GSewerbe und Handel.
Berlin, 3. März. (Wollbericht des „Centrbl. f. d. Text.⸗Ind.“) Auch in der vergangenen Woche war der Absatz ein recht belangreicher. Die billigen Preise des deutschen Produkts ver⸗ anlassen jetzt, im Hinblick auf die hohe Wertbstufe der überseeischen Wollen, die Konfumenten, ihr Augenmerk mehr dem hiesigen Platz zuzuwenden. Nach der Lausitz, Sachsen ꝛc. dürften 1000 — 1200 Ctr. Stoffwollen, und für den Kamm ca 500 Ctr. A.⸗Wollen abhgesetzt worden sein. S waren unverändert. Die Tendenz auf den Woll⸗ apetpl, een ist eine feste und die Vorräthe sind allenthalben nur klein. Es ist daher wahrscheinlich, daß das Geschäft auch ferner einen lebhaften Verlauf nehmen und der Absatz sich schlanker als bisher
stalten wird. Die verhältnißmäßig nicht großen Vorräthe des hie⸗ .S- Platzes dürsten daher schneller, als es bisher den Anschein hatte, geräumt werden. b — Der Aufsichtsrath der Ascania, Chemische Fabrik in Leopoldshall, wird der Generalversammlung die Vertheilung ner Dividende von 16 % (wie im Vorjahre) bei angemessener Ab⸗ schreibung auf Grundstücks⸗Conto und Ueberweisung von 5100 ℳ an den Spezial⸗Reservefonds vorschlagen. 1 B Koönigsbexg i. Pr., 5. März. (W. T. B.) Die Betriebs⸗ einnahmen der Fstor aßzilchen Südbahn pro Februar 1889 be⸗ trugen nach vors Füißer Feststellung im Personenverkehr 39 312 ℳ, im Güterverkehr 333 979 ℳ, an Extraordinarien 18 303 ℳ, zusammen 91 594 ℳ, darunter auf der Strecke Fischhausen —-Palmnicken 3585 ℳ, im Februar 1888 provisorisch 430 899 ℳ, mithin gegen den ent⸗ sprechenden Monat des Vorjahres weniger 39 305 ℳ, im Ganzen vom 1. Januar bis 28. Februar 1889 905 842 ℳ (definitive Ein⸗ nahme aus russischem Verkehr nach russischem Stil), gegen provisorisch 907 773 ℳ im Vorjahr, mithin gegen den entsprechenden Zeitraum des Vorjahres weniger 1931 gegen definitiv 904 161 mehr 1681 ℳ
Wien, 4. März. (W. T. B.) Die Oesterreichische Bodenkredit⸗Anstalt, welche vom Finanz⸗Ministerium die Ge⸗ nehmigung zur Ausgabe einer neuen Serie Zprozentiger Prämien⸗ Schuldverschreibungen im Gesammtbetrage von 40 Millionen Gulden erhielt, wird morgen wegen eines Betrages von 20 Millionen eine Subskriptions⸗Aufforderung erlassen. 1
London, 4. März. (W. T. B.) Die Getreidezufuhren be⸗ trugen in der Woche vom 23. Februar bis 1. März: englischer Weizen 3075, fremder 24 593, englische Gerste 3032, fremde 20 585, englische Malzgerste 24 821, fremde —, englischer Hafer 711, fremder 40 511 Orts. Engl. Mehl 18 588, fremdes 50 284 Sack. 3
— 4. März. (W. T. B.) An der Küste 2 Weizen⸗ ladungen angeboten.
Glasgow, 4. März. (W. T. B.) Die Verschiffungen von Roheisen betrugen in der vorigen Woche 6400 gegen 4300 Tons in derselben Woche des vorigen Jahres. 1
Bradford, 4. März. (W. T. B.) Wolle rukbig, für ordinäre Tendenz zu Gunsten der Käufer, feine fest, Garne ruhig, stetig, in Stoffen gutes Geschäft. 1 8
New⸗York, 4. März. (W. T. B) Visible Supply an Weizen 32 000 000 Bushels, do. an Mais 15 820 000 Bushels.
Submissionen im Auslande.
I. Portugal.
1) 30. April. Lissabon. Ministerium der öffentlichen Arbeiten: Bau verschiedener Eisenbahn⸗Stationsgebäude im Bezirk Coimbra. Voranschlag: 198 Millionen Reis (887 040 ℳ). Kaution: 4 950 000 Reis (22 176 ℳ).
2 2. Mai. Dieselbe Behörde: Bau von Eisenbahnstationen im Bezirk Leiria. Voranschlag: 218 000 000 Reis (978 240 ℳ). Kaution: 5 450 000 Reis (24 416 ℳ).
II. Rumänien.
1) 9. März, 10 Uhr. 12. Dorobantzen⸗Regiment zu Berlad: Lieferung von 1650 Hemden, 1500 Paar Unterhosen, 2000 Paar Fußfetzen und 527 Kravatten.
2) 22. März, 10 Uhr. 27. Dorobantzen⸗Regiment: Lieferung von 894 Hemden, 1158 Paar Unterhosen, 1854 Kravatten und 180
Kautschuk⸗Passepoils. III. Spanien.
Ohne Datum. Junta de Administraciön y Trabajos del Arsenal de la Carraca: Der Gesammtverbrauch an kleineren Materialien u.“ während der nächsten zwei Jahre, eingetheilt in 14 Loose. .
Näheres an Ort und Stelle.
(Telegramm von Aachen.) Die englische Post vom 4. März, Morgens, über Ostende, ist ausgeblieben. Grund: ZuPerübdenc in Folge verspäteter Landung des Schiffs in Ostende. — (W. T. B.) Das Königliche Eisenbahn⸗Betriebsamt Allen⸗ stein berichtet: Der Verkehr auf der Strecke Mehlsack — erwilten ist wiederhergestellt. — Nach einer Meldung des König⸗ ichen Eisenbahn⸗Betriebsamts Königsberg i. Pr. ist die Eisen⸗ bahnstrecke Marggrabowa — Kowahlen wieder fahrbar. Königsberg i. Br. 5. März. (W. T. B.) Das hiesige Königliche Eisenbahn⸗Betriebsamt macht bekannt: Die Strecke Johannisburg — Lyck ist wieder fahrbar. Kiel, 4. März. (W. T. B.) Die dänischen Postdampfer 8 88 Eises wegen auf der Linie Kiel — Korsör die Fahrten eute ein... Hamburg, 4. März. (W. T. B.) Der Postdampfer „Rhaetia“ der EEE Packetfahrt⸗ Aktiengesellschaft ist, von Hamburg kommend, gestern Morgen in New⸗York eingetroffen. — 5. März. (W. T. B.) Die Postdampfer „Helvetia“ und „Thuringia“ der Hamburg⸗Amerikanischen Packet⸗ fahrt⸗Aktiengesellschaft sind, von Hamburg kommend, gestern, ersterer in St. Thomas, letzterer in Colon eingetroffen. Der FRatgüsf dleh „Wieland“ von derselben Gesellschaft ist, von ew⸗York kommend, heute früh auf der Elbe eingetroffen. London, 4. März. (W. T. B.) Der Castle⸗Dampfer „Roslin Castle“ hat heute auf der Ausreise Lissabon passirt. Kopenhagen, 4. März. (W. T. B.) Der Sund ist zu⸗ efroren, die Verbindung mit Schweden hat aufgehört. Mehrere Pempfer liegen im Eise fest. Der Postverkehr zwischen Kor⸗ sör und Kiel erleidet wegen des Eises im Langelandsbelt Ver⸗
spätungen. 8 Kopenhagen, 5. März. (W. T. B.) Ueber den großen Belt ist der Eistrajekt eröffnet worden. Die Fahrt
Gjedser — Warnemünde ist unbehindert.
Theater und Musik.
Berliner Theater. Die Vorbereitungen zu Werner's „Martin Luther“ sind soweit gefördert, daß das Werk am Montag, den 11. März, zum ersten Mal zur Aufführung kommen kann. Dr. August Förster hat das Drama den Anforderungen des jetzigen rig. und der Vollkommenheit der modernen technischen Bühnen⸗
inrichtungen entsprechend neu bearbeitet, und in dieser Form soll das Stück, mit Arthur Kraußneck in der Titelrolle, am Berliner Theater neu in Scene gehen. . 8
Vietoria⸗Theater. Hr. Direktor Gustav Scherenberg läßt von heute ab bis zum Ende seiner Direktion (mit Ausnahme einiger intendirter Gastspielabende) halbe Kassenpreise eintreten.
— Die dritte Soirée der Herren Emile Sauret und Heinrich Grünfeld fand am Sonnabend im Saale der Sing⸗Akademie statt und wurde mit dem durch originelle Motive und klare, stilvolle Durchführung sich auszeichnenden Trio (C-moll) von J. Raff eröffnet. Die höchst präzise und schwungvolle Ausführung, an der sich die Pisrast Frl. E. Koch betheiligte, wurde mit den lebhaftesten Beifallsbezeugungen von Seiten des zahlreich erschienenen Publikums aufgenommen. Als zweite Komposition von hervorragender Bedeutung ist die Sonate für Violine von Porpora (1686) zu erwähnen, die, unter dem Einfluß Scarlatti's und Bach's geschrieben, trotz der Ein⸗ fachheit ihrer Form dem Instrument ziemlich bedeutende technische Schwierigkeiten darbietet und von tiefer, nachhaltiger Wirkung ist. Dem Vortrage dieser Sonate folgten rauschender Beifall und Her⸗ vorruf, sodaß Hr. Sauret sich bewogen fühlte, noch eine Barcarole von Spohr hinzuzufügen. Auch Hr. Grünfeld ließ nach den mit wahrer Meisterschaft ausgeführten Solopidcen von Schumann, Martini und Moszkowski noch das bekannte Schlummerlied von Schumann folgen, das die Hörer von Neuem zu lautem Beifall hinriß. 88” Koch spielte die Liszt'sche Transseription des „Wohin?“ von
chubert, sowie einen freiwillig hinzugefügten sehr anmuthigen Satz aus den Suiten von Moszkowski mit viel mehr Weichheit des An⸗ schlags und Innigkeit des Ausdrucks, als es in früheren Leistungen der Künstlerin zu erkennen war. Bei der Tarantella von Lißzt störte der zu häufige Gebrauch des Pedals. Die Sovpransängerin Fr. Hoeck⸗Lechner aus Karlsruhe unterstützte die Soirée durch einige Lieder von Beethoven, Grieg, Pohl und Lachner, in denen sie ihre wohl⸗
klingende gut geschulte Stimme, sowie ihre leben jige Ausdrucksweise vortrefflich zur Geltung brachte.
— Das gestrige zehnte und letzte der Philharmo⸗ nischen Concerte interessirte schon doppelt durch die Ankündi⸗ gung, daß Dr. Hans von Bülow an diesem Abend nicht nur wie gewöhnlich das Orchester leiten, sondern auch als Solist auftreten werde. Er hatte den Dirigentenstab für zwei Nummern des Pro⸗
ramms in die Hände des Komponisten derselben gelegt und theilte o mit Dr. Johannes Brabms die Ehren des Abends. Das Publikum wetteiferte denn auch, beiden Meistern Huldigungen darzu⸗ bringen, und schon der Begrüßungsbeifall gestaltete sich so stürmisch, daß er nur noch vom Tusch des Orchesters übertönt wurde. Unter Dr. Hans von Bülow's Leitung kamen drei Werke zu Gehör: die Ouvertüre zur Oper „Benvenuto Cellini“ von Berlioz, eine Komposition, welche sich sowohl durch glän⸗ zende Instrumentirung als auch durch Originalität der Erfindung auszeichnet, dann Beethoven's anmuthsvolle B-dur-Symphonie und die „Tannhäuser“⸗Ouverture von Richard Wagner. In J. Brahms⸗ — wundervollem Klavier⸗Concert in D-⸗moll war es interessant, zwei unserer größten Musiker vereint wirken zu sehen. Der Komponist als Dirigent und Dr Hans von Bülow am Klavier feuerten das Orchester an, sein Bestes zu thun, und so war denn auch die Wieder⸗ gabe der Komposition, in welcher geistreiche Gedanken in vollendete Form gebracht sind, eine vorzügliche. Die Lebhaftigkeit der Beifalls⸗ aͤußerungen der Zuhörer steigerte sich bis zu stürmischem Jubel und Tuͤcherschwenken. Die bekannte „Akademische Fest⸗QOuverture“, welche Brahms zu der Feier komponirte, die ihm die Universität Breslau veranstaltete, als sie ihm die Doctorwürde verlieh, brachte noch eine Ueber⸗ raschung. Hatte Dr. Hans von Bülow schon als Dirigent und als Solist gewirkt, so erwies er sich hier als wohlgeschultes Orchester⸗ mitglied. Er setzte sich an die große Trommel und führte den Schlägel ebenso sicher und energisch, wie vorher den Taktstock am Pult. Mit nicht endenwollendem Hervorruf, mit Tusch und Hoch auf die beiden Meister schloß der Abend. .
— Im Zusammenhange mit dem zum Besten eines deut⸗ schen Sängerhauses in Straßburg so erfolgreich heraus⸗ gegebenen „Deutschen Sängermarsch (Fröhlich' Pfalz, Gott erhalt's!)“ von Gruß (Männerchor mit preisgekröntem Text von Th. Artopé), erschien jetzt im gleichen Selbstverlage von Ferdinand Streng in Straßburg (Elsaß) ein äußerst wirksamer, leicht sangbarer Männer⸗ chor: „Straßburger Sänger⸗Trinkspruch“ mit preis⸗ ekröntem Text von L. Lohauß, welcher den bekannten Opern⸗Ton⸗ seber Edmund Kretschmer zum Komponisten hat. Diese beiden Chöre werden allen Gesangvereinen zu frohen Festen, Kommersen u. s. w. aufs Beste empfohlen.
Mannigfaltiges.
Se. Hoheit der Herzog Ernst Günther zu Schleswig⸗ Holstein hat das Chrenpräsidium der Deutschen Adels⸗ genossenschaft übernommen, welche dieser Tage hierselbst im Saale der Kur⸗ und Neumärkischen Ritterschaft unter Vorsitz des Grafen von der Schulenburg⸗Beetzendorf zum 8. ordentlichen Adelstage vereinigt war. Dem Bericht des Hrn. von Mosch zufolge sind der Genossenschaft im letzten Jahre über 300 neue Mitglieder beigetreten 185 wurden während der Verhandlungen selbst aufgenommen. Neu gebildet ist innerhalb der Genossenschaft ein Hülfsverein, der bereits eine erfolgreiche Thätigkeit entwickelt. Zur Erleichterung der Thätig⸗ keit hat man begonnen, für die einzelnen Reichsländer und Bezirke Unterabtheilungen zu konstituiren. Studien⸗Stipendien erhielten zwei adlige Studirende der Theologie und ein Offizier der Kriegsakademie.
Die Entwickelung der Ferienkolonien und Kinder⸗ heilstätten in Deutschland ist aus folgenden Zahlen ersichtlich, welche wir der „Zeitschrift für Gesundheitspflege“ entnehmen. Es wurden von den verschiedenen Vereinen in Sommerpflege gesendet: 1876 aus 1 Stadt 7 Kinder, 1877 aus 1 St. 14 K., 1878 aus 2 Städten 151 K., 1879 aus 5 Stn. 385 K., 1880 aus 11 Stn. 1017 K., 1881 aus 28 Stn. 2929 K., 1882 aus 34 Stn. 4782 K., 1883 aus 42 Stn. 6948 K., 1884 aus 51 Stdn. 8460 K., 1885 aus 72 Stn. 9999 K., insgesammt, also in den 10 Jahren 34 692 Kinder. — Die Kinderhellstätten der Soolbäder verpflegten seit ihrem Bestehen bis 1886 nicht weniger als 28 933 Kinder, diejenigen der Seebäder 2208 Kinder. Das Vermögen der einzelnen Vereine für Ferienkolo⸗ nien belief sich am Schluß des Jahres 1885 auf 225 909 ℳ, wovon allein auf den Verein in Frankfurt a. M. 100 602 ℳ entfielen.
Heute Abend findet in der Pbilharmonie eine Wiederholung des großen Maskenballfestes: „Ein Gartenfest in Sanssouci' statt.
Mitternachtssonne.
Parodistischer Schwank in
t vom 5. März 1889, r Morgens.
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Mullaghmore Aberdeen.. 763 Christiansund 768. Kopenhagen. 767 tockholm. 773 ferede —. 771 t Petersburg 778 Moskau . 777 Cork, Queens⸗ town... 762 Cherbourg. 762 der . .. 765 Sylt 765 mburg. 1 766 winemünde 768 Neufahrwasser 771
Münster. 766 Karlsruhe.. 7565 Wiesbaden. 765
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heiter bedeckt wolkig halb bed. Schnee bedeckt Nebelli) — 11 Nebel — 11 wolkenlos — 8 bedeckt ²) — 5 wolkenlos — 13 wolkenl.“) — 12 768 wolki — 10 769 Nebe — 12 768 2 bedeckt — 9
764 OUNS 4 bedeckt 2
1) Rhede voll Eis. 2²) Reif. ³) Nebel, Reif, Rauhfrost. UMebersicht der Witterung.
Ein barometrisches Maximum über 775 mm liegt über Ost⸗Europa, gegenüber einer Depression unter 760 mm westlich von Schottland. Ueber Central⸗ Europa ist das Wetter kalt, ruhig und vielfach heiter, ohne nennenswerthe Niederschläge. In Deutsch⸗ lond liegt die Temperatur 4 bis 13 Grad unter dem Gesfrierpunkte.
Deutsche Seewarte.
764 768
ddohdnnngnenöde
Theater⸗Anzeigen.
Nönigliche FSchauspiele. Mittwoch: - haus 61. Verstellung. Die Qunitzows. Vater⸗
bruch. In Scene gesetzt vom Direktor Anno. Anfang 7 Uhr.
Schauspielhaus. 64. Vorstellung. Martha, oder: Der Markt zu Richmond. Romantisch⸗komische Oper in 4 Akten von Fr. von Flotow. Dichtung (theilweise nach dem Plane des St. Georges) von W. Friedrich. Dirigent: Herr Wegener. Regisseur: Herr Salomon. Anfang 7 Uhr.
Donnerstag: Opernhaus. 62. Vorstellung. Der Trompeter von Säkkingen. Oper in 4 Akten nebst einem Vorspiel von Victor E. Neßler. Dichtung mit autorisirter theilweiser Benutzung der Idee und einiger Original⸗Lieder aus J. Victor von Scheffel’'s Dichtung, von R. Bunge. Ballet von Charles Guillemin. Anfang 7 Uhr.
Schauspielhaus. 65. Vorstellung. Was ihr wollt! Lustspiel in 4 Akten von Shakespeare, nach Schlegel's Uebersetzung und mit fens h der “ von W. Oechelhäuser. nfang
r.
Deutsches Theater. Mittwoch: Der Pfarrer
von Kirchfeld.
Donnerstag: Weh' dem, der lügt!
Freitag: Die Welt, in der man sich lang⸗ we .
Die nächste Aufführung von König Heinrich 8 Vierte findet am Sonnabend, den 9. März, att.
Verliner Theater. Mittwoch: Haus Four⸗ chambault. .“ Donnerstag: Iulius Cäsar. ““ Freitag: 25. Abonnements⸗Vorstellung. Probepfeil.
“
Tessing-Theater. Mittwoch: Der Clémenceau. Schauspiel in 5 Akten von A. Dumas und A. d'Artois.
Donnerstag: Nora. Schauspiel in 3 Akten von Henrik Ibsen. (Zu Ehren des anwesenden Dichters.) „Freitag: Der Fall Clémeneeau. Schauspiel in 5 Akten von A. Dumas und A. d'Artois.
Anfang 7 Uhr.
Wallner- Theater. Mittwoch: Z. 137. M: Madame Bonivard. Schwank in 3 Akten von Alex Bisson und Antonie Mars. Deutsch von
ländisches Drama in 4 Akten von Ernst v. Wilden⸗
Emil Neumann. Vorher: Zum 6. Male: Die
8
1 Akt von Hjalmar Knutson. Anfang 7 ½ Uhr. Donnerstag u. folgende Tage: Madame Boni⸗ vard. Die Mitternachtssonne. 8
Bictoria-Theater. Mittwoch: Halbe Preise. Fum 20. Male: Germania. Großes nationales Ausstattungsstück in 4 Akten und 12 Bildern mit Ballet und Chören. Dichtung von Ernst Scheren⸗ berg. Musik von C. A. Raida. Anfang 7 Uhr.
Donnerstag und folgende Tage: Germania.
Friedrich-Wilhelmstädtisches Theater.
Mittwoch: Mit neuer glänzender Ausstattung, zum 90. Male (in deutscher Sprache): Der Mikado, oder: Ein Tag in Titipu. Burleske Operette in 2 Akten von W. S. Gilbert. Musik von A. Sullivan. Anfang 7 Uhr. 8
Donnerstag: Der Mikado. 8
8*
Residenz-Theater. Mittwoch: Zu Ehren des anwesenden Autors: Einmalige Aufführung von: Die Wildente. Drama in 5 Akten von Henrik Ibsen. Deutsch von M. v. Borch. Anfang 7 ⅞ Uhr.
Donnerstag: Zum 68. Male: Nervöse Der Haupttreffer. 8
Belle-Alliance-Theater. Mittwoch: Zum 58. Male: Die Goldtante. Posse mit Gesang in 1 Art von Carl Costa. Musik von R. Thiele. Anfang 7 ½ Uhr. “
Donnerstag: Die Goldtante.
Central-Theater. Mittwoch: Zum 73. Male: Leuchtkugeln. Gesangsposse in 4 Akten von
W. Mannstädt. Musik von G. Steffens. Anfang
7 ½ Uhr. Donnerstag: Benefiz für Herrmann Fichtner.
Adolph Ernst-Cheater. Dresdenerstraße 72. Mittwoch: Zum 42. Male: Die junge Garde. Gesangsposse in 4 Akten von Ed. Jacobson und Leop. Elv. Die Gesangstexte theilweise von Gust.
Görß. Musik von Fr. Roth. Anfang 7 ½ Uhr. Donnerst ag: Dieselbe Vorstellung.” 8 8
Familien⸗Nachrichten. Verlobt: Frl. Amalie Schoeffel mit Hrn. Dr med. Caplick (Berlin). — Frl. Bertha Honrath mit Hrn. Gymnasiallehrer Dr. phil. Hermann von Breska ( “ — Frl. Margarete Herbst mit Hrn. Dr. med. Franz Brewing (Han⸗ nover). — Frl. Marie Jacobi mit Hrn. Gerichts⸗ Assessor Albert Brunner (Mühlhausen i. Th.). — Fir Anna Hintz mit Hrn. Rittergutspächter Karl eranz (Fischhausen — Nagowschütz). — Frl. Elisa⸗ beth Raven mit Hrn. Gymnasiallehrer Wilhelm Burghard (Duderstadt). — Frl. Molly Metzler
mit Hrn. Apotheker Albert Backhaus (Neviges —
Langenberg). — Frl. Henny Krüger mit Hrn. J. sern⸗ Plaw (Bremen — Memel). — Frl. Martha olenz mit Hrn. Rektor Johannes Rust (Berlin — Meuselwitz). 8 Verehelicht: Hr. Regierungs⸗Baumeister Paul Böhmer mit Frl. Antonie Jonas (Köln). Geboren: Ein Sohn: Hrn. Gutspächter Franz Buchal (Johannesber). — Hrn. Regierungs⸗ Baumeister Geber (Köln). — Hrn. Ober⸗Steuer⸗ Rath Zoller (Stuttgart). — Hrn. Apotheker Scholz (Bojanowo). — Hrn. Amtsrichter Mosler (Meisenheim). — Eine Tochter: Hrn. Dr. Seidelmann (Bad Langenau). — Hrn. Forst⸗ Assessor von Raesfeld (Mittelwalde). — Hrn. Rittmeister Axel Frhrn. von 8S. (Metz). Gestorben: Frau Geh. Kanzlei⸗Direktor Johanna Dorothea Kamrath, geb. Lüddecke (Perlio). — r. Portraitmaler Robert Bronst (Berlin). — r. General⸗Lieutenant z. D. Werner Baron von der Osten⸗Sacken (Berlin). — Hr. Alexander Föhr. von Münchhausen (Berlin). — Frau Major Ilhelmine Freifrau von Romberg, geb. von Below (Stralsund). — Frau Ullinca Hederich, geb. Böhme (Büstorff). — Hr. Geometer Ernst Groß (Straßburg). — Frau Gutsbesitzer Wilhelmine Boehm, geb. Kischnick (Königsberg). — Hr. Ober⸗ lehrer Dr. Pannenborg (Göttingen). — Hr. Guts⸗ besitzer Kunze (Nieder⸗Salzbrunn).
Redacteur: J. V.: Siemenroth. Berlin: Verlag der Expedition (Scholz).
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗
Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.
Acht Beilagen
(einschließlich Börsen⸗Beilage), und die Inhaltsangabe zu Nr. 5 des öffent⸗ 9 Anzeigere (Kommanditgesellschaften auf Aktien und Aktiengesellschaften) für die Woche vom 25. Febrnar bis 2. März 1889.
No. 57.
8 8
eutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger
Verlin, Dienstag, den 5. März
1889.
Deutsches Reich.
welche in der Zeit vom 16. bis 28. Februar 1889 innerhalb des deutschen Zollgebiets mit dem Anspruch auf Steuervergü tung abgefertigt und aus Niederlagen gegen Erstattung der Vergütung in den freien Verkehr zurückgebracht worden sind.
[710: Rohzucker von mindestens 90 Proz. Polarisation und raffinirter Zucker von unter 98, aber mindestens
90 Proz. sogenannte Krystalls ꝛc.
olarisation.
711: Kandis und Zucker in weißen vollen harten Broden ꝛc., oder in Gegenwart der Steuerbehörde zerkleinert,
712: Aller übrige harte Zucker, sowie aller weiße trockene (nicht über 1 Proz. Wasser enthaltende) Zucker in
larisation.]
——
Krystall⸗, Krümel⸗ und Mehlform von mindestens 98 Proz. Po
Mit dem Anspruch auf Steuervergütung wurden abgefertigt: 8
Aus öffentlichen Niederlagen
8 bezw. Verwäaltungs⸗Bezirke.
zur unmittelbaren Ausfuhr
711 kg
oder Hrivafhtedergs en unter amtlichem Mitverschluß wurden gegen Erstattung der Vergü⸗ tung in den freien Verkehr zurückgebracht
zur Aufnahme in eine öffent⸗
liche Niederlage oder eine
Privatniederlage unter amt⸗ lichem Mitverschluß
710 711 712² kg kg kg kg
710 711 71² kg kg
Preußen. Provinz Ostpreußen.. 88 Westpreußen. Brandenburg. Pommern. 1AXA4“ obJbJbJb 1“*“ Sachsen, einschl. der schwarzb. Unterherrschaften Schleswig⸗Holstein. Hannover. 8 Westfalen. Rheinland.
156 900 —
1125 556 100 079 199 150 202 408
700 100 236 994
1 123 272 3 188 099 5 381 104 971
2 424 014 — 728
79 321 216 804 895 197
T1I1616G
322 938] 1 961 058 14 056 100 000 — —
1 750
375
16 410 000 1550 162
748 963 50 000 226 614
500 000
—
38 133 394
IHIItI 14141 1 I
899 544
402 633 195 864
— 0 0Ꝙ0 —¼ S
87 174
1IIl!
120 000 63 934 510 000
6 030 498 4 728 476 195 755 311 706
— 29 144 100 000 — 112 321 864 357
1 053 088 100 000 116 300 — 250 048 —
Sa. Preußen 1ae““ Baden. 8 Hessen.. Braunschweig Anhalt... Bremen “ Hamburg ..
507 608 3 693 809 1 600 108 89 916 022
81 323
59 184
—
2 470 553 250 000
447 385
LUIlllll
80 1SiI 0 Z S
Ueberhaupt im deutschen Zollgebiet. 7 858 010 6 033 683 Hierzu in der Zeit vom 1. August 1888
bis 15. Februar 18899) . . . ..
648 115] 5 057 216 1 619 964 185 335 705 66 978 665 9 773 923 153049268 12 489 748 2 057 837 30 227 931
-
24 938 670 649
49 709] 2 720 553 178 832
Zusammen In demselben Zeitraum des Vorjahres*)
193 193 715 73 012 348/10 422 0381158106484 14 109 7122 107 546˙32 948 484 195 301 318/66 743 945] 3 983 735/183 747 766/18 454 935] 1 878 240117 655 748
695 587 438 156
78 832
*) Die Abweichungen von der vorjährigen Uebersicht beruhen auf nachträglich eingegangenen Berichtigungen.
Berlin, im März 1889.
Kaiserliches Statistisches Amt.
Becker.
Nichtamtliches.
8 S— 2 1 98 Weee .
Preußen. Berlin, 5. März. In der gestrigen (26.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten ergriff im weiteren Verlauf der Berathung des Etats des Ministeriums der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten, und zwar bei dem Kapitel „Universitäten“ in Erwiderung auf die Aeußerungen des Abg. Grafen von Kanitz der Minister der geistlichen ꝛc. An⸗ gelegenheiten, Dr. von Goßler das Wort:
Meine Herren! Die Erwägungen, von denen der geehrte Herr Vorredner ausgegangen ist, kann die Staatsregierung, wie sie oft aus⸗ gesprochen hat, in allen Punkten theilen, ohne daß sie indessen zu denselben Konklusionen käme. Es ist von diesem Tische stets darauf hingewiesen worden, daß alle Anstrengungen darauf zu richten sind, die Ueberproduktion an wissenschaftlich und akademisch Gebildeten hintan zu halten. Ferner ist wiederholt von mir darauf hingewiesen worden, daß alle Anstrengungen darauf gerichtet werden — ich werde Ihnen die Nachweise darüber erbringen — daß die Zahl der höheren Unterrichtsanstalten allmählich abnimmt. Aber selbst die Konklusion ist nicht gerechtfertigt, daß der Weg, welcher zur Verminderung der höheren Lehranstalten führen soll, der sei, daß man die Verstaatlichung der Gymnasien einschränkt. Im Gegentheil, meine Herren, in den Händen des Staats ist es sehr viel leichter, die Begrenzung dieser Anstalten, z. B. ein Zurückschrauben von Doppelanstalten auf anderthalb⸗ oder einfache Anstalten eintreten zu lassen, als wenn die Gemeinden darüber allein ihre schützende Hand halten. Aber, wie gesagt, auf diesen Punkt kommen wir wohl bei einer anderen Gelegenheit. Jeden⸗ falls kann ich aus diesen Erwägungen, die hier zum großen Theil mit den vom Herrn Vorredner angestellten übereinstimmen, nicht zu der Entschließung kommen, hier in dem anliegenden Entwurf des Etats für die Universitäten zu einer Abminderung der vorgeschlagenen Aus⸗ gaben Ihre Mitwirkung in Anspruch zu nehmen.
Es ist an und für sich nicht zu verkennen, daß im Laufe der Jahrzehnte die Ziffer der Ausgaben für das Kap. 119 des Staats⸗ haushalts⸗Etats sich außerordentlich vermehrt hat. Aber die Ver⸗ gleichungszahlen, welche der Hr. Abg. Graf Kanitz angeführt hat, be⸗ wegen sich zwischen dem vorliegenden Jahre und dem Jahre 1868, und schon die Zahl 1868 läßt doch jedenfalls bei allen Denen, die die Entwickelung unseres preußischen Staats aus jener Zeit noch vor Augen haben, sicher erkennen, daß diese beiden Jahreszahlen gar keine vergleichenden Momente mit einander haben. Erst nach dem Kriege 1870/71 ist es möglich gewesen, an der Hand der neuerworbenen Mittel und der aufblühenden Frische, Angesichts des Muthes, für wissen⸗ schaftliche Zwecke die Staatsfinanzen in Anspruch zu nehmen, in die⸗ jenige Entwickelung einzutreten, in der wir uns heute zu meiner großen Feüüae noch befinden. Alle Herren, welche die 60er Jahre dieses
ahrhunderts durchlebt haben, werden wissen, daß damals Preußen alle Anstrengungen darauf zu richten hatte, zunächst für seine äußere Sicherheit zu sorgen. Erst als in unser Aller Auffassung die Hoffnung begründet war, daß unsere Grenzen fest und sicher dastanden, gingen her an den Ausbau und die Ausschmückung unseres eigenen Hauses eran.
Die Stellung der preußischen Universitäten, ich darf wohl sagen, der deutschen Universitäten überhaupt, ist eine ganz eigenartige. Bm. Gegensatz zu allen anderen Ländern sind sie die Sammel⸗ und Brenn⸗ punkte des gesammten wissenschaftlichen Lebens. In fa Ländern bewegen sich neben den Universitäten eine
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reich ausgestatteten Instituten, wissenschaftlichen Anstalten aller Art einher, deren wir in Deutschland stets ermangelt haben. Universitäten sind nicht allein Lehranstalten, sie sind es zwar in erster Linie. Aber unsere Lehrer müssen so gestellt sein, daß sie neben ihrer Lehraufgabe auch die Aufgaben der wissenschaftlichen Forschung und Untersuchung erfüllen können; unsere Institute müssen so beschaffen sein, daß g. über die unmittelbare Erfüllung der Lehrzwecke auch die Möglich
schaft zu fördern, Untersuchungen aller Art anzustellen. Und wenn in anderen Ländern es möglich wäre, die Universitäten zu entfernen, und doch noch ein wissenschaftliches Leben übrig zu behalten, so würde dies Prinzip auf Deutschland oder see te angewendet zu einer voll⸗ kommen wissenschaftlichen Wüste führen.
Wir haben in Preußen an wissenschaftlichen Anstalten, die neben den Universitäten hergehen, fast nichts. Wir haben vor allem die Akademie der Wissenschaften, aber auch diese Akademie der Wissen⸗ schaften ist im Wesentlichen zusammengesetzt nur aus Persönlichkeiten, die ihre Lehrthätigkeit, ihre Forscherthätigkeit an anderen Staats⸗ anstalten ausüben; einige besonders begünstigte Privatgelehrte und nur 3 oder höchstens 4 Mitglieder sind darunter, welche auf Grund besonderer Stiftungen in der glücklichen Lage sind, ähnlich wie in St. Petersburg dies in ausgiebigster Weise der Fall ist, ihren wissenschaftlichen Studien nachzugehen und sie zu erwerben mit den Mitteln, welche die Akademie gewährt. Darüber hinaus kenne ich nur noch unser astro⸗physikalisches Observatorium in Potsdam, eine streng wissenschaftliche Anstalt, welche ihren besonderen Etat hat, auch aus Staatsmitteln gegründet ist und nicht unmittelbare Lehraufgaben verfolgt. Erst in neuerer und neuester Zeit ist durch die Hochherzig⸗ keit eines unserer Mitbürger in Berlin es möglich geworden, die technisch⸗physikalische Anstalt zu gründen, ein Institut, welches zuerst wissenschaftlichen Forschungszwecken dienen und vielleicht nebenher für sehr vorgeschrittene junge Leute eine Art Lehrinstitut darstellen kann.
In den Ländern, mit denen wir uns vergleichen können, steht es ganz anders, in den anderen Ländern ist vielfach die Staatsinitiative zurückgetreten und Alles hat sich der Privatinitiative gebeugt. Ich will gar nicht erinnern an Nord⸗Amerika, welches recht eigentlich auf privater Grundlage seine Unterrichtsanstalten und seine wissenschaft⸗ lichen Institute gegründet hat, ich kann mich allein beschränken auf England. Zwischen England und uns besteht doch eine ganze Reihe von Parallelen. In neuerer Zeit macht Frankreich die entscheidensten Anstrengungen; wir sehen ein Institut im Handumdrehen mit mehr als 2 Millionen, ungefähr 3 Millionen Privatmitteln für Forschungs⸗ und Lehrzwecke entstehen. Meine Herren, in Deutschland haben wir das — ich kann sagen — zu meinem Bedauern nicht. Sie müssen sich aber diese Entwicklung gegenwärtig halten, um zu wissen, daß das ganze geistige Leben Deutschlands, namentlich Preußens sich anschließt an die Universitäten, und das müssen Sie sich gegenwärtig halten, wenn Sie — ich kann sagen — zu meinem Bedauern in die Lage kommen, neue Summen zu bewilligen, weil das wissenschaftliche Leben ein Strom ist, der niemals stehen bleibt, sondern immer fortfährt; wenn er auf⸗ gehalten wird, werden wir die Nachtheile auf den Gebieten fühlen, die für die Existenz des Staats einst in Frage kommen.
Wir haben nach dem großen Kriege von 1870/71 endlich ange⸗ fangen, uns unsere medizinischen naturwissenschaftlichen Institute anzusehen. Daß dieselben fast überall ungenügend waren, ist heute gar kein Geheimniß, wir haben sie nach dem Stande der Wissenschaft umorganisiren müssen, wir sind noch mitten in der Arbeit drin, und wir sind — ich kann sagen — leider noch nicht fertig. Sie brauchen nur unsere Kliniken sich anzusehen, die Klinik in der hiesigen
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eit gewähren, die Wissen⸗
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Unsere
Charité, und Sie müssen sagen, es gereicht nicht zum Ruhm des preußischen Staats, solche Kliniken zu haben, Institute, denen der Hr. Graf Kanitz auch sein Interesse zuwendet. Aber auch in diesen ällen muß ich mich nach der Decke strecken, und in ganz zielbewußter
eise geht es in Beziehung auf die einzelnen Universitäten fort. Als ich in mein Amt eintrat, waren es vier oder fünf Universitaͤten, welche gänzlich unzureichend organisirt waren. Heute ist die Zahl, Gott sei Dank, so weit, daß wir eine in ihren Instituten vernach⸗ lässigte Universität überhaupt nicht mehr haben, aber bis vor Kurzem gehörten Göttingen und Breslau zu den Universitäten, die man nur mit leichtem Erröthen nennen konnte. Ich erkenne an, daß, wie der Herr Graf Kanitz ganz richtig andeutete, nebenher an unseren Universitäten eine ganze Reihe von wissenschaftlichen Zwecken in einer Ausgiebigkeit verfolgt wird, wie es anderwärts nicht der Fall ist; das ist aber auch historisch überkommen. Wir sind nach unserer ganzen Entwickelung dahin geführt worden, unsere Universitäten allmählich mit Lehrmittelsammlungen zu versehen, die über das unmittelbare Bedürfniß des Unterrichts hinausgehen. Daraus sind unsere großen zoologischen, mineralogischen, botanischen Sammlungen erwachsen; diese aufzugehen, meine Herren, wie es Graf Kanitz vor⸗ schrag das würde doch einen Entschluß erfordern, wie ihn ein sich einer Verantwortung bewußter Unterrichts⸗Minister kaum fassen kann. Denn diese Sammlungen dienen miechc nicht allein einem unmittelbaren, studentischen Unterrichtszwecke, sondern sie sind die Grundlage für zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten aller Art. Sie bieten für unentwickeltere Schuͤler, für die Schüler auf höheren Bil⸗ dungsanstalten ebenso, wie für die gereiftesten Männer die Grundlage für den Anschauungsunterricht für wissenschaftliche Arbeiten aller Art. Dasselbe ist auch für die botanischen Gärten zutreffend. Jetzt vielleicht 8 Universitäten ihre botanischen Gärten zu nehmen, — meine Herren, ich glaube, daß die öffentliche Entrüstung den Unterrichts⸗Minister von seinem Platze fegen würde, der so etwas unternehmen wollte. Das sind die wichtigsten Unter⸗ lagen für die beschreibenden Naturwissenschaften, und, wenn es hier oft anerkannt und richtig ist, daß ohne eine sichere Phshanun in Bezug auf den naturwissenschaftlichen Unterricht kein wirklicher Erfolg erzielt werden kann, so gilt dies auch von den Sammlungen. Sie würden es auch nicht billigen, wenn ich etwa sagen wollte: ich nehme einem botanischen Garten zwei oder drei Morgen fort und beschränke den vorhandenen Platz auf den Anbau von offizinellen Pflanzen, oder ich nehme unseren großen Samm⸗ lungen drei Viertel ihrer Bestände weg. Denn es läßt sich nicht übersehen, wie die Wissenschaft sich allmählich ent⸗ wickelt; was heute vielleicht entbehrlich scheint, weil es auf einem unausgebauten Gebiet liegt, ist vielleicht in zwanzig, dreißig Jahren schon das Allerwichtigste. Ich kann den Strom, in welchem sich unsere Sammlungen füllen, nicht aufhalten. Erst in allerneuester Feit haben einige Städte angefangen, selbst naturwissenschaftliche
ammlungen zu gründen; ich erinnere beispielsweise an Danzig; dort hat das Publikum auf das Allerdankbarste anerkannt, 5 es möglich ist, dem Gebildeten eine Einsicht in die Wunder unserer Natur, unserer Schöpfung zu gewähren. Das, was Danzig erstrebt hat, hat beispielsweise die Universitätsstadt Königsberg seit alter Zeit; von unseren Berliner Instituten will ich garnicht reden. Durch Ihre Zustimmung ist es möglich geworden, ein Museum für Naturkunde zu gründen so groß, wie wir es vielleicht auf dem Kontinent nicht so leicht wieder haben. Wenn Sie in einigen Monaten hineintreten und die ganze Organisation kennen lernen, wenn Sie Ihre Blicke schweifen lassen über die Schausammlungen — ich will garnicht reden von den wissenschaftlichen Sammlungen — dann werden Sie eine Quelle von Erkenntnissen und wissenschaftlichen An⸗ regungen aller Art finden, sodaß, was Graf Kanitz bei den medizini⸗ schen Instituten rühmt, auch in Ansehung dieser gesagt werden kann; sie dienen zwar nicht unmittelbar für die Zwecke des ötzerichte⸗ allein sie sind doch für die Bildung des ganzen Volks unentbehrlich.
Nach unserer preußischen Organisation — das hätte Hr. Graf Kanitz auch noch anführen können — gehören beispielsweise die Bibliotheken auch zu den Universitäten; unsere ganze Provinzial⸗ wissenschaft, wenn ich so sagen darf, das Bedürfniß der Gelehrten unserer Provinz, wird allein befriedigt durch unsere Universitäts⸗ bibliotheken. Man kann sich auch eine andere Konstruktion denken; in anderen Ländern ist es anders, da laufen die Bibliotheken ihren ganz eigenen Weg; bei uns hat es sich aber einmal so ge⸗ macht, und ich kann nun nicht, um dieses Kap. 119 zu ver⸗ mindern, Sie bitten, diese Bibliotheken herauszunehmen; das wäre rechnungsmäßig mit leichter Mühe zu machen, und wir würden damit den Etat unserer Universitäten im Staatshaushalts⸗Etat entlasten; aber wir würden immer diese Bildungsmittel dem preußischen Staate erhalten müssen. — .“
Ich gehe auch noch weiter, meine Herren, ich bin so überzeugt von der gesunden Entwickelung unserer preußischen Universitäten, daß ich alle neuen Organisationen, die unter meinem Ministerium geschaffen worden sind, in bewußter Weise möglichst an die Universitäten angegliedert habe. Dazu sind zu rechnen die geodätischen und die meteorologischen In⸗ stitute. Diese Organisationen, welche Jahre lang das hohe Haus beschäftigt haben, waren sehr schwierige, personell wie materiell, sie sind aber gelungen, weil ich auf die Gesundheit unserer Universitätseinrichtungen vertraute. An die Spitze beider Institute sind ordentliche Professoren gestellt worden, die vor einigen Jahren in den Etat unserer Universi⸗ täten mit neuem Gehalt eingesetzt wurden. Das orientalische Seminar ist ganz ähnlichen rwägungen entsprungen. Es wäre leicht möglich gewesen, nach dem Vorgang anderer Länder dasselbe selbständig zu organisiren, — jedenfalls wäre das viel theurer gewesen — und es ist auf diese Weise ge⸗ lungen, die lebendigen Kräfte, die wissenschaftlich gelehrten Kräfte der Universität nutzbar zu machen für das orientalische Seminar und dasselbe in seinen rein praktischen Bestrebungen und rein praktischen Leistungen zu einem sehr interessanten Beobachtungsgebiet für die Männer der ernstesten und ausgedehntesten Wissenschaft zu machen.
Es ist ferner beispielsweise eine ganze Reihe von neuen Einrich⸗ tungen Arteo fen worden auf Grund der Anreßungen, die mir aus Ihrer Diskussion zu Theil geworden sind, auf Grund der von Ihnen hier vorgetragenen Wünsche. Ich erinnere Sie an eine Einrichtung, die nicht ohne Geld hat geschaffen werden können; das Institut der Seminare; es ist für die Ausbildung unserer Lehrer, unserer Juristen immer darauf hingewiesen worden, wie noth⸗ wendig und nützlich es sei, kleinere Veranstaltungen zu treffen, in denen die jungen Leute an die Person des Lehrers näher herantreten. Das ist in ausgiebiger Weise bereits geschehen; ich bin mitten in der Organisation begriffen, — aber ohne Geld ist das nicht möglich. Ich erinnere Sie ferner daran, daß wiederholt hier Nachdruck darauf gelegt ist, es möchten die neueren Sprachen, beson⸗ ders die lebenden neueren Sprachen, eine zweckmäßige Vertretung auf den Universitäten finden; auch nach der Richtung ist die Unterrichts⸗ verwaltung den gegebenen Anregungen dankbar entgegengekommen.
Meine Herren, wenn ich in der Lage wäre, im Handumdrehen die Geschichte der Entwickelung des wissenschaftlichen Unterrichts an der Hand unseres Etats und unserer Verhandlungen zu schreiben, so würden Sie sich überzeugen, daß die Kosten, die im gegenwärtigen Etat im Ordinarium und Extraordinarium für die Universitäten aufgewandt werden, sich sehr wohl erklären: sie erklären sich durch die praktischen Bedürfnisse und g2 die Entwickelung des