— In der am 6. d. M. unter dem Vorsitz des Vize⸗ Präsidenten des Staats⸗Ministeriums, Staatssekretärs des Innern von Boetticher, abgehaltenen Plenarsitzung ertheilte der Bundesrath dem Entwurf eines Gesetzes für Elsaß⸗ Lothringen wegen Abänderung des Gesetzes über die Jagdpolizei vom 7. Mai 1883 die Zustimmung. Von den des Weiteren vorgelegten Aktenstücken über Samoa nahm die Ver⸗ sammlung Kenntniß, erklärte sich mit der Ueberweisung des Antrags Preußens, betreffend den Entwurf eines Gesetzes wegen Abänderung des §. 4 des Strafgesetzbuchs, und des Antrags des Großherzogthums Sachsen, be⸗ treffend die Erhöhung der Kosten für die Salzkontrole im Großherzogthum Sachsen, an die Ausschüsse für Justizwesen bezw. für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Rechnungswesen einverstanden und übergab den Bericht der Reichsschulden⸗ kommission über die Verwaltung des Schuldenwesens des Reichs dem Ausschuß für Rechnungswesen zur Vorberathung. Mit der Vorberathung eines Antrags auf strafrechtliches Einschreiten wegen Beleidigung des Bundes⸗ raths durch die Presse sowie des Antrags auf Besetzung der Stelle eines Senats⸗Präsidenten beim Reichegericht wurde der Ausschuß für Justizwesen beauftragt. Eine Eingabe, betreffend den Handel mit Arzneimitteln, wurde dem Vorsitzenden des Bundesraths überwiesen. Endlich wurde über den Sr. Majestät dem Kaiser wegen Wiederbesetzung der Stelle eines vortragenden Raths beim Rechnungshofe zu unter⸗ breitenden Vorschlag Beschluß gefaßt.
— In der heutigen (61.) Sitzung des Reichstages, welcher der Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister von Boetticher, sowie andere Bevollmächtigte zum Bundesrath nebst Kommissarien desselben beiwohnten, theilte der Präsident zunächst mit, daß der Abg. von Bernuth, Vertreter des 8. Magdeburger Wahlkreises, am 25. v. M. verstorben ist.
Die Mitglieder ehrten das Andenken des Dahingeschiedenen durch Erheben von den Sitzen.
1 Der Abg. Dr. Meyer (Jena) hat an den Präsidenten ein
Schreiben gerichtet, in welchem er von seiner Ernennung zum ordentlichen Professor an der Universität Heidelberg Kenntniß giebt und die Frage stellt, ob dadurch sein Mandat erloschen sei. Das Schreiben wurde der Geschäftsordnungs⸗Kommission überwiesen.
Der erste Gegenstand der Tagesordnung war die Wahl eines Schriftführers an Stelle des aus diesem Amt ge⸗ schiedenen Abg. Dr. Meyer (Jena).
Auf Antrag des Abg. Dr. Windthorst wurde Abg. Veiel durch Akklamation zum Schriftführer gewählt.
Bei Schluß des Blattes begann die Fortsetzung der zweiten
Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Alters⸗ und Invaliditätsversicherung.
— Der Königlich hayerische Bevollmächtigte zum Bundes⸗ rath, Ober⸗Regierungs⸗Rath Landmann, ist hier angekommen.
— Der Herzoglich braunschweigische Gesandte am hiesigen Allerhöchsten Hofe, Wirkliche Geheime Rath Freiherr von Cramm⸗Burgdorf, hat Berlin verlassen und sich auf etwa acht Tage nach Braunschweig begeben.
— Als Aerzte haben sich niedergelassen die Herren:
Dr. Gerber und Dr. Wollenberg in Königsberg i. Pr., Dr. Typke in Potsdam, Dr. Fülles, Dr. Meyer und Dr. Aronson in Schöneberg bei Berlin, Ehrlich in Teltow, Dr. Lazarewicz in Sulau, Dr. Haenisch in Klein Oels, Dr. Klippel in Do⸗ manze, Dr. Hoffmann in Guhrau, Dr. Linck in Düsseldorf, Dr. Brümmer und Dr. Buddeberg in Grafenberg als Assistenz⸗ e der Provinzial⸗Irrenanstalt, Dr. Boose in Lüttring⸗
zusen.
— S. M. Kanonenboot „Wolf“, Kommandant Kapitän⸗ Lieutenant Credner, ist am 6. Mai cr. in Brisbane ein⸗ getroffen.
Wiesbaden, 6. Mai. (Wiesb. Presse.) Ibre König⸗
lichen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Christian
zu Schleswig⸗Holstein nebst Prinzessinnen Töchtern haben heute, nach beendetem Kuraufenthalt, die Rückreise nach England angetreten.
b Bayern. München, 5. Mai. Das Befinden Ihrer Majestät der Königin⸗Mutter hat sich nicht geändert. Die Nacht verlief ziemlich gut. Große Schwäche noch immer vorhanden. —— 7. Mai. (W. T. B.) Der Herzog und der Erb⸗ prinz von Nassau sind heute Vormittag hier eingetroffen und setzen von hier die Reise nach Hohenburg fort. — Die Tochter des Prinz⸗Regenten, Prinzessin Tyerese, st zum Besuch der Königin⸗Mutter nach Hohen⸗ chwangau abgereist.
Sachsen. Dresden, 6. Mai. Wie dem „Dresdner Journal“ aus Freiburg im Breisgau geschrieben wird, sind Ihre Königlichen Hoheiten die Prinzen Johann Georg und Max am 30. April wohlbehalten daselbst ein⸗ getroffen. Höchstdieselben wurden auf dem Bahnhof von Sr. Königlichen Hoheit dem Erbgroßherzog von Baden, welcher vor Kurzem zum Commandeur des in Freiburg garni⸗ onirenden Infanterie Regiments ernannt worden ist, empfangen nd von den zahlreich erschienenen Studenten ehrfurchtsvoll egrüßt. Ihre Königlichen Hoheiten haben ihre Studien so⸗ ort begonnen und zwar wird ihnen von Professor Rümelin Römisches Recht als Privpatissimum gelesen. Außerdem hören die beiden durchlauchtigsten Prinzen Deutsches Reichs⸗ und Landesstaatsrecht bei Professor Rofin und Geschichte der fran⸗ 6“ bei dem Geheimen Hofrath Professor on Holst.
Württemberg. Stuttgart, 2. Mai. (Y.) Auf der Tagesordnung der heutigen Sitzung der Abgeordneten⸗ ammer stand der Etat des Departements des Kirchen⸗ und Schulwesens. Gefordert werden im ersten Jahre 8 413 870 ℳ (+ 243 573 ℳ) und 8 430 089 ℳ + 259 792 ℳ) im zweiten Jahre. Unter den Mehr⸗ orderungen sind zu erwähnen: 100 000 ℳ Behufs Erhöhung er Beiträge an Gemeinden zu den Gehalten ihrer Schul⸗ stellen, 48 000 ℳ “ auf die 3 Waisenhäuser n Folge Wegfalls des denselben Fg zugekommenen Kirchenopfers, 33 000 ℳ für neue Pastorationseinrich⸗ tungen der evangelischen Kirche und 11 000 ℳ mehr für die Taubstummen⸗ und Blindenanstalten. Bei der 12 Ministerium und Kollegien bemängelt Gröber die Zusammensetzung der Ministerial⸗Abtheilung für Gelehrten⸗ nd Realschulen in konfessioneller Beziehung. Unter 11 Mit⸗ liedern dieses Kollegiums gehöre nur 1 der katholischen Kon⸗
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fession an, dies sei keine genügende Vertretung der Interessen der Katholiken. Redner sucht sodann aus der Besetzung der Rektorstelle am Gymnasium in Ravensburg eine Hint⸗ ansetzung der Katholiken zu beweisen. In Städten mit evangelischer Bevölkerung sei nirgends ein Rektorat mit einem Katholiken besetzt. Auch bei Besetzung der anderen Lehrstellen sei eine gewisse Verschiedenheit in der Behandlung zu bemerken, so in Ulm. Nur durch eine andere der Ministerialabtheilung derart, daß immer Berichterstattung und Mitberichterstattung auf Angehörige beider Konfessionen vertheilt werden, erhielten die Katholiken die Garantie einer gerechten Entscheidung. Der Staats⸗ Minister des Kirchen⸗ und Schulwesens, Dr. von Sarwey, erwidert, daß es sein Bestreben sei, begründeten Wünschen beider Kirchen entgegenzukommen und durch eine gerechte Vertheilung der Leistungen des Staate an beide Kirchen zur Erhaltung des großen werthvollen Gutes des konfessionellen Friedens mitzuwirken. Die Gelehrtenschulen seien keine Konfessionsschulen wie die Volksschulen, er könne also von vornherein die Konfessions⸗ angehörigkeit nicht als maßgebenden Gesichtspunkt für die Uebertragung der zur Besorgung der Gelehrtenschulen berufenen Stellen vnseen. Nach dem Standpunkt, den der Vorredner einnehme, müßte man dahin kommen, in jedem Richter⸗ kollegium und jedem sonstigen Kollegium die Mitglieder nach Evangelischen und Katholiken nach dem Ver⸗ hältniß der Bevölkerung des Landes zu theilen. In der Zusammensetzung der Ministerial⸗Abtheilung für Gelehrten⸗ und Realschulen sei den konfessionellen Interessen dadurch voll⸗ ständig Rechnung getragen, daß je ein Mitglied des evange⸗ lischen Konsistoriums und des katholischen Kirchenraths in dieses Kollegium berufen ist. Entschieden müsse er bestreiten, daß bei Besetzung der Lehrstellen an den höheren Lehranstalten die Konfessionsangehörigkeit einen entscheidenden Grund bilde. An den württembergischen Realschulen befänden sich 223 Real⸗ lehrer evangelischer Konfession und 38 katholischer Konfession, denen 6432 evangelische und 1234 katholische Schüler gegenüber stehen. Wenn dies Verhältniß bei den humanistischen An⸗ stalten sich etwas anders stelle (6239 evangelische und 2013. katholische Schüler, dagegen 322 evangelische und 72 katholische Lehrer), so erkläre sich das einfach dadurch, daß nicht mehr katholische Lehrer zur Anstellung zur Verfügung gestanden haben. Als begründet erkenne er an, wenn an denjenigen Gymnasien, welche vorherrschend der katholischen Kirche ange⸗ hören, geeignete katholische Bewerber verwendet werden. Dies sei auch immer Praxis der Verwaltung gewesen. Er müsse aber den Grundsatz wiederholen, daß bei den gelehrten Schulen ebenso wie bei der Ministerial⸗Abtheilung nicht die Konfession, sondern nur die persönliche Tüchtigkeit den Ausschlag geben könne. Der Minister schließt unter lautem Beifall des Hauses mit der Bitte, es möchte bei den folgenden Berathungen das theure Gut des konfessionellen Friedens, ohne den Württem⸗ berg und ohne den Deutschland nicht bestehen könne, bewahrt bleiben. Dekan Kollmann kommt auf den von Gröber be⸗ rührten Gegenstand zurückundbittet, wenn wieder eine Stelle beim Studienrath zubesetzen sei, dann einen Rektor eines kathol. Gymna⸗ siums zu berücksichtigen. Wenn übrigens durch eine solche Berücksichtigung der konfessionelle Friede gestört werden könnte, so wolle er lieber auf seinen Wunsch verzichten. — Staats⸗ Minister Dr. von Sarwey: Es könnte scheinen, als ob letztere Bemerkung des Vorredners gegen eine Ausführung von ihm gerichtet wäre. Dagegen verwahre er sich ausdrücklich, daß er seinerseits etwas Derartiges gesagt habe. Er habe gesagt, es könnte durch eine einseitige Betonung des konfessionellen Standpunkts in Fragen, die mit der Konfession unmittel⸗ bar nichts zu thun haben, das kostbare Gut des konfessionellen Nriedens gefährdet werden, und daran halte er fest. Die Erwiderung, er müßte konsequenter Weise verlangen, daß sämmtliche Kollegien paritätisch besetzt werden, sei eine Uebertreibung, durch die er nicht widerlegt werde. Er ver⸗ lange Berücksichtigung der Konfession bloß da, wo es sich um
kirchliche und konfessionelle Interessen handle. Er bleibe dabei,
die Vertretung der Katholiken im Studienrath sei keine ge⸗ nügende. Daß lediglich die persönliche Tüchtigkeit bei der Anstel⸗
lung entscheide, sei nicht richtig. So wie die Sache gehandhabt werde,
erwecke es den Anschein, als ob keine katholischen Kandidaten da wären, die geeignet wären, in die Kultministerial⸗Abtheilung einzutreten, allein da sage er, die geistigen Gaben werden von unserem Herrgott durchaus paritätisch vertheilt. — Staats⸗ Minister Dr. von Sarwey: Der Vorredner werde nicht er⸗ wartet haben, daß er die Grundsätze, von welchen die Staatsverwaltung geleitet ist, hier verleugnen werde. An drei Gymnasien Württembergs seien katholische Rektoren angestellt. Er könne nicht begreifen, wie Vorredner zu der Bemerkung gelangen konnte, mit der er geschlossen hat. Es sei Niemandem eingefallen (und die Staatsverwaltung habe keinen Anlaß hierzu gegeben) zu glauben, daß die eine Konfession an Talenten reicher wäre, als die andere. Er wiederhole, er könne nicht glauben, daß solche Erörterungen dazu dienen, den konfessionellen Frieden zu bewahren. —
Haug bemerkt, der Art. 92 des Gesetzes von 1887 über die Vertretung
der evangelischen Kirchengemeinden lasse die Vertretung der Kirchengemeinde und die Verwaltung des Kirchenvermögens durch den bisherigen Stiftungsrath unter gewissen Voraussetzungen zu. Auf diesen Artikel sei bei der Verabschiedung des Gesetzes viel Werth gelegt worden, jetzt aber bei der Ausführung Gesetzes werde dieser Artikel von den Behörden zu wenig be⸗ rücksichtigt; er frage an, nach welchen Grundsätzen dieses Gesetz ausgeführt werde. Staats⸗Minister Dr. von Sarwey er⸗ widerte, das Ministerium bilde keine Beschwerde⸗Instanz in der Sache, nach dem Gejetz bedürfe die Uebereinkunft zwischen dem Stiftungsrath und Gemeinderath der Genehmigung des Evangelischen Konsistoriums undder Kreis⸗Regierung, gegen deren Entscheidung keine Beschwerde stattfinde. — Frecherr von Gemmingen sritterschaftlicher Abgeordneter, zugleich Präsident des Evangelischen Konsistoriums) theilt mit, daß 450 Gemeinden beantragt haben, die Ausnahmebestimmung des Art. 92 ein⸗ treten zu lassen, daß aber nur in 42 Fällen die Genehmigung habe ertheilt werden können. In den anderen Fällen haben entweder die gesetzlichen Voraussetzungen nicht zugetroffen, oder habe die Aufsichtsbehörde nach ihrem pflichtmäßigen Er⸗ messen im Interesse der Gemeinden selbst dem Ansuchen nicht entsprechen können. — Bei Kapitel 47 (Beiträge zu Kirchen⸗, Pfarr⸗ und Schulhausbauten den Gemeinden 80 000 ℳ) kommt Ebner auf den Münsterbau in Ulm zu reden und theilt mit, daß der Thurm die Höhe von 116 m erreicht habe, so daß noch 44 m zur vollen projektirten Höye fehlen. Der Gesammtaufwand für den Ausbau betrage bis jetzt 4020 000 ℳ Er bitte die Exigenz zu verwilligen, aus welcher wieder der gewohnte Beitrag für den M.
fließen soll. Kap. 47 wird verwilligt. .
Gröber:
4. Mai. Der „Staats⸗Anzeiger f. W.“ meldet: „Aus Anlaß des Unfalls, der Ihrer Majestät der Königin jüngst zugestoßen ist, sind Höchstderselben aus allen Theilen es Landes und aus allen Kreisen der Bevölkerung, von Hoch und Nieder wahrhaft wohlthuende Be⸗ weise herzlicher Theilnahme zugegangen, welche aufs Neue Zeugniß ablegen von der Liebe und Anhäng⸗ lichkeit des württembergischen Volkes zu seinem Fürsten⸗ haus und welche Ihre Königlichen Majestäten mit innigster Freude und Rührung erfüllten. Auch von auswärts empfing die Königin zahlreiche Glückwünsche, so fast von allen verwandten und befreundeten Souveränen und Fürstlichen Personen, namentlich auch von Ihren Majestäten dem Deutschen Kaiser und der Deutschen Fetserin, sowie dem Kaiser und der Kaiserin von Rußland.“
Baden. Karlsruhe, 6. Mai. (Karlsr. 8 Majestät die Kaiserin Augusta
10 ½ Uhr in Baden⸗Baden eingetroffen. Gestern Vor⸗ mittag begab sich der Oberstkammerherr Freiherr von und zu Gemmingen nach Baden⸗Baden, um Ihre Majestät im Höchsten Auftrage Ihrer Königlichen Hoheiten des Großherzogs und der Großherzogin willkommen zu heißen.
Elsaß⸗Lothringen. Metz, 6. Mai. (W. T. B.) Der Statthalter, Fürst Hohenlohe, wird mit dem Ministerium und dem Landesausschuß in corpore am nü⅛chsten Donnerstag mittelst Extrazuges hier eintreffen, um der Stadt den erbetenen Besuch abzustatten. Der Gemeinderath hat
eute in einer außerordentlichen Sitzung die Empfangs⸗ Feierlichkeiten geregelt.
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Ihre
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Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 4. Mai. (W. T. B.) Der dem Herrenhause vorgelegte Gesetzentwurf, betreffend die Abänderung einiger Bestimmungen des Volks schulgesetzes, gelangte heute im Abgeordnetenhause zur Vertheilung. Nach der neuen Fassung des §. 5 wird der Religionsunterricht durch die betreffen⸗ den Kirchenbehörden besorgt und überwacht sowie die Stundenzahl des Religionsunterrichts bestimmt. Die Landesschulbehörde tritt mit der kirchlichen Oberbehörde ins Einvernehmen; im Fall dieses Einvernehmen mangelt, hat das Unterrichts⸗Ministerium die oberste Entscheidung. Die Vertheilung des Religionsstoffs liegt den kirchlichen Behörden ob. Die Religionslehrer, die kirchlichen Behörden und die religiösen Genossenschaften haben den Schulgesetzen und Anordnungen der Schulbehörden nachzukommen. Der §. 21 der neuen Vorlage besagt: Die Schulpflicht dauert vom vollendeten 6. bis zum vollendeten 14. Lebensjahre. An den allgemeinen Volksschulen sind nach vollendetem sechsjäährigen Schulbesuche, auf dem Lande und in Markt flecken, sowie unbemittelten Kindern in Städten auf Ansuchen der Eltern oder Stellvertreter in geeigneten Fällen Erleichte rungen betreffs regelmäßigen Schulbesuchs zuzugestehen. Der §. 71 besagt: Privatanstalten unterstehen der Aufsicht der be⸗ rufenen staatlichen Behörden. Im Fall solche Lehranstalten den Bedürfnissen des Volksschulunterrichts entsprechen, kann auf die Dauer des gesicherten Bestandes der Privatanstalt
die Errichtung einer öffentlichen Schule gleicher Kategorie
unterbleiben.
— 6. Mai. (W. T. B.) Die gemeinsamen Minister berathungen sind gestern beendet worden. Der Finanz⸗ Minister, Dr. Weckerle, reiste am Abend nach Pest zurück,
während der Minister⸗Präsident von Tisza erst heute Nach⸗ 8
mittag dorthin zurückkehrt, nachdem er noch zuvor von dem Kaiser empfangen worden und mit dem Grafen Kälnoky konferirt hat.
— 6. Mai. (W. T. B.) Im Abgeordnetenhause legte heute die Regierung einen Gesetzentwurf, betreffend die Erwerbung der der österreichischen Nordwestbahn, der Staats⸗ eisenbahn und der österreichischen Südbahn gehörigen Sechstel⸗ Antheile an der Wiener Verbindungsbahn durch den Staat, vor.
Pest, 6. Mai. (W. T. B.) Nach dem vom Finanz Ministerium veröffentlichten Ausweis über die Brutto⸗ Einnahmen und Ausgaben der Staatskassen im 1. Quartal 1889 betrugen die Gesammteinnahmen 73 065 117 Fl.,
also um 3 755 345 Fl. mehr, und die Gesammtausgaben
88 528 139 Fl. also um 6 596 136 Fl. weniger als in der gleichen Periode des Jahres 1888. Die BilanzW stellt sich somit für das 1. Quartal 1889 um 10 351 482 Fl. günstiger als im vergangenen Jahre.
Frankreich. Paris, 6. Mai. (W. T. B.) Die Zeitungen veröffentlichen eine Mittheilung des Präsi⸗ denten Carnot, in welcher derselbe für die ihm anläßlich des gestrigen Attentats zugegangenen zahlreichen Gückwunsch⸗ telegramme und die ihm damit gegebenen Beweise der Sympathie seinen Dank ausspricht.
Die Ausstellung wurde heute dem Programm gemäß eröffnet. Auf seiner Fahrt nach dem Ausstellungsgebäude wurde Präsident Carnot von der Menge warm begrüßt. Auch bei dem Eintritt in die Ausstellung wurde der Präsident mit äußerst sympathischen Zurufen empfangen. Die Chefs der Gesandtschaften und zahlreiche Mitglieder des diplomati⸗ schen Corps befanden sich in seiner Begleit ung, die Geschäfts⸗ träger von Deutschland, England und Italien wohnten der Eröffnung im Civilanzuge bei, die Geschäftsträger von Oester⸗ reich und Rußland waren nicht erschienen.
Der Minister Präsident Tirard hob in seiner Rede her⸗ vor, daß Frankreich mit der Ausstellung den Beweis liefere, daß es noch immer seine nationalen Eigenschaften, seine Liebe zur Arbeit bewahre und trotz der intensiven geschäftlichen Krisis so große Reichthümer in seiner Ausstellung ansammeln konnte. Doch sei dies Resultat nicht allein das Verdienst Frankreichs, sondern es sei auch der großherzigen und werth⸗ vollen Betheiligung fremder Nationen zuzuschreiben, welche so viel zum Erfolge beitrügen. Die Ausstellung liefere den Beweis, daß das Ausland in allen Zweigen mit Frank⸗ reich wetteifere, in manchen es sogar übertreffe. Wenn sich auch nicht alle Regierungen offiziell betheiligt hätten s6 hätten sie doch die Privatunternehmer in hochherziger Weise durch Anregung und Subsidien unterstützt und somit auch zum Erfolge der Ausstellung beigetragen, welche im Ganzen alle früheren überträfe. Er bringe also hiermit den a; Nationen und ihren Regierungen die bankbare Huldigung Frankreichs dar. Das republikanische Frankreich liebe un ehre die Arbeiter aller Länder, in denen es keine Rivalen erblicke, auf die es eifersüchtig sei, sondern Mitarbeiter an
ist vorgestern Abend
Säer Werke der Menschlichkeit und des Friedens elt.
In der Rede des Präsidenten Carnot hieß es: Gestern habe Frankreich das große Jahrhundert gefeiert, welches die neue Aera in der Geschichte der Menschheit er⸗ öffnet habe; heute gelte es, ein in diesem Jahrhundert des Fortschritts gezeitigtes Werk in Augenschein zu nehmen, Ar⸗ beiter der ganzen Welt zu begrüßen, die Freundeshand allen Denen zu reichen, welche sich an dem Werk des Friedens und der Eintracht zu Mitarbeitern gemacht hätten, und sie will⸗ kommen zu heißen. Alle Besucher würden ein gastfreies Land und eine Stadt finden, die glücklich sei, sie zu empfangen; sie würden sehen, was all die Verleumdungen werth seien, welche von blinden Leidenschaften eingegeben seien, denen nicht einmal die Achtun
vor dem Vaterlande Schweigen zu gebieten vermöge. Frank⸗ reich sei würdig, die Elite der Völker herbeizuziehen, denn es habe verstanden, nach grausamen Prüfungen sich wieder mit unbezähmbarer Energie emporzurichten und niemals verzweifelt an seinem Geschick. Aus seinem guten Glauben an die öffent⸗ lichen Einrichtungen und aus seiner Loyalität habe das Land ein gerechtfertigtes Vertrauen geschöpft und in seinen Institutionen Kraft gefunden, die Arbeit wieder aufzunehmen, Handel und Wandel neu zu beleben. Nachdem Carnot auf die großartigen Fortschritte hingewiesen hatte, fuhr derselbe fort: „Das ist die Bedeutung dieser großartigen Feste der Arbeit, daß sich die Völker einander näher kommen, sich verstehen lernen und daß sie Gefühle der Achtung und Sympathie erzeugen, denen auch niemals glücklicherweise eine günstige Wirkung auf die Geschicke der Welt zu fehlen pflegt, indem sie die Zeit immer näher bringen, wo die Einkünfte der Völker aus dem Ertrage ihrer Arbeit nur noch Werken des Friedens gewidmet sein werden.“ Carnot schloß mit einem herzlichen Willkommen an fün Gäste der Ausstellung und erklärte dieselbe für eröffnet.
Die Rede des Minister⸗Präsidenten Tirard, sowie die des Präsidenten Carnot wurden mit enthusiastischen Beifalls⸗ rufen aufgenommen, welche sich auch, als der Präsident den Rundgang durch die verschiedenen Abtheilungen machte, 6189 Der Präsident ließ sich die Vorstände der einzelnen Abtheilungen, sowie die namhaftesten Aussteller persönlich vorstellen. — Nach⸗ dem der Präsident die in der Nähe des Ausstellungspalastes befindlichen Abtheilungen besichtigt hatte, besuchte derselbe die englische und südamerikanische Ausstellung. Das Frühstück nahm der in dem Palais der schönen Künste ein. Darauf folgte der Besuch der landwirthschaftlichen und der Gartenbau⸗Ausstellung an dem Quai d'Orsay, sowie derjenige der Ausstellung der französischen Kolonien an der Invaliden⸗ Esplanade. An dem Quai d'Orsay und der Place de la Concorde wurde der Präsident von der dort dicht gedrängten Menschenmenge mit besonders lebhaften sympathischen Kund⸗ gebungen begrüßt. 1 8
— 7. Mai. (W. T. B.) Auf der Place de la Concorde und den Quais von der Insel St. Louis bis Grenelle be⸗ wegte sich gestern Abend eine unabsehbare Menschenmenge, um die Abendfestlichkeiten (venetianisches Fest und Illu⸗ minationen) mit anzusehen. Die Seine entlang wurden drei Feuerwerke abgebrannt. Den Schluß bildete eine benga⸗ lische Beleuchtung des Eiffel⸗Thurms. Nach Schluß der e blieb eine große Menschenmenge noch eine Zeit lang auf den Quais der Seine versammelt und verlief sich dann langsam. Viele betheiligten sich noch an den in den einzelnen Stadttheilen stattfindenden Belustigungen, namentlich an den Tänzen im Freien, welche bis 2 Uhr Morgens dauerten. Ueberall scheint völlige Ordnung geherrscht zu haben und bisher ist kein Unfall zur Anzeige gebracht worden.
Die Zahl der Personen, welche besuchten, wird auf 200 000 geschätzt.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 6. Mai. (W. T. B.) Der japanische Prinz Akehito d’Ari⸗ sugawa machte gestern dem Kaiser und der Kaiserin in Gatschina seinen Besuch und überreichte dabei der Kaiserin den japanischen Kronen⸗Orden sowie einen Brief der Kaiserin von Japan. Für Mittwoch ist in Gatschina ein Gala⸗Diner zu Ehren des Prinzen angesetzt.
— 7. Mai. (W. T. B.) In dem Zustande des Mi⸗ nisters des Innern, Grafen Tolstoi, ist eine erhebliche Ver⸗ schlimmerung eingetreten. — Der serbische Metropolit Michael ist gestern Abend nach Moskau abgereist.
Italien. Rom, 6. Mai. (W. T. B.) Der neuernannte Nuntius, Msgr. Agliardi, ist heute Abend nach München abgereist. Der preußische Gesandte, von Schlozer, und der bayerische Gesandte, Freiherr von Cetto, sowie zahlreiche Prälaten gaben dem Nuntius das Geleit bis auf den Bahnhof.
Griechenland. Syra, 6. Mai. (Pol. Corr.) Als König Georg sich heute früh nach der Nikolauskirche begab, geriethen die Räder der beiden Wagen, in denen die Adjutanten des Königs sich befanden, in einander, sodaß Unordnung entstand und die Pferde des Wagens, in dem sich der König befand, zu scheuen begannen. Der König konnte jedoch den Wagen verlassen, ohne Schaden zu nehmen.
Rumänien. Bukarest, 6. Mai. (W. T. B.) Gestern wurde in der hiesigen französischen Kolonie der 100 jährige Jubeltag des Zusammentritts der Generalstaaten mit einem Bankett unter dem Vorsitz des französischen Gesandten und unter Theilnahme des Per⸗ sonals der Gesandtschaft geseiert. Bei der Tafel wurden mehrere der Festlichkeit angemessene Reden gehalten, so ins⸗ besondere von dem französischen Gesandten Coutouly. — Anläßlich der heutigen Namensfeier der Königin ist die Stadt festlich beflaggt.
— 6. Mai. (W. T. B.) Anläßlich des Namens⸗ sestes der Königin sand heute Abend im Koöniglichen Palais ein Diner statt, zu welchem die Minister nebst ihren Gemahlinnen geladen waren. Die im Königlichen Palais aufliegenden Gratulationsbogen waren vollständig angefüllt mit den Namen derjenigen Personen, welche der Königin hre Glückwünsche darzubringen gekommen waren.
dem der
gestern die Ausstellung
Zeitungsstimmen.
Zu dem von sozialdemokratischer Seite veroͤffentlichten Wahlaufruf hbemerken die „Mecklenburger Nachrichten“: Dieser Aufruf entbält eine Reihe von Behauptungen, ig unrichtig, und eine Anzahl Forder die voͤllt fuͤll⸗ bar sfind. 1
Was soll man zunächst sagen zu der Behauptung: „Die Konservativen wollen, daß im Deutschen Reich solche Gesetze erlassen werden, welche den Gutsbesitzern und Pächtern vortheilhaft sind“ — nachdem die Unfallversicherung im vorigen Jahre bereits 10 Millionen Mark Entschädigung an verunglückte Arbeiter gezahlt hat, für welche die Arbeiter gar nichts beigetragen, und nachdem jetzt eine Invaliden⸗ versicherung begonnen ist, die den Besitzenden so große Opfer auf⸗ erlegt, daß viele von ihnen bestreiten, überhaupt im Stande zu sein, sie zu tragen? Mag man diese Gesetze in sich für unpraktisch und ungeschickt und verbesserungsbedürftig halten — sie als Ausflüsse der Selbstsucht hinstellen, ist einfach unsinnig. 1
Ebenso hinfällig ist die Polemik gegen den Kornzoll. Es ist einfach falsch, daß der Wispel Roggen in Deatschland 50 ℳ mehr kostet als jenseits der Grenze — ein Falsum, das auf der alten Ver⸗ wechselung von Zoll und Steuer beruht. Es ist ganz unzweifelhaft, daß das Ausland einen großen Theil des Kornzolls — nach Lage des Markts mehr oder weniger — in die deutsche Reichskasse zahlt.
Die Börsensteuer ist eine Steuer, die lediglich auf Drängen der Konservativen eingeführt ist. Wird die auch von „den Besitzlosen“ getragen? 8 8
So unrichtig viele Behauptungen des Aufrufs, so unerfüllbar und rein agitatorisch sind die Forderungen
Setzt aber der sozialdemokratische Aufruf sich aus Behauptungen zusammen, die falsch, und aus Forderungen, die unerfüllbar sind, so schweigt er völlig über alle die Maßregeln, welche jetzt von der Gesetzgebung zum Besten der Arbeiter getroffen werden und getroffen sind. Von diesen Maßregeln muß auch geschwiegen werden, weil Unzufriedenheit schüren und Haß säen der deutlich erkennbare Zweck des ganzen Aufrufs ist.
Daß dieser Zweck erreicht werden und auch in der Wahl zum Ausdruck kommen wird, bezweifeln wir nicht. Bedauerlich bleibt das im Interesse der Arbeiter selbst. Der Aufruf wird lediglich die Gegner aller Sozialreform in ihrer Auffassung bestärken, daß mit Reformen doch nichts zu machen sei, weil den Verfassern solcher Flugschriften garnichts daran liege, Einrichtungen zu treffen, welche, wenn auch langsam, doch Schritt für Schritt die Lage der Arbeiter bessern, sondern lediglich daran: Schutt und Trümmer zu schaffen als Bauplatz für das utopische Zukunftsreich des Kommunismus.
— Dem Jahresbericht der Handelskammer zu Frankfurta. M. für das Jahr 1888 entnimmt die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ Nachstehendes über die wirthschaftliche Lage:
Die Besserung der wirthschaftlichen Lage kam zunächst in dem erheblich gesteigerten Güterverkehr zum Ausdruck. Die Eisenbahnen waren derartig in Anspruch genommen, daß die Verwaltungen zeitweise mit recht erheblichen Schwierigkeiten bei der Gestellung der Wagen zu kämpfen hatten, eine Erscheinung, welche die Nothwendigkeit be⸗ weist, auf den Ausbau unserer Kanalanlagen und auf Verbesserung der Stromverhältnisse mit aller Energie hinzuwirken.. Die neu geweckten Verkehre haben eine Steigerung der Bodenrente und eine Vermehrung der Arbeitsgelegenheit zur Folge. Der Industrie wurden die Rohmaterialien und Hülfsstoffe, insbesondere die Koblen, erheblich billiger als seither zugeführt. In Folge dessen ward nicht nur die Rentabilität der gewerblichen Betriebe erhöht, sondern auch ihr Kampf mit der ausländischen Konkurrenz erleichtert, während anderer⸗ seits vermehrter Absatz und erhöhte Produktion den Kohlenrevieren zu Gute kommt. Die vorstehende große Verkehrszunahme beweist vor Allem die reiche Thätigkeit der Industrie. Die Umsätze sowie die erzielten Gewinne erhöhten sich, und, wenn auch noch vielfach der Nutzen gering und die Preise gedrückt waren, so ist dies eine inter⸗ nationale und bei allen Kapitalverwendungen gleichmäßig auftretende Erscheinung. Die Eisen⸗ und Kohlengewerbe erfreuten sich günstiger und zum Theil guter Verhältnisse, die Eisengießereien wie Maschinen⸗
fabriken zeichneten sich durch lebhaften Geschäftsgang aus, dem in der Kohlenindustrie ein vollständiger Umschwung zum Besseren folgte. Die Textil⸗ und Bekleidungsindustrie, die chemischen Gewerbe, die Glasfabrikation, die Gold⸗ und Silberwaarenherstellung, sie blicken, wenn auch nicht auf glänzende Geschäfte, sämmtlich auf befriedigende Ergebnisse. Einen wesentlichen Antheil an den besseren Ergebnissen der industriellen Thätigkeit ist den Kartellen zuzuschreiben. Die all⸗ seitigen Klagen der letzten Jahre, daß in Folge allgemeiner Ueber⸗ proouktion und dadurch hervorgerufenen gegenfeitigen Unterbietens der Preise die Arbeit verdienstlos geworden sei, haben zu Vereinigungen geführt, die den Zweck haben, die Produktion in einem Betriebszweige zu beschränken und die Preise, den Selbstkosten entsprechend, zu erhöhen. Solche Vereinigungen sind in größerer Anzahl entstanden, und es ist naturgemäß, daß diejenigen Kartelle, welche Preiserhöhungen der massenhaft gebrauchten Rohstoffe zur Durchführung brachten, wieder zu Vertragsverhältnissen derjenigen Industriellen führen mußten, deren Kalkulationspreise durch den Werth dieser Rohstoffe vor
1 Werth ffe vor Allem bedingt sind. Unnatürlich, unwirthschaftlich und gemeinschädlich kann man solche Kartelle nicht nennen.
Niemand kann verlangen, daß
eine auf der Höhe ihrer Zeit stehende Industrie ohne Verdienst
arbeitet, und da eine längere Dauer solcher Zustände zum Ruin führen muß, so wäre den Konsumenten damit nicht In eine andere Kategorie gehören Kartelle, wie sie in Nordamerika des Oefteren für Getreide⸗Festhaltung in einzelnen Händen versucht wurden und wie jetzt ein solches in dem Pariser Kupfer⸗ syndikat bestanden hat. Derartige Bestrebungen halten in der Regel nicht lange an, sie werden einestheils durch die Massenerzeu „ die unerbittlich aufgenommen sein will, und andererseits durch die große Vorsicht, womit der Konsum seinen Bedarf nur von Hand zu Mund deckt, erdrückt. Die Preise für Eisenfabrikate z. B. sind noch lange nicht im Verhältniß der Steigerung der Kohlen⸗ und Eisensteinpreife erhöht, man kann also von einer Ausbeutung der Masse nicht sprechen.
Die Kartelle haben offenbar die Folge gehabt, daß heute die Klagen
wegen der Ueberproduktion und des sinnlosen Wegwerfens der Waare größtentheils verstummt sind, daß man wieder mit mäßigem Ver⸗ dienst arbeitet und dabei doch beschäftigt ist, daß also wieder gesunde Verhältnisse sich herausgebildet haben. Wie die einzelnen Industrie⸗ zweige, so nahmen auch die Handelsgeschäfte einen erfreulichen Auf⸗ schwung. Der Ausfuhrhandel erlitt zwar in Eisen⸗ Textil⸗ erzeugnissen einen Ausfall, aber auf einen allgemeinen wirthschaftlichen Ruͤckgang darf man dabei nicht schließen. Ein solcher Schluß wäre berechtigt, wenn gleichzeitig ein Mangel an Beschäftigung in den Fabriken sich geltend gemacht hätte. Dies ist aber nicht der Fall; überall wird mit vollen Schichten gearbeitet, wir finden keine Lodn⸗ herabsetzungen und keine Anhäufung unverkaufter Vorräthe. sache ist, daß der Konsum des Inlandes sich beträchtlich vermehrt hat, und schon dadurch mag die geringere Exportzisser begründet sein.
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Ferner verminderte die von den Kartellen derdeigeführte Produknons- I. xxr irh Bestände auf ein Mmimum deschnänkt; Preise vunttnen je mach dem
deschränkung naturgemäß die Dringlichkeir des Ausgedots der Waare und mußte gerade auf dem auswärtigen Markte, welcher der weniger
lohnende ist, eine Abnahme der Verkäufe zur Folge daden. Für den Zwischen-
handel entstand zwar durch das geschlossene Vorgehen der Koufumenten und Produzenten, welches zum Theil auf eine Umgehung desselden abztelte, eine gewisse, unverkenndare Schädigung, aber es zeigte sich in diesem Kampfe der geschlossenen Reihen von Neuem seine Eristemberechtigung durch die Einfuhr fremder Waare einerseits, sowie durch Uedernahme großer Posten inländischer Fabrikate für das Ausland Nach verschiedenen europäischen Ländern wurde ein größeres Geschäft erzielt, und nach den üderseeischen Gebieten erfuhr der Handel eine nicht unbeträchtliche Steigerung. Die Vermehrung unserer Reisenden.
die wir nach dem Auslande entsenden, das Aufsuchen neuer Abfatz-
gebiete, die Zunahme der deutschen Niederlassungen in den ausländischen Hafen⸗ und Handelsplätzen lieserten den desten Beweis für die Aus⸗ dehnung unserer überserischen Geschäftsdeziedungen, wenn uns necht die Berichte der fremden Konsulate in immer weiederholten Ausfüd⸗ rungen üder die wachsende lehrten, daß unsere gewerdlichen Lristurhen noß aller uns entgegentreten in den Formen von Markeuschotzgesetzen, Flazngen⸗ Meu, durch Abschliekung fremder Ein ’8 X Ummen mehr Aner⸗ kengung gewinnen.
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Centralblatt für das Deutsche Reich. Nr. 19. — Inhalt: Konsulatwesen: Ermächtigung zur Vornahme von Civilstands⸗Akten. — Exequatur⸗Ertheilungen. — Marine und Schiffahrt: Statistische Uebersicht über die deutschen Fischerfahrzeuge, welche in der Nordsee außerhalb der Küstengewässer Fischerei betreiben, nach dem Bestande am 1. Januar 1889. — Polizeiwesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
„Deutschlands Erwachen.“ Ein SHeldengedicht in drei Abtheilungen von J. J. Anders. Erste Abtheilung: Deutsche auf Jütland (1864). Oranienburg, Ed. Freyhoff’s Verlag, 1889. — In vorliegendem Bändchen bietet der Verfasser eine Sammlung von Gedichten, welche sich ihres patriotischen Inhalts wegen wohl zahl⸗ reicher Leser zu erfreuen haben dürften. Namentlich werden Die⸗ jenigen, welche den Feldzug des Jahres 1864 mitgemacht haben, hier manche theuere Erinnerung in wohlklingenden formvollendeten Versen erneuern können. — Von diesem Heldengedicht erscheint übrigens eine zweite Abtheilung unter dem Titel: „Durch Nacht zum Licht“ (1866) im Oktober dieses Jahres und die dritte Abtheilung: „Das ganze Deutschland soll es sein“ (1870/71) im April 1890. Schon aus diesen Titelanzeigen geht hervor, daß die gewaltigen politischen Ereignisse und die ruhmvollen Thaten der drei Kriegsjahre dem Dichter den dankbaren Stoff zu seiner Schöpfung boten. Das vorliegende erste Bändchen ist hübsch ausgestattet und mit den Bildnissen der Kriegs⸗ helden vom Jahre 1864 geschmückt. 1
— Als Sonderabdruck aus dem „Soldatenfreund“ sind im Ver⸗ lage von Ernst Siegfried Mittler und Sohn, Königliche Hofbuch⸗ handlung, hierselbst erschienen: „Nachrichten über Heerführer und Familien, deren Namen Truppentheilen durch Allerhöchste Kabinets⸗Ordre vom 27. Januar 1889 ver⸗ liehen sind.“ (Pr. für 1 Exemplar 75 ₰, für 50 Exemplare 30 ℳ, für 100 Exemplare 50 ℳ)
Stockholm, 3. Mai. In der gestrigen Sitzung des hiesigen Geologischen Vereins wurden zu korrespondirenden Mitgliedern erwählt: die Professoren W. Dames und C F. Ram⸗ melsberg in Berlin, E. Cohen in Gceifswald, H. Credner und Leipzig, P. Groth in München, H. Rosenbusch in eidelberg.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Ueber die Hagelschläge, von denen die Landwirthschaft in Bayern im Jahre 1888 heimgesucht worden ist, entnehmen wir einer in der „Zeitschrift des Königlich bayerischen statistischen Bureaus“ (Jahrgang 1889, 1. Heft) veröffentlichten, von dem Regieruags⸗Assessor Dr. Georg Krieg mit einleitenden Bemerkungen versehenen, statistischen Uebersicht folgende Hauptziffern: Von Hagelschlägen wurden im Jahre 1888 1107 = 13,8 % aller Gemeinden des Königreichs Bayern betroffen, gegen 421 (5,2 %) im Jahre 1887, 951 (11,8 %) im Jahre 1886, 896 (11,2 %) im Jahre 1885, 681 (8,5 %) im Jahre 1884, 792 (9,9 %) im Jahre 1883, 981 (12.2 %) im Jahre 1882, 1056 (13,2 %) im Jahre 1881, 1001 (12,5 %) im Jahre 1880 und 516 (6,4 %) im Jahre 1879. — Im Jahresdurchschnitt der 10 Jahre wurden je 840,2 Gemeinden von Hagelschlägen heimgesucht. In den einzelnen Regierungsbezirken zeigte sich während der 10 Jahre 1879 bis 1888 a. die größte Zahl hagelbetroffener Gemeinden in: Oberpfal; 1881 252, Oberbayern 1880 227, Schwaben 1885 225, Unterfranken 1882 224, Mittelfranken 1881 199, Oberfranken 1882 194, Niederbayern 1888 182, Pfalz 1882 76 b. die kleinste Zahl beschädigter Gemeinden in: Niederbayern 1887 18, Pfalz 1885 25, Oberfranken 1883 26, Oberpfalz 1887 27, Unter⸗ franken 1883 29, Miittelfranken 1887 38, Oberbayern 1882 72. Schwaben 1887 97. — Im Jahre 1888 umfaßte die gesammte der⸗ hagelte, landwirthschaftlich angebaute Fläche 115 401 ha Dreselbe vertheilte sich auf die einzelnen Regierungsbezirke wie folgt Oberbayern 25 384 ha (22 %), Niederbayern 15 820 ha 3,7 %), Pfalz 9245 ha (8 %), Oberpfalz 17 396 ha (15,1 %). berfranken 3514 ha (3 %), Mitteffranken 15 613 ha (13,6 %⁄8). nterfranken 5754 ha (5 %), Schwaben 22 645 ha (19,6 ⁄⁄). — r Anschlag des Hagelschadens in Geld berechnete sich für das ze Königreich auf 6 011 191 ℳ gegen 1 619 222 ℳ i
8 958 661 ℳ im Jab 886. 9 675 396 ℳ im Jas 1 .n 2 188 7 617 627 ℳ im
8 7 372 813 ℳ im ib
80 und 9 811 730 ℳ im J der 10 Jabre 1879 bis 1888 chnitt fährlich 7 664 291 ℳ — Von 8 angezeigten Schaden (6 011 191 ℳ) kommen 03 ℳ (24.8 ⁄), Niederbanern 723 375 5). Oberpfalz 748 595 ℳ (12. Mittelfranken 718 179 ℳ (12 Schmatden 1 186 885 ℳ (19,7 10 — Von dem Gesammtschaden in 10 Jahren 1879 big 88 entfüclem: auf Oberbapern 16,1 %, auf Niederbayern 9,9 %⁄., auf dur Pfenlz 6,0 %, auf die Oberpfal; 8,4 %, auf Oberfranken 6.2 , auf Mittel- — Vergleicht man die Größe der im Jabre 1888 verbageiten, Land- mit der Größe des Hagelschanams, so ergiebt sich im Königreich pro Heftar ein Schaden vom 52.1 ℳ Ziebt man diesen leich immerdalb der einzeinem NagiermngesSezinfe, so berechnet sich auf den Hektar: in Obertavern ein Schaden vom 58. 7 ℳ. in Niederbapern von 45,7 ℳ, in der Pfalz dun 631 ℳ im der Oöer⸗ don 45,9 ℳ, in Unterfranken von 70.2 ℳ, in Schmabem duom 52.4 ℳ
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aw eree” n— nterfranken 403 877. ℳ (6,7
Sanitäts⸗, Betermür⸗ und Quaruntünewesen.
Portugal Durch eine im „Diaerin do Gavermne. Nr. 25 dam n. 2 1889 veröffentiichte Verfügung des Königlich portugiefischen Minnsteriums des Innern sind die Häfen der peruantschemn Prommnz Piura fün vom Geibsieder verfeucht und die übrigen Hüfen der Rannülik Peru für derselden Krankdeit verdächtig erklänt werden.
Gewerbde und Hundel. „5. Mai. (Wollbericht d. Erbrbl. f. d.
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Das Hauptgeschäft kenzentunt sich fetzt in dem Abfach den hanan⸗
kommenden angewuschenen Woslen, meicher schlank vun Statren geht. In Folge der intenfinem Nachg nuch, dinsem Axrikel Mlaitden Mn
Waschveriust und der Qumlitit, fürn gutme Waann aun Emau dun rn de Mitte der 6Der ℳ. In Räckenmäschen munden mahnan dunident Centner, welche aus der Prowinz heramgekt n manun, Miten dan 40er Thlr für den Kamm aozunrint. Wenn auch die Ausfichmen üun eine lebhafte Wer des Geschärts dugenblirklinh günitg sind, so ist doch nicht außter Acht zu Latfen, duch bei cinan nun Namnm AbsSwäcdung der Märtde das deutsche Prudukh. — die Preise zu sehr gestdegen, miaden den Wernuacklaf ancimnfclls. über welche wer im vergangenaen Fhus Klage zn üünen dattnn. — Vem rheinisch⸗-mestfälischen Kohlenmankt bamchtt Men Felgendes: Dm Inde dun⸗ m . mankt ist dauarne günstug, da, mies deneitm in dum lLetznn Bericht ermühnt munde, der Mlckgan den der Nachsnage mechen unst u demme en üh, de Bedarf vöclmadn stetig amdälh. Die otte Beichäftegung im Wifenr cwerde dat einen Kodbene rzeugt, mie mam ühn um hmmissche westalischen Ke endedink vir dat. Wen mam rultten im maeenden Kreiden der mar, dash den Rastn Koclerüangünn nus Ri einern drutendem Enmerheenng des Aüchsatzanbhineat eden aa, so eüem dee üiem Gnsseüühnas Faüers., r guden Femrelichen Verdaäissen den engen Man Rnnetchn. um geügendem Adfatz zu