1889 / 63 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 12 Mar 1889 18:00:01 GMT) scan diff

Als Aerzte haben sich niedergelassen die Herren: r. Dr. Knopf, Nicolai, Dr. Ruhemann, Dr. Cosack, Dr. Haendel und Dr. Arnold Samter, sämmtlich in Berlin. r. Jacoby in Dramburg, Thomalla in Friedland O.⸗Schl., ralka in Guttentag, Dr. May in Neustadt O.⸗Schl., r. Sappelt in Ziegenhals, Dr. Schneller in Groß⸗Schneen, Voelker und Dr. Karl von Wild, beide in Kassel,

r. Heinemann in Wanfried.

Danzig, 11. März. (W. T. B.) Se. Königliche Hoheit der Prinz Friedrich Leopold, welcher gestern Abend von 8 ½ bis 10 ½ Uhr im Kasino, inmitten der ge⸗ sellig vereinigten, ehemaligen Offiziere des das 200 jährige Jubiläum begehenden Grenadier⸗Regiments König Friedrich 1 (Nr. 5), verweilt hatte, begab sich heute früh 10 Uhr nach dem Bischofsberg, wo die militärische Hauptfeier stattfand. Auf dem Wege dorthin bildeten sowohl die Truppen der Garnison als auch die Arbeiter der Königlichen Werkstätten Spalier. Nach der Ankunft auf dem Bischofsberge begab sich der Prinz in das für ihn hergerichtete Zelt und hörte dort den Vortrag des Oberst⸗Lieutenants von Hoelzel über die Danziger Festuner werke an. Währenddessen begrüßte der Kriegs⸗Minister Bronsart von Schellendorff das in Parade aufgestellte Jubel⸗ Regiment. Hierauf verließ Se. Königliche Hoheit das Zelt, schritt die Feent des Regiments ab, nahm sodann vor demselben Aufstellung und verlas den Allerhöchsten Tagesbefehl Sr. Mäjestät des Kaisers und Königs. In demselben verleiht Se. Majestät, unter Entbietung Seines Königlichen Grußes, dem Regi⸗ ment Säkularbänder zu den Fahnen. Der Tages⸗ befehl gedenkt der ruhmvollen Vergangenheit des Regiments und spricht die zuversichtliche Hoffnung aus, dasselbe werde sich auch in Zukunft stets treu bewähren. Der Regiments⸗ Commandeur, Oberst Boie, erwiderte mit dem Ausdruck tiefsten Dankes und erneuerte für das Regiment das Gelöbniß der Treue bis in den Tod. Nunmehr defilirte das Regiment vor Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen, auf dessen Befehl sodann Generalmarsch geschlagen und die Garnison alarmirt wurde. Nach Verlauf einer halben Stunde stand die gesammte Garnison auf den für die einzelnen Truppentheile bestimmten Plätzen. Se. Königliche Hoheit der Prinz, welcher in⸗ zwischen die Marienkirche besichtigt hatte, nahm auf dem Langenmarkt, dem Kohlenmarkt und dem Holzmarkt die Parade der Truppen ab. Sodann begab sich Prinz Friedrich Leopold nach dem Ober⸗Präsidium zum Empfang des Provinzial⸗Landtages, dessen Vorsitzender, Graf Ritt⸗ berg, eine huldigende Ansprache hielt. Der Prinz erwiderte: er nehme an den Schicksalen der Provinz den regsten Antheil, um so mehr, als seine Güter in derselben gelegen seien, er ihr somit gewissermaßen angehöre. Alsdann fuhr der Prinz zu einer kurzen Besichtigung nach der Kaiserlichen Werft, wohnte der Speisung der Mannschaften im Schützenhause bei, besuchte die Loge „Einigkeit“ und begab sich um 3 Uhr zu dem großen Seö nach dem Artushofe. Hier brachte der Oberst oie das Hoch auf Se. Majestät den Kaiser aus. Se. Königliche Hoheit der Prinz Friedrich Leopold trank auf das Wohl des Regiments. Um 8 Uhr 4 Min. Abends trat Prinz Friedrich Leopold die Rückreise nach Berlin an.

Breslau, 11. März. (Schles. Ztg.) Nach einem für die evangelischen Mitglieder des Provinzial⸗Landtages in der Haupt⸗ und Pfarrkirche zu St. Elisabeth, für die katholischen in der Kathedrale zu St. Johannes dem Täufer abgehaltenen Gottesdienst fand gestern (Sonntag) Mittag um 12 Uhr im Haupt⸗Sitzungssaale des Provinzial⸗Ständehauses hierselbst die seierliche Eröffnung des XXXIII. Provinzial⸗Landtages für Schlesien statt. Auf Vorschlag des früheren Vorsitzenden, Herzogs von Ratibor, wurde der Königliche Landtags⸗Kommissa⸗ rius, Ober⸗Präsident und Wirkliche Geheime Rath Dr. von Seydewitz durch eine von dem Landtags⸗Abgeordneten Frinen Friedrich Wilhelm zu Hebenohg zngaffnote auf Koschentin geführte Abordnung nach dem Sitzungssaale eingeholt. Dem Landtags⸗Kommissarius folgten seine Räthe: Ober⸗Präsidial⸗ vath von Itenplit, Regierungs⸗Rath von Frankenberg⸗ Proschlitz und Regierungs⸗Rath von Wallenberg. Der Land⸗ tags⸗Kommissarius verlas demnächst folgende Eröffnungsrede:

Meine hochgeehrten Herren Mitglieder des Provinzial⸗Landtages! Des Kaisers und Königs Majestät haben durch Allerhöchsten Erlaß vom 13. Januar d. J. Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der Provinzial⸗Londtag der Provinz Schlesien zum heutigen Tage hierher einberufen werde, und nachdem Sie der von mir verfassungsmäßig er⸗ lassenen Einladung Folge gegeben haben, gereicht es mir zu besonderer Ehre, Sie an dieser Stelle zu begrüßen.

Schwere Zeiten sind über unser Land gekommen, seitdem der Landtag zum letzten Male versammelt war, der glorreiche Kaiser Wilbhelm I. ist gerade vor Jahresfrist, uns Allen zu früh, heim⸗

egangen, und Sein erhabener Nachfolger der Kaiser und König Fühedrich III. ist baͤld nach Ihm einer schweren Krankheit erlegen; das ganze deutsche Volk hat mit uns die doppelte und schmerzliche Trauer um diesen theuren Fürsten getheilt. Aber aus der Tiefe unserer Trauer hat uns die zuversichtliche Ueberzeugung emporgehoben, daß uns Gottes Gnade in dem Erlauchten Kaiser Wilhelm II. einen König gegeben hat, der den festen Willen hat, auf den Bahnen Seiner ruhmreichen Vorfahren zu wandeln, dem Lande den Frieden zu wahren und die Wohlfahrt desselben mit kräftiger Hand zu fördern, wir dürfen darum in froher Zuversicht der Zukunft

Lachdem mit dem Jahre 1887 die 6jährige Wahlperiode der Landtagsmitglieder abgelaufen war, haben Neuwahlen für die mit dem 1. Jannar 1888 beginnende Wahlperiode stattgefunden, wobei, wegen der gestiegenen Seelenzahl einzelner Wahlbezirke, 4 Abgeordnete mehr als früher, demnach im Ganzen 133 zu wählen waren. Von den zeugewählten Abgeordneten haben 4 ühr Mandat niedergelegt, und 3 sind gestorben, weshalb See anch daslen angeordnet worden sind und stattgefunden haben. Die Wahlperhandlungen werden Ihnen zur Prufung und Beschlußfassung gemaß §. 23 der Provinzialordnung vorgelegt werden.

In dem abgelaufenen Jahre sind wiederum einzelne Theile der Preovinz durch verheerende Ueberschwemmungen be⸗ troffen worden, und wenn die Ueberschwemmten auch durch Privat⸗ wohlthätigkeit und aus Provinzial⸗ und Staatsfonds reichlich unter⸗ stützt worden sind, so bleibt die Provinz doch immer unter dem Druck der Hefürcteng. daß solche Heimsuchungen wiederkehren können, es ist darum im Anschluß an frühere Landtagsbeschlüsse auf Maßregeln Bedacht genommen worden, welche solchen Gefahren, soweit dies mög⸗ lich, vorheugen sollen; die Intentionen der Königlichen Staatsregie⸗ rung sind aus den Verhanhlungen des Landtages der Monarchie be⸗ kannt geworden und wird Ihnen auch eine hiermit im Zusammenhang stehende Allerhöchste Prppesition zugehen.

Die mannigfachen Wasserschäden haben auch einige Anträge auf

ährung von Beihülfen zu Flußregulirungen und Deichbauten veranlaßt, denen Sie Ihre Berücksichtigung nicht versagen werden, über auch ein groͤßeres vie Regulirung von Wasserstraßen betreffendes Unternehmen bedarf der Beihülfe der Provinz, das ist die Kanalisirung der oberen Oder, welche nach dem Gesetz vom 6. Juni

und Boden, welcher 8 die Bauausführung einschließlich der Neben⸗ anlagen, erforderlich ist, der Staatsregierung aus Interessentenkreisen unentgeltlich und kostenfrei zum Eigenthum überwiesen wird, oder die Auf⸗ bringung der aufzuwendenden Fosen sicher Hefen ist. Der Betrag der aus Interessentenkreisen zugesicherten Beiträge wird Ihnen mit⸗ getheilt werden; bei der hohen Bedeutung, die dieses Projekt nach verschiedenen Richtungen hin für die Provinz hat, darf ich die Hoff⸗ nung hegen, daß Sie, meine Seebeten Herren, in ent prechender Weise dieses Unternehmen auch Ihrerseits kräftig fördern wollen. Die vom Provinzial⸗Ausschuß Ihnen vorgeschlagene weitere Be⸗ willigung zu der früher beschlossenen e des schon weit vor⸗ geschrittenen Verzeichnisses der Kunstdenkmäler Schlesiens bedarf kaum noch meiner Empfehlung, auch bitte ich darum, daß Sie die für das Fortbestehen der zufolge der Bewilligungen früherer Landtage ins Leben gerufenen Gewerbekammern erforderlichen Mittel in dem vom Pro⸗ vinzial⸗Ausschuß vor schlgrn Umfang gewähren wollen, damit dieser Institution, die während ihres noch kurzen Bestehens eine umfangreiche Thätigkeit noch nicht hat entfalten können, zu weiterer Entwickelung Gelegenheit gegeben werde.

Die vom Landtage wesentlich unterstützte Arbeiterkolonie zu Wunscha hat günstige Resultate erzielt, und da es ihr, wie den viel⸗ fach eingerichteten Verpflegungsstationen mit zu danken sein dürfte, daß die Zahl der Korrigenden in der Provinz nicht unerheblich abge⸗ nommen hat, so darf ich die auskömmliche Unterstützung dieser Anstalt und die Erwägung Ihrer wohlwollenden Berücksichtigung anbeim⸗ stellen, ob nicht die Errichtung einer zweiten solchen Anstalt in Ober⸗ schlesien zu fördern sein dürfte.

Auf Grund des §. 26 im Reichsgesetz vom 5. Mai 1886, be⸗ treffend die Unfall⸗ und Krankenversicherung der in land⸗ und forst⸗ wirthschaftlichen Betrieben befindlichen Personen und nach Maßgabe des Artikels IV des dazu erlassenen Preußischen Ausführungsgesetzes vom 20. Mai 1887 hat die konstituirende Genossenschaftsversammlung beschlosfen, die Funktionen des Genossenschaftsvorstandes dem Provinzial⸗ Ausschuß . übertragen, wie dies der §. 13 des unter dem 16. Januar 1888 bestätigten Genossenschaftsstatuts erweist; wird dadurch auch der Kreis der Verwaltung und der Geschäfte des Provinzial⸗Ausschusses, ja auch des Provinzial⸗Landtages, dem gesetzlich die Prüfung und Abnahme der Jahresrechnungen der Berufsgenossenschaft obliegt, nicht unerheblich erweitert, so ist damit doch dem Zweck dieser für das Gemeinwohl so werthvollen Einrichtung wesentlich gedient worden, und Sie werden darum gern Kenntniß von der diesfälligen Organi⸗ sation nehmen.

Im Uebrigen werden Sie aus den reichhaltigen Vorlagen des Provinzial⸗Ausschusses mit Befriedigung ersehen, daß Ihre provinzielle Verwaltung, kh des wachsenden Umfangs ihrer Aufgaben, dieselben in erfreulicher Weise und mit günstigem Erfolge gelöst hat.

Zum Schluß wiederhole ich die bei den vorangegangenen Land⸗ tagen gegebene Versicherung, daß es mir zu besonderer Genugthuung gereichen wird, den Arbeiten des bevorstehenden Landtages förderlich sn sein, und mit Ihnen dem Wohl und Gedeihen unserer Provinz zu ienen.

Hiernach erkläre ich im Allerhöchsten Auftrage den 33. Provinzial⸗ Landtag der Provinz Schlesien für eröffnet.

‚Demnächst übernahm der Landtags⸗Abgeordnete, Geheime a. D. von Woyrsch auf Pilsnitz als Alters⸗ Präsident den Vorsitz, indem er auch seinerseits noch einmal kurz auf die schweren Ereignisse des vergangenen Jahres hin⸗ wies. Als hierauf in die Wahl des Vorsitzenden ein⸗ getreten werden sollte, beantragte der Landtags⸗Abgeordnete Graf von Bethusy⸗Huc auf Bankau Wahl durch Zuruf, und zwar des bisherigen Vorsitzenden, des Herzogs von Ratibor. Da aus der Mitte des Landtages kein Widerspruch erfolgte, erklärte der lters⸗Präsident den Herzog von Ra⸗ tibor für gewählt. Herselbe nahm die Wahl an und ergriff alsbald Besitz von dem Präsidentenstuhle. gewählt: zum Ste reter des Vorsitzenden der Ober⸗ Bürgermeister Friedensburg⸗Breslau, zu Schriftführern die Landräthe von Holleuffer⸗Löwenberg, Holtz⸗Kattowitz, Dr. von Fehbenit ² Görlitz und von Moltke⸗Gleiwitz, und zu Schriftführer⸗Stellvertretern der Landrath Schröter⸗ Pleß und der Kreis⸗Deputirte und Landesälteste, Haupt⸗ mann a. D. Wentzel⸗Klein⸗Nimsdorf. Nachdem so das Bureau des Hauses gebildet worden, brachte der Vorsitzende, Herzog von Ratibor, ein Hoch auf Se. Majestät den Kaiser und König aus, in welches die Versammelten begeistert ein⸗

stimmten.

Bayern. München, 11. März. (W. T. B.) Der Kriegs⸗Minister, General der Infanterie von Heinleth, ist heute zu einem zweimonatlichen Urlaub nach Gries bei Bozen abgereist. Mit seiner Stellvertretung ist General der Infanterie von Fries betraut worden.

Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 10. März. (Lds.⸗Ztg. f. Els.⸗Lthr.) Bis zur allgemeinen Regelung der Fremden⸗ polizei ist die Verfügung des Ministeriums für Elsaß⸗ Lothringen vom 23. Mai 1888 zur Ausführung der Paß⸗ verordnung vom 22. desselben Monats aufgehoben worden. Letztere Verordnung, sowie die sonstigen die Fremdenpolizei Bestimmungen bleiben in Kraft.

st ch⸗Ungarn. Wien, 11. März. (W. T. B.) Im Abgeordnetenhause sprach heute bei der Berathung über den Etat des Ministeriums des Innern der Abgeordnete Knotz seine Verwunderung darüber aus, daß die

des Abgeordneten Vasaty (Jung⸗Czeche) gegen das deutsch⸗österreichische Bündniß von Seiten der Regierung unerwidert geblieben seien. Der Minister⸗Präsident, Graf Taaffe, bemerkte dem gegenüber, daß die Delegationen das allein kompetente Forum für die auswärtige Politik seien, und daß die Regierung dort derartigen Aeußerungen gegenüber sicherlich das Wort ergriffen haben würde. Deutsche, Czechen und Polen könnten ihre Nationalität frei pflegen, aber immer nur innerhalb ihres Oesterreicherthums: dieses sei das gemein⸗ same Bindeglied. Pest, 11. März. (W. T. B.) Das Unterhaus setzte heute die Debatte über das Wehrgesetz ohne bemerkens⸗ werthen Zwischenfall fort.

Großbritannien und Irland. London, 11. März. (W. T. B.) In der heutigen Siung des Unterhauses er⸗ klärte der Staatssekretär des Krieges, Stanhope, in Beantwortung einer bezüglichen Anfrage: aus dem dem Hause bereits bekannten Kriegs budget gehe hervor, daß Vorkeh⸗ 1; getroffen seien, um eine schleunige Mobilisirung von 150 bis 160 Tausend Mann zu ermöglichen. Ebenso seien Vorkehrungen getroffen, daß jeder Hafen des Reichs binnen Tagen mit unterseeischen Minen versehen werden könne. Von der Errichtung von Forts zum Schutz der Haupt⸗ stadt sehe die Regierung ab; es würden aber an den strategischen ke-ecg für den othfall verschanzte Lager errichtet werden.

Frankreich. Paris, 11. März. (W. T. B.) Der Ministerrath beschloß in einer heute Vormittag statt⸗

Aeußerungen

Ferner wurden

anwalts entsprechend, in der heutigen Sitzung der Ka

die Ermächtigung zur gerichtlichen de Senators Naquet und der Deputirten Laguerre Turquet und Laisant ““ Die Anschuldigun gegen dieselben wird auf die Thatsache gegründet, daß di Patriotenliga in eine geheime Gesellschaft umgebilde worden sei, indem außer den öffentlichen Statuten noch geheime Bestimmungen vorhanden gewesen seien wonach die Liga mittelst einer bestimmten Anzahl von Depeschen welche bei den Telegraphenstationen niedergelegt waren, ihr Mitglieder mobil machen konnte, um der Ausführung irgen einer Maßregel der Behörden Widerstand zu leisten. Ein zweiter Beweggrund für die Anklage ist der Umstand, daß das Manifest der Liga anläßlich der Atschinoff⸗Affaire an den General Ignatieff, den General Tschernajeff und den Bürger⸗ meister von Moskau gerichtet wurde, die sich sämmtlich im Dienst einer auswärtigen Macht befinden.

Das Ansuchen der Regierung um die Ermächtigung zur gerichtlichen Verfolgung der oben genannten Deputirten wurde demgemäß bei der Kammer, das entsprechende Ansuchen, be⸗ treffend die Verfolgung des Senators Naquet, beim Sena eingebracht. Die vom Ministerium gewünschte Dringlich keit wurde vom Senat ausgesprochen und sodann eine Kommisson zur Vorprüfung gewählt. Die Kammer wird morgen eine solche Kommeis tn wählen.

Der Herzog von Aumale traf heute Nachmittag um 6 Uhr auf dem Bahnhof von Creil ein, wo er von den An wesenden mit dem Rufe: „Es lebe Frankreich!“ begrüßt wurde und begab sich von da zu Wagen nach Chantilly, wo er in dem Schlosse des Prinzen von Joinville sein Absteigequartier nehmen wird.

„— 12. März. (W. T. B.) Naquet, Laguerre Laisant und Turquet, welche wegen Theilnahme an der Patriotenliga gerichtlich verfolgt werden sollen, faßten eine Erklärung ab, in welcher die Regierung beschuldigt wird eine Verrätherin der Freiheit zu sein und eine parlamentarische Diktatur zu schaffen, welche von allen Diktaturen die ver haßtesse sei; aber das Land werde dieselbe zermalmen Thörichte Handlungen der Verzweiflung bezeichneten stets das Ende von Regierungen, welche zu Maßregeln der Gewalt gegen eine Partei ihre Zuflucht nähmen, die von der öffent⸗ lichen Meinung getragen werde, solche Handlungen aber kämen lediglich ihren Opfern zu Gute. Der Parlamentarismus sei allerdings verloren gewesen, aber er hätte in Ehren fallen können. Nach den letzten Vorgängen werde ihn die Nation mit Ekel von sich weisen.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 12. März. (W. T. B.) General⸗Lieutenant und General⸗Adjutant Rosenbach, Gouverneur von Turkestan, hat heute die Rückreise nach Taschkent angetreten. Wie es heißt, würde General Rosenbach in Zukunft auch die Verwaltung von Transkaspien übernehmen.

„Riga, 11. März. (W. T. B.) Der Pastor Hollmann in St. Petersburg ist zum General⸗Superintendenten für Livland ernannt worden.

Italien. Rom, 11. März. (W. T. B.) Einem heute Vormittag hier verbreiteten Gerücht gegenüber, daß der Papst erkrankt sei, wird gemeldet, daß der Papst heute Nachmittag mehrere Diplomaten empfing, welche ihn zum Jahrestage

seiner Krönung beglückwünschten.

Das Dekret, betreffend die Ernennung Lacavas, zum Minister für das Post⸗ und Telegraphenwesen, wird heute Abend von dem König unterzeichnet werden.

Schweiz. Bern, 11. März. (W. T. B.) Bei der Wahl eines Mitgliedes zum v wurde in Genf Ador (konservativ) mit 600 Stimmen Majorität gegen Vautier (radikal) gewählt. Die bereits gemeldete Freilassung des in Lugano ungesetzlich verhafteten Radikalen konnte erst erfolgen, nachdem die Gefängniß⸗ thür durch Pioniere des Züricher Infanterie⸗Bataillons ge⸗ sprengt worden war.

Türkei. Konstantinopel, 11. März. (W. T. B.) Die Pforte benachrichtigte den russischen Botschafter, Nelidoff, daß sie den Rest der Kriegsentschädigung im Betrage von 240 000 Pfd. gegen den 27. d. M. be⸗ zahlen werde.

Griechenland. Athen, 11. März. (W. T. B.) In der heutigen außerordentlichen Sitzung der Deputirten⸗ kammer verlas Tricoupis das Dekret, welches die Session eröffnet. Die Wahl des Präsidenten soll morgen oder am Freitag stattfinden.

Rumänien Bukarest, 11. März. (W. T. B.) Der Finanz⸗Minister legte der Kammer heute einen Gesetz⸗ entwurf, betreffend die Aenderung des Organisations⸗ Gesetzes der Nationalbank, vor. Danach soll der Silbervorrath durch einen Goldvorrath ersetzt und zugleich eine Aenderung des Münzsystems behufs Einführung der Goldwährung vorgenommen werden.

Serbien. Belgrad, 11. März. (W. T. B.) Der Minister des Aeußern, Sava Gruic, versandte an die serbischen Gesandten im Auslande ein Cirkular, in welchem der Regierungsantritt mitgetheilt und betont wird: es sei nunmehr die Aufgabe der vorerst die für das Inslebentreten der neuen g; ung noth⸗ wendigen esetze auszuarbeiten Regelung der Finanzen durch eine rationelle und gewisfenhafte Fenasghcbasrung, sowie durch äußerste Sparsamkeit herbeizufuͤhren. Bezüglich der auswärtigen Politik stehe die Regierung auf dem Standpunkt der Proklamation der Regenten; sie werde es als Hauptaufgabe betrachten, die Pflege, Entwickelung und Ver⸗ vollständigung eines freundschaftlichen Verhältnisses mit allen Mächten und Staaten anzustreben.

Der ehemalige Führer der Radikalen, Pasic, ist be⸗ gnadigt worden. .

Nach einer Meldung der „Polit. Corresp.“ aus Belgrad ist der Note des Ministers des Aeußern, Sava Gruic, an den serbischen Gesandten Petroniewic in Wien, die Versicherung hinzugefügt: die neue Regierung sei Willens, die freundschaftlichen Beziehungen u der benachbarten österreich⸗ungarischen Fenarce haas seten um das Wohlwollen des Kaisers für Serbien zu erhalten. Eine weitere Meldung des Blattes besagt, daß die serbische Regierung von der Einberufung der Skupschtina, als nach dem Gein der Verfassung nicht nothwendig, Abstand

1888 nur dann zur Ausführung gelangen kann, wenn der gesammte Grund

gehabten Sitzung, dem Antrage des General⸗Staats⸗

habe.

und hauptsächlich die

genommest

Afrika. Zanzibar, 11. März, Nachmittags. (W. T. B.) Die Auslösung der bei Pugu in Gefangenschaft gerathenen Missionare hat soeben in Bagamovo stattgefunden.

Zeitungsstimmen.

Die „Konservative Correspondenz'“ schreibt:

Eine Reihe von Erscheinungen auf dem Gebiete der aus⸗ wärtigen, wie der inneren Politik so jetzt wieder das Wahlresultat in Celle⸗Peine, das seinen Eindruck im Ausland bei allen Feinden des Deutschen Reichs nicht verfehlen wird macht es uns zur ernsten Pflicht, wiederholt nachdrücklich zur Einigkeit zwischen den rechts stehenden Parteien zu mahnen und namentlich dazu aufzu⸗ fzrdern⸗ schon jetzt Alles zu vermeiden, was in seiner Weiterwirkung ür die Stunde der Entscheidung bei der nächsten Reichstagswahl eine Bresche in den Zusammenhalt der Parteien, der uns wie 1887 zum Siege führen muß legen könnte. Die letzte Reichstagsersatzwahl in Breslau hat ein deutliches Beispiel solcher Weiterwirkungen des be⸗ ständigen Schürens von Hader und Mißtrauen gegeben, die durch eine im letzten Augenblick ausgegebene kartellfreundliche Parole nicht mehr beseitigt werden können. Halten wir uns immer gegen⸗ wärtig, daß der Zustand faktischer langsamer Mobilmachung in Europa als Ende einen Kampf erwarten läßt, bei dem es sich um die Existenz des Reichs, um die Erhaltung alles dessen, was wir in 20 Jahren errungen und mühsam gebaut haben, handeln wird, vielleich um mehr, um die politische Machtstellung des deutschen Stammes. Es kann auch Niemand entgehen, daß der bitterste Feind des Reichs, der sicherste Bundesgenosse des miß⸗ günstigen Auslandes jene internationale Demokratie ist, die in der imposanten, auf der Grundlage seiner monarchischen Institutionen ruhenden Macht Deutschlands mit Recht das Haupthinderniß der Durchführung ihrer Umsturzpläne erblickt. Es ist tief zu beklagen und nur aus dem Hang des Deutschen zu einseitiger und kurzsichtiger Verfolgung theoretischer Auffassungen erklärlich, daß Kreise unserer politischen Demokratie, welche ehedem selbst für den nationalen Ge⸗ danken warm empfunden haben, jetzt im Begriff stehen, mehr und mehr mit jener wüsten internationalen sozialistischen Demokratie zu verschmelzen, daß auch im Centrum, dessen Mitgliedern in ihrer Ge⸗ sammtheit wir gewiß nicht den Vorwurf vaterlandsloser Gesinnung machen wollen und welches der ungesunden Strömungen in seiner Mitte jetzt hoffentlich mehr und mehr Herr werden wird, in der Hitze des Kambfes für kirchenpolitische Aufgaben vielfach eine Haltung Platz greifen konnte, welche den Feinden des Reichs und unserer Staats⸗ und Gesehschaftsordnung Vorschub leistete. Es wäre der schwerste politische Feete. die Gefahr der Lage zu übersehen und die Gegner zu unterschätzen. Die zur Zeit geringe und in den letzten Jahren abnehmende Zahl freisinniger und sozialdemokratischer Mandate darf uns nicht in Sicherheit wiegen.

Zu dem Wiederbeginn der Sitzungen des Reichstages bemerkt der „Düsseldorfer Anzeiger“: Drei Gesetzentwürfe sind es, auf welche sich hauptsächlich die Thätigkeit des Reichstages erstrecken wird: Der eine ist der kürzlich dem Bundesrath vorgelegte Nachtrags⸗Etat, der seinen Schwerpunkt in der Aenderung der Formation der Feld⸗Artillerie und in der Be⸗ spannung der Geschütze und Munitionswagen hat; weiter sollen das Alters⸗ und E““ und das Genossenschafts⸗ esetz zum Abschluß gebracht werden. 3. tefet an n es sich also einerseits um die größere Sicherstellung eines Theils der Wehrkraft des Reichs und namentlich um die Er⸗ leichterung der Ueberführung der Artillerie von dem Friedens⸗ auf den Kriegsfuß, so liegt dem Reichstage auf der andern Seite die Lösung sozialreformatorischer Aufgaben ob. In ersterer Beziehung darf man bei der günstigen Zus ammensetzung des Reichstages auf einen vollen Fäfors rechnen. Ob es ihm aber gelingen wird, eine sozialreformatorische That zu vollbringen, hängt in diesem Falle weniger von der Ueberzeugung ihrer Nothwendigkeit diese darf man bei der überwiegenden Mehrheit voraussetzen —, sondern davon ab, daß sich die Ansichten über die technisch⸗schwierigen Fragen klären und sich über einen gangbaren, möglichst praktischen Weg einigen. j Sowohl das Genossenschaftsgesetz wie das Alters⸗ und Invaliden⸗ esetz enthalten Punkte, über welche selbst unter E’ die Urtheile auseinandergehen können. Die Frage bei dem ersteren ist die, wie die Geschäftsthätigkeit der Genossenschaften am besten sichee. gestellt werden kann, ohne die Genossen zu sehr zu belasten und zu beengen, weil die Beschränkungen leicht von der Betheiligung an einer genossenschaftlichen Gründung abschrecken können, ierüber scheint schon eine Einigung erzielt worden zu sein, da die betreffende Kommission ihre Arbeiten beendet hat und zu einem positiven Er⸗ ebniß gekommen ist. Bei dem Alters⸗ und Invalidengesetz andelt es sich um eine ganze Reihe von ins Ge⸗ wicht fallenden Gesichtspunkten: z. B. um die Be⸗ kämpfung des Mißtrauens der Arbeiter, um die beste und leichteste Art der Aufbringung der Mittel, aus welchen die in Aussicht zu stellenden Renten gewährt werden können, um die Vermeidung zu großer Belastungen für die Industrie, um eine aue diesem Gesichts⸗ punkt erforderlich erachtete Beihülfe von Seiten des Reichs, um eine praktische, leicht durchzuführende Organisation, um die Abstufung der Beiträge der Arbeiter nach ihren in verschiedenen Gegenden sehr ver⸗ schiedenen Lohnverhältnissen und um eine entsprechende Ab⸗ stufung der Renten, ferner um die Höhe der Renten über⸗ haupt, welche den Zweck haben sollen, dem Arbeiter eme gewisse Sicherheit für die Zeit des Alters und der Invalidität zu gewähren. Alle diese Fragen sind in der Kommi ssion reiflich und gründlich erörtert worden. Aber eine völlige Uebereinstimmung ist unter den Parteien, mit denen das Gesetz uͤberhaupt zu Stande ge⸗ bracht werden kann, noch nicht erzielt. Die Einen halten dies, die Andern jenes für praktischer, dem Einen genügt dies, dem Andern jenes nicht. Aber im Ganzen läßt doch der Gang der Vorarbeiten erkennen, daß auf allen Seiten das eifrige Bestreben und der gute Wille vorhanden ist, wirklich etwas Brauchbares zu schaffen und zum

iele zu gelangen. 3 ein Weg!

Und wo ein Wille, da ist auch 1 abe nur gefunden werden können, wenn sich der Reichstag gegenwärtig hält, daß das Bessere der Feind des Guten ist, d. h. daß, wo noch nicht sofort eine dem Einzelnen als ideal vorschwebende Lösung gefunden werden kann, dasjenige gutgeheißen werden muß, was vielleicht diesem oder jenem von Mängeln nicht frei erscheint, aber doch die Möglichkeit eines praktischen Vorwärtsgehens gewährt. Mängel lassen sich später beseitigen, aber ein Scheitern des ganzen Werks bringt uns weit zurück, ohne daß es die Garantie enthaͤlt, späͤter eine einwandfreie Lösung der schwierigen Aufgabe zu sinden. Sowohl beim Alters⸗ und Invalidengesetz, wie bei dem Ge⸗ nossenschaftsgesetz bandelt es sich um eine Besserung der Schäden des gesellschaftlichen Lebens durch Zusammenfassung aller Kräfte, welche das alleinige Mittel bietet, den nothleidenden und schlechter gestellten Klassen aufzuhelfen. In dem einen Fall wird die Zusammenfassung der Kräfte zur Sicherstellung der Existenz der Arbeiter für die Zeit des Alters und für den Fall der Gebrechlichkeit vom Staate angeordnet und mit allen zweckentsprechenden Bürgschaften ausgestattet, in dem anderen Fall wird den verschiedenen Bevölkerungeklassen der Weg geebnet, durch Selbsthülfe Organisationen zu schaffen, welche den Schwächeren die wirthschaft⸗ lichen Existenzbedingungen zu erleichtern im Stande sind. Beide Gesetzentwürfe haben das Merkmal des prattischen Christenthums und tragen die Devise: „Liebet die Brüder!“ In dem einen Fall macht der Staat diese Mahnung zum Gesetz, in dem anderen sen. er den besser gestellten Volksklassen die Feegege. ihr prattisches Christentbum freiwillig zu bethätigen. Der Kaiser hat erst jüngst geäußert, die Arbeiter seien so gut seine Unterthanen, wie die Arbeit⸗ geber und man müsse ersteren die Ueberzeugung verschaffen, daß sie

Dieser wird aber.

ristliche Auffassung möge auch der Reichstag seinerseits bethätigen, er den schönen Gedanken des praktischen Christenthums durch Lösung der ihm jetzt vorliegenden Aufgaben verwirklicht.

Steatistische Nachrichten.

Statistik der zum Ressort des Königlichpreußischen Ministeriums des Innern gehörenden Straf⸗ und Ge⸗ fangen⸗Anstalten für 1. April 1887/88. Die vorliegende amtliche Publikation bringt in zahlreichen Tabellen zunächst eine allge⸗ meine Gefängniß⸗Verwaltungsstatistik, und zwar ein Verzeichniß der zum Ressort des Ministeriums gehörigen Anstalten nebst Nachrichten darüber, welche Gefangenen⸗Kategorien die einzelnen Anstalten auf⸗ zunehmen haben und aus welchen Gerichtsbezirken die Ein⸗ lieferung erfolgt, sowie mit Angabe der Behörden, welche der Anstaltsverwaltung unmittelbar vorgesetzt sind. Dann folgen sta⸗ tistische Uebersichten über das Personal der Gefangenen und die Be⸗ wegung desselben, umfassend die Verpflegung, den Arbeitsbetrieb, Schul⸗ und Religionsunterricht, Bibliotheken, Isolirung, Dis⸗ ziplinarbestrafungen, Briefwechsel und Besuche, Gesundheits⸗ zustände und Sterblichkeit, Kassenverwaltung und Finanzergebnisse sowie die vorläufigen Entlassungen. Daran reiht sich aldann die Personal⸗ statistik der Hchtansgee gg Zugang und Abgang im Laufe des Jahres und Bestand am Jahresschluß nebst Personalien der Gefangenen. Ein Anhang enthält eine Sammlung der Verfügungen, welche seit der Veröffentlichung der letzten Statistik ergangen sind. Am Schluß wird eine Nachweisung über die Gesammtzahl der bis zum 31. März 1888 auf Grund des Gesetzes vom 13. März 1878 zur Zwangserziehung bestimmten Kinder gegeben. Vorangestellt ist dem Bande eine erläuternde Uebersicht zu den Tabellen. Wir kommen auf 14“ noch zurück und werden die Hauptdaten daraus mittheilen.

KRKunst, Wissenschaft und Literatur.

Weißenburg, Wörth, Sedan, Paris. Heitere und ernste Erinnerungen eines preußischen Offiziers aus dem Feldzuge 1870/71. Von Walter Schultze⸗Klosterfelde. Th. Grieben's Verlag (L. Fernau) in Leipzig. (Pr. 1 50 ₰.) In einer Reihe novel⸗ listisch abgefaßter und doch sachlich gehaltener Bilder schildert der federgewandte Autor, ein höherer Offizier, das Soldatenleben im Kriege mit einer realistischen Naturtreue, daß man sich in das be⸗ wegte Lager⸗ und Marschleben und das Schlachtgetümmel mitten hinein versetzt fühlt. Durch die blutig⸗ernsten Bilder hindurch aber ziehen sich in reicher Abwechslung heitere und erheiternde Scenen, wie sie das Leben im Kriege in so reicher Fülle mit sich bringt. Der Verfasser hat in der packenden Art und Weise seiner Behandlung des interessanten weltgeschichtlichen Stoffs einen ganz neuen, eigen⸗ artigen Ton angeschlagen, der seine Wirkung nicht verfehlen und dem Buch viele Leser gewinnen dürfte. .“

Carl Heymann's Verlag hierselbst giebt seit dem 15. Januar d. J. ein „Juristisches Literaturblatt“ heraus (Redacteur: Dr. Otto Loewenstein), welches dazu bestimmt ist, „Jedem, der sich für die deutsche Literatur auf dem Gebiet der Rechts⸗ und Staats⸗ wissenschaft interessirt, ein möglichst vollständiges Bild der neuen Erscheinungen auf allen ihren Zweigen zu geben.“ Die „Einführung in der ersten Nummer des Blatts legt dar, auf welchem Wege die Redaktion dieses Ziel zu erreichen hofft. Das neue Blatt will danach keineswegs den bereits vorhandenen kritischen Literaturblättern Konkurrenz machen. Vielmehr soll die wissenschaftliche Kritik neuer juri⸗ stischer Werke im Allgemeinen aus seinen Spalten ausgeschlossen bleiben; dagegen soll es den Leser durch sachliche, den Inhalt kurz und übersichtlich wiedergebende Referate und Notizen auf dem Laufenden erhalten über Alles, was auf dem Gebiet der Rechts⸗ und Staatswissenschaften neu erschienen bezw. in der Vorbereitung ist. Die außerdeutsche Literatur bleibt vorläufig aus dem Programm aus⸗ geschlossen, dafür soll die deutsche in einer oder der anderen Form möglichst vollständige Berücksichtigung finden. Demnach werden nicht nur Bücher und Zeitschriften (letztere ganz besonders eingehend) in Betracht gezogen werden, sondern auch was die parlamentarischen Körperschaften und amtlichen Quellen hervorbringen. Endlich will die Redaktion auch über andere, verwandten Gebieten angehörige Bücher berichten, soweit diese dem Juristen Interesse bieten. Die beiden ersten Nummern, vom 15. Januar und 15. Februar, bringen Verzeichnisse der neuesten Erscheinungen Geücher esetzes⸗ Ausgaben, Sammlungen, Entscheidungen ꝛc., Zeitschriften), Be⸗ sprechungen neuer juristischer Werke und der Zeitschriften⸗Literatur, dann kurze Anzeigen neuer Publikationen sowie Mittheilungen über künftig erscheinende oder im Erscheinen begriffene Werke, ferner Uebersichten der neuesten Gesetzgebung und endlich Besprechungen von Werken aus anderen Gebieten, Die Beilagen enthalten Notizen und Vermischtes sowie einen Briefkasten. Das „Juristische Literatur⸗ blatt“ erscheint 10 Mal tährlich zum Preise von 3 für das Jahr (bei Zusendung unter Kreuzband 3 30 ₰). 1

Die Nr. 9 Jahrgangs 1889 von „Schorer’ s Familien⸗ blatt“ (red. von Dr. Franz Hirsch, Berlin) hat folgen⸗ den Inhalt: Hofluft. Roman von Nataly Eschstruth. (8. Fortsetzung.) —, Poetische Kleinigkeiten. Von Friedrich Boden⸗ stedt. Die Kunst im Munde. Von Zahnarzt Paul in Magde⸗ burg. Rheingold. Gedicht von Julius Freund. Mit 2 Original⸗

eichnungen von Karl Gehrts. Zur Frage der Sonntagsruhe. timmen aus allen Parteien und Konfessionen in autographischen

Aussprüchen. Aus den Memoiren eines Kellners. Von A. Oskar Klaugmann. III. Der Schelm aus den Alpen. Lustige Geschichten, vor⸗ und nacherzählt von P. K. Rosegger. Ehen auf Abzahlung. II. Von Oskar Kresse. Plauderecke. Beilage. Kunstblätter: Luther vor Cajetan. Nach dem Gemälde von W. Lindenschmit. Holländische Landschaft. Nach einer Radirung von J. C. Greive jun.

München, 11. März. (W. T. B.) Der Professor der Philo⸗ sophie, Dr. Hubert Beckers, ist heute im 83. Lebensjahre bier gestorben.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Washington, 11. März. (W. T. B.) Dem Bericht des 1an8e begaeblich en Bureaus für den Monat März zufolge beträgt der Vorrath an Mais 78 700 000 Bushel, an Weizen 112 000 000 Busbel.

Gewerbe und Handel.

erlin, 10. März. (Wollbericht des „Centrbl. f. d. Text.⸗Ind.“*) Auch in den letzten acht Tagen war die Nachfrage eine rege. Der Absatz vollzog sich schlank und wenn die Höhe desselben nicht so beträchtlich war wie in der vorangangenen Woche, so lag es an den gelichteten Vorräthen der hiesigen ääger. Trotzdem haben die Preise nur wenig angezogen; die feste Stimmung hatte aber den Vortheil, daß veutsche Wollen wieder mehr in den Vordergrund traten und wegen ihrer Billigkeit einen größeren Käuferkreis an sich zogen als dis Bei gleicher Tendenz dürften sich die hiesigen Be⸗ tände schnell räumen. ö Müen⸗ 11. März. (W. T. B.) Die Bilanz der „Anglo⸗ Oesterreichischen Bank“ weist einen Reingewinn von 12697 8 f aus, von welchem abzüglich der Dotirung des Reservefonds und Ab⸗ rechnung der Tantidmen 1 225 397 Fl. verbleiben. KLiervon werden 8 Fl. an Dividende zur Vertheisung gelangen. Der Rest von 25 397 Fl. wird auf neue Aechauag vorgetne en.

London, 11. März. (W. T. B.) Die etreidezufuhren be⸗ trugen in der Woche vom 2. bis 8. März: englischer Weizen 3977, fremder 8653, englische Gerste 3176, fremde 29 363, englische Malz⸗ Prst 22 801, fremde —, englischer Hafer 571, fremder 2525 Qrts. E

Glasgow, 11. März. (W. T. B.), Die Verschiffungen von Roheisen betrugen in der vorigen Woche 6100 gegen 5600 Tons in derselben Woche des vorigen Jabhres. 1 Bradford, 11. T. B) In Wolle kein Ge⸗ schäft, Preise nominell, englische Mohairwolle und Alpaccamole fost, Exportgarne sehr ruhig, Stoffe lebhaft zu niedrigeren Preisen. New⸗York, 11. März. (W. T. B) Visible Supply an Weizen 31 780 000 Busbels, do. an Mais 16 912 000 Busbels.

Submissionen im Auslande.

Italien. ;

1) 21. März, Mittags. Artillerie⸗Direktion der Waffenfabrik zu Torre Annunziata: Zwei Lieferungen von je 20 000 Schäften zum Gewehr⸗Modell 1870 und Modell 1870/87. 1

2) 23. März, 10 Uhr. Artillerie⸗Direktion der Waffenfabrik in Turin: Lieferung von 20 000 Schäften zum Gewehr⸗Modell 1870 und 70/87. 8 Näheres an Ort und Stelle. 6

Rumänien. 12. April. Bukarest. General⸗Direktion der Rumänischen Eisenbahnen: Arbeiten in den Häfen von Galatz lund Braila. Voranschlag: 600 000 Fr. Näheres bei der Dockverwaltung, Bukarest.

Schweiz. 8 15. Mai. Zürich. Stadtrath Pestalozzi: Elektrische Beleuchtung der Stadt. Näheres an Ort und Stelle.

Verkehrs⸗Anstalten.

Kiel, 11. März. (W. T. B.) Die Postdampfer haben heute auf der Linie Kiel Korsör die vollen Fahrten wieder auf⸗ genommen. Die dänischen Fahrzeuge werden, so lange das Treibeis die Fahrten behindert, erst mit Tagesanbruch von Kiel resp. Korsör abgehen. 3

London, 11. März. (W. T. B.) Der Union⸗Dampfer „Tartar“ ist heute auf der Ausreise von Lissabon abgegangen; der Dampfer „Mexikan“ ist heute auf der Heimreise in So hampton angekommen.

Theater und Musik.

Gestern Abend kam im Berliner Theater „Martin Luther“, ein Schauspiel in fünf Aufzügen von Zacharias Werner, zur ersten, von anhaltendem Beifall begleiteten Aufführung. August Förster hat das aus dem Beginn dieses Jahrhunderts stammende Werk für die deutsche Bühne neu eingerichtet und bearbeitet. Das Schauspiel, wie es gestern auf der Buhne erschien, faßt die hervor⸗ ragendsten Momente aus der historisch bedeutsamen Periode von Luther's Leben zusammen; es zeigt uns Luther zuerst, wie er die Bannbulle auf dem Marktplatz zu Wittenberg verbrennt, führt uns auf den Reichstag zu Worms und schließt nach der Flucht von der Wartburg mit dem plötzlichen Wieder⸗ erscheinen des Reformators in Wittenberg, wie er gegen das rohe Un⸗ wesen der Bilderstürmer mit der Gewalt seiner Rede ankämpft. Die Scenerie gewinnt durch die Vorgänge, welche sich an den Gang der Geschichte eng anschließen, erhöhte Bedeutung. Altdeutsche Markt⸗ plätze und Straßen, Schlösser und Kirchen mit einer reich bewegten Volksmenge in alten malerischen Gewändern ziehen nach einander an dem Auge des Zuschauers vorüber. Viel weniger bedeutsam erscheint das intime Leben Luther's. Es beschränkt sich auf den Besuch, welchen die Eltern dem die Welt bewegenden Sohn in Wittenberg abstatten und auf ein flüchtiges Sehen mit Katharina von Bora, welche er im Schlußbilde zu seinem Weibe erwählt. Die Entwickelung des Gedanken⸗ und Seelenlebens des Reformators tritt fast ganz zurück; das Schauspiel zeigt mehr die äußere Wirkung seiner Handlungen, wie sich dieselben im Volksgeist widerspiegeln und diese Scenen sind mit dra⸗ matischer Kraft aufgebaut und verfehlen daher ihre theatralische Wirkung nicht. Die Charakteristik der einzelnen Figuren erweist sich dem gegenüber als schwächlich und oft als unwahr. Zacharias Werner hat zwar mit allen Mitteln versucht, den aus dem Schoße des Volkes hervorgewachsenen derben und ursprünglichen Charakter Luther’'s, des Bergmannssohns, zur Anschauung zu bringen; aber dieser Versuch ist ihm schlecht gelungen. Das Schauspiel beginnt in einem tiefen unter⸗ irdischen Schacht und zeigt uns die Bergleute mit ihren Gruben⸗ lämpchen bei der Arbeit, da dies der Boden ist, aus dem die Kraft, die Einfachheit und Ueberzeugungstreue des Reformators entsprossen ist. Diese Idee ist sicher poetisch und gefällig; doch weiter⸗ hin macht sich der Einfluß der romantischen Richtung des Dichters bemerkbar. Die Eltern wollen den Sohn besuchen, welcher sich in seinem Studirzimmer eingeschlossen hat; als man nach vergeblichem Klopfen die Thür erbricht, sitzt Luther regungslos, in geistiger Verzückung, trotz des lauten Lärms und kehrt erst nach und nach mit seinem Geist zur Gegenwart zurück. In Luther dokumentirte sich gewiß die hohe Kraft der Be⸗ eisterung, welche auf der unerschütterlichen Erkenntniß der Wahrheit ge⸗ gründet ist, aber seine Natur besaß zuviel gerade Derbheit und gesunde Einfachheit, um einem somnambulischen Schwärmer auch nur entfernt ähnlich zu sehen. Noch schärfer tritt der romantische hervor, welche den Glaubens⸗

ug in der „Käthe“ 6 Be19.n lange vorher im Traume gesehen, ehe sie ihm ist Werner in der

in Wirklichkeit gegenübersteht. Glücklicher 3 Zeichnung der lustigen Figuren gewesen; der Herzog Erich von Braun⸗ schweig und der lustige Rath des Kaisers wirkten durch Natürlichkeit und Ungezwungenheit des Ausdrucks. Die Sprache ist die der alten Ritterschauspiele und zeigt oft recht gesuchte poetische Bilder. Die hervorragend religiöse Natur des Schauspiels wurde noch stärker her⸗ vorgehoben durch den feierlichen Choralvortrag der Königlichen Dom⸗ sänger, welcher die einzelnen Akte stimmungsvoll einleitete. Die Dar⸗ stellung war befriedigend. Hr. Kraußneck gab den Luther markig im Ton, kräftig in der Geberde; wenig genügen konnte dagegen Frl. Baumgart als Katharina; ihre Sprache bleibt schwülstig und ermangelt der Innerlichkeit. Einen erfreulichen Gegensatz bot dazu Frl. Scholz als „Theobald“, welche durch die Wärme des Tones angenehm berührte. Den jovialen Herzog Erich gab Hr. Eckert mit kräftigem Humor und 2 Flashar zeigte sich in der Rolle des lustigen Raths als trefflicher Chbarakterdarsteller. Der Kaiser Karl wurde von Hrn. Ellmenreich würdig und in vorzüglicher Maske gegeben. Die Dekorationen und Kostüme boten dem Auge ein reiches und wechsel⸗ volles Bild von wohlthuender Harmonie. Der Beifall war ein überaus lehfefte. besonders nach dem Einzug des Kaisers in das Rathhaus zu W

orms und nach der großen Reichstagsversammlung. Die Dar⸗ steller erschienen ungezählte Male. Hr. Direktor Barnay mußte sich ihnen im dritten und nach dem letzten Akt zu wiederholten Malen

ließen. 8 3 anfc .,. Theater. Emil Drach setzt in der laufenden eeute noch einmal den

Woche sein Gastspiel fort, und zwar spielt er Woce. in Geeites „Iphigenie“; am Freitag tritt er als „Graf Essex“ auf, gelegentlich der Erstaufführung dieses Werkes am Berliner Theater, und am Sonntag spielt er den „Mare Anton“ in „Julius

Cäsar⸗ Wallner⸗Theater. Die 1. von „Hugo’s Verhält⸗ nisse“ findet nunmehr definitiv am Sonnabend, den 16. d. M., statt.

Kroll’'s Theater. Das Interesse für die bevorstehende italienische Opern⸗Stagione steigert sich durch die angekündigte Vorführung einer auswärts vielgerühmten Nopität von Leo Delihes, be⸗ ntelt: „Lakmé“*. Für die splendideste Inscenirung derselben hat Hr. Direktor Joseph Engel Sorge getragen, wie schon aus dem Umstand erhellt, daß der gesammte hierzu erforderliche (indische) Dekorations⸗Ausstattungsapparat von Professor Quaglio in München gemalt worden ist. Die Direktion hat alle ihre Bemühungen darauf gerichtet, der italienischen Opern⸗Saison ein glanzvolles, künstlerisches

ngl. Mehl 21 274, send. 22 219 Sack und 500 Faß.

ein gleichberechtigter Stand seien. Diese echt menschenfreundliche,

11. März. (W. B.) An der Küste 1 Weizen⸗ ladung angeboten.

Gepräge zu geben, dem die Theilnahme des Publikums nicht fehlen

dürfte. 8 e

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