Pr. Lis. befördert. v. Unrug, Sec. Lt. im 1. Ulan. Regt. Nr. 17, v. Lüttichau, See. Lr. im 1. Hus⸗ r. X. 18, der Charakter als Pr. Lt. verliehen. Flemming, Pr. Lt., zum Zeug⸗Hauptm, Miehle, Zeug⸗Lt, zum Zeug⸗Pr. Li, befördert.
Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. 6. April. Hübel, Gen. Major und Commandeur der 1. Kav. Brig. Nr. 23, in Genehmigung seines Abschiedsgesuches, mit der gesetzlichen Pension und der Erlaubniß zum Forttragen der Generals⸗Uniform mit den vorgeschriebenen Abzeichen, zur Disp. gestellt.
Nichtamtliches. Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 10. April. Se. Majestät der Kaiser und König hörten gestern Vormittag um 10 ½ Uhr den Vortrag des kommandirenden Admirals, Freiherrn von der Goltz, um 11 Uhr den des Staatssekretärs des Reichs⸗Marine⸗ amts, Contre⸗Admirals Heusner, und um 11 ½ Uhr den des 175 des Marinekabinets, Flügel⸗Adjutanten Freiherrn von
enden.
Sodann empfingen Se. Majestät den argentinischen Militär⸗Attaché, Major Pablo Riccheri, arbeiteten von 12 Uhr an mit dem Chef des Militärkabinets, General⸗Adjutanten von Hahnke, und nahmen um 12 ¾ Uhr militärische Meldungen dns n
m 1 Uhr gewährten Se. Majestät dem serbischen Ge⸗ sandten Milan Christitsch die erbetene Audienz und geruhten, aus dessen Händen das ihm von der Regentschaft ertheilte Beglaubigungsschreiben entgegenzunehmen. Bei der Audienz war der Staats⸗Minister Graf von Bismarck zugegen.
Um 1 ½ Uhr empfingen Se. Majestät den Besuch Sr. Kaiserlichen Hoheit des Großfürsten Paul von Rußland, welcher auch zum Frühstück geladen war.
Nach einem Ausritt sprachen Se. Majestät um 5 Uhr den enenha Freiherrn von Lyncker.
Beide Kaiserlichen Majestäten begaben Sich um 6 Uhr 8 Mittagstafel zu Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen
lexander von Preußen und um 8 ½ Uhr zum Thee bei Ihrer Majestät der Kaiserin Augusta.
— Beide Kaiserlichen Majestäten besuchten gestern Abend Ihre Majestät die Kaiserin und Königin Augusta.
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— Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Nusti wesen und fuüͤr Rechnungswesen, sowie die vereinigten
usschüsse desselben für Handel und Verkehr und für Justiz⸗ wesen hielten heute Sitzungen.
Die Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen des Reichstages und des Hauses der Abgeordneten sowie der Bericht über die Festrige Abendsitzung des Reichs⸗ tages befinden sich in der Ersten Beilage.
— In der heutigen (58.) Sitzung des Reichstages, welcher der Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister von Boetticher, sowie andere Bevollmächtigte zum Bundesrath nebst Kommissarien desselben beiwohnten, sprach vor der Tages⸗ ordnung der Abg. Schmidt (Elberfeld) den Wunsch aus, daß, bevor das Haus in die Berathung der §§. 18, 18a, 18 b und 19 eintrete, eine genaue Berechnung über die finanziellen Folgen der von der Kommission in Bezug auf diese Paragraphen ge⸗ faßten Beschlüsse angestellt und vorgelegt werden moge.
Regierungs⸗Kommissar, Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath von Woedtke erklärte, daß die Beschaffung dieser Berechnungen eigentlich Sache der Antraägsteller wäre; die Regierung sei aber bereit, helfend einzutreten und habe angeordnet, die Berech⸗ nungen so bald als möglich vorzulegen.
Abg. Schmidt (Elberfeld) meinte, daß man diese Berech⸗ nungen den Antragstellern nicht zumuthen könne.
Regierungs⸗Kommissar, Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath von Woedtke erklärte sich nochmals bereit, die Berechnungen zu liefern.
Abg. Freiherr von Franckenstein wies darauf hin, daß die Regierung diese Bereitwilligkeit bereits in der Kommission ausgesprochen habe.
Abg. Rickert äußerte, er hätte gewünscht, daß nicht bloß ein mündlicher, sondern ein schriftlicher Bericht über diese so wichtige Sache Seitens der Kommission vorgelegt worden wäre. Der Bericht sollte nicht früher auf die Tagesordnung gesetzt
werden, als bis die rechnerischen Grundlagen vorlägen. Abg. Struckmann hielt die ganze Erörterung für über⸗ flüssig, nachdem die Regierung die Erfüllung des Wunsches des Abg. Schmidt bereits zugesagt habe.
Abg. Schmidt (Elberfeld) erwiderte, daß er die Sache habe vorbringen müssen, da der Präsident die Absicht gehabt abe, die betreffenden Paragraphen bereits morgen auf die
agesordnung zu setzen.
Abg. Freiherr von Franckenstein bemerkte, daß es sich nicht empfehlen würde, den Kommissionsbericht früher auf die Tagesordnung zu setzen, als bis die Berechnungen vorliegen.
Darauf wurde die zweite Berathung des Gesetzent⸗ wurfs, betreffend die Alters⸗ und Invaliditäts⸗ versicherung, fortgesetzt, und zwar bei dem §. 40.
Die §§. 40 —50 wurden ohne erhebliche Debatte gemäß den Beschlüssen der Kommission angenommen.
§. 51 lautet:
Für den Bezirk einer jeden Versicherungsanstalt wird zur Wahrung der Interessen der übrigen Versicherungsanstalten und des Reichs von der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Reichs⸗ kanzler ein Kommissar bestellt. Derselbe ist insbesondere befugt, mit berathender Stimme allen Verhandlungen der Organe der Versicherungsanstalt und der Schiedsgerichte, von welchen ihm unter Mittheilung der Verhandlungsgegenstände rechtzeitig Kenntniß zu geben ist, beizuwohnen, Anträge zu stellen, gegen solche Entscheidungen, durch welche die Erwerbsunfähigkeit anerkannt oder eine Rente festgesetzt wird (§§. 63 und 65), die zulässigen Rechts⸗ mittel einzulegen und Einsicht in die Akten zu nehmen.
Die Thätigkeit des Kommissars erstreckt sich auch auf diejenigen nach §§. 4 und 5 zugelassenen Kasseneinrichtungen, welche im Be⸗ zirk des Kommissars ihren Sitz haben.
Der Bundesrath ist befugt, für die Kommissare Geschäfts⸗ anweisungen zu erlassen.
Abg. Fritzen beantragte, in §. 51, Absatz 1, die Worte „und der Schiedsgerichte“ zu streichen.
Derselbe befürwortete seinen Antrag mit dem Hinweis darauf, de es nothwendig sei, den guten Ruf, den sich die Schiedsgerichte bei der Unfallversicherung erworben hätten, zu erhalten; dieser würde aber Einbuße erleiden, wenn die
nedsgerichte nur Sas a8. in den Schein der Abhängigkeit von dem Kommissar geriethen.
Abg. Schrader beantragte, statt „von der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Reichskanzler“ zu setzen: „von dem Reichskanzler im Einvernehmen mit der Landesregierung“.
Abg. Hahn beantragte, dem zweiten Satz des 8 51 folgende Fassung zu geben:
„Derselbe ist befugt, allen Verhandlungen der Organe der Versicherungsanstalt mit berathender Stimme und den Verhand⸗ lungen vor den Schiedsgerichten beizuwohnen, Anträge zu stellen, gegen solche Entscheidungen, durch welche die Erwerbsunfähigkeit aberkannt und eine Rente festgesetzt wird (§§. 63 und 65) die zu⸗ lässigen Rechtsmittel einzulegen und Einsicht in die Akten zu nehmen. Zu diesem Zweck ist ihm von den Verhandlungsgegenständen recht⸗ zeitig Kenntniß zu geben.“
Abg. Struckmann becpfah den Antrag Schrader. Abg. Fritzen zog hierauf seinen Antrag zu Gunsten des Antrages Hahn zurück. 1
Der Staatssekretär, Staats⸗Minister von Boetticher bat um Ablehnung des Antrages Schrader, während der Antrag Hahn sich zur Annahme empfehle.
Der Antrag Schrader wurde nunmehr abgelehnt und §. 51 in der vom Abg. Hahn modifizirten Fassung angenommen.
Die §§. 52 — 57 wurden ohne erhebliche Debatte an⸗ genommen.
Bei Schluß des Blattes begann die Berathung des III. Abschnitts: „Schiedsgerichte“.
— Dem Herrenhause ist der Gesetzentwurf, be⸗ treffend die Uebertragung polizeilicher Befug⸗ nisse in den Kreisen Teltow und Nieder⸗Barnim, sowie im Stadtkreise Charlottenburg an den Polizei⸗Präsidenten zu Berlin, in der Fassung, in welcher derselbe von dem Hause der Abgeordneten angenommen worden ist, übermittelt worden.
— In der heutigen (54.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Minister der geistlichen, Unter⸗ richts⸗ uͤnd Medizinal⸗Angelegenheiten, Dr. von Goßler, bei⸗ wohnte, stand an erster Stelle auf der Tagesordnung der dritte Bericht der Justizkommission über Petitionen von Justiz⸗Subalternbeamten wegen Verbesserung ihrer Lage.
Die Petenten wünschen dreierlei:
1) die Einführung des Systems der Alterszulagen bei den gerichtlichen Snbalternbeamten der Monarchie zu genehmigen und zu beschließen,
2) ihr ferneres Petitum, wonach die Militäranwärter von der Subaltern⸗Carridre erster
Klasse fortan ausgeschlossen werden sollen, der Königlichen Staatsregterung zur Erwägung beziehungsweise Berücksichtigung zu überweisen,
3) die Ausführung der Resolution des Hauses der Abgeord⸗ neten vom 26. Februar 1877 bei der Königlichen Staatsregierung erneut in Anregung zu bringen.
Der Berichterstatter Abg. Korsch hielt es grundsätzlich nicht für angebracht, daß Beamte im Wege der Petition an den Landtag ihre materiellen Verhältnisse zu verbessern strebten, und empfahl den Antrag der Justizkommission, über die Petitionen zur Tagesordnung überzugehen.
Abg. Zelle bat, den Punkt 2 der Petition der Regierung zur Erwägung zu überweisen; es entspreche der Billigkeit, die Militär⸗ und Civilanwärter in Bezug auf die Subaltern⸗ Carridre erster Klasse wenigstens einander gleichzustellen. Die Vereinbarungen des Kriegs⸗ und Justiz⸗Ministers sollten nach dieser Richtung Abänderung erfahren.
Abg. Dr. Sattler trat für den Punkt der Petition ein.
Das Haus beschloß, über die Petitionen zur Tagesordnung überzugehen. (Schluß des Blattes.)
— Dem Hause der Abgeordneten ist der nach⸗
)
stehende Antrag der Abgg. von Dziembowski, von Nathusius,
ersten
von Tiedemann (Bomst) und Wessel zugegangen:
Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: Foltzendem Gesetzentwurf seine Zustimmung zu ertheilen: Das Gesetz vom 13. Mai 1888, betreffend die Bewilligung von Staatsmitteln zur Beseitigung der durch die Hochwasser im Frühjahre 1888 herbeigeführten Verheerungen (Gesetz⸗Samml. S. 103) wird auch auf die Beseitigung derjenigen Verheerungen ausgedehnt, welche durch die Hochwasser im Frühjahre 1889 herbeigeführt sind.
— Der Gemeinde Achenbach im Kreise Siegen, Regierungsbezirk Arnsberg, welche beschlossen hat, die IV. Sek⸗ tion der Kommunalstraße von Achenbach nach Siegen dem öffentlichen Verkehrsbedürfniß entsprechend auszubauen und zu dem Behuf eine theilweise Verlegung der Straße vorzunehmen, ist durch Allerhöchste Kabinets⸗Ordre vom 27. März d. J. das Enteignungsrecht zur Entziehung und zur dauernden Beschränkung des für diesen Straßenbau in Anspruch zu nehmenden Grundeigenthums verliehen worden.
— Der Königliche Gesandte am Großherzoglich badischen Hofe, von Eisendecher, hat einen ihm Allerhöchst bewilligten kurzen Urlaub angetreten.
In der Nacht vom 8. 8* 9. d. M. verstarb hier⸗ selbst der General⸗Stabsarzt z. D., Wirkliche Geheime Ober⸗ Medizinal⸗Rath Dr. von Lauer, der langjährige Leibarzt Sr. Majestät des hochseligen Kaisers Wilhelm 1.
— Der Remonte⸗Inspecteur, General⸗Lieutenant Freiherr von Troschke, hat eine vierwöchentliche Dienstreise an⸗ getreten.
Kiel, 10. April. (W. T. B.) Se. Königliche Hoheit der Kronprinz von Dänemark ist heute früh auf dem Dampfer „Skirner“ hier eingetroffen und hat alsbald die Reise nach London fortgesetzt, um an den Bei⸗ setzungsfeierlichkeiten für die Herzogin von Cambridge theil⸗ zunehmen.
Frankfurt a. M., 9. April. (W. T. B.) Se. Hoheit der Herzog von Nassau ist mit dem Erbprinzen und in Begleitung der Grafen Dillen⸗Spiering, Wolff⸗Metternich sowie des Finanz⸗Präsidenten von Dungern heute Nach⸗ mittag um 2 ¼ Uhr über Mainz nach Koblenz abgereist.
Koblenz, 9. April. (W. T. B.) Ihre Hoheiten der erzog und der Erbprinz von Nassau sind mit efolge heute Nachmittag 5 Uhr hier eingetroffen.
— 10. April. (W. T. B.) Herzog Adolf von
Nassau ist mit seinem Gefolge heute Vormittag um 10 Uhr 20 Minuten mittels Extrazuges nach Luxemburg abgereist.
Bayern. München, 9. April. (W. T. B.) In Folge der Veröffentlichung des Memorandums der bayerischen Bischöfe im „Regensburger Morgenblatt“ veröffentlicht der Kultus⸗Minister soeben offiziell die Antwort Sr. König⸗ lichen Hoheit des Prinz⸗Regenten auf das Memo⸗ randum. Dieselbe sichert thunlichste Weiterberücksichtigung der
Wünsche der Bischöfe hinsichtlich der Leitung und der Besetzun der Lehrerstellen an Volksschulen, Gymnasien, Seminarien s Universitäten, sowie die Nichtentsendung weltlicher Kommissarien zu klösterlichen und kirchlichen Konferenzen ꝛc. zu. Die tägliche Schulmesse wird abgelehnt und die Absolutorial⸗Prüfung aus der Religionslehre für obligatorisch erklärt. Ferner wird die thunlichste Mitwirkung der bayerischen Regierung zur Ab⸗ änderung der Bestimmungen über die Militärpflicht der Kan⸗ didaten der Theologie zugesagt, die konfessionelle Scheidung der Mittelschulen aber abgelehnt. Die Zulassung von Kloster⸗ frauen an Mädchenschulen wird genehmigt, das Placetum regium aufrecht erhalten und die Zurückberufung der Redemptoristen als zur Zeit nicht angängig erklärt.
Württemberg. Stuttgart, 9. April. (St.⸗A. f. W.)
ihre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin
Wilhelm wohnten gestern Abend einer Soirée an, die an⸗
läßlich der Wiederkehr des Vermählungstages der hohen Herr⸗
schaften von Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin
Friedrich gegeben wurde. — Se. Hoheit der Herzog von Deck hat Stuttgart vorgestern wieder verlassen.
Hessen. Darmstadt, 9. April. (W. T. B.) Se. Königliche Hoheit der Großherzog ist nach England ab gereist, um der Beisetzung der Herzogin von Cambridge beizuwohnen.
Mecklenburg⸗Strelitz. Neustrelitz, 7. Aprll. (Mecklb. Nachr.) Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin sowie der Erbgroßherzog sin nach London abgereist.
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Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 8. April. (Pr.) Wie nun definitiv festgestellt ist und wie es auch heute der Prä⸗ sident Dr. Smolka bereits bekannt gab, wird das Abgeord⸗ netenhaus nach den Osterfeiertagen wieder zusammentreten. Die letzte Sitzung vor Ostern wird am Freitag, den 12. d., abgehalten werden. Es ist sehr fraglich geworden, ob bis dahin das Budget durchberathen sein wird. Die Ferien werden bis zum 29. April dauern, worauf das Haus bis zum 14. Mai weitertagen wird.
— 10. April. (W. T. B.) Das Abgeordnetenhaus hat in seiner heutigen Sitzung das Wehrgesetz nebst den Amendements des ungarischen Reichstages mit einer Mehrheit von zwei Dritteln aller Stimmen angenommen.
vüea und Irland. London, 9. April (W. T. B.) Im Unterhause brachte Clark eine Reso⸗ lution ein, in welcher die Errichtung eines schottischen nationalen Parlaments zur Verwaltung und Kontrole der schottischen Angelegenheiten für wünschenswerth erklärt wird. Der General⸗Sekretär für Irland, Balfour, be⸗ kämpfte den Antrag im Namen der Regierung und betonte Schottland wünsche kein separates Parlament, denn es blühe unter der Union. Der Antrag Clark'’'s wurde schließlich mit 200 gegen 79 Stimmen abgelehnt.
Fn Lichfield hat gestern unter dem Militär eine ernstliche Meuterei stattgefunden. Nachdem sich schon seit einiger Zeit zwischen den Soldaten eine böse Spannung be⸗ merkbar gemacht hatte, kam es gestern in einer Abtheilung zwischen mehreren Betrunkenen zu einer blutigen Schlägerei Die Militärwache zerstreute die Kämpfenden mit aufgepflanzten Bayonnet. Jedoch entspann sich die Schlägerei bald von Neuem. Gegen 20 Soldaten wurden dabei ziemlich schwer verwundet. Später durchzogen die Soldaten lärmend die Straßen und warfen Fensterscheiben ein, deren etwa 200 zer trümmert wurden.
Frankreich. Paris, 9. April. (W. T. B.) Irn der Heputirtenkamme r fand heute die Berathung der Vorlage, betreffend die Regelung des Verfahrene vor dem Senat als Gerichtshof, statt. Delafosse von der Rechten bekämpfte die Vorlage, weil der Senat eine politische Versammlung und nicht unvparteiisch sei man solle Boulanger vor ein Geschworenengericht stellen Nach einer stürmischen Debatte stellte der Präsi dent Meline, trotz lebhafter Proteste der Rechten den Schluß der Generaldebatte zur Abstimmung. Die Kammer beschloß denselben mit 253 gegen 242 Stimmen. Nachdem dann mit 321 gegen 222 Stimmen beschlossen worden war auf die Berathung der einzelnen Artikel der Vorlage einzu gehen, wurden 19 Artikel unter Ablehnußz aller von der Rechten beantragten Amendements angenommen. Als bei Artikel 20 von Seiten der Rechten namentliche Abstimmung beantragt wurde ergab sich, daß die Kammer nicht beschlußfähig war. Die Sitzung wurde in Folge dessen aufgehoben und eine neue Sitzung zehn Minuten später anberaumt. Dieselbe wurde um 8 Uhr eröffnet. Ribot beantragte ein Amendement, nach welchem bei dem Senat als obersten Gerichtshof nicht die ab solute, sondern die ½1½Majorität rechtsgültig sein solle. Das selbe wurde mit 295 gegen 217 Stimmen abgelehnt Schließlich wurde die Vorlage im Ganzen mit 318 geger 205 Stimmen angenommen. Die nächste Sitzung wurd auf Donnerstag anberaumt.
— 10. April. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer wird sich im Hinblick auf die Unmöglichkeit, das Budget noch vor Ostern durchzuberathen, am Donnerstag bis Mitte Mai vertagen.
talien. Rom, 9. April. (W. T. B.) Einer Meldung der „Agenzia Stefani“ aus Massovah zufolge, soll der Negus vor seinem Tode seinen Neffen, Mangascha welcher, der englischen Sprache mächtig, seiner Zeit den italienischen Konsul Branchi auf seiner Mission an der Negus Johannes als Dolmetscher begleitete, zum Nachfolge: bestimmt haben. Es werden Nachrichten von Schoah vi⸗ Assab erwartet.
9. April.
Schweiz. Bern, (W. T. B.) Der NKationalrath hat heute nach einer 14stündigen Debatte die Errichtung eines eidgenössischen Kommissariats in Kanton Tessin und die Abordnung von Trupper dorthin genehmigt.
Niederlande. Luxemburg, 9. April. (W. T. B.) Hier eingegangenen Nachrichten zufolge wird der Herzog von Nassau morgen Nachmittag 1 ½ Uhr hier eintreffen und sich direkt in das Palais begeben, woselbst Se. Hoheit den Staatsrath mit den Regierungs⸗Räthen empfängt Nach der am Donnerstag in der Deputirten kammer stattfindenden Eidesleistung giebt der Herzog den Deputirten ein Festmahl. — Der Bürgermeister
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fordert in einem Aufruf an 1 auf, anläßlich der morgen erfolgenden Ankunft des Herzogs Adolf von Nassau die Häuser in den luxemburgischen, oranischen und nassauischen Farben zu beflaggen. — Alle Zeitungen sind in illustrirten Festnummern erschienen, in welchen sie den Herzog Adolf von Nassau auf das Ferzi he begrüßen. Die „Freie Presse“ sagt am Schluß ihres Begrüßungs⸗Artikels: „Wird der Empfang nicht festlich, so wird er jedenfalls herzlich sein, und wir ehren unseren König, indem wir dem Regenten entgegenrufen: Es lebe der König! Es lebe der Regent! 8
— 10. April. (W. T. B.) Der Staats⸗Minister ist mit den übrigen Mitgliedern der Regierung heute Vormittag dem Herzog von Nassau bis zur Grenz⸗ station Wasserbillig entgegengefahren. Die Staats⸗ gebäude und viele Privathäuser prangen im Flaggenschmuck. — Die Eidesleistung des Herzogs von Nassau auf die Verfassung wird morgen Nachmittag 3 Uhr vor der ver⸗ sammelten Kammer erfolgen.
Belgien. Brüssel, 9. April. (W. T. B.) Wie verlautet, hat bis jetzt die französische Regierung weder das Verlangen der Ausweisung Boulanger’s, noch eine 8 Kittheilung irgend welcher Art in Betreff Boulanger’'s an die belgische Regierung gerichtet. Letztere habe bezüglich der eventuellen Ausweisung Boulanger's noch keine Entscheidung getroffen, aber dem General erössnen lassen, daß, wenn er auf die Sympathie, welche Belgien stets politischen Flücht lingen habe zu Theil werden lassen, rechnen wolle, er diese Sympathie dadurch möglich machen müsse, daß er sich aller Handlungen nach Außen enthalte, welche das belgische Kabinet unvermeidlich dazu bringen würden, aus freien Stücken die Maßregel der Ausweisung zu ergreifen, ohne eine Mittheilung der französischen Regierung abzuwarten.
Griechenland. Athen, 10. April. (W. T. B.) Der Minister⸗Präsident Drikupis brachte in der Kammer heute einen Gesetzentwurf ein, nach welchem auf aus Korinthen⸗ Drauben bereitete Weine keinerlei Zölle erhoben werden sollen. — Die Berathung betreffs der Anleihe von 80 Millionen zur Erbauung der Eisenbahn nach dem Piräus und der türkischen Grenze wird übermorgen geschlossen werden.
Rumänien. Bukarest, 9. April. (W. T. B.) Dem Vernehmen nach hat Catargiu in Folge von Meinungs⸗ verschiedenheiten mit dem König über Personalfragen bei Besetzung der Portefeuilles die Neubildung des Kabinets abgelehnt. Der König soll den General Floresco zu diesem Zweck berufen haben.
Serbien. Belgrad, 9. April. (W. T. B.) Zum Zwecke der Verminderung der schwebenden Schuld beschloß der Finanz⸗Minister die Auszahlung des beim Bau der Eisenbahnen entstandenen Expropriations⸗Betrags in Höhe von 1 200 000 Fr. Diese Summe wird durch Ein beziehung und Veräußerung von an die hiesige Nationalbank für den Schuldbetrag von 2 Millionen verpfändeten 37 800 Stück serbischer Staatsloose aufgebracht. Für den obigen Schuldbetrag sind bei der Nationalbank insgesammt 49 900 Stück unverkaufter serbischer Loose zu kaum der Hälfte des Nominalbetrages lombardirt. Hiervon reservirt der Finanz⸗Minister 22 000 Stück zur Ausbezahlung von Kriegsrequisitionen, welche laut Gesetz zu ¼ in Staats⸗ Obligationen und zu ¼& in Baar auszuzahlen sind und deren Auszahlung bisher gleichfalls noch nicht effektuirt wurde. Da nun mehr als die Hälfte der Bankschuld durch diese 22 000 Stück garantirt ist, so erscheint die Auszahlung sowohl des restlichen Bankbetrages als auch der erwähnten Expropriations⸗
schuld bei dem Umstande, daß die serbischen Loose in Wien
mit 37 Fl. notirt werden, bereits heute vollkommen gesichert. Der Finanz⸗Minister Dr. Vuic hat das Ueberein⸗ kommen mit der Bank bereits getroffen, und es wurde dieser Vorschlag durch den gestrigen Ministerrath zum Beschluß erhoben. Die Veräußerung der betreffenden Staats⸗ Obligationen wird der Minister durch Vermittelung einer Bankfirma besorgen.
— 9. April. (W. T. B.) Bei dem Grenzdorf Brnujica schossen vor einigen Tagen mehrere österreichische Grenzwächter auf eine Donaubarke, in welcher sich 15 serbische Unterthanen befanden; indeß wurde Niemand verletzt. Die serbische Regierung hat jedoch an die öster⸗ reichische Regierung das Ersuchen gerichtet, für die Zukunft Maßregeln zur Verhinderung ähnlicher unliebsamer Zwischen⸗ fälle zu ergreifen.
Amerika. Washington, 5. April. (A. C.) Der Präsident Harrison erließ eine Bekanntmachung, welche fuͤr den 30. d. M. die Feier des hundertsten Jahres⸗ tages der Installirung George Washington’'s als Präsident der Vereinigten Staaten anordnet. Der Präsident empsiehlt, das Volk möge sich an diesem Tage in den Kirchen versammeln, um Gott für die Segnungen der Freiheit, Wohlfahrt und des Friedens zu danken.
Zeitungsstimmen.
Die „Nationalliberale merkt: Daß das Alters⸗ und Invalidenversicherungsgesetz, wenn es ein⸗ mal in Wirksamkeit getreten sein wird, nicht gleich von Anfang an von den Betheiligten als eine Wohlthat pu den werden wird, mag wohl sein. Es ist eine alte Erfahrung, daß wohlthätige Reformen gerade bei denen, welchen sie zu Gute kommen sollen, auf Widerstand stoßen und sich erst durch viel Undank und ru Bahn brechen müssen. Es mag auch wohl sein, daß bei den Wahlen diejenigen, die dem Gesetz zugestimmt haben, einen schwereren Stand und mehr Mühbe haben werden, ihr Votum zu rechtfertigen, als diejenigen, die es abgelehnt haben. Das kann uns aber nicht abhalten, zu thun, was wir für gut und heilsam halten. Wir treiben keine kleinliche Wahl⸗ und Parteipolitik und stellen bei Beurtheilung der gesetz⸗ eberischen Fragen nicht den Gesichtspunkt in den Vordergrund, ob ie in den großen Volksmassen augenblicklich populär sind. Sonst hätte man das Branntweinsteuergesetz und manches Andere freilich nicht bewilligen dürfen. Mag immerhin auch bei dem Invalidenversorgungsgesetz noch viel Widerstand gerade in der Arbeiterwelt, der die Wohlthat zu Gute kommen soll, zu überwinden sein, mögen Anfangs die veesnenben Wirkungen spärlich genug sich zeigen, mögen die Lasten zunächst schwerer empfunden werden als die Vortheile, wir haben doch die feste Zuversicht, daß mit der Zeit die richtige Erkenntniß von dem Segen dieser Reform sich Bahn bricht und daß Denjenigen, welche das Werk allen Schwierigkeiten zum Trotz gefördert und zu Stande gebracht haben, auch schließlich der Dank der Nation nicht fehlen wird. Die Gegner des Gesetzes
Correspondenz“ be⸗
die Einwohnerschaft
werden sich nach Verlauf einiger Jabre idrer verneinenden Haltung schwerlich mehr rühmen, mögen sie 888 für den Augenhlick in der weitverbreiteten Unkenntniß, in dem Mißtrauen und der Abrneigung gegen neue Einrichtungen manche Stütze finden.
— In der „Wiesbadener Presse“ lesen wir: Wenn man sich einen Begriff von der großartigen Wirkung der sozialen Reformen machen will, welche im Deutschen Reich theils ein⸗ geführt, theils angebahnt sind, so braucht man blos einen Blick auf das Februarheft des Kaiserlichen Statistischen Amts zu werfen. Das⸗ selbe giebt eine Uebersicht über die Krankenversicherung der Arbeiter am Schluß des Jahres 1887. Die Krankenkassenversicherung beruht auf einem vom Jahre 1883 datirten Gesetz; sie ist also erst seit wenigen Jahren eingerichtet und in Uebung. Aber diese kurze Spanne Zeit hat aus⸗ gereicht, um nicht weniger denn 19 574 Kassen ins Leben zu rufen, welche ihre Wohlthaten 4 842 226 Personen zu Theil werden lassen. Von diesen nahezu 20 000 Krankenkassen fallen auf die Gemeinde⸗ versicherung 7343, dann kommen 5724 Betriebs⸗, 3754 Ortskranken⸗ kassen, 1436 eingeschriebene Hülfskassen; den bescheidenen Rest bilden die Bau⸗, Innungs⸗ und landesrechtlichen Krankenkassen. Die größte Anzahl der gegen Krankheit Versicherten kommt auf die Ortskassen, 1 909 046 Personen, dann folgen die Betriebskassen (1,374 683) und in weiten Abständen die freien Kassen (727 127), die Gemeinde⸗ kassen (628 985) zꝛc. Die Ortskrankenkassen zeigen den größten Zuwachs, während die Gemeindeversicherung und die Hülsskasfen einen Rückgang an Mitgliedern nachweisen. Die Erkrankungen im Jahre 1887 bezifferten sich auf 1 738 906 Fälle und auf 27 012 705 Krankbheitstage. Sie erforderten einen Aufwand von 55 202 066 ℳ an Krankbheitskosten. Davon kommen auf Arzt und Arznei 19 614 248 ℳ, auf Krankengeld, Unterstänung von Wöchnerinnen und Sterbegeld 29 705 318 ℳ, auf Verpflegkosten an Anstalten 5 792 b00 ℳ Die gesammten Einnahmen betrugen 79 928 281 ℳ, die Gesammt⸗ ausgaben 61 068 262 ℳ Zinsbar angelegte Bestände der Kranken⸗ kassen waren 41 610 790 ℳ vorhanden. Welch' eine Fülle mensch⸗ licher Noth und Gebhbrechlichkeit spricht aus diesen Ziffern! Wi. leuchtet aber auch aus ihnen erhebend der Geist der Brüderlichkeit herans! Wie großartig sind die staatlichen Veranstaltungen, um jene Noth und jenes Elend zu bekämpfen, die uns Staubgeborene alle beimsuchen! Und doch wissen wir, daß wir mit diesem Krankenkassen⸗ gesetz nur den Anfang der sozialen Reformen gemacht haben, daß wir erst am Beginn des Unternehmens stehen, von Staatswegen die Kräfte zur Hülfeleistung gegen menschliche Gebrechen zusammenzufassen und da, wo die Kräfte der Einzelnen, der Arbeiter wie der Arbeit⸗ geber, zu schwach sind, sie mittelst Staatszuschüssen zu befähigen, ihr edles Werk zu erfüllen.
Zur sanoelegotgscen Lage schreibt die „Deutsche volkswirthschaftliche Foeresponbdenz“
Aus Frankreich wie aus Oesterreich⸗Ungarn dringen Nachrichten zu uns herüber, welche befürchten lassen, daß beide Reiche ihr Pro⸗ tektionssystem weiter auszubauen und zu verschärfen gesonnen sind, ja in Frankreich ist sogar eine Verdoppelung des Roggenzolls und eine Erhöhung des Roggenmehlzolls bereits von der Deputirtenkammer sen hmagr. Wenn derartige Thatsachen die Schadenfreude unserer Freihändler über die Schädigung der heimischen Produktion und des Exports ihrer Erzeugnisse in hohem Grade anzu⸗ fachen im Stande sind, andererseits aber einige extreme Blätter der entgegengesetzten wirthschaftlichen Richtung dadurch ver⸗ anlaßt wurden, mit einer gewissen Genugthuung auf diese schutzzöll⸗ nerischen Bestrebungen zu verweisen, so ist unsere Stellung zu diesen Vorgängen klar vorgezeichnet. Uns gilt weder das Schutzzoll⸗ noch das Freihandelsprinzip für ein Heilmittel, überall blühende und gesunde wirthschaftliche Zustände herzustellen, sondern wir erwägen eingehend, ob und bis zu welchem Grade Schutzzölle unsere nationale In⸗ dustrie fördern und andererseits unter welchen Umständen sie die⸗ 11z schädigen können. Daß Deutschland Schutzzölle nöthig hat, um bei der allgemeinen Probuktionssteigerung die demoralisirende Konkurrenz des kapitalkräftigen England abzumwehren, wird heute nur Unverstand oder blinde Parseileidenschaft zu bestreiten wagen; wie weit indeß diese Schutzzölle gehen sollen und ob insbesondere eine all⸗ gemeine Schutzzoll⸗, wenn nicht gar Prohibitionspolitik der bedeu⸗ tendsten Kontinentalstaaten für unsere Volkswirthschaft von Vor⸗ theil ist, darüber dürften allerdings auch heute noch die Avsichten sehr getheilt sein.
So viel steht aber fest, daß das weitere Erstarken der Schutzzoll⸗ bestrebungen in Frankreich wie in Oesterreich Seitens Deutschlands keineswegs willkommen zu heißen ist, einmal weil die wichtigsten In⸗ dustrien dieser Länder bereits hinlänglich geschützt erscheinen, um eine ihren Produktionsverhältnissen entsprechende Ausdehnung zu gewinnen, sodann aber weil der deutsche Export nach diesen Ländern durch weitere Zollerhöhungen denn doch erheblich beeinträchtigt werden könnte. Daß Frankreichs Industrie von Jeher auch unter dem System der Tarif⸗ verträge einen außerordentlichen Schutz genossen hat, darf als bekannt vor⸗ ausgesetzt werden. Wenn dieses Land nun die Schutzzollleine noch straffer anspannt, so heißt dies nach unserer Meinung denn doch etwas zu weit gegangen, da in Frankreich die —27 nicht derartige sind, daß die weiter gesteigerte Produklion die Opfer, welche die hohen Eingangsabgaben schließlich der Gesammtheit auferlegen, aufwiegen könnte. In gewissen Artikeln bleibt Frankreich ebenso wie Oesterreich immer auf das Ausland angewiesen, mag man die be⸗ treffenden Eingangszölle auch noch so sehr in die Höhe schrauben.
Was nun das andere Moment, die Beeinträchtigung unseres Exports, anlangt, so ist dasselbe doch nicht von solcher Bedeutung, zu welcher es die Freihändler aufbauschen möchten. Zablreiche Erporte werden uns trotz der fortgesetzten Zollschrauberei unserer Nachbarländer erhalten bleiben; wenn im Uebrigen aber die Theorie der Freihändter richtig ist, daß Schutzzölle die Exportfähigkeit der geschützten In⸗ dustrien vermindern, dann würde sogar die Konkurrenz Frank⸗ reichs und Oesterreichs auf den neutralen Märkten für uns minder fühlbar werden, sodaß wir etwaige Verluste auf dem franzö⸗ sischen und österreichischen Markt anderwärts wieder einbringen könnten. Ein reines Agitationsmanöver und den Thatsachen völlig wider⸗ sprechend ist es und bleibt es aber, wenn unsere Freihandelspreffe immer wieder behauptet, daß wir die anderen Staaten auf die schutz⸗ zöllnerische Bahn gedrängt bätten, da Frankreich, abgesehen davon, daß es schon seit Jahrzehnten hohe Schutzzölle besitzt, fortgesetzt auf weitere Verschärfung derselben während Oesterreich⸗Ungarn seinen autonomen Tarif bereits im Jahre 1878 veröffentlicht hat, wir aber erst Mitte 1879 bekanntlich zur Neuregelung unseres Zolltarirs geschritten sind. Diese Thatfachen stehen so fest, daß es geradezu die Wahrheit in das Gesicht schlagen heißt, wenn die freihändlerischen Organe die deutsche Reichsregierung für die herrschende Schutzzollströmung verantwortlich machen wollen. Die gewerbliche Ueberproduktion vdielmehr war es, welche die Nationen dem Schutzzoll in die Arme auch uns zwang, als die Aeußerste gestiegen war, uns zu wehren.
will; aber gerade das fortgesetzte Auftischen alter längst widerlegter Behauptungen von Seiten unserer Freihändler beweist einerseits, in welch großer Verlegenheit dieselben um Beweismaterial sind, anderer⸗ seits aber, daß ihre Sache eine gänzlich verlorene ist.
8 1 8 Statistische Nachrichten.
In dem diesjährigen Februarheft zur Statistik des eutschen Reichs wird „das vorläufige Ergehnis der rhebungen über die Produktion der Bergwernke,
Salinen und Hütten im Deutschen Reichs⸗ und Zoll⸗ gebiet für das Jahr 18882 mügetdeilt. welche über Menge und Werth der im J
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Vorjahres. Auskunft errheilen, Charakter, da über den Betried versche
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bedacht war,
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ausstehen, und werden durch die Päcene Veröffentlichung der defini⸗ tiven Uebersichten ergänzt, vervollständigt und nöthigenfalls berichtigt werden. Soweit sich aus den vorliegenden Nachweisen ergiebt, hat im Vergleich mit dem Vorsahre die Produktion der Menge nach bei⸗ nahe bei allen nachstehend aufgeführten Exrzeugnissen wesentlich zu⸗ genommen, nur bei Zinkerzen und Gold Felgt sich ein Rückgang in der Produktionsmenge. Die gleichzeitig eingetretene Pö seegenng 12
nisse
fast maesrkenlcges Hsaeepes ecn ergiebt, daß die Marktverhä Jahre 1888 nicht ungünstig waren.
Im Einzelnen stellte lübn
für dieselben im
der Durch⸗ schnittswerth einer Tonne zu 1000 kg
8 der Gesammtproduktion bei den folgenden
Produkt —, — v cz Menge Werth in Tonnen in 1000 Mark
1888 1887 1888] 1887
w[eb 321834 60333984, 841043,311077 16541977 15883634] 40759 40165 414557 1816 18622 4,38 318676 239412, 4667 3409 914,65 916759, 840691 10248, 9437 11,18 10664789 93511061 39964 34005 3,75 6677600 900712] 13747 10022] 20,59 161775 157570]1 16635] 16923]1 102,33 530864 507587]1 17513 14552]1 32,99 493400 480962] 10648 114241 21,58 142441 1282081 13217 17167] 127,39 42175 399189b1122 11841 26,61 4258471] 39544131186939 16262 5]= ꝑ43,90
in Mark
Steinkohlen Braunkohlen . . . Steinsalz . . . . . Kainit Andere Kalisalze. Eisenerze . . . . . Zinkerze Bleierze Kupfererze Kochsalz . . . . Chlorkalium .. Glaubersalz .. Roheisen aller Art darunter: Masseln zur Gie⸗ fjeret... .. 597488 488573] 27836 22465 Masseln z. Fluß⸗ eisenbereitung Mgen⸗ zur Schweißeisen⸗ bereitung 1825792 16926741 76564 65006 Zink EE 112 133224 1304931 43576 36507 Plei (Blockbleyh)¼¶ 9699 5 94920] 24848, 22495, Kupfer (Block⸗ kupfer). . . .
405420]
46,50
1794806 1732484]1 78787 ,71432 943,90
327,09 256,1892 20872 207202] 30496 17722]1461,11 Kflogr. Kilogr eines kg 406567 3676331 )51425, 481581 126,49 130, 1810 2251] 5053 628112791,132790,85 Lonnen Tonnen b einer t. einer t.
325777 779904 706557[127620 113423 1547357
1785354
Gilber (D,6
Schwefelsaͤure aller Art Gußeisen zweiter Schmelzung .. Schweißeisen und
Schweißstahl..
338195 11712 10907 34,63
163,64 1513058ʃ186201,170194 120,33
16888091218379 193397] 122,32
..
Kunst, Wissenschaft und Literatur. Die für Karlsruhe und Heidelberg bestimmten Denkmäler für Victor von Scheffel sfinden sich in dem 12 Heft der „Kunst für Alle“ abgebildet. Das eine derselben ist von Adolf Heer entworfen und wurde mit dem ersten Preise ausgezeichnet; es ist für Heldelberg bestimmt und paßt dorthin um so besser, wie der Bericht⸗ erstatter in genanntem Blatte schreibt, weil es offenbar den jugend⸗ lichen Scheffel, den Sanger des „Trompeters“ und des „Gandeamua“ darstellt, wie er seine Wanderungen durch die veutschen Gaue antritt. Scheffel ist hier in ganzer Person bvargestellt in einer Joppe aus dickem Zeug; über die Schulter hänat ihm die Reisetasche, über den rechten Arm ein Mantel oder Tuch; während die rechte Hand den [Hut hält, sieht man in der Linken ein Buch, als stünde der Dichter dicht davor, in dasselbe eines seiner herrlichen Liever einzu⸗ tragen. Der Sockel ist mit den Emblemen der Sängerkumst geschmückt. Die Volz'sche Büste, welche mit dem zweiten Preise ausgezeichnet und für Karlsruhe bestimmt ist, ist, dem Be⸗ richterstatter zufolge, von so hoher Schönheit, daß man sie un⸗ bedingt zu den glücklichsten Inspirationen der modernen deutschen Kunst rechnen muß. Hat doch der ganz den frischen alemannischen Typus tragende Kopf all den hinreitßenden Zauber der Natürlichkeit, wie er der Scheffel’schen Dichtung etgen, und die leichte ungezwungene Haltung bei aller keuschen Anmuth verstärkt denselben noch gar sehr. Ebenso die überaus glücklich erfundenen Putten, von denen einer den Römer jubelnd emporhebt, während er die Spielmannsfidel in der anderen Hand trägt, und der zweite gffenbar die Pfeile der Neckerei abschießt. Sie vervollständigen die Charaktertsttk der sinn⸗ voll auf Geschichte und Sage gestützten Muse. Man kann es daher, sagt der Bericht, als einen besonderen Glücksfall betrachten. daß sich zwei ausgezeichnete Künstler fanden, die als Landsleute mie versönliche Bekannte des Gefeterten in ungewöhnlichem Grade ge⸗ eignet waren, ihm würdige Denkmale zu setzen, wozu doch vor Allem gehört, daß man denselben versteht. was ber der starken lakalen Fär⸗ b der Scheffel schen Dichtung für Fremde immer viel schwerer bleibt als für Stammvermwandte.
— Die in Stuttgart bei Cart Grüninger erscheinende Neue Musik⸗Zeitung“ vertritt das Primix „billig und gute. Sie ermöglicht dadurch auch dem weniger Bemitteiten, der ein Verehrer der Kunst ist, die Anschaffung gediegener und gefölliger Hausmufik und versorgt ihn gleichzettig mit einer nützlichen und angenehmen Lektüre. Der soeben abgeschlossene I. Vierteljahrsband des neuen Jahrgangs der „Neuen Mufik⸗Zeitung“ enthält eine solche Fülle fesselnden Unterhaltungs⸗ und Belehrunes foffs, daß man sich stauneno fragen muß, wie es möglich fei, so Bieles für den geringen Preis von 80 ₰ ju bieten. Wir finden in dem stattlichen Bande dir gelungenen Porträts und Biographien von Josenh und Rosa Sucher. Julius Stockhausen, Bianca Bianchi. Alb. Niemann, AUnna Sachse⸗ Dofmeister, Herm. Winkelmann. die reizvollen Engerrh schen Alustra⸗ tionen zu „Figaros Hochzeit“, dann fuilletonistische Beiträge der be⸗ liebtesten Schriftsteller und Dichter, wie Hermann Lingg, Ernst Ziel, Ludmig Hartmann, E. Vely, Paul von Schan⸗
8s b Moszkowskt, August getriehen hat und Noth der nationalen Produktion aafs
Es zeugt wahrlich von großs⸗ artiger Verblendung dessen, der dies auch heute noch nicht begreifen
than. Elise Polko, Oskar Justinus, Herm. Ritter, Alexanber Keißmann, A. Godin, A. Müllern⸗Gutten⸗ brunn, L2a Mara, Jultus Stettenheim u. a., ferner Klavier⸗ stücke, Violinkompositionen und Beder von H. Brassin, Ch. Morlen. Adolf Jensen, Graben⸗Hoffmann. K. Urbach, Fr. Abt u. w., außer⸗ dem eine sorgfältig und interessant zusammengestellte Rundschau über das gesammle moderne Opern⸗ und Concertleben; endlich kommt auch der Humor in hübschen Anekdoten aus dem Künstlerleben zu seinem Recht. — Ein Probe⸗Abonnement auf dus neu beginnende II. Quartal der „Neuen Musik⸗Zeitung“, in der, jetzt cine größere, neue Novelle von Ernst Eckstein zu erscheinen anfängt, wird jeden Mufikf am Besten von der Reichhultigkeit und Trefflichkeit dieser beliebten Zeit⸗ schrift überzeugen.
— Mit dem neuen Quartal beginnt in der Wochenschrift Von Haus zu Daus“ ein interessanter Raman: „Josesab voan 1 son Reichenhach. Eine zweite Erzählung: „Die Schloßfrau vam Meere“ schildert das Unheil, welches sogenannte Konvenienz⸗Ehen im
Die Nachweisungen. G adre 1888 erzeugten Monkan⸗ piodukte. unter Vergleichung mit der entsprechenden Produktion des „
Gefolge haben. aunderen novellistischen Beiträgen bietet die Nummer hauswirthschaftliche Briefe sowie Rachschläge über die Bestellung des Hausgartens und die Pflege der Ryusen. In der Rudrik „Nrifelust“ werden zuverlässige Auskünfte üder Sommer⸗ rischen. Bäder, Sommerreisen c. ertheilt. Zmwischen Lesern und Leserinnen sindet über alle ein er Gedanken⸗
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