der dagegen eingelegten Berufung rechtskräftig geworden war, au tens der Genossenschaft nicht mehr abgeändert werden dürfe, weil ein Verzicht auf die Folgen der Fristversäumniß gesetzlich unzulässig sei. Das Reichs⸗Versicherungsamt hat sich hierüber unter dem 5. Februar d. J. 852 660) dahin ausgesprochen, daß die seinerseits in einer Rekursentscheidung vom 14. Januar 1889 festgestellte Unzulässigkeit eines solchen Verzichts lediglich den förmlichen Verlauf des gesetzlich an bestimmte Ausschlußfristen gebundenen Verfahrens vor den Schiedsgerichten und vor dem Reichs⸗Versicherungsamt im Auge habe. Dagegen ist durch diese Entscheidung der Vorstand in keiner Weise behindert, in der Sache selbst dann einen neuen Bescheid zu ertheilen, falls derselbe annimmt, daß thatsächlich Anlaß zur Gewährung einer höheren Rente vor⸗ liegt. In dieser Hinsicht möge auf den Geschäftsbericht des Reichs⸗Versicherungsamts für das Jahr 1887 fünftletzter Absatz („Amtliche Nachrichten des R.⸗V.⸗A.“ 1888 Seite 186, zweite Epalte Absatz 2) hingewiesen werden.
— Der General⸗Lieutenant von Arnim, Commandeur der 7. Division, ist auf einige Tage mit Urlaub von Magde⸗ burg hier eingetroffen.
Danzig, 12. März. Der 12. Provinzial⸗Landtag
der Provinz Westpreußen ist heute von dem Ober⸗ Präsidenten, Wirklichen Geheimen Rath von Leipziger mit nachstehender Rede eröffnet worden: Hochgeehrte Herren! Unter dem tieferschütternden und schmerz⸗ lichen Eindrucke des Dahinscheidens unseres ehrwürdigen allverehrten und geliebten Kaisers und Königs Wilhelm fand vor nahezu einem Jahre die Eröffnung des letzten Provinzial⸗Landtages statt; wenige Monate darauf wurde Sein erhabener Sohn und Nachfolger, unser vielgeliebter Kaiser und König Friedrich nach Gottes unerforschlichem zur tiefsten Trauer Seines Volkes aus dem Leben ab⸗ gerufen.
Und heute tritt auf den Befehl Seines Großsohnes, Sr. Maäjestät unseres hlergnadigsien Kaisers und Königs, Allerhöchst⸗ welchem wir nach alter preußischer Art die Gefühle unverbrüchlicher Treue und ehrfurchtsvoller Hingebung und Liebe aus vollem Herzen entgegenbringen und fest bewahren werden, der Westpreußische Provin⸗ zial⸗Landtag wiederum zusammen.
Ihnen, meine Herren, sollte gestern die hohe Ehre und Freude zu Theil werden, von Sr. Majestät unserem Kaiserlichen und König⸗ lichen Herrn zu ehrfurchtsvoller Begrüßung und Huldigung empfangen zu werden; daß Se. Majestät hieran durch Unwohlsein verhindert
ewesen sind, beklagen wir auf das Tiefste und Herzlichste; doch haben
e. Majestät durch Allerhöchstihren Vertreter, Se. Königliche Hoheit den Prinzen Friedrich Leopold, die Provinz Westpreußen in der huld⸗ reichsten Weise Allerhöchstdero gnädiger und wohlgeneigter Gesinnungen versichern lassen.
„Hochgeehrte Herren! Die Provinz Westpreußen ist im vorigen Frühjahr durch die Ueberschwemmungen der Weichsel und ihrer Nebenflüsse wiederum sehr schwer heimgesucht und in einem Umfange und Maße, wie nie zuvor, geschädigt worden; reiche Spenden der Privatwohlthätigkeit und die Lälfe des Staats tragen dazu bei, das über die Provinz hereingebrochene schwere Unheil zu mildern, doch werden die Folgen der gewaltigen Verheerungen noch auf Jahre in vielen Theilen unserer Provinz nachhaltig fühlbar bleiben.
„Aber auch im Uebrigen hat durch die andauernde Ungunst der xes des vorigen Jahres der Betrieb der Landwirthschaft schwer gelitten.
Seitens der Königlichen Staatsregierung werden Ihnen nur Vorlagen über die weitere Bewilligung der Mittel für die Gewerbe⸗ kammer, deren Ergänzung und über Wahlen zu der Ober⸗Ersatz⸗ kommission und den Einkommensteuer⸗Bezirkskommissionen zugehen.
Der Schwerpunkt Ihrer diesjährigen Thätigkeit beruht in den Vorlagen des Provinzial⸗Ausschusses. Sie werden sich unter Anderem zu beschäftigen haben mit dem Verwaltungsbericht über das laufende Rechnungsjahr, mit den Vorlagen über das Rechnungswesen und die Etats des Provinzial⸗Verbandes, mit Anträgen auf Abänderung der Reglements für die Westpreußische Provinzial⸗Hülfskasse und für v Provinzial⸗Anstalten.
Als besonders wichtig und finanziell bedeutungsvoll hebe ich noch hervor die Vorlage über Aufnahme einer Anleihe von 5 Millionen Mark, durch welche die Zahlung der rückständigen Chausseebau⸗
rämien, die Beschaffung der Mittel zur Bewilligung weiterer hausseebau⸗Prämien und eine erhebliche Ermäßigung der Provinzial⸗ abgaben bezweckt wird. bab Endlich werden Sie die Wahl des Landesraths zu vollziehen a
en. Indem ich die Hoffnung ausspreche, daß Ihre Verhandlungen zum Wohl der Provinz gereichen mögen, erkläre ich im Allerhöchsten Auftrage den 12. Westpreußischen “ für eröffnet. — 12. März. (W. T. B.) Der Provinzial⸗Land⸗ tag wählte in seiner heutigen Sitzung das bisherige Prä⸗ sidium wieder und beschloß einstimmig, eine E Kicheelse an Se. Majestät den Kaiser und König zu richten.
Stettin, 12. März. Der 15. Pommersche Pro⸗ vinzial⸗Landtag wurde heute durch den Ober⸗Präsidenten, Grafen Behr⸗Negendank mit folgender Rede eröffnet:
Meine hochzuverehrenden Herren! Nachdem Se. Majestät der Kaiser und König geruht haben, den 15. Provinzial⸗Landtag der Pro⸗ vinz Pommern auf heute zu berufen, heiße ich Sie mit besonderer Wärme willkommen, da in diesem Augenblick uns Alle wohl die Erinnerung an den gemeinsamen Schmerz des verflossenen Jahres tief bewegt, indem gerade während des Beisammenseins des 14. Pommerschen Provinzial⸗Landtages die Trauerbot⸗ schaft von dem Hinscheiden des großen Kaisers Wilhelm I. die Welt durcheilte und die Kunde zu uns drang, daß der todeskranke Kaiser Friedrich von San Remo aufgebrochen sei, um seine Herrscher⸗ pflichten zu erfüllen.
Aber Gott sei es gedankt, das unheilvolle Jahr 1888, in welchem zwei Heldenkaiser ins Grab sanken, hat uns nach vieler Trübsal auch wieder Trost und Freude gebracht, indem wir mit gerechtestem Stolze Fußen gewesen sind, wie unser gegenwärtiger jugendlicher Kaiser und König mit fester Hand und zielbewußt die Zügel der Herrschaft ergri. welche, so Gott will, während langer, reichgesegneter Jahre in derselben verbleiben werden.
Was die Aufgaben des diesjährigen Landtages betrifft, so sind dieselben von ungewöhnlich geringem Umfang, und wird daher Ihre hiesige Thätigkeit voraussichtlich nur eine kurze sein.
Die Königliche Staatsregierung nimmt Ihre Thätigkeit nur für die Wahlen der Mitglieder der Bezirkskommissionen für die klassi⸗ fizirte Einkommensteuer, der Kommission für die Angelegenheiten der Rentenbank für die Provinzen Pommern und Schleswig⸗Holstein und für die Wahl der bürgerlichen Mitglieder der Ober⸗ Ersatzkommissionen für die Bezirke der 5. und 6. Infanterie ⸗Brigade in und wird daher Ihre Thätigkeit fast ausschließlich der eftlg. ung des Etats und der Erledigung der Rechnungssachen ge⸗ widmet sein.
Von den übrigen Vorlagen dürften ein allgemeines Interesse nur beanspruchen, nämlich die vom hrgseserzarzasces befürwortete
ufhebung der Wittwen⸗ und Waisenkassenbeiträge der Provinzial⸗ beamten und die von demselben beantragte Genehmigung des Ankaufs des Gutes Stibboborn zu Aufforstungszwecken.
Wäbrend es einerseits durchaus in der Billigkeit liegt, den Provinzialbeamten dieselben Vortheile zu gewähren, welche das Gesetz vom 28. März 1888 den Staatsbeamten zugesteht, würde es meines
Provinz Pommern, dem Beispiel der Provinz Hannoyver folgend, ebenfalls den Anfang machte, Oedländereien durch Aufforstung der Kultur zu gewinnen.
Der Etat giebt der Provinz Gelegenheit, durch die Bewilligung eines Zuschusses von 60 000 ℳ die Herstellung eines würdigen Kaiser Wilhelm⸗Denkmals in hiesiger Stadt zu ermöglichen. Indem ich ver⸗ traue, daß die Provinz mit Freuden die Gelegenheit ergreifen wird, unsere geliebte pommersche Heimath würdig den übrigen Provinzen des Staats an die Seite zu stellen, erkläre ich im Namen Sr. Majestät des Kaisers und Königs den 15. Provinzial⸗Landtag der Provinz Pommern für eröffnet.
Unter dem Vorsitz des Alters⸗Präsidenten, Justiz⸗Raths Schweiger⸗Kammin, brachte die Versammlung alsdann ein be⸗ geistertes Hoch auf Se. Majestät den Kaiser und König aus und wählte darauf den Wirklichen F. ; Rath von Köller⸗Kantreck zum Vorsitzenden und den Ober⸗Bürgermeister zum Stellvertreter, welche Beide die Wahl an⸗ nahmen.
Nach Wahl der Schriftführer und Feststellung der an⸗ wesenden Mitglieder durch Namensaufruf erfolgte die Bildung der Abtheilungen, die Mittheilung des Vorsitzenden über die vorliegenden Geschäftsfachen sowie deren Vertheilung und hierauf die Vertagung der Sitzung bis auf 2 ½ Uhr.
Bei Fortsetzung der Verhandlung zur bestimmten Zeit trat die Versammlung in die Prüfung mehrerer stattgehabten Ersatzwahlen ein, welche sämmtlich für gültig erklärt wurden.
„Hiierauf wurde die Sitzung um 3 Uhr geschlossen und die nächste auf Mittwoch, den 13. d. M., 1 Uhr, festgesetzt.
Schleswig, 12. März. (W. T. B.) Der Pro⸗ vinzial⸗Landtag beschloß gestern auf Anregung der Staatsregierung, 100 000 ℳ als Beihülfe zur Errichtung eines Kunstmuseums in Kiel zu bewilligen. — Auf der heutigen Tagesordnung steht die Berathung des 88 entwurfs wegen Theilung des Regierungsbezirks Schleswig. EEEEI1uö1“*“
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Bayern. München, 12. März. Die „Allg. Ztg.“ meldet: Zum Geburtsfest Sr. Königlichen Hoheit des Prinz⸗Regenten hat München reichen Flaggen⸗ schmuck angelegt. Vom Balkon des Rathhauses erklang Morgens Festmusik. Um 6 Uhr fand auf dem Marienplatz Reveille durch die Militär⸗Musikcorps statt. Von Oberwiesen⸗ feld her donnerten die Salutschüsse. Um 10 Uhr gaben die Glocken des Domes das Zeichen zum Beginn des Pontifical⸗ amtes, welches Generalvikar Dr. von Rampf celebrirte. Demselben wohnten an vom Hofstaat des Königs Otto: General z. D. Keller Freiherr von Schleitheim und Hofmarschall Major z. D. Frei⸗ herr von Redwitz, die Staats⸗Minister Dr. Freiherr von Lutz und Freiherr von Leonrod, Mitglieder des diplomatischen Corps, die Chefs der Königlichen Hofstäbe und Hofbeamte, die Staats⸗ räthe im ordentlichen Dienst, der Regierungs⸗Präsident und der Polizei⸗Präsident, Deputationen der sämmtlichen Staatsstellen, Mitglieder beider Kammern des Landtages, Mitglieder der Hof⸗ rangklassen, eine Deputation der städtischen Kollegien, der zweite Bürgermeister Borscht an der Spitze. In der St. Cajetans⸗Kirche erschienen zu dem vom Kanonikus Kögel celebrirten Hochamt die Königlichen Prinzessinnen. In der protestantischen Haupt⸗ kirche fanden sich zu dem Festgottesdienst die Staats⸗Minister Freherr von Crailsheim, Dr. von Riedel, Freiherr von Feisitzsch, Oberst⸗Hofmeister Graf Castell, der Königlich preußische Gesandte Graf Rantzau, Präsident Dr. von Stählin und andere Würdenträger, Bürgermeister Dr. von Widenmayer an der Spitze einer städtischen Deputation, Beamte protestan⸗ tischer Konfession und zahlreiche Andächtige ein. Auch in der Synagoge fand Festgottesdienst statt. Der militärische Festgottes⸗ dienst wurde in der St. Michaels⸗Kirche abgehalten. Zur Kirchenparade rückten sämmtliche Garnisonstruppentheile aus. Den Gottesdienst celebrirte Hofstifts⸗Dekan von Türk. An der Spitze der gesammten Generalität und des gesammten dienstfreien Offizier⸗Corps erschienen im Presbyterium die Prinzen Rupprecht, Leopold, Arnulph, Ludwig⸗Ferdinand, Alphons, Herzog Ludwig, die Militär⸗Attachés und hierher kom⸗ mandirten fremdländischen Offiziere. Die vereinigten Militär⸗ Musikcorps brachten die Militärmesse von Kempter zur Aufführung. Bei dem Tedeum salutirte die Artillerie von Oberwiesenfeld her mit 51 Kanonenschüssen. Nach beendigtem Gottesdienst be⸗ gaben sich die Generalität und das dienstfreie Offizier⸗Corps zum Maximiliansplatz an die Kreuzung der Max⸗U vsephstraße⸗ Dortselbst nahm General Prinz Leopold den Vorbeimarsch der unter dem Kommands des General⸗Majors Kühlmann ausgerückten Parade ab, in welche zum ersten Mal das Eisen⸗ bahn⸗Bataillon eingetheilt war. Der Vorbeimarsch erfolgte bei Schneegestöber.
Baden. Karlsruhe, 12. März. (W. T. B.) General⸗ Feldmarschall Graf Moltke hat Sr. Königlichen Hoheit dem Großherzog in einem Schreiben seinen Dank aus⸗ gesprochen * die ihm anläßlich seines siebzigjährigen Dienst⸗ Jubiläums verliehene hohe Ordensauszeichnung, welche für ihn doppelten Werth gewinne aus der Hand eines Fürsten, der so wesentlich und erfolgreich für die Einigung der deutschen Nation gewirkt habe.
Hessen. Darmstadt, 9. März. (Darmst. Ztg.) In der gestrigen Sisung der Zweiten Kanimer erklärte sich der Staats⸗Minister Finger bei Beantwortung der Interpellation der Abgg. Wasserberg und Gen., betreffend die Vermehrung der Abgeordnetensitze der größeren Städte des Großherzog⸗ thums, gegen jede Veränderung des Wahlgesetzes und hob hervor, daß die Regierung eine Vermehrung der Ab⸗ geordneten der Städte nicht für angezeigt halte. Die Vorlage des Ministeriums des Innern und der Justiz, be⸗ treffend einen einmaligen Beitrag von 6000 ℳ ₰ und einen Jahresbeitrag von 4570 ℳ für das hygienische Institut der Landesuniversität Gießen, wurde angenommen. Der Antrag der Abgg. Vogt und Genossen auf Bewilligung einer Summe von 10 000 ℳ zur vorzugsweisen RntenSns der ländlichen Lokal⸗ vereine und Handwerkerschulen wurde, dem Antrag des Ausschusses gemäß, fur Berücksichtigung bei der Aufstellung des nächsten Voranschlages empfohlen.
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 12. März (T. Ch.) Der Landtag wöählte in seiner gestrigen Sitzung den zunächst Fenen gewählten Landtags⸗Vorstand für die Dauer der Session wieder. Zur Berathung stand die Vorlage, betreffend Erhöhung des Beitrages aus der Staatskasse zum Centralfonds für die evangelische Geistlichkeit. Der Landtag beschloß, die Summe auf 54 000 ℳ (statt der von der Re⸗ ierung verlangten 60 000 ℳ) zu normiren. Die letzte Be⸗ oldungsstufe der Geistlichen nach Vollendung des 30. Dienst⸗
Erachtens andererseits mit großer Freude zu begrüßen sein, wenn die
Sachsen⸗Meiningen. Meiningen, 11. März. (Th. C.) Der Landtag hat in seiner heutigen Sitzung den auf das Herzog⸗ thum Meiningen entfallenden Antheil an den für die Universität Jena nöthigen akademischen Bauten in Höhe von rund 48 000 ℳ einstimmig bewilligt.
Sachsen⸗Altenburg. Altenburg, 11. März. Gestern Nachmittag um 1 ¾ Uhr trafen zum Besuch des Herzoglichen Hofes Se. Großherzogliche Hoheit der Prinz Maximilian von Baden und Se. Durchlaucht der von Hohenzollern von Leipzig aus hier ein. Um 4 Uhr fand alsdann im Kirchensaale des Herzoglichen Residenzschlosses eine Tafel von 26 Gedecken statt, zu welcher der Staats⸗ Minister von Leipziger, der General der Infanterie z. D. von Scheffler, der Füeftlich schwarzburg⸗rudolstädtische Staats⸗ Minister, Geheime Rath von Stark, der Königlich sächsische General⸗Major von Reyher, der Großherzoglich sächsische Ober⸗ Jägermeister von Strauch, der Major Stein von Kamienski, der Königlich e Amts⸗Hauptmann Merz u. A. Ein⸗ ladungen erhalten hatten. — Der Fürstliche Besuch verließ Abends gegen 7 Uhr die Herzogliche Residenz.
Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 11. März. (Lds.⸗Ztg. f. Els.⸗Lothr.) Bei den Verhandlungen des Landes⸗ ausschusses wurden die lebhaften Klagen der elsässischen Kleinbrenner über die Höhe der für die Branntweinsteuer maßgebenden Ausbeutesätze vorgebracht, worauf Unter⸗ Staatssekretär von Schraut erklärte, daß dieselben Er⸗ leichterungen, welche den badischen Kleinbrennern gewährt würden, auch den elsässischen Kleinbrennern zu Theil werden sollten. Dementsprechend ist nunmehr durch eine Bekanntmachung des Ministeriums, vom 7. März d. J., angeordnet worden, daß Brennereien nichtmehliger Stoffe, welche in einem Betriebsjahre nicht mehr als 100 1 reinen Alkohols erzeugen, von der Führung des Brennereiregisters befreit sein sollen. Die Ausbeutesätze werden künftig auf Grund all⸗ jährlich anzustellender Probe⸗Ermittelungen sar die einzelnen Stoffgattungen und Gebiete festgestellt. Zu diesem Zweck werden zufolge weiterer Anordnung der Verwaltung die Hauptämter alljährlich bei Beginn der Brennperiode in verschiedenen Orten ihres Bezirks auf Grund von Probe⸗ bränden und von Berathungen mit zuverlässigen Brennern die durchschnittliche Ausbeute der wichtigsten, in jeder Gegend zur Verarbeitung gelangenden Stoffgattungen festsetzen, wobei auf die für einzelne Gemeinden oder Gruppen von Gemeinden etwa vorliegenden, besonderen klimatischen oder Boden⸗ verhältnisse Rücksicht zu nehmen ist. Durch eine Reihe von Einzelbestimmungen wird das neue Verfahren in ähn⸗ licher Weise, wie es in Baden geschehen ist, geregelt. Die Baigegder Kleinbrenner wird durch diese Anordnung erheblich erleichtert.
OesterreichUngarn. Wien, 12. März. (W. T. B.) Im Abgeordnetenhause brachte die Regierung heute einen Gesetzentwurf ein, betreffend den Bau einer Fslentabn von Jaslo nach Rzeszow auf Kosten des Feiss er Voranschlag der Kosten beträgt 5 ½ Millionen
ulden.
Prag, 12. März. (W. T. B) Die „Politik“ weist von Neuem alle Verdächtigungen, als ob die Majorität des böhmischen Volkes mit der auswärtigen Politik und dem Bündniß mit Deutschland und Italien nicht über⸗ einstimme, zurück.
Pest, 12. März. (W. T. B.) Im Unterhause nahm heute bei Fortsetzung der Debatte über die Wehrvorlage Graf Eugen Zichy (Opportunist) Veranlassung, noch einmal zu betonen, daß das ganze Unterhaus einmüthig für die Politik des Bündnisses mit Deutschland und Italien einstehe, ungeachtet der Meinungsverschiedenheiten in den Fragen der inneren Politik. Ebenso sei die Oppo⸗ sition bereit, der Wehrkraft des Reichs alle möglichen Opfer zu bringen; ohne die streitigen §§ 24 und 25 wäre das Wehrgeset in wenigen Tagen erledigt worden.
— 13. März. . T. B.) Im Klub der libe⸗ ralen Partei war der Minister⸗Präsident von Tisza heute Gegenstand einer stürmischen Opation. Hegedues sprach Namens der Partei die zuversichtliche Hoffnung aus, daß Hr. von Tisza nicht nur jetzt, sondern auch später auf seinem Posten verbleiben werde. Der Minister⸗Präsident antwortete:
Platze verbleiben, da es seine Pflicht sei, im Interesse der öffentlichen Angelegenheiten auszuharren, so lange es die Krone und die Majorität wünschten.
Großbritannien und Irland. (W. T. B.) Das Unterhaus genehmigte heute mit 231 gegen 88 Stimmen den ersten Abschnitt des Budgets des Kriegs⸗Ministeriums, in welchem die Heeresstärke auf 152 282 Mann festgesetzt wird.
Bei der Ersatzwahl eines Mitgliedes zum Unterhause für Barnsley an Stelle des bisherigen Deputirten Kenny (Gladstonianer), welcher sein Mandat niedergelegt hat, wurde Graf Compton (Gladstonianer) mit einer Majorität von 2550 Stimmen gegen den Kandidaten der Konservativen, Wentworth, gewählt.
Frankreich. Paris, 12. März. (W. T. B.) Der Präsident Carnot empfing heute Vormittag den Herzog von Aumale, welcher seinen Dank für das Dekret aus⸗ sprach, durch welches ihm die Rückkehr nach Frankreich ge⸗ stattet wird. Präsidenten Tirard, sowie die Marschälle Canrobert und Mac Mahon und die 6 Sekretäre der Akademie. Um 3 Uhr fuhr der Herzog zu einer Sitzung der Akademie, und vurde daselbst von
itglieder der Akademie schüttelten dem Herzog in persönlicher Begrüßung die Hand, welche Zeichen der Sympathie tiefen Eindruck zuf ihn zu machen schienen. Jules Simon sagte in seiner besonderen Ansprache: „Mein lieber und ausgezeich⸗ neter Kollege, wir sind glücklich, Sie unter uns wiederzusehen, wir bitten, nehmen Sie unter uns Platz, und dann lassen Sie uns wieder gemeinsam weiterarbeiten.“
In der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer erklärte der Justiz⸗Minister auf die Frage des Deputirten Borie, weshalb nicht gegen ihn wie gegen seine Kollegen als Mitglied des Comités der Patrioten⸗Liga die gerichtliche Verfolgung eingeleitet sei, derartige Untersuchungen hätten zu 1 immer einen nur provisorischen Charakter. Der
jahres wird in Folge dessen eine Erhöhung nicht erfahren.
Prozeß könne noch eine weitere Ausdehnung erhalten
rinz Ferdinand
er wolle, so lange ihm Gott Kraft und Gesundheit gebe, am
London, 12. März. 8
Der 8eg besuchte darauf den Minister⸗
In es Simon, als dem Eene Führenden, empfangen. Die
führt aus: preußischen Abgeordnetenhause wird für die
Von den Bureaux der Deputirtenkammer wurde heute die Kommission behufs Prüfung der Genehmigung für die gerichtliche Verfolgung der drei Deputirten gewählt. Alle Mitglieder der Kommission mit Ausnahme von Cassagnac sind für die Ertheilung der Ermächtigung. In der Kommission für den Amnestieantrag send vier Mit⸗ glieder für eine volle Amnestie, fünf für eine partielle, zwei derselben sind gegen den Antrag.
— 13. März. (W. T. B.) Das „XIX. Siscle“ meldet aus London, Graf Dillon habe daselbst in den letzten Tagen eine neuerliche Besprechung mit dem Grafen von Paris bezüglich der Schwierigkeiten, die durch die Politik Boulanger's entstanden seien, gehabt. Der Graf von Paris habe sich trotz der Opposition mehrerer hervorragender Mitglieder der orleanistischen Partei dafür entschieden, Boulanger fortgesetzt energisch zu unterstützen. 1
Die Antwort des Justiz⸗Ministers auf die Anfrage des Deputirten Borie in der gestrigen Sitzung der Kammer wird dahin ausgelegt, daß der Prozeß gegen Laguerre, Laisant, Richard wahrscheinlich auf das ganze boulangistische Comité ausgedehnt werden würde.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 12. März. (W. T. B.) Die Großherzoglich hessischen Herr⸗ schaften verließen heute St. Petersburg. Dieselben wurden von den Großfürsten nach dem Bahnhofe geleitet; Groß⸗ fürst und Großfürstin Sergius gaben ihnen bis Gatschina das Geleit.
Nach einem heute zur Veröffentlichung gelangten Gesetz ist im Zarthum Polen das Bestehen von Hütten⸗ werken, welche in einer Entfernung von 1,86 km von der preußischen bezw. österreichischen Grenze errichtet sind, zu⸗ lässig, wenn die Besitzer derselben sich gewissen zollamtlichen und baupolizeilichen Vorschriften unterwerfen. Zur Errich⸗ tung neuer Hüttenwerke in jenen Grenzgebieten ist die Einholung der Kaiserlichen Genehmigung erforderlich.
Niederlande. saag 12. März. (W. T. B.) Nach Feststellung des Professors Rosenstein und der behandelnden Aerzte ist der Zustand des Königs wenig verändert; die leichten Symptome einer Blutvergiftung sind, obwohl ver⸗ mindert, immer noch vorhanden.
Belgien. Brüssel, 12. März. (W. T. B.) Anläßlich der Veröffentlichung der in der jüngst erschienenen Broschüre des Grafen Oultremont mitgetheilten Briefe von vier Generalen hat der Kriegs⸗Minister die sccpften Bestimmungen, nach welchen die schriftstellerische 1I1n der Offiziere geregelt ist, wieder in Kraft gesetzt.
Serbien. Belgrad, 12. März. (W. T. B.) Die Gerüchte über eine Reduktion des Effektivbestandes der Armee werden von unterrichteter Seite als unbe⸗ gründet bezeichnet.
Der Minister des Innern hat die Zensur für die ausländischen Zeitungen, welche inländischen Redak⸗ tionen und Korrespondenten fremder Zeitungen zukommen, aufgehoben.
Zeitungsstimmen. Das „Deutsche Tageblatt“ schreibt:
Der Reichstag kommt heute wieder zusammen, um den noch rückständigen Theil des Arbeitspensums der diesmaligen Sitzungs⸗ periode zu erledigen. Während der Vertagung des Plenums in den letzten Wochen hat der Ausschuß zur Vorberathung des Genossen⸗ schaftsgesetzes diese Vorlage durchgeprüft, und der Ausschuß, welchem der Gesetzentwurf, betreffend die Alters⸗ und Invalidenversicherung der Arbeiser, überwiesen worden war, sein Möglichstes aufgeboten, um einen beträchtlichen Theil der technischen Schwierigkeiten, welche gerade diese gesetzgeberische Aufgabe bietet, zu überwinden. 1
Außer mit diesen beiden sozialpolitischen Gesetzentwürfen wird sich das Plenum mit dem gestern eingegangenen Nachtrags⸗Etat zu beschäftigen haben, der seinen Schwerpunkt in der Aenderung der Formation der Feld⸗Artillerie und in der Bespannung der Geschütz⸗ und Munitionswagen hat. Trifft es schließlich zu, daß in der gegen⸗ wärtigen Tagung auch noch die Frage des Sozialistengesetzes zur Be⸗ sprechung geftelle werden soll, so wären es im Ganzen vier große Entscheidungen, welche die parlamentarische Vertretung der deutschen Nation noch zu treffen haben würde, bevor sie wieder auseinander geht
Darf es schon heute als außer aller Frage stehend bezeichnet werden, daß die sich auf die Artillerie beziehende Vorlage der ver⸗ bündeten Regierungen von der Mehrheit eines Reichtages bewilligt werden wird, der in seiner gegenwärtigen Zusammensetzung ein Aus⸗ druck des Vertrauens ist, welches die Nation in die oberste Heeres⸗ und Reichsleitung setzt. daß sie Alles thue, was zur Sicherung der Wehrfähigkeit des Reichs nothwendig ist, aber auch vollste Rücssicht nehme auf die Steuerfähigkeit der Reichsbürger, so ist das Schicksal der wichtigsten sozialpolitischen Vorlage der gegenwärtigen Session noch nicht mit Bestimmtheit vorauszuseben
Selbst wenn es sich aber als unmöglich herausstellen sollte, die Alters⸗ und Invalidenversicherungs⸗Vorlage noch in dieser Session zur Verabschiedung zu bringen — ein Fall, den wir nicht für wahr⸗ scheinlich, aber auch nicht für schlechterdings ausgeschlossen halten, so würden die gewonnenen Vorarbeiten zur Erledigung dieser wichtigen, aber außerordentlich schwierigen Aufgabe gleichwohl von eminentem Werth und großer Tragweite sein, weil sie das auf allen Seiten der auf dem Boden der gegenwärtigen Reichsordnung stehenden Parteien zu Tage getretene Bestreben verkünden, dem Werk der Arbeiter⸗ versicherung durch die Versicherung der Invaliden und Altersschwachen eine der Verheißung der Kaiserlichen Botschaft vom 17. November 1881 entsprechende Krönung zu verleihen.
Daß das Genossenschaftsgesetz zu Stande kommen werde, ist kaum zu bezweifeln. Auch dieses Gesetz aber bezweckt wesentlich, den wirth⸗ schaftlich Schwäͤcheren einen erhöhten Anspruch auf Schutz zu gewähren. b
Pe. sich in Bezug auf die positive soziale Geseßgebung 26 unde Anschauungen immer mehr befestigen können, so ist dies nicht in letzter Linie auch eine Wirkung der in Folge des Erlasses des Feriggistengeleyee eingetretenen Klärung der inneren Lage, in sofern, als sich von Jahr zu Laht immer besser unterscheiden ließ, was an den sozialdemokratischen Bestrebungen Berechtigtes ist und was an ihnen im Rahmen der Reichsordnung nun und nimmer mehr einen Anspruch auf staatliche Berücksichtigung, geschweige denn auf staat⸗ lichen Schutz geltend machen kann. 8 w
Es bleibt zu wünschen, daß bei der Se eeeh resp. Entscheidung über die Frage der Fortdauer des Sozialistengesetzes die Mehrheit des Reichstages ein Mittel nicht aus der Hand gebe, das eine weise Reichsleitung vor nunmehr 11 Jahren zu Hülfe nahm, um durch den Erfolg von der Richtigkeit ihrer Ansicht uͤberzeugt zu werden, daß eine positive Reformpolitik auf sozialem Gebiet 2 nicht durch⸗ führbar fei ohne gleichzeitige Unterdrückung aller Ansätze zur revolutio⸗ nären Propaganda.
— Die „Nationalliberale Correspondenz“
—*Die Debatte über die Reform der höheren Lehranstalten im eitere Entwickelung der⸗
selben nicht ohne Einfluß bleiben. Wie weit man diese Reform auch ausgedehnt zu sehen wünscht, so sind die ersten Ziele, die der Unter⸗ richts⸗Minitter von Goßler anzustreben beabsichtigt, doch schon heute als recht erfreuliche zu bezeichnen. Als sein Programm stellte er nach dem jetzt vorliegenden stenographischen Bericht auf: „Die Herstellung eines richtigeren Verhältnisses der höheren Bildungsanstalten zur Ein⸗ wohnerzahl, eine Minderung der Anstalten, eine Erschwerung von Neugründungen, eine Bevorzugung von lateinlosen Schulen mit kürzerer Unterrichtsdauer namentlich zu Ungunsten der lateintreibenden — insbesondere gymnasialen — höheren Anstalten, ferner den Ausbau der Lehrpläne, die Besserung der Methode, den Versuch, nach der Untersekunda einen Abschnitt zu finden, ferner eine bessere Ausbildung der Lehrer und endlich unermüdlich fortzufahren in der Hebung der Körperpflege.“ Man wird es dem verantwortlichen Minister nicht ver⸗ übeln dürfen, wenn er weitergehende Ziele im Augenblick nicht ins Auge faßt. Kein Realpolitiker hat das erwartet. Aber auch Diejenigen, die dahingehende Wünsche aussprachen, wie der freikonservative Abg. Dr. Arendt bezüglich der alten Sprachen und hinsichtlich der Be⸗ rechtigungen die nationalliberalen Abgg. Schmelzer und Seyffardt⸗ Magdeburg, werden anerkennen müssen, daß jetzt ein immerhin genau bezeichnetes Programm des Ministers vorliegt, das nach sehr wesent⸗ lichen Richtungen hin Abhülfe zu schaffen beabsichtigt. Wir hoffen, daß der Minister Angesichts dieser Debatte und der sehr beachtens⸗ werthen öffentlichen Kundgebungen den Weg, den er sich hier vorge⸗ zeichnet hat, numehr auch energisch beschreiten werde. Noch vor Jahres⸗ frist wäre eine Debatte, wie 8. am 6. März im Abgeordnetenhause stattfand, nicht möglich gewesen. Die Ansichten über die Schul⸗ reform waren damals noch viel zu wenig geklärt. Das ist an sich schon in dieser Sache ein großer Fortschritt, der erreicht ist. In mehreren wesentlichen Punkten herrscht überdies auf allen Seiten volle Uebereinstimmung; sie dürfte in dem Programm des Unterrichts⸗ Ministers etwa ihren Ausdruck finden. Der Unterschied, der heute noch besteht und zur Zeit unausgeglichen geblieben ist, spitzt sich in der Frage der alten Sprachen zu, ob dieselben nämlich in ihrem vollen Umfange beizubehalten oder zu Gunsten der größeren Anpassung an die Anforderungen der Gegenwart und der besseren körperlichen Entwickelung in etwas zu beschränken seien.... Wäre es jetzt möglich, zunächst die 177 Realgymnasien und Pro⸗ Realgymnasien, die wir in Preußen haben, allgemein in den unteren drei Klassen mit der höheren Bürgerschule zu verbinden, so würde der soziale Uebelstand wesentlich beseitigt werden, der heute darin liegt, daß dem über das Ziel der Volksschule hinausgehenden Bildungsstrom keine freie Wahl gelassen ist, ob er sich der höheren Bürgerschule oder der Gelehrtenschule zuwenden will. Wichtig bliebe es allerdings, wenn auch die Gymnasialverfassung mit dieser anderweiten Organisation der Realgymnasien in Verbindung gebracht werden könnte. Der übermäßige Andrang zu den höheren Lehranstalten und folgerecht auch zu den Universitäten würde sicher beseitigt werden, wenn der Minister, wie er dies beabsichtigt, diese Realanstalten schaffen und durch die Verschiebung der Chhgvt auch anziehen⸗ der machen würde. Möchte der Verlauf der Reformentwicklung ein derartiger sein, daß auf der einen Seite die Kontinuität in der geisti⸗ gen Entwickelung des deutschen Volks unbedingt 1eeg; erhalten bliebe, daß auf der anderen Seite aber auch die tiefgehenden sozialen Schäden, die insbesondere der Abg. von Schenckendorff eingehender dargelegt hat, beseitigt werden.
— Ueber den Geschäftsgang der Berliner Industrie äußert die „Handels⸗ und Gewerbe⸗Zeitung“:
Die Industriellen unserer Reichs⸗Hanptstadt, große und kleine, sprechen sich über den. Geschäftsgang, wie er sich seit Beginn dieses Jahres vollzogen hat, recht ermuthigend aus. Sie sagen, daß ihre Betriebe voll bh chtet sind, und daß sie neue Arbeitskräfte eingestellt haben, um die eingegangenen Ordres rechtzeitig bewältigen zu können. Sie besitzen meistens Aufträge, die ihre Fabriken noch auf Wochen und Monate hinaus beschäftigen. Wenn wir noch hinzufügen, daß sich zu diesen Mittheilungen nicht immer onerkennende Bemerkungen über die Auswüchse der Konkurrenz und über den dadurch hervor⸗ gerufenen Preisdruck gesellen, so haben wir das richtige Stimmungs⸗ bild der augenblicklichen Lage unserer Berliner Industrie. ir möchten übrigens gleich hier einschalten, daß sich, wie uns aus den verschiedensten Branchen und von verschiedensten Seiten mitgetheilt wird, der Preisdruck lange nicht mehr so fühlbar macht, wie noch im vorigen Jahre. Die zufriedenstellende Beschäftigung versetzt viele
abrikanten in die günstige Lage, Ordres, die ihnen nicht volles
endement erübrigen lassen, zurückzuweisen. — Die Versorgung des Feübta ranederfe führt uns stets eine Menge von Kunden aus dem
n⸗ und Auslande zu, die trotz ihrer schon bedeutenden Zahl von Jahr zu Jahr zunimmt. In der günstigen Geschäftslage unserer Berliner Industrie spiegeln sich nur die verbesserten wirthschaftlichen Verhältnisse, die guten Aussichten auf eine Hebung des Verkehrs ab, die in allen Theilen des Reichs, wie auch im Auslande vor⸗ handen sind. Die Reisenden haben viel bessere Geschäfte gemacht als sonst, und die Agenten, die Berliner Häuser im Auslande vertreten, senden umfangreichere Bestellungen ein, als wir sie erwarten konnten. Daß eine fortschreitende Entwickelung in einer so großen Industrie⸗ stadt, wie Berlin, in welcher die Kanäle des Groß⸗ und Kleinhandels zusammenfließen, zuerst bemerkt wird, ist nur zu natürlich. Betrachten wir unsere einzelnen großen Berliner Industriezweige: von mangel⸗ hafter, unzureichender Beschäftigung ist in keinem einzigen eine Wahrnehmung zu machen, sofern nicht gerade Saisonverhältnisse eine lebhaftere Entfaltung der Thätigkeit unmöglich machen. In den Eisengießereien, Maschinenbauanstalten, in den Kupfer⸗ und Messingbauanstalten wird anhaltend und vielfach mit Ueberstunden gearbeitet. Der Eisenwaarenhandel wird uns als recht zufriedenstellend geschildert, der Lampenfabrikation sind recht ansehn⸗ liche Aufträge zugegangen. Die gesammte chemische Industrie ist überaus lebhaft beschäftigt, im Droguen⸗ und Farbewaarenhandel ver⸗ größern sich die Umsätze, unsere großen Luxuspapierfabriken sind auf Monate engagirt, und Leder⸗ und Handschuhwaarenfabrikation haben reichliche Aufträge in Händen. Dasselbe wird uns aus der elektro⸗ technischen Fabrikation, aus der Gummiwaaren⸗ und Goldleistenfabri⸗ kation gemeldet. Am besten aber sind augenblicklich diejenigen Zweige unserer großen hiesigen Textilindustrie beschäftigt, welche Modeartikel fabriziren. Stofffabrikation, Trikotwaaren, Weißwaaren, Wäsche, Schirm⸗ und Hutfabrikation, Konfektion, sie alle besitzen um⸗ fangreiche Aufträge, welche ihren Arbeitern noch auf lange Zeit hinaus reichliche Beschäftigung gewähren. Der hiesige Zwischenhandel meldet übereinstimmend eegeosffen Absatz in Mannfaktur⸗, Seiden⸗, Leinen⸗ ꝛc. Waaren. Aus dieser Disposition resultiren auch zahlreiche Ordres, welche auswärtigen Fabrikanten von hier aus zugehen; die letzteren, welche hier Agenten oder Geschäftsfilialen besitzen, oder welchen Aufträge direkt zugehen, erklären ebenfalls, daß sie seit langen Jahren nicht eine sas⸗ lebhafte Bewegung in den Berliner industriellen Verhältnissen wahrgenommen haben, als seit Beginn dieses Jahres.
Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheits⸗ amts. Nr. 11. — Inhalt: Gesundheitsstand. — Volkskrankheiten in der Berichtswoche. — Pocken in San Francisco. — Sterbefälle in deutschen Städten mit 40 000 und mehr Einwohnern. — Desgleichen in größeren Städten des Auslandes. — Erkrankungen in Berliner Krankenhäusern. — Desgleichen in deutschen Stadt⸗ und Landbezirken. — Todesursachen in San Francisko. — Lepra auf den Südsee⸗ Inseln. — Erkrankungen und Todesfälle in Berliner Krankenhäusern 1887 und 1888. — Oeffentliches Gesundheitswesen des Regierungs⸗ bezirks Düsseldorf 1883—85. — Sterblichkeit im Hamburgischen Staat 1887. — Witterung. — Thierseuchen in Rumänien 1888, 4. Vierteljahr. — Veterinärpolizeiliche Maßregeln. — Medizinal⸗ Gesetzgebung ꝛc. (Preußen, Prov. Brandenburg.) „Gehirn⸗Ruͤcken⸗ Fetästut ntzündung. (Berlin.) Desinfektion bei Darmtyphus. (Reg.⸗Bez. Schleswig.) Aerztliche Krankheitsmeldungen. (Reg.⸗Bez. Oppeln.) Geheimmittel. — (Vereinigte Staaten von Amerika.)
Quarantäne. — Rechtsprechung. — (Landgericht Frankenthal.) Her⸗
stellung und Verkauf eines Aufgusses von Wasser und Zucker auf Trester als Wein in der 25 — Verhandlungen von gesetzgebenden Körperschaften ꝛc. (Preußen.) Aus dem Staatshaushalts⸗Gtat für 1888— 89. — Vermischtes. (Schweiz.) Zuhörerzahl an den Universitäten. 1888 —- 89. — Geschenkliste.
Gewerbe und Handel.
Das „Deutsche Handels⸗Archiv⸗ (Märzheft) erfährt aus Morelia (Mexiko), daß der großen Mehrzahl der Bevölkerung wegen der hohen Preise der hauptsächlichsten Nahrungsmittel im ab⸗ gelaufenen Jahre die Möglichkeit benommen gewesen sei, sich in dem⸗ selben Umfang wie in früheren Jahren mit europäischen Erzeugnissen zu versorgen. Viele Geschäftshäuser sollen ihr Personal auf die Hälfte beschränkt und nicht gewagt haben, bedeutendere Bezüge zu machen, und bei denjenigen, die es gethan haben, seien Zahlungseinstellungen nicht ausgeblieben. Unter diesen Verhältnissen, und da auf eine baldige Besserung der Lage für das laufende Jahr nicht zu rechnen sei, könne den deutschen Fabrikanten nur angerathen. werden, ihr Bemühen, direkte Verbindungen mit dortigen Häusern anzuknüpfen, mit der größten Vorsicht zu betreiben und lieber, wie früher, den Absatz ihrer Erzeugnisse durch die soliden deutschen Importhäuser der Haupt⸗ stadt, sowie von Veracruz und Colima entweder durch direkte Ver⸗ käufe oder durch Konsignationen an dieselben zu bewerkstelligen. — Nach einer Mittheilung aus Portland (Oregonh) sei der Umfang der Lachsfischerei am Columbia⸗Fluß größer, als gewöhnlich ange⸗ nommen werde. In den letzten 22 Jahren seien von da fast 8 Mil-⸗ lionen Kisten Lachs, je 48 Pfund in Blechbüchsen enthaltend, im Werth von 46 Millionen Dollars versandt worden. Im Jahre 1887 allein habe sich der Export von Portland auf 487 052 Kisten im Werth von 2 643 026 Doll., gegen 548 366 Kisten im Werth von 2 846 257 Doll. im Vorjahre belaufen. 1
— Im Regierungsbezirk Gumbinnen wurden während des letzten Vierteljahrs 1888 per Eisenbahn über Prostken eingeführt 16 850 Waggons Getreide aller Art, 982 Waggons Kleie, 634 Waggons Oelkuchen, 28 Waggons Mohn, 302 Waggons Hanf und Hanfheede, 118 Waggons Flachs und Flachsheede, 18 Waggons Lumpen, 9 Waggons Knochenmehl, 39 Waggons Spiritus, 36 Waggons Kartoffeln, 84 Waggons Wallnüsse, 805 Waggons Zucker, 1 Waggon Wein, 138 Waggons Eier, 3 Waggons Eidotter, 470 Waggons Nutzholz, 89 Waggons Ganse, 4 Waggons Borsten, 6 Waggons Stroh, 5 Waggons Bastmatten, 3 Waggons Terpentin, 23 Feeee Butter, 470 schweren Schlages, 124 Pferde leichten Schlages. Ausgeführt nach Rußland sind in demselben Zeit⸗ raum 1375 Waggons, hauptsächlich mit Maschinen und Maschinen theilen, Thee, Heringen, Soda, Thonerde, Shoddy und Stückgütern, bestehend in Kolonial⸗, Material⸗, Kurz⸗ und Manufakturwaaren.
— Die Förderung der Braunkohlenbergwerke im Re⸗ gierungsbezirk Posen betrug in dem letzten Quartal 1888 6749 t, der Absatz 6195 t, sodaß gegenüber dem dritten Quartal För⸗ derung und Absatz auf mehr als das Doppelte gestiegen sind. Im Vergleich mit dem vierten Quartal 1887 ist der Absatz wesentlich höher, die Förderung nur wenig geringer. 3
— Vom rheinisch⸗westfälischen Kohlenmarkt wird der „Köln. Volks⸗Ztg.“ unterm 10. März Folgendes berichtet: Die 2 des Kohlenmarktes ist in der vergangenen Woche so ziemlich dieselbe geblieben wie in der Vorwoche. Der Winter scheint mit Ende der Woche für diesmal Abschied genommen zu haben; in Folge dessen wird die bisherige starke Nachfrage in Hausbrandkohlen voraussichtlich nunmehr nachlassen. Der Absatz in Gewerbekohlen, namentlich Koks und Kokskohlen, ist unverändert stark; die Preise haben sich nur wenig verändert. Der Versandt auf den Eisenbahnen nahm regelmäßigen Verlauf. Die Rheinschiffahrt hat sich ebenfalls regelmäßig entwickelt, wodurch die bisher durch die theilweise Unterbrechung des Verkehrs auf dem Rhein so sehr in Anspruch genommenen Föseehre nach dem Oberrhein bedeutend entlastet wurden. Der Versündt nach den Nordseehäfen hat sich in den letzten Monaten wieder gesteigert; auch nach den Niederlanden und Belgien hat die Ausfuhr zugenommen. Im Uebrigen hat die westfälische Kohle ihr vee behauptet.
Darmstadt, 12. März. T. B.) Die außerordentliche Generalversammlung der Bank für Handel und Industrie genehmigte die Anträge des Aufsichtsraths und der Direktion auf Erhöhung des Grundkapitals um 20 Millionen Mark und betreffs des Umtausches der alten Gulden⸗Aktien in Mark⸗Aktien. Der Mindestcours für die Begebung der neuen Aktien ist auf 135 % festgesetzt worden. Die neuen Aktien, welche an der Dividende vom 1. Juli 1889 ab theilnehmen, werden den Aktio⸗ nären zu 140 % angeboten. Der Aufsichtsrath der Bank hat be⸗ schlossen, der Generalversammlung die Vertheilung einer Dividende von 9 % gleich 38 ℳ 60 ₰ pro Aktie vorzuschlagen. Einige der bedeutendsten Operationen des Vorjahres, wie namentlich die Emis⸗ sionen der Riebeck'schen Montan⸗ und Siemens Glashütten⸗Aktien, der 4 ½ % portugiesischen Staats⸗Anleihe von 1888 und mehrere andere belangreiche Betheiligungen sind in die Rechnung des Jahres
1888 nicht eingestellt. (W. T. B.) An der Küste 3 Weizen⸗
Lgondon, 12. März. ladungen angeboten. Manchester, 12. März. (W. T. B.) 12r Water Taylor 6 ¾, 30r Water Taylor 9, 20r Water Leigh 8, 30r Water Clayton 8 ½, 32r Mock Brooke 8 ¾, 40r Mayoll 9, 40r Medio Wilkinson 10, 32r Warpeops Lees 8 ½, 36r Warpcops Rowland 9, 40r Double Weston 9½, 60r Double courante Qualität 12 ⅛, 32“* 116 vds 16 %✕ 16 grey Printers aus 321/46 169. Fest. St. Petersburg, 13. März. (W. T. B.) Ziehung der russischen Prämien⸗Anleihe von 1866: 200 000 Rbl. Nr. 17 Ser. 19 977, 75 000 Rbl. Nr. 6 Ser. 18 237, 40 000 Rbl. Nr. Ser. 6553, 25 000 Rbl. Nr. 24 Ser. 11 343, je 10 000 Rbl. Nr. 2. Ser. 15 724, Nr. 50 Ser. 3503, Nr. 34 Ser. 11 930, 8000 Rbl. Nr. 29 Ser. 16 186, Nr. 43 Ser. 5551, Nr. Ser. 3116, Nr. 16 Ser. 3561, Nr. 37 Ser. 14 546, je 5000 R. Nr. 16 Ser. 8822, Nr. 33 Ser. 1570, Nr. 24 Ser. 18 976, Nr. 17 Ser. 14 702, Nr. 41 Ser. 12 314, Nr. 18 Ser. 12 937, Nr. 41 Ser. 713, Nr. 30 Ser. 8886 je 1000 Rbl. Nr. 1 Ser. 18 875, Nr. 7 Ser. 5068, Nr. 35 Ser. 18 001, Nr. 39 Ser. 15 990, Nr. 35 Ser. 5942, Nr. 26 Ser. 19 700, Nr. 10 Ser. 2928, Nr. 25 Ser. 8708, Nr. 1 Ser. 10 097, Nr. 1 Ser. 15 383, Nr. 4 Ser. 4884, Nr. 40 Ser. 15 228, Nr. 21 Ser. 19 207, Nr. 25 Ser. 2255, Nr. 47 Ser. 9913, Nr. 24 Ser. 1581, Nr. 31 Ser. 2391, Nr. 14 Ser. 3937, Nr. 28 Ser. 18 102, Nr. 43 Ser. 16 550. 1 New⸗York, 11. März. (W. T. B.) Weizen⸗Ver⸗ schiffungen der letzten Woche von den atlantischen Häfen der Vereinigten Staaten nach Großbritannien 6000, do. nach Fentes —, do. nach anderen Häfen des Kontinents —, do. von alifornien und Oregon nach Großbritannien 50 000, do. nach anderen Häfen des Kontinents — QOrts. 1 — 12. März. (W. T. B.) Der Werth der in der vergan⸗ genen Woche ausgeführten Produkte betrug 7 698 595 Doll.
Submissionen im Auslande.
Niederlande. I. 25. März, Nachm. 1 Uhr. Gemeentebestuur zu 8'Gravenhage im Raadhuis: 8 Lieferung in Abtheilungen von gußeisernen Röhren und Hülf⸗ ücken, gußeisernen Gegenständen, verschiedenen Verbindungs⸗ uͤcken, Röhren von Kompositionsmetall, Gießblei und Zi für den Jahresbedarf der Duinwaterleiding im Haag pro 1889. Auskunft an Ort und Stelle. 1 II. 30. März, 11 Uhr Vorm. Gemeentebestuur zu Tilburg im Raadhuis: 1 Lieferung ꝛc. eines Gasbehälters von 30 m im Durchschnitt.
Bedingungen käuflich für 0,50 Fl. in der Gemeente Gasfabriek zu Tilburg.