine Kundgebung gestattet würde.

Die in beiden Kammern verlesene ministerielle Erklärung besagt im Wesentlichen:

Dem Rufe des Präsidenten entsprechend, haben wir uns die Schwierigkeiten der gegenwärtigen Stunde nicht verhehlt; aber wir haben uns auf die Erwägung gestützt, daß Sie Ihre Beihülfe Män⸗ nern nicht versagen werden, die von gutem Willen und dem Entschluß beseelt sind, die Pflichten zu erfüllen, welche die allgemeine Lage er⸗ heischt. Während der wenigen Monate, welche die gegenwärtige Legis⸗ jatur von dem gesetzlichen Ablauf ihres Mandats trennen, bleiben noch zwei große Aufgaben zu erfüllen: das Budget pro 1890 ist noch zu rotiren, außerdem handelt es sich darum, durch eine groß angelegte, duldsame und weise Politik den Erfolg der allgemeinen Ausstellung zu sichern, welche zeigen wird, welche Wunder die Kunst, die Industrie und die Arbeit aller Völker in unserem arbeitsamen und friedlichen Frankreich auf⸗ gehäuft hat. Andere Gesetze von großer Wichtigkeit, welche schon seit langer Zeit erwartet wurden, wie das Militärgesetz, befinden sich in Berathung. Wir rechnen darauf, daß Sie diese Gesetze zu einem guten Ende führen werden; aber wir betrachten es als Haupt⸗ aufgabe der Regierung, unter den gegenwärtigen Verhältnissen für alle Republikaner, für alle der Sache der Ordnung und Freiheit ergebenen Franzosen das Feld zu bereiten für eine energische und entscheidende Aktion, welche darauf abzielt, die Herr⸗ schaft des Friedens, der Gerechtigkeit und des Fortschritts zu ver⸗ theidigen und zu befestigen, welche unser Land kei Begründung der Republik für sich herstellen wollte. Treu dem Geiste der freien Inftitution werden alle unsere Anstrengungen dahin gerichtet sein, daß Frankreich im vollen Besitz seiner selbst inmitten eines Zeit⸗ raumes der Beruhigung und Eintracht sich auf sich selbst besinne. Zu diesem nothwendigen Friedenswerk fordern wir Sie in dem höheren Interesse des Vaterlandes auf. Der Erfolg von dieser Politik hängt von unserer Festigkeit und Wachsamkeit ab. Sie können um so mehr darauf rechnen, als wir entschlossen sind, mit unserer Verantwortlichkeit die Beamten, die ihre Pflicht erfüllen, zu decken, um so mehr als wir strenge Richter der Fehler und Schwächen sein werden. Was unsere Wachsamkeit betrifft, so halten wir es für unsere gebieterische Pflicht, entschlossen alle Maßregeln zu ergreifen, welche die Aufrechthaltung der gesetzmäßigen Ordnung und die Ach⸗ tung vor der Republik sichern werden, indem wir aufrührerische Unternehmungen vereiteln und im Nothfalle unterdrücken werden.

In der Deputirtenkammer erklärte Rouvier, die Regierung nehme das von dem früheren Ministerium vor⸗ bereitete Budget an. Die Kammer beschloß, am Dienstag eine neue Budgetkommission zu ernennen. Die Inter⸗ pellation Andrieux über Tongking wurde auf Donnerstag verschoben. 1

Im Senat wurde die ministerielle Erklärung bei⸗ fälliger als in der Kammer aufgenommen. Die nächste Sitzung findet Donnerstag statt.

24. Februar. (W. T. B.) Der Minister des Innern Eonstans konferirte gestern mit dem Kommandanten von Paris und dem Polizei⸗Präfekten bezüglich Maßregeln zur Verhinderung der heute beabsichtigten Arbeiterkundgebungen.

Die Delegirten der Syndikats⸗ und Arbeits⸗ kammern hielten gestern Abend in der Arbeiterbörse eine Versammlung, in welcher sie die Antwort des Ministers des Innern Constans zur Kenntniß nahmen und be⸗ schlossen, den Arbeitern anzurathen, sich von jeder Kundgebung fern zu halten. Ein Manifes in diesem Sinne wurde an die Arbeiter von Paris Ficher. Die beabsichtigten Arbeiterkundgebungen unter⸗

lieben in Folge dessen. Vor dem Stadthause hatten sich zwar einige Gruppen angesammelt, dieselben wurden aber von der Polizei ohne Mühe zerstreut; nur einige Personen, welche der Aufforderung weiter zu gehen, keine Folge leisteten, wurden verhaftet.

In Lyon, Marseille, Bordeaux und Lille hatten sich die Arbeiter⸗Delegationen heute Vormittag, um die Ant⸗ worten auf ihre am 10. Februar gestellten Forderungen ent⸗ gegenzunehmen, nach den Präfekturgebäuden begeben; dieselben entfernten sich indeß auf den ihnen ertheilten ablehnenden Bescheid, ohne öffentliche Kundgebungen vorzunehmen oder hervorzurusfen. In Nantes und Troyes wurden mehrere Personen, welche verbotene Rufe ausstießen, verhaftet.

Rußlaud und Polen. St. Petersburg, 24. Februar. W. T. B.) Der „Regierungsbote“ hebt hervor: Der onflikt zwischen dem sich „Ataman der freien Kosaken“ nennenden Aschinoff und den französischen Behörden in Afrika sei durch vineehh Handlungen Aschinoff's ver⸗ ursacht worden. Die russische Regierung habe der Expedition Aschinoff's vollkommen ferngestanden, und als Aschinoff es gewagt habe, dem französischen Konsul in Port Said zu versichern, daß sein Vorgehen von der rus süchen Regꝛerung gebilligt werde, habe letztere ihren diplomatischen Vertreter in Kairo, französischen diplomatischen ie in dieser Beziehung Versicherungen lügnerische seien.

en beauftragt, dem dortigen g

enten mitzutheilen, daß von Aschinoff abgegebenen Am 24. Januar habe der

fufsi e Geschäftsträger in Paris, nach der Mittheilung der

nzöͤsischen Regierung, telegraphirt, daß nach der Landung in der Tadjura⸗Bucht die dortigen franzö⸗ schen Lokalbehörden Aschinoff aufforderten, die über⸗ üssigen Waffen abzuliefern. Aschinoff habe sich geweigert

fer nach Sagallo gegangen; dort habe er die russische

auf Grund einer Uebereinkunft mit dem Häuptling in Besitz genommen habe. Indessen habe sich Aschinoff fortdauernd ge⸗ weigert, den Forderungen der franzoösischen Behörden nach⸗ zukommen, welche sich darauf nach St. Petersbur mit der Bitte gewandt hätten, eine Pression au Aschinoff auszuüben, und zugleich erklärten: wenn er (Aschinof die überflüssigen Waffen uͤbergeben und die souveränen Rechte Frankreichs anerkennen würde, könne er in Sagalls verbleiben Die russische Regierung habe sich damit einverstanden erklärt: allein im Hinblick auf die Entfernung und neuerliche Zwischen⸗ fälle seien die französischen Behörden gezwungen gewesen, ein⸗ zuschreiten. Fünf Fase seien getödtet und ebensoviel verwundet worden. Die französische Botschaft habe erklärt: Frankreich widersetze sich einer 1“ der Russen auf französischem Gebiet nicht, wenn solche in gesetzmäßiger Weise vor sich ginge, und sei bereit, den Transport der Begleiter Aschinoff’s nach Suez zu erleichtern. Zu diesem Zweck sei ein russischer Marine⸗Offizier nach Suez gegangen, um den weiteren Trans⸗ port nach Odessa ins Werk zu setzen. Der Artikel schließt: die Verantwortlichkeit des Zusammenstoßes falle ganz und gar auf Aschinoff; der Zwischenfall in Sagallo werde keinen Ein⸗ seng die Beziehungen zwischen Rußland und Frank⸗ reich haben.

Italien. Rom, 23. Februar. (W. T. B.) Die Depu⸗ tirtenkammer setzte heute die Berathung der Finanz⸗ maßnahmen der Regierung fort. Bis heute sind 39 Ta⸗

esordnungen in Druckgelegt. Eine von Nicotera vorge⸗ chlagene Tagesordnung spricht sich gegen das Eintreten in die Spezialdebatte aus.

Belgien. Brüssel, 24. Februar. (W. T. B.) Der von den Progressisten heute hier abgehaltene Kongreß hat mit 287 gegen 2 Stimmen eine Tagesordnung ange⸗ nommen, welche sich gegen die Konskription und gegen die Stellvertretung beim Militärdienst ausspricht und ver⸗ langt, daß die Militärlasten auf Alle gleichmäßig vertheilt werden, daß die Einübung der Miliztruppen durch vor⸗ bereitende Uebungen erleichtert sowie daß die Zeitdauer für den Dienst bei der Waffe abgekürzt werde. Gleichzeitig be⸗ schloß der Kongreß, für die Durchführung dieses Programms eine Propaganda in Belgien zu organisiren.

Rumänien. Bukarest, 24. Februar. (W. T., B.) Auf den Antrag des Kriegs⸗Ministers wählte die Depu⸗ tirtenkammer eine Kommission von 21 Mitgliedern zur Entgegennahme vertraulicher Mittheilungen des Ministers, betreffend die Pläne der Regierung für die Fortsetzung er Befestigungsarbeiten und andere militärische Vor⸗

agen.

Serbien. Belgrad, 24. Februar. (W. T. B.) Der König reiste heute Morgen mit dem Kronprinzen zur Jagd nach Kragujewatz ab. In der Begleitung des Königs befanden sich der deutsche Gesandte, Graf Bray, der russische Gesandte Persiani und der österreichische Militär⸗ Attaché Steinsberg.

Der Minister des Auswärtigen, Mijatowic, hat mittelst Note den englisch⸗serbischen Handelsvertrag gekündigt; derselbe läuft im Mai 1890 ab.

Zeitungsstimmen.

Das „Leipziger Tageblatt“ schreibt:

Die außerordentliche Spannung der internationalen Verhältnisse in Europa nöthigt den Aufzeichner der Tagesgeschichte, stets den Blick auf das Ganze zu richten und die Entwickelung des Einzelstaats immer nur in Wechselbeziehung mit der Gesammtlage zu beruͤcksichti⸗ gen. Unter diesem Gesichtspunkt tritt die Stellung, welche die Par⸗ teien in Deutschland zur Regierung des Reichs einnehmen, mehr zurück als in den übrigen Verfassungsstaaten, weil bei uns glücklicherweise eine feste parlamentarische Mehrheit vorhanden ist, welche die Reichsregierung in ihren Bestrebungen, den Interessen des Landes zu dienen, unterstützt. Es wäre von der Regierung zu viel verlangt, wenn man von ihr erwartete, daß sie es allen Parteien recht machen solle; es genügt, daß die staatserhal⸗ tenden Kräfte mit ihr in der Hauptsache einverstanden sind und sich ihrer bewährten Führung gern und freudig anvertrauen. Auf dieser grundsätzlichen Uebereinstimmung zwischen der großen Mehrheit des Volkes und der Regierung beruht die Ffechgfeit des staatlichen Zu⸗ standes in Deutschland, und diese Festigkeit hat sich in schweren Zeiten, wie wir sie im vorigen Jahre erlebt haben, glänzend bewährt.

Die gerade ehrliche Natur des deutschen Wesens ist Ränkespielen abgeneigt, wir sind gewöhnt, nach eigener Anschauung zu urtheilen und uns nicht Truggebilde vorgaukeln zu lassen. Offene Angriffe weisen wir muthig zurück, und wenn sie einen triftigen Grund haben, so sind wir auch stets bereit, zum Frieden die Hand zu bieten, wo wir im Irrthum waren, Lehre anzunehmen; aber was dem deutschen Wesen vollständig widerstrebt, das ist der Kampf aus dem Hinter⸗ halt, gegen Feinde, die im Verborgenen wirken und eine Ge⸗ legenheit abpassen um mit ihren geheimen Absichten hervor⸗ zutreten. dir haben leider mit solchen Se lange Zeit bindurch zu thun gehabt; in dem sogenannten Kulturkampf sind alle Kräfte angespannt worden, um den kirchlichen Interessen über die stgatlichen zum Siege zu verhelfen, und in dem Kampfe der Fort⸗ schrittspartei, besonders seit sie den Namen freisinnige Partei an⸗

enommen hat, gegen die Regierung war es ebenfalls die Macht⸗ rage, welche die 8 spielte; die Vertheidigung der Verfassung gegen angebliche Verletzungen war stets nur Kampfmittel, aber nicht Zweck des Kampfes. 1

Es ist die Beschuldigung der Reichsfeindschaft gegen diejenigen

,N erhoben worden, welche den Maßregeln zum Zweck der

icherstellung des Reichs grundsätzlichen Widerstand Ftehewarseßt haben, um idre Parteiinteressen zu fördern. Diese Bes gung ist eine durchaus gerechte, denn nur ein Feind des Reichs kann die In⸗ teressen der Partei über das Gesammtwohl setzen. Die Partei, an deren Spitze Windtborst steht, hat niemals verhehlt, daß sie be⸗ sondere Rechte für die katholischen Reichsbürger anstrebt, welche in der Hauptsache einer außerhalb des Deutschen Reichs stehenden Macht zu Gute kommen sollen, und obwohl dieser Macht die größten Zugeständnisse gemacht worden sind, ist die Partei, welche der Führung Windthorst's folgt, doch noch nicht am Ende ihrer Ansprüche angelangt, wie der Antrag Windthorst’s zeigt, die preußischen Volksschulen unter die Aufsicht der Geistlichkeit zu stellen. Der Antrag mag so gussichtslos sein wie er will, sein Sinn ist offenkundig dahin gerichtet, die Macht der katholischen Kirche zu

erhöhen.

Die Freisinnigen benutzen jede Gelegenheit, um der Reichs⸗ regierung Steine in den Weg zu rollen. Sie straͤuben sich nicht nur, wenn es sich um Bewilligung von Steuern handelt, sie leisten der Kolonialpolitik Widerstand, der Gewährung der Mittel fůür Armee und Marine, der Wirthschaftspolitik, der Sozialpolitik, kurz allen Schritten, welche die Regierung empfiehlt, angeblich um die ver⸗ fassungsmäßigen Rechte zu schützen und den Mißbrauch der Regie⸗ rungsgewalt zu verhüten, in Wahrheit aber, um ihre Partei⸗Inter⸗ essen zu fördern. 8 8 2

Der Beweis, daß die Regierungspolitik schärlich sei für das Gesammtwohl, ist der freisinnigen Partei nicht gelungen; sie hat sich

an Nebendinge mit einem Eifer angellammert, welcher beweist, daß es ihr an eigentlichem S9 zur Unzufriedenheit mangelt. Die Ari und Weise, wie der Fall Gesscken im Deutschen Reichstage und im preußischen Landtage von der 1 222 behandelt worden ist unter Bei⸗ hülfe von Windthorst, läßt erkennen, daß ihre Opposition auf sehr schwacher Grundlage ruht. Zuletzt hat sie sich darauf berufen daß eine Vertheidigungsschrift sich bei den Akten befindet, deren Dasein dem Staatssekretär des Reichs⸗Iunstizamts nicht bekannt war. Der Verfasser der Schrift legt selbst keinen Werth auf deren Veröffent⸗ lichung, nachdem die Anklageschrift bekannt geworden ist, aber trotzdem versuchte Hr. Munckel aus der Unkenntniß des Vorhandenseins der Schrift für den preußischen Justiz⸗Minister einen Strick zu drehen, und Hr. Richter benutzte die vnglepenbe, um in einer Partei⸗ versammlung in Berlin daraus Kapital für seine Parteizwecke zu

schlagen.

Pi. beschaffen diese Zwecke sind, dafür hat die kurze Regierungs⸗ zeit Kaiser Friedrich's und der Fall Geffcken sehr schätzbares Mate al geliefert. Die freisinnige Partei hat sich in leidenschaftlicher Weise an den Kaiser Friedrich herangedrängt, sie hat ihn ganz offen als den Ihrigen in Anspruch genommen, und als er seinen Leiden erlegen war, hat sie ihn als das Haupt und die Personisikation ihrer Wünsche und Bestrebungen gefeiert und betrauert. Eine gute Sache bedarf nicht der Ränke, um zur Geltung zu kommen, und in die Reihe der Ränke gehört offenbar der Vertrauensbruch, welchen Geffcken durch Veröffentlichung des Tagebuchauszuges des Kaisers Friedrich be⸗ sangen hat; in diese Reihe gehört die Verdächtigung der Veröffent⸗ Uchnn⸗ 3 Anklageschrift gegen Geffcken als einer ungesetzlichen

aßregel.

Die freisinnige Partei hätte sicherlich besser gethan, wenn sie sich größerer Zurüchhaltung befleißigt hätte, denn durch alle Maßnahmen und parlamentarischen Manöver, welche sie nach dem Regierungs⸗ antritt Kaiser Friedrich's und besonders nach seinem Tode unternommen hat, ist nur klar geworden, daß ihre Wünsche und Hoffnungen ent⸗ täuscht worden sind, und daß sie alle Aussicht verloren hat, ihr ver⸗ scherztes Ansehen in der öffentlichen Meinung wiederherzustellen. Die Leidenschaft ist stets der schlechteste Rathgeber; das hat die Partei vergessen, seitdem sie sich bemüht gezeigt hat, ihre Opposition so weit zu treiben, daß sie auch die besten und zuverläfsigsten Freunde der Reichspolitik als schwankend und untreu zu verdächtigen versucht. Auf die Ab⸗ nahme der Kräfte des Reichskanzlers mögen die Freisinnigen spekuliren und darauf ihre Zukunftsrechnung gründen; die Nationalliberalen sind hoch erfreut darüber, daß der Reichskanzler sich noch im Vollbesitz seiner Kraft befindet und in der Lage ist, seine reichen Erfahrungen und sein staatsmännisches Genie auf ungemessene Zeit hinaus in den Dienst des Deutschen Reichs zu stellen. Der Werth des Fürsten Bismarck als ersten Dieners des Reichs wird vom Kaiser und von der großen Mehrheit des deutschen Volks nach Gebühr gewürdigt, und dieser Werth kann durch die Versuche der freisinnigen Partei, ihn zu schmälern und ihn als im Sinken begriffen darzustellen, nur gewinnen. Noch die letzten Tage haben so überzeugende Beweise von der ungeschwächten Kraft des Kanzlers geliefert, daß wir allen Grund Figh mit Zuversicht auf eine noch lange Amtsthäligkeit des Fürsten zu rechnen.

Die, Deutschevolkswirthschaftliche Correspon⸗ denz“ bemerkt:

Bekanntlich rühmt sich der v. daß er durch die von ihm vertretene und gepredigte freie Entwickelung eine nach allen Seiten hin organische Gestaltung aller wirthschaftlichen und sozialen Ver⸗ hältnisse befördere und in dieser Beziehung namentlich mehr leiste, als sich durch das raffinirteste System künstlicher Begünstigungen er⸗ reichen lasse. Diese Argumentation könnte in gewisser Beziehung viel⸗ leicht etwas für sich haben, wenn sie nur den Erfolg auf ihrer Seite hätte; allein dieser ist ganz und gar ausgeblieben. Es hat sich nümlich im Gegentheil gezeigt, daß in den Zeiten der wirthschaftlichen Freiheit nicht nur der allgemeine Erfolg wirthschaftlichen Gedeihens und Wohl⸗ befindens gefehlt hat, sondern daß auch im Einzelnen, statt der er⸗ warteten Wirkung, nur Gutes und Gesundes auflommen zu lassen, die widerwärtigsten Schmarotzereristenzen in früher nie erlebter Zahl zu Tage traten und großgezogen wurden; ja, man konnte geradezu behaupten, daß das Unterlassen jeder Pflege berechtigter, legitimer, gemeinnütziger Zweige des wirthschaftlichen Lebens vielfach in eine Begünstigung illegitimer, gemeinschädlicher Thätigkeitszweige umschlug. Es ist eben menschlicher Einsicht nicht gegeben, über die feinen und geheimnißvollen Fäden ein klares Urtheil zu hahen, welche die einzelnen wirthschaftlichen Maßnahmen oder Unterlassungen eines Staatswesens mit den konkreten Erscheinungen des wirthschaftlichen Lebens verknüpfen, und unter diesen Umständen erscheint es doch immer angezeigter, nach bestem Wissen und Gewissen seine Schuldigkeit zu thun, als sich auf unbewiesene und unerprobte Voraussetzungen zu verlassen. Kommt hierzu dann noch, daß bestimmte moralische Qua⸗ litäten durch positive, wirthschaftspolitische Maßnahmen hegünstigt werden, und letzteren mit einer allgemeinen Zeitrichtung, mit einem von der Volksmeinung getragenen, staatswirthschaftlichen Prin⸗ zip im Zusammenhange stehen, so haben diese Maßnahmen sicherlich alle Vermuthung für sich. 8 3

Der Schutzzoll ist also für die meisten Artikel unserer groß⸗ industriellen Thätigkeit sowie für eine Reihe landwirthschaftlicher Erzeug⸗ nisse voll berechtigt und wird sich immer mehr als ein wirksamer und erfolgreicher erweisen, je mehr er nicht nur als eine Sammlung von einzelnen Zollsätzen, sondern als ein abgeschlossenes System sich dar⸗ stellt. Es ist hierbei allerdings unerläßlich, daß neben den Industrie⸗ und Landbauzöllen auch die kunstgewerblichen Erzeugniffe gehöri geschützt werden, damit außer der kommerziellen und technischen 8s ve n unseres wirthschaftlichen Lebens die so dringend nöthige

ege sinde.

Wenn nun neuerdings unsere Freihändler sich gegen der ige Zölle vom ästhetischen Standpunkte aus ins Zeug legen, so sind wir der Ansicht, daß, wenn in irgend einem Zweige, so hier die erziehliche Seite des Zollschutzes von der größten Bedeutung ist. Gerade das Kunstgewerbe gehört zu denjenigen Dingen, welche nach allen Erfah⸗

einer sorgsam geschützten Becbasttie und bis zu einem ge⸗ wissen Punkte auch geletteten ntwickelung bedürfen, um überhaupt zur Blüthe gelangen zu können. Von welch ungeheurem Weripe aber kunstgewerbliche Blüthe für das wirthschaftliche Gedeihen eines Landes, fuͤr dessen soziale Zustände, ja auch für die Technik ist, das dürfte heute bekannt genug sein. Man kann aber grtrost weiter gehen und sagen, daß die nationale Produktion ei Volkes so lange eine auf niedriger Stufe stehende gesannt werden muß, als diese Seite noch nicht zur Entfal⸗ tung Febeacht ist, und daß insbesondere eine gewisse nationale Ckarakteristik des kunstgewerhlichen Lebeng ohne eine selbständige Blüthe des Kunstgewerbes nicht zu bestehen vermag. Für unser Heimathland ist speziell nicht zu vergessen, daß künstlerische Veran⸗ lagung und Neigung den schen gerade in dieser Richtung gewerb⸗ licher Thätigkeit besonders aämziehen. Der Trieb, welcher unsere mittelallerlichen Zünfte zu Stätten des Kunstfleißes machte, ist auch heute noch keineswegs, weder in kunstgewerblicher noch in sohialer Hinsicht erloschen; wir dürfen daher wohl annehmen, daß dieser Weg auch einer von denen ist, auf welchem dem Vaterlande zahlreiche, ihm sonst verloren gehende Kräfte erhalten werden können. Das ist aber Grund genug, um die nationale Arheit auch auf diesem Gebiete ge⸗ hörig zu schüͤtzen trotz der kosmopolitischen Ansichten und Schwärme⸗ reien unserer freihändlerischen Kunstfreunde.

Centralblatt der Bauverwaltung. Nr. 8. Jabalt: Amtliches: Personal⸗Nachrichten. Nichtamtliches: Der Kaiserpalast in Straßburg. Maßregeln zur Abwehr von Ueberschwemmngs⸗ gfahren umnter besonderer Berücksichtigung der schlesischen Gebings⸗ füsfe Der Nord⸗Ostsee⸗Kanal. Vermischtet; Prei um eine katholische Pfarrkirche in Mainz. Ausbildung und Stel⸗ lung der hamburgischen Baubeamten. Münster⸗Baumeister in Straßburg i. E. „Kuriosum“.